Parlament Österreich

 

 

 

 

Stenographisches Protokoll

 

 

 

 

 

881. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

 

 

 

Donnerstag, 28. Juni 2018

 

 


Stenographisches Protokoll

881. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Donnerstag, 28. Juni 2018

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 28. Juni 2018: 9.02 – 19.52 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Umfassendes Wirtschafts- und Handelsabkommen (CETA) zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Kanada andererseits samt Gemeinsamer Auslegungserklärung

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird

3. Punkt: Bericht der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend EU-Vorhaben Jahresvorschau 2018

4. Punkt: Bundesgesetz zur Festlegung einheitlicher Standards beim Infrastruk­tur­auf­bau für alternative Kraftstoffe

5. Punkt: Protokoll von Nagoya über den Zugang zu genetischen Ressourcen und die ausgewogene und gerechte Aufteilung der sich aus ihrer Nutzung ergebenden Vorteile zum Übereinkommen über die biologische Vielfalt

6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Chemikaliengesetz 1996, das Wasserrechts­ge­setz 1959 und das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 geändert werden

7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Umweltförderungsgesetz geändert wird

8. Punkt: Änderung des Montrealer Protokolls über Stoffe, die zu einem Abbau der Ozon­schicht führen

9. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Marktordnungsgesetz 2007 – MOG 2007 geän­dert wird

10. Punkt: Bundesgesetz über Maßnahmen zum Schutz der Pflanzen vor Pflanzen­schädlingen (Pflanzenschutzgesetz 2018)

11. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Schülervertretungengesetz geändert wird

12. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Privatschulgesetz geändert wird

13. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert wird (29. StVO-Novelle)

14. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Gefahrgutbeförderungsgesetz geändert wird (GGBG-Novelle 2018)


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 2

15. Punkt: Bericht des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie be­tref­fend Jahresvorschau 2018 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitspro­gram­mes der Kommission sowie des operativen Jahresprogrammes des Rates

16. Punkt: Verkehrstelematikbericht 2017

17. Punkt: Tätigkeitsbericht der Schienen-Control GmbH 2016

18. Punkt: Gemeinwirtschaftlicher Leistungsbericht 2016

19. Punkt: Wahl der beiden Vizepräsidenten/innen, der Schriftführer/innen und der Ordner/innen für das 2. Halbjahr 2018

*****

Inhalt

Bundesrat

Schreiben des Salzburger Landtages betreffend die Wahl von Mitgliedern und Ersatzmitgliedern des Bundesrates .................................................................................................................... 14

Angelobung der BundesrätInnen Dr. Andrea Eder-Gitschthaler, Silvester Gfrerer, Marlies Steiner-Wieser und Michael Wanner ........................................................................................ 14

Schlussansprache des Präsidenten Reinhard Todt ................................................. 33

Erklärung des Landeshauptmannes von Wien Dr. Michael Ludwig zum Thema „Digitalisierung, Föderalismus und Sozialpartnerschaft“ gemäß § 38 Abs. 3 GO-BR – Bekanntgabe .......................... 37

Verlangen auf Durchführung einer Debatte gemäß § 38 Abs. 4 GO-BR ...................... 37

Landeshauptmann Dr. Michael Ludwig ..................................................................... 37

Debatte:

Elisabeth Grimling .................................................................................................. ..... 45

Edgar Mayer ............................................................................................................ ..... 47

Monika Mühlwerth .................................................................................................. ..... 51

Mag. Dr. Ewa Dziedzic ........................................................................................... ..... 54

Mag. Daniela Gruber-Pruner ................................................................................. ..... 56

Landeshauptmann Dr. Michael Ludwig ..................................................................... 58

Schreiben des Klubs der Sozialdemokratischen Landtagsabgeordneten Nieder­österreichs betreffend Mandatsverzicht des Bundesrates René Pfister mit Wirk­samkeit seiner Angelobung als Abgeordneter zum Niederösterreichischen Land­tag am 28. Juni 2018 ........................................................ 63

Antrag der BundesrätInnen Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 41 Abs. 3 GO-BR, den 1. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2018 betreffend Umfassendes Wirtschafts- und Handelsabkommen (CETA) zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Kanada andererseits samt Gemeinsamer Auslegungserklärung (152 d.B. und 178 d.B. sowie 9975/BR d.B.), von der Tagesordnung abzusetzen – Ableh­nung ....................................................  66, 66

Antrag der BundesrätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen, dem Ausschuss für Kinderrechte zur Berichterstattung über den Entschließungs­an­trag 237/A(E)-BR/2017 der BundesrätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und


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Kollegen betreffend „Hilfen für junge Erwachsene“ gemäß § 45 Abs. 3 GO-BR eine Frist bis 12. Juli 2018 zu setzen – Ablehnung ................................................  66, 187

Antrag der BundesrätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen, dem Aus­schuss für Familie und Jugend zur Berichterstattung über den Ent­schließungs­­antrag 245/A(E)-BR/2017 der BundesrätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Familienbonus Plus“ gemäß § 45 Abs. 3 GO-BR eine Frist bis 12. Juli 2018 zu setzen – Ablehnung ...............................................................  66, 187

Antrag der BundesrätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen, dem Ausschuss für Unterricht, Kunst und Kultur zur Berichterstattung über den Ent­schließungsantrag 250/A(E)-BR/2018 der BundesrätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Erhalt von Integrationsklassen an Sonder­schulen“ gemäß § 45 Abs. 3 GO-BR eine Frist bis 12. Juli 2018 zu setzen – Ablehnung ..  66, 187

Verlangen auf Durchführung einer namentlichen Abstimmung ......................  92, 94, 96

Unterbrechung der Sitzung .............................................................................  93, 95, 97

19. Punkt: Wahl der beiden Vizepräsidenten/innen, der Schriftführer/innen und der Ordner/innen für das 2. Halbjahr 2018 ........................................................................................................... 185

Personalien

Verhinderung .................................................................................................................. 14

Aktuelle Stunde (62.)

Thema: „Die Strukturreform der Sozialversicherung sichert die soziale Gerechtigkeit“                  15

RednerInnen:

Ing. Bernhard Rösch .............................................................................................. ..... 15

Sandra Kern ............................................................................................................ ..... 17

René Pfister ............................................................................................................. ..... 19

Bundesministerin Mag. Beate Hartinger-Klein ..................................................  23, 33

Georg Schuster ....................................................................................................... ..... 26

Ferdinand Tiefnig .................................................................................................... ..... 28

Korinna Schumann ................................................................................................. ..... 29

David Stögmüller .................................................................................................... ..... 31

Bundesregierung

Schreiben des Bundeskanzlers Sebastian Kurz betreffend Vertretung von Bun­despräsident Dr. Alexander Van der Bellen ................................................................................................................ 64

Schreiben des Bundeskanzleramtes betreffend Aufenthalt von Mitgliedern der Bundesregierung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ......................................................  62, 65

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse ............................................................................ 65

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 59


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 4

Verhandlungen

1. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2018 betreffend Umfas­sendes Wirtschafts- und Handelsabkommen (CETA) zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Kanada andererseits samt Ge­meinsamer Auslegungserklärung (152 d.B. und 178 d.B. sowie 9975/BR d.B.)   ............................................................................................................................... 66

Berichterstatterin: Marianne Hackl ................................................................................ 67

RednerInnen:

Günther Novak ........................................................................................................ ..... 67

Mag. Christian Buchmann ..................................................................................... ..... 70

Mag. Dr. Ewa Dziedzic ........................................................................................... ..... 72

Gerd Krusche .......................................................................................................... ..... 73

Mag. Elisabeth Grossmann ................................................................................... ..... 75

Ing. Eduard Köck .................................................................................................... ..... 77

David Stögmüller .................................................................................................... ..... 79

Christoph Steiner ................................................................................................... ..... 81

Mag. Reinhard Pisec, BA MA ................................................................................ ..... 83

Mag. Michael Lindner ............................................................................................. ..... 85

Edgar Mayer ............................................................................................................ ..... 88

Bundesministerin Dr. Margarete Schramböck .................................................... ..... 90

Entschließungsantrag der BundesrätInnen Günther Novak, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Volksabstimmung über CETA“ – Ablehnung (namentliche Abstimmung) ............  69, 96

Verzeichnis des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung ....................................... 97

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, 1. gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungs­mäßige Zustimmung zu erteilen (namentliche Abstimmungen) ........... 92

Verzeichnis des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung ................................  93, 95

2. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2018 betreffend ein Bun­des­gesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird (149 d.B. und 179 d.B. sowie 9976/BR d.B.)                         98

Berichterstatterin: Marianne Hackl ................................................................................ 98

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ..................................................................................................... 98

3. Punkt: Bericht der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend EU-Vorhaben Jahresvorschau 2018 (III-647-BR/2018 d.B. sowie 9977/BR d.B.) ............................... 98

Berichterstatterin: Marianne Hackl ................................................................................ 99

RednerInnen:

Gregor Hammerl ..................................................................................................... ..... 99

Hubert Koller, MA ................................................................................................... ... 101

Christoph Längle .................................................................................................... ... 103

Mag. Dr. Ewa Dziedzic ........................................................................................... ... 104

Mag. Reinhard Pisec, BA M


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 5

A ................................................................................ ... 106

Bundesministerin Dr. Margarete Schramböck .................................................... ... 108

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, den Bericht III-647-BR/2018 d.B zur Kenntnis zu nehmen          ............................................................................................................................. 110

4. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2018 betreffend ein Bun­desgesetz zur Festlegung einheitlicher Standards beim Infrastrukturaufbau für alternative Kraftstoffe (137 d.B. und 180 d.B. sowie 9978/BR d.B.) ............................................................................................................... 110

Berichterstatterin: Marianne Hackl .............................................................................. 110

RednerInnen:

Stefan Zaggl ............................................................................................................ ... 111

Robert Seeber ......................................................................................................... ... 112

Michael Bernard ...................................................................................................... ... 113

Bundesministerin Elisabeth Köstinger ................................................................ ... 114

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................................................... 115

5. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2018 betreffend Protokoll von Nagoya über den Zugang zu genetischen Ressourcen und die ausgewogene und gerechte Aufteilung der sich aus ihrer Nutzung ergebenden Vorteile zum Über­einkommen über die biologische Vielfalt (144 d.B. und 155 d.B. sowie 9979/BR d.B.) ............................................................................................................... 116

Berichterstatterin: Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller ...................................... 116

RednerInnen:

Dr. Peter Raggl ........................................................................................................... 116

Mag. Michael Lindner ............................................................................................. ... 118

Mag. Dr. Michael Raml ............................................................................................ ... 119

Bundesministerin Elisabeth Köstinger ................................................................ ... 119

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, 1. gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, 2. dem vorliegenden Be­schluss des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungs­mäßi­ge Zustimmung zu erteilen und 3. gegen den vorliegenden Beschluss des National­rates, gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 4 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben ......................................................................... 120

6. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2018 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Chemikaliengesetz 1996, das Wasserrechtsgesetz 1959 und das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 geändert werden (147 d.B. und 156 d.B. sowie 9980/BR d.B.) .................................................. 121

Berichterstatterin: Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller ...................................... 121

RednerInnen:

Ingo Appé .................................................................................................................... 121

Dr. Peter Raggl ........................................................................................................... 122

Mag. Dr. Michael Raml ............................................................................................ ... 123

Bundesministerin Elisabeth Köstinger ................................................................ ... 123

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................................................... 124

7. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2018 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Umweltförderungsgesetz geändert wird (148 d.B. und 157 d.B. sowie 9981/BR d.B.)                     124


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 6

Berichterstatter: Ferdinand Tiefnig  ........................................................................... 124

RednerInnen:

Günther Novak ........................................................................................................ ... 125

Ing. Eduard Köck .................................................................................................... ... 126

David Stögmüller .................................................................................................... ... 127

Peter Samt ............................................................................................................... ... 128

Bundesministerin Elisabeth Köstinger ................................................................ ... 130

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................................................... 131

8. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2018 betreffend Änderung des Montrealer Protokolls über Stoffe, die zu einem Abbau der Ozonschicht führen (151 d.B. und 158 d.B. sowie 9982/BR d.B.) ............................................................................................................................. 131

Berichterstatter: Ferdinand Tiefnig ............................................................................ 131

RednerInnen:

Andrea Wagner ....................................................................................................... ... 132

Dr. Gerhard Leitner ................................................................................................ ... 133

Thomas Schererbauer ............................................................................................ ... 135

Annahme des Antrages des Berichterstatters, 1. gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungs­mäßige Zustimmung zu erteilen ......................................................... 136

9. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2018 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Marktordnungsgesetz 2007 – MOG 2007 geändert wird (143 d.B. und 165 d.B. sowie 9983/BR d.B.)    ............................................................................................................................. 136

Berichterstatter: Peter Oberlehner ............................................................................. 136

RednerInnen:

Eva Prischl ............................................................................................................... ... 137

Ferdinand Tiefnig .................................................................................................... ... 137

Rosa Ecker, MBA .................................................................................................... ... 139

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................................................... 140

10. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2018 betreffend ein Bun­des­gesetz über Maßnahmen zum Schutz der Pflanzen vor Pflanzenschädlingen (Pflanzenschutzgesetz 2018) (138 d.B. und 166 d.B. sowie 9984/BR d.B.) ............................................................................................................... 140

Berichterstatter: Peter Oberlehner ............................................................................. 140

RednerInnen:

Martin Preineder ..................................................................................................... ... 141

Jürgen Schabhüttl .................................................................................................. ... 141

Thomas Schererbauer ............................................................................................ ... 142

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................................................... 143

11. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 14. Juni 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schülervertretungengesetz geändert wird (261/A und 167 d.B. sowie 9986/BR d.B.)                       143


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 7

Berichterstatterin: Mag. Doris Schulz ......................................................................... 144

RednerInnen:

Mag. Marlene Zeidler-Beck, MBA .......................................................................... ... 144

Mag. Daniela Gruber-Pruner ................................................................................. ... 145

Monika Mühlwerth .................................................................................................. ... 146

David Stögmüller .................................................................................................... ... 148

Dr. Andrea Eder-Gitschthaler ............................................................................... ... 149

Bundesminister Ing. Norbert Hofer ...................................................................... ... 150

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................................................... 151

12. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 14. Juni 2018 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Privatschulgesetz geändert wird (260/A und 168 d.B. sowie 9985/BR d.B.) ............... 151

Berichterstatterin: Mag. Doris Schulz ......................................................................... 151

RednerInnen:

Klara Neurauter ....................................................................................................... ... 151

Mag. Daniela Gruber-Pruner ................................................................................. ... 153

Monika Mühlwerth .................................................................................................. ... 153

David Stögmüller .................................................................................................... ... 155

Peter Oberlehner .................................................................................................... ... 157

Bundesminister Ing. Norbert Hofer ...................................................................... ... 158

Entschließungsantrag der BundesrätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Eigenes Schulfach für digitale Medienkompetenz“ – Ableh­nung ......................  157, 160

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................................................... 160

13. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 14. Juni 2018 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert wird (29. StVO-Novelle) (146 d.B. und 174 d.B. sowie 9987/BR d.B.) ....................................................................................................................................... 160

Berichterstatter: Peter Samt ........................................................................................ 160

RednerInnen:

Martin Weber ........................................................................................................... ... 160

Georg Schuster ....................................................................................................... ... 162

David Stögmüller .................................................................................................... ... 163

Karl Bader ................................................................................................................ ... 164

Bundesminister Ing. Norbert Hofer ...................................................................... ... 166

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................................................... 167

14. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 14. Juni 2018 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Gefahrgutbeförderungsgesetz geändert wird (GGBG-Novelle 2018) (72 d.B. und 175 d.B. sowie 9988/BR d.B.) ............................................................................................................... 167

Berichterstatter: Peter Samt ........................................................................................ 167

RednerInnen:

Andreas Arthur Spanring .......................................................................................... 167

Martin Preineder ......................................................................................................... 168

Hubert Koller, M


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 8

A ................................................................................................... ... 168

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................................................... 169

15. Punkt: Bericht des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Jahresvorschau 2018 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeits­programmes der Kommission sowie des operativen Jahresprogrammes des Rates (III-637-BR/2018 d.B. sowie 9989/BR d.B.)                   169

Berichterstatter: Peter Samt ........................................................................................ 169

RednerInnen:

Gerd Krusche .......................................................................................................... ... 170

Armin Forstner, MPA ............................................................................................. ... 171

Wolfgang Beer ........................................................................................................ ... 172

Christoph Längle .................................................................................................... ... 173

Bundesminister Ing. Norbert Hofer ...................................................................... ... 174

Annahme des Antrages des Berichterstatters, den Bericht III-637-BR/2018 d.B. zur Kenntnis zu nehmen         ............................................................................................................................. 174

16. Punkt: Verkehrstelematikbericht 2017, vorgelegt vom Bundesminister für Ver­kehr, Innovation und Technologie (III-625-BR/2017 d.B. sowie 9990/BR d.B.) ............................................ 175

Berichterstatter: Peter Samt ........................................................................................ 175

RednerInnen:

Christoph Längle .................................................................................................... ... 175

Armin Forstner, MPA ............................................................................................. ... 176

Wolfgang Beer ........................................................................................................ ... 177

Bundesminister Ing. Norbert Hofer ...................................................................... ... 178

Annahme des Antrages des Berichterstatters, den Bericht III-625-BR/2017 d.B. zur Kenntnis zu nehmen         ............................................................................................................................. 179

17. Punkt: Tätigkeitsbericht der Schienen-Control GmbH 2016, vorgelegt vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie (III-627-BR/2017 d.B. sowie 9991/BR d.B.) .................... 179

Berichterstatter: Peter Samt ........................................................................................ 179

RednerInnen:

Gerd Krusche .......................................................................................................... ... 180

Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller ................................................................ ... 180

Günther Novak ........................................................................................................ ... 182

Bundesminister Ing. Norbert Hofer ...................................................................... ... 183

Annahme des Antrages des Berichterstatters, den Bericht III-627-BR/2017 d.B. zur Kenntnis zu nehmen         ............................................................................................................................. 184

18. Punkt: Gemeinwirtschaftlicher Leistungsbericht 2016, vorgelegt vom Bundes­minister für Verkehr, Innovation und Technologie (III-651-BR/2018 d.B. sowie 9992/BR d.B.) .................... 184

Berichterstatter: Georg Schuster ............................................................................... 184

Annahme des Antrages des Berichterstatters, den Bericht III-651-BR/2018 d.B. zur Kenntnis zu nehmen         ............................................................................................................................. 185


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 9

Eingebracht wurden

Anfragen der BundesrätInnen

Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend USA-Reise Harald Vilimsky, Mitglied des Europaparlaments (3500/J-BR/2018)

David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Qualifizierungsmaßnahmen für Asylwerber und Asylberechtigte (3501/J-BR/2018)

David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Unterbringung von Asylwerbenden / Drittstaatsangehörigen (3502/J-BR/2018)

David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Asylverfahren in Österreich (3503/J-BR/2018)

David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres betreffend Deutschkurse und andere Integrationsmaßnahmen (3504/J-BR/2018)

David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien betreffend fehlende Ablehnung des aktuellen Euratom-Forschungs­programmes durch die Bundesregierung – ein Widerspruch zum Regierungsüber­ein­kommen (3505/J-BR/2018)

David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend fehlende Ablehnung des aktuellen Euratom-Forschungsprogrammes durch die Bundesregierung – ein Widerspruch zum Regie­rungs­übereinkommen (3506/J-BR/2018)

David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres betreffend fehlende Ablehnung des aktuellen Euratom-For­schungsprogrammes durch die Bundesregierung – ein Widerspruch zum Regierungs­übereinkommen (3507/J-BR/2018)

David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Projekt „Breitspurbahn plus Mega-Güterter­mi­nal“ und dessen Folgen für Mensch und Umwelt (3508/J-BR/2018)

Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend die „Ständige Strukturierte Zusammenarbeit“ im Rüstungsbereich (PESCO) (3509/J-BR/2018)

Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Lan­des­verteidigung betreffend die „Ständige Strukturierte Zusammenarbeit“ im Rüstungs­bereich (PESCO) (3510/J-BR/2018)

Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien betreffend die „Ständige Strukturierte Zusammenarbeit“ im Rüstungsbereich (PESCO) (3511/J-BR/2018)

Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres betreffend die „Ständige Strukturierte Zusammenarbeit“ im Rüs­tungsbereich (PESCO) (3512/J-BR/2018)


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 10

David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Ministerrat in Brüssel – eine teure Klassenfahrt (3513/J-BR/2018)

David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Ministerrat in Brüssel – eine teure Klassenfahrt (3514/J-BR/2018)

David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres betreffend Ministerrat in Brüssel – eine teure Klassenfahrt (3515/J-BR/2018)

David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Ministerrat in Brüssel – eine teure Klassenfahrt (3516/J-BR/2018)

David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Ministerrat in Brüssel – eine teure Klassenfahrt (3517/J-BR/2018)

David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­ver­teidigung betreffend Ministerrat in Brüssel – eine teure Klassenfahrt (3518/J-BR/2018)

David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nach­haltigkeit und Tourismus betreffend Ministerrat in Brüssel – eine teure Klassenfahrt (3519/J-BR/2018)

David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport betreffend Ministerrat in Brüssel – eine teure Klassenfahrt (3520/J-BR/2018)

David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digita­lisie­rung und Wirtschaftsstandort betreffend Ministerrat in Brüssel – eine teure Klassenfahrt (3521/J-BR/2018)

David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Ministerrat in Brüssel – eine teure Klassenfahrt (3522/J-BR/2018)

David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wis­senschaft und Forschung betreffend Ministerrat in Brüssel – eine teure Klassenfahrt (3523/J-BR/2018)

David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Ministerrat in Brüssel – eine teure Klassenfahrt (3524/J-BR/2018)

Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Bundeskanzler Kurz’ Aussagen zu Albanien (3525/J-BR/2018)

Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Trade in Service Agreement (TiSA) (3526/J-BR/2018)

Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digita­lisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Trade in Service Agreement (TiSA) (3527/J-BR/2018)

Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien betreffend Förderung von Kunst und Kultur – Erarbeitung einer bundesweiten Kunst- und Kulturstrategie (3528/J-BR/2018)


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 11

Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Bundesgrundsatzgesetz Mindestsicherung (3529/J-BR/2018)

Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend betreffend Zeitverwendungsstudien und Monetarisierungsstudien (3530/J-BR/2018)

Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Zeitverwendungsstudien und Monetarisierungsstudien (3531/J-BR/2018)

Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres betreffend den internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (ICESCR) sowie den 5. Staatsbericht zu diesem Abkom­men und die Umsetzung der Empfehlungen der abschließenden Bemerkungen zu diesem Staatenbericht (3532/J-BR/2018)

Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ver­fassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend den internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (ICESCR) sowie den 5. Staatsbericht zu diesem Abkommen und die Umsetzung der Empfehlungen der abschließenden Bemerkungen zu diesem Staatsbericht (3533/J-BR/2018)

Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend den internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (ISESCR) sowie den 5. Staaten­bericht zu diesem Abkommen und die Umsetzung der Empfehlungen der abschließen­den Bemerkungen zu diesem Staatenbericht (3534/J-BR/2018)

Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend den internationalen Pakt über wirt­schaftliche, soziale und kulturelle Rechte (ICESCR) sowie den 5. Staatenbericht zu diesem Abkommen und die Umsetzung der Empfehlungen der abschließenden Bemer­kungen zu diesem Staatenbericht (3535/J-BR/2018)

Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Förderung der Gleichstellung im Schul- und Bildungswesen (3536/J-BR/2018)

Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres betreffend Nationaler Aktionsplan für Menschenrechte (3537/J-BR/2018)

Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend betreffend Maßnahmen zum Abbau der Einkommensschere und Förderung von Frauen am Arbeitsmarkt (3538/J-BR/2018)

David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres betreffend Familienleistungen für den diplomatischen Dienst im BMEIÄ (3539/J-BR/2018)

David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Familienleistungen für den diplomati­schen Dienst BMVRDJ (3540/J-BR/2018)

David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Familienleistungen für den diplomatischen Dienst BMF (3541/J-BR/2018)


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 12

David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisie­rung und Wirtschaftsstandort betreffend Familienleistungen für den diplomatischen Dienst BMDW (3542/J-BR/2018)

David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wis­senschaft und Forschung betreffend Familienleistungen für den diplomatischen Dienst BMBWF (3543/J-BR/2018)

David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport betreffend Familienleistungen für den diplomatischen Dienst BMöDS (3544/J-BR/2018)

David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nach­haltigkeit und Tourismus betreffend Familienleistungen für den diplomatischen Dienst BMNT (3545/J-BR/2018)

David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien betreffend Familienleistungen für den diplomatischen Dienst BMEKKM (3546/J-BR/2018)

David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Familienleistungen für den diplomatischen Dienst BMI (3547/J-BR/2018)

David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Lan­desver­teidigung betreffend Familienleistungen für den diplomatischen Dienst BMLV (3548/J-BR/2018)

David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Familienleistungen für den diplomatischen Dienst BMVIT (3549/J-BR/2018)

David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Kürzung der Familienbeihilfe für Kinder im Ausland (3550/J-BR/2018)

David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Familienleistungen für den diplomatischen Dienst (BMASGK) (3551/J-BR/2018)

David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend betreffend Familienleistungen für den diplomatischen Dienst BMFFJ (3552/J-BR/2018)

David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Fami­lien­leistungen für den diplomatischen Dienst im Bundeskanzleramt (3553/J-BR/2018)

David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien betreffend Moscheenschließungen, Imamausweisungen und den damit verbunden Innerislamischen Streit in der IGGÖ (3554/J-BR/2018)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der BundesrätInnen Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen betref­fend CRISPR und die neuen Gentechnik-Methoden (3205/AB-BR/2018 zu 3472/J-BR/2018)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Bun­desrätInnen Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen betreffend Angriffskrieg der Türkei auf Afrin (3206/AB-BR/2018 zu 3474/J-BR/2018)


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 13

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der BundesrätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend die rechtsextreme Bewegung „Graue Wölfe“ (3207/AB-BR/2018 zu 3475/J-BR/2018)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bun­desrätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bahnschleife Eisenstadt (3208/AB-BR/2018 zu 3476/J-BR/2018)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Bun­des­rätIn­nen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abwasserentsorgung bei Erdgas- und Erdölförderstationen (3209/AB-BR/2018 zu 3477/J-BR/2018)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der BundesrätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sexuelle Belästigung von Kindern und Jugend­lichen im Internet (3210/AB-BR/2018 zu 3479/J-BR/2018)

der Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend auf die Anfrage der Bundes­rätIn­nen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sexuelle Belästigung von Kindern und Jugendlichen im Internet (3211/AB-BR/2018 zu 3482/J-BR/2018)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der BundesrätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sexuelle Belästigung von Kindern und Jugendlichen im Internet (3212/AB-BR/2018 zu 3483/J-BR/2018)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Bun­desrätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sexuelle Belästigung von Kindern und Jugendlichen im Internet (3213/AB-BR/2018 zu 3481/J-BR/2018)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die An­frage der BundesrätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sexuelle Belästigung von Kindern und Jugendlichen im Internet (3214/AB-BR/2018 zu 3480/J-BR/2018)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der BundesrätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend akuten Platzmangel in Niederösterreichs Gymnasien und Ausbaupläne der Bundesregierung (3215/AB-BR/2018 zu 3485/J-BR/2018)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der BundesrätInnen Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beraterverträge des BMVIT und etwaige Interessenkonflikte durch versteckte Parteien­finanzierung für die FPÖ (3216/AB-BR/2018 zu 3484/J-BR/2018)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Bun­desrätInnen Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen betreffend offen­sichtliche Auswirkungen der „Vereinbarung über Zusammenwirken und Kooperation“ zwischen FPÖ und Putin-Partei „Einiges Russland“ auf die österreichische Außenpolitik (3217/AB-BR/2018 zu 3487/J-BR/2018)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der BundesrätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Unterstützung von Pendlerinnen und Pendlern (3218/AB-BR/2018 zu 3486/J-BR/2018)


 


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 14

09.02.51Beginn der Sitzung: 9.02 Uhr

Vorsitzende: Präsident Reinhard Todt, Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M., Vizepräsident Ewald Lindinger.

*****


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Guten Morgen, ich eröffne die 881. Si­tzung des Bundesrates.

Das Amtliche Protokoll der 880. Sitzung des Bundesrates vom 30.5.2018 ist aufge­legen, unbeanstandet geblieben und gilt daher als genehmigt.

Als verhindert gemeldet ist das Mitglied des Bundesrates Stefan Schennach.

Für die anschließende Aktuelle Stunde darf ich schon jetzt Frau Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag.a Beate Hartinger-Klein herzlich in unserer Mitte begrüßen. Guten Morgen! (Allgemeiner Beifall.)

09.03.24Angelobung


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Eingelangt ist ein Schreiben des Salz­burger Landtages betreffend die Wahl von Mitgliedern beziehungsweise Ersatz­mitglie­dern des Bundesrates. (siehe S. 59)

Die neu gewählten Mitglieder beziehungsweise die wiedergewählten Mitglieder des Bun­desrates sind im Hause anwesend, ich werde daher sogleich die Angelobung vor­nehmen.

Nach Verlesung der Gelöbnisformel durch die Schriftführerin wird die Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“ zu leisten sein. – Ich ersuche nun die Frau Schriftführerin um Verlesung der Gelöbnisformel.

9.04.07


Schriftführerin Marianne Hackl: Ich verlese hiermit die Gelöbnisformel für die Mitglie­der des Bundesrates. „Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik Öster­reich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze sowie gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten.“

*****

(Über Namensaufruf durch Schriftführerin Hackl leisten die BundesrätInnen Marlies Steiner-Wieser und Michael Wanner die Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“. – Die BundesrätInnen Dr. Andrea Eder-Gitschthaler und Silvester Gfrerer leisten nach Aufruf ihres Namens die Angelobung mit den Worten „Ich gelobe, so wahr mir Gott helfe.“)

*****

Herzlich willkommen im Bundesrat. (Allgemeiner Beifall. – Die neuen und die wieder­gewählten Mitglieder des Bundesrates werden von ihren Kolleginnen und Kollegen beglückwünscht.)


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Ich darf die neu gewählten Mitglieder be­ziehungsweise die wiedergewählten Mitglieder in unserer Mitte recht herzlich begrüßen.


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 15

09.06.37Aktuelle Stunde


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Wir gelangen nun zur Aktuellen Stunde mit dem Thema

„Die Strukturreform der Sozialversicherung sichert die soziale Gerechtigkeit“

mit Frau Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag.a Beate Hartinger-Klein.

In der Präsidialkonferenz wurde Einvernehmen über folgenden Ablauf erzielt: Zunächst kommt je ein Redner, eine Rednerin pro Fraktion zu Wort, deren oder dessen Redezeit jeweils 10 Minuten beträgt; sodann folgt die Stellungnahme der Frau Bundesministerin, die ebenfalls 10 Minuten nicht überschreiten sollte. Danach folgt wiederum je ein Red­ner der Fraktionen sowie anschließend eine Wortmeldung der Bundesräte ohne ­Frak­tionszugehörigkeit mit einer 5-minütigen Redezeit. Zuletzt kann noch eine abschließen­de Stellungnahme der Frau Bundesministerin erfolgen, die nach Möglich­keit 5 Minuten nicht überschreiten soll.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ing. Bernhard Rösch. Ich erteile es ihm und mache noch einmal darauf aufmerksam, dass entsprechend der Vereinbarung die Redezeit 10 Minuten beträgt. – Bitte, Herr Bundesrat.


9.07.48

Bundesrat Ing. Bernhard Rösch (FPÖ, Wien): Sehr geehrtes Präsidium! Sehr ge­ehrte Frau Bundesministerin Hartinger! Werte Kolleginnen und Kollegen aus dem Bundesrat! Geschätzte Zuseher! Danke für das Thema der heutigen Aktuellen Stunde, ein Thema, betreffend das viele Österreicherinnen und Österreicher eigentlich schon gar nicht mehr geglaubt haben, dass es überhaupt möglich ist, eine Reform in diesem großen Ausmaß durchzubringen.

Wir haben uns schon über das Jugendschutzgesetz unterhalten. Der Jugendschutz wird seit Jahrzehnten in jedem Bundesland geregelt, und wir sind nicht dazu ge­kommen, das einheitlich zu regeln – in so einem kleinen Bereich, wo jeder Österreicher und jede Österreicherin sagt, an und für sich gehörte das zentral geordnet, ein Gesetz gemacht, das von Bregenz bis Eisenstadt gilt. Das war in Wirklichkeit in den letzten Jahrzehnten nicht möglich, was sehr oft auch an den Ländern gelegen ist.

Jetzt gibt es gleich eine so große Reform, da hat jeder gefragt: Was passiert dann mit uns, was macht das mit uns? Ist das gefährlich, ist das gut? – Wir haben nachgelesen, dass da in Wirklichkeit schier Unmögliches umgesetzt wird, große Brocken angegan­gen und Einsparungsmaßnahmen gesetzt werden. Da haben wir gesagt, das schauen wir uns lieber noch einmal genauer an, ob das auch wirklich möglich ist. Durch die Erklärungen in der Vergangenheit, in den letzten Wochen und Monaten, haben wir dann gesehen, dass das tatsächlich ein Meilenstein ist; deshalb ein Danke an die Bun­desregierung und an dich, Frau Ministerin, dass das in Angriff genommen wurde und dass das heute hier zum Thema gemacht wurde.

Warum ist das angestanden? – Uns allen in Österreich war bewusst, dass aufgrund der Digitalisierung und der Automatisierung nicht mehr die Kuriere mit der Depesche von Wien nach Bregenz reiten müssen, sondern dass die Gesetzesbeschlüsse in Wirk­lichkeit per Knopfdruck, per E-Mail zeitgleich verbreitet werden und vieles viel schneller geworden ist. Die Verhandlungsgremien sind überall in der Wirtschaft ganz einfach kleiner geworden, nur in den Verwaltungsbereichen nicht, und deswegen – richtig erkannt – hat man sich gefragt: Wo kann man einsparen, ohne an Leistungskürzung zu


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 16

denken? Wo kann man einsparen, sodass das Geld, das man damit lukriert, auch wirklich zurückkommt? Das ist euch wirklich gut gelungen.

Es wurde für die notwendige Kommunikation gesorgt, aber auch für die weitere Kom­munikation, die sehr wichtig ist, dass es dann auch wirklich gleich bei denen, die es betrifft oder die sich damit beschäftigen, ankommt, wenn sich irgendetwas ändert, wenn die Sozialversicherungsträger etwas ändern. Deswegen war es auch so wichtig, auch für die Zukunft, dass ihr es zusammengebracht habt, dass die Sozialpartner auch weiterhin richtig eingesetzt werden, dass sie in einer fairen Aufteilung eingesetzt werden und dass die alte Tradition weitergeht. Die Sozialpartnerschaft hat sich ja im Vorfeld auch damit beschäftigt und sehr vieles abgefangen, deswegen gab es in Österreich in der Vergangenheit sehr wenige Streiks im Vergleich zu anderen Ländern, in Frankreich oder sonst irgendwo. (Ruf bei der SPÖ: Noch!) – Ich höre dort: „Noch!“ Anscheinend ist der Kampfeswille deswegen gegeben, der Kampf um des Kampfes willen oder um Schattenparlament zu sein oder sonst irgendwas. Das mag alles so sein (Bundesrätin Posch-Gruska: Brauchen wir nicht! – Zwischenruf der Bundesrätin Grimling), das trübt aber sicher nicht den Erfolg. (Zwischenruf des Bundesrates Koller.)

Gehen wir in die Geschichte (Bundesrat Pfister: Zahlen, Daten, Fakten!): Im Mittelalter beziehungsweise vor dem Mittelalter war es ja noch so – ich werde Ihre Geduld nicht über Gebühr strapazieren, aber um ein bisschen die Tradition, die Nachhaltigkeit und die Wichtigkeit dieses Gesetzes zu untermauern, möchte ich 1 Minute einen Exkurs in die Geschichte machen (Ruf bei der SPÖ: Gute alte Zeit!) –, also vor dem Mittelalter war es ja in Wirklichkeit Gottes Wille, wenn irgendjemandem etwas passiert ist, wenn irgendjemand krank geworden ist. Man hat dann gesagt, die Nachbarn haben dann gesagt: Na, wer weiß, was er getan hat, es geschieht ihm schon recht! Irgendwann ist man dann – mit der Entstehung der Klöster und so weiter – auf den Spruch der katholischen Kirche, von Jesus gekommen, der gesagt hat: Was ihr dem Geringsten meiner Brüder tut, das habt ihr mir getan. – Da war es das erste Mal möglich, ein Spen­denwesen einzurichten.

Ich habe einen Vortrag von Professor DDr. Rohrbach an der Uni gehört, weil für mich hinsichtlich der Entwicklung von den Klöstern zu unserem Sozialsystem viele Fragen offen waren, die er da erklärt hat. Er hat gesagt, von den Gottesurteilen über die Spen­denverträge sind wir zu Spitals- und Pflegeorden gekommen, und diese Spitals- und Pflegeorden kannten eine Dreiklassenmedizin: zum einen Medizin und Versorgung für Arme, die sich nichts leisten konnten, zum anderen für diejenigen, die sich die Behand­lung leisten konnten und diese auch zahlen mussten; und zum Dritten gab es dieje­nigen, die durch Verpfründung und Leibrentenverträge ihre Vermögen überschrieben haben, sodass die Versorgung der Armen praktisch mitfinanziert werden konnte. Das hat sich dann in ganz Europa verbreitet, auch durch die lateinische Sprache in den Klöstern: Wissen wurde ausgetauscht, das Gesundheits- oder Krankenwesen, die Erkenntnisse der Ärzte und so weiter wurden dadurch immer besser, und es gab nach dem Mittelalter, nach dem 14., 15. Jahrhundert, eigentlich eine Renaissance des Ge­sundheitswesens.

Was die wenigsten wissen: Die Spitäler der Barmherzigen Brüder oder des Malte­ser­ordens bauen in Wirklichkeit auf dem auf. Wenn man heute mit den Barmherzigen Brüdern spricht – ich habe einen Bericht darüber im Fernsehen gesehen –, erfährt man: Sie nehmen zum Beispiel jetzt noch jemanden auf, der keine Krankenkasse hat, und versorgen ihn. Das ist also etwas, was ganz essenziell ist: Solidarität, mitfühlender Humanismus (Zwischenruf der Bundesrätin Gruber-Pruner), zu schauen, dass alle in der Medizin die gleichen Voraussetzungen haben.


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Es hat sich ja dann auch so weiterentwickelt, dass praktisch auch die Privat­versiche­rungen das allgemeine System in einer gewissen Weise mitfinanzieren. Diejenigen, die höhere Ansprüche haben, die drei Menüs zur Auswahl haben möchten, die nur ein Einbettzimmer haben möchten, die sich die Ärzte aussuchen möchten, und, und, und, ohne dabei eine wesentlich bessere Medizin zu bekommen – weil jeder an der Uni­versität das Gleiche lernt und die Universitäten ja alle miteinander vernetzt sind, also auf dem gleichen Niveau sind –, aber für die Psyche vielleicht einen Vorteil haben, weil sie ganz einfach in einer anderen Umgebung sein können, finanzieren praktisch das System auch mit, und dadurch ist an und für sich unser System weiterentwickelt wor­den.

Jetzt sind wir gerade dabei, nach diesen wichtigen Schritten wieder einen Schritt zu setzen, und das ist wirklich – ich sage jetzt einmal so, das kann man ruhig so sagen – die größte Reform der Zweiten Republik, dass wir ganz einfach sagen, dass wir dort schlanker werden können, wo wir nicht so viele Leute an einem Punkt brauchen, dass wir sagen, wir brauchen nicht so viele Reisende, wir brauchen mehr Wissende – mit mehr Wissenden gibt es ganz einfach ein besseres System. Es ist gut so, dass die Leistungen besser werden, dass die Versorgung sicherer wird. Ich vertraue den Mehr­wissern und nicht den Besserwissern. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

9.16


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Danke. – Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Sandra Kern. Ich erteile es ihr.


9.16.33

Bundesrätin Sandra Kern (ÖVP, Niederösterreich): Hohes Präsidium! Geschätzte Frau Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause vor den Bildschirmen! Auch von unserer Seite ein Dankeschön dafür, dass wir heute die Möglichkeit haben, im Rahmen dieser Aktuellen Stunde die Strukturreform der Sozialversicherung zu diskutieren.

Wir diskutieren diese Reform seit über 20 Jahren. Jeder von uns weiß, diese Reform ist bisher aufgrund von Macht- und Interessenpolitik immer gescheitert, wir wissen, dass wir in Österreich ein qualitativ sehr hochwertiges Gesundheitssystem haben, und wir wissen auch, dass es nicht immer gerecht ist. Die aktuelle Regierung setzt jetzt die Reform um – wie im Wahlkampf angekündigt, wie im Regierungsprogramm vereinbart; das wird jetzt umgesetzt.

Was haben wir mit dieser Reform jetzt eigentlich geplant? – Wir haben derzeit 21 Ver­sicherungsträger (Zwischenruf des Bundesrates Pfister), und wir werden in Zukunft nur mehr fünf Versicherungsträger haben. Welche werden das sein? – Die Österreichi­sche Gesundheitskasse für Arbeiter und Angestellte, der Selbstständigenträger für die Selbstständigen und die Landwirte, die Versicherungsanstalt für den öffentlichen Dienst Neu mit den Sparten Schiene und Bergbau. Die Pensionsversicherungsanstalt bleibt österreichweit bestehen. Die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, die AUVA, wird bestehen bleiben, wenn sie die Möglichkeiten zur Strukturreform nutzt und Synergien hebt.

Warum ist diese Reform eigentlich notwendig geworden? – Weil wir Doppelgleisig­kei­ten beseitigen müssen, weil wir der Zweiklassenmedizin den Kampf ansagen müssen, weil wir dann frei gewordene Mittel in den niedergelassenen Bereich und in unsere Landärzte investieren können. Und natürlich ist es auch notwendig, mehr Fairness im Sozialversicherungssystem zu schaffen, damit es langfristig finanzierbar wird, auch für nachfolgende Generationen, und damit wir auch in Zukunft eine flächendeckende qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung garantieren können.


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 18

Was waren unsere Prinzipien bei dieser Reform? Was ist uns bei dieser Reform wichtig? – Es darf zu keinen Leistungskürzungen kommen, es dürfen keine Mitarbeiter entlassen werden, es wird keine Beitragserhöhungen geben. (Zwischenruf des Bun­desrates Weber.) Die Mehrfachversicherungen müssen vereinfacht werden. Das Prin­zip der Selbstverwaltung bleibt erhalten, und wir müssen unsere Kassenärzte und Landärzte stärken. Das Wichtigste bei dieser Reform wird sein: gleiche Leistungen für gleiche Beiträge.

Die Frage, die wir uns in Wahrheit alle stellen müssen, ist: Was bringt diese Reform den Patientinnen und Patienten? Ich möchte einige Punkte dazu anführen. Was be­deutet das überhaupt: gleiche Leistungen für gleiche Beiträge? Wie war es bisher? – Bisher hat es unterschiedliche Zuschüsse gegeben: für die Zahnspange, bei der Mund­hygiene, für den Rollstuhl, unterschiedliche Zuschüsse dahin gehend, ob die Schuhein­lagen einmal oder zweimal pro Jahr bezahlt werden.

Auch bei Medikamenten und bei Kuren gibt es wegen neun verschiedener Kassen von Bundesland zu Bundesland Unterschiede. Es ist keiner Arbeitnehmerin erklärbar, warum sie in Tirol andere Leistungen bekommt als in Wien. (Bundesrat Weber: Das ist schon Vergangenheit!) Da braucht es einfach mehr Fairness im System.

Was braucht es noch für unsere Patientinnen und Patienten? – Weniger Bürokratie: Durch die Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger sind Zuständigkeiten für Versicherungsfälle, für Patientinnen und Patienten transparenter und es braucht weni­ger Bürokratie. Das Thema Mehrfachversicherungen war uns immer wichtig, auch diese müssen vereinfacht werden, dann gehören bürokratische Hürden und Probleme der Vergangenheit an. Die Regionalität muss erhalten bleiben, und das beste Beispiel dafür ist die PVA – über sie wird nie diskutiert –: Sie beweist täglich, dass die Inter­essen der regionalen Versorgung auch gut durch einen bundesweiten Träger erfüllt werden können. Die regionale Planung bleibt auf Landesebene.

Ein Thema – ich habe es schon angesprochen –, das gerade uns in Niederösterreich besonders wichtig ist, ist, dass mit den zur Verfügung stehenden Mitteln der nieder­gelassene Bereich gestärkt werden muss. Die Honorarkataloge sollen überarbeitet werden. Es ist uns wichtig, dass es wieder positiv belegt ist, Landarzt oder Kassenarzt zu werden. Ziel muss es dabei auch sein, mehr Zeit für den Patienten zu haben. Auch die Experten stimmen uns bei diesen Veränderungen zu. (Ruf bei der SPÖ: Welche?)

Seit über 50 Jahren – das habe ich nachgelesen – kritisiert nicht irgendwer, sondern die WHO das System der 21 Versicherungsträger in Österreich. Gesundheits­ökono­men und Studien zeigen, dass unterschiedliche Träger immer unterschiedliche Leis­tungen bedeuten und Eigeninteresse Zusammenarbeit und Leistungsharmonisierung verhindert; das heißt, eine Kassenfusion ermöglicht es, das Gesundheitswesen straffer zu organisieren, um die Planung und in weiterer Folge die Versorgung zu verbessern.

Ich darf aus einem aktuellen Beitrag unseres niederösterreichischen Patientenanwalts, der immer das Wohl des Patienten im Auge hat, zitieren: Das aktuelle System kann nicht effizient und effektiv sein, und vor allem nicht im Sinne der Versicherten und Patienten. Durch die Strukturreform der Sozialversicherung kann mehr soziale Gerech­tigkeit erreicht werden. – Zitatende.

Trotz der großen Polemik und trotz der vielen Unwahrheiten, die verkündet werden, gibt es auch in der Bevölkerung eine hohe Zustimmung zu dieser Reform, aktuelle Umfragen zeigen das. Laut einer Market-Umfrage befürworten 71 Prozent die geplante Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger, 32 Prozent der Befragten sagen, dass das Thema Sozialversicherungszusammenlegung wichtig ist.


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 19

Zum Abschluss darf ich noch an alle Anwesenden appellieren: Konzentrieren wir uns auf eine sachliche Diskussion, starten wir diese Reform für mehr Gerechtigkeit in unserem Gesundheitssystem, für einheitliche Leistungen für Versicherte und Patienten, und haben wir für die zukünftigen Generationen den Mut zur Veränderung! – Danke. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

9.23


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat René Pfister. Ich erteile es ihm.


9.23.41

Bundesrat René Pfister (SPÖ, Niederösterreich): Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Ministerin, ich habe Sie während der Ausführungen meiner Vorrednerinnen und Vorredner sehr genau beobachtet: Ganz begeistert waren Sie nicht über alle Aussagen, die da gekommen sind. (Zwischenruf des Bundesrates Mayer.) Auch von der Körpersprache her dürfte hier nicht alles so angekommen sein. (Bundesrat Krusche: Ein geschulter Psychologe! Ein Verhaltensforscher!)

Zurück zum Thema: Ich bleibe wie gewohnt bei den Zahlen, Daten und Fakten. Bereits im Regierungsübereinkommen stand die Forderung nach einer einheitlichen Prüfung aller Lohnabgaben. Liebe Kolleginnen und Kollegen, genau zuhören! Mit dem Ministerratsvortrag am 23. Mai wurde offiziell verlautbart, dass die Beitragsprüfung im Rahmen der gemeinsamen Prüfung aller lohnabhängigen Anteile zukünftig nur noch durch das Finanzamt erfolgen soll. Erst danach – wenn wir schon bei der Historie sind, wie es Bernhard Rösch auch ausgeführt hat –, nämlich am 8. Juni, rund drei Wochen später, haben Sie beim Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger nachgefragt, wie viele Prüferinnen und Prüfer es dort überhaupt gibt und wie viel die verdienen.

Liebe Frau Bundesministerin! Auf welcher Grundlage haben Sie Ihr Konzept erstellt und die Kosteneinsparung berechnet, wenn Sie erst danach die relevante Zahl der Prüferinnen und Prüfer erhoben haben? Wie hoch sind Ihrer Einschätzung nach die Kosteneinsparungen? Wieso glauben Sie, dass es effizienter ist, die gemeinsame Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben nur vom Finanzamt durchführen zu lassen, wenn die BeitragsprüferInnen der Sozialversicherungen laufend hervorragende Bei­trags­prüfungsergebnisse liefern? Viele von euch, die da sitzen, sitzen quer über die Bundesländer verteilt in den Gebietskrankenkassen. Allein im Jahr 2016 haben die Prü­fungsergebnisse bei der Sozialversicherung wegen nicht richtig verrechneter Abga­ben 135,7 Millionen Euro betragen, bei der Finanz waren es im gleichen Zeitraum 37,7 Millionen Euro. Dabei handelt es sich um Geld, das den Versicherten nicht mehr zur Verfügung steht.

Seit über einem Jahr werden innerhalb der sozialen Krankenversicherungen die Leis­tungen harmonisiert. Das ist unter Rot-Schwarz sehr, sehr effektiv betrieben worden, das werden auch unsere KollegInnen noch wissen, auch wenn sie jetzt eine andere Farbe haben. Die Leistungen wurden harmonisiert und alleine letztes Jahr wurden effektiv 85 Millionen Euro investiert.

Nun versprechen Sie in der Regierungsvorlage ebenfalls eine Leistungsharmo­nisie­rung. Steckt dahinter die Absicht, liebe Frau Ministerin, die Reformerfolge der Sozial­versicherung, die bereits in den Vorjahren erfolgreich auf den Weg gebracht wurden, sich selbst zuzuschreiben und die Bevölkerung zu verschaukeln? (Bundesrat Rösch: Das macht die Sozialversicherung!) Welche konkreten Leistungen wollen Sie über­haupt angleichen und auf welches Niveau soll das kommen? Wir hören vollmundig, es wird alles besser, es wird nichts mehr kosten. Wie viel wird es noch zusätzlich kosten?


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Oder wollen Sie durch eine Nivellierung nach unten die Milliarde bei den Leistungen einsparen?

Allein durch die geplante Umstrukturierung der Selbstverwaltung sollen bei der geplan­ten ÖGK, der Österreichischen Gesundheitskasse, die Vertreterinnen und Vertreter paritätisch durch Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber und Arbeitnehmer besetzt werden, im Verhältnis 50 : 50. Bisher war das etwas anders, da haben nämlich die Versicher­ten, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die auch den Großteil einzahlen, sich selbst verwaltet. Wieso wird diese Umstrukturierung vorgenommen, wenn die Arbeit­geberinnen und Arbeitgeber mit ihrem Dienstgeberanteil nur 28,7 Prozent der Einnah­men beitragen und diese gar nicht in der Gebietskrankenkasse versichert sind? Da bestimmt jemand über die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, der an dieser Ver­siche­rung eigentlich überhaupt kein Interesse hat, weil er dort nicht einmal versichert ist! Mir stellt sich hier die Frage, ob Sie einfach umfärben wollen, weil sie nachweislich sehr effektiv arbeiten. (Bundesrat Weber: Nein, um Gottes willen! – Zwischenruf des Bundesrates Rösch.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn Sie schon von der großen Verwaltungs­verein­fachung sprechen, dann schauen Sie sich das an! (Der Redner stellt eine Tafel mit der Überschrift „Private und öffentliche Versicherungen“ auf das Rednerpult, auf der ein Balkendiagramm zu sehen ist.) Es ist zu befürchten, dass die ÖVP-FPÖ-Wirtschafts­kammer- und -IV-Mehrheit nur die Leistungen der ArbeitnehmerInnen einsparen will. Soll der Krankenversicherungsbeitrag für die ArbeitgeberInnen mittelfristig gesenkt werden? Sollen das die ArbeitnehmerInnen mit schlechteren Leistungen bezahlen? Gehen Sie wirklich davon aus, dass eine paritätische Besetzung verfassungskonform ist? Artikel 120c des Bundes-Verfassungsgesetzes sieht vor: „Die Organe der Selbst­verwaltungskörper sind aus dem Kreis ihrer Mitglieder nach demokratischen Grund­sätzen zu bilden.“ – Das sind diejenigen, die auch einzahlen, und das sind nicht die Arbeitgeber im Verhältnis 50 : 50 zu den Arbeitnehmern!

Wenn Sie sich diese Grafik betreffend Verwaltungskosten anschauen – für Sie ist jetzt der blaue Balken interessant –, sehen Sie, wenn Sie genau schauen (Bundesrat Krusche: Das Taferl muss größer sein!) – ich stelle euch das gerne zur Verfügung, damit ihr das nachlesen könnt –, dass die Verwaltungskosten im öffentlichen Gesund­heits­system 2,8 Prozent und bei Privaten 31,7 Prozent betragen. (Bundesrat Schuster: Das ist so klein, das kann man gar nicht lesen! – Bundesrat Spanring: Ein bisschen größer machen das nächste Mal!) Das Geld kommt nicht bei den Versicherten an, sondern bei denen, die von diesem System profitieren, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei der SPÖ.)

In den von der Bundesregierung verkündeten Einsparungsplänen wurde versprochen, dass in der sozialen Krankenversicherung in den nächsten fünf Jahren 1 Milliarde Euro eingespart wird, das entspricht 250 Millionen Euro pro Jahr, liebe Kolleginnen und Kollegen. Die Verwaltungsausgaben der Krankenversicherung – man höre genau zu – betragen lediglich 481 Millionen Euro. Das würde eine Halbierung bedeuten bezie­hungs­weise müssten alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mehr als zweimal entlassen werden, um Ihr propagiertes Einsparungsvolumen zu erreichen. Wollen Sie die Kolle­gin­nen und Kollegen der Sozialversicherung wirklich zweimal entlassen?

Worauf beruhen diese Kostenschätzungen und welche Maßnahmen gedenken Sie und die Bundesregierung umzusetzen? Auch die Frau Rechnungshofpräsidentin, die nach­weislich keine Sozialdemokratin ist, hat das Einsparungspotenzial sehr wohl bezweifelt. Wenn Sie in der Verwaltung einsparen, wer soll dann die propagierten zusätzlichen KassenärztInnen betreuen, die Leistungen ausbauen und die Sozialversicherungs­re­form durchführen? Schauen Sie sich diese Zahlen an! (Bundesrätin Mühlwerth: Die kann man nicht lesen! – Bundesrat Längle: Das ist das Wahlergebnis! Der blaue Bal-


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ken ist ganz oben!) Wenn ich 31,7 Prozent für die Verwaltung bezahlen muss, gibt es keine Möglichkeiten mehr, für unsere Versicherten etwas weiterzubringen.

Bei der AUVA sollen zukünftig 500 Millionen Euro jährlich eingespart werden, es soll eine Beitragssenkung von 1,3 auf 0,8 Prozent geben – ich bleibe bei den Fakten, das steht dort so drinnen; von Frau Kern und Herrn Rösch wurde vorhin die Märchenstunde gestartet, ich bleibe bei den Zahlen und Fakten –, dabei bestehen die größten Aus­gaben der AUVA mit 504 Millionen Euro im Bereich der Unfallrenten, mit 481 Millio­nen Euro im Bereich der Unfallheilbehandlung, mit 92 Millionen Euro im Bereich der Reha­bilitation und mit 72,8 Millionen Euro im Bereich der Prävention.

Liebe Frau Ministerin, das angedrohte Einsparungsvolumen steht in keiner Relation zu den Ausgaben. Wie können Sie ein qualitätsvolles Unfallversicherungssystem mit all seinen Aufgaben gewährleisten, wenn es keine ausreichende Finanzierung gibt? Wollen Sie die Unfallkrankenhäuser zusperren? – Nein, wir haben schon gehört, dass Sie Pläne haben, sie zu privatisieren. (Bundesministerin Hartinger-Klein: Wo habe ich das gesagt?) Diesbezüglich gibt es nicht nur in Kärnten aufgestaute Probleme, und Sie erklären sich nicht bereit, da etwas zu tun und das für die Versicherten abzusichern, um diese ungewisse Situation zu bereinigen.

Wie wollen Sie die Unfallversicherung von Kindergartenkindern und SchülerInnen in Zukunft sicherstellen, wenn die AUVA eine halbe Milliarde einsparen soll und schon damit gedroht hat, versicherungsfremde Leistungen zu kürzen?

Jetzt noch ein Punkt: Wie wollen Sie Unternehmen zukünftig vor Schadenersatz­forde­rungen schützen, wenn der Haftungsausschluss durch die fehlende Finanzierung nicht mehr gültig ist? Liebe Frau Ministerin, wem außer Ihren Koalitionspartnern – konkret Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung – nützen diese Einsparungen in der Unfallversicherung? (Der Redner stellt eine Tafel mit der Überschrift „Teure Manager statt Versichertenvertreter – Selbstverwaltung viel günstiger als Vorstände“ auf das Rednerpult, auf der ein Balkendiagramm zu sehen ist.)

Von Ihnen und der Bundesregierung wurden großspurig Einsparungen im System und nicht bei den Menschen propagiert, dabei haben Sie vor allem die ehrenamtlichen FunktionärInnen angegriffen. Wie wollen Sie bei einem System, das in der Selbstverwaltung 140 000 Euro im Jahr kostet, einsparen? Im Vergleich dazu wendet die Uniqa – die keine Unbekannte ist, es gibt ja auch Minister, die in diesem Konzern tätig waren (Bundesrat Forstner: Auch Gewerkschafter!) – oder auch die VIG, die Vienna Insurance Group, 4,6 Millionen Euro für ihre Verwaltung, für ihre Selbstver­waltung und die ganzen Tätigkeiten einer privaten Versicherung auf. (Bundesrat Rösch: Die Akquisition musst du auch dazurechnen! Also wenn man sich nicht auskennt, sollte man nicht darüber reden!) Die Gebietskrankenkassen wenden 140 000 Euro im Jahr auf, liebe Kolleginnen und Kollegen. Das kann nicht sein.

Wie kommen Sie auf über 2 000 propagierte Funktionäre? Weil wir es geprüft haben, wissen wir mittlerweile auch – Sie haben es auch schon korrigiert, da ist Ihnen an­scheinend ein Fehler unterlaufen –, dass wir 840 Funktionärinnen und Funktionäre haben, die das Geld der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verwalten. Im Gegen­satz dazu – das müsst ihr euch leider gefallen lassen – sind im Raiffeisenkonzern über 16 000 Funktionärinnen und Funktionäre unterwegs. (Beifall bei der SPÖ.)

Wieso sparen Sie nicht bei sich selbst? – Ein Beispiel aus dem Jahr 2016: Die PVA zahlte allein im Jahr 2016 über 1,4 Millionen Euro für die Aufsicht an das Ministerium, während die gesamte Selbstverwaltung in diesem Jahr 500 000 Euro gekostet hat. Ich glaube, da haben Sie auch noch Handlungsbedarf. (Bundesrat Längle: 2016 wart aber ihr noch in der Regierung! – Bundesrat Rösch: 17 auch noch! – Bundesrat Längle: Das ist ja unglaublich!)


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Kann es sein, dass diese Reform der Sozialversicherung gar nicht Ihre Reform ist, sondern von der Wirtschaftskammer und der Industriellenvereinigung bestellt wurde? Im Initiativantrag zum 12-Stunden-Tag und der 60-Stunden-Woche wurde auch eine Änderung des ASVG vorgeschlagen, die eine Ausspionierung der Versicherten zur Folge hat. Alle Experten sagen uns nachweislich, dass die derzeit aktuellen Software­systeme mehr als ausreichend sind. Wenn es nur darum geht, im ASVG Änderungen vorzunehmen, sollen dann auch nur die Versicherten der Gebietskrankenkassen dieser Gesundheitsspionage unterworfen werden oder trifft das auch andere Versicherte, die ja derzeit ausgenommen werden?

Ohne Sozialversicherung kein Sozialstaat: Die Krankenversicherung gibt 8,8 Millionen Menschen Zugang zum Gesundheitssystem, die Unfallversicherung unterstützt über 6 Millionen Menschen bei Arbeits- und Wegunfällen und Berufskrankheiten, die bei 12-Stunden-Tagen nachweislich mehr werden, und die Pensionsversicherung zahlt über 2 Millionen Menschen ihre Pension aus.

Liebe Frau Ministerin, es täte wirklich gut, wenn Sie das tun würden, was Sie immer wieder betonen und hier auch schon mehrmals betont haben: Sie sind die Expertin und Sie wissen, wie das Gesundheitssystem funktioniert. Sprechen Sie bitte auch mit den Experten, die tagtäglich in diesem hervorragenden System arbeiten und hören Sie nicht auf die Zurufe der privaten Versicherungen, der Wirtschaftskammer und der Industriellenvereinigung! Ich habe die ganzen Unterlagen für Sie dabei, damit Sie sie sich auch mitnehmen können. (Beifall bei der SPÖ.)

Es sei mir noch eines gestattet: Abschließend möchte ich mich bei Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, recht herzlich bedanken, dass ich Teil des Bundesrates sein durfte. Ich werde nach meiner heutigen Rede hier im Bundesrat mein Bundes­rats­mandat zurücklegen und in den niederösterreichischen Landtag wechseln, weil es auch dort einer starken Stimme für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bedarf; auf Bundesebene in Zukunft natürlich ebenso.

In schöner Erinnerung werden mir viele Gesetze, die Österreich weitergebracht haben, bleiben. Erlaubt mir, auf die „Lohnsteuer runter!“-Kampagne mit Umsetzung ab 1.1.2016 hinzuweisen. Das hat eine rot-schwarze Regierung umgesetzt, und ein schwarzer Finanzminister hat hier im Bundesrat mehrmals betont, dass alleine durch die „Lohnsteuer runter!“-Kampagne und durch diese Reform das Wirtschaftswachstum in Österreich nachhaltig um 1 Prozent gestiegen ist. Das ist Sozialpolitik, liebe Kolleginnen und Kollegen, und das wünsche ich mir auch in Zukunft. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller.)

Das war einer der vielen Beschlüsse mit der ÖVP, den diese auch mitgetragen hat. Das ist ja heute leider nicht mehr so, da es bei ihr jetzt, da sie türkis ist, leider betreffend die Arbeitnehmerinteressenvertretung nicht mehr weit her ist.

Ich möchte mich bei den Kolleginnen und Kollegen im Haus recht herzlich bedanken, die für unsere Anliegen immer ein offenes Ohr gehabt und Unterstützung geleistet haben. Danke vor allem an den Bundesratsdienst, an Frau Dr. Bachmann und ihr Team, Philipp Neuhauser, Alice Alsch-Harant, und so weiter! Liebe Frau Dr. Bachmann, geben Sie meinen Dank bitte auch an die Kolleginnen und Kollegen weiter!

Danke auch an den Klubvorsitzenden der jetzt Türkisen, an den ehemaligen ÖVP-Spitzenfunktionär Edgar Mayer, der auch einmal mit Arbeitnehmerinteressenvertretung zu tun hatte und gemeinsame Gesetze mit voller Überzeugung mitgetragen hat! (Bun­desrat Mayer: Ja, ja, ja!) Das ist, wie gesagt, jetzt leider alles anders.

Danke auch an Monika Mühlwerth, die beim Austeilen immer wieder nicht sehr zimper­lich war, sich aber über sehr viele Dinge echauffiert hat, wenn man auch ausgeteilt hat!


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(Bundesrätin Mühlwerth: Das hast du auch gemacht! Ihr habt euch das auch nicht gefallen lassen!) Das wird jetzt besser, liebe Frau Kollegin, weil man ja jetzt Verant­wortung trägt, der Wirtschaft dienen und Bestelltes umsetzen muss, leider zum Nach­teil der Österreicherinnen und Österreicher.

Danke auch an die Grünen – an David Stögmüller und Ewa Dziedzic – für die Zusam­menarbeit, auch wenn diese nicht immer einfach war (Bundesrat Stögmüller: Ja!), vor allem, wenn es um Arbeitnehmerinteressen und um die Umwelt gegangen ist!

Danke auch meinem Klub, unserem derzeitigen Klubvorsitzenden, unserer zukünftigen Bundesratspräsidentin Inge Posch-Gruska und unserem derzeitigen Bundesratsprä­siden­ten Reinhard Todt! Danke vor allem an Claudia Peska, die unseren Klub hervor­ragend unterstützt hat.

Ich wünsche Ihnen, ich wünsche euch allen alles, alles Gute, und ein herzliches Glückauf! (Lang anhaltender Beifall bei der SPÖ und Beifall bei BundesrätInnen von ÖVP und FPÖ sowie der BundesrätInnen Dziedzic und Stögmüller.)

9.38


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Danke schön, lieber René. Wir wünschen dir alles Gute für deine zukünftige Aufgabe im niederösterreichischen Landtag.

Zu einer ersten Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich die Frau Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz. Ich erteile es ihr.


9.39.03

Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein: Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Herr Bundesrat, ich ver­stehe schon, dass Veränderungen wehtun, aber eigentlich sollte man immer bei der Wahrheit bleiben. Sorry, ich habe Sie auch genau beobachtet: Zahlen lesen und Zahlen interpretieren können Sie nicht; Sie haben die ganze Zeit gelacht. (Beifall bei der FPÖ sowie bei BundesrätInnen der ÖVP.) Trotzdem wünsche ich Ihnen alles Gute im niederösterreichischen Landtag.

Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen wirklich für diese Debatte! Das Thema Zusammenlegung und Fusionierung der Sozialversicherungen und damit wirklich eine Jahrhundertreform – wie ihr beide, Kollege Rösch und Kollegin Kern, das gesagt habt – ist wirklich eine ganz, ganz große Herausforderung. Ich freue mich sehr, das im Sinne der Menschen in Österreich umsetzen zu dürfen.

Wie ihr wisst, halte ich mich an den Satz des ersten Präsidenten des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger, Johann Böhm: „Soziale Sicherheit ist die [...] Grundlage der Demokratie“. Dafür, glaube ich, lohnt es sich zu kämpfen, und da danke ich auch für eure Unterstützung! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Die Sicherung des Gesundheitswesens erfordert verschiedenste Initiativen, die einer­seits den Bedarf der Patienten und andererseits natürlich die Qualität der Versorgung und vor allem die Effektivität im Gesundheitswesen – und da sind Verwaltung und Strukturveränderung nur ein Punkt – in den Mittelpunkt des Handelns stellen, im Sinne der Versicherten und Patienten.

Die Studie der London School of Economics und viele andere wissenschaftliche Ar­beiten haben bewiesen, dass Veränderungsbedarf besteht, und diese Regierung, meine Damen und Herren, hat den Mut zu Veränderungen. Für Veränderungen braucht man nämlich Mut, denn natürlich bleibt kein Stein auf dem anderen. Wir haben aber immer das Wohl des Patienten und des Versicherten im Auge. Ich bitte Sie – auch die Opposition –, das zu respektieren und nicht solche Dinge zu verbreiten, wie dass


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wir nur Privatversicherung fördern wollten. (Bundesrat Pfister: Haben Sie selbst gesagt!)

Im Gegenteil, Herr Kollege: Mir ist die Sozialversicherung wichtig und nicht Privatver­sicherung! (Bundesrat Pfister: Aber die schaffen Sie ab!) Mir ist Pflichtversicherung wichtig, mir ist die Selbstverwaltung wichtig – alles im Sinne unserer Versicherten. Verbreiten Sie keine Lügen! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Ich war am Montag in der Steiermark – das ist mein Heimatland, wie Sie wissen –, und wenn ich dort in der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse Plakate und Punktationen mit wirklichen – Herr Präsident, verzeihen Sie, ich weiß, man darf im Hohen Haus nicht Lügen sagen, aber es sind welche – Lügen sehe, dann tut es mir wirklich leid. (Zwischenruf des Bundesrates Pfister.) Diese Plakate sind keine sachlichen Infor­mationen für die Versicherten, sondern sie betreiben auf Kosten der Versicherten, mit Geldern von Versicherten Verunsicherung. Wie können Sie so etwas vertreten? – Das tut mir wirklich leid. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Neuerlicher Zwischenruf des Bundes­rates Pfister.)

Das Regierungsprogramm wahrt das Prinzip der Selbstverwaltung, wie Sie gesehen haben; das ist uns wichtig. Der Ministerratsbeschluss vom 23. Mai 2018 hat viele Vorhaben in diesem Bereich präzisiert: Wir wollen eine leistungsfähige und moderne bürgernahe Versicherung und nicht Bürokratie. Die Verwaltungskosten können Sie natürlich trefflich darstellen. (Bundesrat Pfister: Das ist Fakt! 32 Prozent!)

Gott sei Dank haben wir nicht wie in Deutschland eine Versicherungspflicht, auch das unterscheidet uns. Ich stehe zur Pflichtversicherung, Herr Kollege Pfister – ich stehe zur Pflichtversicherung und nicht zu einer Versicherungspflicht oder Privatversiche­rung, noch einmal! (Zwischenruf des Bundesrates Pfister.) Ich hoffe, Sie haben das jetzt gehört.

Ich stehe auch zur Strukturreform. Sie kritisieren die ganze Zeit, wo wir die Einspa­rungen machen. (Bundesrat Pfister: Bei den Gebietskrankenkassen, sonst nirgends!) Wir machen sie nicht auf Kosten des Versicherten, sondern indem wir Strukturreformen durchführen, indem wir Backofficebereiche und Rechenzentren zusammenlegen, in­dem wir den Einkauf optimieren. Das sind alles so Sachen: Jede Kasse, jede eigene Einrichtung kauft für sich selber ein – das ist nicht im Sinne eines modernen Mana­gements! Da zu strukturieren und zu reformieren, das ist unsere Aufgabe. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir werden von einer großen Zahl an Versicherungen auf vier, maximal fünf redu­zieren. Sie alle kennen die Diskussion über die AUVA: Die AUVA hat bis 31. August Zeit, mir entsprechende Konzepte und Reformen zu liefern. Auch dazu ein Satz, weil ich am Montag in der Steiermark war: Der Vorstand der KAGes erzählt mir, dass das UKH Graz an zwei Tagen pro Woche ohne Abstimmung mit den anderen Kranken­anstalten keine Aufnahmen durchführt. – Das ist Versorgungspolitik, das ist der Versor­gungsauftrag der Unfallkrankenhäuser oder der AUVA? Sorry, aber da stimmt etwas nicht im Management! So etwas darf nicht passieren, dass man an zwei Tagen in der Woche keine Versorgung bietet, ohne Abstimmung mit den anderen Krankenanstalten, das ist fahrlässig! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Wir brauchen ein gerechtes, faires System, das ist unser Ziel, und deshalb wollen wir gleiche Leistungen bei gleichen Beiträgen. Meine Damen und Herren von der Sozial­demokratie: Mir ist es sehr, sehr wichtig, die gleichen Leistungen für sieben Millionen Versicherte in Österreich zu bieten. (Ruf bei der SPÖ: Acht!) – Frau Kollegin, hören Sie mir zu, ich weiß, wovon ich rede! (Zwischenruf bei der SPÖ.) Die Versicherten der Gebietskrankenkassen meine ich; ich spreche davon, dass ein Arbeitnehmer aus


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Vorarlberg oder der Steiermark, wie schon gesagt, andere Leistungen bekommt als einer aus Wien oder dem Burgenland.

Natürlich sind schon einige Leistungen harmonisiert worden, das ist richtig, auch auf Druck von unserer Seite hin, sage ich einmal, die wir schon lange für so ein System arbeiten. Bei den wesentlichen Leistungen aber, nämlich den medizinischen Leis­tun­gen, den ärztlichen Leistungen, den chefärztlichen Genehmigungen, sind noch Unter­schiede da, und das wollen wir reformieren. Das bedeutet, dass wir bei den ärztlichen Leistungen konkret definieren, was im extramuralen Bereich wirklich notwendig ist, anschließend an den intramuralen Bereich, den stationären Bereich. Danach werden gemeinsam mit der Ärztekammer entsprechend neue Tarifkataloge verhandelt.

Diese medizinischen Leistungen werden natürlich von medizinischen Fachgesellschaf­ten definiert. Es gibt seit Samstag einen neuen Präsidenten des Obersten Sanitäts­rates, es ist der Rektor der Medizinischen Universität Wien, Professor Markus Müller. Er wird in einer Arbeitsgruppe mit den Fachgesellschaften die medizinischen Leistun­gen definieren, die im extramuralen Bereich notwendig sind, also wirklich fachlich und sachlich, und dann werden wir die Tarifmodelle mit den Ärzten verhandeln. Mir ist wichtig, dass im niedergelassenen Bereich jene Leistungen erbracht werden, die medizinisch notwendig und sinnvoll sind, und das garantiere ich auch für die Republik. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Zwischenruf des Bundesrates Pfister.)

Wir wollen natürlich auch, dass die Kassenärzte mehr Zeit für den Patienten und Versicherten haben, denn was ist jetzt der Fall? – Der Arzt muss auf Quantität setzen, damit er überhaupt auf sein Einkommen kommt, und nicht auf Qualität. Wir wollen, dass der Arzt Zeit für den Patienten hat, das ist der erste Punkt. (Ruf bei der SPÖ: 12-Stunden-Tag!)

Der zweite Punkt: Wir wollen, dass es genug Kassenärzte gibt. Es gibt die Herausfor­derung, dass für einen Arzt kein Anreiz besteht, sich irgendwo im ländlichen Raum niederzulassen. Ihr seid der Bundesrat: Es kommen viele Bürgermeister zu mir und sagen, sie brauchen Kassenärzte – da braucht es auch entsprechende Anreize, und daran müssen wir arbeiten! (Zwischenruf des Bundesrates Pfister.) Es muss aber auch die Motivation da sein; es geht nicht immer ums Geld, Herr Kollege Pfister, auch wenn Sie die Zahlen nicht lesen können! (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Bundesrat Pfister: Das ist Politik!)

Es geht darum, die ländliche Versorgung zu sichern, das ist unsere Herausforderung. Dafür hat natürlich auch eine Sozialversicherung entsprechende Anreize zu schaffen, und das garantieren wir. (Ruf bei der SPÖ: Keine Ahnung!)

Wir werden die Reformen jetzt in Gesetze gießen: Wir werden das im Sommer machen, und im Herbst wird das Parlament diese Änderungen beschließen. Die Heraus­forderungen für die Legisten sind wirklich sehr, sehr groß – die Juristen unter Ihnen wissen natürlich, dass das sehr viele legistische Maßnahmen erfordert. Wir werden das angehen und wir werden garantieren, dass mit Beginn nächsten Jahres diese Änderungen umgesetzt und entsprechende Übergangsfristen vorgesehen werden.

Das heißt natürlich – die Kollegen haben es schon gesagt –, dass die bestehenden Arbeitsplätze garantiert werden, die Leistungen garantiert werden, dass keiner mehr Angst haben muss, nicht versichert beziehungsweise nicht unfallversichert zu sein. Diese Lügen (Bundesrat Pfister: He!), die Sie da verbreiten – sorry, das ist Verun­sicherung auf Kosten der Versicherten und Patienten! Es tut mir wirklich leid, dies sagen zu müssen, es sind Unwahrheiten! (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ. – Bundesrat Pfister: Das sind Zahlen aus der ... Studie! ... Frechheit! – Bundesrat Weber: Weniger Kaffee in der Früh!)



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Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Frau Bundesminister, ich würde Sie bitten, das Wort „Lüge“ zurückzunehmen, sonst muss ich Ihnen einen Ordnungsruf erteilen.


Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein (fortsetzend): Verzeihen Sie meine Emotionen! Weil das wirklich eine Verunsicherung ist, sind meine Emotionen etwas mit mir durchgegangen. (Zwischenruf des Bundesrates Pfister.) Ich korrigiere: Es sind Unwahrheiten. – Danke, Herr Präsident.

Mir ist das ein Anliegen, und deshalb sind die Emotionen meinerseits auch so groß, denn ich weiß, was ich tue. Ich war so lange in der Sozialversicherung tätig und ich weiß, vor welchen Herausforderungen unser Staat steht. Mir ist es sehr wichtig, die Ver­sorgung der Patienten in unserer Republik sicherzustellen.

Nun zur GPLA, Herr Kollege: Ich habe mich sehr eingesetzt, und das wissen Sie. Im Regierungsprogramm steht noch, dass das das Finanzamt macht. Ich habe mich dafür eingesetzt, dass die Sozialversicherung das macht – erster Punkt.

Was die Prüfung angeht: Es wird eine gemeinsame Prüfung sein: Natürlich werden die Prüfer der Sozialversicherung da mittun; in welcher Form, werden wir noch sehen (Bundesrat Pfister: Die Form ist interessant!), aber natürlich werden sie eingesetzt, um die Qualität sicherzustellen.

Die Rechenbeispiele, die Sie genannt haben, sind Spezialthemen, da muss man entsprechend ausgebildet sein, da haben Sie vollkommen recht. Das wird auch gewährleistet, da machen Sie sich bitte keine Sorgen – unsere Regierung weiß, was sie tut. Wir werden die Dinge im Sinne der Versicherten umsetzen, und das garantiere ich. – Danke schön. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Zwischenruf des Bundesrates Pfister.)

9.50


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Danke, Frau Bundesminister. – Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit aller weiteren Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Aktuellen Stunde nach Beratung in der Präsidialkonferenz 5 Minu­ten nicht übersteigen darf.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Georg Schuster. – Bitte.


9.50.46

Bundesrat Georg Schuster (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin Hartinger-Klein! Sehr geehrte Damen und Herren im Bundesrat! Meine Damen und Herren auf der Galerie und vor den Bildschirmen! Das Thema der heutigen Aktuellen Stunde lautet: „Die Strukturreform der Sozialversicherung sichert die soziale Gerechtigkeit“. – Ich weiß nicht, wie Herr Kollege Pfister da Kraut und Rüben durcheinanderbringt. Vielleicht sollten Sie ein paar Baldriantropfen nehmen, denn wenn Sie da an Ihrem letzten Tag hier herinnen so herumhüpfen, ist das für die Gesundheit sicher nicht so gut. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Pfister: Ich bin gesundheitlich sehr gut beinander, musst dir keine Sorgen machen!)

An der Reform der Sozialversicherungen sind ja bekanntlich schon viele Bundesregie­rungen gescheitert. Es ist für mich eigentlich absolut nicht nachvollziehbar, wie die SPÖ gegen eine so tolle Strukturreform sein kann. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Wenn ich mir nämlich anschaue, wo Sie in der Sozialpolitik Verantwortung haben, zum Beispiel in Wien, kommt mir irgendwie das Grausen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)


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Schauen wir uns an, was in Wien so passiert: Da müssen die Schwächsten unserer Gesellschaft, nämlich Kinder und ältere Menschen, in den Krankenhäusern in Gang­betten liegen, meine Damen und Herren! (Zwischenruf des Bundesrates Beer.)

Schauen wir uns Ihren Megaskandal rund um das Krankenhaus Nord an: Da wäre ich an Ihrer Stelle ganz, ganz ruhig, wenn Sie meinen, das wäre alles besser – so viel zu Ihrer Sozialpolitik in Wien. (Bundesrätin Posch-Gruska: Wegen Kraut und Rüben wäre es! – Zwischenruf des Bundesrates Pfister.)

Kommen wir jedoch zurück zum Thema: Es versteht nämlich überhaupt niemand, warum wir uns eigentlich neun verschiedene Gebietskrankenkassen, fünf Betriebskran­kenkassen, eine AUVA, eine Pensionsversicherungsanstalt, eine Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau, eine Sozialversicherungsanstalt der Bauern, eine Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter – das geht noch weiter! – und eine Ver­sicherungsanstalt des österreichischen Notariates samt Funktionären, dazugehörigen Verwaltungsgremien und dazugehörigen Generaldirektoren leisten müssen. (Bundesrat Pfister: Die betrifft es ja nicht! – Zwischenruf des Bundesrates Stögmüller.)

Ich verstehe schon, dass Sie da Gift und Galle spucken, weil Sie dort natürlich Ihre eigenen Leute sitzen haben, die davon profitieren – da muss man auch ehrlich sein, meine Damen und Herren. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Zwischenruf des Bundesrates Pfister.)

Meine Damen und Herren, eine solch aufgeblähte Verwaltung ist aus meiner Sicht extrem ineffizient und bringt dem Steuerzahler und Patienten nur Nachteile. Es wird daher Zeit, die Sozialversicherungsträger zukunftsfit zu machen und einen frischen Wind durch die verstaubten Strukturen wehen zu lassen, meine Damen und Herren!

Wir sagen: endlich Fairness im Sozialversicherungssystem! Die neue Struktur der Sozialversicherungsträger wird nämlich zukünftig verschlankt und effizient, und sie wird folgendermaßen aussehen: Es wird eine Österreichische Gesundheitskasse geben, eine Sozialversicherung für Selbstständige, eine Versicherungsanstalt für den öffent­lichen Dienst und eine Pensionsversicherung. (Bundesrat Pfister: 34!) – Ich werde es Ihnen noch einmal erklären, auch wenn Sie es nicht verstehen: Wir werden die 21 Sozialversicherungsträger, die sich der Steuerzahler im Moment leisten muss, auf vier bis fünf zusammenlegen. (Bundesrat Pfister: 34! – Bundesrat Stögmüller: Es sind 47!)

Jetzt zu den Leistungen, meine Damen und Herren: Derzeit gibt es je nach Region viele unterschiedliche Leistungen, und es versteht niemand, warum man in Vorarlberg für den gleichen Beitrag weniger Leistung als in Wien bekommt. Das erklären Sie ein­mal den Patienten in Vorarlberg, warum die so benachteiligt sind – dieses System ha­ben Sie nämlich eingeführt! (Ruf bei der SPÖ: Das stimmt ja nicht mehr!)

Zukünftig können Sie sich auch sicher sein, dass es zu keinen Leistungskürzungen kommen wird, auch wenn Sie das hier fälschlicherweise behaupten. Leistungskür­zun­gen für Patienten gab es nämlich immer nur unter den SPÖ-Ministern, das muss man auch einmal klarstellen! (Beifall bei der FPÖ sowie des Bundesrates Mayer.)

Mit dieser Strukturreform, meine Damen und Herren, schaffen wir zukünftig eine Reduk­tion von 80 Prozent bei den derzeit 2 000 Funktionären (Bundesrat Pfister: Red’ keinen Blödsinn!), sowie von zwei Dritteln bei den 90 Verwaltungsgremien. Derzeit leisten wir uns den Luxus von 21 Generaldirektoren mit einem Durchschnittsgehalt eines Staatssekretärs. Können Sie das dem einfachen Arbeiter erklären? – Das können Sie hoffentlich nicht!

In der Verwaltung, wo es derzeit 19 000 Posten gibt, werden wir durch Nichtnach­be­setzung sparen. So werden wir in drei Jahren 10 Prozent und in zehn Jahren circa


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30 Prozent der Verwaltungskosten auf natürliche Weise einsparen. Insgesamt wird der prognostizierte Erlös der Zusammenlegung bis 2023 bei 1 Milliarde Euro liegen.

Was werden wir mit dieser 1 Milliarde Euro machen? (Bundesrätin Posch-Gruska: Generalsekretäre anstellen!) Diese 1 Milliarde Euro wird in den Kampf gegen die Zweiklassenmedizin investiert, meine Damen und Herren. Dadurch erreichen wir näm­lich Folgendes: Wir stärken durch diese Reform den niedergelassenen Bereich, es wird weniger Wahlärzte und mehr Kassenärzte geben, und wir fördern dadurch auch die Landarztpraxen.

Noch einmal zum Abschluss kurz zusammengefasst: Wir garantieren, dass zukünftig jede Österreicherin und jeder Österreicher für den gleichen Beitrag die gleiche Leistung erhält. Wir garantieren, dass die hohen Standards der Gesundheitsversorgung für alle Versicherten gleich bleiben werden. Wir garantieren mehr Leistungen für die Ver­sicher­ten durch erhebliche finanzielle Investitionen in den Ausbau von Kassenarztstellen.

Meine Damen und Herren, ich bin zuversichtlich, dass die Bundesregierung diese historische Chance der Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger erfolgreich umsetzen wird. Wir sprechen da von einer Jahrhundertreform. – Vielen Dank. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

9.57


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ferdinand Tiefnig. – Bitte.


9.57.15

Bundesrat Ferdinand Tiefnig (ÖVP, Oberösterreich): Geschätzte Frau Minister Hartinger-Klein! Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Damen und Herren vor den Bildschirmen! Bildung beziehungsweise Wissen kommt nicht vom Lesen, sondern vom Nachdenken über das Gelesene.

Ich habe über die Inhalte von zwei Strukturreformen gelesen: die eine von unserer blau-türkisen Koalition, und die andere ist eine von Minister Alois Stöger beauftragte Studie der LSE. Diese beiden Vorhaben unterscheiden sich nicht sehr stark, denn auch in der von Minister Stöger beauftragten Studie steht: Zehn Krankenanstalten sollten auf eine - - (Bundesrätin Mühlwerth: Ex-Minister!) – Ex-Minister, ja genau! Auch in dieser Studie steht jedenfalls: Die zehn Krankenanstaltengesetze sollten zu einem zusam­men­geführt werden; 10 Prozent Einsparung in der Verwaltung; gleiche Leistung für gleiche Beiträge; Abbau der Selbstbehalte und vieles mehr.

Ich verstehe jetzt aber die Diskussion nicht, warum die jetzige Reform auf einmal schlecht sein sollte und die von Ex-Minister Stöger positiv gewesen wäre. (Bundesrätin Mühlwerth: Falsche Regierung aus Sicht der SPÖ!)

Wir von der Landwirtschaft hätten uns schon 2005 eine Strukturreform gewünscht. Leider war damals die Ärztekammer dagegen, weil sie einfach bei den Beiträgen nicht mit uns mit wollte. Es ist jetzt aber sinnvoll, diese Strukturreform zu beschließen.

Ich erinnere an ein Zitat von Markus Hengstschläger, der einmal den Birkenspanner erwähnt hat: Der weiße Birkenspanner, der sich auf eine weiße Birke setzt, wird vom Vogel nicht gesehen. Der weiße Birkenspanner, der sich auf eine dunkle Birke setzt, wird hingegen gefressen. Somit haben sich auch die Birkenspanner verändert.

Ich glaube, es ist auch in der Politik und in der Sozialversicherung notwendig, in Zeiten wie diesen Veränderungen einzuleiten – und diese Veränderungen leitet die Bundes­regierung ein. Strukturreformen hat es immer schon gegeben, und wenn ich gerade vom Kollegen Pfister, den ich wirklich sehr schätze, höre, es würde eine Umfärbung


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 29

stattfinden: Dann müsste ja schon etwas eingefärbt gewesen sein, oder? (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Bundesrätin Mühlwerth: Genau, rot nämlich!)

Mir als Ländervertreter ist es wichtig, dass genau mit dieser Reform die Landärzte wieder aufs Land kommen. Derzeit haben wir das Problem, dass viele Ärzte in Zentren in Wien, in Salzburg, in den Städten sind – aber der Landarzt wird in Zukunft eine andere Aufgabe haben.

Wir sehen, dass in der entsprechenden Reform, wie Sie gesagt haben, hinsichtlich der Zusammensetzung der Gebietskörperschaften nun 5 : 5 vorgesehen ist. Im Vorstand war es bisher 1 : 4 – ein Arbeitgeberanteil und vier Arbeitnehmeranteile – und im Kon­trollausschuss 4 : 1 – vier Arbeitgeber und ein Arbeitnehmer –; nun ist die Zusam­mensetzung 5 : 5. Wie schauen die Beiträge aus? – Sie wissen es: Bei den Sozial­versicherungsbeiträgen zahlen jeweils der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber die Hälfte. Daher, glaube ich, ist das gerecht: Wer zahlt, soll auch mitbestimmen.

Zu diesen Verunsicherungen, denn es sind ja wirklich viele Meldungen draußen: Diese Dinge sind ja teilweise auch schon in euren Ideen verankert gewesen, als ihr noch mit uns in einer Koalition gewesen seid, aber auf einmal sind diese Ideen negativ besetzt. Ich glaube, es ist wichtig, in Zeiten wie diesen, in denen Österreich auch hinsichtlich der Demografie einen Wandel vollzieht (Zwischenruf der Bundesrätin Grimling), sicher­zustellen, dass die Aufgaben der Landärzte erfüllt werden. Schon Frau Minister Oberhauser ist das Thema Primärversorgung angegangen. Das ist ein ganz wichtiger Punkt, weshalb ich der verstorbenen Ministerin ein Dankeschön sagen möchte, denn es war ein Meilenstein, ein historischer Schritt für Österreich, entsprechende Reformen zu setzen.

So sind auch nun wieder Reformen wichtig, um das Funktionieren des Sozialsystems sicherzustellen, um Ärzte in den ländlichen Raum zu bringen und um die Menschen zu versorgen, damit nicht, wie der Kollege erwähnt hat, Betten in den Gängen aufgestellt werden müssen. Die Menschen sollen auf gleiche Art und Weise versorgt werden. Es soll keine Zwei- oder Dreiklassenmedizin geben – der eine hat vielleicht noch eine Beziehung zum Arzt, der andere keine Zusatzversicherung und noch ein anderer ist nur bei der Gebietskrankenkasse versichert. (Zwischenruf der Bundesrätin Grimling.)

Ich finde, dass wir uns da auf einem guten Weg befinden, es liegt aber noch viel vor uns. Es wäre wichtig, diesen Weg gemeinschaftlich zu beschreiten, in sozialpart­ner­schaftlicher Gemeinschaft, aber auch in koalitionärer Vielfalt. Wir haben sicherlich noch einen weiten Weg, bis wir am Ziel anlangen.

Im Sozialversicherungsbereich hat es in der Geschichte Veränderungen gegeben, so wie es auch in Zukunft Veränderungen geben wird. In diesem Sinne: Danke schön, Frau Minister! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

10.02


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächste ist Frau Bundesrätin Korinna Schumann zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr. – Bitte.


10.02.21

Bundesrätin Korinna Schumann (SPÖ, Wien): Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Geschätzte KollegInnen im Bundesrat! Liebe Zusehe­rIn­nen, vor allen Dingen liebe SchülerInnen auf der Galerie! Den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wurde an Rechten nie etwas geschenkt, sie mussten immer erkämpft werden. Kein Arbeitgeber würde von sich aus sagen: Liebe Herrschaften, wir geben euch eine Sozialversicherung, wir geben euch ein besseres Arbeitsrecht! Das war bisher eine Kampfsituation, und das wird es auch immer wieder sein. Mühsam und mit vielen Anstrengungen haben die ArbeitnehmerInnenvertreter die Rechte für die


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Menschen erkämpft – so auch die Einrichtung der Sozialversicherung und das System der Selbstverwaltung. Zugang zum Gesundheitswesen haben derzeit 8,8 Millionen Menschen über die Krankenversicherung. Sechs Millionen Menschen werden bei Berufsunfähigkeit und Arbeitsunfällen geschützt.

Das österreichische Sozialversicherungssystem ist hervorragend und effektiv, doch die Regierung scheint daran interessiert zu sein, das System zu destabilisieren. Auf dieses System kommen noch große Belastungen zu, denn wenn die gesetzliche Regelung zur Ausweitung der Arbeitszeit wirklich beschlossen wird, bedeutet das große gesund­heitliche Belastungen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und in der Folge hohe Kosten für das Gesundheitssystem bei weniger Einnahmen aus der Sozial­ver­sicherung, weil Frauen noch stärker in Teilzeit gedrängt werden; damit werden eben die Einnahmen geringer. (Beifall bei der SPÖ.)

Was bedeutet die Selbstverwaltung für uns? – Es ist ganz einfach: Die Sozial­versiche­rung wird von Vertreterinnen und Vertretern der Versicherten und der Beitragszahle­rInnen geführt, diese werden demokratisch bestellt; MinisterInnen und Regierungs­vertre­terInnen haben eine Aufsichts- und Kontrollfunktion, aber kein Weisungsrecht.

In der Sozialversicherung werden täglich viele für die Menschen in Österreich wichtige Entscheidungen getroffen, etwa betreffend die ärztliche Versorgung, den Ankauf von Medikamenten, den Betrieb von Rehabilitationszentren, Zahnambulatorien und Unfall­spitälern. Derzeit tragen die VertreterInnen der Versicherten die Verantwortung dafür, doch die geplante Reform des Systems hat zum Ziel, diese Selbstverwaltung möglichst zu durchbrechen und zu zerstören. Es handelt sich also um eine reine Macht­ver­schiebung, nicht um eine Reform, denn der Einfluss der Arbeitgeberseite soll massiv aufgewertet werden.

Das ist ein weiterer schwerer Mosaikstein, der dazu dienen soll, den Einfluss der Wirt­schaft auf das Gesundheitssystem zu verstärken. Die Ankündigung der paritätischen Besetzung bedeutet einfach nur, dass die Arbeitgeber künftig über die Gesundheits­versorgung in Österreich bestimmen werden. Die VertreterInnen der Wirtschaft sind dann zur Hälfte in den Gremien jener Versicherungen vertreten, in denen sie selbst nicht versichert sind. In der Versicherung der Bauern und der Selbständigen findet sich keine einzige ArbeitnehmerInnenvertreterin und kein einziger ArbeitnehmerInnen­ver­treter. (Heiterkeit des Bundesrates Preineder.)

Wenn das Reformziel erreicht ist, also die Versicherten mit ihren Vertretern nicht mehr entscheiden können, dann ist es endlich möglich, Einrichtungen an private Betreiber zu übergeben. Das Ziel scheint zu sein – und das macht uns wirklich große Sorgen –, die Privatwirtschaft noch weiter in das Gesundheitsversorgungssystem eindringen zu lassen. Das ist insbesondere für all jene schwierig, die keine finanziellen Mittel haben, um das dann selbst finanzieren zu können.

Um den Boden für diese bedenklichen Aktionen zu bereiten, wurde das leider so be­liebte Instrument der Fake News – oder wie man in Wien sagt: das Gschichtldrucken – angewandt, und zwar nach dem Motto: Es ist nicht wahr, aber ein bissel was bleibt doch hängen. Es gab viele diskreditierende Vorwürfe gegen die VertreterInnen der Sozial­versicherung, aber kein Vorwurf hat gehalten. 90 Prozent der 1 000 ehrenamt­lichen FunktionärInnen erhalten pro Sitzung nur ein Sitzungsgeld von 42 Euro. Über­haupt beträgt der Gesamtaufwand der Selbstverwaltung nur 0,4 Prozent pro Versicher­ten pro Jahr.

Dieses Versicherungssystem ist derzeit ein ausgezeichnetes. Es muss darüber nach­ge­dacht werden, warum man dieses System jetzt im Zuge einer scheinbaren Reform zu zerschlagen versucht.


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Lassen Sie mich zum Abschluss noch eine Bemerkung zu Fragen der Länder machen: Derzeit, bis Ende des Jahres, gibt es noch ein Budget für die Länder, ab 2019 gibt es ein Zentralbudget; dann wird man sehen, wie die Auswirkungen auf die Länder sein werden, das werden wir dann beobachten können. (Beifall bei der SPÖ sowie der BundesrätInnen Dziedzic und Stögmüller.)

10.07


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächster ist Herr Bundesrat David Stögmüller zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm. – Bitte.


10.07.19

Bundesrat David Stögmüller (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich versuche, mich dem Thema Reform der Sozialversicherung einfach einmal pragmatisch anzunähern. Fakt ist, dass das österreichische Gesundheitssystem als eines der besten Systeme weltweit gilt. Das ist weltweit bekannt und anerkannt, darauf dürfen wir also auch wirklich stolz sein. Alle Akteure im Gesundheitssystem versuchen ihr Bestes. Ich kenne das selber aus meiner Arbeit, denn ich bin immer noch als ehrenamtlicher Rettungs­sanitäter beim Roten Kreuz aktiv. Da kommt man mit der Bürokratie, also mit den Sozialversicherungsangelegenheiten, sehr wohl in engen Kontakt, das können Sie mir glauben. Ich erlebe die Probleme wirklich hautnah.

Hand aufs Herz: Wer von uns war noch nie mit unverständlichen und absurden Er­schei­nungen im Zusammenhang mit der Sozialversicherung konfrontiert? – Transport­scheine, Chefarztbewilligungen, dass etwa noch notwendige Untersuchungen erst genehmigt werden, nachdem eine offenkundig nicht aussagekräftige Untersuchung durchgeführt worden ist, dass eine Versicherungsanstalt eine Leistung nicht geneh­migt, die dem Versicherten in einem gleichartigen Fall von einem anderen Versicherer genehmigt worden wäre, oder dass ein großer Teil der Menschen Versicherungs­bei­träge für eine Versicherung zahlen muss, von der nie eine Leistung in Anspruch ge­nom­men wird; das ist genauso absurd.

Ich verstehe absolut, dass das Ärger hervorruft. Glauben Sie mir, ich weiß gar nicht, wie oft ich mich in den letzten Jahren über so manche Versicherungsträger, über so manche Abrechnungen geärgert habe – das ist wirklich unzählige Male der Fall ge­wesen. Wegen genau diesen Rückmeldungen aber, um die Ursachen des Ärgers zu analysieren und Abhilfe zu schaffen, wurde vor einem Jahr eine Studie bei der London School of Economics in Auftrag gegeben. Die Studie wurde von jenen Parteien, die heute auch die Regierung stellen, schwer kritisiert, was ich aber nicht verstehe, denn die Ergebnisse der Studie können sich sehen lassen.

Es wurden zahlreiche Vorschläge zur Verbesserung der Zusammenarbeit unter Trä­gern untersucht und bewertet, darunter verschiedene Vorschläge der FPÖ, das Kahl­schlagmodell der Industriellenvereinigung oder der Wirtschaftskammer, aber auch die Vorstellungen der SPÖ oder der Grünen. Was herausgekommen ist, war auch für mich ehrlich gesagt sehr überraschend, da ich zugegebenermaßen dem aktuellen System der mindestens 47 Versicherungsinstitute in Österreich – Sie sollten auch die Pen­sions­versicherungsanstalten und die KFAs in den Statutarstädten mit einrechnen, es sind also viel mehr – immer sehr kritisch gegenübergestanden bin.

In dieser Studie ist zu lesen, dass selbstverständlich Verbesserungen in der Sozial­versicherung möglich sind. Es wäre aber gefährlich, ein an sich gut funktionierendes System zu zerschlagen und durch ein neues zu ersetzen, von dem man nicht weiß, ob es überhaupt funktioniert. Zielführender ist es – so die Studie – im Rahmen des Be-


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stehenden Verbesserungen umzusetzen und dann nach erfolgten Verbesserungen zu schauen, welche Teile etwa verzichtbar sind oder verzichtbar geworden sind.

Frau Ministerin, Sie müssen auch ehrlich zugeben, dass die Versicherungsträger bereits vergangenen Sommer begonnen haben, diese Verbesserungen umzusetzen, und zwar nicht auf Druck der jetzigen Regierung, sondern schon unter der vorherigen. So wurde zum Beispiel in Oberösterreich die Chefarztpflicht für Medikamente abge­schafft und es wurden Leistungen vereinheitlicht, was wir Grünen nur begrüßen kön­nen; es wurde eh schon oft gesagt. Man könnte die Träger auch durch eine weitge­hende Harmonisierung der Leistungen zum Beispiel auch im ASVG unterstützen; Psychotherapien könnten zum Beispiel als Grundversorgungsleistungen definiert wer­den, damit sie für alle kostenfrei wären – das ginge genauso. Die Versicherungsträger haben gemeinsam Auftragsvergaben entwickelt, wie etwa bei der Rehabilitation für Kinder. Es werden aber auch Leistungen, etwa bei der Psychotherapie, verbessert und noch einiges mehr.

Das alles ist ohne Bundesregierung passiert – nicht unter Schwarz-Rot und auch nicht unter Schwarz-Blau –, sondern, ganz im Gegenteil, sogar gegen ihren Willen. Ich erin­nere nur an Kärnten, wo über Monate hinweg Projekte der Zusammenarbeit zwischen Unfallversicherung und Landesspitälern behindert worden sind, obwohl beide Seiten und vor allem die betroffenen Patienten davon profitiert haben. Mir kommt es ja leider so vor, als ob es da nicht einen Kampf um die Versicherten oder PatientInnen, sondern einen Kampf gegen die Sozialversicherungsträger der ArbeitnehmerInnen gibt.

Wir haben durchaus Probleme in der Sozialversicherung, die gelöst werden müssen. Ein Problem liegt etwa in der unterschiedlichen Versicherungsstruktur der Träger. Die Versicherungsanstalten der Beamten und der gewerblichen Wirtschaft haben sehr kontinuierliche Beitragseinnahmen, und sie kassieren Beiträge für Leistungen, die sie nie erbringen müssen, weil die Beitragszahlenden auch bei der GKK versichert sind. BeamtInnen werden in der Regel eben nicht arbeitslos, außerdem kassieren SVA und BVA von ihren Versicherten gesundheitspolitisch kontraproduktive Gebühren für ärzt­liche Behandlungen.

Bei den Gebietskrankenkassen sieht das anders aus. Bei denen sind die Versicherten mit niedrigen Einkommen, mit oftmals unterbrochenen Erwerbsbiografien oder mit Kriterien für ein erhöhtes Erkrankungsrisiko und PensionistInnen mit den höchsten Gesundheitskosten versichert.

Wenn man das Wort Solidarität – so wie das Solidaritätsprinzip in der Sozialver­siche­rung vorkommt – ernst nimmt, könnte man vorschlagen, dass im Sinne eines Aus­gleichs die Sonderversicherungsträger aufgelöst und in die GKKs eingegliedert wer­den. Davon würden alle profitieren – beziehungsweise nicht ganz alle, denn es geht auch um Macht in den Institutionen. Da hat gerade die ÖVP natürlich sehr viel Macht, aber auch die SPÖ, was auch zu kritisieren ist, da gibt es Probleme, wie es auch der Ferdl richtig gesagt hat. Natürlich geht es hier um Machtkonzentration für die ÖVP.

Nur abschließend noch: Schaffen wir ein einheitliches System mit gleichen Rechten, gleichen Bedingungen, gleichen Beitragssätzen, gleichen Berechnungsregelungen und Leistungen für alle! Ich betone: für wirklich alle in diesem Land, in jeder der Versiche­rungssparten – Krankenversicherung, Pensionsversicherung, Unfallversicherung. Die­ser Prozess wird Jahre dauern, und wir müssen das angehen – da gebe ich Ihnen absolut recht –, aber nicht so, wie es momentan angedacht ist. Ich glaube, dass eine totale Zerschlagung der falsche Weg dazu ist. – Danke schön. (Beifall der Bundesrätin Dziedzic und bei der SPÖ.)

10.13



BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 33

Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Zur Abgabe einer abschließenden Stel­lungnahme hat sich nochmals die Frau Bundesministerin zu Wort gemeldet. – Ich erteile dir das Wort.


10.13.28

Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein: Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Herr Bundesrat Stög­müller, es geht nicht um eine Zerschlagung, sondern um eine Verbesserung im Sinne der Patienten und Versicherten. Das ist unser Ziel und das werden wir erreichen, das versichere ich Ihnen auch als Gesundheits- und Sozialministerin. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Zur Kollegin von der Sozialdemokratie: Es wäre mir neu, dass bei der Sozialver­siche­rung der Bauern und bei der Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft Arbeit­neh­mervertreter drinnen sein sollten. Das verstehe ich nicht, aber vielleicht ist es Ihr Zugang, um noch mehr Macht auch in solchen Institutionen zu bekommen. Ich ver­stehe es nicht. Man sieht da aber, sage ich einmal, diese Denkweise.

Es ist wichtig, dass es eine Arbeitnehmervertretung, eine Gewerkschaft gibt, das steht für uns alle außer Diskussion, glaube ich, aber – und verzeihen Sie, meine Damen und Herren der Sozialdemokratie – ihr habt ein bissel die Zeit versäumt, versäumt, was die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eigentlich wollen, was die junge Generation eigentlich will. (Bundesrat Koller: Ja, den 12-Stunden-Tag!) Das ist irgendwie teilweise an euch vorbeigegangen. Sie wollen eine Arbeitszeitflexibilisierung! (Anhaltender Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Sie wollen eine Arbeitszeitflexibilisierung, sie wollen mehr Zeit haben. (Bundesrat Novak: Mehr Arbeit!) Sie wollen nur vier Tage in der Woche arbeiten und einen Tag frei haben (Bundesrat Koller: Weniger Geld!), um mehr Zeit für Freizeit und Familie zu gewinnen. Das sind die Themen! Und sie wollen natürlich auch eine soziale Sicherung (Bundesrätin Dziedzic: Mindestsicherung!), auch das garantieren wir. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Ich bitte euch: Klassenkampf ist Geschichte, bitte hört auf damit! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

10.15


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Die Aktuelle Stunde ist hiermit beendet.

Da der Herr Landeshauptmann von Wien schon im Haus ist, können wir gleich weiter­machen. Ich bitte darum, ihn hereinzuholen. (Landeshauptmann Ludwig betritt den Saal und begrüßt Vizepräsidenten Brunner, Ministerin Hartinger-Klein sowie einige Bun­desrätInnen.)

Ich darf den Herrn Landeshauptmann von Wien Dr. Michael Ludwig ganz herzlich in unserer Mitte begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)

10.17.59Schlussansprache des Präsidenten


10.18.01

Präsident Reinhard Todt (den Vorsitz übernehmend): Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ehrt mich sehr, heute als Präsident des österreichischen Bundesrates meine Schlussrede vor Ihnen und in Anwesenheit unseres Bürgermeisters und Landeshauptmannes von Wien Michael Ludwig halten zu dürfen und Bilanz über das letzte Halbjahr zu ziehen, bevor Wien – im Übrigen die lie­bens­werteste und lebenswerteste Stadt der Welt – den Vorsitz an das Burgenland


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übergibt. Ein herzliches Willkommen an dieser Stelle nochmals an dich, Herr Landes­hauptmann! (Allgemeiner Beifall.)

Der österreichische Bundesrat ist Schnittstelle zwischen Bund und Ländern, zwischen der Europäischen Union und den Bürgerinnen und Bürgern in Österreich. Er nimmt aber nicht nur seine Pflicht als Länderkammer wahr, sondern setzt auch eigene The­meninitiativen. So ist der österreichische Bundesrat Vordenker im Bereich des digitalen Wandels und des Fortschritts der Technik. Bereits während der Präsidentschaften von Gottfried Kneifel, Mario Lindner und Edgar Mayer wurden Schwerpunkte zum Thema digitaler Wandel gesetzt.

Mir ist es ein besonderes Anliegen, dass der Bundesrat und damit ein Teil der öster­reichischen Gesetzgebung die Auswirkungen der Digitalisierung auf die soziale Ge­rech­tigkeit und den gesellschaftlichen Zusammenhalt beleuchtet. Ich habe daher das Motto „Digitale Zukunft sozial gerecht gestalten“ zum Leitsatz meiner Präsidentschaft gemacht.

Um die soziale Frage für die Zukunft zu beantworten, müssen wir den Fokus auf die digitale Dimension legen. Die digitale Transformation ist im Alltag nämlich bereits allge­genwärtig, für Jung und Alt, im Privatleben genauso wie am Arbeitsplatz. Eng verknüpft mit diesem tiefgreifenden Umbruch, dessen langfristige Auswirkungen wir heute und jetzt mitgestalten müssen, ist die Frage, wie wir unsere Gesellschaft auch weiterhin sozial gerecht gestalten können.

Die Herausforderung besteht dabei darin, einerseits einen Raum zuzulassen, in dem sich Innovationen und neue Technologien zu unserem Nutzen entfalten können, ande­rerseits müssen wir Rahmenbedingungen schaffen, die die soziale Gerechtigkeit auch in einer digitalen Gesellschaft gewährleisten. Diesen Herausforderungen müssen wir uns als Gesetzgebung und als Gesellschaft stellen. Als Präsident des österreichischen Bundesrates stellte ich mich dieser Herausforderung, indem ich durch verschiedene Mittel, Maßnahmen und Veranstaltungen in Diskussion mit Expertinnen und Experten, Politikerinnen und Politikern, Bürgerinnen und Bürgern sowie zivilgesellschaftlichen Organisationen den Iststand analysierte und Lösungsansätze erörterte.

Ich will Ihnen die Bilanz meiner Präsidentschaft anhand dieser Veranstaltungen kurz skizzieren. Wie eine rote Linie zieht sich die Zusammenarbeit mit Kovar & Partners durch das letzte halbe Jahr der Bundesratspräsidentschaft. Allem voran steht die Arena Analyse 2018 „Wir und die anderen“, diese Studie diente uns als Diskus­sionsgrundlage über den aktuellen Stand des gesellschaftlichen Zusammenhalts im digitalen Wandel. Aufbauend auf dieser Studie veranstaltete ich eine Onlinekon­sul­tation sowie ein World Café unter dem Titel „Digitale Zukunft sozial gerecht gestalten“ unter Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern. Die Ergebnisse stellten wir in Form des gestrigen Symposiums mit Expertinnen und Experten vor und hielten sie in einem Grünbuch, das Ihnen heute vorliegt, fest. Es hat sich gezeigt, dass die Bereiche Arbeit, Bildung, Datensicherheit und Demokratie zur Sicherstellung der sozialen Gerechtigkeit im digitalen Zeitalter besonders wichtig sind.

Das Herzstück meiner Präsidentschaft bildete mit Sicherheit die parlamentarische Enquete unter dem Titel „Älter, Jünger, Ärmer? Zukunftsstrategien gegen Armut in Kind­heit und Alter“. Obwohl Österreich eines der reichsten Länder der Welt ist, leben hier über eine halbe Million schutzbedürftiger Kinder und Pensionistinnen und Pen­sionisten an der Armutsgefährdungsschwelle oder darunter. Im Rahmen der Enquete haben sich dabei folgende Lösungsansätze herauskristallisiert:

Erstens, Kinderarmut: Es ist das Um und Auf, wenn wir Kinderarmut bekämpfen wollen, dass wir das Umfeld der Kinder betrachten: die Familien mit ihrer jeweiligen finanziellen und Wohnsituation, soziale und erzieherische öffentliche Infrastruktur wie


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Kindergarten, Bildungseinrichtungen, das Angebot an kostenfreier und sozial gestaf­felter Nachmittagsbetreuung und, und, und. Wenn wir also die Kinderarmut bekämpfen wollen, müssen insbesondere finanziell schlechter gestellte Familien gefördert werden und leistbare ganztätige Kinderbetreuungs- und Bildungseinrichtungen geschaffen werden. Wien stach dabei im Ländervergleich als positives Beispiel besonders hervor: Gratiskindergarten, kostenloses Schul- und Förderangebot, Beispiel Gratisnachhilfe. Die Mindestsicherung trägt zur Absicherung finanziell schwacher Familien bei und wirkt sich damit positiv auf Kinderarmut aus.

Zweitens, Altersarmut: Davon sind vor allen Dingen Frauen verstärkt betroffen, da sie aufgrund des aktuellen österreichischen Durchrechnungsmodells im Durchschnitt auf eine Pension von 850 Euro im Monat kommen. Das sind 550 Euro weniger, als wir Männer durchschnittlich an Pension ausbezahlt bekommen; das liegt daran, dass Frauen häufiger in Teilzeit arbeiten und auch nach der Karenz einen wesentlichen Teil der Kinderbetreuung, die Hausarbeit und die Pflege von Angehörigen übernehmen. Wir stehen also vor der Herausforderung, unser Pensionssystem so umzugestalten, dass es keine Altersarmut mehr gibt. Ein Lösungsansatz, der mir persönlich sehr gut gefällt, ist, die schlechtesten zehn Jahre aus dem Durchrechnungszeitraum zu streichen. Zudem sollten Unternehmen, die durch Digitalisierung und technischen Fortschritt bei immer größerem Gewinn immer weniger Arbeitende beschäftigen müssen, einen entsprechend höheren Anteil als steuerliche Abgabe in unser Pensionssystem ein­zahlen. So profitieren am Ende des Tages Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

Ich konnte bei der Enquete also feststellen, Armut und Arbeit sind gerade unter dem Einfluss des digitalen Wandels stark miteinander verknüpft. Ich habe mich daher dazu entschlossen, eine Podiumsdiskussion zum Thema digitale Arbeitswelt und eine Buchpräsentation unter dem Titel „Überall ist Zukunft: Die Gesellschaft im digitalen Zeitalter gestalten“ abzuhalten und diese Problemstellungen näher zu erörtern. Dabei wurde ersichtlich: Wie viele Stunden ein Mensch wann, wo und unter welchen Bedin­gungen gearbeitet hat, hat großen Einfluss auf seinen eigenen Wohlstand in der Gegenwart und auf die Pension. Der Wohlstand der Eltern hat wiederum Einfluss auf die Kinder, auf deren Zukunft, auf deren Bildungschancen und damit auf ihre zukünf­tigen Arbeitsverhältnisse.

Wir befinden uns also in einem Teufelskreis, und obwohl immer mehr Arbeit von Maschinen übernommen wird, geht die Tendenz klar in Richtung Selbstausbeutung. Zudem schaffen die Digitalisierung und die fortschreitende Technik neue Berufe, neue Arbeitsverhältnisse, denken wir an Crowdwork, Clickwork oder an Foodora und Uber. Da stimmen die Meinungen der Expertinnen und Experten überein: Es braucht neue arbeitsrechtliche Regelungen hinsichtlich dieser großen Veränderungen in der Arbeitswelt, die sichere Arbeitsverhältnisse und ausreichend Einkommen schaffen.

Auch das Gedenkjahr 2018 prägte meine Präsidentschaft. Gedenkjahr bedeutet, dass wir unsere Verantwortung als offizielles Österreich, aber auch als Bürgerinnen und Bürger wahrnehmen müssen, an die Terrorherrschaft des Nationalsozialismus zu erin­nern und uns daran zu erinnern, wozu wir einmal fähig waren. Bei der Gedenk­veranstaltung des österreichischen Parlaments ist dies durch unterschiedliche Beiträge von Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, durch Studierende und insbesondere durch die mahnenden Worte von Michael Köhlmeier gelungen. Mit einer Buchpräsentation legte ich einen zusätzlichen Schwerpunkt auf die Restitutionspolitik unseres Landes.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es liegt an uns, in unser aller Verantwortung, dass Abgrenzung und Ausgrenzung nicht noch einmal die Oberhand in unserer Ge­sellschaft gewinnen. Lassen Sie uns diese Botschaft über das Gedenkjahr hinaus mit­nehmen! (Allgemeiner Beifall.)


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Die Erinnerungspolitik hat mich auch bei meinem Auslandsaufenthalt in Japan stark beschäftigt. Ich ergriff daher die Initiative, um in Hiroshima gemeinsam mit den Mit­gliedern der Delegation einen Kranz vor dem Denkmal für die Opfer des Atomangriffs niederzulegen und den dortigen Friedenspark und das Museum zu besuchen. Der Bürgermeister von Hiroshima leitet das Projekt Bürgermeister für den Frieden, an dem bereits über hundert österreichische Gemeinden beteiligt sind. Was mich besonders beeindruckte war, dass die Atombombe direkt über dem am dichtesten besiedelten Gebiet abgeworfen wurde. Da habe ich mich darauf besonnen, wie wichtig das Frie­densprojekt Europäische Union ist.

Durch meine Reisen nach Tallinn, Kairo und Bukarest zu den Konferenzen der Parla­ments- und Senatspräsidenten wurde mir verstärkt bewusst, welche Besonderheit die parteiübergreifende Zusammenarbeit im österreichischen Bundesrat zum Thema Digitalisierung ist. Keine andere Oberkammer berichtete von einer vergleichbaren Initiative. An dieser Stelle möchte ich Ihnen allen, werte Kolleginnen und Kollegen, meine besondere Wertschätzung und meinen Dank für die Zusammenarbeit für unser Land aussprechen. (Allgemeiner Beifall.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wie Sie sehen, kann ich eine sehr lange und ertragreiche Bilanz über meine Präsidentschaft im Bundesrat ziehen. Es ist mir ab­schließend wichtig, einige Gedanken festzuhalten:

Erstens: Die Digitalisierung betrifft sämtliche Lebensbereiche und damit auch sämtliche politische Bereiche – über Arbeit, Bildung, Datensicherheit, Demokratie, Wirtschaft und sogar soziale Kontakte hinweg –, und ihre Auswirkungen werden unser Leben noch viel stärker bestimmen, als wir bisher wahrgenommen haben.

Zweitens: Der digitale Fortschritt wird Gewinner, aber auch Verlierer hervorbringen. Erinnern wir uns an die Großunternehmen, die immer weniger menschliches Personal zum Erreichen ihres Profits benötigen, an die neuen Arbeitsverhältnisse und Berufe, an die derzeit bestehende Kinder- und Altersarmut und an die Gefahr des unlauteren Wettbewerbs! Es liegt in unserer Verantwortung, dass Bürgerinnen und Bürger nicht zum Verlierer von Fortschritt und Innovation werden. Ich halte fest: Wir müssen den neu geschaffenen Raum, der durch die Digitalisierung entstanden ist, gesetzlich re­geln, um soziale Gerechtigkeit und Sicherheit in unserer Gesellschaft weiterhin zu garantieren.

Drittens: Die österreichische Sozialpartnerschaft wird angesichts der bereits beste­henden und der zukünftigen Auswirkungen auf Wirtschaft und Arbeit stark gefragt sein. Die Sozialpartnerschaft muss einen Beitrag dazu leisten, den Diskurs zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu führen und nicht abzukürzen. Das ist gerade im Hinblick auf die digitale Zukunft unumgänglich, wenn wir einen sozialen Ausgleich her­stellen wollen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen des Bundes­rates! Es war mir stets die größte Ehre, als Präsident des österreichischen Bundes­rates unser offizielles Österreich zu repräsentieren und mitgestalten zu dürfen. Ich bedanke mich bei Ihnen allen für die Zusammenarbeit, für die Diskussionen und für die Einigung zugunsten unserer Republik.

Zum Schluss möchte ich mich noch bedanken: bei dem Klubvorsitzenden der ÖVP Edgar Mayer, bei der Klubvorsitzenden der FPÖ Monika Mühlwerth, bei der Klubvor­sitzenden der Grünen, die leider nicht mehr im Bundesrat ist, Nicole Schreyer, bei Vizepräsident Magnus Brunner, bei Vizepräsidentin Sonja Ledl-Rossmann, bei Vize­präsident Ewald Lindinger, bei dir, Susanne Bachmann – danke herzlich und gib’ das bitte auch deinem Büro weiter –, bei Frau Dr. Alice Alsch-Harant, bei meinem Sekre­tariat Monika Schweitzer-Wünsch und Bianca Dreno, bei meinen Fahrern Wolfgang


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Magyar und Renat Kojic, beim SPÖ-Klub, bei Dr. Peter Pointner, bei Nicole Garfias und bei Claudia Peska, beim Internationalen Dienst, Dr. Brigitte Brenner und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, bei der Veranstaltungsabteilung für die vielen Ver­anstaltungen und ihr Verständnis, wenn ich wieder eine spontane Idee gehabt habe, bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Parlamentsdirektion.

Ich möchte mich auch beim Präsidenten des Nationalrates Wolfgang Sobotka für die Zusammenarbeit mit mir, für die Gespräche, die wir geführt haben, und für das Ver­ständnis, sowie bei Parlamentsdirektor Harald Dossi für sein Verständnis herzlich be­danken. Abschließend bedanke ich mich noch bei meiner Pressemitarbeiterin Lucia Grabetz, die mir oft und oft wieder aufgeholfen hat, wenn ich leicht verzweifelt war.

Ich möchte der künftigen Präsidentin, die aus dem Burgenland kommt, Inge Posch-Gruska alles Gute für ihre Präsidentschaft wünschen. Soweit ich es kann, werde ich  die Vorhaben tatkräftig unterstützen. – Danke für die Aufmerksamkeit und danke euch allen! (Allgemeiner, von BundesrätInnen der SPÖ stehend dargebrachter Beifall.)

10.36


Präsident Reinhard Todt: Ich begrüße nochmals Herrn Landeshauptmann und Bür­ger­meister von Wien Dr. Michael Ludwig sehr herzlich bei uns im Bundesrat. (Allge­meiner Beifall.)

Ankündigung einer Erklärung des Landeshauptmannes von Wien gemäß § 38 Abs. 3 GO-BR


Präsident Reinhard Todt: Ich gebe bekannt, dass Herr Landeshauptmann Dr. Ludwig seine Absicht bekundet hat, eine Erklärung gemäß § 38 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates zum Thema „Digitalisierung, Föderalismus und Sozialpartnerschaft“ abzugeben.

Es liegt mir ein schriftliches Verlangen im Sinne des § 38 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Bundesrates vor, im Anschluss an die vom Herrn Landeshauptmann abgegebene Erklärung eine Debatte durchzuführen. Da das Verlangen ausreichend unterstützt ist, werde ich diesem ohne Weiteres stattgeben.

Ich erteile nun dem Herrn Landeshauptmann zur Abgabe seiner Erklärung das Wort.

10.38.04Erklärung des Landeshauptmannes von Wien zum Thema „Digitalisierung, Föderalismus und Sozialpartnerschaft“


10.38.07

Landeshauptmann von Wien Dr. Michael Ludwig: Sehr geehrter Herr Präsident! Hoch­geschätzte Mitglieder des Bundesrates! Ich freue mich sehr, dass ich heute hier sein darf, und auch, dass unsere Debatten von vielen Österreicherinnen und Öster­reichern im Internet verfolgt werden.

Ganz besonders aber freue ich mich, dass wir immer auch Besucherinnen und Be­sucher auf der Galerie haben, heute, soviel ich weiß, von ProWelios, einem Förder­verein aus Oberösterreich. Das ist ein schönes Zeichen dafür, dass die Sitzungen des Bundesrates in allen Bundesländern Gehör finden. Ich habe mich sehr darüber gefreut, als erst vor zwei Wochen der Ball der Oberösterreicher im Wiener Rathaus statt­gefunden hat. Als Bundeshauptstadt ist es uns immer eine besondere Ehre, wenn wir Besucherinnen und Besucher aus den anderen acht Bundesländern bei uns haben. – Somit herzlich willkommen! Sie werden sicher einen tollen Eindruck auch von der


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Debatte hier im Bundesrat gewinnen, der sich im Übrigen an einem nur vorüber­ge­henden Standort befindet.

Der Bundesrat als zweite Kammer tagt sonst immer im Parlamentsgebäude und ist aufgrund der Sanierung hier. Ich kann mich aber gut erinnern – nicht aus eigenem Erlebnis, sondern durch Nachlesen in Büchern –, dass es schon bei der Republiks­gründung und bei der Abfassung der Bundesverfassung im Jahr 1920 die Idee gegeben hat, den Bundesrat hier in der Hofburg zu verorten. Von daher ist es kein ungewöhnlicher Ort, ein etwas anders ausgestalteter als im Parlamentsgebäude, aber trotzdem ein sehr sinnvoller, der auch eine gewisse historische Bewurzelung hat.

Ich persönlich freue mich sehr, dass ich wieder hier sein darf, wieder deshalb, weil ich einen Teil meines politischen Lebens hier im Bundesrat verbracht habe. Nur noch die beson­ders Routinierten unter uns können sich an diese Zeit erinnern: Es war vom Jänner 1996 bis September 1999. Seit damals hat es viele, auch personelle Verän­derungen im Bundesrat gegeben, was ich immer mit einem weinenden und einem lachendem Auge sehe; weinend, weil immer Neue in den Bundesrat kommen und manche eben nicht mehr. Denen, die man nicht mehr sieht, begegnet man häufig sonst wo in der politischen Landschaft. Ich bin sehr froh darüber, dass aus dem Bundesrat kommend viele nicht nur im Nationalrat tätig sind, sondern auch in den Ländern, in den Landtagen, in Landesregierungen und oft auch als Bürgermeister. Und egal, mit wem man spricht, eine Vergangenheit im Bundesrat ist immer Gegenstand einer sehr po­sitiven Erinnerung. Diese Bewertung teile ich auch, und zwar deshalb, weil ich den Eindruck gewonnen habe, dass es im Bundesrat leichter möglich ist, sich über Frak­tionsgrenzen hinweg mit Sachthemen zu beschäftigen.

Das hängt, denke ich, auch damit zusammen, dass man sich nicht in direkter politi­scher Konkurrenz zueinander befindet, weil die für die Verteilung der Mandate ent­scheidenden Wahlen die Landtagswahlen sind, und das macht vielleicht auch einen Teil des besonderen politischen Klimas im Bundesrat aus. Ich sehe darin eine große Chance, sich stärker an Sachfragen zu orientieren und vielleicht nicht so stark wie in anderen Bereichen der Politik die unmittelbare, oft ideologische Auseinandersetzung zu suchen, sondern eben oft auch gemeinsame Lösungen, was ja auch der Umstand anzeigt, dass viele Beschlüsse im Bundesrat gemeinsam gefasst werden.

Vieles hat sich hier im Bundesrat geändert: Zu meiner Zeit hat es noch keine gläsernen Rednerpulte gegeben, wie ich sie jetzt bestaunen durfte. In der technischen Aus­stattung gibt es viel Neues. Was erhalten geblieben ist, ist die hohe Kompetenz der Bundesratsdirektion, die ich auch damals schon sehr geschätzt habe. Es ist sehr, sehr positiv, dass die Mitglieder des Bundesrates eine entsprechende Unterstützung durch die Bundesratsdirektion genießen, und wir diskutieren auch immer wieder darüber, wie man die Mitglieder des Bundesrates durch räumliche, personelle und sonstige organi­satorische Maßnahmen noch stärker unterstützen könnte. Für mich ist der Bundesrat eine der ganz zentralen und wichtigen Einrichtungen der Bundesgesetzgebung und eine spannende Verbindung in die Bundesländer und damit wichtiger Teil unseres bun­desstaatlichen Aufbaus.

Für mich gibt es im Wesentlichen zwei Aspekte, die für die positive Entwicklung unse­rer Zweiten Republik verantwortlich sind. Herr Bundesratspräsident Todt hat schon dar­auf hingewiesen, dass der Start der Zweiten Republik nach einem furchtbaren Zweiten Weltkrieg und einem menschenverachtenden Regime erfolgt ist und dass es für diese Zweite Republik wichtig war, eine neue, nicht nur materielle Basis, sondern vor allem auch eine inhaltliche, politische Grundlage zu schaffen. Für mich gehören vor allem der Föderalismus und die Sozialpartnerschaft dazu. Beides sind ganz wichtige Bereiche, die sicherstellen, dass wir die bisherige erfolgreiche Entwicklung unseres Landes, die


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sehr viel wirtschaftliche und soziale Stabilität erbracht hat, auch in Zukunft fortsetzen können.

Die Sozialpartnerschaft ist ein ganz wichtiges Instrument, das man nicht nur in Sonn­tagsreden vor sich her tragen, sondern auch leben sollte. Eine Voraussetzung ist, dass sich die Sozialpartner auf Augenhöhe begegnen. Sie ist auch ein wichtiges Instrument, die Jugend zu begeistern. Ich bin deshalb immer ein starker Unterstützer der soge­nannten Jugendvertrauensräte gewesen, die sicherstellen, dass sich junge Menschen in einem Unternehmen einbringen, ihre Interessen vertreten können, nicht nur ihre individuellen, sondern sich auch für andere junge Menschen in einem Betrieb ein­setzen können, und dadurch auch lernen, was Demokratie ist und wie man Interes­senvertretung umsetzt. Von daher wäre die Abschaffung der Jugendvertrauensräte ein Schlag nicht nur gegen die Jugendpolitik, sondern auch gegen die gesamte Demo­kra­tie­erziehung. (Beifall bei der SPÖ, bei BundesrätInnen der ÖVP sowie der Bundes­rätInnen Dziedzic und Stögmüller.)

Die Sozialpartnerschaft ist eine österreichische Besonderheit, die wir vielleicht deshalb gar nicht mehr so schätzen, weil wir sie gewohnt sind. Das wird deutlich, wenn wir Stimmen aus anderen Ländern hören. Ich habe erst vor Kurzem einen Industriellen für seine Leistungen für das Land Wien mit einer der höchsten Auszeichnungen geehrt, die wir zu vergeben haben. Das Besondere an der Veranstaltung war, dass der Be­triebsrat seines Unternehmens die Laudatio gehalten hat. Und in der Dankesrede hat der Industrielle gesagt, in seinem ursprünglichen Heimatland Frankreich wäre es undenkbar, dass der Betriebsrat die Laudatio hält, wenn der Eigentümer, der Indus­trielle eine offizielle Auszeichnung bekommt. Er hat gesagt, dass das schon etwas ganz Besonderes in Österreich ist und dass man sich das auch erhalten sollte. Fast zeitgleich gab es in Frankreich in einem Unternehmen, das ihm auch sehr nahe war, eine Besetzung; aufgebrachte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben die Fabrik besetzt und das Management und den Eigentümer über mehrere Tage festgehalten. Erst der Einsatz der Polizei konnte diesen Arbeitskonflikt regeln. Das geschah natürlich nicht in sozialer Harmonie, wie man sich vorstellen kann; und man kann sich auch vorstellen, wie die Stimmung in diesem Betrieb in der Folge sein wird.

Von daher ist es schon wichtig, dass wir all das erhalten, was wir über Jahrzehnte positiv aufgebaut haben. Das heißt nicht, dass es nicht auch Veränderungen geben soll. Alles muss sich verändern, alles muss sich verbessern, keine Frage! Organisa­tio­nen müssen sich verjüngen, sich der Zeit anpassen, das ist unbestritten. Die Struktur jedoch, die wir in Österreich gewohnt sind und die auch nicht von selbst entstanden ist, sondern durch viele Verhandlungen und oft auch durch Nachgeben und Aufgabe eigener Positionen, ist doch ein wertvolles Gut.

Ich versuche, das in Wien zu leben. Wir haben in Wien nicht nur ein sehr gutes Einvernehmen der Sozialpartner auf betrieblicher Ebene, sondern auch im Rahmen der Stadt: zwischen Gewerkschaften, Arbeiterkammer, aber auch Wirtschaftskammer, die sich bei uns in Wien in verschiedenen Einrichtungen wie der Wirtschaftsagentur, dem Wohnfonds und vielem anderen mehr sehr stark einbringen kann. Ich beziehe da ganz bewusst immer auch die Landwirtschaftskammer ein. – Jetzt werden Sie fragen: Land­wirtschaftskammer, ist das in einer Großstadt wie Wien relevant? – Wenn ich Ihnen sage, dass 14 Prozent der gesamten Fläche Wiens landwirtschaftlich genutzt wird, wird Sie das erstaunen. Das gibt es in keiner anderen Millionenstadt. Das betrifft nicht nur die von mir sehr geschätzten Weinberge. Ich habe erst vorgestern den Wiener Wein­preis vergeben, und ich kann Ihnen sagen - - (Der Redner vollführt eine Geste des Genusses. – Allgemeine Heiterkeit und allgemeiner Beifall.)

Es ist nicht nur quantitativ eines der besten Jahre der letzten Jahrzehnte, sondern auch qualitativ. (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Richtig! Der Einwand ist berechtigt, ich hätte


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etwas mitbringen können, aber das holen wir bei anderer Gelegenheit nach. (Allge­meine Heiterkeit.) Ich darf das vielleicht der neuen Präsidentin anbieten: Das Wiener Rathaus steht für die Mitglieder des Bundesrates immer offen. Vielleicht ist es möglich, den Bundesrat einmal ins Wiener Rathaus einzuladen, damit wir gemeinsam den Wiener Wein verkosten. (Beifall bei SPÖ und ÖVP, bei BundesrätInnen der FPÖ sowie der BundesrätInnen Dziedzic und Stögmüller.) Ich habe das beste Einvernehmen mit dem Burgenland sowie insgesamt mit der Ostregion. Wien, Niederösterreich und das Burgenland bilden ja eine ganz dynamische Wirtschaftsregion, und vielleicht ist gerade die Übergabe des Vorsitzes von Wien an das Burgenland ein guter Anlass, eine solche gemeinsame Verkostung durchzuführen.

Wir haben aber in Wien nicht nur sehr guten Wein und damit auch Weinberge, die wir besonders schützen, weil sie auch ganz wichtige Naherholungsgebiete sind, sondern wir können uns auch fast autark mit Gemüse versorgen, und das ist schon eine Be­sonderheit für eine Millionenstadt und nur deshalb möglich, weil wir mit der Landwirt­schaftskammer ein sehr, sehr gutes Einvernehmen haben. Es gibt natürlich in einer Großstadt wie Wien, in einer sehr lebenswerten Großstadt wie Wien auch immer Vertei­lungsdiskussionen, vor allem auch über Grundstücke. Grundstücke sind in einer Stadt mit festgelegten Grenzen nicht vermehrbar, daher bemühe ich mich sehr, einen guten Weg zu finden zwischen der Festlegung von Wohnbereichen mit dem damit verbundenen Grün- und Freiraum, Arbeitsstätten, wobei wir sehr eng mit Wirtschafts­kammer und Industriellenvereinigung im Rahmen eines festgelegten Standortpro­gramms zusammenarbeiten, aber eben auch Flächen für die Landwirtschaft, der wir auch in Zukunft die Möglichkeit bieten wollen, sich entsprechend zu entwickeln, Arbeitsplätze zu sichern und die Bevölkerung mit wertvollem, ökologisch nachhaltig erzeugtem Gemüse zu versorgen.

Für mich ist also wichtig, dass wir die Sozialpartnerschaft leben. Ich werde in Wien demnächst zu einem Sozialpartnergipfel einladen, um mit den Sozialpartnern künftige programmatische Festlegungen vorzunehmen.

Ich möchte zum Thema Föderalismus noch einige Anmerkungen machen, und das sage ich nicht nur, weil ich jetzt hier vor Ihnen im Bundesrat spreche, sondern weil ich überzeugt davon bin, dass der Föderalismus zu Österreich gehört wie die Sozialpart­nerschaft. Der Föderalismus bietet viele Vorteile. Auch hier gilt: Nicht alles ist in Stein gemeißelt. Man kann auch im Rahmen des Föderalismus die Umverteilung von Kom­petenzen – mit bundesstaatlichen Einrichtungen – andenken. Das ist für mich selbst­verständlich. Wir leben in einer Demokratie, in einem Organismus, vieles muss sich neu definieren, vieles muss sich neu finden, aber prinzipiell ist es wichtig, dass wir auf dem Föderalismus bestehen.

Ich bin heute bei Ihnen als Landeshauptmann und Bürgermeister von Wien, aber ich bin derzeit auch der amtierende Vorsitzende der Landeshauptleutekonferenz, und ich bin neu gewählter Präsident des Österreichischen Städtebundes. Der Österreichische Städtebund ist gemeinsam mit dem Gemeindebund ein ganz wichtiges Instrument, um der Bevölkerung Gehör zu verschaffen und darüber nachzudenken, welche Interessen die Bevölkerung im kleinteiligen Bereich hat. Städtebund und Gemeindebund haben ein sehr gutes Einvernehmen, weil wir diese Interessen vertreten und auch sehen, welche Herausforderungen auf uns zukommen.

Es wird wichtig sein, diesen Föderalismus so zu leben – ich habe das schon im Zusam­menhang mit der Sozialpartnerschaft angesprochen –, dass man auf Augenhöhe mit­einander verkehrt. Das sage ich auch in Richtung der bundesstaatlichen, auch der gesetzgebenden Einheiten. Wenn es jetzt beispielsweise um die neue Arbeitszeit­regelung geht, ist der parlamentarische Diskurs doch weitgehend eingeschränkt, allein schon vom zeitlichen Rahmen her. Ich hätte mir gewünscht, dass es mehr Zeit für die-


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sen Diskurs gibt. Man hätte sich da manche Diskussionen, die jetzt auf der Straße geführt werden, ersparen können. Es ist gerade auch im parlamentarischen Diskus­sions­prozess wichtig, dass wir definieren, was die Herausforderungen sind und wie wir diese gemeinsam bewältigen können, und das sehe ich auch bei diesem Thema doch weitgehend eingeschränkt. Mehr Diskussion im parlamentarischen Raum wäre sicherlich sinnvoll gewesen. (Beifall bei der SPÖ, bei BundesrätInnen von ÖVP und FPÖ sowie der BundesrätInnen Dziedzic und Stögmüller.)

Wir haben in diesem Zusammenhang, wie ich meine, auch als Städte, Gemeinden und Länder durchaus Fragen, die zu klären sind. Wenn es eine ausgedehntere Arbeitszeit gibt – und da lasse ich jetzt einmal außer Acht, ob das jetzt freiwillig oder unfreiwillig erbracht wird –, gibt es natürlich auch für uns im Rahmen des Föderalismus schon weiterführende Fragen, zum Beispiel jene der Kinderbetreuung, die natürlich sehr stark in unserem Kompetenzbereich liegt. Und es stellt sich die Frage: Wie wird sich das auf berufstätige Menschen, vor allem Frauen, auswirken. Ich sage damit nicht, dass Kindererziehung automatisch Frauensache ist. Es ist aber in der Praxis immer noch so, dass Frauen in einem viel stärkeren Ausmaß bei der Kindererziehung mitwirken, dadurch aber eine geringere Möglichkeit haben, im Berufsleben darauf zu achten, dass sie einmal eine Pension in einer Höhe haben, von der sie allein werden leben können. Das sind Themen, die oft wie Zahnräder ineinandergreifen: Wenn man eine Maßnah­me trifft, muss man beachten, was man damit in anderen politischen Feldern auslöst, die man auf den ersten Blick vielleicht gar nicht so sehr damit in Verbindung bringt.

Ich habe mir jetzt zum Beispiel die Kindertagesheimstatistik der Statistik Austria ange­schaut: Von den 9 267 Kinderbetreuungseinrichtungen haben österreichweit nur 993 mehr als zwölf Stunden geöffnet. Das ist natürlich schon eine sehr starke Einschrän­kung für jene, die jetzt schon Schwierigkeiten haben, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen. Es muss uns bewusst sein, dass das durch Regelungen, die die Arbeitszeit flexibler gestalten, schwieriger werden wird, und das ist schon eine Herausforderung für die Bundesländer, Städte und Gemeinden. Von daher macht es Sinn, dass wir uns in diese Diskussion einmischen und auf diese Auswirkungen aufmerksam machen.

Es wird daher die Finanzierung des laufenden Betriebs und einer Ausweitung des Ser­vices notwendig sein, um den Veränderungen in der Arbeitswelt Rechnung zu tragen. Das wird nicht nur in den Bundesländern, sondern auch im Österreichischen Städte­bund Diskussionen verursachen, denn mit Ende des Jahres 2018 laufen mehrere so­genannte 15a-Vereinbarungen aus, die sich mit Kinderbetreuung beschäftigen. Die­se 15a-Vereinbarungen, die zwischen Bund und Ländern abgeschlossen werden, werden neu zu verhandeln und zu definieren sein. Daher ist die Maßnahme, die jetzt vom Bundesgesetzgeber angedacht wird, eine, die uns in den Bundesländern inter­es­sieren muss.

Ich möchte noch einen Punkt ansprechen, der ebenfalls starke Auswirkungen auf die Länder haben wird, das ist die derzeitige Diskussion über die Mindestsicherung. Die Mindestsicherung stellt, wenn man so will, das letzte soziale Netz für jene Menschen dar, die aus welchen Gründen auch immer in Schwierigkeiten kommen, und das müs­sen gar keine besonderen wirtschaftlichen oder persönlichen Schwierigkeiten sein. Bei uns in Wien sind der Großteil, etwa 75 Prozent jener Menschen, die Mindestsicherung bekommen, sogenannte Aufstocker, die entweder eine zu niedrige Pension haben oder mit ihrer beruflichen Tätigkeit nicht das Niveau der Mindestsicherung erreichen und des­halb einen Differenzbetrag ausbezahlt bekommen. Es wird sichergestellt werden müssen, dass in unseren Bundesländern, in den Städten und Gemeinden niemand hungern muss, niemand frieren muss, niemand obdachlos sein muss. Daher bin ich immer dafür gewesen, dass es eine österreichweite Regelung gibt, weil es auch im


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Sinne aller Bundesländer ist, dass wir uns nicht wechselseitig in eine Konkurrenz­situ­ation begeben.

Wir sollten aber auch gemeinsam darüber nachdenken, wie sich die Menschen vor allem in den Städten beispielsweise die Mieten leisten können. Ich bin da durchaus in einem sehr kreativen Dialog mit den anderen Landeshauptleuten, um eine Regelung finden zu können, die sicherstellt, dass eben keine Menschen mehr von Obdach­losig­keit bedroht sind. Das ist ein Thema, das jene Menschen beschäftigt, die am Arbeits­markt besonders unter Druck kommen, aber nicht nur, sondern auch Pensionistinnen und Pensionisten beispielsweise, Familien mit mehreren Kindern. Wenn das umgesetzt wird, was derzeit vom Bundesgesetzgeber angekündigt wird, so wird das für über hun­dert­tausend Menschen eine spürbare Veränderung mit sich bringen und dann natürlich auch entsprechende Auswirkungen haben und in den Bundesländern, aber auch in den Städten die Notwendigkeit erzeugen, darauf zu reagieren.

Ein ganz wichtiges Thema hat Herr Bundesratspräsident Todt auch angesprochen, nämlich jenes der Bildung. Wir wissen, dass wir im internationalen Wettbewerb nur bestehen können, wenn unsere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer entsprechende Qualifikationen mitbringen. Bildung, das sei dazugesagt, sollte nicht ausschließlich nur der Präsenz am Arbeitsmarkt dienen, sondern auch die Möglichkeit eröffnen, sich als Individuum in einer Demokratie einbringen und diese mitzugestalten zu können. Natür­lich ist für uns im internationalen Wettbewerb die Stärkung des Wirtschaftsstandortes Österreich wichtig, also dass wir qualifizierte Beschäftigte haben. Unsere Zukunft liegt nicht in rauchenden Schloten, unsere Zukunft liegt selbstverständlich in Ideen, in Patenten, in dem, was die Menschen aus ihren Köpfen hervorbringen. Daher wird all das, was wir in der Schulbildung durchsetzen, um freie, selbstständige und kritikfähige Staatsbürgerinnen und Staatsbürger heranziehen zu können, ganz wichtig sein.

Dazu gehört selbstverständlich die deutsche Sprache, die eine wichtige Voraussetzung ist, um am Arbeitsmarkt bestehen zu können. Wir in Wien waren immer dafür, jenen, die zu uns kommen, Deutsch sehr schnell, und zwar ab der ersten Stunde zu vermit­teln. Wir legen aber auch besonderes Gewicht auf die individuelle Förderung, schauen, welche Stützungsmaßnahmen Schülerinnen und Schüler benötigen, um möglichst rasch mithalten zu können.

Wir bemühen uns gezielt, Österreich zu einem gesamteuropäischen Zentrum des Wis­sens zu machen, und das nicht nur in der Primarbildung, sondern auch beim lebens­begleitenden Lernen. In diesem Zusammenhang möchte ich die Volkshochschulen in besonderer Weise hervorheben. Ich weiß, dass gerade in den Bundesländern die Volkshochschulen neben den berufsbildenden Erwachsenenbildungseinrichtungen wie BFI und Wifi als ganz wichtige und an der Basis befindliche Institutionen tätig sind.

Das Wichtige an Schulen ist natürlich immer die Qualität der Lehrerinnen und Lehrer, die Motivation der Lehrkräfte. Eine Schulorganisation kann noch so gut vorbereitet und durchdacht sein, das Wichtige in der Klasse sind immer hoch motivierte Lehrerinnen und Lehrer, und ich möchte es nicht verabsäumen, allen im Lehrberuf Tätigen von hier aus ganz herzlich zu danken. (Allgemeiner Beifall.)

Abschließend vielleicht noch ein Thema, das Präsident Todt zum Schwerpunkt seiner Präsidentschaft gewählt hat, nämlich die Digitalisierung. Es ist noch nicht allen in der Bevölkerung bewusst, welche tiefgreifende Veränderung diese mit sich bringen wird. Ich vergleiche sie immer mit der industriellen Revolution, die nicht nur den gesamten Arbeitsprozess, sondern auch das Bildungssystem und das Zusammenleben der Menschen völlig verändert hat.

Daher halte ich es für wichtig, dass wir gerade in Österreich auch über die Bundeslän­der­grenzen hinweg darüber nachdenken, wie Österreich ein Digitalisierungs­schwer­punkt


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in Europa sein kann. Ich habe einmal vollmundig angekündigt: Wien soll die Digi-Hauptstadt Europas werden. Da haben wir noch einen weiten Weg vor uns, aber wir haben gute Voraussetzungen

Das, was uns auch die Europäische Union als weitere Entwicklung vorschlägt, nämlich insbesondere den Ausbau von 5G, ist eine der gemeinsamen Herausforderungen, die auf Bundesebene, aber auch in den Ländern und den Gemeinden vorrangig behandelt werden sollte, um den Wirtschaftsstandort zu sichern und neue Arbeitsplätze zu schaffen, und zwar in allen Teilen unseres Landes. Nicht nur in den Zentralräumen, sondern auch in Regionen, die besonders von der Veränderung der Bevölkerung geprägt sind – quasi vom flachen Land Richtung Städte –, könnte die Digitalisierung zu einem sinnvollen Ausgleich führen.

Allein in Wien sind jetzt schon über 56 000 Menschen in 6 000 Unternehmungen im IT-Bereich tätig. Das heißt, das ist ein boomender Bereich, und ich weiß, dass das auch in anderen Bundesländern durchaus so der Fall ist.

Wir werden aber vor allem auch die Notwendigkeiten sehen, den Ausgleich zwischen Wirtschaftsstandort und sozialer Gerechtigkeit zu finden. Natürlich sehen wir die Vorteile, die sich ergeben, beispielsweise erlaubt die Digitalisierung im Gesundheits­bereich völlig neue Behandlungsmöglichkeiten.

Ich war erst vor Kurzem bei der „Langen Nacht der Forschung“. Da glaubt man, man ist in einem Science-Fiction-Film, wenn beispielsweise eine Chirurgin zeigt, dass sie die Fäden von afrikanischen Spinnen aus Tansania heranzieht, um Nerven miteinander zu verbinden. Ich habe gefragt: Wieso brauchen Sie da Spinnfäden? Gibt es da nicht irgend­etwas Technisches? – Sie sagte, nein, alles bei bisherigen Versuche ist vom menschlichen Körper abgestoßen worden und das ist weltweit die einzige Spinnenart, die offensichtlich vom menschlichen Körper nicht abgestoßen wird. Jetzt verbinden Sie einmal einen Spinnfaden mit menschlichen Nerven im Körper! Das können Sie, auch wenn Sie noch so wenig zittern, mit freier Hand nicht erreichen. Da hat die Digita­lisierung einen ungeheuren Sprung in der Chirurgie, in der medizinischen Arbeit be­wirkt, der noch vor wenigen Jahren unvorstellbar war.

Ich habe zum Beispiel auch einen junger Mann gesehen, der bei einem Motorradunfall seinen Arm verloren hat. (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.) Dem wurde eine Prothese angebunden und mit den Nerven so verbunden, dass er die Finger bewegen konnte. Also das glaubt man nicht! Dann hat er gesagt, jetzt zeige ich Ihnen aber noch etwas. Er hat einen Ring auf meinen Arm gelegt, die Prothese an die Wand gehängt und mich aufgefordert, meine Finger zu bewegen. Ich habe meine Finger bewegt und die Finger der Prothese haben sich im Gleichklang bewegt, weil die Bewegung direkt übertragen wurde. Also, wie ich vorhin gesagt habe: Da glaubt man, man ist in einem Science-Fiction-Film!

Das sind großartige Vorteile, die wir durch die Digitalisierung erreichen werden. In Wien haben wir nun in einigen Pensionistenwohnhäusern beispielsweise eine Sturz­prävention umgesetzt. Damit ist sichergestellt: Wenn ältere Menschen in ihrer Woh­nung stürzen, wird dies durch die Smartverbindung direkt an den Portier übermittelt und es kommt sofort jemand nachschauen, was passiert ist.

Es gibt also viele Vorteile, aber es gibt fast nichts im Leben, das nur Vorteile hat. Das, was wir im Auge behalten müssen – und deshalb bin ich Herrn Bundesratspräsidenten Todt so dankbar dafür, dass er das zum Thema gemacht hat –, ist die Verbindung von wirtschaftlichem Erfolg auf der einen Seite und unserer gemeinsamen Verantwortung, dass es nicht zu weiteren Gräben in der Gesellschaft kommt, sondern dass es im Zuge der sozialen Gerechtigkeit zu einer Situation kommt, in der alle Menschen von dieser


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Entwicklung profitieren. Das wird natürlich eine gemeinsame, große Herausforderung darstellen.

Ganz zum Schluss möchte ich noch einen Punkt erwähnen, auch deshalb, weil ich neben den beiden Säulen der Zweiten Republik Föderalismus und Sozialpart­ner­schaft – noch eine dritte Säule erkenne: Das ist jene, dass wir nicht isoliert in der Welt agieren, sondern in einem gemeinsamen Europa, mit allen Schwächen, die es in der Europäischen Union gibt. Ich möchte auch darauf hinweisen, dass wir in einer ein­maligen, jahrzehntelangen Friedensperioden leben dürfen. Da braucht man nur mit seinen Großeltern, wer noch welche hat, zu reden, die zwei Weltkriege erlebt haben, Wirtschaftskrisen, in denen alles verloren ging, und vieles andere mehr, dann schätzt man diese ganz besondere Situation wieder.

Mir ist bewusst, dass sich die Europäische Union, wie auch andere Institutionen, ent­wickeln muss, stärker auf die Bedürfnisse der Bevölkerung hinhören muss, nicht nur wirtschaftliche Interessen im Vordergrund sehen darf, sondern auch den sozialen Zusammenhalt und die Lösung von Problemen, die anstehen.

Wir sollten aus einem sehr unmittelbaren wirtschaftlichen Interesse aber nicht vom Prinzip abgehen, in einem gemeinsamen Europa zu agieren, denn wir wissen, dass in diesem Jahr Indien in der Wirtschaftskraft Großbritannien und Frankreich überholt und dass es in ganz Europa kein einziges Land mehr geben wird, das international im Wettbewerb mit China, mit Russland, mit den USA eine Rolle spielen kann. Betrachten wir die Weiterentwicklung in den Schwellenländern, dann wissen wir, dass wir in der Wirtschaftskraft nur dann im internationalen Wettbewerb bestehen können, wenn wir gemeinsam auftreten, wenn wir auch über die nationalen Grenzen hinweg in einem gemeinsamen Europa sehen, wo die wirkliche Auseinandersetzung liegt.

Das setzt natürlich auch voraus, dass wir zu einer Gemeinsamen Außen- und Sicher­heitspolitik kommen, dass wir uns auch gemeinsam die Frage stellen, wie wir die Energiepolitik in der Zukunft gestalten, woher wir unsere Primärstoffe beziehen, um wirt­schaftlich stark zu sein, wie wir beispielsweise mit dem Angebot Chinas und Russlands umgehen, eine direkte Bahnverbindung nach Europa, direkt an die Tore Wiens, zu bauen. (Zwischenruf bei der FPÖ.) Fürchten wir uns davor oder ist das für uns eine Chance für eine exportorientierte Wirtschaft?

Das sind Dinge, über die wir sehr genau, sehr kritisch nachdenken sollten. Wir sollten darüber nachdenken, welche Gefahren, aber auch welche Chancen in solchen Ent­wicklungen liegen. Man braucht nicht über internationale Solidarität und die Organi­sation in einem gemeinsamen Wirtschaftsraum wie der Europäischen Union zu reden, wenn wir an Bundesländergrenzen scheitern. Daher war es mir immer, von Beginn meiner politischen Tätigkeit an, ein Anliegen, zu sagen: Wir müssen im Zuge des Fö­de­ralismus immer über die Bundesländergrenzen hinweg unsere Möglichkeiten einset­zen.

Ich versuche das ganz stark in der Ostregion in der Kooperation Wien, Nieder­österreich und Burgenland, aber natürlich immer mit Blick zu den anderen Bundes­ländern, mit denen wir ja auch gut kooperieren, um uns wechselseitig im Bereich der Fachhochschulen, der universitären Ausbildung zu unterstützen, da wir wissen, wir alle suchen dringend qualifizierte Arbeitskräfte. Was können wir tun, um beispielsweise der Wirtschaft die entsprechenden Arbeitskräfte zur Verfügung zu stellen?

Umgekehrt müssen wir aber auch den Beschäftigten die Möglichkeit bieten, so zu leben, wie sie sich das vorstellen. Sie müssen die Möglichkeit haben, in einer Familie zu leben und die Flexibilisierung der Arbeitszeit darf nicht dazu führen, dass sie nicht mehr in der Lage sind, in Vereinen tätig zu sein, diese zu erhalten, Familien zu unter­stützen und vieles andere mehr.


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In diesem Rahmen wird sich unsere Tätigkeit in Zukunft bewegen. Deshalb möchte ich mich ganz herzlich bei Ihnen allen, bei den Mitgliedern des Bundesrates, bedanken. Der Bundesrat ist eine ganz wichtige Klammer des Bundesgesetzgebers zu den Bundesländern.

Ich kann nur aus eigener Erfahrung sagen, die Mitglieder des Bundesrates aus Wien melden sich immer sehr lautstark, und zwar parteiübergreifend. Das ist gut so, das ist wichtig. Ich zumindest höre immer sehr genau auf das, was uns die Bundesräte kom­munizieren und sagen. Im Umkehrschluss sage ich ihnen auch, was wir uns aus der Sicht der Landtage vorstellen. Es macht also Sinn, dass wir eine solche zweite Kam­mer haben.

Ich weise nicht nur heute, weil ich hier stehe, sondern auch bei anderen Gelegenheiten auf die Bedeutung des Bundesrates hin. Ich halte nichts davon, wenn in der öffent­lichen Diskussion der Bundesrat immer kleingeredet wird. Das können nur jene Men­schen behaupten, die sich nicht mit dem Zweikammernsystem beschäftigt haben, die sich nicht mit unserer Bundesverfassung und mit der politischen Praxis in unserem Land beschäftigt haben. (Bundesrätin Mühlwerth: Journalisten zum Beispiel!)

Ich bin ein großer Fan des Bundesrates, das sage ich, wie gesagt, nicht nur heute hier, sondern auch bei anderen Gelegenheiten. Ich danke Ihnen, den Mitgliedern, ganz herzlich, ganz besonders bedanken möchte ich mich aber auch bei Reinhard Todt, dem Präsidenten des Bundesrates, nicht nur deshalb, weil er aus Wien kommt, sondern weil er im letzten halben Jahr viele Akzente gesetzt hat, die er in seinem Bericht auch angesprochen hat, die für den Bundesrat wichtig waren, aber weit darüber hinaus auch in der gesamten politischen Diskussion in unserem Land eine Rolle gespielt und damit deutlich gemacht haben, dass der Bundesrat ein sehr starkes inhaltliches Zeichen gesetzt hat, das gehört wird.

Deshalb, hochgeschätzter Herr Präsident, lieber Reinhard, ein herzliches Dankeschön! (Allgemeiner Beifall.)

11.09


Präsident Reinhard Todt: Ich danke dem Herrn Landeshauptmann für seine Ausfüh­rungen.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Elisabeth GrimlingBitte.


11.10.18

Bundesrätin Elisabeth Grimling (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr ge­ehrte Zuschauerinnen und Zuschauer hier im Saal und vor den Bildschirmen! Nachdem ich heute zum Abschluss der Wiener Präsidentschaft im Bundesrat die Rede unseres Bundesratspräsidenten Reinhard Todt und die Rede unseres Landeshauptmannes und Bürgermeisters Michael Ludwig gehört habe, kann ich mit noch größerer und vollster Überzeugung sagen: Ich bin stolz darauf, von meinem Land Wien in den Bundesrat entsandt worden zu sein, ich bin stolz darauf, Wiener Bundesrätin zu sein!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben es heute schon gehört, Wien wurde 2018 zum neunten Mal in Folge zur lebenswertesten Stadt der Welt gekürt. Damit steht Wien seit 2009 durchgehend an der Spitze dieses Rankings, und das zu Recht.

Was aber bedeutet lebenswert? – In Wien gibt es eine einwandfreie Strom- und Was­serversorgung, ein sehr gutes öffentliches Verkehrsnetz, tolle Freizeitangebote, von der Gastronomie über Kunst und Kultur. Lebenswert bedeutet aber noch viel mehr als


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das: Lebenswert ist eine Stadt oder eine Region erst dann, wenn sie die Menschen, die in ihr leben, in den Mittelpunkt stellt, wenn sie Zusammenhalt und damit auch die so­ziale Sicherheit allem anderen voranstellt. Lebenswert ist eine Stadt, wenn ihre Bür­gerinnen und Bürger gute Arbeit haben, wenn sie gesund sind, in Kindheit und Alter unterstützt und in Notsituationen aufgefangen werden. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist gleichsam eine soziale und eine politische Frage.

Arbeitslosigkeit und Armut sind kein Schicksal, denn wir können sie verhindern. Als Politikerinnen und Politiker haben wir das Werkzeug dazu in der Hand, unsere Gesellschaft zu gestalten; damit ist es unsere Pflicht, Maßnahmen zu setzen und Rahmenbedingungen zu schaffen, die das Wohl aller Menschen in unserem Land zum Ziel haben. (Beifall bei der SPÖ, bei BundesrätInnen der ÖVP sowie der Bundesrätin Dziedzic.)

Es freut mich ganz besonders, dass gerade Wien ein absolutes Vorzeigemodell ist, wenn es um den verantwortungsvollen Umgang mit seinen Bewohnerinnen und Bewohnern geht. Wien beantwortet die soziale Frage. Wien beantwortet diese Frage mit einem sozialen Sicherheitsnetz, einem Netz, das nicht durchlöchert, sondern Tag für Tag dichter gewebt wird. Ich denke dabei etwa an die Mindestsicherung als ganz wesentlichen Faktor zur Armutsbekämpfung, insbesondere zur Bekämpfung von Kin­der­armut. Ich denke an den sozialen Wohnbau, der leistbaren Wohnraum und soziale Durchmischung schafft und damit positiv zur sozialen Sicherheit in Wien beiträgt, und ich denke an das einmalige Angebot an kostenloser Kinderbetreuung sowie an die Gratisnachhilfe. Diese Liste ist lange fortsetzbar.

Sehr geehrter Herr Landeshauptmann, noch einmal vielen Dank für deine Arbeit und die bisherige Arbeit deiner Stadtregierung! Genau so geht Politik, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt.

Auch im Bereich der digitalen Welt steht Wien für eine offene Stadt. Zum Beispiel be­teiligt sich Wien mit den Städten Lyon und München unter dem Titel Smarter Together an dem gemeinsamen EU-Projekt Smart Cities. Die Plattform smartdata.wien dient verschiedensten Smart-City-Projekten in den Bereichen Energie, Gebäude und Mobilität. Auch mit der Wien-Live-App hat die Stadt ihr digitales mobiles Angebot be­reits erweitert. Mit dem Wien-LAN baut die Stadt Tag für Tag ihr frei nutzbares und öffentliches Internet aus. Diese Maßnahmen sind ein gutes Vorbild dafür, wie die Digitalisierung der Allgemeinheit zum Nutzen gemacht werden kann.

Es braucht aber mehr als das, und da stimme ich euch ebenfalls zu, Herr Bun­desratspräsident und Herr Landeshauptmann! Wir stehen aktuell in Österreich vor der Herausforderung, neue Arbeitsverhältnisse rechtlich zu regeln. Gerade durch den digitalen Wandel sind neue Berufsgruppen und Beschäftigungsverhältnisse entstan­den, die die Gefahr von prekären Beschäftigungen mit sich bringen.

Ich bin der Meinung, dass jede Form von Arbeit, egal ob selbstständig oder unselbst­ständig, arbeits- und sozialrechtliche Mindeststandards erfüllen muss. Um dieses recht­liche Vakuum zu füllen, ist die Sozialpartnerschaft jetzt ganz stark gefordert, um den Dialog zwischen Arbeitnehmenden und Arbeitgebenden herzustellen. Der Schnell­schuss der Bundesregierung mit dem 12-Stunden-Arbeitstag ist diesem Dialog und damit der sozialen Sicherheit in unserem Land wohl sicherlich nicht dienlich.

Abschließend möchte ich auf das föderalistische Prinzip unseres Landes eingehen. Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, als Mitglieder des österreichischen Bundesrates ist uns allen der Wert des Föderalismus im Interesse unserer Bun­desländer sehr bewusst, und dabei steht fest: Unser aller Schwerpunkt muss darauf liegen, die Grundwerte und Grundrechte für alle Bürgerinnen und Bürger zu gewähr­leisten. Damit schaffen wir die Basis für ein gutes Miteinander.


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Um diese zentrale demokratische Forderung auch zur gelebten Realität zu machen, bedarf es der aktiven Mitwirkung der Länder und der Länderkammer. Im Sinne einer gelebten Demokratie ist es unsere Aufgabe, als Vertreterinnen und Vertreter der Länder die Anliegen und Wünsche der Bürgerinnen und Bürger zu erfassen und in den unterschiedlichsten Gremien und Vertretungen einzubringen.

Mitbestimmung, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist das zentrale Element der Demokratie; es entspricht ihrem Prinzip, unsere vielfältige Gesellschaft in parla­men­tarischen Gremien widerzuspiegeln. Unser Ziel muss also sein, den Bundesrat als gesetzgebendes Gremium noch weiter zu stärken und in der öffentlichen Wahr­neh­mung präsenter zu machen, denn leider wird der österreichische Bundesrat trotz seiner essenziellen Rolle in der österreichischen Demokratie und trotz seiner klar defi­nierten Aufgaben nicht immer als wesentlicher Entscheidungsträger im demokratischen Pro­zess dargestellt.

Es ist unsere Aufgabe als Bundesrätinnen und Bundesräte, gemeinsam mit euch Lan­deshauptleuten die wichtige Arbeit des Bundesrates für die Österreicherinnen und Österreicher sichtbar zu machen und dem Bundesrat damit den Stellenwert zu geben, der ihm zusteht. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ sowie der BundesrätInnen Mayer und Dziedzic.)

11.19


Präsident Reinhard Todt: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Edgar Mayer. – Bitte.


11.19.37

Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehr­ter Herr Bürgermeister, Herr Landeshauptmann, Herr Altbundesrat! Ich hoffe, es in dieser Reihenfolge richtig gesagt zu haben. Zuerst möchte ich mich einer guten alten Gepflogenheit folgend beim Präsidenten des Bundesrates Reinhard Todt für seine Aktivitäten im letzten halben Jahr bedanken: Du hast den Bundesrat nicht nur im Inland, sondern auch im Ausland bei Konferenzen, Veranstaltungen und sehr vielen Begegnungen hervorragend vertreten – dafür ein herzliches Dankeschön auch im Namen meiner Fraktion! (Allgemeiner Beifall.)

Es war auch wichtig, dass du den Schwerpunkt des Bundesrates, den wir jetzt bereits über mehrere Jahre bearbeiten, nämlich die Digitalisierung, fortgesetzt und nochmals auch die soziale Komponente beleuchtet hast: die digitale Zukunft „sozial gerecht ge­stalten“. Im Rahmen des Symposiums hast du einiges aufgezeigt, was sehr wichtig für den Bundesrat war, der Herr Bürgermeister hat das ja auch lobend hervorgestrichen und erwähnt. – Dafür also nochmals ein herzliches Dankeschön!

Außerdem verweise ich auf den Tätigkeitsbericht des Bundesrates über das letzte Jahr, der dann im Juli aufliegen wird und in dem wir unsere gemeinsamen Aktivitäten aufgelistet haben. Ein Dankeschön auch für die Gemeinsamkeiten von Vorarlberg und Wien, die wir nicht nur bei den Übergaben, sondern auch sonst gepflogen haben! Das ist vielleicht auch eine Überleitung zur Frage, warum jetzt der Vorarlberger hier steht, denn Wiener Bundesrat haben wir ja keinen mehr, den hat uns der Koalitionspartner weggenommen.(Heiterkeit der Bundesrätin Posch-Gruska.) Irgendwann wird das Mandat vielleicht wieder zurückkommen. (Bundesrat Längle: Entscheidung von Wahlen, oder?!) So ist eben Politik und, ja, so muss man das auch zur Kenntnis nehmen.

Es gibt viele Gemeinsamkeiten, das habe ich schon angesprochen und das werde ich im Zuge meines Redebeitrags auch noch wiederholen. Wenn man jetzt von mir er­wartet, dass ich als Vorarlberger die Wiener Innenpolitik aufs Tapet bringe, dann muss


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ich die Leute enttäuschen. Das überlasse ich anderen, beziehungsweise es findet ja im Wiener Landtag immer wieder statt; das maße ich mir als Vorarlberger nicht an. Man könnte schon einige Schmerzpunkte aufs Tapet bringen, die sind ja allen bekannt: Krankenhaus Nord und so weiter, wo es ja auch eine Untersuchungskommission geben wird, Stichwort Energetiker, Kostenexplosion et cetera – aber das erwähne ich jetzt überhaupt gar nicht. (Heiterkeit bei BundesrätInnen von ÖVP und FPÖ.)

Es gibt aber schon Tatsachen und Gemeinsamkeiten mit den Ländern, Herr Bürger­meister: was Migration anbelangt, was Integration anbelangt, Zuzug in die Mindest­sicherung, Probleme mit der Wohnsituation. Das Thema leistbares Wohnen hat Kolle­gin Grimling schon angesprochen. Das ist inzwischen auch bei uns ein großes Problem, denn das Vorarlberger Häuslebauen oder dass sich jeder eine Eigentums­wohnung kauft, ist inzwischen auch nicht mehr leistbar. Ihr habt das inzwischen mit eigenem Wohnbau aktiviert, es gibt wieder den Gemeindewohnbau. In Vorarlberg gibt es auch eine riesige Wohnbauinitiative. Das, denke ich, ist länderübergreifend so, denn das sind soziale Herausforderungen, die die Länder allgemein tangieren, und da ist Wien sicher auch vorbildlich.

Was die Mindestsicherung anbelangt – du hast es angesprochen, Herr Bürgermeister –: Ja, da sind wir, die Länder, in Verhandlungen, insbesondere im Westen hat das natür­lich auch mit den Wohnkosten zu tun. Da kommen wir mit dem, was vorgeschlagen wurde und jetzt noch in Diskussion ist, sage ich, auch nicht zurande. Ich denke aber, die Landeshauptleute sind in guten Gesprächen, dass man da noch einiges umsetzen beziehungsweise auch länderspezifische Sachen miteinbauen kann.

Ich bin dir auch für deine lobenden Worte für den Bundesrat dankbar und dafür, dass du aus eigener Erfahrung über den Bundesrat berichtest und auch die verfassungs­mäßigen Möglichkeiten angesprochen hast. Wenn der Bürgermeister oder Landes­hauptmann zu uns kommt, bedeutet das natürlich auch Anerkennung und Akzeptanz – dafür, Herr Bürgermeister, sind wir sehr dankbar. Wir haben jetzt einige Jahre warten müssen, bis wieder ein Landeshauptmann aus Wien in den Bundesrat kommt, aber deine Verbindung ist eine besondere, und dafür auch nochmals ein herzliches Dan­keschön. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und FPÖ.)

Welche besonderen Bezüge gibt es meinerseits zu Wien? – Ich kann anmerken, dass ich in den letzten 45 Jahren immer wieder in Wien war. Ich habe das Militär hier absolviert, die Bundespolizeischule hier absolviert, ich war im Rahmen meiner gewerk­schaftlichen Aktivitäten immer wieder in Wien. (Zwischenruf bei der SPÖ.) – Ja, Poli­zei­beamter, ich stehe auch dazu. Das ist ein ganz wichtiger Beruf in Österreich, es wird immer wichtiger, für die Sicherheit da zu sein. Die Expertise kann ich später liefern; das muss ich, glaube ich, nicht extra ausführen. Als Gewerkschafter war ich sehr lange und oft in Wien tätig und jetzt 14 Jahre lang als Bundesrat.

Ich habe auch mitbekommen, wie Wien gewachsen ist, wie Wien sich entwickelt hat, wie daraus wirklich eine lebenswerte, wunderbare Stadt geworden ist. Nicht umsonst wird Wien als lebenswerteste und auch als liebenswerteste Stadt bezeichnet. Ich habe schon ein paar Mal gesagt, für mich persönlich ist es schwierig, immer nach Elisabeth Grimling zu reden, da sie praktisch immer schon wesentliche Teile meiner Rede vorwegnimmt (Heiterkeit der Bundesrätinnen Grimling und Zwazl), zum Beispiel die Mercer-Studie, die sie hier zitiert hat. Das ist schon etwas, was man auch sehr positiv erwähnen kann, denn das ist nicht nur eine Studie für Manager oder Leute, die sich entsprechend etwas leisten können, sondern in dieser Mercer-Studie sind viele Aspekte untergebracht, bei denen es auch um Infrastruktur, Gesundheitsvorsorge, Freizeitangebote, innere Sicherheit geht. Das ist natürlich für alle Menschen relevant, nicht nur für Leute, die in Wien wohnen oder sich hier kurzfristig aufhalten.


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Es geht auch um Kommunikationsmittel, wie schon angesprochen, die Digitalisierung, und auch um die Kriminalitätsrate. Das ist, denke ich, schon ein wichtiger Punkt. Das Ergebnis dieser Mercer-Studie ist auch ein wichtiger Ausweis für den hohen Standard, den Wien zu bieten hat, und das darf ich natürlich auch entsprechend erwähnen und dazu darf ich auch recht herzlich gratulieren, Herr Bürgermeister. (Beifall bei ÖVP und SPÖ, bei BundesrätInnen der FPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller.) – Da kann man applaudieren, jawohl.

Auch die Digitalisierung hat Kollegin Grimling schon angesprochen. Das brauche ich jetzt wirklich nicht mehr zu wiederholen, was es da alles gibt, von Open Government über digitale Verwaltung – wo Wien sehr, sehr führend ist, da können sich andere Städte etwas abpausen – bis zu Smarter Together, wo es gute Städtepartnerschaften mit Lyon und München gibt – da ist schon etwas vorzuweisen –, oder auch, dass man den Menschen Public WLAN näherbringt und somit auch der Allgemeinheit die Digita­lisierungsschritte aufzeigt. Das, finde ich, ist schon eine sehr gute Geschichte und das kann man auch positiv erwähnen.

Herr Bürgermeister, von dir wurde auch die Entwicklung der Ostregion angesprochen. Da spreche ich natürlich auch im Sinne meiner KollegInnen aus dem Burgenland und insbesondere auch aus Niederösterreich. Es ist wichtig, dass sich diese Region weiterentwickelt, dass es sehr viele gute Gemeinsamkeiten gibt, wie zum Beispiel die dritte Piste, die ja von allen vernünftigen Parteien akzeptiert wird, wodurch es sehr viele zusätzliche Arbeitsplätze geben soll. Das ist eine Weiterentwicklung, dass man Wien, Schwechat als internationale Drehscheibe auch weiter forciert und ausbaut. Da muss man dankbar sein, wenn es jetzt nach einem Gerichtsentscheid quasi eine ver­nünf­tige Tendenz gibt. Außerdem, für unsere Sozialdemokraten: Wir wollen natürlich auch den Arbeitsplatz von René Pfister erhalten, obwohl er jetzt nach Niederösterreich in den Landtag gewechselt ist; also da sind wir auch großzügig, glaube ich. (Heiterkeit bei BundesrätInnen von ÖVP, SPÖ und FPÖ. – Beifall und Bravoruf der Bundesrätin Grimling sowie Beifall des Bundesrates Koller.)

Es gibt aber, was Verkehrspolitik und die Ostregion anbelangt, natürlich schon einiges, was man auch kritisch anmerken muss – jetzt nicht in eure oder deine Richtung, aber was den Koalitionspartner anbelangt. Da gibt es natürlich manchmal schon auch Bock­sprünge, wie man so schön alemannisch sagt. Ich denke, in der Verkehrspolitik sollte man darauf schauen, dass man die Infrastruktur ausbaut, dass man diese moder­nisiert, dass man das erweitert, den Verkehr flüssig hält, die Stadt durch moderne Ver­kehrsplanung auch zukunftsfit macht. Da denke ich, dass oft in der Wiener Ver­kehrspolitik schon auch das Umgekehrte geschieht. Ich denke jetzt an den Lobau­tunnel. Der sagt mir insoweit nur so viel, als ich in der Lobau im Militärdienst immer gebuddelt habe und durchmarschiert bin – schön, erhaltungswürdig; aber wenn unten ein Tunnel gebaut wird, wird oben sicher nichts beeinträchtigt.

Wenn dann eure eigenen Kollegen, die sich dafür aussprechen, als Feiglinge bezeich­net werden und dann noch vom Koalitionspartner eine Bürgerinitiative mit dem intelli­genten Namen Nobau gegründet wird, dann muss ich mich schon fragen, was Ver­kehrspolitik so soll – oder wenn man Professor Knoflacher zitiert, der ja meiner Meinung nach kein Straßenexperte, sondern ein Straßentod ist. Wenn ich in Österreich irgendetwas nicht bauen will, rufe ich den Knoflacher an; der Knoflacher gibt natürlich genau in diese Richtung ein Gutachten oder eine Expertise ab. (Heiterkeit der BundesrätInnen Mühlwerth und Pisec.)

Es sagt zum Beispiel der Verkehrsexperte Werner Rosinak – das schon euch ins Stammbuch, liebe Kollegen von den Grünen! –: Beim Streit um den Lobautunnel scha­det Knoflacher der Stadt Wien. „Entscheidend sei die Abwägung von Risiken des Tun­nelprojekts für Wien – in Punkten wie Wirtschaft, Ökologie, Verkehrsentlastung oder


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Lebensqualität.“ „Das Risiko“, so Rosinak, „der Unterlassung ist größer als das Risiko des Tunnels.“ Und jetzt gut zuhören: „Wird der Tunnel nicht gebaut, sei ein Verkehrs­kollaps unvermeidlich.“

„Ein Verkehrskollaps unvermeidlich“ – na, klar, darum gründet ihr eine Bürgerinitiative, denn ohne dass - - (Bundesrätin Dziedzic: Das stimmt nicht! Glauben Sie uns, wir haben uns das genauer angesehen als Sie!) – Ja, ja, der Rosinak hat sich das genauer angesehen, noch genauer als der Knoflacher, denn der Knoflacher hat immer nur eine Expertise: Keine Straße! (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie bei BundesrätInnen der SPÖ.)

Das ist immer seine Rede: Mehr Straßen erzeugen mehr Verkehr – dann erzeugen mehr Waschmaschinen schmutzige Wäsche, dann produzieren Krankenhäuser Kranke. (Heiterkeit bei BundesrätInnen von ÖVP und FPÖ.) Das ist die Logik von Herrn Knoflacher und von euch Grünen. (Beifall bei BundesrätInnen von ÖVP und SPÖ. – Zwischenrufe des Bundesrates Stögmüller.– Herr Kollege, ich habe mit einem Taxifahrer gesprochen, der sagt, der Lobautunnel würde insgesamt etwa 25 Minuten Fahrzeit vom Süden in den Norden von Wien – und dann weiter nach Nieder­öster­reich – bedeuten. Das sind weniger Abgase, weniger Umweltbelastung, weniger Stau.

Das dann auch noch mit der Citymaut zu vermischen schlägt dem Fass schon den Boden aus, das muss ich euch schon sagen, denn das betrifft 200 000 arbeitende Men­schen, die nach Wien einpendeln und die auch für Wien sehr viel an wirt­schaftlicher Entwicklung, an Wertschöpfung, dazu, dass es Wien gut geht und so weiter, beitragen. Die dann schlussendlich auch noch zu bestrafen und das noch mit dem Tunnel zu verquicken, das ist eine abstruse Idee, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei der ÖVP und bei BundesrätInnen der FPÖ.)

Den Abtausch mit diesem 365-Euro-Ticket wollte ich eigentlich auch gar nicht erwäh­nen (Heiterkeit der Bundesrätin Zwazl), denn das kostet eh nur 500 Millionen Euro. (Zwischenruf der Bundesrätin Dziedzic.) Das kostet insgesamt nur 500 Millionen, und das drücken wir dann den Burgenländern und den Niederösterreichern aufs Auge – na nett, sehr angenehm! (Bundesrat Stögmüller: Und in Tirol?!) So geht man mit Kollegen aus den Bundesländern um.

Man kann schon darüber reden, wie beim Jugendticket zum Beispiel. Da gibt es das Jugendticket Burgenland, Wien, Niederösterreich – hervorragend. Die Jugendlichen, Lehrlinge können um 70 Euro fahren, auch in den Ferien natürlich. Das ist ein hervor­ragendes Projekt. (Bundesrat Stögmüller: ... Koalitionspartner ...!) Das ist es eben: Wenn man sich mit den Bundesländern zusammensetzt und gemeinsame Projekte ausarbeitet, dann gibt es auch einen entsprechenden Erfolg, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Bundesrat Stögmüller: Es ist ja schön, dass ihr den Todesfeind Grüne gefunden habt! Das Einzige ...!) – Nein, nein, Herr Kollege ... (Bundesrat Stögmüller: Hau her! – Zwischenruf bei der FPÖ.)

Ich sage euch eines, liebe KollegInnen von den Grünen: Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit! Das ist ein Faktum, ich sage euch das. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)


Präsident Reinhard Todt: Herr Bundesrat, bitte zum Schluss kommen, Sie haben die Redezeit überzogen.


Bundesrat Edgar Mayer (fortsetzend): Ich komme zum Schluss. Es war natürlich länger, Herr Präsident, weil ich dich am Anfang circa 3 Minuten lang gelobt habe. Das müsste man einrechnen, oder?


Präsident Reinhard Todt: Die sind schon dabei!



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Bundesrat Edgar Mayer (fortsetzend): Ist schon dabei, okay. (Heiterkeit der Bun­desrätin Zwazl.)

Ich bedanke mich nochmals, Herr Bürgermeister, Herr Landeshaupt­mann, Herr Präsident, für die ausgezeichnete Zusammenarbeit, für die gute Stimmung, die wir gemeinsam hatten. Ich habe es beim Städtetag in Feldkirch aus nächster Nähe erfahren können, da gibt es auch im Städtebund und im Gemeindebund ein gutes Miteinander. Die Achse Wien–Vorarlberg funktioniert auch bei den Finanzausgleichs­verhandlungen immer, das ist ein gutes Asset der Landeshauptleutekonferenz und das trägt auch sehr viel zur Finanzierbarkeit der Länder und Gemeinden bei.

Abschließend ein Bonmot (Ruf: Noch eines!) – bisher brachte ich keines –: Einer guten Tradition folgend haben die Vorarlberger und die Wiener bei den Finanzaus­gleichs­verhandlungen immer für klare Verhältnisse gesorgt. Als bei den vorletzten Verhand­lungen noch ein wesentlicher Anteil für die Spitalsfinanzierung fehlte, hat Herbert Sausgruber Michael Häupl angerufen und gesagt: Da muss der Finanzminister noch einen ordentlichen Klapf-Klapf drauflegen! – Klapf ist ein alemannisches Wort und bedeutet: Es muss ordentlich etwas dazukommen!, oder: Es darf ein bisserl mehr sein!, so wie in Wien. (Zwischenruf des Bundesrates Stögmüller.) Der Klapf für die Spitals­finanzierung hatte ein Ausmaß von 200 Millionen Euro. – So funktionieren die länder­übergreifenden Beziehungen zwischen Wien und Vorarlberg zum Vorteil von ganz Österreich.

Ich sage abschließend: Gott gebe, dass es hebe! – Danke. (Heiterkeit und Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie bei BundesrätInnen der SPÖ.)

11.34


Präsident Reinhard Todt: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Monika Mühlwerth. Ich erteile es ihr.


11.34.56

Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr ge­ehrte SchülerInnen, Damen und Herren auf der Galerie und zu Hause vor den Bild­schirmen! Herr Kollege Mayer, das war jetzt wirklich ein nettes Erlebnis, und mir ist dabei eingefallen, dass es einmal einen Film gab, der hieß „Ein Amerikaner in Paris“. Das war jetzt so - - (Bundesrat Mayer: Ein Vorarlberger in Wien!) – Genau: Ein Vorarl­berger in Wien! (Heiterkeit bei BundesrätInnen von FPÖ und ÖVP.) Da die ÖVP in Wien ja keinen Bundesrat mehr hat, hat es jetzt jemand vom anderen Ende Öster­reichs übernommen, und du hast, da du ja sehr oft in Wien bist, mit absolut profunder Kenntnis über den Wiener Verkehr im Besonderen gesprochen.

Ich möchte mich meinen Vorrednern insofern anschließen, als ich mich auch beim Herrn Präsidenten für seine Vorsitzführung, für die Präsidentschaft bedanken möchte – auch, weil wir nicht immer einer Meinung sind und schon die eine oder andere Diskus­sion hatten, aber Präsident Todt hat wirklich immer geschaut, dass er ein Präsident aller Bundesräte ist und nicht nur einer der SPÖ, der er angehört, sondern er hat dann auch in einem Diskurs gesagt: Okay, dann machen wir das eben so!

Ihnen auch ein Dankeschön, Herr Landeshauptmann. Ich kann mich gar nicht mehr erinnern, wann das letzte Mal ein Landeshauptmann von Wien hier bei uns im Bun­desrat war, daher freut es mich umso mehr, dass es jetzt wieder einmal gelungen ist, den neuen Landeshauptmann im Bundesrat zu haben und mit ihm auch diskutieren zu können.

Auch wenn es heute schon öfter gesagt worden ist: Ein breiter Diskurs ist wichtig! – Na selbstverständlich ist das so. Ja, es wird im Bundesrat weitestgehend sachlich diskutiert, wir haben heute in der Früh aber schon ein anschauliches Beispiel gehabt,


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dass es nicht immer so ist und mit Zahlen operiert wird, die so nicht stimmen, und sich natürlich auch hier in dieser zweiten Kammer eine gewisse Polemik breitmacht – was aber nicht heißt, dass man sie deswegen nicht bräuchte.

Ich gebe Ihnen recht, auch ich mache diese Erfahrung immer wieder, und ich sage jetzt: Vor allem Journalisten und Politologen sind diejenigen, die sagen, den Bundesrat brauchen wir nicht; auch wenn ich nicht ganz vergessen habe, dass es den einen oder anderen Landeshauptmann – beziehungsweise Landeshauptfrau – gegeben hat, der uns ausgerichtet hat, dass man ihn ruhig abschaffen könnte.

Ich war jetzt in Kärnten bei einer Klausur und habe mit einem Journalisten gesprochen, der sagte: Aha, Sie sind Bundesrätin – brauchen wir nicht, können wir gleich ab­schaffen! Ich habe ihn gefragt: Welches Regulativ haben Sie denn gegenüber dem Zentralis­mus? – Das muss man ja auch bedenken, dass der Föderalismus ja nicht von ungefähr kommt, weil es halt einer so wollte, sondern es ist schon wichtig, im Staats­gefüge auch einen Ausgleich zum zentralen Staat zu haben, wo eben diese Kammer und ihre Mandatare auch näher beim Bürger sind. Das trifft ja auch auf die Landtage zu, die man ja auch ganz gerne immer wieder abschaffen würde, ohne dass man weiter darüber nachdenkt. Also das ist schon okay.

Dass die Demokratie im Wandel ist, ja, das liegt in der Natur der Sache, dass Zeiten sich verändern und damit auch ihre Institutionen. Manchmal müssen sich dann aber auch Parteien ein wenig verändern. Herr Landeshauptmann, Sie gehören ja der SPÖ an, und ich lebe in Wien, ich wohne in Wien, und da sage ich: Ja, auch die SPÖ, die ja jetzt schon sehr lange an der Macht ist – und da neigt man immer dazu, alles als selbstverständlich zu betrachten –, wird sich ein bisschen verändern müssen, auch in die Richtung, mehr auf den Bürger zuzugehen. Sie sagen es zwar immer, aber das muss auch erst einmal passieren. (Zwischenruf des Bundesrates Weber.)

Wenn man in Wien lebt und Sie, wie es Kollege Mayer ja richtig angesprochen hat, in einer Koalition mit den Grünen sind – in der die Grünen leider tun und lassen, was sie wollen, damit sie ihr Klientel bedienen können –, dann sage ich Ihnen schon: Ich wohne im 7. Bezirk, das Wohnpublikum dort ist ja bekannt, wir haben einen grünen Bezirksvorsteher, es gibt sehr viele Radfahrer, alles sehr nett. – Na gehen Sie einmal als Fußgänger durch! Als Fußgänger bin ich oft in der Situation – und der 7. Bezirk hat zum Beispiel in der Westbahnstraße und in den Seitengassen, wenn man von Burg- und Neustiftgasse absieht, wirklich relativ ruhige Straßen, wo man getrost und ohne Angst haben zu müssen, dass man von einem Auto umgemäht wird, auf der Straße fahren könnte; aber das passiert dort nicht, dort fährt jeder auf dem Gehsteig –, dass mich auf der rechten Seite der Radfahrer überholt, links kommt mir der Skateboard­fahrer oder jemand auf dem Scooter entgegen, und ich kann schauen, dass mich mög­lichst keiner erwischt.

Ich frage Sie jetzt: Was macht eigentlich der Fußgängerbeauftragte in Wien? Wozu gibt es ihn um teures Steuergeld? Ich frage mich, wo der bleibt. (Bundesrat Stögmüller: Soll ich dir von Wels was erzählen? Bundesrat Krusche: Nein, danke!) Fußgänger sind ja die gefährdetsten Teilnehmer im gesamten Verkehrssystem. Wir müssen auch wieder mehr auf die Fußgänger schauen! (Bundesrat Stögmüller: ... Radfahrer! Ich kann dir was von Wels erzählen!) – Auch Herr Kollege Stögmüller sollte vielleicht einmal zu Baldriantropfen greifen; das würde ihm ganz guttun, dann müsste er nicht immer so hyperventilieren. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der ÖVP.)

Da heute sehr oft über einen breiten Diskurs gesprochen wird – und auch Sie, Herr Lan­deshauptmann, haben gesagt, bei den künftigen Gesetzen würden Sie sich im Parlament auch einen breiten Diskurs wünschen –, muss ich sagen: Ja, das kann man sich immer wünschen, und ja, man kann immer sagen, das ist noch immer zu wenig,


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da hätten wir noch mehr diskutieren können, aber man muss bei einer breiten Dis­kussion­ schon aufpassen, dass nicht am Ende von dem eigentlichen Entwurf fast nichts mehr übrig bleibt. Das haben wir in der Vergangenheit mehr als einmal erlebt, dass von einem guten Entwurf nur mehr ganz wenig übrig geblieben ist.

Ich kann mich außerdem schon noch daran erinnern, wie das war, als die FPÖ in der Opposition war und nicht in der Regierung: Von einem breiten Diskurs und einem Eingehen auf oppositionelle Vorschläge habe ich da überhaupt nie irgendetwas ge­merkt. Ganz im Gegenteil: Man hat jeden Oppositionsvorschlag ein bisschen runter­zudodeln versucht und hat ihn dann einfach in der Schublade verschwinden lassen. Es ist also wirklich interessant, zu bemerken, wie der Rollentausch und die Tatsache, dass man, wenn man dann in Opposition ist, auch weiß, wie sich das anfühlt, plötzlich dazu führen können, dass man auf jeden Fall danach schreit, man möge doch bitte auch berücksichtigt werden.

Viele richtige Dinge sind heute schon angesprochen worden, nur muss man dann auch das Richtige tun. Das Thema Bildung ist ein absolut wichtiges; ich sehe das auch so. Gerade im Zeitalter der Digitalisierung – und da wird sich noch sehr viel mehr ändern, weil viele Berufe einfach verschwinden werden, aber auch neue dazukommen wer­den – wird Bildung noch wichtiger, als sie es bis jetzt ohnehin schon war. Da muss man aber aufpassen, dass das Bildungssystem kein solches ist, in dem ein Fünftel der Schüler nach neun Jahren nicht ausreichend lesen, schreiben und rechnen können. Leider ist das aber so, und sehr viele dieser Schüler finden sich in Wien, was ja auch mit der Zuwanderung zu tun hat – auch wenn manche versuchen, das zu leugnen. Es muss uns gelingen, diese ins Boot zu holen und sie so fit für die Zukunft zu machen, dass sie lesen, schreiben und rechnen können. Da ist auch an den Wiener Schulen einiges zu tun.

Auch wenn jetzt die Kritik an den Deutschförderklassen, die ich persönlich immer haben wollte und für richtig halte, sehr groß ist, werden sich alle Direktoren schon auch daran gewöhnen müssen, dass man sagt, wir machen das jetzt einfach, weil es wichtig ist. (Bundesrätin Grimling: Ja, aber nicht in letzter Minute!) Sie haben es ja auch ge­sagt: Das System, das Sie gemeinsam mit der ÖVP unter den vorangegangenen Bun­desregierungen gemacht haben, hat nicht zu einer Verringerung der Anzahl jener Schüler geführt.

Frau Kollegin Grimling, wissen Sie, man kann ein System befürworten, man kann ein System auch einführen, aber irgendwann einmal kommt der Moment, in dem man schauen muss, ob es auch funktioniert – und es hat nachweislich nicht funktioniert. Und wenn es nicht funktioniert, muss man es eben ändern. (Beifall bei der FPÖ. Bundesrätin Grimling: ... hat auch nicht funktioniert!)

Wenn ich jetzt an die von Präsidenten Todt initiierte Enquete zum Thema Armut denke: Natürlich, niemand will, dass jemand arm ist – und auch da muss man die richtigen Dinge tun! Jetzt im Moment neigt man eher dazu – die Regierung macht viele richtige Dinge, bringt sie auf den richtigen Weg; dazu gehört auch der 12-Stunden-Tag, der ja kein De-facto-12-Stunden-Tag ist, sondern nur in Ausnahmefällen zum Tragen kommt –, alles der neuen Regierung zuzuschieben.

Ich möchte aber nur an Folgendes erinnern: Auch in Wien – Herr Bürgermeister Lud­wig, Sie waren ja immerhin auch Wohnbaustadtrat – ist es nicht so, dass die Woh­nungen so günstig wären. Sie wollen jetzt neue Wohnungen bauen – das ist ja richtig so, aber das hätte man schon vor zehn Jahren machen sollen. (Landeshauptmann Ludwig: Hat man auch!) In Wien sind jedoch die Mieten bei den Gemeindewohnungen teilweise höher als im privaten Bereich. Das hat Ihnen „Der Standard“ – und das ist kein freiheitliches Parteiorgan – schon einmal ausgerichtet.


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Ich habe mir das zum Teil auch angeschaut und möchte einmal ein paar Zahlen bringen: Wenn man auf der Webseite der Stadt Wien nachsieht, mit welchen Wohn­kosten man rechnen muss, dann findet man dort die Information, dass man bei drei Wohnräumen mit mindestens – mindestens! 650 Euro Miete rechnen muss, kalt natürlich. Das heißt, die Energie  Heizung et cetera kommt da noch dazu. Was gilt denn als Wohnraum? Wenn das drei Wohnräume mit je 20 Quadratmetern sind, kann ich mir das gerade noch vorstellen. Definiert ist auf dieser Webseite aber, dass ein Wohnraum ein Fenster haben muss und größer als 8 Quadratmeter sein muss. 8 Quadratmeter ist aber nicht wirklich groß, das ist ja fast wie ein größeres Ab­stellkammerl, und da sind 650 Euro schon gschmackig.

In der Straße, in der ich wohne, gibt es auch einen Gemeindebau, und ich habe die Leute gefragt, was sie an Miete zahlen. Die zahlen für 90 Quadratmeter 850 Euro! Das ist der soziale Wohnbau in Wien! Für 850 Euro bekommt man – man muss halt ein bisschen suchen – am privaten Sektor schon mehr. (Zwischenrufe der Bundesräte Beer und Lindinger.) Unlängst ist eine Wohnung inseriert worden: 50 Quadratmeter, 413 Euro. Das würde ich nicht als soziale Miete bezeichnen. Dazu kommen in dem Fall noch 2 800 Euro Ablöse.

Wenn wir also von Armut sprechen, müssen wir schon auch schauen, dass wir auf dem Boden der Realität bleiben und dass nicht verlangt wird, die Regierung soll alles machen, während dort, wo man es selber in der Hand hat, eben alles anders ist und man hofft, dass es nicht auffällt. (Beifall bei der FPÖ.)

Ja, Wien ist alles in allem eine lebenswerte Stadt. Ich wohne auch trotz meines grünen Bezirksvorstehers sehr gerne im 7. Bezirk. Ich schätze diese Nähe zur Stadt, dass ich überallhin zu Fuß gehen kann – ich habe sowieso kein Auto, ich bin ein Öffibenutzer und gehe zu Fuß. Es ist aber nicht so, dass da nichts zu tun wäre und dass es da keine Baustellen gäbe. Das KH Nord möchte ich jetzt nicht erwähnen, auch viele an­dere Dinge nicht – U-Bahn-Ausbau möglichst bis an die Stadtgrenze, damit man die Pendler dort abfangen kann und so weiter. Da ist auch für Sie als neu gewählter Lan­deshauptmann noch sehr viel zu tun. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der ÖVP.)

11.47


Präsident Reinhard Todt: Bevor ich die nächste Rednerin aufrufe, begrüße ich Frau Bundesministerin Dr. Margarete Schramböck bei uns im Bundesrat. (Allgemeiner Beifall.)

Ich begrüße weiters auf der Galerie die Schülerinnen und Schüler der Neuen Mittel­schule Dornbirn. (Allgemeiner Beifall.)

Ich darf mitteilen, dass die Bundesjugendvertretung im Vorraum eine Ausstellung zum Thema Kinderarmut, und zwar unter dem Titel „Armut ist kein Kinderspiel“, gestaltet hat. Vielleicht hat der eine oder andere von euch Zeit, dort vorbeizuschauen und sich das anzusehen.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Dr. Ewa Dziedzic. Ich erteile ihr dieses.


11.48.30

Bundesrätin Mag. Dr. Ewa Dziedzic (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Landeshauptmann! Werte Kollegen und Kolleginnen! Liebe Schüler und Schü­lerinnen! Werte Gäste und Zuseher! Ich darf Sie als Wienerin hier im Bundesrat be­grüßen. Man lernt hier immer etwas dazu – zum Beispiel, dass Herr Edgar Mayer jetzt seit Neuestem Verkehrsexperte ist (Bundesrätin Mühlwerth: Mehr als die Grünen, täte ich sagen!) und nicht sehen möchte, dass der Lobautunnel eigent­lich ein Milliardengrab


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ist und gerade für die Wiener Wirtschaft nicht gut, oder dass Frau Mühlwerth jetzt Fußgängerbeauftragte in Wien Neubau werden möchte. (Bun­desrätin Mühlwerth: Nein, möchte ich überhaupt nicht! Ich frage mich nur, was eurer tut! Teures Steuergeld wird dafür bezahlt! Bundesrat Mayer: Aber jeder Vorarlberger versteht allemal mehr vom Verkehr als die Wiener Grünen! Wir bauen schon Tunnels, da habts ihr noch gar nicht gewusst, dass es so etwas gibt! Heiterkeit bei ÖVP und FPÖ.) Jedenfalls möchte ich mich abseits von dieser Polemik zuerst und bevor ich auf die Inhalte zu sprechen komme, ganz herzlich bei Ihnen, Herr Todt, bedanken. (Bun­desrat Mayer: So früh haben wir schon Tunnels gebaut, da habts ihr noch gar nicht gewusst, dass man unten auch durchkann!) – Das ist jetzt eine Verzerrung der De­batte. Nicht der Lobautunnel steht auf der Tagesordnung.

Ich bedanke mich gerade, falls Sie es durch Ihre Unterbrechung nicht gehört haben, bei Präsidenten Reinhard Todt für seine konstruktive und kollegiale Zusammenarbeit und auch dafür, dass er, beispielsweise im Bereich Digitalisierung, die Politik im Bun­desrat wirklich innovativ gestaltet hat.

Der Bundesrat ist zweifelsohne – das haben Sie (in Richtung Landeshauptmann Ludwig) gesagt – eine wichtige Kammer, wenn es um die Kompetenz der Länder geht, und das betrifft aktuell – auch das haben Sie angesprochen – ganz stark das Thema Min­destsicherung. Diese Woche gab es in Wien eine Pressekonferenz, in der man sich mit den Auswirkungen der Grundsatzgesetzgebung durch die Bundesregierung vor allem auf die Wiener Mindestsicherung beschäftigt hat. Die Wiener Landesregierung hat die Bundesregierung aufgefordert – und dem schließe ich mich an –, in sofortige Ge­spräche mit den Bundesländern einzutreten. Ich glaube, dass es nicht genügt, diese Gespräche über die Landeshauptleutekonferenz abzuwickeln, sondern dass da gerade der Bun­desrat eine wichtige Rolle hat und gefragt und gefordert ist.

Wir wissen, dass die Pläne der Bundesregierung in Bezug auf die Mindestsicherung darauf abzielen, dass den Menschen unterm Strich die letzte Würde genommen wird. Es wird an allen Ecken und Enden gekürzt. Auch wir waren immer für eine bun­des­einheitliche Lösung, aber das ist sicherlich nicht der richtige Weg. Es wird nämlich, das wurde heute auch schon ganz kurz erwähnt, bei den Ärmsten gespart.

Sie, Herr Landeshauptmann, haben es gesagt: Fast drei Viertel der Mindestsiche­rungsbezieherInnen sind sogenannte ErgänzungsleistungsbezieherInnen, nur 12 Prozent sind VollbezieherInnen und 14,6 Prozent sind DauerleistungsbezieherInnen beziehungsweise PensionistInnen mit einer sogenannten Mietbeihilfe. 10 000 Min­destpensionistInnen würden diese neuen Pläne betreffen, weil sie dann keine Miet­zinsbeihilfe mehr erhalten würden, sowie 10 000 Menschen mit Behinderungen oder schweren chronischen Krankheiten, die keinen Arbeitsplatz mehr finden; aber auch 44 000 Kinder wären von diesen Plänen zur Mindestsicherungsregelung betroffen.

Ich denke, da gibt es noch sehr viel zu tun, und gerade im Bundesrat müssen wir ganz genau hinschauen, wie wir das ausgestalten – nämlich so, dass die Last nicht auf einzelne Bundesländer abgeschoben wird. Ich bin jedenfalls als Wienerin sehr froh, jenes Bundesland zu vertreten, das in dieser Causa Haltung zeigt. Wir wissen, dass gerade die Mindestsicherung das letzte soziale Netz ist und nicht nur Menschen in schwierigen Lebenssituationen hilft, sondern auch verhindert, dass Menschen in Wien frieren oder hungern.

Sie haben auch Bereiche wie Bildung, aber auch Arbeitszeitverlängerung oder Deutsch­klassen erwähnt; zu Letzterem habe ich mich erst in der letzten Bundesratssitzung sehr kritisch geäußert, weil wir wissen, dass es weder Geld noch die entsprechenden Lehrkräfte dazu gibt, sondern nur diese populistische Forderung.


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 56

Ich wünsche Ihnen wirklich alles Gute, nicht nur als Landeshauptmann und Bür­ger­meister, sondern natürlich auch als Vorsitzendem des Städtebundes. Bei der Landes­hauptleutekonferenz braucht man, glaube ich, starke Nerven. Ich bin sehr froh, wenn Sie sich einmischen und auch uns im Bundesrat des Öfteren besuchen, damit die Wiener Perspektive nicht untergeht.

Alles in allem finde ich es bedauerlich, dass es bei einer Begrüßung des neuen Lan­deshauptmannes und Bürgermeisters lediglich um dessen Koalitionspartner und um Seitenhiebe auf diesen geht. Ich glaube, die Koalition in Wien funktioniert sehr, sehr gut. (Heiterkeit des Bundesrates Steiner.) Wir werden sehen – und das hat die Bun­desregierung auch schon nach sechs Monaten gezeigt –, wie anders gefärbte Koalitionen dazu führen, dass diese sozialen Netze ausgehöhlt und nicht, wie in Wien, gestärkt werden.

In diesem Sinne: Sparen Sie sich – jetzt benutze ich einen Anglizismus – das per­manente Wien-Bashing! Wien ist leider sehr oft Feindbild hier im Bundesrat (Bundesrat Krusche: Nur die Wiener Grünen!) – da waren ja die heutigen Meldungen fast schon freundlich und gemäßigt, deshalb musste wohl der Koalitionspartner für alles andere herhalten. Ich freue mich sehr, dass Sie da sind, und ich freue mich, wie gesagt, wenn Sie sich weiterhin einmischen und uns öfters hier im Bundesrat besuchen. Vielen Dank! (Beifall des Bundesrates Stögmüller und bei der SPÖ.)

11.54


Präsident Reinhard Todt: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Daniela Gruber-Pruner. Ich erteile ihr dieses.


11.54.56

Bundesrätin Mag. Daniela Gruber-Pruner (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Lieber Herr Bürgermeister! Lieber Herr Landeshauptmann! Geschätzte Kolle­ginnen und Kollegen! Sehr geehrte Gäste auf der Galerie und vor den Bildschirmen zu Hause! Ich sage es gleich vorweg: Ich bin eine sehr begeisterte Wienerin. Wie so viele in dieser Stadt, in diesem Bundesland, bin ich keine geborene Wienerin – ich bin ursprünglich aus Vorarlberg, wo es auch sehr, sehr schön ist (Beifall der Bundesräte Brunner und Mayer–, sondern ich bin Wahlwienerin; ich habe sozusagen meine Leidenschaft für Wien konsequent umgesetzt. Ich muss auch dazusagen: Ich möchte nirgends anders als in dieser Stadt leben.

Dass das ganz viele Menschen genauso sehen und diese Meinung teilen, zeigt sich in der ständig wachsenden EinwohnerInnenzahl von Wien, speziell auch in meinem Hei­matbezirk, in der Donaustadt, wo wir jährlich einen Zuwachs in einem Ausmaß haben, der vergleichbar mit größeren Städten in Österreich ist.

Ich kann mir als Donaustädterin die Lobautunneldebatte sparen; diese haben Edgar und Ewa schon stellvertretend geführt, daher kann ich das jetzt beiseitelassen.

Dass Wien die lebenswerteste Stadt der Welt ist, wurde jetzt schon mehrfach erwähnt. Ich kann das jeden Tag erleben und einfach nur bestätigen. Auch dass Wien kulturell einzigartig ist, bestätigen etwa die über 15 Millionen Nächtigungen durch Touristen und Touristinnen aus der ganzen Welt; das ist schon auch ein großes Lob an dieses Bundesland, an diese Stadt.

Wien ist aber zusätzlich auch ein außerordentlicher Wirtschaftsstandort. Das bestäti­gen uns nicht nur die Tausenden Pendler und Pendlerinnen, die jeden Tag aus Nieder­österreich, aus dem Burgenland in unsere Stadt kommen, sondern auch die inter­nationalen Firmenniederlassungen, die jährlich mehr werden.


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 57

Dass all das nicht vom Himmel gefallen ist und dieses Wien, so wie wir es vorfinden, keine Selbstverständlichkeit ist, sondern einer konsequenten politischen Arbeit seit vielen, vielen Jahrzehnten zu verdanken ist, liegt auf der Hand. Diese sozialdemo­kra­tische Handschrift, die Wien prägt, zieht sich wie ein schöner roter Faden durch alle Lebensbereiche dieser Stadt, weil die Zielrichtung dieser Wiener Politik immer war, zum Wohle der Menschen in Wien zu handeln, und zwar zum Wohle aller Menschen in Wien. Nur dieser Gedanke, nämlich für alle Bürger und Bürgerinnen da zu sein, schafft diesen sozialen Zusammenhalt, diesen sozialen Frieden, und das macht sich auch – ich sage jetzt bewusst: mit unserem Koalitionspartner gemeinsam – sehr bezahlt.

Ja, wir haben Herausforderungen zu bewältigen – auch das haben wir heute schon gehört –, wobei ich sagen muss, unser neues Regierungsteam in Wien rund um unseren neuen Bürgermeister ist sehr gut und sehr breit aufgestellt. Ja, wir haben ein Thema mit immer höher steigenden Mieten, aber da sind wir in Österreich beileibe nicht die Einzigen, andere Bundesländer haben da ganz andere Niveaus. Wir versuchen aber in Wien seit Jahrzehnten mit dem sozialen, dem geförderten Wohnbau gegenzusteuern, damit sich keine sogenannten Ghettos wie in anderen Großstädten bilden. Wir haben immer versucht, in den Wohngebieten eine soziale Durchmischung zustande zu bringen; das ist uns wichtig. Wir versuchen auch seit vielen Jahren, auch mit der ÖVP in Sachen Mietrecht zu verhandeln. Da waren wir leider noch nicht erfolg­reich, da stoßen wir auf Beton, aber dieses Thema wird uns natürlich weiterhin be­schäftigen.

Ja, wir haben ein Thema mit dem Verkehr, wobei ich dazusagen möchte, wenn unser einziges Problem die Fahrradfahrer in Wien Neubau sind, dann jammern wir da schon auf hohem Niveau. – Aber Spaß beiseite, wir haben natürlich ein Thema mit der Beteiligung von allen BürgerInnen in Wien, mit dem Zusammenleben, mit der Umwelt. Da müssen wir jeden Tag dranbleiben, aber genau das tut diese Regierung, und das ist gut so.

Wir gehen in Wien einen zukunftsgerichteten Weg, einen nachhaltigen Weg, und wir investieren auch bewusst in die Zukunft dieser Stadt und dieses Bundeslandes, um die Funktionstüchtigkeit dieser Stadt aufrechtzuerhalten und auch für die nächsten Generationen zu sichern und um diesen Lebensstandard zu halten, und wir stehen zu den Investitionen, die wir da tätigen. 

Unter anderem betrifft das die Digitalisierung. Diese war schon mehrfach Thema, wir haben uns diesbezüglich im Bundesrat über Jahre eine gewisse Expertise aufgebaut. Ein Dank auch von mir an Reinhard Todt für die Weiterführung dieses Themas und die wichtigen Impulse, die im letzten halben Jahr gekommen sind. Wir bauen in Wien die Breitbandinfrastruktur aus, wir stellen kostenloses WLAN in allen Stadtteilen zur Verfügung, wir investieren in den Schulen in die Digitalisierung, in das digitale Lernen unserer Kinder. Auch dafür gibt es an Schulen wunderbare Beispiele, auch das muss natürlich noch in die Breite gehen.

Weil wir bei der Bildung sind: Wir sind auch sehr stolz auf unseren Gratiskindergarten. Wir wissen, dass das eine weitere Investition in die Zukunft der Kinder und der Men­schen in dieser Stadt ist, und wir stehen bewusst dazu, dass wir in Wien kein Kind zurücklassen. Wenn wir derzeit von Regierungsseite von Modellen hören, die arme Kinder noch ärmer machen sollen – und das wäre bei einer Kürzung der Min­dest­sicherung tatsächlich der Fall, diese würde vor allem Kinder treffen –, dann sagen wir in Wien: Wir machen da nicht mit! Kein Wiener Kind, keine Wiener Bürgerin und kein Wiener Bürger soll in die Armut getrieben werden, da machen wir nicht mit, dazu stehen wir.


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 58

Wir haben auch versucht, diesbezüglich mit der Regierung Gespräche zu führen. Wir wurden noch nicht eingeladen – so viel zum neuen Stil –, aber Gott sei Dank gibt es die Zivilgesellschaft und Initiativen wie jene der Bundesjugendvertretung, die heute mit der Kampagne „Armut ist kein Kinderspiel“ auf das Thema Kinderarmut hinweist.

Ich möchte noch etwas zur kommenden EU-Ratspräsidentschaft sagen, weil sehr viele Gäste uns in Wien besuchen werden und Wien genießen werden; das ist gut so, wir heißen sie alle herzlich willkommen. Meine Fraktion sieht die Ratspräsidentschaft Österreichs als einen wichtigen Beitrag für Europa, für eine konstruktive Zusammenarbeit in Europa, einen Beitrag zur Stabilität in Europa, weil nur gemeinsam die Herausforderungen der Zukunft bewältigt werden können. Ehrlicherweise ist aber das, was ich derzeit beobachte, allen voran unser Kanzler und sein Vizekanzler, mehr ein Zündeln in Europa und ein Öl-ins-Feuer-Gießen. Ich finde dieses Spiel mit dem Feuer höchst gefährlich und würde mir wünschen und erwarten, dass unsere Repräsentanten des Staates Österreich weiterhin an einem lösungsorientierten, an einem konstruktiven Beitrag für Europa arbeiten und nicht Öl ins Feuer gießen und die Situation kein bisschen verbessern, sondern im Gegenteil eigentlich verschlechtern. (Beifall bei der SPÖ sowie der BundesrätInnen Dziedzic und Stögmüller.)

Einen letzten Erfolgsfaktor von Wien möchte ich noch herausstreichen; Michael Ludwig, du hast es schon angekündigt: Wir haben in Wien immer sehr bewusst auf die Sozialpartnerschaft gezählt und gebaut. In den letzten Jahren sind auch internationale Delegationen nach Österreich gekommen, um sich dieses Modell anzuschauen und mitzunehmen. Dass darauf derzeit von Regierungsseite nicht so viel Wert gelegt wird und Modelle gegen die Interessen der Arbeitenden vorgeschlagen werden, wider­spricht nicht nur jeder guten Tradition, die wir hier in Österreich leben, sondern auch jeglicher Vernunft (Bundesrat Schuster: Ihr geht auf die Straße!), und wir würden bitten, dass wieder an den Verhandlungstisch zurückgekehrt und im Interesse aller neu verhandelt und in Gespräche eingetreten wird.

Wien jedenfalls löst seine Aufgaben und seine Herausforderungen konstruktiv, wie gesagt, zum Wohle aller Bürger und aller Bürgerinnen. Darauf sind wir stolz, und das darf man sich auch gerne abschauen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie der BundesrätInnen Dziedzic und Stögmüller.)

12.04


Präsident Reinhard Todt: Danke.

Zu Wort gemeldet hat sich zu einem Abschlusssatz der Herr Bürgermeister von Wien. – Bitte.


12.04.36

Landeshauptmann von Wien Dr. Michael Ludwig: Sehr geehrter Herr Präsident! Hochgeschätzte Mitglieder des Bundesrates! Frau Bundesministerin! Es werden viel­leicht zwei Sätze sein, nämlich deshalb, weil ich mich für zwei Dinge bedanken möchte, zum einen für die wirklich sehr spannende und interessante Diskussion, die mir die Möglichkeit gibt, einiges an Anregungen mitzunehmen, auch für meine poli­tische Arbeit in meinem Heimatbundesland Wien.

Zum Zweiten möchte ich mich aber abschließend noch einmal ganz herzlich für die geleistete Arbeit in der letzten Zeit, insbesondere im letzten Halbjahr, bedanken, auch noch einmal ganz herzlich beim Präsidenten Reinhard Todt. Es war ein deutliches Zeichen des Bundesrates, mitzuwirken, nicht nur an der Bundesgesetzgebung, son­dern am gesamten österreichischen politischen System. (Vizepräsident Lindinger über­nimmt den Vorsitz.)


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 59

Dafür möchte ich mich noch einmal ganz herzlich bedanken und möchte nur darauf hinweisen, dass ich jetzt seit einem Monat Landeshauptmann bin, der Weg mich aber sehr schnell in den Bundesrat geführt hat. (Heiterkeit der Bundesrätin Mühlwerth.) Wenn der Bundesrat Interesse hat, komme ich sehr gerne wieder. – Danke. Glück auf! (Allgemeiner Beifall.)

12.05


Vizepräsident Ewald Lindinger: Ich bedanke mich, Herr Landeshauptmann, und wünsche Ihnen alles Gute! Danke für Ihren Besuch! Wir freuen uns auf die Übergabe des Vorsitzes an das Bundesland Burgenland im Wiener Rathaus und bei der nächsten Plenarsitzung.

Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

12.06.20Einlauf und Zuweisungen


Vizepräsident Ewald Lindinger: Hinsichtlich der eingelangten, vervielfältigten und verteilten Anfragebeantwortungen,

eines Schreibens des Salzburger Landtages betreffend die Wahl von Mitgliedern und Ersatzmitgliedern des Bundesrates,

eines Schreibens des Klubs der Sozialdemokratischen Landtagsabgeordneten Nieder­österreichs betreffend Mandatsverzicht eines Mitgliedes des Bundesrates mit Wirk­samkeit seiner Angelobung als Abgeordneter zum Niederösterreichischen Landtag am 28. Juni 2018,

eines Schreibens des Herrn Bundeskanzlers betreffend den Aufenthalt des Herrn Bun­despräsidenten am 28. und 29. Juni 2018 in der Republik Belarus bei gleichzeitiger Beauftragung des Herrn Bundeskanzlers mit dessen Vertretung

sowie eines Schreibens des Verbindungsdienstes des Bundeskanzleramtes betreffend den Aufenthalt des Bundeskanzlers und des Herrn Bundesministers für Landesver­teidigung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union

verweise ich auf die im Sitzungssaal verteilten Mitteilungen gemäß § 41 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates, die dem Stenographischen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen werden.

Ebenso verweise ich hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und de­ren Zuweisungen im Sinne des § 19 Abs. 1 der Geschäftsordnung auf die gemäß § 41 Abs. 1 der Geschäftsordnung im Sitzungssaal verteilten Mitteilungen, die dem Steno­graphischen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen werden.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangt sind:

1. Anfragebeantwortungen:

(Anlage 1) (siehe auch S. 61)


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 60

2. Schreiben der Landtage:

Schreiben des Salzburger Landtages betreffend die Wahl von Mitgliedern und Ersatz­mitgliedern des Bundesrates (Anlage 2)

Schreiben des Klubs der Sozialdemokratischen Landtagsabgeordneten Niederöster­reichs betreffend Mandatsverzicht eines Mitgliedes des Bundesrates mit Wirksamkeit seiner Angelobung als Abgeordneter zum Niederösterreichischen Landtag am 28. Juni 2018 (Anlage 4)

3. Schreiben des Bundeskanzlers:

Schreiben des Bundeskanzlers betreffend den Aufenthalt von Bundespräsident Alexan­der Van der Bellen am 28. und 29. Juni 2018 in der Republik Belarus bei gleichzeitiger Beauftragung von Herrn Bundeskanzler Sebastian Kurz mit dessen Vertretung (Anla­ge 5)

4. Aufenthalt eines Mitgliedes / Aufenthalte von Mitgliedern der Bundesregierung in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union:

Schreiben des Verbindungsdienstes des Bundeskanzleramtes betreffend den Aufent­halt von Herrn Bundeskanzler Sebastian Kurz vom 27. bis 29. Juni 2018 in Brüssel (Anlage 3)

Schreiben des Verbindungsdienstes des Bundeskanzleramtes betreffend den Aufent­halt von Herrn Bundesministers für Landesverteidigung Mario Kunsaek am 28. und 29. Juni 2018 in Kroatien (Anlage 6)

B. Zuweisungen

1. Gesetzesbeschlüsse (Beschlüsse) des Nationalrates sowie EU-Vorhaben gemäß Art. 23e B-VG:

(siehe Tagesordnung)

2. Vorlagen der Bundesregierung oder ihrer Mitglieder sowie Berichte der Volks­anwaltschaft:

(siehe Tagesordnung)

Tätigkeitsbericht des Verfassungsgerichtshofes für das Jahr 2017 (III-655-BR/2018 d.B.)

zugewiesen dem Ausschuss für Verfassung und Föderalismus

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BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 61

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(Anlage 2 wird aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht veröffentlicht.)

 

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BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 62

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BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 63

(Anlage 4 Teil 1 wird aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht veröffentlicht.)


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BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 65

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Anlage 6:

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Vizepräsident Ewald Lindinger: Eingelangt und den zuständigen Ausschüssen zugewiesen wurden jene Beschlüsse des Nationalrates beziehungsweise jene Be­rich­te, die Gegenstand der heutigen Tagesordnung sind.

Die Ausschüsse haben ihre Vorberatungen abgeschlossen und schriftliche Ausschuss­berichte erstattet.


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 66

Ich habe die zuvor genannten Verhandlungsgegenstände sowie die Wahl der beiden Vizepräsidenten, der Schriftführerinnen und Schriftführer und der Ordner und Ordnerin­nen für das zweite Halbjahr 2018 auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Dies ist nicht der Fall.

12.08.37Antrag gemäß § 41 Abs. 3 GO-BR


Vizepräsident Ewald Lindinger: Die Bundesrätin Mag.a Dr.in Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen haben gemäß § 41 Abs. 3 der Geschäftsordnung beantragt, den Tages­ordnungspunkt 1 betreffend Ceta von der Tagesordnung abzusetzen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag der Bundesrätin Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen auf Absetzung des Tagesordnungspunktes 1 be­treffend Ceta ihre Zustimmung erteilen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmen­minderheit. Der Antrag ist somit abgelehnt.

12.09.27Fristsetzungsanträge


Vizepräsident Ewald Lindinger: Vor Eingang in die Tagesordnung gebe ich weiters bekannt, dass Bundesrat Stögmüller einen Fristsetzungsantrag gemäß § 45 Abs. 3 der Geschäftsordnung eingebracht hat, wonach dem Ausschuss für Kinderrechte zur Berichterstattung über den Entschließungsantrag der Bundesräte Stögmüller, Kollegin­nen und Kollegen betreffend „Hilfen für junge Erwachsene“ eine Frist bis 12. Juli 2018 gesetzt wird.

Den Bestimmungen der Geschäftsordnung entsprechend werde ich den Fristsetzungs­antrag nach Erledigung der Tagesordnung zur Abstimmung bringen.

Vor Eingang in die Tagesordnung gebe ich weiters bekannt, dass Bundesrat David Stögmüller einen Fristsetzungsantrag gemäß § 45 Abs. 3 der Geschäftsordnung ein­gebracht hat, wonach dem Ausschuss für Familie und Jugend zur Berichterstattung über den Entschließungsantrag der Bundesräte Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Familienbonus Plus“ eine Frist bis 12. Juli 2018 gesetzt wird.

Den Bestimmungen der Geschäftsordnung entsprechend werde ich den Fristsetzungs­antrag nach Erledigung der Tagesordnung zur Abstimmung bringen.

Vor Eingang in die Tagesordnung gebe ich weiters bekannt, dass Bundesrat David Stögmüller einen Fristsetzungsantrag gemäß § 45 Abs. 3 der Geschäftsordnung ein­gebracht hat, wonach dem Ausschuss für Unterricht, Kunst und Kultur zur Bericht­erstattung über den Entschließungsantrag der Bundesräte Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Erhalt von Integrationsklassen an Sonderschulen“ eine Frist bis 12. Juli 2018 gesetzt wird.

Den Bestimmungen der Geschäftsordnung entsprechend werde ich den Fristsetzungs­antrag nach Erledigung der Tagesordnung zur Abstimmung bringen.

12.11.351. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2018 betreffend Umfassendes Wirt­schafts- und Handelsabkommen (CETA) zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Kanada andererseits samt Gemeinsamer Aus­legungserklärung (152 d.B. und 178 d.B. sowie 9975/BR d.B.)



BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 67

Vizepräsident Ewald Lindinger: Wir gehen in die Tagesordnung ein und gelangen zu Punkt 1.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Marianne Hackl. Ich bitte um den Bericht.

12.12.01


Berichterstatterin Marianne Hackl: Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2018 betreffend Umfassendes Wirtschafts- und Handelsabkommen (CETA) zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Kanada andererseits samt Gemeinsamer Ausle­gungs­erklärung.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antrag­stellung.

Der Wirtschaftsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 26. Juni 2018 mit Stim­menmehrheit den Antrag,

1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,

2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.


Vizepräsident Ewald Lindinger: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Günther Novak. Ich erteile dieses.


12.13.22

Bundesrat Günther Novak (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren vor den Fernsehgeräten! Wir haben hier im Parlament im Mai im Rahmen einer Dringlichen Anfrage ausführlich über dieses Thema diskutiert. Wir verstehen die plötzliche Eile und den Versuch der Bundesregierung nicht, die Ratifizierung an der Bevölkerung vorbei durchzuwinken. Insofern habe ich das Gefühl, dass Großspender und Konzernmultis den Vorzug vor den Österreicherinnen und Österreichern bekommen.

Ceta ist ein sehr weitreichendes und umfassendes Freihandelsabkommen zwischen den Mitgliedstaaten der EU und Kanada. Es ist das erste Abkommen dieses Aus­maßes und wird die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der Union und Kanada sicherlich völlig neu regeln. Ein Abkommen in dieser Größenordnung bedarf einer guten Vorbereitung und eines guten Abwägens aller Aspekte, damit tatsächlich ein opti­maler gegenseitiger Nutzen daraus gezogen werden kann. Genau diese gewis­senhafte und eingehende Überprüfung ist aber unserer Ansicht nach nicht erfolgt.

Die schwarz-blaue Bundesregierung wird die Ratifizierung einleiten, obwohl noch wesentliche Entscheidungen ausständig sind, darunter auch Aussagen des Euro­päischen Gerichtshofes zur rechtlichen Vereinbarkeit von Teilen dieses Abkommens, vor allem in Bezug auf das Konzernklagerecht, das dieses Abkommen ermöglichen soll.

Die SPÖ bekennt sich klar zu fairem und gerechtem Handel und ist daher auch für das Freihandelsabkommen – aber eben nicht zu jedem Preis. Wir stehen zu einem Han­delsabkommen, in dem Klimaschutz, Konsumentenschutz, Arbeitnehmerschutzrechte und Sozialstandards einen fixen Stellenwert haben und auch geschützt sind. Wir wollen die Chancengleichheit für alle Unternehmen und auch für Landwirte. In der der­zeitigen Form von Ceta sehen wir dies jedoch nicht umgesetzt und garantiert. Ceta führt nämlich erstmals in einem EU-Handelsabkommen für Konzerne die Möglichkeit


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 68

ein, Staaten aufgrund von Verletzungen von Abkommen direkt und unter Umgehung der nationalen Gerichte vor einem internationalen Tribunal zu klagen.

Wir sind klar gegen solche Schiedsgerichte, die es Großkonzernen ermöglichen, Österreich zu klagen, und zwar unter Umgehung österreichischer Rechtsstaatlichkeit. Unsere Standards bei sozialen, Umwelt- und Konsumentenschutzbestimmungen blei­ben dabei völlig auf der Strecke. Es ist überhaupt nicht nachvollziehbar, warum wir uns freiwillig den Konzernen ausliefern, ihnen weitreichende Rechte einräumen und unsere nationale Gerichtsbarkeit dabei ausschalten sollten, und das vor allen Dingen zu einem Zeitpunkt – ich wiederhole es noch einmal –, da der EuGH noch nicht einmal klar entschieden hat, ob die Schiedsgerichte EU-rechtskonform sind.

Jetzt frage ich mich, was in der Bundesrepublik Deutschland anders läuft. Dort haben Bundestagsabgeordnete mit großer Mehrheit und auch mit den Stimmen der Abge­ordneten der Regierungsfraktionen in namentlicher Abstimmung – das wird auch heute hier im Parlament so sein – einen entsprechenden Gesetzentwurf der Liberalen abge­lehnt, der vorsah, die deutsche Zustimmung zum Ceta-Abkommen jetzt festzu­schrei­ben; genau so wie wir heute hier in diesem Sitzungssaal zusammengekommen sind, um die Ratifizierung zu beschließen. Redner der Regierungsfraktionen bekannten sich ausdrücklich zu dieser Vereinbarung – wie auch wir –, wollen aber vor weiteren Schrit­ten – so wie wir – erst einmal die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofes zum Ceta-Abkommen abwarten.

Ceta enthält aber auch zahlreiche weitere Schwächen. Durch vereinfachte Änderungs­möglichkeiten besteht die Gefahr, dass Inhalte des Abkommens nach der parla­men­tarischen Genehmigung noch erheblich verändert werden können. Es muss sicherge­stellt werden, dass solche Änderungen von Ceta nicht am Nationalrat vorbei erfolgen können. Und schließlich dürfen wir keinesfalls – ich glaube, das ist auch vergessen worden – die 560 000 Unterschriften der Unterstützerinnen und Unterstützer des Volks­begehrens gegen Ceta ignorieren. Daher sind wir für eine Volksabstimmung über Ceta, und eigentlich fordern wir damit nur etwas, was die eine Hälfte dieser Regierung den Wählern versprochen hat.

Die FPÖ hat vor der Wahl Ceta und ein Konzernklagerecht kategorisch abgelehnt und eine Volksabstimmung sogar zur Koalitionsbedingung gemacht. Jetzt erzählt man da­von, dass die Giftzähne gezogen worden sind – meines Wissens ist in diesem Vertrag nicht einmal ein Beistrich geändert worden.

Ich ziehe immer wieder und gerne Herrn Dr. Wallentin heran, der am Sonntag in der „Krone bunt“ so wunderbare Berichte schreibt; diesmal hat er über „Die verratenen Wähler“ geschrieben. Ich zitiere: „Die FPÖ hat eines ihrer wichtigsten Wahlver­sprechen gebrochen: Es wird keine Volksabstimmung über das Freihandelsabkommen CETA geben. Mehr noch: Die FPÖ will CETA jetzt bedingungslos umsetzen und hat in einer parlamentarischen Abstimmung sogar ihr ,Nein‘ zu den gefürchteten Konzern-Schieds­gerichten aufgegeben. Damit hat man Zigtausende Wähler verraten.“

Jetzt muss man sich vorstellen, dass der Herr Vizekanzler in der Zeit vor der Bun­despräsidentenwahl lautstark verlautbart hat: Wer Ceta wirklich verhindern will, sollte nicht Van der Bellen wählen, denn nur Norbert Hofer wird das Abkommen ohne Volks­abstimmung nicht unterschreiben! (Bundesrat Steiner: Und wie hat Österreich entschieden? – Van der Bellen! Somit wollten sie Ceta! Ja! – Bundesrat Schererbauer: Richtig! Heiterkeit bei Bundesräten der FPÖ.– Das ist aber eine Tiroler Eigenart (erheitert) in der Definition, eine Zillertaler Eigenart.

Die Partei des kleinen Mannes, die FPÖ (Bundesrat Steiner: Die Umfragewerte sind nicht so schlimm!), das sieht man ja jetzt bei der 12-Stunden-Tag-Regelung, die man


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einführen will, brachte noch drei Tage vor der Nationalratswahl medienwirksam einen Antrag im Parlament ein, mit dem sie eine verbindliche Volksabstimmung über Ceta forderte. Was hat da euer Chef gesagt, der FPÖ-Chef und Vizekanzler? Was hat er gesagt? – Herr Strache sagte wörtlich: „Eine Volksabstimmung über CETA ist Koali­tionsbedingung.“ (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller.) Und was ist passiert? – Bei den Koalitionsverhandlungen seid ihr so umgefallen, dass ich es bis nach Kärnten gehört habe! (Heiterkeit der Bundesrätin Grimling.)

Jetzt muss man sich das einmal vorstellen – und das muss man den Damen und Herren vor den Bildschirmen auch sagen –: Das war ein klarer Abtausch dafür, dass das Nichtraucherschutzgesetz nicht eingeführt wird. In weiterer Folge hat die ÖVP dann auch mitgestimmt, und Ceta ist gemeinsam mit der FPÖ umgesetzt worden.

Was man auch noch dazusagen muss – und das solltet ihr auch einmal bedenken –: Dadurch, dass dieses Nichtraucherschutzgesetz nicht umgesetzt worden ist, sterben heute noch 1 000 Menschen im Jahr am Passivrauchen. (Bundesrätin Mühlwerth: Tun Sie nicht so übertreiben!) 1 000 Menschen sterben pro Jahr am Passivrauchen! (Bun­desrat Steiner: Schämen Sie sich, das Schicksal vieler Menschen für Populismus dieser Art zu verwenden! Schämen Sie sich! – Zwischenruf des Bundesrates Samt.) Im Straßenverkehr sterben nicht so viele Menschen im Jahr. 13 000 bis 14 000 Menschen sterben pro Jahr an Krankheiten, die durch den Tabakkonsum verursacht werden, das ist nämlich die Folge davon. Da können Sie in der dritten Reihe (in Richtung Bundesrat Steiner), Herr Freund aus Tirol, schreien, so viel Sie wollen – Sie haben halt leider nicht recht!

Meine Damen und Herren, es ist passiert, wie es passiert ist! Sie haben die Wähler verraten. Sie haben behauptet, es gibt eine Volksabstimmung über Ceta. Sie haben behauptet, Ceta ohne uns, Sie haben Ihre Wähler praktisch für sechs Minister verraten. Wir werden – und das können Sie mir glauben –, wenn irgendwann die Zeit dieser Legislaturperiode vorbei ist, die Leute daran erinnern, was passiert ist. Sie wollen dieses Gesetz jetzt durchbringen, damit die Menschen draußen es vergessen, denn irgendwann, in zwei, drei Jahren, denkt kein Mensch mehr daran. (Bundesrat Raml: Wir werden die Leute daran erinnern, wer Ceta unterschrieben hat!)

Wir, die SPÖ, wollen den fairen Handel, ein gerechtes Abkommen, unter Einhaltung österreichischer Standards und ohne Umgehung der österreichischen Gerichte und des nationalen Rechts. (Zwischenruf bei der FPÖ.) All das sehen wir derzeit mit Ceta nicht erfüllt. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller. – Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.)

Herr Präsident! Ich möchte nun, im Zuge der Debatte zum und im inhaltlichen Zusam­menhang mit TOP 1, den wir jetzt gerade beraten und besprechen – Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2018 betreffend Umfassendes Wirtschafts- und Handels­abkommen (CETA) zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einer­seits und Kanada andererseits samt Gemeinsamer Auslegungserklärung – folgenden Entschließungsantrag einbringen:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Günther Novak, Kolleginnen und Kollegen, betreffend „Volks­abstimmung über CETA“

Der Bundesrat wolle beschließen:


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„Die Bundesregierung wird aufgefordert, entsprechende Vorbereitungen zu treffen, um CETA einer Volksabstimmung zuzuführen.“

*****

Die Begründung ist aus meinen Ausführungen bekannt, der Entschließungsantrag liegt vor. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie der BundesrätInnen Stögmüller und Dziedzic.)

12.24


Vizepräsident Ewald Lindinger: Der von Bundesrat Novak, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Volksabstimmung über CETA“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Mag. Christian Buchmann. Ich erteile dieses.


12.25.06

Bundesrat Mag. Christian Buchmann (ÖVP, Steiermark): Geschätzter Herr Präsi­dent! Liebe Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehr­ten Damen und Herren hier im Saal, vor den Fernsehgeräten und via Livestream! Auf­grund einer Dringlichen Anfrage haben wir uns am 30. Mai in diesem Haus bereits mit dem Handelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Kanada auseinan­der­gesetzt. Bereits damals hat die Frau Bundesministerin in einer, wie ich meine, sehr kom­petenten und sympathischen Art und Weise darauf hingewiesen, dass dieses Han­delsabkommen zwischen der Europäischen Union und Kanada ein sehr fortschritt­liches Handelsabkommen ist, das den österreichischen Unternehmungen viele Mög­lich­keiten einräumt und darüber hinaus auch auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeit­nehmer, aber auch auf die Konsumentinnen und Konsumenten in unserem Lande Auswirkungen hat.

Ich bin seit vielen Jahren sehr oft bei Betrieben zu Gast. Ich habe im vergangenen Jahrzehnt über tausend Betriebe in meinem Heimatbundesland, der Steiermark, be­suchen können, dort hinter die Kulissen blicken können. Ich habe mit den Firmen­inhabern, auch mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und dort, wo es Belegschafts­vertreter gab, auch mit den Belegschaftsvertretern Gespräche geführt. Ich habe ge­spürt und gesehen, wie innovativ diese Unternehmungen arbeiten – nicht nur die großen industriellen Leitbetriebe unseres Landes, sondern insbesondere die vielen Tausenden KMUs, die klein- und mittelständischen Betriebe –, wie kreativ in diesen Unternehmungen gearbeitet wird und wie hart am heimischen Markt gerungen wird, wie hart aber auch insgesamt am europäischen und am Weltmarkt mit diesen Pro­duk­ten und Dienstleistungen agiert wird.

Wenn man sich das vor Augen führt, dann spürt und weiß man, dass zum Beispiel in der Steiermark jeder zweite Arbeitsplatz unmittelbar mit den Exporterfolgen unserer Wirtschaft zusammenhängt. Schaut man sich die österreichische Wirtschaft an, dann sieht man, dass 6 von 10 Euro, die erwirtschaftet werden, aus den internationalen Wirtschaftsverflechtungen kommen und dass von den 2,5 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in unserem Lande sehr, sehr viele mittelbar und unmittelbar mit diesem Freihandelsabkommen konfrontiert sind und auf die fairen Wettbewerbs­bedin­gun­gen zwischen den Vertragspartnern angewiesen sind.

Wenn Sie sich Kanada mit seinen 37 Millionen Einwohnern anschauen und wenn Sie sich die Europäische Union mit ihren rund 510 Millionen Einwohnern anschauen, dann spüren Sie schon aufgrund dieses Größenverhältnisses, dass Kanada kein Land ist, das ein anderes Land über den Tisch ziehen möchte, sondern dass es darum geht, einen fairen Wettbewerb zwischen leistungsfähigen Unternehmungen aufzubauen,


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dass es darum geht, die Warenexporte und den Dienstleistungsexport zu fördern und die entsprechenden Vorteile aus solchen Wirtschaftsbeziehungen zu ziehen.

Betrachtet man, wie die Europäische Union diese Verhandlungen geführt hat, kennt man die Handelskommissarin Cecilia Malmström, dann muss man sagen, dass das, was sie im Zuge dieser Verhandlungen gesagt hat, nämlich dass Kanada kein böses Land ist – Canada is not an evil country –, auf dieses Vertragswerk zutiefst anzu­wenden ist. Die Kanadier haben höchstes Interesse daran, gute und faire Wettbe­werbs­bedingungen zu haben, und wir müssen diese in einer Weltwirtschaft, die sehr komplex geworden ist, die von vielen Unwägbarkeiten abhängig geworden ist, auch haben. Wenn Sie sich die Äußerungen von Staats- und Regierungschefs außerhalb der Europäischen Union anschauen, dann wissen Sie, was ich meine.

Dieses Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada ist seit dem Herbst des vergangenen Jahres in Wirkung. Die Zahlen, die mir vorgelegt wurden, zeigen, dass eine Steigerung von mehr als 24 Prozent bei den Warenexporten von österreichischen Unternehmungen nach Kanada aufgetreten ist, dass dies im Zeitraum von Okto­ber 2017 bis Februar 2018 einen Wert von 510 Millionen Euro gebracht hat. Man sieht schon anhand dieser Zahlen, dass diese Wirtschaftsbeziehungen und dieser Vertrag positive Wirkungen haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Exportwirtschaft ist überhaupt ein Asset für die österreichische Wirtschaft, weil sich da in den vergangenen 25 Jahren Enormes entwickelt hat. Wir haben seit 1989 rund 375 000 zusätzliche Arbeitsplätze in unserer Republik Österreich. Die Zahl der Exporteure ist von 12 000 auf 55 000 export­orien­tierte Unternehmungen, überwiegend KMUs, gestiegen. Es ist für diese Wirtschaft einfach notwendig, gute, faire Handelsbeziehungen und rechtliche Rahmenbedin­gun­gen zu haben, um mit den Produkten und Dienstleistungen auf den Zielmärkten ent­sprechend agieren zu können.

Es wurde vom Kollegen Novak angeführt, dass Ceta eine neue Generation von Han­dels­verträgen einleitet. Ich glaube, dass es gut und richtig ist, dass diese neue Gene­ration von Handelsverträgen kommt. Im Gegensatz zum Kollegen Novak glaube ich aber schon, dass die Umwelt- und Sozialstandards gut definiert sind, dass die kultu­relle Vielfalt trotz dieser Verträge gewahrt bleibt und auch die Streitbeilegung durch eine Sondergerichtsbarkeit durchaus eine neue Qualität gewonnen hat, und darauf hat Frau Bundesministerin Schramböck am 30. Mai in ihren Ausführungen auch ganz besonders hingewiesen.

Bei genauerer Betrachtung des Vertrags sehen wir, dass es zwei Wesensmerkmale gibt. Einerseits gilt es, tarifarische Hemmnisse, vulgo Zölle, abzubauen. Dabei sollen am Ende der Ausbaustufe dieses Vertrags rund 99 Prozent der Zölle entfallen, was ein Fortschritt ist und auf die Konsumenten insbesondere auch kostenmäßig Auswirkun­gen hat. Andererseits – und das wird mir bei den Betriebsbesuchen immer wieder ge­sagt – sollen auch bürokratische Hemmnisse, also außertarifarische Handelshemm­nis­se, abgebaut werden. Das sind jene Bereiche, die Betriebe besonders belasten, weil sie Mehraufwand und zeitliche Verzögerung mit sich bringen, und wenn wir das hint­anstellen oder gar beseitigen können, dann ist das, glaube ich, ein Handelsabkommen, das gute Wirkungen entfaltet. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Gesinnungsgemeinschaft, die Öster­reichische Volkspartei, tut sich bei dem Thema der Handelsabkommen und auch beim Handelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Kanada leicht. Wir sind immer auf der Seite der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, aber auch auf der Seite der Arbeitgeber und insbesondere auf der Seite der Konsumentinnen und Konsu­men­ten gestanden. Wir wollen gute vertragliche Rahmenbedingungen, weil es dem Wirt-


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schaftsstandort Österreich nutzt, und wir sind in dieser Frage nie einen Zickzackkurs gegangen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist, glaube ich, für die österreichische Wirtschaft entscheidend, dass wir gute Handelsabkommen abschließen, und die Zeit, in der eine kleine, feine Volkswirtschaft wie die österreichische allein solche Vertrags­werke abschließen konnte, ist vorbei. Wir sind Mitglied der Europäischen Union. Es findet da ein Trade-off zwischen den noch 28 Mitgliedstaaten der Europäischen Union und den Vertragspartnern, in diesem Fall Kanada, statt, und wir sollten solche Ver­trags­werke im Interesse unserer Betriebe, im Interesse der Menschen, die in diesen Betrieben arbeiten, und in letzter Konsequenz auch im Interesse der Konsumenten ent­sprechend gut begleiten.

Der Entschließungsantrag, der eingebracht worden ist, ist ein Aufguss, und zwar ein zweiter Aufguss. Sollte ich es richtig gesehen haben, ist er ziemlich wortident auch im Nationalrat eingebracht worden. Er ist selbsterklärend und wird von meiner Fraktion nicht mitgetragen. Das, was wir wollen, ist wirtschaftliche Dynamik, das, was wir wol­len, ist die Entwicklung des - - (Bundesrat Novak: ... im Bundestag warten die auf den Beschluss des EuGH! Warum warten wir nicht darauf? Sind wir gescheiter?! – Ruf bei der FPÖ: Warum hat der Kanzler Kern das unterschrieben? – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Schau, Kollege Novak, ich wollte nicht in Wunden wühlen. Euren Zick­zackkurs kann die Bevölkerung nicht nachvollziehen, das schadet dem Wirtschafts­standort, das schadet den Arbeitsplätzen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Ich will da aber kein politisches Kleingeld münzen, ich will nur sagen: Dieses Handels­abkommen hat eine positive Wirkung. (Zwischenrufe der BundesrätInnen Grimling und Novak.)

Meine Gesinnungsgemeinschaft, die Österreichische Volkspartei, unterstützt grund­sätz­lich Handelsabkommen und jenes zwischen der Europäischen Union und Kanada aus tiefster Überzeugung. Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Novak.)

12.34


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Frau Mag.a Dr.in Ewa Dziedzic. Ich erteile dieses.


12.34.36

Bundesrätin Mag. Dr. Ewa Dziedzic (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsidiums­vorsitzender! Werte Ministerin! Werte Kollegen und Kolleginnen! Ja, auch wenn die Ge­sinnungsgemeinschaft ÖVP hier mit ruhiger Stimme spricht, so ist diese Entscheidung tatsächlich eine historische. Eines muss uns nämlich klar sein – und das war auch der Grund für unseren Antrag, das von der heutigen Tagesordnung zu nehmen –: Wenn wir beziehungsweise die zwei Regierungsparteien das heute beschließen, dann nimmt sich Österreich aus allen weiteren Vorbereitungsgesprächen, vor allem aus jenen zu den Schiedsgerichten, heraus. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller.)

Wie wir wissen, enthält Ceta, das ja als Blaupause für TTIP gilt, eben nicht nur die ge­nannten Sonderklagsrechte für ausländische Konzerne, sondern gefährdet auch die österreichischen Standards in sehr sensiblen Bereichen, nämlich in der Gentechnik­gesetzgebung, der Lebensmittelsicherheit oder dem Konsumenten- und Konsumentin­nen­schutz. Das heißt wiederum, dass es angefangen bei der europäischen Ebene bis hin zu den Ländern und Gemeinden demokratische Entscheidungsspielräume ein­schränkt. Ich verstehe nicht, dass Sie hier im Bundesrat für diese Einschränkung plä­dieren können.


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Auch das in der EU geltende Vorsorgeprinzip ist in Ceta nicht verankert, wie wir wis­sen. Das bringt die Gesundheitsvorsorge oder die genannte Gentechnikfreiheit in ganz Europa in Bedrängnis. Man kann es nicht oft genug festhalten: Letztlich wird es genau diesen Schiedsgerichten überantwortet, ob eine staatliche Maßnahme, die zuvor de­mo­kratisch zustande gekommen ist, als legitim anerkannt wird.

Mit der Unterschrift der letzten Bundesregierung im Oktober 2016 wurden überhaupt erst die Weichen dafür gestellt. Leider müssen wir da nicht nur den Umfaller der FPÖ nennen, sondern auch die Verantwortung der SPÖ am Zustandekommen. Dieser Rollen- und Positionstausch ist insofern erschreckend, als er sichtbar macht, dass die mehrheitsfähigen politischen Kräfte dem Druck der Wirtschaftsinteressen weichen. Angesichts der europaweiten – Sie kennen die Bürgerinitiative –, der regionalen – Sie kennen die Landtagsbeschlüsse –, aber auch der kommunalen Widerstände und auch angesichts der knapp 600 000 Unterschriften oder Unterstützungserklärungen für das Volksbegehren ist es wirklich erstaunlich, wie wenig darauf eingegangen wird und wie auch Sie, die Sie das ehemals gefordert haben, liebe FPÖ, jetzt nichts mehr davon wissen wollen.

Die schwarz-blaue Bundesregierung leitet dieses Ratifikationsverfahren jedenfalls sehr überstürzt ein, obwohl, wie wir gehört haben, wirklich wesentliche Entscheidungen weiterhin ausständig sind und insbesondere die genannten Konzernklagerechte weiter­hin unverändert bleiben. Sogar der von der FPÖ nominierte Experte beim Hearing bestätigte, dass es bei den Konzernklagerechten zu einer Paralleljustiz kommen wird, die nicht mit den österreichischen Gerichten vergleichbar ist.

Halten wir also nochmals fest: Erst durch Ihre Zustimmung heute hier im österreichi­schen Bundesrat werden diese Konzernklagen gegen die österreichischen Standards möglich gemacht.

Frau Bundesministerin, Sie haben in entsprechenden Debatten selber zugegeben, dass weder Strache noch Hofer mit Ihnen gesprochen hätte und dass Sie selber nicht sagen können, wie diese Konzerngerichte dann ausgestaltet sind, geschweige denn, ob es dort so etwas wie einen Verhaltenskodex gibt.

Jedenfalls ist es tatsächlich eine historische Entscheidung, weil Ceta nicht nur Kon­zernen weitreichende Rechte einräumt, sondern das alles zugunsten von Profiten und zulasten von allgemeinen gesellschaftlichen Interessen erfolgt. Genau das ist der Punkt: Es geht dabei nicht um die Wirtschaft. Es geht darum, dass Sie den Profit über alles stellen. Sie ignorieren die Interessen der Bevölkerung und Sie stehen mit Ihrer ungeahnten Wirtschaftshörigkeit für den totalen Ausverkauf ohne Rücksicht auf Um­weltstandards – und erzählen Sie mir nichts, erst gestern haben wir gehört, was mit den UVP-Verfahren in Zukunft passieren soll! –, ohne Rücksicht darauf, wie viel Wider­stand das in der Bevölkerung auslöst, und ohne Rücksicht darauf (Zwischenruf des Bundesrates Mayer), was es für unsere Standards in Österreich bedeuten wird!

Schämen Sie sich wirklich, dass Sie hier im österreichischen Bundesrat nicht mehr auf die Auswirkungen auf die Gemeinden und auf die Länder eingehen, sondern die Wirt­schaftsprofite über alles stellen! – Vielen Dank. (Beifall des Bundesrates Stögmüller und bei der SPÖ.)

12.40


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Bundesrat Gerd Krusche. Ich erteile dieses.


12.40.27

Bundesrat Gerd Krusche (FPÖ, Steiermark): Hohes Präsidium! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren Kollegen! Liebe Zuschauer zu Hause!


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Wenn nicht zwischendurch Herr Buchmann gesprochen hätte, dann hätte ich mich wahrscheinlich bis jetzt schon zu Tode gefürchtet und könnte gar nicht mehr da stehen. Da kriegt man ja schon fast Angst vor dem Rechtsstaat, wenn man diese Panikmache vor den Schiedsgerichten hört. Es wird auch immer wieder betont, dass das völlig neu ist, dass es erstmals diese Schiedsgerichte gibt. – Ja, in dieser Form ist es erstmalig.

Die Erläuterungen der Beamtin vorgestern im Ausschuss, die wirklich sehr klar, leicht verständlich und gut waren, scheinen spurlos an manchen in diesem Hause vorüber­gegangen zu sein. Wir haben nämlich dort auch gehört, dass wir bereits seit Langem über 60 solcher Schiedsgerichte haben, bilateral oder indirekt über die EU, nur mit einem großen Unterschied: Bei diesen werden die Richter von den Streitparteien be­stimmt. Und in diesem Fall wird erstmals ein Modell umgesetzt, nach dem diese Inves­titionsgerichte unabhängig, unparteiisch und ständig eingesetzt sind und die Verfahren nach den Grundsätzen internationaler Gerichtshöfe wie beispielsweise des Europä­ischen Gerichtshofes für Menschenrechte – ich glaube nicht, dass Sie den anzweifeln wollen – abgehandelt werden. (Bundesrätin Dziedzic: Es gibt noch keine entsprechen­den Entscheidungen, die kommen erst Ende des Jahres! Das wissen Sie!) Die Qua­lifikation der dortigen Richter muss der entsprechen, die auch die anderen Richter haben. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit, dass im Rechtsmittelverfahren noch Fehler berichtigt werden. Es gibt auch eine zweite Instanz.

Nicht umsonst sagt die EU: Das soll ein Modellfall für alle zukünftigen Freihandels­abkom­men werden. Wir haben, wie gesagt, bereits seit Langem zahlreiche Schieds­gerichtsregelungen, die, wenn man es sich in der Praxis anschaut, auch nicht so fürchterlich sein können, obwohl sie wesentlich schlechter sind als das hier. Bisher gibt es, wurde uns gesagt, zwei Verfahren, in die Österreich involviert ist, diese sind aber nicht abgeschlossen, sondern laufen noch. In den Medien liest man eigentlich nichts darüber, also so grauenhaft kann das Ganze wohl nicht sein. (Bundesrätin Dziedzic: Der EuGH hat erste Zweifel angedeutet! Das wissen Sie!) Und so wird hier Panik, werden Ängste geschürt vor Konstrukten, die real so überhaupt nicht existieren.

Es ist auch die Frage aufgetaucht: Warum machen wir das mit Kanada? Kanada hat ja einen hohen Rechtsstandard. – Erstens einmal gibt es natürlich Materien, die bei natio­nalen Gerichten gar nicht durchsetzbar und klagbar sind, weil die Vereinbarungen, die da getroffen werden, von den nationalen Gesetzen nicht geregelt sind, sondern Teil des Abkommens sind; daher könnte man da gar nicht aktiv werden. Zweitens ist es so, dass man nicht unterscheiden soll zwischen Ländern, die hoch entwickelt sind, Län­dern mit einem hoch entwickelten Rechtsstaat und jenen Ländern, über die man sagt, die sind schlechter entwickelt, dort besteht keine Rechtssicherheit. Das ist näm­lich dis­kriminierend und stellt schon von Haus aus allfällige Gespräche unter einen schlechten Stern. Wenn ich heute sage, mit Kanada brauchen wir kein Abkommen über Inves­titionsschutz, mit China sehr wohl, so ist das ein Gesichtsverlust für die Chinesen, und es ist ja nach diesem Modell bereits eines mit Singapur abgesprochen worden.

Es ist mit diesem Verfahren auch ausgeschlossen, dass andere Konzerne aus anderen Staaten indirekt über Briefkastenfirmen sozusagen Klagsrecht bekommen, weil nach­gewiesen werden muss, dass beim jeweiligen beteiligten Vertragspartner eine wirt­schaftliche Tätigkeit gegeben ist.

Die üblichen Panikmachereien – soziale Sicherheit, Arbeitsschutz, Umweltschutz und Wasser wären in Gefahr – sind samt und sonders nicht begründbar. Es ist beispiels­weise im Bereich der sozialen Sicherheit ausgeschlossen, Pflichtsysteme, also unser Sozialversicherungssystem, in irgendeiner Weise anzugehen. Es sind auch hinsichtlich Arbeitsschutz und Umweltschutz Lockerungen zur Erlangung von Wettbewerbs­vor­teilen durch einzelne Firmen oder Unternehmungen ausdrücklich ausgeschlossen. Der


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berühmte Fall Philip Morris, der im Bereich Gesundheit immer zitiert wird, ist mittler­weile eigentlich entschieden, weil er abgewiesen wurde.

Es wird auch immer wieder die Frage gestellt: Warum die Ratifizierung jetzt, warum warten wir nicht auf den EuGH-Entscheid? – Erstens ist es so, dass alle Experten, Rechtsexperten sagen, dass das relativ wenig Aussichten hat, dass der EuGH erklärt, dass das nicht EU-rechtskonform sei. Und so schnell sind wir auch wieder nicht: Wir sind das zwölfte Land innerhalb der EU, liegen also durchaus im Mittelfeld.

Dann kommt klarerweise gebetsmühlenartig immer wieder der Vorwurf, dass wir uns gedreht haben, dass wir umgefallen wären. – Ja, es ist schon richtig, das streitet auch niemand ab, dass eine Mehrheit in unserer Partei von den Schiedsgerichten nicht begeistert war und eine Volksabstimmung bevorzugt hätte; aber wie auch alle wissen sollten, hat es mittlerweile eine Wahl gegeben, und diese Wahl hat die Chance eröffnet, endlich die Politik des Stillstands, der Blockade und des Streits zu beenden. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Ruf bei der FPÖ: Genau das ist das Wichtige!)

Sie wissen auch, dass dieses Thema eine Koalitionsbedingung seitens der ÖVP war, daher haben wir aus staatspolitischer Räson und Verantwortung für unser Land und seine Menschen gehandelt. Wir von der FPÖ haben nicht 50 Prozent plus eine Stim­me, das heißt, in der Situation, in der wir uns beide befinden, ist Kompromiss­bereit­schaft notwendig. Jede ehrliche und verantwortungsvolle Abwägung – Herr Bürger­meister und Landeshauptmann Ludwig hat heute schon gesagt: Gefahren erkennen und Chancen wahrnehmen – hat ergeben, dass die möglichen Gefahren, die durch Ceta drohen, eher abstrakt sind und unterm Strich mit dieser unserer Koalition ein großes Plus für unser Land und seine Menschen herauskommt. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Lassen Sie mich abschließend noch eine generelle Bemerkung machen: Die Ge­schichte lehrt, dass Freihandelsabkommen unterm Strich für alle beteiligten Parteien immer einen Wohlstandszuwachs bedeuten. Und es wäre auch kleinlich, zu sagen, der eine profitiert ein bissel mehr, der andere weniger; das wäre eine Neiddebatte. Gerade der handelspolitische Amoklauf, wenn ich es so bezeichnen darf, des Präsidenten Trump in der letzten Zeit zeigt, wie wichtig dieses Abkommen und faire Abkommen mit verlässlichen Partnern für die Zukunft sind. Wenn damit bis zu 15 000 Arbeitsplätze in Österreich geschaffen werden können, so können wir diesem Abkommen mit gutem Gewissen zustimmen.

Ich glaube, es wird niemand, kein Bürger irgendeinen Nachteil durch das Abkommen erleiden, aber sehr, sehr viele Menschen und ihre Familien, nicht nur die in den Be­trieben, werden davon profitieren. – Danke. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

12.49


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Frau Mag.Elisabeth Grossmann. Ich erteile ihr dieses.


12.50.24

Bundesrätin Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ, Steiermark)|: Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Werte Zuseherinnen und Zuseher, Zuhörerinnen und Zuhörer! Ja, Herr Kollege Krusche, ich glaube, Sie und Ihre Fraktion sollten aus der Geschichte mehr Lehren ziehen als die, dass Han­delsabkommen wie Ceta jetzt plötzlich so super sind. (Bundesrat Krusche: Nicht plötzlich, immer schon!) Lesen Sie bitte die Protokolle von Reden Ihrer FPÖ-Kollegen aus der vergangenen Legislaturperiode durch, da haben Sie ganz anders gesprochen. Sie sind anscheinend leicht zu überzeugen. Sie waren aber – und das muss man Ihnen schon zugutehalten – in Ihrer Rede im Vergleich zu vielen anderen Ihrer Fraktion sehr


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ehrlich und haben durchaus eingeräumt, dass Sie für ein paar Regierungsämter bereit waren, Ihre bisherige Position über Bord zu werfen. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Krusche: Da haben Sie etwas falsch verstanden!) Da räume ich Ihnen durchaus positiv einen Zug zur Ehrlichkeit ein. (Bundesrat Spanring: Zum Schutz für Österreich vor der Sozialdemokratie!)

Ich möchte aber schon auch, meine sehr geehrten Damen und Herren, in Erinnerung rufen, gerade heute, an diesem Tag, dass der Bundesrat eine besondere Kompetenz bei diesem Handelsabkommen Ceta hat, aber gleichzeitig auch eine besondere Ver­antwortung, weil es sich verfassungsrechtlich um eine zustimmungspflichtige Materie handelt. Der Bundesrat hat hier also nicht nur ein bloßes Einspruchsrecht, sondern er muss dieser Materie auch aktiv zustimmen. Das heißt, meine sehr geehrten Damen und Herren, heute ist die letzte Chance – und da schaue ich speziell in Ihre Richtung, Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ –, die Notbremse zu ziehen (Bundesrat Steiner: Der Herr Kern hat es unterschrieben! Ihr habt es unterschrieben!) und dieses Ab­kommen, dem die Giftzähne – entgegen dem, was Sie beteuert haben – noch nicht gezogen sind, letztendlich nicht wirksam werden zu lassen. (Bundesrat Steiner: Wer hat es unterschrieben? Wir haben es nicht unterschrieben!)

Ich möchte aber auch dazusagen, dass Handelsabkommen, um jetzt auf Ihren Zwi­schenruf einzugehen, an sich für die österreichische Volkswirtschaft etwas Wichtiges sind, denn wir sind ein Exportland, wir brauchen die Absatzmärkte außerhalb Europas. Das zu betonen ist ganz, ganz wichtig. Ich möchte aber auch vorausschicken, dass es ein Grundsatz sein muss, dass solche Handelsabkommen so gestaltet sind, dass sichergestellt ist, dass auf europäischen Märkten nur Produkte gehandelt werden, die unter Wahrung sozialer und ökologischer Produktionsbedingungen produziert werden.

Kollege Buchmann hat heute – erstmals übrigens – von einer neuen Generation von Handelsverträgen gesprochen. Ja, richtig, wir brauchen so eine neue Generation von Handelsverträgen, sonst schaden wir der eigenen Wirtschaft, weil wir bei diesem Kreislauf nach unten nicht mithalten können. Österreich ist kein Billiglohnland, und das wollen wir auch nicht werden. Arbeit muss einen Wert haben, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das gilt es zu betonen. (Beifall bei der SPÖ.) Das scheinen die Damen und Herren von ÖVP und FPÖ nicht so zu sehen, dass Arbeit einen Wert haben muss.

Nun ist Kanada eine hoch entwickelte Volkswirtschaft mit einem hoch entwickelten Rechtssystem, und da muss ich Sie schon fragen: Warum dann dieser Giftzahn des Konzernklagerechts? Wer misstraut hier wem? Oder geht es da nicht vielmehr darum, dass Konzerne wechselseitig die Möglichkeit haben sollen, demokratische Gesetz­gebung in Richtung Konsumentinnen und Konsumenten, in Richtung Arbeitnehme­rinnen und Arbeitnehmer, in Richtung Umweltschutz, in Richtung Gesundheitsschutz auszuhebeln und die Gesetzgebung zu korrigieren und in Schach zu halten? Geht es nicht darum?

Ich möchte Ihnen schon bildlich vor Augen führen, wie das Match in Wahrheit lautet, nämlich nicht Europa gegen Kanada, nein, das Match lautet: Konzerne beider Volks­wirtschaften auf der einen Seite gegen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Konsu­mentinnen und Konsumenten, gegen Kleingewerbetreibende, gegen Bauern und Bäue­rinnen mit kleinen Landwirtschaften oder ganz allgemein gegen Bürgerinnen und Bürger in beiden Volkswirtschaften auf der anderen Seite. So lautet in Wahrheit das Match. Das Machtungleichgewicht soll weiter in Richtung Großkonzerne verschoben werden, nämlich in beiden Volkswirtschaften. (Bundesrätin Mühlwerth: Das habt ihr alles 2017 auf den Weg gebracht! 2017 hat das Kern unterschrieben!)


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Liebe Frau Kollegin Mühlwerth, gut, dass Sie sich da jetzt ein bisschen exponieren, denn Sie alle haben vorhin beschämt in Ihre Laptops hineingeschaut, als Kollege Novak gesprochen hat. (Bundesrat Steiner: Weil es so uninteressant war, was er gesagt hat!) Jetzt haben Sie sich hier exponiert. Da möchte ich aber schon auch in Erinnerung rufen, dass selbst der von der FPÖ nominierte Experte im Hearing des Nationalrates von einer Paralleljustiz gesprochen hat. Sie scheinen das zu ignorieren, nämlich die Tatsache, dass einfache Bürgerinnen und Bürger den normalen Rechtsweg beschrei­ten müssen, aber Konzerne Schiedsgerichte befassen können, deren Zusammen­set­zung nach wie vor mehr als fraglich ist, was auch im Hearing im Nationalrat heraus­gekommen ist – übrigens entgegen den Beteuerungen von Ihnen, Frau Ministerin. Sie haben zwar, wie Kollege Buchmann gemeint hat, sehr sympathisch geantwortet, aber unvollständig und teilweise unrichtig, weil die Zusammensetzung der Schiedsgerichte alles andere als geklärt ist, ebenso der Verhaltenskodex. Wir wissen nicht, welche Voraus­setzungen die Leute tatsächlich mitbringen müssen, es ist sehr vieles noch absolut unklar.

Dieser Passus wie auch der weitere Giftzahn, nämlich diese immanente Vertragsände­rungsklausel, wurden im Expertinnen- und Expertenhearing als brandgefährlich einge­stuft. Ursprünglich war noch von einer Volksabstimmung bei derartigen Verträgen die Rede. Wir haben den O-Ton von Strache, Hofer und anderen noch im Ohr, auch von Ihnen, werte Bundesrätinnen und Bundesräte von der FPÖ: Eine Volksabstimmung ist unabdingbar, ist eine Koalitionsbedingung! – Aber wo stimmen Sie jetzt zu? – Dass Erweiterungen des Vertrages, nämlich auch verfahrensrechtliche Erweiterungen, ein­fach vorgenommen werden können, dass Ursprungsbezeichnungen und vieles, vieles mehr in einem vereinfachten Verfahren durch eine Kommission, durch ein gemeinsam bestelltes Gremium, von dem man auch nicht weiß, wie es zusammengesetzt ist, einfach verändert werden können. So wird ein faktisch unauflösbarer völkerrechtlicher Vertrag geschlossen, ohne jemals Parlamente zu befassen. Und das wollen Sie heute hier durchwinken! Wie wollen Sie das Ihren Wählerinnen und Wählern erklären? (Bun­desrätin Mühlwerth: Das überlassen Sie uns! Machen Sie sich nicht so viele Sorgen um uns!)

Ja, da haben Sie viel zu tun, Frau Kollegin Mühlwerth, da haben Sie wirklich viel zu tun. Sie kaufen die Katze im Sack und nehmen in Kauf, dass sich diese Katze unter Umständen zu einem Raubtier entwickeln kann und dann den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, den Konsumentinnen und Konsumenten die Giftzähne zeigen wird. (Bundesrat Pisec: Zu viel in Schönbrunn gewesen?) Das nehmen Sie widerspruchslos in Kauf, nur um ein paar Regierungsämter und Posten zu bekommen. Das müssen Sie erst einmal Ihren Wählerinnen und Wählern erklären. (Bundesrätin Mühlwerth: Es ist schon schwer in der Opposition, oder?) Jetzt hätten Sie die Möglichkeit, die Notbremse zu ziehen, anstatt mit Vollgas die Bürgerinnen und Bürger zu überfahren. (Beifall bei der SPÖ sowie der BundesrätInnen Dziedzic und Stögmüller.)

12.59


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ing. Eduard Köck. Ich erteile dieses.


13.00.08

Bundesrat Ing. Eduard Köck (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseher hier im Plenum und zu Hause! Nach 3 333 Tagen Verhandlungen wird laut Kollegen Novak völlig überstürzt ein Vertrag beschlossen. (Heiterkeit bei ÖVP und FPÖ.) Wie viele Tage brauchen Sie? 6 666? 9 999? (Zwischenruf des Bundesrates Novak.)


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Die zweite Kurve in Ihrer Argumentation ist, dass Sie uns letztens erzählt haben, der ehemalige Bundeskanzler Kern habe diese Konzernklagerechte herausverhandelt und deshalb habe die SPÖ damals zugestimmt. – Heute machen Sie eine Dringliche be­ziehungsweise erklären Sie, dass diese Konzernklagerechte so schlecht wären. Trau­en Sie Ihrem eigenen Obmann nicht mehr? Hat er womöglich etwas gesagt, was er gar nicht gemacht hat? – Irgendwie dreht sich doch das Ganze im Kreis!

Worum geht es wirklich? – Es geht um ein Ceta-Abkommen, das Ihr Obmann, der ehemalige Kanzler Kern, beim EU-Rat unterschrieben hat. (Bundesrat Novak: Nein, es geht um die Eile! Die Deutschen machen es ja auch ...!) Diese Eile nach 3 333 Tagen? – Ja, das ist natürlich Eile.

Zu diesen Konzernklagerechten: Da wird ja vieles vermischt und etwas an die Wand gemalt, um das es gar nicht geht. – Ich kann Ihnen ein Beispiel aufzeigen, worum es bei solchen Konzernklagen wirklich geht: Ihr ehemaliger Kanzler Gusenbauer ist Direktor einer Firma, und gemeinsam mit seinen Partnern aus Israel – Beny Steinmetz und die ganze Clique Silberstein ist auch dabei (Bundesrat Novak: Ja, jetzt kommt ...!) – hat er Schürfrechte in Rumänien erworben und wollte dort unter großem Einsatz von Zyanid Gold und Silber abbauen. (Bundesrat Novak: Nichts mehr ...!) Die rumänische Regierung hat dieses Unternehmen dann gekappt, weil es ihr zu heiß geworden ist, und – jetzt kommt’s! – nun verklagt diese ganze Clique Rumänien auf 4,4 Milliarden Euro entgangene Gewinne, und sie wird wahrscheinlich recht bekommen. – Darum geht es bei diesen Klagen! Diese Möglichkeiten gibt es bereits! Ihre Leute machen das, und diesbezüglich gibt es bei Ceta nichts Neues. – Darum geht es! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) Halten Sie zuerst einmal Ihre Leute im Zaum!

Diese Diskussion verläuft wirklich sehr verlogen, vor allem wenn es um Lebensmittel geht. (Bundesrat Novak: Nein, da geht es um den Tausch auch!) Da wird immer wieder inszeniert, was da nicht alles zu uns kommen könnte. Geht in die Lebens­mittelgeschäfte und schaut, was in den Regalen steht! Da stehen Hunderte von Pro­dukten, die unter ganz anderen Tierhaltungsbedingungen produziert worden sind, als wir sie haben, da stehen Hunderte von Produkten, die unter Hormoneinsatz produziert worden sind, was bei uns verboten ist, da stehen Hunderte Produkte, die unter ganz anderen Flächenbedarfen produziert wurden, als es bei uns Vorschrift ist. – Das ist alles easy, das ist alles gut, aber jetzt kommen die ganz bösen Dinge!

Verbieten wir alles, was nicht unter den Bedingungen produziert worden ist, wie wir sie in Österreich haben! Dann haben Sie mich auf Ihrer Seite, aber kommen Sie nicht immer mit dieser verlogenen Diskussion! (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Die wird auch von den Grünen geführt, denn in allen anderen Bereichen wissen die Grünen das. Wenn wir sagen, wir verzichten auf Kohlestrom (Bundesrat Novak: Herr Präsident!), dann sagen die Grünen: Nein, dann darf man auch keinen Kohlestrom kaufen!, wenn es dann aber um Lebensmittel geht, dann hauen wir nur auf die öster­reichischen Produktionsbedingungen hin. Da geht es immer nur darum, dass wir in Österreich etwas verbieten, aber alles andere hereinkommen kann. Das ist die Verlo­genheit in dieser Diskussion. (Bundesrätin Grimling: Das dritte Mal!)

Dann kommt die Arbeiterkammer und macht immer ihre Vergleiche der Warenkörbe mit Produkten aus Österreich und Produkten aus Deutschland. Dabei sind die öster­reichi­schen Produkte immer so teuer, wo doch die Deutschen unter ganz anderen Produktionsbedingungen produzieren, wo fast nur Leiharbeiter hinter den Produktions­bändern stehen, die nicht einmal die Hälfte von dem verdienen, was die Menschen bei uns verdienen. – Damit macht die Arbeiterkammer eigentlich Werbung für Produkte, die von Arbeitnehmern aus ganz anderen Ländern produziert worden sind. (Bunderätin


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Grimling: Nein, ich halte das nicht mehr aus!) – Ja, das kann sein; ich halte es manch­mal auch nicht aus.

Ich glaube, wir sollten uns bei dieser Diskussion auch ein bisschen an der Vergan­gen­heit orientieren. Wir sind ja schon öfter Verträge eingegangen oder sind in größere Verbünde eingetreten, und wenn ich da an den EU-Beitritt zurückdenke und daran, was uns da von Schildläusen et cetera erzählt worden ist?! – Ich weiß noch, als man bei Müllermilch aus Deutschland gesagt hat, man werde sich jetzt den ganzen Markt in Österreich sozusagen krallen. – Drei Jahre später hat man gesagt: Ich vergesse Österreich, dort bekomme ich nie den Fuß hinein. – Und in den letzten Jahrzehnten hat unsere Milchwirtschaft in der EU mit den Exporten eine so hervorragende Entwicklung genommen, wie sie davor und ohne EU-Beitritt nie möglich gewesen wäre.

Wenn ich an die Osterweiterung denke und daran, was uns da alles erzählt worden ist?! – Gehen Sie heute in Geschäfte und schauen Sie, ob Sie dort irgendwelche Produkte aus dem Osten finden! Sie werden nichts finden. – Jeder weiß, dass wir Österreicher die größten Profiteure der Osterweiterung gewesen sind und immer noch sind.

Das EU-USA-Weinhandelsabkommen, mit dem wir letzten Endes unsere Exporte verdoppelt haben, jene der Amerikaner aber nach wie vor stagnieren, habe ich schon einmal erwähnt.

Wir Österreicher sind gut: unsere Unternehmer, unsere Bauern, unsere Arbeitnehmer. Wir haben Ideen. Daher bin ich sicher, dass wir diese Chance nützen werden, man muss nur mit Optimismus an die Sache herangehen. Der Unterschied zwischen Opti­mismus und Pessimismus ist, dass, wenn neue Situationen auftauchen, Optimisten sofort ihre Strategie für die Bewältigung dieser aktivieren, Pessimisten konzentrieren sich auf die möglicherweise traurige, trostlose, schlechte Aussicht der Veränderung.

Am heutigen Tag habe ich bei der SPÖ schon einige Male die zweite Haltung ge­sehen. – Ich fordere Sie auf: Werden Sie Optimisten, die haben mehr Spaß! – Danke. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

13.06


Vizepräsident Ewald Lindinger: Herr Bundesrat David Stögmüller ist zu Wort gemel­det. Ich erteile dieses.


13.06.53

Bundesrat David Stögmüller (Grüne, Oberösterreich): Wertes Präsidium! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Damen und Herren auf der Besuchergalerie! Schieds­gerichte – Anti-Atom: Wegen des deutschen Atomausstiegs fordert der schwedische Energiebetreiber Vattenfall knapp 5 Milliarden Euro auf Basis seiner Investitionspri­vile­gien von der Bundesrepublik Deutschland.

Umweltschutz: Ecuador führt einen Rechtsstreit gegen den US-amerikanischen Öl­konzern Occidental und hat verloren. Dieser hat ein riesiges Gebiet im Amazonas mit Öl verseucht und Tausenden Menschen die Lebensgrundlage genommen, nichts­desto­trotz hat das zuständige Schiedsgericht entschieden, dass Ecuador dem US-Konzern 1,8 Milliarden Dollar als Entschädigung für den durch das Gericht bewirkten Konzes­sionsentzug zu zahlen hat.

ArbeitnehmerInnenrechte: Der französische Konzern Veolia, der die Müllentsorgung in Alexandria übernommen hat, verklagt Ägypten wegen Anhebung der ägyptischen Min­dest­löhne.

Österreich: Die Meinl Bank fordert von Österreich gut 200 Millionen Euro, weil sie von Justiz und Finanzmarktaufsicht geschädigt worden ist. Dafür ist die Meinl Bank nur für


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 80

diese Klage – nur für diese Klage! – von Holland nach Malta übersiedelt, weil Holland über kein Investitionsschutzabkommen mit Österreich verfügt.

In mehr als 10 Prozent aller Schiedsgerichtsklagen weltweit geht es um Entschä­di­gun­gen von mehr als 1 Milliarde Dollar. Die höchste Entschädigungszahlung, das sollte man wissen, hat ein ISDS-Schiedsgericht dem russischen Milliardär Chodorkowski zugesprochen. Das Schiedsgericht entschied, dass ihm eine Entschädigung von 60 Milliarden Euro aus russischem Steuergeld zu zahlen ist.

Es geht hier ganz klar um mehr Macht für Konzerne, und zwar nicht für alle Konzerne, sondern für Konzerne, die sowohl in der EU als auch in Kanada sesshaft sind, also Großkonzerne. Ceta gewährt den internationalen Konzernen in mehrfacher Weise Vorteile in Österreich, auch gegenüber unseren eigenen Unternehmen da draußen.

Der Investitionsschutz bietet neben dem Schutz vor Enteignung auch einen allge­mei­nen Schutz im Hinblick auf eine faire Behandlung, der zu immensen Entschädigungen für diese Konzerne führt. Ceta schützt breitflächig Gewinnerwartungen, die erst in Zukunft eintreten, Ceta kennt keine gestaffelte Entschädigung – entweder alles oder gar nichts –, und auch betreffend die Reichweite des eingeführten Regulierungsrechts, mit dem Österreich nach Ceta öffentliche Interessen wahren könnte, ist hochgradig unklar, wie diese dann genau ausschaut.

Was wir hier heute beschließen, ist nichts anderes als eine Katze im Sack – Kollegin Grossmann hat das super bildlich beschrieben –, die unsere Zukunft zerstört und irgendwann einmal vielleicht eine Raubkatze wird. Ceta ist ein Angriff auf Demokratie, VerbraucherInnenschutz, Umweltschutz und Sozialschutz, zumindest auf das, was nach dieser Regierung gerade im Sozialbereich überhaupt noch übrig ist.

Mit Ceta wird den privilegierten Großunternehmen ein weiteres Druckmittel gegenüber Staaten in die Hand gegeben, und im Endeffekt sind die Steuerzahlerinnen und Steuer­zahler diejenigen, die dann draufzahlen – für die Prozesskosten, die Verfahren und die Entschädigungen. Und wir Jungen – ja, wir! – sind es, die dank euch mit diesem Ab­kom­men dann leben müssen.

Wenn Österreich dann doch noch irgendwann einmal eine sozialökologische Steuer­reform planen würde oder plant und endlich konkrete Maßnahmen gegen die Klima­krise durchsetzen oder die Sozialstandards erhöhen möchte, haben Großkonzerne wie Monsanto dank dieser Regierung sogar eine rechtliche Möglichkeit, gegen den Rechts­staat, gegen das Parlament, gegen den Abgeordneten und gegen den Willen der Bür­ge­rinnen und Bürger vorzugehen.

Das ist doch wirklich der Skandal an dieser ganzen Sache, nämlich auch in die Zukunft geschaut! Selbst der EuGH ist sich noch immer nicht sicher, ob das Ganze euro­parechtlich überhaupt okay ist, ob das überhaupt durchgeht. Wir erwarten Ergebnisse im Jahr 2019, aber es wird einfach einmal beschlossen. Ob der Konzerngerichtshof im Ceta-Abkommen mit den Europäischen Verträgen überhaupt irgendwie konform ist, ist noch gar nicht klar. – Und nein, diese Regierung wartet nicht die Prüfung des EuGH ab, so wie es zum Beispiel Deutschland oder die Niederlande machen, nein, Sie, die Wirtschafts- und Konzernpartei ÖVP und die Umfallerpartei FPÖ fahren drüber, auch über den Willen der Österreicherinnen und Österreicher, denn es gab mehr als 550 000 Unterschriften gegen Ceta – 550 000 Unterschriften einfach ausgeblendet! (Beifall der Bundesrätin Dziedzic sowie bei der SPÖ.)

Das Ganze passiert nur, um ein paar Superreiche, vielleicht die überhaupt reichsten 3 Prozent in Österreich, noch reicher zu machen, aber nicht für die Bürgerinnen und Bürger. Die EU selbst hat ausgerechnet - - (Zwischenruf des Bundesrates Seeber.) – Na ja, Herr Kollege, Sie sind ja einer dieser Reichen, Sie brauchen gar nicht - - (Bun-


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desrätin Mühlwerth: Sie aber auch!) – Na, ich nicht! Ich glaube, der Kollege hat we­sentlich mehr; aber ich will keine Neiddebatten, um das geht es mir gar nicht.

Die EU selbst hat ausgerechnet, dass Ceta Österreich nach zehn Jahren nur 0,016 Prozent Wachstumseffekt bringt. 0,016 Prozent, das ist gar nichts! (Zwischenruf des Bundesrates Köck.) Dafür profitieren die Superreichen und nicht die Arbeitneh­merInnen, nicht die Umwelt und auf keinen Fall wir Jungen, wir Leute, die dann mit diesen Standards irgendwie weiterleben.

So, wie geht es jetzt weiter? – Wir werden das heute dank der Konzernpartei ÖVP und der Umfallerpartei FPÖ beschließen – daran wird sich nichts ändern, das wird heute so durchgewunken, das ist Faktum –, aber wir werden uns das sicher nicht gefallen las­sen, und zwar gerade hier im Bundesrat, wo Sie, werte Bundesrätinnen und Bun­des­räte, heute am Abend nach Hause in Ihre Gemeinden fahren dürfen zu den Leuten, die nämlich gegen Ceta gewesen sind – gerade in der FPÖ-Schiene.

Ich erinnere mich noch an die Kampagne! Das Ceta-Volksbegehren ist sogar von Ihnen, von GemeinderätInnen aus Niederösterreich, initiiert beziehungsweise mitinitiiert worden (Bundesrätin Mühlwerth: Das kann Ihnen ja wurscht sein!), und Sie dürfen sich ruhig für diese heutige Entscheidung verantworten.

Wir werden eine Subsidiaritätsklage vorbereiten und einbringen, dessen können Sie sich jetzt schon einmal sicher sein, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Für mich stinkt dieses Vorgehen dieser Bundesregierung sowieso zum Himmel, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Ratifizierung eines so wichtigen Abkommens mit einer einfachen Mehrheit hier im Bundesrat und auch im Nationalrat überhaupt irgendwie verfassungskonform ist. Ich bin auch der festen Auffassung, dass es nicht verfas­sungskonform ist (Ruf bei der FPÖ: Sagt der Sozialarbeiter!), aber seit wann ist diese Regierung eigentlich an einem verfassungskonformen Vorgehen überhaupt inter­es­siert? – Hier seien nur die Ehe für alle, die Mindestsicherung und so weiter ange­teasert.

Ich lade hier auch die SPÖ ein, dieses Gesetz gemäß Artikel 140a Bundes-Verfas­sungs­gesetz gemeinsam überprüfen zu lassen. (Heiterkeit bei ÖVP und FPÖ. – Bun­desrätin Mühlwerth: Weil man alleine nicht mehr kann! Oje!) Der Bundesrat kann Gesetze vom Verfassungsgerichtshof auf ihre Rechtswidrigkeit prüfen lassen. Liebe SPÖ, machen wir das! Heraus aus eurer Oppositionsstarre! Kämpfen wir gemeinsam für die Rechte der Menschen und nicht für die Konzerne, wie die türkis-blaue Regie­rung!

So leicht werden wir unsere Verfassung und den Rechtsstaat sicher nicht aufgeben, dessen können Sie sich sicher sein. Wir werden dafür kämpfen, gemeinsam mit allen Parteien. – Danke schön. (Beifall der Bundesrätin Dziedzic. – Bundesrat Samt: Das Wahlergebnis hättest du dir anschauen sollen, ..., das wäre gescheiter gewesen!)

13.14


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Christoph Steiner. Ich erteile dieses. (Ruf bei der FPÖ: Jetzt geht es aber rund! – Bundesrat Mayer: Jetzt gibt es Saures auf die Mütze!)


13.14.33

Bundesrat Christoph Steiner (FPÖ, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Frau Minister! Kollegen Bundesräte! Mir schrieb ein Österreicher, der seit 30 Jahren in Kanada lebt, ein recht aufschlussreiches, interessantes und durchaus humorvolles E-Mail, in dem er ein bissl beschreibt, wie der Kanadier so lebt, wie der Kanadier so tickt, wie Kanada funktioniert. Daraus darf ich Ihnen kurz ein paar Zeilen näherbringen:


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 82

Wie tickt der Kanadier, das unbekannte Wesen? Mehr als 30 Jahre lebe ich nun schon in diesem Land, und noch immer stehe ich manchmal ratlos vor der Frage: Wie tickt er eigentlich, der Kanadier? – Dabei ist die Antwort relativ simpel: Er tickt wie wir!

Weiters schreibt er:

Politisch und klimatisch leidensfähig bis zur Selbstaufgabe, konfliktscheu, abwägend; ja nicht auffallen, und wenn, dann nur positiv. So tickt er, der Kanadier!

Man glaubt es kaum, aber der Kanadier hat eine Vorliebe fürs Schlangestehen. Bevor er sich ins Gedränge stürzt, bleibt er lieber still im Hintergrund, bis er angesprochen wird.

Der Kanadier sieht uns als arbeitsam, reinlich, gebildet, humorvoll, stylish, zuverlässig, rührig, erfolgreich und schnell. Dieses Bild hat der Kanadier von uns Österreichern.

Und typisch für den Kanadier ist auch, lieber einmal zu oft: Sorry!, zu sagen als einmal zu wenig, selbst wenn eigentlich kein Grund für die Entschuldigung vorliegt. – Zitat­ende.

Liebe SPÖ, ihr wollt uns jetzt einreden, dass wir vor diesen Leuten Angst haben sollen? Das glaubt ihr wohl selber nicht, oder? (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Ruf bei der SPÖ: Nein, aber vor dir!) Vor Leuten, die gerne Ahornsirup essen, ein bissel Eishockey spielen und Familie als Lebensziel haben, sollen wir Angst haben? Da habe ich viel mehr Angst vor all jenen Tausenden, die durch sozialistische Bundeskanzler un­registriert zu uns ins Land geholt und importiert wurden, und keiner weiß, was das für Leute sind. Vor denen habe ich viel mehr Angst als vor einem Eishockey spielenden Kanadier.

Aber kommen wir nun ein wenig zur aktuellen Politik der SPÖ: Wie soll ich die Politik der SPÖ bezeichnen? – Es ist die Politik – ja (der Redner stellt eine Tafel, auf der Abg. Kern, die Überschrift „Die SPÖ Wendehälse“ sowie einige Zeitungsmeldungen in Sprech­blasen zu sehen sind, auf das Rednerpult und weist darauf), vielleicht passt das am besten – der beleidigten Wendehälse. Da habe ich mich in meiner Recherche ein bissel mit den Zitaten des Herrn Kern auseinandergesetzt. Ich hoffe (die Tafel zurecht­rückend), das hält – wunderbar! (Bundesrätin Mühlwerth: So schaut eine Tafel aus!)

Da sind mir ein paar besondere Schmankerln untergekommen, die (in Richtung SPÖ) euch, glaube ich, jetzt gut den Spiegel vorhalten werden.

„Kern gibt grünes Licht für Ceta: SPÖ will Handelsabkommen nicht blockieren“, schrieb „Der Standard“ am 14. Oktober 2016.

„Österreich wird das CETA-Abkommen am Dienstag unterzeichnen. Das SPÖ-Präsi­dium gab zu Mittag nach [...] Beratungen grünes Licht für das [...] Handelsabkommen der EU mit Kanada.“ – 14.10.2016, orf.at. (Bundesrätin Mühlwerth: Obwohl 88 Prozent der Mitglieder von euch dagegen sind!)

„SPÖ-Chef und Bundeskanzler Christian Kern verteidigte die Zustimmung“ zu Ceta. – 14.10.2016, orf.at.

„Bundeskanzler Kern zu CETA“: „,Ja [...]‘, sagt die SPÖ zum Freihandelsabkommen CETA.“ – Am 14.10.2016 publiziert auf news.orf.at.

„Freihandel – Kanzler Kern will Scheitern von Ceta im Nationalrat“ unbedingt „verhin­dern.“ – 30.9.2017, finanzen.at.

„Bundeskanzler Christian Kern [...] hat sich am Wochenende erneut für seine Zustim­mung zu CETA gerechtfertigt.“ – „Kronen Zeitung“ am 16.10.2016.


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 83

Wahrscheinlich das beste Freihandelsabkommen, das die EU je geschlossen hat. – „Der Standard“ am 15.9.2016.

„Österreich wird den Ratifizierungsprozess nicht behindern.“ – Herr Kern im „Kurier“ am 14.10.2016. (Bundesrat Samt: Lügenpresse!)

„Ich bin davon überzeugt, dass das, was jetzt vorliegt, eine gute Basis ist, um dem zuzustimmen.“ – Herr Kern im „Kurier“ am 21.10.2016. – Und so geht es weiter.

„Im Parlament gibt es momentan keine Chance, einen positiven Beschluss für dieses Freihandelsabkommen zu erreichen. Ich will verhindern, dass das Abkommen, das für Österreich als starke Exportnation wichtig ist, durch eine Ablehnung im Nationalrat als Ganzes scheitern würde ...“ (Bundesrätin Mühlwerth: Hört, hört, SPÖ!) – So Herr Kern in der „Kronen Zeitung“ am 4.10.2017. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Aber ich sage euch, das war noch nicht das Beste, denn das beste Schmankerl kommt erst. (Heiterkeit bei FPÖ und ÖVP.) Als ich auf der Facebook-Seite des Herrn Kern gestöbert habe, habe ich Folgendes gefunden: Kern versucht am 15.10. in zehn Ab­sätzen zu erklären, warum er Ceta so toll findet und warum die SPÖ da voll dahinter­steht.

Er erklärt es in zehn Absätzen, und im elften Absatz schreibt er dann Folgendes: „Diese 10 Absätze sind der Versuch zu erklären, warum ich [...] die Unterzeichnung CETAs durch die Europäische Kommission nicht mehr weiter blockieren werde.“

In den ganzen zehn Absätzen davor lobt er Ceta in den Himmel hinauf. – Aber spä­testens seit der Erklärung des Herrn Kern, was er unter Regierungsverantwortung verstanden hat, wissen wir, dass bei der SPÖ 95 Prozent Inszenierung und 5 Prozent Arbeit sind. Was will man da erwarten?!

Allerdings hat sich mittlerweile einiges geändert – die Sozialisten sind nicht mehr in der Regierung. (Bundesrätin Mühlwerth: Gott sei Dank!) – Gott sei Dank, muss man sagen, seid ihr abgewählt worden. Nun versucht ihr halt, ein bisschen Opposition zu machen, die zu 100 Prozent aus Show und Inszenierung und zu 0 Prozent aus Arbeit besteht, und das mit voller Kraft und durch hundertprozentige Hetze und Verbreitung von Fake News. Das ist ein wirklich gewaltiger Quantensprung einer einstigen Regie­rungspartei – eigentlich peinlich, schämt euch! (Beifall bei der FPÖ und bei Bundes­rätInnen der ÖVP.)

13.21


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Herr Mag. Reinhard Pisec. Ich erteile dieses.


13.21.59

Bundesrat Mag. Reinhard Pisec, BA MA (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe mich zu Wort gemeldet, weil ich einiges aus der Praxis der mittelständischen Wirtschaft – das ist ja das Thema dieses Handelsvertrags – erzählen möchte.

Vorweg vielleicht nur eine Anregung an die österreichische Ratspräsidentschaft – es kursiert ja, wie man seitens SPÖ und ÖVP in den letzten Wochen und Monaten permanent gehört hat, eine Reihe von Mythen und Irrtümern herum –, sich vielleicht einfach mit dem Begriff Handelsvertrag auseinanderzusetzen, denn archiviert wird dieses Thema unter internationaler Vereinbarung oder Handelsverträge, aber nicht unter Ceta; dass man vielleicht die Begrifflichkeit ändert und einfach immer von einem Handelsvertrag zwischen der EU – in Klammer: Österreich – und Kanada spricht, wozu zum Beispiel auch die Doppelbesteuerungsabkommen zählen, damit es nicht immer zu begrifflichen Verwechslungen kommt.


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 84

Handelsverträge gibt es seit 1860. Die Cobdengasse in Wien – ich empfehle der SPÖ und den Grünen, sich diese anzuschauen, sie ist ein paar hundert Meter von hier entfernt – erinnert an den ersten Handelsvertrag zwischen Großbritannien und Frank­reich und ist Synonym für Tausende und Abertausende Handelsverträge, die Öster­reich beziehungsweise international alle Länder wechselseitig abgeschlossen haben. Diese Handelsverträge, 60 existieren in Österreich noch, sind Basis für den Erfolg unserer Exportwirtschaft; das darf man nicht vergessen.

Warum sind Handelsverträge in Österreich in den Hintergrund getreten? – Weil die EU, und das ist der entscheidende Faktor, 1992 den Europäischen Binnenmarkt etabliert hat, und dieser Binnenmarkt stellt nichts anderes als die realisierten, praktizierten und umgesetzten Handelsverträge dar. Dort gibt es diese Schiedsgerichtsbarkeit schon, und deswegen floriert die europäische und damit die österreichische Exportwirtschaft. Je größer ein Markt ist, desto besser ist das für die Wirtschaft und desto besser ist das auch für die Beschäftigungseffekte hier in Österreich, keine Frage.

Kurz zu einem wichtigen Thema, weil die Schiedsgerichte so oft angesprochen worden sind: Ich kann aus der eigenen Praxis, und diese Praxis wird seit Jahrzehnten so gehandhabt, nur dazu raten, in grenzüberschreitenden Verträgen immer arbitration courts zu vereinbaren; das ist auch Usus so. Die mittelständische Wirtschaft versucht damit, die ordentliche Gerichtsbarkeit, für den Fall, dass das Worst-Case-Szenario eintritt, wenn möglich zu vermeiden. Warum? – Ordentliche Gerichtsbarkeit ist extrem teuer, dauert lange, ist mit Gutachten bestückt und findet oftmals in einem fremden Land statt. Also ich würde niemandem empfehlen, in einem fremden Land – zum Beispiel als Österreicher in Kanada – vor ein ordentliches Gericht zu gehen. Das dauert lange, lange Zeit und ist extrem teuer.

Wenn diese wahren Schiedsgerichte dann mit gemischten Kommissionen seitens Kanada und Österreich besetzt werden, ist das besonders gut, denn dann gibt es nicht die Diskussion, auf welches Land man sich einigen soll, wo dieser arbitration court stattfindet, in Kanada oder in Österreich; auch darüber kommt es oft zu Auseinan­der­setzungen. Also etwas Besseres als ein gemischtes Schiedsgericht kann es für die österreichische Exportwirtschaft und die mittelständischen Unternehmen gar nicht geben.

Kurz zu den Konzernen, weil immer gesagt wird, es ist ein Konzern-Handelsvertrag: Also Konzernen, um es einmal so zu definieren, ist dieser Vertrag eigentlich gar nicht so wichtig. Magna ist in Österreich und hat Tausende von Arbeitsplätzen geschaffen, Bombardier ist in Österreich und hat mittlerweile eine Betriebsstätte mit über 1 000 Mit­arbeitern geschaffen; die können genauso gut ohne Ceta leben. Wichtig ist Ceta für die mittelständische Wirtschaft, für den Export nach Kanada. Und der Export nach Kanada ist bereits – noch vor Ceta – drei Mal so hoch wie der Import aus Kanada nach Österreich, der übrigens ganz marginal ist, er liegt bei 0,25 Prozent. Also kanadischen Konzernen ist Österreich, mit oder ohne Ceta, relativ wurscht, das sage ich ganz ehrlich.

Dieses Gesetz, dieser Vertrag, dieser Handelsvertrag abseits des Europäischen Bin­nen­markts ist wichtig für die österreichische Exportwirtschaft, um Absatzmärkte zu erweitern. Ein Konzern kann sich vor Zöllen schützen, kann sich auch vor tarifären Handelshemmnissen schützen, indem er einfach einen Standort in einem anderen Land aufbaut und dann vor Ort produziert, so wie es die Voest macht. Sie hat zu Recht gesagt, ob Ceta oder TTIP existieren, plus, minus, ist nicht so wichtig, sie hat bereits einen Standort in den USA gebaut und ist unabhängig. – So viel dazu, um mit dem Mythos, das sei ein Konzernvertrag, aufzuräumen. Es ist ein Vertrag für die öster­reichische mittelständische Wirtschaft und daher extrem wichtig.


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 85

Wer wirklich leiden würde – und es ist interessant, dass gerade die SPÖ so gegen dieses Freihandelsabkommen ist –, das sind die Verbraucher in Österreich, denn wie wir alle wissen, führen Marktabschottung, Protektionismus immer zu Monopolbildungen im eigenen Land, zu Kartellbildungen und letztlich zu höheren Preisen. Wir brauchen den Wettbewerb, wir brauchen Internationalität, damit eben Konkurrenz entsteht und sich keine Monopole bilden können.

Negatives Beispiel: Der Lebensmittelhandel in Wien liegt in der Hand von zwei Groß­konzernen. Ich verstehe nicht, warum es in Österreich keine Bioläden mehr gibt. Wo sind die Grünen? – Beschäftigt euch doch mit den Bioläden! In Österreich gibt es kaum Märkte mehr, es gibt nur mehr Supermärkte, überall Supermärkte mit extrem hohen Preisen! Die Arbeiterkammer hat zu Recht festgestellt, dass die Preise hier um 30 Pro­zent höher sind als in Deutschland, und das ist – da hat sie vollkommen recht – ein Produkt von einer Markt- und Kartellbildung vor allem in Wien.

Ein anderes Beispiel – als Kontrastück –: Ein Land, in dem es keinen Handelsvertrag gibt, in dem vieles schiefläuft – gerade jetzt aufgedeckt, das muss man dem ameri­kanischen Präsidenten zugutehalten –, ist China. China ist Mitglied der WTO, China ist als Vertragsstaat des Internationalen Patentsystems durch die Pariser Verbands­über­einkunft von 1883 geschützt und China exportiert nach Österreich drei Mal so viel, wie Österreich nach China exportiert. Das ist genau der gegenteilige Effekt, und dort gibt es keine Handelsverträge. Die österreichische Spielzeugindustrie gibt es nicht mehr, die Spielzeuge stammen alle aus China, made in China.

Es gibt ein ganz offizielles, von China ausgegebenes Paradigma, Made in China 2025, da steht sogar das Wort Technologietransfer, da wird Technologietransfer propagiert. China kauft mit staatlichen chinesischen Beihilfen europäische, amerikanische und kanadische Unternehmen auf, um am Weltmarkt mit Raubkopien, mit intellektuellem, geistigem Eigentum, das aber nicht den Chinesen gehört, mitzupartizipieren. Und in China gibt es keine Handelsverträge. Also das wäre das Kontrastück, das Beispiel eines Landes, das in Zukunft sicherlich noch Probleme machen wird, insbesondere der österreichischen Wirtschaft, weil die österreichische Industrie, der österreichische Han­del sehr wohl unter Zugzwang, unter Druck geraten. Vielleicht kann die österreichische Ratspräsidentschaft mit auf ihren Vorhabensplan setzen, mit China anders zu ver­fahren, als es derzeit Usus ist, weil es eben keine Handelsverträge gibt, weil es keine Abkommen gibt und das, was China unterschreibt, nicht das Papier wert ist, auf dem es geschrieben steht.

Dieses Abkommen mit Kanada – ein ganz banaler Handelsvertrag – ist ein sehr gutes und fördert die österreichische Exportwirtschaft. Es ist daher in jeder Hinsicht zu unterstützen. – Vielen Dank. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

13.29


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Michael Lindner. Ich erteile dieses.


13.30.02

Bundesrat Mag. Michael Lindner (SPÖ, Oberösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Vor allem aber liebe ZuseherInnen! Ich finde es toll, dass die heutige Debatte im ORF übertragen wird, weil dadurch sehr schön sichtbar wird, wo die Unterschiede liegen. Es ist ein bisschen schade, dass hinter mir keine Kamera ist, die in die Richtung der FPÖ zeigt, denn dann könnten wir in die schmerzverzerrten Gesichter blicken, weil Sie sich mit diesem Tagesordnungspunkt offensichtlich sehr schwertun. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Dziedzic. – Bundesrat Samt: Schmerzverzerrt? Aber, Herr Kollege!)


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 86

Man muss sagen, wir als SPÖ-Fraktion waren sehr fair zu Ihnen. Wir hätten Ihnen mit der letzten Dringlichen Anfrage eine zweite Chance gegeben, Ihren Umfaller zu korri­gieren oder zumindest stichhaltig zu erklären. (Bundesrätin Mühlwerth: Wir brauchen aber eure Chancen nicht! Wir brauchen euch nicht!) Ich kann nur sagen, nach dem, was Redner eurer Fraktion hier ausgeführt haben: Chance nicht genützt! (Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.)

Wir verlangen eigentlich gar nicht viel – wir verlangen nur, dass ihr zwei Dinge aus­einan­derhaltet, nämlich: den Handelsvertrag und die Klagsrechte, die Sonderklags­rechte und Schiedsgerichte, über die wir heute hier abstimmen. Das sind die zwei Sachen, die wir euch bitten, auseinanderzuhalten. Aber es ist offensichtlich leichter, nur eindimensional zu denken. (Vizepräsident Brunner übernimmt den Vorsitz.)

Kollege Steiner! Das E-Mail, das Sie erwähnt haben, war, glaube ich, kein E-Mail, sondern ein Blog-Eintrag von einem gewissen Herbert Bopp. Wenn man auf Google sucht, findet man – so wie wir vorhin – diesen Blogeintrag von vor sieben Jahren. Also ich bitte, da keinen Bürgerkontakt vorzutäuschen, denn da würden Sie andere Mei­nungen hören. Ihre Vorstellung war vielleicht gut für die Löwinger-Bühne oder gut für die Zillertaler Grenzlandbühne, aber nicht geeignet für eine politische Erklärung hier. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller. – Bundesrätin Mühlwerth: Bei dir reicht’s nicht einmal für die Löwinger-Bühne! Bei dir reicht’s nicht einmal dafür!)

Kollege Pisec hat heute wieder sehr eindrucksvoll doziert, und weil wir schon bei Zitaten sind, möchte auch ich Ihnen eines von der FPÖ-Homepage vorhalten. Der Titel des Artikels ist „Pisec fordert Abkehr vom Zentralismus in der WKÖ“. Ich weiß nicht, Frau Kollegin Zwazl, ob es da noch Gesprächsbedarf gibt, aber ein Zitat von Ihnen, Herr Pisec, ist mir schon aufgefallen:

„Und wenn Leitl CETA als Heilsbringer für die österreichische Unternehmenslandschaft verkaufen möchte, so dient dies vielmehr der Ablenkung von hauseigenen Problemen. Österreich wird von CETA ganz sicher nicht profitieren. Wenn der WKÖ-Präsident meint, mit CETA warte das Big Business für die Industrie, wird er leider vergeblich darauf warten müssen.“ (Bundesrat Pisec: Habe ich ja gesagt, ... Konzernen!)

Die Zuseherinnen und Zuseher heute können sich ein Bild davon machen, wie Sie sich hier unter großen Schmerzen durchwinden, aber offensichtlich haben Sie solch ein schlechtes Gewissen, weil Ihr Parteichef Strache mit Anlauf umgefallen ist. Man muss sich wirklich fragen, was das für ein Parteichef ist, der für das Rauchen seine Ein­stellung zu Ceta verkauft hat.

Was ist denn dieser Dammbruch bei Ceta – und ich wiederhole an dieser Stelle auch das vom letzten Mal noch einmal, weil das auch für die ZuseherInnen wichtig ist –: Der Dammbruch ist nicht, dass wir grenzüberschreitend handeln; das bitte wirklich in der Debatte auseinanderzuhalten. Der Dammbruch ist auch nicht, dass wir Zollbeschrän­kungen abbauen, dass wir den Marktzugang für bestimmte Waren erleichtern; das macht alles Sinn für ein Exportland wie Österreich. Da ist das Abkommen ver­gleichsweise gut, sonst hätten wir es mit Bundeskanzler Kern in dieser Form auch nicht unterschrieben. Aber der Dammbruch, den Sie heute hier beschließen, ist, dass diese Sonderklagsrechte für Konzerne unsere Möglichkeiten als Politikerinnen und Politiker beschneiden.

Das private Schiedsgerichtssystem, egal wie das Türschild nun heißt, die regula­to­ri­sche Kooperation – es geht bei Ceta nur zweitrangig um Kanada. Wir werden schon Handel treiben, das ist alles gut und schön – Kollege Köck könnte dann vielleicht sei­nen Bauern erklären, wieso die Importquote von Raps um 1 200 Prozent gestiegen ist; da wird es wahrscheinlich auch noch das eine oder andere böse Erwachen geben –, aber mit diesem Abkommen wird die Zukunft der europäischen Handelspolitik be­stimmt,


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und das hat verheerende Folgen für uns als Politik. Deswegen hat Christian Kern nach zweiwöchiger Amtszeit als Bundeskanzler dafür gekämpft, dass wir heute hier darüber abstimmen können, ob wir diese Schiedsgerichte und die Sonderklagsrechte auch wirklich haben wollen. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie machen das, und das ist heute schon mehrfach deutlich geworden, vollkommen überhastet; sogar die Deutschen warten auf eine Vorabentscheidung vom Euro­pä­ischen Gerichtshof. Sie tragen auch die Verantwortung für diese Zweiklassenjustiz; nichts anderes ist dieses Schiedsgerichtssystem für mich. Mit viel Geld kommt man schneller zu seinem Recht. Man kann das Türschild noch drei Mal austauschen, es bleibt ein privates Gerichtssystem, und Sie haben uns nicht erklärt, wieso das österreichische Gerichtssystem oder das kanadische Gerichtssystem für die Beilegung dieser Streitigkeiten nicht gut genug ist.

Niemand kennt den Personenkreis, aus dem für diese Schiedsgerichte ausgewählt werden soll, es ist alles noch unter Verschluss. Es sollen Personen sein, das ist schon angesprochen worden, die zum Richteramt befugt sind oder – Zitat – vergleichbare Fähigkeiten haben. Transparent sind die Verfahren auch nur so weit, soweit nicht Ge­schäftsgeheimnisse betroffen sind. Ich stelle mir derartige Schiedsverfahren ziemlich spannend vor. Das ist maximal 19. Jahrhundert, das kann nicht euer Ernst sein.

Es ist euer Beschluss heute, der es ermöglicht, dass die Konzerne gegen hohe Stan­dards klagen. Kollege Stögmüller hat das heute eindrucksvoll bewiesen und Beispiele gebracht. Es ist für Großkonzerne vielleicht ein schönes und leichtes Spiel, dass man sich solch ein Verfahren leistet, aber als Staat und mit Steuergeld riskiert man das nicht. Und die berühmten und immer wieder zitierten KMUs werden sich diese Ver­fahren auch nicht leisten und nicht leisten wollen.

Wenn es um die Beurteilung geht, welchen Effekt diese Schiedsgerichte haben, dann verlasse ich mich nicht so sehr auf die Einschätzung des Kollegen Köck, sondern auf den Wirtschaftsnobelpreisträger Stiglitz, der – ich habe ihn schon letztes Mal zitiert – gesagt hat: „Das Motiv hinter ISDS“ – den Schiedsgerichten – „ist der Wunsch, neue Finanzmarktregulierung, Umweltgesetze, ArbeitnehmerInnenschutz, und Nahrungs- und Gesundheitsstandards schwerer zu machen.“

Selbst dann, wenn wir es heute beschließen und morgen kündigen würden, würden diese Klagsrechte noch weitere 20 Jahre gelten. Das heißt, Sie hier tragen heute die Verantwortung dafür, dass wir uns als Politik selbst Stück für Stück abschaffen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller.)

Ihr, liebe FPÖ, habt heute, jetzt, die letzte Chance, euren Umfaller wiedergutzu­machen. Ihr müsst euch ab heute in euren Wahlkreisen und euren Gemeinden verantworten, euch den Gesprächen mit den Menschen in den Regionen stellen. (Bundesrat Spanring: Geben Sie uns Zeit, dann machen wir das ja!) Ich wünsche euch viel, viel Spaß dabei. Man könnte ja süffisant lachen, wenn es nicht so ernst und tragisch wäre. Ihr könnt heute noch die letzte Chance nutzen, gegen die Umsetzung von Schieds­gerichten und Sonderklagsrechten und für die Abhaltung einer Volksabstimmung zu stimmen; so wie ihr es versprochen habt.

Ganz zum Schluss: Auch wenn euer Parteivorsitzender einmal Zahntechniker war, das Ziehen von Giftzähnen hat er mit Sicherheit nicht gelernt oder zumindest ordentlich verlernt, denn es sind keine Giftzähne gezogen worden. (Bundesrätin Mühlwerth: Das macht auch der Zahntechniker nicht, das sollte man wissen! Der zieht generell keine Zähne!) Das haben wir letztes Mal in der Debatte zur Dringlichen Anfrage deutlich gehört. Ihr lauft vor euren eigenen Versprechungen weg, ihr habt kapituliert, eure Ver-


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 88

sprechungen waren nichts wert! – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundes­rätIn­nen Dziedzic und Stögmüller.)

13.37


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Edgar Mayer. Ich erteile es ihm.


13.37.38

Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ein herzliches Grüß Gott an alle vor den Bildschirmen zu Hause! Herr Kollege Lindner, man kann nicht alles so stehen lassen, was du oder auch die Kollegen Dziedzic und Stögmüller – um euch wie­der zu einer Gemeinsamkeit zu bringen; manchmal seid ihr euch sehr nahe, manchmal auch wieder weniger nahe, aber das ist offensichtlich politisches Spiel, das von euch so betrieben wird – uns jetzt Länge mal Breite erklärt haben. Es wird nämlich immer anders, wenn man euch einen Spiegel vorhält. Das habt ihr dann überhaupt gar nicht gerne.

Kollege Steiner hat schon in seiner bekannt tirolerischen Art versucht, euch zu er­klären, dass es doch nicht so ist und dass ihr doch nicht ganz unschuldig seid. Dass Kollege Kern als Bundeskanzler gekämpft hat, ist ein absolutes Märchen. Er hat nicht gekämpft, er hat unterschrieben. Er hat unterschrieben, dazu muss man einfach stehen. Er hat den Prozess in Gang gesetzt, aus und Schluss! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Ich habe schon noch ein paar Zitate von eurer Partei, bei denen es auch darum geht, dass man nach diesem Prozess des Volksbegehrens, als man nachgeschärft hat – und man hat wirklich nachgeschärft; das gab es auch, wie gesagt, nach dem Volksbe­geh­ren, nach diesen 550 000 Unterschriften –, als man diesen Verhandlungsprozess in Gang gesetzt hat, wirklich einige Punkte in diesem Vertrag essenziell geändert hat, was unüblich ist. Es ist unüblich, einen an und für sich fertig paraphierten Vertrag herzunehmen und nachzuverhandeln. Das haben die österreichische Situation und die Kritik in diesem Umfang erreicht, das muss man sagen, aber es gibt auch von euch einige Zitate, den Spiegel muss man euch schon vorhalten.

Da hätte ich noch etwas vom Kollegen Kern, etwas, das du nicht auf deiner Agenda hattest. Er hat in einer Diskussion mit EU-Abgeordneten gesagt: „Es gibt in der Tat genug Kritikpunkte. Die EU-Abgeordneten können mit ihrem Nein den Protest zum Ausdruck bringen. Ich als Regierungschef habe die Gesamtverantwortung. Ich wollte nicht zulassen, dass die Interessen der Österreicher in Europa mit einem Veto zu Ceta geschädigt werden. Das bliebe nicht ohne Konsequenzen. Jeder, der das glaubt, irrt.“ – Ihr irrt alle. (Heiterkeit und Beifall bei ÖVP und FPÖ.) „Es geht um Fördermittel, um Jobs etc.“ – Das war ein Zitat von Christian Kern, „Kleine Zeitung“, 16.2.2017.

Am 1.2.2017 wird Christine Muttonen, Präsidentin der Parlamentarischen Versamm­lung der OSZE, in einer APA-OTS-Meldung wie folgt zitiert: „Klar ist, dass wir als Exportland zum Schutz unserer Wirtschaft, dem Sozialsystem und den Arbeitnehme­rinnen und Arbeitnehmern auf gute wirtschaftliche Beziehungen mit internationalen Part­nern angewiesen sind [...]. Entweder wir suchen uns gleichgesinnte Verbündete oder andere werden die Regeln bestimmen [...]. Kanada sei ein Partner mit gemein­samen Interessen und Standards [...]. Egoistische Abschottungspolitik à la Trump kann nicht der Weg sein!“

In der „Presse“ vom 19.2.2017 wird dann Minister Thomas Drozda wie folgt zitiert: „Ich glaube, dass man prinzipiell nicht gut beraten ist, gegen Freihandel zu sein.“ – Das seid ihr auch nicht, das gebe ich zu! – „Ich verstehe die Kritik am Zustandekommen


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des Abkommens, am Investorenschutz. Ich glaube aber, dass wir in intensiven Ver­handlungen hier die nötigen Vorkehrungen getroffen haben.“ – Genau das ist ein Punkt, den Minister Drozda richtig erkannt hat.

Zitat vier: Muna Duzdar, Bundesrätin und Staatssekretärin außer Dienst, wird in einer APA-OTS-Meldung vom 1.2.2017 wie folgt zitiert: „Zu Beginn wurden unsere For­derungen noch als ‚österreichischer Klamauk abgetan, schlussendlich haben wir wichtige Verbesserungen erreicht.“ Ich wiederhole: „[...] schlussendlich haben wir wich­tige Verbesserungen erreicht. [...] Es stand der Ruf Österreichs als Wirt­schafts­standort und europäischer Partner auf dem Spiel, erinnerte die Staatssekretärin. Die wichtigste Verbesserung, die wir erreichen konnten, ist, dass CETA den nationalen Parlamenten überhaupt zur Entscheidung vorgelegt wird. [...] Darüber hinaus haben wir mit der rechtlich verbindlichen Zusatzerklärung zu CETA erreicht, dass die EU und vor allem ihre Mitgliedstaaten weiterhin umfassend regulieren können. Zudem haben wir den Schutz öffentlicher Dienstleistungen sichergestellt.“

Zitat fünf: „Wir wissen aus der Geschichte, dass der Protektionismus ein Brandbe­schleuniger in Richtung Zweiter Weltkrieg war. Auch wenn ich jetzt nicht den Teufel an die Wand malen will, aber die Tendenz ist unübersehbar, dass wir wieder in die Natio­nalstaatlichkeit zurückfallen könnten [...].“ Und weiter: „Wir brauchen mit CETA in Wirklichkeit nichts zu fürchten [...].“ – 14.1.2017, APA, Heinz Schaden, damals noch Bürgermeister von Salzburg.

Zitat sechs: „Aber bei dem, was jetzt nach langen Bemühungen zwischen Kanada und Europa – zuletzt unter zahlreichen sehr kritischen Augen – ausverhandelt wurde, habe ich keine Bedenken.“ – Heinz Fischer, Bundespräsident außer Dienst, zitiert aus dem „Kurier“ vom 26.10.2016.

Jetzt das siebente und letzte Zitat: „Wäre ich noch Abgeordneter im EU-Parlament, würde ich CETA zustimmen.“ – Das sagte Hannes Swoboda, ein glühender Europäer, einer, der die europäische Idee wirklich kennt und sie jahrzehntelang gelebt hat, zitiert aus dem „Kurier“ vom 20.10.2016.

Das waren die Zitate, die ich euch bringen wollte, und ich habe noch zehn für euch, von unterschiedlichsten Persönlichkeiten. Kollege Buchmann hat es gut gesagt. Er hat gesagt: „Canada ist not an evil country.“ Kanada ist ein Rechtsstaat mit allen aus­gelebten Rechten. Das kann man mit der EU hundertprozentig vergleichen. Wir waren mit dem Bundesrat, einige können sich noch erinnern, in Kanada und haben dort mit kanadischen Parlamentariern die Situation besprochen.

Ganz überraschend hat sich dann Chrystia Freeland, Ministerin für Wirtschaft, Handel und Entwicklung, bei uns eingefunden. Sie hat zur Mittagszeit extra einen Termin mit der kleinen Bundesratsdelegation und Präsidenten Saller beantragt, hat sich hinein­reklamiert und gesagt: Wir wollen ein Freihandelsabkommen mit der EU, mit allen Staaten der EU. Wir wollen nicht eure Daseinsvorsorge, wir wollen nicht mit euch streiten, wir wollen mit euch Handel betreiben und wirtschaftliche Beziehungen stär­ken. – Chrystia Freeland. Das muss man schon in aller Deutlichkeit sagen.

Auch der EU-Ausschuss des Bundesrates hat sich intensiv und sehr frühzeitig mit Ceta auseinandergesetzt. Da haben alle noch gar nicht gewusst, dass es Ceta gibt, weil man immer über TTIP gestritten hat. (Bundesrätin Mühlwerth: Genau!) – Genau, so ist es. Jetzt kam plötzlich Ceta auf die Tagesordnung, und plötzlich war alles schlecht. Europa stürzt zusammen, die Welt stürzt zusammen, wir werden alle nur noch hungern, wir werden die schlechten Lebensmittel bekommen und alles, was in Amerika schlecht ist, sozusagen zur Kenntnis nehmen.


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Der EU-Ausschuss hat sich kritisch geäußert. Ich habe mich mit diesem Thema kritisch auseinandergesetzt, und nach der Kanada-Reise habe ich mich überzeugen lassen, dass es ein Abkommen ist, das Europa weiterbringen wird, das die Wirtschaft, die gegenseitigen Handelsbeziehungen weiterbringen wird, sodass die KMUs davon pro­fitieren werden. Es wird ein guter Vertrag. Eure Schreckensszenarien mit diesen ganzen Investitionsgerichten, die übrigens adaptiert wurden – das haben auch eure Minister und Staatssekretäre so befunden –, dieses Den-Teufel-an-die-Wand-Malen (Bun­desrat Pisec: Die gibt’s ja gar nicht!), all das wird es meiner Meinung nach nicht geben. Wir werden gemeinsam mit Kanada ein gutes Handelsabkommen umsetzen und unsere Wirtschaftsleistung steigern. Deshalb werde ich diesem Vertrag meine Zustimmung erteilen.

Noch ein letzter Satz: Wenn der Europäische Gerichtshof dieses Vertragswerk Ceta mit Kanada aufheben wird, dann ist dieses Vertragswerk gestorben. Dies sei euch nur ins Stammbuch geschrieben. Sonst brauchen wir keinen Europäischen Gerichtshof. Wir sind aber guter Dinge, dass dieses Vertragswerk den Europäischen Gerichtshof passieren wird. Es wäre nicht angebracht, auf diese Entscheidung, auf 2019 zu warten. In Deutschland ist es im Vorabprüfungsverfahren beim Verfassungsgerichtshof. Wir werden sehen, wie Deutschland hier entscheiden wird. – Ich danke für die Aufmerk­samkeit. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

13.46


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächste gelangt Frau Bundesminis­terin Dr. Schramböck zu Wort. Ich erteile es ihr. – Bitte.


13.46.27

Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Dr. Margarete Schramböck: Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Mitglieder des Bundesrates! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich freue mich, heute hier zu sein und mit Ihnen über das umfassende Wirtschafts- und Handelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Kanada zu diskutieren. Danke für Ihre Stellungnahmen! Lassen Sie mich auf fol­gende Punkte eingehen:

Europa muss in der Außenwirtschaft stark sein und muss diese selbst gestalten. Die vergangenen Tage, Wochen und Monate haben uns gezeigt: Wir brauchen neue Partnerschaften, wir brauchen Partnerschaften, die uns stärken, wie Partnerschaften mit Kanada oder auch mit anderen Ländern. Das ist besonders wichtig, weil wir uns auf einen Partner, den wir international haben, nämlich die USA, nicht mehr so verlassen können, wie das in der Vergangenheit der Fall war.

Wir müssen unsere Wirtschaft unterstützen, und wenn wir sagen, wir müssen die Wirt­schaft unterstützen, heißt das, es geht um die Arbeitsplätze in Österreich. Es geht dabei um jeden einzelnen Arbeitsplatz, in den großen Unternehmen wie in den kleinen Unternehmen, in jenen Unternehmen, die exportieren. Immerhin hängt jeder zweite Arbeitsplatz in Österreich vom Export ab; und das ist mir besonders wichtig.

6 von 10 Euro des Bruttoinlandsprodukts werden durch die Mitarbeiterinnen und Mitar­beiter in den Unternehmen, die im Export und im Import arbeiten, generiert. Es ist, glaube ich, wichtig, dass wir ihnen den gebührenden Respekt, die gebührende Be­achtung zollen und die besten Chancen und Voraussetzungen dafür schaffen, dass sie ihre Arbeitsplätze behalten können und dass noch weitere geschaffen werden.

Kanada ist ein Industrieland, ein Partnerland. Schauen wir uns einmal gemeinsam an, was wir bisher mit Kanada tun: Es ist die achtwichtigste Exportdestination in Übersee. Nach Kanada exportieren 1 400 österreichische Unternehmen, 125 österreichische Nie­der­lassungen gibt es in Kanada, und es produzieren 14 österreichische Unterneh-


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men unmittelbar in Kanada. Das sind keine Großunternehmen, sondern durchwegs mit­tel­ständische Unternehmen, die in Kanada aktiv sind. Es sind also nicht die Kon­zerne, sondern die mittelständischen Unternehmen, die diese Abkommen brauchen.

Schauen wir uns auf der anderen Seite kanadische Unternehmen bei uns in Österreich an. Sie wurden schon genannt. Darunter sind die Firmen Bombardier, Magna, BRP-Rotax. Gemeinsam beschäftigen sie 20 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Auch da geht es uns wieder um diese Arbeitsplätze, die Innovation, den Fortschritt und die Entwicklung in diesen Unternehmen. Diese drei Unternehmen alleine investieren sehr viel in Forschung und Entwicklung. Sie haben Innovationsstandorte. Sie bringen Pro­duktion zurück nach Österreich, die schon verloren geglaubt war. Es entstehen dabei nicht nur die ganz hochwertigen Arbeitsplätze, sondern Arbeitsplätze für alle Öster­reicherinnen und Österreicher in diesen Unternehmen. Ich bedanke mich bei diesen Unternehmen und auch bei ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Lassen Sie uns zum nächsten Thema gehen, nämlich zum Thema hohe Standards: Das vorliegende Abkommen sichert hohe Standards im Lebensmittelbereich sowie in den Bereichen Produktion, Verbraucherschutz, Gesundheit, Umweltschutz und Arbeits­schutz. Es ist ein hochqualitatives Abkommen. Auch was die Daseinsvorsorge betrifft, sind die öffentlichen Dienstleistungen, wie schon erwähnt, sichergestellt, auch dafür ist Vorsorge getragen. Die hohen Standards, die wir haben, und die Rechtssicherheit, all das ist sehr wichtig und ist in diesem Abkommen sichergestellt.

Wenn Zölle wegfallen, ist das immer etwas Gutes. Gerade jetzt, kurz vor der EU-Ratspräsidentschaft, ist es Zeit, ein Signal zu senden, nämlich in dieser Verantwortung für die Menschen in Europa, die darauf hoffen, dass wir es schaffen, mit anderen Regionen Handel zu treiben, und die darauf setzen, dass wir Zölle abbauen und nicht, wie jemand in den USA, Zölle schaffen. Wie richtig gesagt wurde, führen Zölle immer nur dazu, dass es teurer wird. Es wird teurer für den Konsumenten, es wird teurer für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Unternehmen, die ihre Gehälter für Pro­dukte ausgeben müssen. Darum ist es so gut und wichtig, dass Zölle durch dieses Ab­kommen wegfallen, nämlich 100 Prozent bei Industriewaren und 95 Prozent bei Agrar­waren.

Wenn wir uns anschauen, wie sich der Export seit dem Inkrafttreten des ersten Teils von Ceta – und ich komme dann zum zweiten Teil – seit Oktober entwickelt hat, so sind es tatsächlich 24,4 Prozent mehr an Exporten bei Handelswaren. Bei den Lebens­mittelexporten – das ist ein ganz wichtiger Punkt für die Bauern und für die lebens­mittelverarbeitende Industrie – gibt es tatsächlich ein Plus von 41,9 Prozent.

Schauen wir uns an, welche Unternehmen da profitieren: Das erste Beispiel ist eines aus der Steiermark, nämlich die  Firma Haindl Alois – Kunstmühle. Die Firma exportiert Kernöl nach Kanada, hat sieben Mitarbeiter und sagt uns, dass sie bereits die beiden letzten Lieferungen ohne Tarife machen konnte, dass sie mehr Arbeitsplätze schaffen wird und dass es mehr Möglichkeiten für sie gibt.

Wir liefern also Kernöl nach Kanada, aber verstärkt auch hochwertig verarbeitete Pro­dukte. In Oberösterreich gibt es zum Beispiel die Firma Praher Plastics, die sogar 50 Mit­arbeiter in ihrer Produktionsniederlassung in Kanada hat. Auch dieses Unter­nehmen verzeichnet einen Anstieg, und es ist ganz wichtig, dass wir all diese Unter­nehmen unterstützen.

Nun zum Thema Investitionsschutz: Der Investitionsschutz ist gerade für die mittel­stän­dischen Unternehmen ein ganz wichtiger Bereich. Da das angesprochen wurde, möchte ich darauf hinweisen, dass bereits im Jänner der österreichische Verfassungs­dienst – da liegt auch ein entsprechendes Gutachten vor – eine Stellungnahme im


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Verfahren abgegeben hat, in der die bestehenden Bestimmungen als rechtskonform beurteilt werden. Dieses Ergebnis vertreten unter anderem auch der Rechtsdienst der Europäischen Kommission, der Rechtsdienst des Rates sowie die Rechtsdienste unter anderem von Frankreich, den Niederlanden und auch jener von Deutschland.

Wenn man die Geschwindigkeit betrachtet, wie wir vorgegangen sind, so sehe ich dem eine gute und sehr umfassende Diskussion vorangehen. Wir sind auch nicht das erste Land, das das macht, wir sind das zwölfte Land. Kurz vor uns hat Finnland das gemacht, vor ein paar Tagen habe ich mit dem britischen Kollegen gesprochen, und auch die sind so weit und haben es beschlossen. Wir sind also durchaus nicht sehr schnell, wir sind im guten Mittelfeld.

Uns ist es wichtig, sowohl die Investitionen zu schützen als auch die Arbeitsplätze in Österreich, und da geht es uns wirklich um jeden einzelnen Arbeitsplatz, jeder Arbeitsplatz ist etwas wert.

Zu den Investitionsgerichten: Wie sind diese zusammengesetzt? Es ist ein großer Unterschied zwischen einem Schiedsgericht und einem Investitionsgerichtshof. Wir haben zum ersten Mal die Chance – und das ist sehr, sehr wichtig, besonders im Zusammenhang mit den Entwicklungen in den USA –, dass wir etwas schaffen, das permanent eingerichtet ist, mit permanenten Richtern, die auf fünf Jahre bestellt werden, wobei diese Richter nicht nur von Kanada und Europa bestimmt werden, son­dern zu einem Drittel auch von unabhängiger Seite.

Es ist also ein wichtiger, wesentlicher und positiver Schritt in eine Richtung, die uns in Zukunft absichern kann vor Veränderungen, die wir alle nicht wollen, vor denen wir aber stehen und auf die wir manchmal keinen Einfluss haben – etwa, wie es mit den USA weitergeht.

Aus unserer Sicht ist das ein wesentlicher Schritt in eine richtige Zukunft, um Arbeits­plätze zu schaffen und zu stützen, um Sicherheit für Investitionen zu geben, für Groß­unternehmen wie für mittelständische Unternehmen und für kleine Unternehmen in Vorarlberg und im Burgenland, in Wien, über ganz Österreich und letztendlich in der gesamten EU. Diese Verantwortung übernehmen wir gerne. So bitte ich Sie sehr um die Zustimmung zu diesem gemeinsamen Projekt, damit wir da positiv vorankommen und auch die Wirtschaft und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Unternehmen unterstützen können. – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

13.56

13.56.01


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Da der gegenständliche Beschluss Angelegenheiten der selbständigen Wirkungs­be­reiche der Länder regelt, bedarf dieser der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 Bundes-Verfassungsgesetz.

Es ist hiezu namentliche Abstimmung verlangt worden.

Da dieses Verlangen von fünf Bundesräten gestellt wurde, ist gemäß § 54 Abs. 3 der Geschäftsordnung eine namentliche Abstimmung durchzuführen. Ich gehe daher so vor.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung, gegen den vorliegenden Beschluss des Natio­nalrates keinen Einspruch zu erheben.


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 93

Im Sinne des § 55 Abs. 5 der Geschäftsordnung erfolgt die Stimmabgabe nach Aufruf durch die Schriftführung in alphabetischer Reihenfolge mündlich mit „Ja“, kein Ein­spruch, oder „Nein“, Einspruch. Ich bitte um eine deutliche Äußerung.

Ich ersuche nun den Herrn Schriftführer um den Aufruf der Bundesräte in alpha­betischer Reihenfolge.

*****

(Über Namensaufruf durch Schriftführer Oberlehner geben die BundesrätInnen ihr Stimmverhalten mündlich bekannt.)

*****


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Ich mache von meinem Stimmrecht Ge­brauch und stimme mit „Ja“.

Die Stimmabgabe ist beendet.

Ich unterbreche zur Auszählung der Stimmen kurz die Sitzung.

*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 14 Uhr unterbrochen und um 14.01 Uhr wieder aufgenommen.)

*****


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt.

Demnach entfallen auf den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Natio­nalrates keinen Einspruch zu erheben, bei 59 abgegebenen Stimmen 38 „Ja“-Stim­men und 21 „Nein“-Stimmen.

Der gegenständliche Antrag ist somit angenommen.

Mit „Ja“ stimmten die BundesrätInnen:

Bader, Bernard, Brunner, Buchmann;

Ecker, Eder-Gitschthaler;

Forstner;

Gfrerer;

Hackl, Hammerl;

Kern, Köck, Krusche;

Längle;

Mayer, Mühlwerth;

Neurauter;


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 94

Oberlehner, Ofner;

Pfurtscheller, Pisec, Preineder;

Raggl, Raml, Rösch;

Samt, Schererbauer, Schulz, Schuster, Seeber, Spanring, Sperl, Steiner, Steiner-Wieser;

Tiefnig;

Wagner;

Zeidler-Beck, Zwazl.

Mit „Nein“ stimmten die BundesrätInnen:

Appé;

Beer;

Dziedzic;

Grimling, Grossmann, Gruber-Pruner;

Hahn;

Koller;

Leitner, Lindinger, Lindner;

Novak;

Posch-Gruska, Prischl;

Schabhüttl, Schumann, Stögmüller;

Todt;

Wanner, Weber;

Zaggl.

*****


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Nunmehr lasse ich noch über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 Bundes-Verfas­sungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Es ist auch hierzu eine namentliche Abstimmung verlangt worden.

Da dieses Verlangen ebenfalls von fünf Bundesräten gestellt wurde, ist gemäß § 54 Abs. 3 der Geschäftsordnung eine namentliche Abstimmung durchzuführen. Ich gehe daher so vor.

Im Sinne des § 55 Abs. 5 der Geschäftsordnung erfolgt die Stimmabgabe nach Aufruf durch die Schriftführung in alphabetischer Reihenfolge mündlich mit „Ja“, Zustim­mung, oder „Nein“, keine Zustimmung. Ich bitte wiederum um deutliche Worte.


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 95

Ich ersuche nunmehr den Schriftführer um Aufruf der Bundesräte in alphabetischer Reihenfolge.

*****

(Über Namensaufruf durch Schriftführer Oberlehner geben die BundesrätInnen ihr Stimmverhalten mündlich bekannt.)

*****


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Ich mache von meinem Stimmrecht Gebrauch und stimme mit „Ja“.

Die Stimmabgabe ist beendet.

Ich unterbreche wiederum zur Auszählung der Stimmen kurz die Sitzung.

*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 14.05 Uhr unterbrochen und um 14.06 Uhr wieder aufgenommen.)

*****


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt.

Demnach entfallen auf den Antrag, dem vorliegenden Beschluss gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, bei 59 abgegebenen Stimmen 38 „Ja“-Stimmen und 21 „Nein“-Stimmen.

Der Antrag ist somit angenommen.

Mit „Ja“ stimmten die BundesrätInnen:

Bader, Bernard, Brunner, Buchmann;

Ecker, Eder-Gitschthaler;

Forstner;

Gfrerer;

Hackl, Hammerl;

Kern, Köck, Krusche;

Längle;

Mayer, Mühlwerth;

Neurauter;

Oberlehner, Ofner;

Pfurtscheller, Pisec, Preineder;

Raggl, Raml, Rösch;

Samt, Schererbauer, Schulz, Schuster, Seeber, Spanring, Sperl, Steiner, Steiner-Wieser;


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 96

Tiefnig;

Wagner;

Zeidler-Beck, Zwazl.

Mit „Nein“ stimmten die BundesrätInnen:

Appé;

Beer;

Dziedzic;

Grimling, Grossmann, Gruber-Pruner;

Hahn;

Koller;

Leitner, Lindinger, Lindner;

Novak;

Posch-Gruska, Prischl;

Schabhüttl, Schumann, Stögmüller;

Todt;

Wanner, Weber;

Zaggl.

*****


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Wir gelangen schließlich zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Bundesräte Günther Novak, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Volksabstimmung über CETA“.

Es ist auch hierzu eine namentliche Abstimmung verlangt worden.

Da dieses Verlangen von fünf Bundesräten gestellt wurde, ist gemäß § 54 Abs. 3 der Geschäftsordnung eine namentliche Abstimmung durchzuführen. Ich gehe daher so vor.

Im Sinne des § 55 Abs. 5 der Geschäftsordnung erfolgt die Stimmabgabe nach Aufruf durch die Schriftführung in alphabetischer Reihenfolge mündlich mit „Ja“ oder „Nein“. Ich bitte wiederum um deutliche Worte.

Ich ersuche den Schriftführer um Aufruf der Bundesräte in alphabetischer Reihenfolge.

*****

(Über Namensaufruf durch Schriftführer Oberlehner geben die BundesrätInnen ihr Stimmverhalten mündlich bekannt.)

*****


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Ich mache von meinem Stimmrecht Gebrauch und stimme mit „Nein“.

Die Stimmabgabe ist beendet.


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 97

Ich unterbreche wiederum zur Auszählung der Stimmen kurz die Sitzung.

*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 14.10 Uhr unterbrochen und um 14.11 Uhr wieder aufgenommen.)

*****


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt.

Demnach entfallen auf den Entschließungsantrag der Bundesräte Günther Novak, Kol­le­ginnen und Kollegen betreffend „Volksabstimmung über CETA“ bei 58 abgegebenen Stimmen 21 „Ja“-Stimmen und 37 „Nein“-Stimmen.

Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist somit abgelehnt.

Mit „Ja“ stimmten die BundesrätInnen:

Appé;

Beer;

Dziedzic;

Grimling, Grossmann, Gruber-Pruner;

Hahn;

Koller;

Leitner, Lindinger, Lindner;

Novak;

Posch-Gruska, Prischl;

Schabhüttl, Schumann, Stögmüller;

Todt;

Wanner, Weber;

Zaggl.

Mit „Nein“ stimmten die BundesrätInnen:

Bader, Bernard, Brunner, Buchmann;

Ecker, Eder-Gitschthaler;

Forstner;

Gfrerer;

Hackl, Hammerl;

Kern, Köck, Krusche;

Längle;

Mayer, Mühlwerth;

Neurauter;

Oberlehner, Ofner;


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 98

Pfurtscheller, Pisec, Preineder;

Raml, Rösch;

Samt, Schererbauer, Schulz, Schuster, Seeber, Spanring, Sperl, Steiner, Steiner-Wieser;

Tiefnig;

Wagner;

Zeidler-Beck, Zwazl.

*****


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Der Tagesordnungspunkt ist damit abge­schlossen.

14.11.432. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird (149 d.B. und 179 d.B. sowie 9976/BR d.B.)


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Wir gelangen zu Punkt 2 der Tages­ordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Marianne Hackl. Ich bitte um den Bericht.


14.12.04

Berichterstatterin Marianne Hackl: Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher gleich zur Antrag­stellung.

Der Wirtschaftsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 26. Juni 2018 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

14.12.42


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Danke schön.

Zu Wort hat sich dazu niemand gemeldet.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

14.13.103. Punkt

Bericht der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betref­fend EU-Vorhaben Jahresvorschau 2018 (III-647-BR/2018 d.B. sowie 9977/BR d.B.)


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Wir gelangen zu Punkt 3 der Tages­ord­nung.


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 99

Berichterstatterin ist wiederum Frau Bundesrätin Marianne Hackl. Ich bitte um den Bericht.


14.13.29

Berichterstatterin Marianne Hackl: Ich darf den Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Bericht der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend EU-Vorhaben Jahresvorschau 2018 bringen.

Der Bericht liegt in schriftlicher Form vor; ich komme daher gleich zur Antragstellung.

Der Wirtschaftsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 26. Juni 2018 den Antrag, den Bericht der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend EU-Vorhaben Jahresvorschau 2018 zur Kenntnis zu nehmen.


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Gregor Hammerl. – Bitte.


14.14.17

Bundesrat Gregor Hammerl (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Geschätzte Frau Minister! Meine geschätzten Damen und Herren! Heute liegt uns ein ausgezeichneter Bericht der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend EU-Vorhaben Jahresvorschau 2018 vor. Meine Damen und Herren, man könnte sagen, es ist ein zukünftiger Arbeitsbericht, der für uns bereits ab 1. Juli sehr wichtig wird.

Mit den Schwerpunkten Förderung von Wachstum und Beschäftigung, Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Klein- und Mittelunternehmen, Vertiefung des europäischen Binnenmarktes, der Außenwirtschaft und der Freihandelsverträge, einer Initiative zur Schaffung eines multilateralen Investitionsgerichtshofes und der Priorisierung der Digitalisierung wurden die wichtigsten Themen getroffen.

Die Digitalisierung findet ihren Bezugspunkt im Namen des Ministeriums, nämlich in der Stärkung des Wirtschaftsstandortes. Im Vorwort betont Frau Minister Dr. Margarete Schramböck: „Ein stabiler und qualitativ hochwertiger Wirtschaftsstandort ist ein wich­tiger Baustein einer erfolgreichen Volkswirtschaft.“ Vor dem Hintergrund des Berichtes kann man hinzufügen, dass die Digitalisierung ein wichtiges Mittel zur Schaffung eines hochwertigen Wirtschaftsstandortes ist.

Digitalisierung wird im Bericht ja als eine Herausforderung der Zukunft gesehen. Viele Punkte, wie etwa die Abschaffung der Mobilfunk-Roaminggebühren, ein einheitlicher EU-Datenschutz, auch wenn uns das jetzt viel Arbeit macht, sind schon erreicht. Wie dieser Bericht auch zeigt, unterstützt Österreich die Strategie zur Fortführung eines digitalen Binnenmarktes ausdrücklich. In der Zeit der Ratspräsidentschaft sollen die Initiativen fortgeführt und verstärkt werden.

Meine Damen und Herren! In der Kombination von Vertiefung der Digitalisierung und entsprechenden Datenschutzbestimmungen kann ein hohes Maß an Verwaltungs­auf­wand eingespart werden. Solches zeigt sich gerade in Bezug auf die Einrichtung eines zentralen Zugangstors, das Einzelpersonen wie auch Unternehmen den Verwal­tungs­aufwand beim Umzug wie auch bei grenzüberschreitenden Geschäften im Binnenmarkt wesentlich zu reduzieren hilft.

Dies bedeutet für die Wirtschaft bessere Rahmenbedingungen für das als zentral angesehene Ziel der Förderung von Wachstum und Forschung. Mit dieser und anderen Maßnahmen wird es leichter möglich sein, behördliche Dienstleistungen online zu erhalten und behördliche Wege digital zu erledigen. Damit wird auch eine Diskri­mi­nierung in Bezug auf Nutzung von nationalen Onlineverfahren für grenzüber­schreiten­der Nutzer verhindert.


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Allerdings – und das ist, glaube ich, sehr wichtig – muss darauf geachtet werden, dass die Digitalisierung wirklich als Mittel für die Menschen und für die Wirtschaft gestaltet wird. Sie darf also nicht Ziel werden, dem sich alles zu unterwerfen hat. Vor allem darf die Digitalisierung nicht zur Ersetzung des persönlichen Kontakts führen, sondern sie muss als Zugang zu dieser persönlichen Beziehung gestaltet werden. Um das zu erreichen, ist auch eine weitergehende Sicherung der Daten und eine Verhinderung von Missbrauchsmöglichkeiten notwendig. Das gilt angesichts der EU-Skepsis, die sich verbreitet; eine solche kann nur eingedämmt werden, wenn persönliche Begegnungen das Ziel darstellen.

Wenn sich die österreichische Bundesregierung zum Ziel setzt, über das einheitliche Portal oesterreich.gv.at eine zentrale Plattform für den Zugang zu den wichtigsten Behördenanwendungen zu schaffen, so ist damit ein wichtiger Schritt zur Begegnung und zur Erleichterung der Bürokratie gesetzt. Dies geschieht auch im Zusammenhang mit einem weiteren grundsätzlichen Ziel, nämlich der Verbesserung des Zugangs zu Finanzmitteln für Klein- und Mittelunternehmen. Diesen Punkt gilt es in Verbindung mit der Ausrichtung auf Nachhaltigkeit zu sehen, denn die KMUs bilden das Rückgrat einer funktionierenden Wirtschaft. Diese zu fördern, bedeutet auch, den Menschen die EU näherzubringen.

Wenn die Frau Minister betont, dass es Ziel sein muss, dass Österreich in die Gruppe der europäischen Innovations- und Digitalisierungsleader aufsteigt, so sieht sie, dass dieses Ziel nur durch bestmögliche Ausgestaltung für innovative Unternehmen, vom Start-up bis zur Industrie, erreichbar ist.

Die wirtschaftliche Entwicklung Österreichs ist wesentlich durch den Rahmen der EU und die Möglichkeiten mitbestimmt, die sich aus der EU-Ratspräsidentschaft Öster­reichs ab dem 1. Juli ergeben. Daraus ergeben sich Chancen und Herausforderungen, die wir nützen müssen.

Meine Damen und Herren! Es bedarf auch einer guten Einbindung in den Wirt­schaftsraum über die EU hinaus. Ein großer Teil des wirtschaftlichen Fortschritts wird ja außerhalb der Länder der EU geschaffen werden, und die EU und Österreich müs­sen sich auch auf diesen Weltmarkt ausrichten. Deshalb begrüßt der vorliegende Bericht grundsätzlich den Abschluss von Handelsabkommen zwischen der EU und Drittstaaten. Das ist ein wichtiger Punkt.

Die Wichtigkeit, aber auch die Brüchigkeit solcher Abkommen zeigt sich ja bereits an­gesichts der Einführung von Zöllen durch Präsident Trump; die Frau Minister hat das heute schon erwähnt. Die EU und damit Europa, aber auch die Einzelstaaten können nur in einer Gemeinschaft erfolgreich sein. Österreich, das als kleines Land von Expor­ten und Investitionen abhängig ist, kann Stärkung durch qualitativ gute Handels­abkommen erfahren. Handelsabkommen sind ja das beste Mittel, um die Globalisie­rung mit verbindlichen Standards und gerechten Spielregeln zu gestalten, wie der Be­richt betont. Auch die Initiative zur Schaffung eines multinationalen Investitionsge­richts­hofes wird begrüßt. In diesem Rahmen können auch österreichische Werte gesichert werden und in die Globalisierung Eingang finden.

Meine Damen und Herren! Das alles ist aber nur möglich, wenn im Mehrjährigen Finanzrahmen die Strategien zur Förderung von Wachstum und Arbeitsplätzen mit Haushaltsdisziplin verbunden werden – ein wichtiger Punkt! Deswegen fordert der Bericht ein, und das ist ganz wichtig, dass die jetzige gute Konjunktur dazu genützt werden müsse, um die öffentlichen Haushalte in Ordnung zu bringen, wie es die jetzige Regierung derzeit macht. Haushaltsdisziplin, Bewältigung neuer Herausforderungen mit vorhandenen Finanzmitteln, nachhaltiges Wachstum und die Senkung von Verwal-


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tungskosten sind also jene Voraussetzungen, die in Zukunft verstärkt ins Auge gefasst werden müssen.

Im Sinne des Wertes der Subsidiarität gilt es, von unten nach oben an einer Ordnung zu arbeiten, die für alle der Rahmen einer geglückten Wirtschaft sein kann.

Meine Damen und Herren! Es steht uns viel Arbeit bevor. Ich bedanke mich bei Frau Minister Dr. Margarete Schramböck und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für den detailreichen Bericht, der darlegt, wie sie im Rahmen der österreichischen Bundes­regierung bereit ist, die Herausforderungen anzunehmen. Viel Arbeit in den nächsten Monaten, Frau Minister, und alles Gute für die Arbeit! – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

14.22


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Hubert Koller. Ich erteile es ihm.


14.22.15

Bundesrat Hubert Koller, MA (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Frau Bundesministerin! Meine werten Kolleginnen und Kollegen hier im Haus und zu Hause vor den Bildschirmen! Kollege Hammerl hat schon sehr viel aus dieser Jahres­vorschau Ihres Ministeriums, Frau Bundesministerin, berichtet. Die Grundlage zu diesem Bericht beziehungsweise zu dem Arbeitsprogramm sind ja die drei Programme, also das 18-Monats-Programm der Trioratspräsidentschaft, dann das Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission und auch das Arbeitsprogramm der bulgarischen EU-Ratspräsidentschaft für das erste Halbjahr.

Wir sind in diesem Bericht ja schon mittendrin, wir könnten eigentlich schon einige Dinge fragen, könnten Sie fragen, was schon erledigt ist. Aber Sie, beziehungsweise das Ministerium, haben es sich zur Aufgabe gemacht, für Österreich oder in Österreich Schwerpunkte zu setzen: die Innovation und die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der kleinen und mittleren Unternehmen als großen Schwerpunkt, die Vertiefung des Binnenmarktes, und man räumt der Digitalisierung, wie Sie, Herr Kollege Hammerl, schon ausgeführt haben, hohe Priorität ein.

Auf EU-Ebene setzt man auf vier Schwerpunkte: die Vollendung des digitalen Bin­nenmarktes – das soll schon bis Ende 2018 passieren –; die Festlegung der dualen Berufsausbildung – als wirkliches Aushängeschild unserer österreichischen Bemühun­gen – in Europa, auf europäischer Ebene; eine Energiestrategie für einen sanften Über­gang zu einer kohlenstoffarmen Produktion sowie einen starken Wirtschafts­stand­ort Österreich in diesem Europa mit den Themen künstliche Intelligenz und Robotik. Dabei will man eben das Zeitfenster der Ratspräsidentschaft ab 1. Juli nutzen, um diese Schwerpunkte voranzutreiben.

In der Außenhandelsstrategie setzen Sie eher auf Synergieeffekte. Man suche, wie man heute gehört hat, neue, qualifizierte Wirtschaftspartnerschaften. Vor allem zielt man aber darauf ab, mittelständische Unternehmen international zu stärken. Man will auf internationaler Ebene in Form einer strategischen Kommunikation für einen ein­heitlichen Auftritt sorgen.

Ich möchte auf ein paar Themen eingehen, vor allem im Zusammenhang damit, wie Österreich – so wie Sie hier im Bericht anführen – die Ratspräsidentschaft nutzen möchte, in welche Richtung es gehen kann.

Das erste Thema sind „Arbeitsplätze, Wachstum und Investitionen“. Da will man das Europäische Semester fortführen – von dem die meisten Aktivitäten allerdings in die jeweils erste Jahreshälfte fallen –, aber vor allem, und das ist auch angesprochen wor-


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den, sind die Verhandlungen des Mehrjährigen Finanzrahmens 2021+ zu führen, wobei die Verhandlungen sicher anstrengend sein werden, da sie ja vom Austritt des Ver­einigten Königreichs geprägt sind, wodurch Mittel wegfallen. Hinsichtlich der öster­reichischen Position war inzwischen zu vernehmen: Wir wollen nicht mehr einzahlen – oder doch mehr einzahlen. Wir wollen mehr für den Grenzschutz – oder doch weniger. Wir wollen der Landwirtschaft die Mittel nicht wegnehmen. Wir wollen mehr für For­schung und Innovation. – Es wird ein Kunststück werden, dies auch zusammen­zu­bringen.

Sie haben besonders die Förderung der kleinen und mittleren Unternehmen angeführt. Österreich arbeitet anscheinend schon an einem Konzept eines offenen Innovations­prozesses und will da konkrete Empfehlungen abgeben. Allerdings steht auch drin­nen – und das ist beachtlich –, dass in der EU 2018 ein Finanzrahmen von 319 Mil­lionen Euro an Mitteln im Cosme-Programm für den Zugang von KMUs zu Märkten und Finanzmitteln zur Verfügung steht. Österreich profitiert davon sehr und hat sich aus diesen Mitteln auch sehr viel Geld rausnehmen können. Dieses Programm wird allerdings derzeit gerade evaluiert, und ein Nachfolgeprogramm soll erst präsentiert werden.

Die Binnenmarktstrategie zielt auf eine Vertiefung ab und ist Österreich laut Ihrem Programm ein zentrales Anliegen. Da legt Österreich den Fokus auf die Verbesserung des Unternehmertums, der Wettbewerbsfähigkeit der Industrie, der Finanzierungs­möglichkeiten, vor allem für Start-ups und KMUs, sowie auf ein unternehmensfreund­liches und bürgernahes Regelungsumfeld. Österreich wird bei diesen Verhandlungen auf die Vorschläge warten und dann weiter fortsetzen.

Ganz wichtig ist vielleicht noch, was Österreich vorantreiben möchte: Wir hatten ja jetzt im EU-Ausschuss die Notifizierungsrichtlinie auf der Tagesordnung, betreffend die wir als Bundesrat unsere Bedenken in einer Mitteilung zum Ausdruck gebracht haben, aber auch die Länderstellungnahmen sind dahin gehend, dass da noch große Be­denken bestehen. Man hat hier also einiges zu tun, will man das in der zweiten Halbzeit beziehungsweise in unserer Ratspräsidentschaft umsetzen.

Zum Warenpaket: Hierbei geht es um den Abbau von Handelshemmnissen durch eine stärkere Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung von nicht oder nur teilweise harmonisierten Waren. Da wartet man auch noch vergeblich auf Vor­schläge, die behandelt werden sollen.

Wir setzen auch auf die Subsidiarität. Neben anderen Maßnahmen will Österreich eine nationale Expertenkonferenz zu diesem Thema in Wien abhalten, um dieses Thema voranzubringen.

Die Ausbildungskooperation und die Lehrlingsmobilität sind, wie bereits angeführt wurde, ein großes Anliegen Österreichs. Die Europäische Ausbildungsallianz besteht ja heuer schon das fünfte Jahr. Dazu gibt es heuer im Oktober eine große Festver­anstaltung in Wien, und die weiteren Grundlagen für die europäische Zusammenarbeit 2020 bis 2030 beziehungsweise deren Ausgestaltung stehen auf der Agenda der österreichischen Ratspräsidentschaft.

Zum Thema der Digitalisierung wurde hier schon vieles angeführt, weshalb ich mich dazu kurz halten möchte. Es gibt schon seit 2015 die Vorschläge für die Legislative, aber auch für die politischen Initiativen, und es geht jetzt eigentlich nur um die Einigung zwischen dem Europäischen Parlament und dem Rat. Österreich möchte die Fort­führung dieser ambitionierten Agenda vorantreiben und vor allem die Themen zen­trales Zugangstor, freier Datenfluss und Onlineplattformen abschließen.


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In der Außenwirtschaft geht es vor allem um multilaterale Handelssysteme, und da hat Österreich sich zum Ziel gesetzt, und zwar im Anschluss an die 11. WTO-Minister­kon­ferenz, bei der überschaubare Beschlüsse gefällt wurden, diese Aufgaben fortzuset­zen.

Die Initiative zur Schaffung eines multilateralen Investitionsgerichtshofes – das ist heute schon angesprochen worden – ist eine große Herausforderung. Darüber, wie das im Endeffekt wirklich aussehen wird, sollen die Verhandlungen beginnen.

Bei den EU-Erweiterungsverhandlungen – das möchte ich noch erwähnen – setzt Öster­reich eher auf die Westbalkanstaaten beziehungsweise auch auf eine klare Politik gegenüber der Türkei. Politische Priorität bleibt die Heranführung der Westbalkan­re­gion an die EU, ergänzt und unterstützt durch den Berlinprozess.

Die Verhandlungen über den Austritt des Vereinigten Königsreichs, also von Großbri­tannien, sollten oder müssten im Herbst abgeschlossen werden, damit das Abkommen dann vor dem 29. März 2019 von den EU-Organen und von Großbritannien genehmigt werden kann. Auch das ist eine Herausforderung.

Wie ich jetzt skizziert habe und Ihrem Bericht entnehmen konnte, gibt es viele Heraus­forderungen, und wir laden ein, die Sozialdemokratie in der Diskussion auf gleicher Augenhöhe mitzunehmen. Wir werden diesen Bericht betreffend diese Vorhaben zustimmend zur Kenntnis nehmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ, bei BundesrätInnen von ÖVP und FPÖ sowie der Bundesrätin Dziedzic.)

14.31


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Christoph Längle. Ich erteile es ihm.


14.31.31

Bundesrat Christoph Längle (FPÖ, Vorarlberg): Herr Vizepräsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, man merkt, wenn man das heurige Halbjahr reflektiert und zurückschaut, dass wir uns mit großen Schritten unserer EU-Ratsvorsitztätigkeit nä­hern, weil so ziemlich jede Tagesordnung diese Berichte, diese Jahresvorschauen und diese EU-Vorhaben zum Inhalt hat; so auch heute.

Digitalisierung und Wirtschaftsstandort, was ist dazu zu sagen? – Betreffend den Wirtschaftsstandort ist einerseits zu sagen, dass es dabei um Sicherheit geht, denn von der Wirtschaft hängt unser aller Leben ab, von der Wirtschaft hängt unsere Gesell­schaft ab, und da wäre es schon gut, wenn diese Standorte geschützt und sicher sind und wir die Sicherheit haben, dass das auch in Zukunft so bleibt.

Wir müssen unsere Arbeitsplätze schützen, wir müssen unsere Betriebe schützen. Unser Wohlstand stützt sich nämlich grundsätzlich auf zwei große Bereiche, bezie­hungs­weise er baut auf zwei großen Bereichen auf. Der eine Bereich ist, dass wir es in unserer Gesellschaft allgemein gewohnt sind, circa 40 Stunden pro Woche zu arbeiten, und der andere, dass unsere Leute grundsätzlich auch eine gute Ausbildung haben. Daher ist es auch wichtig, dass wir Maßnahmen ergreifen und unsere Außengrenzen sowie die EU-Außengrenze schützen und die Einwanderung stoppen, denn durch sie kommen genau jene Leute ins Land, bei denen das eben nicht der Fall ist: Die sind es nicht gewohnt, 40 Stunden pro Woche zu arbeiten, und die haben auch leider eine sehr schlechte Ausbildung und haben in einem hoch technisierten Mittel- und Westeuropa grundsätzlich auch keine guten Chancen und keine guten Aussichten, hier Arbeit zu finden.

Dazu ist zu sagen, dass diese Fehlentwicklungen der letzten Jahre eben abzustellen sind, und das wird ja von unserer Seite unterstützt, auch jetzt im Rahmen des öster-


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reichischen Ratsvorsitzes, dass wir eben maßgebend die Außengrenzen und unseren Wirtschaftsraum schützen.

Noch ein Punkt: digitale Sicherheit. Cyberkriminalität gehört auf das Schärfste be­kämpft. Wir haben dazu gute Abteilungen im Bereich des Bundesministeriums für Inneres und auch des Bundesministeriums für Landesverteidigung. Da wird es wichtig sein, dass wir die Vernetzung innerhalb der EU vorantreiben und auch die Kooperation der Polizei ausbauen.

Zur Digitalisierung gibt es grundsätzlich eigentlich auch nur einen wesentlichen Punkt zu sagen; mittlerweile kennt das ja jeder: Vor 20, 25 Jahren hatte man noch Schreib­maschinen in den Büros, die sind alle Geschichte. Heute sind die Büros voll von digitalen Geräten, angefangen von Computer über Laptops bis hin zu Smartphones – auch das sind kleine Computer, mit denen man überall recht schnell auch in das Internet gehen kann. Das betrifft auch wieder die Wirtschaft, denn die Digitalisierung ist einer der am stärksten wachsenden Sektoren, die wir überhaupt haben. Österreich liegt da im guten vorderen Drittel.

Das Wirtschaftswachstum selbst ist ja derzeit recht erfreulich und liegt bei rund 2,2 Prozent. Unser Ziel ist es – und das versuchen wir jetzt auch umzusetzen –, dass ein dauerhaftes und nachhaltiges Wirtschaftswachstum gewährleistet wird und herbei­geführt wird, dass wir eine produktive Vollbeschäftigung haben. Erfreulicherweise ist es ja mittlerweile auch so, dass unter der neuen Regierung die Arbeitslosigkeit stetig fällt. Das ist gut und positiv.

Ein weiteres Ziel ist es, dass wir ein menschenwürdiges Arbeiten sicherstellen – nach der Faustregel 8 Stunden arbeiten, 8 Stunden Freizeit, 8 Stunden schlafen; ich denke, dass das gut passt –, dass wir eine widerstandsfähige Infrastruktur haben, speziell in Österreich, aber auch auf europäischer Ebene, und vor allem auch die Innovation, Technologie und Forschung vorantreiben, die uns dann auch gute neue Techniken ermöglichen, durch die uns das Arbeiten wieder erleichtert wird, aber auch in Relation zum Umweltschutz, dass wir eben auch saubere Geräte, Apparate und Fahrzeuge haben, die auch umweltschonend sind.

Noch kurz ein Wort zu den Ausführungen von Herrn Kollegen Koller: EU-Erweiterung ist gut und recht; Westbalkan muss man sich im Detail anschauen – derzeit sicherlich nicht, derzeit ist die EU mit sich selber beschäftigt. Und zur Türkei, die Sie ange­sprochen haben, muss man ganz klar sagen, dass wir definitiv gegen einen EU-Beitritt der Türkei sind. Die Regierungskoalition hat sich ja generell dafür ausgesprochen, dass man diese Beitrittsverhandlungen sofort beendet.

Abschließend: Dem Bericht werden wir selbstverständlich zustimmen und ihn positiv zur Kenntnis nehmen. Ich denke auch, dass wir seitens der Bundesregierung profes­sionell und gut aufgestellt sind und guten Mutes auf diesen Vorsitz blicken können. – Danke. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

14.36


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Dr. Ewa Dziedzic. Ich erteile es ihr.


14.36.55

Bundesrätin Mag. Dr. Ewa Dziedzic (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Werte Kollegen und Kolleginnen! Wir sind uns ja nicht so oft einig, aber ich glaube, bei einem Thema schon. Dieses betrifft die digitale Entwicklung, die Transformation, die uns bevorsteht. Da, das wissen wir alle, ist es eine große Aufgabe des Staates, auch von uns, diesen Prozess aktiv zu gestalten und nicht einfach zu vernachlässigen, denn zum einen bietet er große Chancen, beispielsweise neue


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Arbeitsplätze und neue Unternehmen zu schaffen, zum anderen aber auch eine Chance, das Alltagsleben von Bürgern und Bürgerinnen zu vereinfachen.

In Österreich gibt es da noch einiges zu tun. Ich möchte nur ein paar Punkte nennen, wie zum Beispiel die flächendeckende Versorgung mit Hochleistungsinternet oder – jetzt aktuell – vermehrte Umschulungs- und Bildungsangebote, um den Arbeitneh­merInnen die Qualifikation für die Arbeitswelt von morgen zu erleichtern. Wir brauchen auch eine flächendeckende Medienbildung in der Schule, aber auch Kompetenzen in der Ausbildung von Pädagogen und Pädagoginnen, genauso wie Maßnahmen gegen Hass im Netz. Dann gibt es natürlich noch eine Reihe von rechtlichen Rahmenbedin­gungen, beispielsweise betreffend den Datenschutz, die Sicherheit, den Konsumen­tenschutz oder auch klare Regeln zu Big Data.

Einige dieser Punkte sind in diesem Bericht enthalten, das möchte ich hier gleich vor­weg­nehmen, aber einige Antworten der Regierung auf diese aktuellen Entwicklungen sind, wie ich finde, doch eher von gestern. Ein großer Teil der Befürchtungen nämlich, die im Zusammenhang mit der Digitalisierung stehen, betrifft ja die konkreten Aus­wir­kungen auf den Arbeitsmarkt. Unzweifelhaft wird sich dieser durch den digitalen Wan­del ändern. In gewissen Bereichen wird es zu Rationalisierungen und Automatisie­rungen kommen, und es werden Arbeitsplätze wegfallen. Andererseits wieder werden, wie auch bei anderen bahnbrechenden technologischen Entwicklungen, neue Tätig­keits­felder entstehen und somit auch Chancen für Arbeitnehmer und Arbeitnehme­rinnen bieten.

Der Ort und die Zeit der Tätigkeiten werden flexibler, auch da sind wir uns einig. Dies bringt aber nicht nur Vorteile, sondern auch Nachteile und Gefahren hinsichtlich der Rechte von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen. Das sehen wir jetzt an der aktu­ellen Debatte rund um den 12-Stunden-Tag.

Der technologische Wandel und die Digitalisierung der Arbeitswelt bringen enorme Pro­duktivitätsgewinne – auch das wissen wir –, aber die Arbeitszeit der Arbeitnehmer wurde seit über 40 Jahren nicht verkürzt.

Wir wissen, gerade Frauen würden von einer Arbeitszeitverkürzung und nicht ‑verlängerung enorm profitieren. (Bundesrat Längle: Dann ist aber keine Gleichberechtigung mehr gegeben!) Aber, und das wird uns auch im Bundesrat noch beschäftigen, anstatt dass die Regierung aufgrund der Digitalisierung eine Verkürzung auf 30, 35 Stunden anpeilt (Bundesrätin Mühlwerth: Na sicher, womöglich bei vollem Lohnausgleich!), möchte sie demnächst eine 60-Stunden-Woche beschließen. – Ja, so ist das.

Die Frauenministerin – auch das sei erwähnt, denn da merkt man den Unterschied in unseren Schlussfolgerungen, nämlich darüber, welche Chancen die Digitalisierung bietet – hat letztens in der Fragestunde des Nationalrates leider etwas gesagt, was einem eigentlich nur zum Kopfschütteln bewegen kann, nämlich dass das gerade für Frauen eine Chance bietet, da sie ja Telearbeit machen können. Sie übersieht dabei vollkommen, dass die unbezahlte Betreuungsarbeit Arbeit ist und keine Nebenbe­schäf­tigung neben der Erwerbsarbeit.

Im Vorwort des Berichtes, das möchte ich schon noch erwähnen, steht Folgendes: „Unser Ziel muss sein, dass Österreich zur Gruppe der europäischen Innovations- und Digitalisierungs-Leader aufsteigt. Das schaffen wir nur durch eine bestmögliche Ausgestaltung der Rahmenbedingungen für innovative Unternehmen – vom Start-up bis zur Industrie.“ – Die digitale Zukunft muss, das dürfen wir bei diesem einseitigen Fokus nicht vergessen, auch sozial gerecht gestaltet werden. Sie können sich gerne – ich glaube, alle haben es bekommen – Anregungen dazu im Grünbuch holen, das von


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Präsident Reinhard Todt nach den Diskussionen zum Thema Digitalisierung publiziert worden ist.

Wir wissen, diese betrifft nicht nur alle Lebensbereiche, sondern auch alle Politik­bereiche, und wir haben es in einer globalisierten, in einer differenzierenden Welt mit sehr vielen Unsicherheiten in der Bevölkerung zu tun. Umso wichtiger ist es, diesen Wandel, diese Transformation so zu gestalten, dass die sozialen Probleme, die un­gleichen Machtverhältnisse oder die Defizite im Bildungssystem nicht noch vertieft werden. Ich glaube, darin liegt die größte Herausforderung.

Wir brauchen deshalb nicht nur Innovation, sondern auch soziale Verantwortung. Wir müssen das bildungspolitische und demokratische Potenzial von Digitalisierung be­wusst nutzen. Wir benötigen digitale Kompetenz am Arbeitsmarkt, aber genauso digi­tale Bildung an Schulen. Ich hoffe sehr, dass sich die ÖVP-FPÖ-Regierung für einen fairen Zugang zu genau diesen Ressourcen, die die Digitalisierung bietet, einsetzen wird und die soziale Komponente dabei nicht ausblendet. Die Chance der Digita­lisierung wird nämlich dann zum Risiko, wenn Menschen abgehängt werden und wir Verlierer produzieren.

In diesem Sinne: Gestalten wir die Digitalisierung aktiv mit und nehmen wir dabei möglichst viele mit! Unsere Art des Wirtschaftens, darauf müssen wir schauen, gerade in diesem digitalen Zeitalter darf nicht zu Ausbeutung und noch mehr Ausgrenzung führen, sondern muss zu mehr Chancengerechtigkeit für alle führen. Dieser Zugang fehlt mir noch ein wenig, sowohl im Bericht als auch in den bisherigen Redebeiträgen.

Kollege Koller hat zu Recht die EU-Ratspräsidentschaft angesprochen. – Während dieser wäre eine große Chance gegeben, sich nicht nur die Handelshemmnisse anzuschauen, um den Binnenmarkt zu stärken, sondern sich auch für den sozialen Frieden in ganz Europa einzusetzen. Ich glaube, nur wenn wir diese beiden Ebenen zusammen denken, wird es uns gelingen, dass die digitale Transformation tatsächlich eine Chance für uns alle sein wird. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.44


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Danke. – Auf der Zuschauergalerie darf ich eine Klasse der Neuen Mittelschule Dornbirn ganz herzlich bei uns begrüßen. – Herzlich willkommen im Bundesrat! (Allgemeiner Beifall.)

Als Nächster ist Herr Bundesrat Mag. Reinhard Pisec zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.


14.44.39

Bundesrat Mag. Reinhard Pisec, BA MA (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es tut gut, die öster­reichische Wirtschaft bei dieser Bundesregierung mit unserer Wirtschaftsministerin, Infrastrukturminister Norbert Hofer und dem Finanzministerium in sehr guten Händen zu wissen. In Ihrer Präambel sieht man schon, wo Sie die Schwerpunkte setzen, näm­lich bei der Exportwirtschaft, bei der Innovation und bei der Digitalisierung der öster­reichischen Wirtschaft, da das die Zukunft ist und das die Basis für die prosperierende Wirtschaft in Österreich darstellen wird.

Ganz toll habe ich Ihre Veranstaltung Invest in Austria gefunden, die Sie im öster­reichischen Kaiserpalast – so möchte ich es nennen –, im Schloss Schönbrunn abge­halten haben. Damit haben Sie auch einen interessanten Kontrapunkt zu Wien gesetzt, das von diesem imperialen Erbe nicht unbedingt viel wissen möchte. Da sieht man auch, worauf die Internationalität fokussiert – es sind ja alle gekommen: Sie hatten über 100 Teilnehmer, glaube ich, von internationalen, großen Konzernen. Das sind wirk­lich Konzerne gewesen, internationale, multinationale Unternehmen, die gekom-


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men sind und sich Österreich ansehen wollten, und zwar im Schloss Schönbrunn, das mit fast vier Millionen Besuchern jährlich das mit Abstand meistbesuchte Sightseeing­objekt Österreichs ist.

Damit die Innovation und die Digitalisierung auch mit diesen Unternehmen stattfinden können, bedarf es natürlich einer gewaltigen Investitionsleistung, und zwar nicht nur der internationalen Wirtschaft, die natürlich das Geld nach Österreich bringen soll und hoffentlich auch wird, sondern auch österreichischer Unternehmen selbst, denn es soll ja auch Made in Austria by Austrians ein Schlagwort für die österreichische mittel­ständische Wirtschaft sein.

Das ist, glaube ich, dann ein weiterer Punkt, nämlich letztlich in Zukunft diese Inves­ti­tions­bereitschaft zu ermöglichen, damit auch österreichische Unternehmen mitge­stal­ten und im internationalen Wettbewerb reüssieren können. Ich erinnere daran, dass vor wenigen Tagen die Firma Jenbacher, ein Tiroler Traditionsunternehmen mit über tau­send Mitarbeitern, von einem amerikanischen Eigentümer an einen amerikanischen Investmentfonds verkauft worden ist. Das ist wirklich schade. Da sieht man, dass in Österreich das Geld dafür fehlt, dass österreichische Unternehmen, aber auch Staats­unternehmen – es gibt ja auch Staatsfonds wie in Norwegen – da zugreifen und österreichische Akquisitionen für die österreichische Wirtschaft generieren.

Es sind zwar auf der einen Seite Start-ups – die Gründerszene, auf die auch im Bericht richtigerweise und sehr gut fokussiert wird – extrem wichtig, aber natürlich sind auf der anderen Seite auch Akquisitionen, Mergers, wie es so schön heißt, der zweite wichtige Punkt. Das sind bestehende Unternehmen, die bereits Arbeitsplätze haben, und es wäre eine gute Sache, diese wieder in österreichische Hand zurückzuführen. Das hat mit dem Ausverkauf der Gewerkschaftsbank Bawag an den amerikanischen Invest­mentfonds Cerberus – das war eine der ersten dieser Akquisitionen, die ins Ausland gegangen sind – begonnen, und es hat in den letzten Jahren weiter zugenommen. Es gibt Gott sei Dank keine Kriege mehr, Geld wird, wie wir alle wissen, von der EZB und der amerikanischen Fed wie Heu gedruckt, es gibt jede Menge Geld, und das soll auch nach Österreich fließen. Deswegen ist die Investition in Österreich eine gute und tolle Sache.

Heute war Herr Bürgermeister Ludwig zu Gast, der von meiner Seite sicherlich Vor­schusslorbeeren bekommt, da er auf jeden Fall um das x-Fache besser als der ehemalige Langzeitbürgermeister Häupl ist. Ich hoffe, er kümmert sich um Wien, denn die Stadtverschuldung schreitet massiv voran – die Staatsverschuldung, das Erbe, das die Bundesregierung antreten muss, ist ein gewaltiges Erbe. Es gibt eine interessante Korrelation in der Historie, denn je höher eine Stadt- oder Staatsverschuldung wird, desto höher sind die Steuern und Abgaben. Das kann man genau vergleichen; das kann man in jedem Land vergleichen: Je geringer die Verschuldungsquote wird, desto geringer werden die Steuern und Abgaben.

Wir von der FPÖ sprechen uns ganz klar für eine Steuer- und Abgabensenkung in Österreich aus. Hinsichtlich der Unternehmerschaft betrifft das die Senkung der Kör­per­schaftsteuer oder die massive Senkung der Steuern bei nicht entnommenen Ge­winnen. Es ist wichtig, dass Eigenkapital generiert werden kann und die Wirtschaft prosperiert. In Wien hat der Rechnungshof festgestellt, dass die Höhe der Abgaben mittlerweile als Steuern zu klassifizieren sind, weil sie weit über den Eigenmittelbedarf hinausgehen. Ich möchte fast schon sagen, Wien ist mittlerweile so pleite, dass es uns Unternehmen zur Kasse bittet.

In Wien findet im Unterschied zu Europa eine Deindustrialisierung statt. In der Präam­bel zu den Grundlagen für die österreichische Ratspräsidentschaft steht richtigerweise, dass wieder eine Industrialisierung stattfinden soll, da die Industrie und der interna-


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tionale Handel letztlich Arbeitsplätze schaffen. Wir haben heute schon gehört, jeder sechste Arbeitsplatz basiert auf der Außenhandelswirtschaft, die Importe und Exporte betrifft.

Am Schluss finde ich noch eine Kleinigkeit ganz interessant, nämlich den Willen – das ist eine ganz tolle Sache –, ein europäisches Einheitspatent zu schaffen. Vor 145 Jah­ren hat anlässlich der industriellen Weltausstellung in Wien im Jahr 1873 der erste Internationale Patentkongress stattgefunden. In der Geschichte der Patentge­setz­gebung war das der Anlass dafür, den Weg der Internationalisierung zu beschreiten, und wenn anlässlich der österreichischen Ratspräsidentschaft das mit dem Einheits­patent zu einem Abschluss kommt – 145 Jahre später, sehr geehrte Frau Ministerin –, dann werden Sie sicher in den Geschichtsbüchern landen. – Vielen Dank. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

14.51


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Danke. – Als Nächste hat sich Frau Bundesministerin Dr. Margarete Schramböck zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr.


14.51.40

Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Dr. Margarete Schramböck: Herr Vizepräsident! Meine Damen und Herren Bundesrätinnen und Bundesräte! Werte Gäste auf der Galerie! Lassen Sie mich, vor allem weil so viele junge Menschen zusehen, damit beginnen, zu begründen, warum wir das alles tun! Warum tun wir, was wir tun, warum setzen wir uns ein, übernehmen wir Verantwor­tung? – Für die nächste Generation.

Gerade beim Thema Digitalisierung ist es oft so, dass uns junge Leute, die in diese Welt hineingeboren wurden, fragend anschauen, wie es denn sein kann, dass man früher anders gelebt hat. Ich erzähle dann immer das Beispiel vom Vierteltelefon – einige von Ihnen kennen es noch, ein paar von denen, die hier zuhören, wahrscheinlich nicht mehr. So hat sich etwas sehr stark weiterentwickelt, die digitale Transformation geht rasch voran. Alle 250 Jahre passiert etwas, dass sich das Leben so verändert, dass eine Generation sich nicht mehr vorstellen kann, wie die vorige gelebt hat.

Ich spreche aus Erfahrung, denn in meiner Familie war mein Vater im Sommer und auch zur Schule noch in Lederhosen und ohne Schuhe unterwegs. Wir hatten Schwarz­weißfernsehen, und das erste Auto hatten wir erst, als ich elf, zwölf Jahre alt war. Diese Veränderung wirkt sich in allen Lebensbereichen sehr, sehr stark aus, und so ist es unsere Aufgabe, die entsprechenden Maßnahmen zu setzen und Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit – hier kommt es wieder auf die Arbeitsplätze an – und das Leben der Familien gut abzusichern.

Europa und die EU sind eine führende Handelsmacht, wir sind ein großer Binnenmarkt, wir sind immer für das Thema Innovation und Fortschritt gestanden. Deshalb ist es so wichtig, dass wir das Thema digitale Wirtschaft voll ausschöpfen und dass wir die wesentlichen Eckpfeiler entsprechend setzen.

Der erste ganz wichtige Punkt ist, dass uns die Digitalisierung eine großartige Chance bietet. Sie bietet uns die Chance, Arbeitsplätze nach Europa zurückzuholen, Arbeits­plätze, die schon verloren geglaubt waren, Arbeitsplätze vor allem auch in der Indus­trie, indem wir die Industrie zurückholen. Wir sprechen von der Reindustrialisierung Europas mithilfe neuer Methoden wie Artificial Intelligence oder auch Robotics. Es ist unsere Aufgabe, das in Europa gut zu nutzen, und das ist sicher ein Schwerpunkt der Aufgaben während meiner Teilhabe an der EU-Präsidentschaft. Wir haben dazu zwei großartige Beispiele, eines ist die Voest. Das modernste, fortschrittlichste und inno-


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vativste Stahlwerk der Welt wird nicht in Amerika oder in China stehen, sondern bei uns in der Steiermark in Kapfenberg.

Das zweite Beispiel ist Infineon. Dort ist es uns gelungen, eine Investition von 1,6 Milliarden Euro für Österreich abzusichern und rundherum neue Arbeitsplätze zu schaffen. Auch dieses Beispiel zeigt, dass man schon verloren geglaubte Industrie wie die Chipherstellung nach Österreich und nach Europa zurückholen kann – dies auch mit der notwendigen Innovation, mit den digitalen Möglichkeiten, dem Fortschritt und den entsprechenden Erkenntnissen, die wir haben. Deshalb ist es so wichtig, dass wir das als ein wichtiges Thema sehen, als etwas, das in einem ecosystem mit den mittel­ständischen Unternehmen und mit den Start-ups stattfinden soll, denn nur gemeinsam, wenn alle drei guten Zugang zu allen digitalen Möglichkeiten haben – zu Industrie 4.0, zu Blockchain, Artificial Intelligence und Robotics –, werden wir in diesem Wettbewerb mit anderen großen globalen Bereichen wie Asien und den USA ganz weit vorne stehen.

Innovation Leader zu werden ist ein wesentlicher Punkt. Schauen wir uns die Aus­gangslage an: Österreich kann stolz darauf sein, wir nehmen Platz 2 bei den Ausgaben für Forschung und Entwicklung ein, sowohl was öffentliche Hand als auch was private Hand betrifft, wir liegen nur hinter Schweden. Da ist es die Aufgabe, dass wir beson­ders den Bereich der Leitbetriebe, der Start-ups und der Mittelständischen stark unter­stützen, damit das auch weiterhin so sein wird.

Lassen Sie mich kurz etwas zum digitalen Binnenmarkt sagen: Da ist es wichtig, dass wir im Trilog diese Themen – das wurde sehr gut begonnen und von Estland und von Bulgarien weitergeführt – abschließen und möglichst weit vorangehen. Zwei zentrale Themen, die wir zu Ende bringen werden, sind Plattform-to-Business und Public Sector Information. Die Bulgaren haben unter ihrem Vorsitz die Themen free flow of non-personal data und Single Digital Gateway abgeschlossen; wir werden das übernehmen und darauf achten, dass in den nächsten sechs Monaten eine entsprechend starke Umsetzung erfolgt.

Wichtig ist – es wurde bereits erwähnt – das Thema der Berufsausbildung. Skills sind eines der wichtigsten Themen in Europa. Sie machen uns wettbewerbsfähig, sie schaf­fen neue Arbeitsplätze, je besser wir ausgebildet sind. – Auch da spreche ich aus ganz persönlicher Erfahrung, denn mein Vater und meine Mutter haben beide weder Lehre noch irgendetwas anderes machen dürfen. Ich stamme also aus einem Umfeld, in dem Bildung, in dem das weitere Lernen es mir ermöglicht hat, heute hier vor Ihnen zu stehen. Deshalb ist es mir ein so großes Anliegen, dass ich das Thema duale Aus­bildung als einen großen Punkt in die Agenda aufgenommen habe.

Es geht darum, das Thema der Lehre in Gesamteuropa zu verbreiten, denn es macht Europa stark, wenn wir Fachkräfte in allen Bereichen ausbilden und diese Fachkräfte ganz nach vorne bringen. Die Digital Skills, die Fähigkeiten, digitale Kompetenzen zu erwerben, das muss in jedem Land und in jedem Beruf möglich sein. Viele Länder Europas haben diese duale Ausbildung nicht, deshalb ist es uns und mir persönlich ein großes Anliegen, das voranzutreiben und vor allem neue Berufsbilder zu schaffen und auch entsprechend umzusetzen.

Warum ist das so wichtig? – Weil wir diese Fähigkeiten in der gesamten Kette zur Verfügung stellen müssen, da uns die Unternehmen in ganz Europa sagen, dass das fast das wichtigste Thema ist. Schauen wir uns die Jugendarbeitslosigkeit in Europa an, so ist diese besonders in jenen Ländern erhöht, die keine duale Ausbildung, keine Lehrausbildung haben. Gleichzeitig haben die Unternehmen Probleme damit, nicht genügend Personen mit entsprechenden Fähigkeiten zu finden.


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Lassen Sie mich noch auf das Thema Handel eingehen! Es wurde eine aktive Han­delspolitik angesprochen – diese werden wir massiv unterstützen. Es ist wichtig, Eu­ropa auch da wettbewerbsfähig zu machen. Die Europäische Kommission arbeitet an den Themen mit Japan, Singapur und Vietnam, und wir werden dies bestmöglich unterstützen, damit wir Wirtschaftspartnerschaften auf Augenhöhe schließen können. Gleichzeitig ist es aber wichtig, darauf zu achten, wer in Europa investiert, wer welche Unternehmen kauft; deshalb werden wir das Dossier betreffend Foreign Direct Investment, FDI, sehr stark unterstützen.

Worum geht es dabei? – Es geht dabei um ein Investmentscreening, einen Mecha­nismus, damit wir sehen, was geschieht, damit wir nicht plötzlich überrascht sind, wenn chinesische Unternehmen europäische Robotikunternehmen kaufen, die strategisch wichtig für die Zukunft Europas sind, wie es in Deutschland passiert ist. Da müssen wir Transparenz schaffen, und deshalb werde ich dies auch stark vorantreiben.

Generell werden wir als Honest Broker auftreten: Wir werden die Themen der unter­schiedlichsten Länder berücksichtigen. Wir stehen aber auch ganz klar für eines, das haben wir auch lokal in Österreich schon gezeigt: für eine starke Umsetzung der The­men, die gerade auf europäischer Ebene anstehen.

Mit den bevorstehenden Wahlen kommt uns eine besondere Rolle zu, derer wir uns bewusst sind. Wir werden deshalb, so wie auch in Österreich, auf europäischer Ebene auf Umsetzung setzen und jene Dinge vorantreiben, die wichtig sind. Dabei werden wir auf Qualität setzen und auch darauf achten, das Thema Deregulierung und Entbüro­kratisierung auf europäischer Ebene zu forcieren, nicht nur auf österreichischer. Wir werden auch darauf achtgeben, dass nicht alles abgearbeitet wird, nur weil es halt vorliegt, sondern dass mit großer Qualität gearbeitet wird. – Ich danke für Ihre Auf­merk­samkeit. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

15.01

15.01.05


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

15.01.494. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2018 betreffend ein Bundesgesetz zur Festlegung einheitlicher Standards beim Infrastrukturaufbau für alternative Kraftstoffe (137 d.B. und 180 d.B. sowie 9978/BR d.B.)


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Wir gelangen nun zu Punkt 4 der Tages­ordnung, zu dem ich ganz herzlich Frau Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tou­rismus Elisabeth Köstinger bei uns begrüße. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und FPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller.)

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Marianne Hackl. Ich bitte um den Berich


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t.


15.02.19

Berichterstatterin Marianne Hackl: Herr Präsident! Ich bringe den Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2018 be­treffend ein Bundesgesetz zur Festlegung einheitlicher Standards beim Infrastruktur­auf­bau für alternative Kraftstoffe.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Wirtschaftsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 26. Juni 2018 mit Stim­menmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates kei­nen Einspruch zu erheben.


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Danke für den Bericht.

Auf der Zuschauergalerie begrüße ich nun ganz herzlich die Bezirksgruppe der FPÖ Schwaz. – Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Stefan Zaggl. – Bitte.


 15.03.22

Bundesrat Stefan Zaggl (SPÖ, Tirol): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrte Frau Ministerin Köstinger! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Liebe Zuseher auf der Galerie und vor den Bildschirmen! Dieser Gesetzentwurf, den wir heute beschließen, ist die Umsetzung der Richtlinie über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraft­stoffe. Der Verkehr nimmt immer mehr zu, und in Zeiten des Klimawandels und in Zeiten, in denen man endlich zur Kenntnis nimmt, dass der Straßenverkehr und Ver­bren­nungsmotoren insgesamt für die Klimaentwicklung ein großes Problem darstellen, ist diese Regelung eigentlich ein längst überfälliger Schritt für die Zukunft. (Präsident Todt übernimmt den Vorsitz.)

Wesentliche Teile der Richtlinie wurden bereits im Nationalen Strategierahmen Sau­bere Energie im Verkehr im November 2016 umgesetzt. Es wurden insbesondere die strategischen Vorgaben und Strukturen festgelegt, die grundsätzlich notwendig sind, um in diesem Bereich weiterzukommen.

Bei einem Detail, nämlich bei der Umsetzung der technischen Vorgaben, war es dann aber komplizierter als gedacht: Das damalige Wirtschaftsministerium hat sich nämlich geweigert, sich überhaupt zuständig zu fühlen. Der Verfassungsdienst des Bundes­kanz­leramtes musste dann eingreifen und im Jänner 2017 eine Klärung herbeiführen. Mehr als ein Jahr später haben wir jetzt den Entwurf – erstaunlicherweise wurde er nicht vom Wirtschaftsministerium vorgelegt, sondern vom Nachhaltigkeitsministerium. (Bun­desrat Brunner: Weil es zuständig ist!)

Ich möchte aber jetzt nicht hinterfragen, ob es sein muss, dass das Nachhaltigkeits­ministerium eine Verordnungsermächtigung für das Wirtschaftsministerium ausstellt. (Bundesministerin Köstinger: Nein!)

Wenn man möchte, dass sich die E-Mobilität weiterentwickelt, bedarf es vieler Maß­nah­men, um da ein Weiterkommen zu fördern. Dass nun endlich die technischen Grundlagen für die Ladeinfrastruktur definiert werden, ist schon ein guter, notwendiger Schritt.

Die Zuwächse im Bereich E-Mobilität im vergangenen Jahr haben gezeigt, dass es zu einer Dynamisierung in diesem Bereich kommt, dass auch mit öffentlicher Hilfe viel in Bewegung gesetzt wurde. Jetzt braucht es endlich klare technische Vorgaben für die Betreiber, auch im Sinne der Nutzerinnen und Nutzer. Das Gesetz ist prinzipiell in Ordnung – ein wichtiger Teil, der in diesem Gesetz verankert sein müsste, fehlt uns aber immer noch: Die Vorgaben für die Transparenz und Vergleichbarkeit der Preise müssen für Nutzerinnen und Nutzer gegeben sein. Wenn derartige Vorgaben fehlen, kann es dazu kommen, dass man vor dem Laden keine Ahnung hat, welcher Preis am


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Ende verlangt wird und wie viel man zahlen muss. Das ist natürlich etwas, das unseres Erachtens nicht wirklich sinnvoll ist – das schafft Verunsicherung und ist Gift für die weitere Entwicklung der E-Mobilität.

Es ist Aufgabe der Politik, die nötigen Rahmenbedingungen zu schaffen, damit die E-Mobilität für alle alltagstauglich wird. Diese Kritik unserer Fraktion ist kein Justament­standpunkt, sondern wurde in der Begutachtung von verschiedenen Stellen wie So­zialministerium, E-Control, von der Arbeiterkammer und in einem Positionspapier von Austrian Mobile Power gleichfalls sehr deutlich angemerkt – diese Einwände wurden jedoch nicht zur Kenntnis genommen. Geschätzte Damen und Herren, das ist sehr bedauerlich, deshalb können wir diesem Gesetzentwurf auch nicht zustimmen. – Vie­len Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller.)

15.07


Präsident Reinhard Todt: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Robert Seeber. – Bitte.


15.07.20

Bundesrat Robert Seeber (ÖVP, Oberösterreich): Liebe Kolleginnen und Kollegen! Hohes Präsidium! Sehr geehrte Frau Bundesminister Köstinger! Es geht heute um einheitliche Standards beim Infrastrukturaufbau für erneuerbare Energien. Das ist ein Thema, welches die Wirtschaft – ich sage das auch als Wirtschaftler – sehr beschäftigt. Man hat sich nämlich das ambitionierte Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2030 die Treib­haus­gasemissionen im Vergleich zum Jahr 2005 um 36 Prozent zu reduzieren, in der Klima- und Energiestrategie #mission2030 ist das ganz klar definiert. Das ist ambitioniert, keine Frage – aber machbar!

Für mich als jemand, der aus der Wirtschaft kommt, ist wichtig, dass da Wirtschaft und Klimaschutz natürlich Hand in Hand gehen müssen. Wir dürfen nicht vergessen, dass im Bereich der erneuerbaren Energien, das ist ganz eine interessante Zahl, 37 000 Mit­arbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten, und österreichweit wird ein Umsatz von circa 7 Milliarden Euro erwirtschaftet.

Ich darf dazusagen, dass es in Österreich sehr viele Firmen gibt, die im Bereich der erneuerbaren Energien Weltmarkführer sind. Aus meinem Bundesland möchte ich da stellvertretend die Firmen Fronius International beziehungsweise Kreisel Electric aus dem Mühlviertel erwähnen: Da wird etwas für die Zukunft gemacht! Da geht es um zukunftsfitte Arbeitsplätze und auch darum, den Standort Österreich entsprechend zu positionieren, daher ist dieses Thema von eminenter Bedeutung.

Man ist mit diesem Gesetzentwurf dabei, eine EU-Richtlinie umzusetzen. Es geht kon­kret um Verordnungsermächtigungen, um technische Standards in diesem Bereich zu gewährleisten. Es werden in diesem Gesetzentwurf auch genaue Normen definiert, die die Rechte und Pflichten von Betreibern öffentlich zugänglicher Ladestationen betref­fen.

Diese einheitlichen Standards, wie im Gesetzentwurf vorgesehen, sind einfach wichtig für den Nutzer, aber auch für die Unternehmen. Das alles hat die Emissions­reduzie­rung zum Ziel: Die Attraktivität von alternativen Antrieben gehört forciert und damit letzt­endlich auch der CO2-Ausstoß entsprechend minimiert.

Es geht in diesem Gesetzentwurf auch darum, unter welchen Bedingungen öffentliche Ladestationen zugänglich sind. Da spreche ich auch davon, wie man Ladestationen auf öffentlichem Grund beziehungsweise auf Raststätten zugänglich macht. Das bringt sicherlich einen Nutzen für Elektrofahrzeugbesitzer: Es gibt damit ein dichteres Netz an Ladestationen, und die Betreiber von öffentlichen Ladestationen müssen sich verpflich­ten, diese entsprechend zugänglich zu machen, und zwar – was für mich ganz wichtig


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ist – immer ohne Mitgliedschaft oder Ähnliches. Der Nutzer ist dadurch sehr flexibel und braucht sich weniger zu binden – als Mann der Marktwirtschaft, als der ich hier stehe, ist das nur zu begrüßen. Die E-Mobilität wird damit für den Konsumenten ent­sprechend attraktiver.

Im Gesetzentwurf sind auch Ausnahmen für Elektrotaxis beziehungsweise für Elektro­busse festgelegt; weiters werden einheitliche Standards für das Laden, für die soge­nannte Steckerinfrastruktur geschaffen. Das ist ja bei herkömmlichen Kraftstoffen schon lange Standard, denken Sie an die Tankstelle: Da gibt es keine Probleme mit Unter­schieden, wenn man an der Zapfsäule steht – dasselbe sollte eigentlich auch für Strom, Wasserstoff und Gas gelten.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird also eine EU-Richtlinie umgesetzt, und was für mich als Unternehmer wichtig ist: Es ist für die Unternehmen von enormem Vorteil, und letztendlich auch für den Nutzer. Eines ist aber klar, das darf ich hier an dieser Stelle sagen: Dieses Gesetz benötigt natürlich eine weltweite Energie- und Klima­strategie. Ich beschränke mich einmal auf Europa: Man wird eine abgestimmte Energie- und Klimaschutzpolitik brauchen, die besonders im bilateralen Verhältnis abge­stimmt werden muss. Es gibt dazu, wie mir Experten versichert haben, Ge­sprächsbedarf, aber auch noch Gespräche, um die Maßnahmen entsprechend zu for­cie­ren. Dieser Gesetzentwurf, der von Frau Bundesminister Köstinger auf den Weg ge­bracht wurde, unterstützt die #mission2030, indem alternative Kraftstoffe attraktiv ge­macht werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin der festen Überzeugung, dass die Energiewende eine Chance für die Unternehmen darstellt: eine Chance für zukunfts­orientierte Arbeitsplätze und auch eine Chance für den Export. Ich bedanke mich bei unserem Koalitionspartner, der dieses Gesetz entsprechend mitträgt, um es auf den Weg zu bringen.

Ich bedanke mich auch bei unserer Frau Bundesministerin Köstinger, die dieses Gesetz initiiert hat und damit einen richtigen Weg beschreitet. Mein Wunsch wäre eigentlich nur, weil dieser Gesetzentwurf sehr vernünftig ist und in die richtige Richtung geht, dass auch die Opposition da mitgehen kann – das würde ich mir wünschen. – Danke. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller.)

15.14


Präsident Reinhard Todt: Ich darf nun ganz herzlich Herrn Landtagsabgeordneten und Klubobmann der ÖVP im Burgenländischen Landtag Christian Sagartz auf der Galerie begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Michael Bernard. – Bitte.


15.14.32

Bundesrat Michael Bernard (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister Köstinger! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie und vor den Bild­schirmen! Als freiheitlicher Energiesprecher von Niederösterreich und als Bundesrat begrüße ich das neue Bundesgesetz zur Festlegung einheitlicher Standards beim Infra­strukturaufbau für alternative Kraftstoffe. Mit diesem werden alternative Antriebs­technologien gestärkt, die Abhängigkeit von Erdöl verringert und die Umweltbelastung durch den Verkehr begrenzt.

Mit dem Gesetzentwurf wird weiters die längst umzusetzende Richtlinie 2014/94/EU über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe, ABl. L 307 vom 28.10.2014 in nationales Recht umgesetzt, somit kann auch das Vertragsverletzungsverfahren zwi­schen der Europäischen Kommission und der Republik Österreich beendet werden.


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Für unsere Lebensqualität und unseren Wohlstand ist die Mobilität von Personen und Gütern eine wesentliche Voraussetzung. Ein innovatives und funktionierendes Mobi­litäts- und Transportsystem ist nicht nur für das persönliche Wohlbefinden, sondern auch für die Wettbewerbsfähigkeit und die Attraktivität als Standort entscheidend.

Mobilität ist aber auch in ländlichen Regionen ein wichtiges Thema, nicht nur für den Weg zum Arbeitsplatz, sondern auch für die Freizeit und die Erledigung der täglichen Bedürfnisse. Ein Großteil der Strecken im ländlichen Raum wird mit dem Pkw zurück­gelegt, aber auch unter den Berufspendlern ist es die Mehrheit, die den täglichen Weg in die Arbeit mit dem eigenen Pkw zurücklegt.

Über 2 Millionen Menschen in Österreich arbeiten außerhalb ihres Wohnortes. Bei jenen beispielsweise, die nach Wien pendeln, benutzen nur 32 Prozent die öffentlichen Verkehrsmittel. Wir müssen daher sicherstellen, dass Mobilität leistbar bleibt und die Menschen das Verkehrsmittel frei wählen können. Alternative, umweltschonende Antriebsformen, die den CO2-Ausstoß im Verkehr reduzieren, wie zum Beispiel Elektro- oder Hybridmotoren, sind mögliche zukunftsträchtige Mobilitätsangebote.

Damit es zu einer noch stärkeren Nutzung dieser Alternativen kommt, müssen die Rahmenbedingungen für die Elektrifizierung des Verkehrs verbessert werden, das bedeutet vor allem eine bessere Abdeckung der Ladeinfrastruktur. Es sollte unser Ziel sein, auf Basis dieser Innovation sowie weiterer alternativer Kraftstoffe wie Was­serstoff, Biokraftstoffe, Biomethan, Flüssigerdgas und so weiter nachhaltige und klima­verträgliche Mobilität sicherzustellen.

Mit der Schaffung einheitlicher Standards beim Infrastrukturaufbau für alternative Kraftstoffe ist ein wesentlicher und wichtiger Schritt in Richtung Zukunft vollbracht. Um den erfreulichen Weg bei der Steigerung der Zahl von Neuzulassungen von Elektro­fahrzeugen in Österreich von Platz fünf auf Platz eins der EU fortsetzen zu können, ist es unter anderem notwendig, den Nutzern von Elektrofahrzeugen das Laden an öffentlich zugänglichen Ladepunkten zu ermöglichen, ohne dass ein Dauerschuld­ver­hältnis mit den Betreibern abgeschlossen werden muss.

Als weiterer Kerninhalt des Bundesgesetzes gilt die Verordnungsermächtigung der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort, um die Einhaltung der zu erfüllenden technischen Spezifikationen für Strom-, Wasserstoff- und Erdgastank­stel­len zu gewährleisten. Aufgrund der zu erwartenden positiven Auswirkungen des neuen Bundesgesetzes werden wir Freiheitlichen keinen Einspruch gegen den Beschluss des Nationalrates erheben. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

15.19


Präsident Reinhard Todt: Ich darf nun auf der Galerie unseren ehemaligen Kollegen, den ehemaligen Bundesrat Herrn Franz Perhab begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)

Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Elisabeth Köstinger. – Bitte.


15.19.25

Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus Elisabeth Köstinger: Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder des Bundesrates! Ich freue mich sehr über die heu­tige Aussprache und darf Ihnen vielleicht ergänzend noch einige Punkte zu diesem Bundesgesetz erläutern.

Gleich zu Beginn: Die Verwunderung des Herrn Bundesrates Zaggl lässt sich relativ leicht mit einem Blick ins Bundesministeriengesetz auflösen: Seit 8. Jänner 2018 fallen Agenden der elektrischen Energie und des Bergbaus in die Zuständigkeit des Bun-


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desministeriums für Nachhaltigkeit und Tourismus – somit liegt eben auch die Zu­ständigkeit für dieses Bundesgesetz bei meinem Ressort. 

Es ist schon angesprochen worden, dass die CO2-Emissionen in den letzten Jahren gestiegen sind. Vor allem im Jahr 2016 haben wir wieder einen eklatanten Anstieg verzeichnen müssen, und auch das Jahr 2017 zeigt ähnliche Daten. Wir als Bun­des­regierung haben speziell das Thema Klimaschutz und auch den nachhaltigen Umbau unseres Energiesystems als eine unserer großen Prioritäten auserkoren, und da ist für uns vor allem auch dieses Thema saubere Mobilität sehr wichtig.

Ich habe gemeinsam mit Bundesminister Norbert Hofer die Klima- und Energiestrategie #mission2030 vorgelegt. Das ist unsere Strategie, wie wir bis zum Jahr 2030 unseren CO2-Ausstoß um rund 36 Prozent reduzieren wollen. Ein Teil davon – damit das auch gelingen kann – ist natürlich, neben Förderungen und Anreizen, auch die notwendige Infrastruktur auszubauen. Das vorliegende Gesetz leistet dazu einen wichtigen Beitrag.

Ich darf Ihnen das anhand der drei Säulen noch ganz kurz erläutern. Zur ersten Säule: Zum einen ist es wichtig, wie Voraussetzungen gestaltet werden, damit Ladesäulen auch öffentlich zugänglich zu betreiben sind. Darunter fallen eben auch die Lade­punkte, die sich beispielsweise auf öffentlichem Grund, öffentlichen Verkehrsflächen oder vor allem eben auch an Raststätten entlang der Autobahnen befinden.

Als zweite wichtige Säule haben wir klar verankert, dass diese Infrastruktur und diese Ladepunkte allen Nutzerinnen und Nutzern zugänglich sein müssen, und das, wie auch schon gesagt, ohne Mitgliedschaft und ohne zusätzliche Kosten. Wir haben aber trotz­dem sinnvolle Ausnahmen geschaffen, wie beispielsweise für betriebliche Zwecke – Stichwort E-Taxis, E-Carsharing oder E-Busse.

Die dritte Säule: Mit dem Gesetz schaffen wir die Grundlage für eine einheitliche Steckerstandardbasis. Das ist das, was sich, glaube ich, jeder Handynutzer in Europa wünscht, was er unglaublich gerne hätte. Bei den E-Ladestationen ist es uns, wie bei Wasserstoff und auch CNG-Tankstellen, gelungen, ein einheitliches Steckersystem zu etablieren. Das soll auf jeden Fall dazu beitragen, dass eine einfachere und kom­fortable Nutzung für die Benutzer der Alternativantriebstoffe wirklich gegeben ist.

Zu guter Letzt darf ich noch kurz auf die Wortmeldung des Herrn Bundesrates Zaggl und seinen Einwand, warum er – oder die Opposition – nicht zustimmen kann, ein­gehen. Das war der Vorwurf, dass es keine Preistransparenz gibt, dass quasi die Kon­sumentinnen und Konsumenten nicht sehen, wie sich die Preissituation gestaltet.

Diesen Vorwurf kann ich sehr schnell entkräften. Die entsprechende Bestimmung wurde bereits im Preisauszeichnungs- und im Dienstleistungsgesetz verankert. Sie ist also auch im Bereich des Konsumentenschutzes schon geregelt, sie ist in Österreich schon in der Umsetzung. In dem Bundesgesetz, das wir im Nationalrat beschlossen haben und das Ihnen hier nun vorliegt, geht es wirklich nur mehr um die Teile, wie die Infrastruktur zu handhaben ist. Alles andere wurde, was die EU-Verordnungen betrifft, bereits beschlossen und ist bereits umgesetzt.

Vielleicht kann das als Argument für Sie dienen, dass Sie hier doch noch zustimmen. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

15.23

15.23.54


Präsident Reinhard Todt: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 116

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

15.24.205. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2018 betreffend Protokoll von Nagoya über den Zugang zu genetischen Ressourcen und die ausgewogene und ge­rechte Aufteilung der sich aus ihrer Nutzung ergebenden Vorteile zum Über­ein­kommen über die biologische Vielfalt (144 d.B. und 155 d.B. sowie 9979/BR d.B.)


Präsident Reinhard Todt: Wir gelangen nun zu Punkt 5 der Tagesordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller. – Ich bitte um den Bericht.


15.24.52

Berichterstatterin Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP, Tirol): Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Umweltausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2018 betreffend Protokoll von Nagoya über den Zugang zu genetischen Ressourcen und die ausgewogene und gerechte Aufteilung der sich aus ihrer Nutzung ergebenden Vorteile zum Übereinkommen über die biologische Vielfalt.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Umweltausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 26. Juni 2018 mit Stimmen­einhelligkeit den Antrag,

erstens, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu er­heben,

zweitens, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen,

und drittens, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates, gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 4 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben.


Präsident Reinhard Todt: Danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort ist Herr Bundesrat Dr. Peter Raggl gemeldet. Ich erteile dieses. – Bitte.


15.26.18

Bundesrat Dr. Peter Raggl (ÖVP, Tirol): Hohes Präsidium! Sehr geehrte Frau Bun­desminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Besucher auf der Galerie! Ich darf hier heute über ein Protokoll sprechen, das einen ziemlich sperrigen Titel hat: Zugang zu genetischen Ressourcen und die ausgewogene und gerechte Aufteilung der sich aus ihrer Nutzung ergebenden Vorteile zum Übereinkommen über die biologische Vielfalt. – Das ist ein sperriger Titel, aber ein ganz wesentlicher Inhalt. Es wurde heute schon angesprochen, dass man Dinge nicht nur für die heutige Generation, sondern auch für zukünftige Generationen regeln muss.

Das Protokoll von Nagoya – ein völkerrechtlicher Vertrag – hat durchaus schon eine längere Geschichte hinter sich. Das Protokoll wurde bereits im Jahr 2010 beschlossen. Es ist 2014 in Kraft getreten, nachdem es von 50 Nationalstaaten ratifiziert wurde, so wie es bei völkerrechtlichen Verträgen üblich ist. In der Zwischenzeit haben es schon über 100 Nationalstaaten ratifiziert. Österreich ist da also nicht gerade bei den füh­ren-


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 117

den Staaten dabei. Unsere Frau Bundesminister aber hat dieses Protokoll, wie so vieles, in die Hand genommen und in den Nationalrat und in den Bundesrat einge­bracht, damit es endlich auch in Österreich ratifiziert wird.

Ich sage aber auch, dass ich verstehe, warum es ein bissl länger gedauert hat. Das hat auch mit unserer Bürokratie in Österreich und mit der Aufteilung der Kompetenzen zu tun. Bei diesem Protokoll handelt es sich um eine sogenannte Querschnittsmaterie, daher braucht es zusätzlich zu unserer Zustimmung hier im Bundesrat und im Natio­nalrat schlussendlich auch noch die Zustimmung der Bundesländer.

Ich glaube, auch aus dieser Materie ableiten zu können, dass es durchaus wichtig und richtig ist, wenn unsere neue Bundesregierung versucht, in verschiedenen Bereichen mehr Straffheit und mehr Effizienz zu erreichen, und so sollte es zukünftig auch bei diesen komplizierten Kompetenzregelungen sein.

Nun zurück zum Protokoll: Was wird in diesem Protokoll von Nagoya geregelt? – Es sollte die Nutzung von genetischem Material, also von Erbmaterial, für das es ganz ver­schiedene Einsatzmöglichkeiten gibt – Medizin, Kosmetik, aber auch Landwirt­schaft –, geregelt werden. Wenn es gelingt, dieses Erbmaterial entsprechend zu nützen, geht es um große volkswirtschaftliche, aber auch materielle Möglichkeiten.

In den letzten Jahrzehnten ist es oft passiert, dass ein unberechtigter Zugriff – ohne aus­drückliche Zustimmung der jeweiligen Nationalstaaten, vor allem betreffend Ent­wick­lungsländer – auf dieses Erbmaterial erfolgt ist, und dieses Erbmaterial wurde in Form der sogenannten Biopiraterie in die westliche Welt gebracht, womit wirklich große Gewinne – mit medizinischen Arzneimitteln oder Kosmetik – eingefahren worden sind.

Dieses Protokoll regelt den Zugriff auf das Erbmaterial, damit dieses wirklich nur für positive Entwicklungen verwendet werden kann und damit gleichzeitig gerade auch die Entwicklungsstaaten vom Gewinn, der dann häufig in der westlichen Welt gemacht wird, einen entsprechenden Anteil haben.

Da wird geregelt, dass das genetische Material nur aus einem Nationalstaat kommen kann, wenn der jeweilige Staat das auch tatsächlich erlaubt – das Verfügungsrecht liegt also beim Staat –, wenn es eine einvernehmliche Regelung gibt, unter welchen Bedingungen das genetische Material exportiert werden kann. Es ist interessant, dass diese Gegenleistungen nicht immer nur aus Geld bestehen, gerade in den Entwick­lungsländern kann das auch Entwicklungshilfe oder technischer Support sein.

Das ist also der Inhalt, der Grund, warum es dieses Protokoll braucht. Ich glaube, dass da sehr viel Gutes auch für die Entwicklungsländer passiert ist. Ich ziehe da manchmal auch Parallelen zur heimischen Landwirtschaft, weil ich ja auch Landwirt­schafts­ver­treter bin. In der langen Kette von der Produktion bis hin zur Vermarktung ist auch der Urproduzent das letzte Glied, das mit dem abgespeist wird, was übrig bleibt. Damit das nicht passiert, hat man dieses Protokoll geschaffen.

Weil ich die Landwirtschaft angesprochen habe: Ich begrüße die Initiativen unserer Frau Bundesministerin, auch in Richtung EU, dass es ebenso einen Regelungs­mecha­nismus für eine gerechtere Aufteilung in der Produktionskette bis hin zur Verarbeitung, Vermarktung und zum Verkauf von Lebensmitteln geben muss, damit der Urproduzent nicht zu kurz kommt.

Abschließend möchte ich sagen, dass ich mich sehr freuen würde, wenn wir die Ratifizierung auch in den Bundesländern sehr rasch über die Bühne bringen könnten, damit dieses wichtige Protokoll auch in Österreich entsprechende Gültigkeit hat. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller.)

15.32



BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 118

Präsident Reinhard Todt: Als Nächster ist Herr Bundesrat Mag. Michael Lindner zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm dieses. – Bitte.


15.32.22

Bundesrat Mag. Michael Lindner (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Frau Bundesministerin! Geschätzte KollegInnen und ZuseherInnen! Ich nehme gleich die Spannung weg: Auch wir werden der vorliegenden Regierungsvorlage zur Ratifizierung des Nagoya-Protokolls unsere Zustimmung erteilen. – Damit das Wesentliche einmal gesagt ist. (Heiterkeit bei Bundesräten der ÖVP.)

Wir stimmen deswegen zu, weil die biologische und genetische Vielfalt das natürliche Fundament eines jeden Landes ist, wie ich glaube. Dass man daher sorgsam und schonend mit der kommerziellen Verwertung umgehen soll, ist uns wohl allen klar. Es war für viele Entwicklungsländer – mein Vorredner hat es schon angesprochen – grund­legend wichtig, dass mit diesem Protokoll die sogenannte Biopiraterie – die kommerzielle Plünderung von genetischen Ressourcen – verhindert werden soll. Man muss sich vorstellen, dass allein im 20. Jahrhundert weltweit 75 Prozent aller landwirt­schaftlichen Kulturpflanzen verloren gegangen sind.

Das Protokoll verpflichtet uns dazu, dass wir in Österreich kontrollieren, wenn Pro­dukte, deren Entwicklung auf der Verwendung von genetischen Ressourcen basiert, zugelassen oder vermarktet werden. Wir haben zu kontrollieren, ob die Erlaubnis zur Nutzung der genetischen Ressourcen rechtlich einwandfrei erworben wurde. Wir haben zudem zu kontrollieren, ob die Vorteile aus der Nutzung – de facto der Gewinn – auch mit dem Ursprungsland geteilt werden. Der Kollege hat es ja schon ange­sprochen, dass diese Nutzung oft ein Milliardengeschäft für die Pharma-, Kosmetik- und Agrarindustrie gewesen ist, wobei die Ursprungsländer – oft Entwicklungsländer – eigentlich leer ausgegangen sind.

Zugegebenermaßen waren wir alle, glaube ich, ein bisschen verwundert, dass es so lange gedauert hat, bis wir über diese Ratifizierung abstimmen können. Das Abkom­men ist 2014 unterschrieben worden. Nun hat uns ein blauer Brief aus Brüssel mit der Androhung eines Vertragsverletzungsverfahrens erreicht. Das hat es offensichtlich gebraucht, damit endlich auf allen Ebenen etwas in die Gänge kommt. Da hat wohl auch ein bisschen mitgespielt, dass wir uns vor unserem EU-Vorsitz beziehungsweise vor der Vertragsparteienkonferenz im November nicht ganz blamieren wollten.

Die Ratifizierung dieses Protokolls alleine reicht aber noch nicht aus, wir brauchen zur Umsetzung dieser EU-Verordnung auch ein Gesetz. Sie haben, Frau Ministerin, in der Nationalratssitzung erwähnt, dass die Gespräche mit den Bundesländern abge­schlos­sen sind. Uns würde nun natürlich interessieren, was abschließend geklärt werden konnte und wann wir mit diesem Gesetzentwurf rechnen können.

So haben wir im Ausschuss gehört, dass das Protokoll keine eigene Schiedsstelle vorsieht, sondern dass es bilaterale Vereinbarungen braucht, um das sozusagen zu kontrollieren. Da wird es natürlich schon spannend, zu sehen, wie denn die Umsetzung dieser Kontrolle in Österreich ausschauen wird. Sehr viele Staaten verwenden ein System von sogenannten Checkpoints, das heißt, die Unternehmen müssen mit dem Antrag auf Marktzulassung nachweisen, dass sie die Vorschriften zur Nutzung von genetischen Ressourcen auch wirklich eingehalten haben. Erst dann kann die Zulassungsbehörde die Zulassung erteilen. Wenn es kein Marktzulassungsverfahren gibt, muss vor dem Inverkehrbringen, also vor dem Verkauf dieses Produktes, eine einwandfreie Dokumentation oder ein Nachweis erbracht werden.

Man hört aus manchen Organisationen, dass in Österreich eine „Schmalspur­variante“ – unter Anführungszeichen – dieser Kontrollen geplant wird, dass nur Stichproben-


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 119

kon­trol­len durchgeführt werden sollen. Mich würde interessieren, ob das stimmt, und falls ja, warum Sie nicht ein ähnlich flächendeckendes System mit Checkpoints planen, denn damit hätten wir in unserem Land einen wesentlich besseren Überblick und auch eine bessere Kontrolle. Wenn es nur Stichproben sein sollen, dann stellt sich die Frage, wie dieser Kontrollmechanismus finanziell dotiert ist, ob es genügend Geld für ausreichend Stichprobenkontrollen gibt. (Bundesrätin Mühlwerth: Wo wart ihr denn von 2014 bis 2017?) Das ist auf jeden Fall dafür notwendig, da würde mich Ihre Antwort interessieren. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller.)

15.36


Präsident Reinhard Todt: Als Nächster ist Herr Bundesrat Mag. Dr. Michael Raml zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm dieses.


15.36.36

Bundesrat Mag. Dr. Michael Raml (FPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Frau Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Zuschauergalerie und natürlich zu Hause vor den Bildschirmen! Herr Bundesrat Lindner, es hat offenbar nicht nur – vielleicht, das kann ich nicht beurteilen – eines blauen Briefes aus Brüssel bedurft, damit das umgesetzt wird, sondern auch einer blauen Bundesregierung. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wir holen diese Versäumnisse sehr gerne nach.

Der Kollege von der ÖVP hat ja schon angesprochen, dass wir in Österreich natürlich schon auch mit einer gewissen Bürokratie leben müssen, die möglicherweise auch für die Verzögerung verantwortlich ist.

Nichtsdestotrotz – da sind wir uns alle miteinander in diesem Plenum einig – sind die Ziele dieses Protokolls absolut unterstützenswert. Es ist wichtig, dass Österreichs Reichtum an biologischer Vielfalt geschützt und erhalten wird und dass wir diesen Reichtum auch entsprechend nutzen. Es ist auch wichtig und gerecht, dass nicht nur wir diesen Vorteil genießen, sondern dass wir hierbei auch auf sehr biodiversitätsreiche Entwicklungsländer schauen und deren Interessen ebenso wahren.

Halten wir uns vor Augen: Laut WTO sind allein im vergangenen Jahrhundert rund drei Viertel der Kulturpflanzen ausgestorben. Es ist daher umso wichtiger, dass wir endlich Schritte setzen, um dieser Entwicklung entgegenzusteuern. Wir machen das sehr, sehr gerne. Daher sind wir froh, dass wir dieses Protokoll nunmehr umsetzen. – Vielen Dank. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

15.38


Präsident Reinhard Todt: Als Nächste hat sich Frau Bundesministerin Elisabeth Köstinger zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr dieses.


15.38.25

Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus Elisabeth Köstinger: Herr Präsident! Geschätzte Bundesräte und Bundesrätinnen! Eigentlich wollte ich mich nicht zu Wort melden, da ja alle Fraktionen angekündigt haben, dem Gesetz bezie­hungs­weise der Ratifikation zustimmen zu wollen. Ich glaube, die Inhalte sowie der Sinn und der Nutzen sind hinlänglich bekannt.

Ich darf vielleicht ganz kurz darauf eingehen, was Herr Bundesrat Lindner angemerkt hat. Tatsächlich ist die Verzögerung der Ratifikation dem geschuldet, dass die Kompe­tenz bisher im Bundeskanzleramt gelegen ist. Wir haben das nach den Wahlen relativ schnell aufgegriffen und auch hinsichtlich der Kompetenzverteilung klar meinem Res­sort zugeteilt. Es war der Verfassungsdienst involviert, und wir haben wirklich bereits


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 120

im Jänner mit den Bundesländern Kontakt aufgenommen, weil dieser Schutz der ge­netischen Ressourcen für die Bundesregierung eine wichtige Priorität darstellt.

Ich glaube, da müssten Sie dann im eigenen Bereich nachforschen und nachfragen, warum das so lange gedauert hat. Wir haben, wie gesagt, bereits im Jänner mit dem Koalitionspartner alle wichtigen Schritte eingeleitet. (Bundesrätin Mühlwerth: So schnell kann es gehen!)

Was die Umsetzung in Österreich betrifft, arbeiten wir zurzeit unter Hochdruck daran. Es ist bereits angesprochen worden, dass auch die Bundesländer miteinbezogen werden, weil die Umsetzung natürlich auch auf Bundesländerebene stattfinden muss. Das machen wir sehr sorgsam und gewissenhaft, und wir sind mit den Bundesländern bereits in Kontakt. Ich möchte auch anmerken, dass es sich bei der Umsetzung des Nagoya-Protokolls um eine klassische Querschnittsmaterie handelt, und, wie gesagt, sind wir da auch sehr intensiv dabei.

Was Ihre Fragen betrifft, sind wir mitten in den Arbeiten. Ich darf auch bitten, den Experten nicht vorzugreifen. Zu dem, was Sie bezüglich Kontrollen und dergleichen angesprochen haben, möchte ich ergänzen, dass es uns schon sehr wichtig ist, dass wir auch bezüglich der weiteren Kontrollen so unbürokratisch wie möglich vorgehen. Wir haben in Österreich ein sehr gutes System, was Pflanzenzucht und pflanzen­bau­liche Maßnahmen betrifft. Das muss natürlich integriert werden. Uns ist es wirklich ein großes Anliegen, eben auch hinsichtlich Sanktionen und Kontrollen, einen Gesetzes­vorschlag vorzulegen, der auf der einen Seite Sicherheit bietet, auf der anderen Seite aber nicht wieder etwas über Gebühr belastet. Das, glaube ich, soll und wird nicht Sinn und Zweck des Nagoya-Protokolls sein. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

15.41

15.41.22

Präsident Reinhard Todt: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Da der gegenständliche Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungs­be­reiches der Länder regelt, bedarf dieser der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 Bundes-Verfassungsgesetz.

Wir gelangen daher zunächst zur Abstimmung, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Ich stelle die Einstimmigkeit fest. Der Antrag ist somit ange­nom­men.

Nun lasse ich über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss des National­rates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit ange­nommen.

Weiters lasse ich über den Antrag abstimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates, gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 4 Bundes-Verfassungsgesetz den gegenständ­lichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben.


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 121

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Danke. Ich stelle ebenfalls die Einstimmigkeit fest. Der Antrag ist somit angenommen.

15.42.56 6. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Chemikaliengesetz 1996, das Wasserrechtsgesetz 1959 und das Abfall­wirt­schaftsgesetz 2002 geändert werden (147 d.B. und 156 d.B. sowie 9980/BR d.B.)


Präsident Reinhard Todt: Wir gelangen nun zu Punkt 6 der Tagesordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Dipl.-Kffr. Pfurtscheller. Ich bitte um den Bericht.


15.43.17

Berichterstatterin Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller: Hohes Präsidium! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bringe den Bericht des Umweltausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Chemikaliengesetz 1996, das Wasserrechtsgesetz 1959 und das Abfallwirt­schafts­gesetz 2002 geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antrag­stellung.

Der Umweltausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 26. Juni 2018 mit Stimmen­mehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Präsident Reinhard Todt: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ingo Appé. Ich erteile ihm dieses.


15.44.12

Bundesrat Ingo Appé (SPÖ, Kärnten): Geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Erlauben Sie mir eingangs meines ersten Redebeitrages hier im Bundesrat ein paar nicht tagesord­nungs­punktbezogene Worte.

Ich möchte mich bei den Beamten der Bundesratsdirektion, insbesondere bei Frau Bundesratsdirektorin Dr. Bachmann, recht herzlich für die freundliche und hilfsbereite Aufnahme hier im Hause bedanken. Dieser Dank gilt ebenso Ihnen, werte Kolleginnen und Kollegen, wenn ich zum Beispiel an die konstruktive Arbeit gestern im Ausschuss für Kinderrechte denke. Als Bürgermeister der südlichsten Stadt Österreichs darf ich die Grüße der gesamten Region Rosental übermitteln. Ich freue mich auf die Tätigkeit hier im Hohen Haus.

Nun darf ich zur Regierungsvorlage Stellung nehmen. Die Bundesregierung möchte durch das Bundesgesetz, mit dem das Chemikaliengesetz, das Wasserrechtsgesetz und das Abfallwirtschaftsgesetz geändert werden und das flankierende Maßnahmen zur neuen EU-Quecksilberverordnung enthält, die entsprechenden Gesetze EU-recht­lich auf den letzten Stand bringen und EU-Bestimmungen nunmehr auch in öster­reichisches Recht übertragen, insbesondere unter dem Aspekt des Verbots von Quecksilber. Weiters soll im Rahmen der Gesetzesanpassung ab 2020 eine neue Meldestelle für Chemikalien beim Umweltbundesamt installiert werden. Im Zuge des­sen soll auch das Wasserrechtsgesetz geändert werden, um den Regelungsbereich der Amalgamabscheider in der Dentalmedizin abzudecken. Mit diesem Paket wird aber auch eine Novelle des Abfallwirtschaftsgesetzes beschlossen werden.


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 122

Die an sich unstrittige Regierungsvorlage wurde durch einen zwei Stunden vor der Sitzung des Umweltausschusses des Nationalrates eingebrachten Abänderungsantrag, der offenkundig auf Wunsch der Wirtschaftskammer eingebracht wurde, zu Ungunsten des bestehenden Sicherheitsniveaus wieder aufgeweicht. Als gestern bekannt wurde, dass das Umweltpaket im Ministerrat eingebracht wurde, welches nunmehr auch die Kritik der EU bezüglich der Umsetzung der dritten Säule der Aarhuskonvention ausräumen sollte, hätten wir uns freuen können.

Ich sage hier bewusst „hätten“, denn gleichzeitig wurde bekannt, dass das Stand­ort­entwicklungsgesetz die politischen Anstrengungen seitens des Nachhaltigkeitsminis­teriums hinsichtlich der sukzessiven Herstellung der Aarhuskonformität völlig konter­kariert. Dies stellen Umweltrechtsexperten fest. Expertenmeinungen gehen noch viel weiter, Frau Minister: Der Automatismus stelle einen Anschlag auf die rechtsstaatlichen Grundprinzipien dar.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, der Umweltdachverband bezeichnet den kol­portierten Entwurf des Standortentwicklungsgesetzes als verfassungs- sowie europa­rechtswidrig. Verwunderlich erscheint es schon, wenn Sie als zuständige Ministerin dazu keinerlei Kritik geäußert haben. Eigentlich sollten dabei, wie bei den vorliegenden Gesetzesänderungen, Gesundheitsinteressen vor Wirtschaftsinteressen stehen, Frau Minister. Daher wird unsere Fraktion dieser Vorlage bei der Abstimmung die Zustim­mung nicht erteilen. (Beifall bei der SPÖ.)

15.47


Präsident Reinhard Todt: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Peter Raggl. Ich erteile ihm dieses.


15.47.54

Bundesrat Dr. Peter Raggl (ÖVP, Tirol): Geschätzter Herr Präsident! Liebe Frau Bun­desministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf jetzt zum zweiten völker­rechtlichen Übereinkommen reden. Die vorgeschlagene Gesetzesänderung basiert neben dem Nagoya-Protokoll auf der EU-Quecksilberverordnung, welche wiederum auf dem Minamata-Übereinkommen fußt. In dem Minamata-Übereinkommen verpflichtete man sich zur weltweiten Reduzierung der Quecksilberemissionen. In der Zwischenzeit haben auch schon über 100 Vertragsstaaten die Ratifizierung vorgenommen. Es han­delt sich ebenfalls um einen völkerrechtlichen Vertrag. Ich wollte damit ansprechen, dass diese völkerrechtlichen Verträge wirklich eine große Wirkung für die Weltgesund­heit, für die Entwicklungshilfe, aber eben auch für die verbesserte Zusammenarbeit zwischen der westlichen Welt und den Entwicklungsländern haben.

Was wird jetzt mit dieser EU-Quecksilberverordnung beziehungsweise den nach­ran­gigen Gesetzesänderungen umgesetzt? – Einerseits geht es um die Minimierung von Quecksilberemissionen und auf der anderen Seite um die Einführung einheitlicher Moni­toringmaßnahmen.

Zum Punkt Minimierung von Emissionen: Wir sind in der westlichen Welt in einer sehr glücklichen Lage, da man die Gefahren von Quecksilber schon sehr früh erkannt hat. Man hat erkannt, Quecksilber ist eine sehr giftige Chemikalie, die, wenn sie nicht richtig eingesetzt wird, wirklich schwerwiegende gesundheitliche Auswirkungen insbesondere auf das Gehirn und das Nervensystem haben kann.

Die Emissionsminimierungen wurden in der westlichen Welt bereits vorgenommen. Überall, wo Quecksilber zum Einsatz gekommen ist, gelang es in der Zwischenzeit, dieses durch andere weniger oder gar nicht giftige Materialien zu substituieren.

In den Entwicklungsländern sieht es da leider noch ganz anders aus. Im Bergbau und insbesondere beim Goldabbau kommt Quecksilber relativ unkontrolliert zum Einsatz,


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 123

was schwerwiegende gesundheitliche Auswirkungen auf die dort Tätigen, aber auch auf die Umwelt hat.

Wir müssen also vor allem in der westlichen Welt nicht mehr an den Emis­sions­mini­mierungen arbeiten, sondern wir müssen die Entwicklungsländer unterstützen, damit es auch dort gelingt, weil dort der Handel mit quecksilberhaltigen Produkten wie Batterien, Seifen oder Messinstrumenten nach wie vor gang und gäbe ist. Unsere vor­rangige Aufgabe in Österreich ist die Einführung eines vereinheitlichten Monitoring­systems, wozu es die angesprochenen Gesetzesänderungen braucht.

Das harmonisierte Meldesystem beinhaltet, kurz zusammengefasst, dass das zustän­dige Umweltbundesamt die notwendigen Informationen zum Thema Quecksilber kon­zentriert sammelt und in der Folge der Vergiftungszentrale zur Verfügung stellt. Von dort können dann insbesondere bei Notfällen die kompetenten medizinischen Aus­künfte zur Vorbeugung und Heilung bei ungewolltem Kontakt mit dem Schwermetall Quecksilber gegeben werden.

Insgesamt werden durch das Gesetz und durch die geschilderten Maßnahmen die Kräfte gebündelt und die Effizienz gesteigert, was im Sinne der Grundsätze der neuen Bundesregierung mit Sicherheit zu begrüßen ist. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

15.51


Präsident Reinhard Todt: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Dr. Michael Raml. Ich erteile dieses.


15.52.02

Bundesrat Mag. Dr. Michael Raml (FPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Frau Minister! Geschätzte Damen und Herren! Kurz auf den Punkt gebracht: Was ist der Schwerpunkt dieses Gesetzesbeschlusses? – Ein Verbot von allem, was mit Quecksilber zu tun hat, und das ist auch gut so.

Der heutige Beschluss fußt gewissermaßen auf dem sogenannten Minamata-Überein­kommen, einem Übereinkommen der UNO betreffend das Verbot von Förderung, Handel und Export des toxischen Schwermetalls Quecksilber. Dieses Abkommen bildet ja auch die Grundlage für eine entsprechende EU-Verordnung. Mit dieser heutigen Novelle zum Chemikaliengesetz sollen die Vorgaben, etwa was Ein- und Aus­fuhr­beschränkungen und Vorschriften zur Bewirtschaftung von Quecksilberabfällen betrifft, nun in österreichisches Recht übertragen werden.

Wir haben schon gehört, Quecksilber ist ein toxisches Metall. Es ist ein Schwermetall. Von diesem Stoff gehen sehr erhebliche Gefahren für den Menschen, aber auch für Tiere aus. Wir wissen, dass Quecksilber Schädigungen des Nervensystems verur­sachen kann und dass es vor allem auch für Ungeborene sehr, sehr schädlich ist. Es ist daher umso erfreulicher, dass sich die Bundesregierung nicht erst heute oder kurz­fristig im Vorfeld dieses Gesetzesbeschlusses dieses wichtigen Themas angenommen hat, sondern dass es bereits im Regierungsprogramm verankert wurde. Wir begrüßen es daher ausdrücklich, dass diese Thematik nun erfolgreich zu Ende geführt wird. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

15.53


Präsident Reinhard Todt: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Elisabeth Köstinger. Ich erteile dieses.


15.53.56

Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus Elisabeth Köstinger: Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Ich darf vielleicht nur ganz kurz auf die Ausführungen des


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 124

Herrn Bundesrates Appé eingehen, der das Ablehnen der vorliegenden Novellen des Chemikaliengesetzes 1996, des Wasserrechtsgesetzes 1959 und des Abfallwirt­schafts­gesetzes 2002 damit begründet hat, dass wir gestern das Umweltpaket 2018 in Begutachtung gegeben haben. Wir starten den Gesetzgebungsprozess jetzt gerade. Es ist bereits angesprochen worden: Wir setzen damit maßgeblich die Aarhus­kon­vention um, wo Österreich in den letzten Jahren, seit 2013, säumig war. Jetzt werden auch die Zivilgesellschaft und NGOs die Möglichkeit einer Beteiligung im Zuge von Verfahren und somit einen Zugang zu Gerichten haben. Sie lehnen also etwas ab, weil etwas anderes in Begutachtung gegangen ist. Das erschließt sich mir nicht ganz.

Zum Thema der Umweltverträglichkeitsprüfungen: Sie sind in Österreich in vielen Be­reichen tatsächlich sehr langwierig und bieten somit relativ wenig Rechtssicherheit. Das wollen wir beheben. Das ist auch in unserem Regierungsprogramm so verankert und war eine große Forderung der Bundesländer, weshalb wir in der Vorlage, die wir gestern in Begutachtung geschickt haben, auch klar definieren, wer beispielsweise bei bundesländerübergreifenden Umweltverträglichkeitsprüfungen die Zuständigkeit hat. Ich glaube, es ist dies ein Thema, das auch Sie sehr stark interessieren wird.

Das Zweite, das Sie angesprochen haben, war das Standortentwicklungsgesetz. Es wird nächste Woche von meiner Kollegin Margarete Schramböck in Begutachtung ge­schickt, es liegt zurzeit noch nicht vor. Vielleicht sollten Sie oder könnten Sie Ihre Position zu dem, was vorliegt, noch einmal überdenken, weil die Dinge miteinander überhaupt nichts zu tun haben.

Ich glaube – und das ist auch schon von den Vorrednern klar herausgestrichen wor­den –, dass speziell dieses Thema des Verbots von Quecksilber doch auch etwas sein sollte, das in unser aller Interesse liegt. Wir sollten wirklich daran arbeiten, umwelt­verträgliche Alternativen einzusetzen. Weiters setzen wir mit den vorliegenden No­vellen auch EU-Verordnungen um, die sehr viele nationale Gesetze nicht mehr not­wendig machen. Vielleicht also kann ich die Opposition doch noch überzeugen, diesen Novellen zuzustimmen. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

15.56

15.56.50


Präsident Reinhard Todt: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

15.57.147. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltförderungsgesetz geändert wird (148 d.B. und 157 d.B. sowie 9981/BR d.B.)


Präsident Reinhard Todt: Wir gelangen nun zum 7. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Ferdinand Tiefnig. Ich bitte um den Bericht.


15.57.30

Berichterstatter Ferdinand Tiefnig: Ich bringe den Bericht des Umweltausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltförderungsgesetz geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Daher komme ich zur Antragstellung.


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 125

Der Umweltausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 26. Juni mit Stimmen­mehr­heit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Ein­spruch zu erheben.


Präsident Reinhard Todt: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Günther Novak. Ich erteile dieses.


15.58.08

Bundesrat Günther Novak (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Wir wissen, dass mit dem heurigen Jahr die geltenden gesetzlichen Grundlagen, also die Bestimmungen zum Umweltförderungsgesetz, kurz UFG, der Förderung zur thermischen Sanierung auslaufen.

Wir alle sind uns hoffentlich für uns selbst im Klaren darüber, wie wichtig diese För­derung ist, um Anreize für mehr Energieeffizienz und für eine Steigerung des Einsatzes erneuerbarer Energieträger zu schaffen. Es ist ein nicht unwesentlicher Beitrag zur Reduktion der Treibhausgasemissionen im Sinne der Erreichung der Klimaschutzziele.

Ich glaube, wir wissen auch, dass gerade der Gebäudebereich zu den drei größten Treibhausgas emittierenden Sektoren in Österreich gehört.

Jetzt ist es ein bisserl befremdlich, wenn wir uns das Vorgehen der Regierung an­schauen: Im aktuellen Doppelbudget ist anstelle einer Forcierung dieser Maßnahmen ein Rückgang der Mittel für thermische Sanierung vorgesehen. Das widerspricht eigent­lich dem Regierungsprogramm, denn im Regierungsprogramm wäre das Ziel enthalten.

Auch die erhoffte Erleichterung bei der unnötig komplizierten Antragstellung ist nicht in Aussicht. Es ist auch nicht nachvollziehbar, warum man den Förderzeitraum für zwei Jahre belegt und nicht über die ganze Periode hinaus, aber das wird sicher auch mit dem Budget zusammenhängen.

Diese Maßnahmen sind jedenfalls nicht dazu geeignet, an die Ziele der Klimastrategie heranzukommen. Es ist heute schon erwähnt worden: Wenn man bedenkt, dass wir bis 2050 aus Gas und Kohle aussteigen müssen, sollte man die Zahl von 700 000 Öl­heizungen deutlich reduzieren; dafür gibt es auch gute Förderungen.

Es ist auch das Elektroauto schon erwähnt worden. Also da müssen wir schon noch „Gas geben“ – unter Anführungszeichen –, denn derzeit haben wir insgesamt nur einen Anteil von 0,2 Prozent, glaube ich. Es gilt, die Treibhausgase bis 2020 um 16 Prozent zu verringern, bis 2030 um 36 Prozent.

Da gibt es also schon Signale, aber genau da habe ich ein bissel ein Problem mit der Glaubwürdigkeit der Regierung, umso mehr, als das Bundesministerium für Nach­haltigkeit, also Ihr Ministerium, einen ganz anders lautenden Entwurf zur Änderung des Umweltförderungsgesetzes eingebracht hat, der offensichtlich vom Herrn Finanzminis­ter gekippt worden ist.

Defizite gibt es auch bei der Sicherung der Wiederherstellung des guten Zustands der Oberflächengewässer. Auch in dem Bereich wäre eine Fortschreibung der Förderung für Maßnahmen zur Verbesserung des ökologischen Zustands der Gewässer im Rahmen der Wasserwirtschaftsförderung des UFG notwendig gewesen. Das ist ganz gestrichen worden. Und ohne die Fortschreibung dieser Förderschiene für die Was­serwirtschaft, was einen Ausfall von insgesamt 150 Millionen Euro in der Periode von 2018 bis 2023 bedeutet, ist in weiterer Folge die fristgerechte Umsetzung der natio-


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nalen beziehungsweise EU-rechtlichen Vorgaben nicht möglich. – Ich gehe einmal davon aus, dass das so ist. Sie werden mir das bestätigen oder auch nicht.

Ich denke, dass es der nachhaltigen Umweltpolitik, die wir in Zukunft verfolgen sollten, ein bisschen an Glaubwürdigkeit fehlt. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.02


Präsident Reinhard Todt: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ing. Eduard Köck. Ich erteile ihm dieses.


16.02.35

Bundesrat Ing. Eduard Köck (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrte Kolleginnen, Kollegen und Zuseher! Ich habe heute schon einmal über Optimismus und Pessimismus gesprochen, und das ist mir jetzt bei der Rede meines Vorredners wieder eingefallen. Mit dem jetzt diskutierten Gesetz wird eine Verlängerung der Förderung der Gebäudesanierung beschlossen, und das ist, so glaube ich, einmal eine ganz gute Sache. Ich sehe auch nirgends, dass die Mittel verringert werden, und vor allem ist es Teil dieser #mission 2030, dieser Klima- und Energiestrategie, die sich die Bundesregierung auferlegt hat. Und wenn man sich diese Strategie 2030 ansieht, dann sieht man schon, dass das wirklich eine fundierte Arbeit ist, die hier vorgelegt worden ist, und dass man sich da Dinge vornimmt, die Österreich, was Energiepolitik und Klimawandel betrifft, auf den richtigen Weg bringen werden. Die Schwerpunkte sind, so denke ich, mit diesem Gesetzt jetzt richtig gesetzt, indem die Gebäudesanierung wiederum vorangetrieben wird. Wir wis­sen, dass nicht sanierte Gebäude einen großen Teil der Emissionen verursachen.

Auf der anderen Seite werden auch die Elektromobilität, Ökostrom, Ökoenergie, die Forschung, die Bewusstseinsbildung gefördert. Das ist ja das Wichtigste, denke ich, dass wir im Unterricht, bei den Kindern mit der Bewusstseinsbildung beginnen, damit viele Dinge, die wir heute mit Förderungen vorantreiben müssen, vielleicht in Zukunft von alleine gehen. Dazu kommen noch die Förderung von Bioökonomie sowie Klima­wandelanpassungsregionen. Wir haben bei uns in der Region auch bereits eine ge­gründet.

Ich möchte aufzeigen, was durch die Förderungen möglich ist, was man auch im Kleinen bewegen kann: In meinem Bezirk geben wir zum Beispiel noch immer pro Jahr 40 Millionen Euro für fossile Energie aus. Damit betreiben wir Regionalförderung in Abu Dhabi oder über Umwege vielleicht sogar die Finanzierung des IS. Ich denke, darauf sollten wir uns in Zukunft nicht verlassen, das sollten wir in Zukunft nicht mehr tun. Wir müssen wieder darauf achten, die Energieversorgung in die eigenen Hände zu bekommen, und das ist durchaus möglich.

Das zeigen sehr, sehr viele Projekte, die bereits umgesetzt worden sind. In meiner Gemeinde haben wir zum Beispiel vor fünf Jahren schon für den Bauhof ein Elektro­fahrzeug angeschafft, und ich konnte meinem Gemeinderat erst vor einigen Monaten darlegen, dass sich dieses Elektrofahrzeug allein dadurch gerechnet hat, dass die Arbeiter jetzt nicht mehr mit dem Transporter fahren. Nur durch die Kosten für den Treibstoffverbrauch, den es davor eben gegeben hat, konnte dieses Elektrofahrzeug finanziert werden.

Wir haben zum Beispiel auch einen 150 Jahre alten Bahnhof gekauft und zu einem Arzthaus umgebaut, das als Plusenergiehaus ausgebaut wurde. Heute liefert dieses Haus mehr Energie, als es verbraucht. Das ist für viele, als wir damit begonnen haben, undenkbar gewesen, aber es ist machbar, es kostet nicht so viel, und es wird ja auch gefördert. Da braucht man auch nicht schlecht über diese Förderungen zu reden, denn


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 127

die Atomstromproduktion wird, wie wir wissen, möglicherweise noch mehr gefördert als die Ökoenergieproduktion.

Ich selbst habe zwei Photovoltaikanlagen und fahre ein Elektroauto. Ich bin in den letzten fünf Jahren damit 150 000 Kilometer gefahren. Ich habe vor einigen Jahren noch 2 600 Euro im Jahr für Strom bezahlt und bezahle jetzt nichts mehr.

Es ist also möglich; wir müssen die Leute mitnehmen, wir müssen die Möglichkeiten aufzeigen, und wir müssen sie eben auch davon überzeugen, mitzugehen.

In dieser Strategie wird auch von Green Bonds gesprochen, von der Finanzierungs­möglichkeit von ebensolchen Anlagen und Betrieben durch Private. Auch das haben wir in der Region schon umgesetzt. Wir, 15 Gemeinden gemeinsam mit einem Verein, haben vor zwei Jahren eine Firma gegründet, die in den letzten zwei Jahren Energie­projekte von 300 000 Euro umgesetzt hat, und das mit dem Geld der Bürger, durch Bürgerbeteiligung. Das ist also ein guter, erfrischender Plan, der durchaus dem gerecht wird, was die Zukunft von uns fordert.

Kollege Novak! In der Vergangenheit habe ich bei den Verhandlungen, wenn es um Ökostrom oder andere Dinge, die die Alternativenergieproduktion betroffen haben, gegangen ist, gehört, dass es immer wieder Blockaden gegeben hat, vor allem durch den vorigen Kanzler. Der hat gesagt, dass er diese Dinge nicht will, weil er nicht will, dass die Pensionisten 10 Euro Ökostromzuschlag im Monat bezahlen. – Da wird auch immer einiges nicht richtig dargestellt: Die Ökostromproduktion hat die Strompreise an den internationalen Börsen von 8 Cent auf 4 Cent gedrückt. In Wahrheit hat damit eigentlich jeder Stromverbraucher über diese Schiene schon lange zurückbekommen, was er an Ökostromzuschlägen bezahlt hat. Da soll man wirklich ehrlich sein, denn diese Blockadepolitik damals hat einige Betriebe um ihre Existenz gebracht, sie muss­ten ihre Biomassekraftwerke einstellen. Wir brauchen aber diese Kraftwerke jetzt, denn wir haben eine Borkenkäferkatastrophe im Wald, wir haben eine Windkatastrophe im Wald, es fallen also Unmengen von Biomasse an, und wir brauchen diese Biomasse­kraftwerke unbedingt, um diesen Rohstoff verwerten zu können. Und deshalb noch ein­mal: Dieser Plan ist gut, und ich kann nur sagen: Weiter so! – Danke. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

16.08


Präsident Reinhard Todt: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat David Stögmüller. Ich erteile ihm dieses.


16.09.13

Bundesrat David Stögmüller (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte es vorweg einmal wirklich begrüßen, dass es jetzt endlich Klarheit gibt, dass es zumindest auch 2018 noch finanzielle Förderungen für thermische Sanierung gibt. Das ist wirklich zu begrüßen, auch von unserer Seite und auch vonseiten der Bundesländer.

Es reichen aber die finanziellen Mittel einfach nicht. Um die 40 Millionen Euro pro Jahr sind dafür im Budget 2018/2019 vorgesehen. Das ist ein Tropfen auf den heißen Stein, wenn wir uns ehrlich sind.

Ich möchte ganz bewusst Bezug auf die Klimastrategie 2030 dieser Bundesregierung nehmen, in der unter dem Punkt Gebäude und erneuerbare Energie ganz richtig steht: Wir brauchen eine Gesamtsanierungsrate von zumindest 2 Prozent. – Absolut richtig! Wir brauchen 2 Prozent Sanierungsrate.

Wo liegen wir aktuell? – Vielleicht einmal bei 0,4 Prozent, 0,3 bis 0,4 Prozent, also noch weit weg von der angestrebten und notwendigen 2-Prozent-Sanierungsrate. Wir


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werden leider die notwendige Sanierungsrate nicht erreichen, nicht mit diesen Budget­mitteln, nicht mit diesem Umweltengagement. Wenn Sie wirklich der Klimakatastrophe etwas entgegensetzen wollen, dann müssen Sie auch Geld in die Hand nehmen, sonst wird das nichts.

Auch das komplexe System mit dem sogenannten Sanierungsscheck wurde leider nicht in Angriff genommen. Man hat die Chance vertan, den Verwaltungsdschungel aufzu­räumen und den Antragsvorgang für Private leichter zu machen. Wir können nur hoffen, dass vielleicht in den nächsten Jahren noch etwas kommen wird, unsere Unterstützung hätte das auf jeden Fall.

Im Bereich Raumwärme sollen die THG-Emissionen bis 2030 um 35 Prozent sinken, also von 8 Tonnen auf 5 Tonnen. Das ist wirklich sehr ambitioniert, das können wir nur unterstützen und aufgreifen, aber dazu wird neben einer hohen energetischen Qualität im Neubau und einer deutlichen Anhebung der Sanierungsrate vor allem auch der massive Ausbau von erneuerbarer Energie notwendig sein. Und ja, da gebe ich dem Vorredner auch wirklich recht: Der Ausbau erneuerbarer Energie ist notwendig.

Sie müssen auch endlich die Ölkesselförderung stoppen und endlich auch eine steuerliche Begünstigung für den Einbau von Heizsystemen auf Basis erneuerbarer Energieträger schaffen. Das wäre notwendig, das wäre innovativ, darum werden wir nicht herumkommen, wenn wir ehrlich sind.

Frau Ministerin, nehmen Sie den Umweltschutz wirklich ernst! Bis jetzt, und ich betone bis jetzt, sehe ich leider nur die Fortführung der alten Klimapolitik der letzten Bun­desregierung, nur mit moderneren Sprüchen, netten Heftchen und Presseankündigun­gen.

Nichtsdestotrotz stimmen wir heute von grüner Seite auch einigen Gesetzen zu, wir haben alle im Umweltbereich zugestimmt, aber wir sehen die notwendigen Verbes­serungen nicht. (Bundesrat Krusche: Das ist völlig unerheblich, ob ihr da zustimmt oder nicht!) Dennoch hätten wir uns bei dieser Novelle wirklich viel mehr Engagement von der Bundesregierung erwartet, gerade auch was die finanzielle Ausstattung an­geht. Wir Grüne sind gerne gesprächsbereit, auch in den Ländern, wenn es um wirk­liche Maßnahmen im Sinne des Klima- und Umweltschutzes geht. (Bundesrätin Mühlwerth: Die gibt es ja gar nicht mehr, die Grünen! Mit wem sollen wir denn reden?) Wir können die Klimakatastrophe nur gemeinsam bewältigen, das muss uns klar sein. – Vielen Dank. (Beifall der Bundesrätin Dziedzic.)

16.12


Präsident Reinhard Todt: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Peter Samt. Ich erteile ihm dieses.


16.12.33

Bundesrat Peter Samt (FPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Frau Ministerin! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Nach dem Kollegen Stögmüller zu sprechen ist nicht so einfach. Ich verstehe die Intention, die hinter all dem steht, dem du anhängst, auch deine Partei. (Bundesrätin Mühlwerth: Welche Partei? Da gibt es keine mehr!) Das Problem ist: Man kann nicht pausenlos, laufend auf Kosten der Allgemeinheit Dinge gegen das, was du als Klimakatastrophe bezeichnest, vorantreiben; das muss trotz­dem mit Maß und Ziel betrachtet werden. Wenn wir heute eine Fortführung der be­stehenden Förderung beschließen, dann ist das zunächst einmal keine Eingrenzung. Das haben wir nämlich auch schon gehört, dass es geheißen hat, das sei jetzt eine Eingrenzung der heuer auslaufenden Förderung. Es ist eine Weiterführung, die in jedem Fall dazu benützt wird, um Möglichkeiten für eine weitere Förderungsschiene und die Entwicklung dieser Förderschiene zu eröffnen.


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Das heißt, es werden sich – und so wurde es auch mitgeteilt – Frau Bundesministerin Köstinger und Finanzminister Löger über die Mittel für 2019 und 2020 einigen. Sie werden auch weiter an den Dingen arbeiten, wie an den Schwierigkeiten bei Förde­rungs­ansuchen und Förderungssystemen, was auch schon vom Kollegen Novak ge­kommen ist, der wirklich sehr, sehr mutlos gewirkt hat. (Bundesrätin Grimling: Mut­los?!) Dass gerade ihr das Thema aufgreift, finde ich schon spannend, denn die Förderung gibt es bereits seit 2011. Eigentlich hätte also die SPÖ sozusagen Jahrzehnte Zeit gehabt, diesen Dschungel zu lichten, die Förderungsanträge einfacher zu gestalten. Ihr wart jahrelang da mit dabei, ihr könnt jetzt nicht sagen: Mein Gott na, warum geht das jetzt nicht? (Bundesrat Novak: Da war Rupprechter zuständig!) – Ja genau, Kindesweglegung! Es war immer der andere! Das ist ja so, wie bei uns jetzt auch: Jetzt sind es wir, und vorher waren es andere. Ja, es hilft alles nichts. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir sehen schon, wo der Zug bei euch hingeht. Es tut mir leid! Ich weiß, dass ihr mutlos seid (Bundesrat Novak: Mutlos war das?), ich weiß, dass ihr enttäuscht seid, aber ihr müsst irgendwann einmal doch darüber nachdenken, dass der Wählerwille in Österreich entscheidend ist und nicht die SPÖ; aber das überseht ihr halt leider und das ist dann unser Problem. (Bundesrätin Mühlwerth: Gott sei Dank ist das so!)

Wir haben im Zuge der Debatte, aber auch im Ausschuss etwas mitgeteilt bekommen: Es ist die Frage gestellt worden – sie ist aus einem guten Grund, zu dem ich gleich noch kommen werde, sogar von mir gestellt worden –, ob der mehrgeschoßige öffent­liche Wohnbau immer noch gefördert wird. Das wurde bejaht. Dass man dort ansetzen muss und neue Entwicklungen versuchen wird müssen, ist gar keine Frage, aber er wird immer noch gefördert. Ich wundere mich auch deswegen über die Haltung des SPÖ-Kollegen, weil der Österreichische Gewerkschaftsbund in den Stellungnahmen zur Gesetzentwicklung – ich schaue mir solche Sachen immer sehr genau an – mitteilt, dass er dem vorliegenden Entwurf dann zustimmen kann, wenn der mehrgeschoßige öffentliche Wohnbau ausdrücklich mit erfasst ist. – Das ist er! Also der ÖGB würde zustimmen. So ähnlich steht es mit der Arbeiterkammer, aber ich weiß, diese beiden Organisationen haben ja mit der SPÖ nichts zu tun, das verstehe ich. Übrigens ist die Stellungnahme der Arbeiterkammer von Kollegin Anderl unterzeichnet, die wir bereits in unserem Hause gehabt haben.

Faktum ist: Warum ihr jetzt bei dem Gesetz nicht mitgehen könnt, warum ihr das nicht könnt, weiß keiner, wahrscheinlich wisst ihr es selbst auch nicht. Wir tragen das aber mit großer Demut; für uns ist es auch nicht einfach, dass wir jetzt für alles verant­wortlich gemacht werden, was vorher war. Das ist ja eine der besten Möglichkeiten. (Zwischenruf des Bundesrates Weber.) – Herr Kollege! Du willst sicher etwas reden, du kannst gerne herauskommen. Martin, das geht ganz sicher. (Bundesrat Weber: Wir reden schon noch!)

Ein Thema war auch E-Mobilität, wir haben davon gehört, Kollege Köck hat das auch gebracht. Natürlich ist das ein wichtiger Schritt, den ich auch beruflich sehr stark nachvollziehen und unterstützen kann, aber wir müssen da doch auch aufpassen. Wir dürfen nicht das Kind mit dem Bad ausgießen. Wir arbeiten momentan auf allen Ebenen in Richtung E-Mobilität, die Automobilfirmen bieten an wie blöd, wir kommen aber mit der Infrastruktur nicht nach. Wir müssen aufpassen, dass wir keine norwe­gischen Zustände bekommen. Dort wird dazu aufgefordert, nur dann ein E-Auto zu kaufen, wenn man es daheim anstecken kann, weil die öffentliche Struktur einfach nach­hinkt. Da wird man also massiv zu arbeiten haben. Ich denke da auch als Kom­munalpolitiker: Wir müssen aufpassen, nicht alles zulasten der Gemeinden zu machen, sondern es müssen natürlich auch die großen Betreiber mit ins Boot, und daran wird vonseiten der Regierung massiv gearbeitet.


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Das bedeutet: Wir haben jetzt eine Erweiterung, sozusagen eine Fortführung des be­stehenden Gesetzes, der wir klarerweise zustimmen, im Wissen, dass in den nächsten Jahren sicherlich noch wesentliche Änderungen vorgenommen werden, die aber keine Kürzungen beinhalten werden – das kann ich jetzt schon betonen –, son­dern eine sinnvollere Förderpolitik ergeben werden. Denken wir nur an die Doppel- und Mehr­fachförderungen durch die Länder! Auch da wird man vonseiten der Regierung sehr viele Gespräche führen und Überzeugungsarbeit leisten müssen, damit wir mit ver­nünftigen Paketen, die auch für den Staat und für den Steuerzahler tragbar sind, an die Zukunft denken können, um eben die Klimaziele zu erreichen und auch die Um­welt­erfordernisse erfüllen zu können. Ich denke, da sind wir auf einem guten Weg. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

16.18


Präsident Reinhard Todt: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesministerin Elisabeth Köstinger. Ich erteile ihr dieses.


16.19.03

Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus Elisabeth Köstinger: Ich darf auch wieder auf ein paar Punkte eingehen, die angesprochen worden sind, wenngleich ich jetzt nach dem fünften Redner keine Hoffnung mehr habe, die Opposition über­zeugen zu können. Um ein paar Dinge klarzustellen: Es wird immer wieder behauptet, das ist alles so ambitionslos. Ich möchte schon zu bedenken geben, dass das die erste integrierte Klima- und Energiestrategie ist, die eine Bundesregierung jemals zustande gebracht hat, wobei nicht nur ein Ressort allein diese Strategie erarbeitet hat, nämlich meines, das Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus, sondern diese ge­meinsam mit dem Ressort des Herrn Bundesministers Norbert Hofer, der für Infra­struktur und Verkehr zuständig ist, erarbeitet wurde. Die Strategie wurde in einem öffentlichen Begutachtungsprozess vorgelegt, in den parlamentarischen Prozess mit einer großen Enquete hier in diesem Raum eingebettet und schließlich im Juni diesen Jahres beschlossen.

Es waren insgesamt 150 Tage, die wir nunmehr im Amt sind, und jetzt uns und vor allem mir permanent vorzuwerfen, das nicht ernst zu nehmen oder Sonstiges – gerne, aber ich denke, das geht ins Leere, denn mehr ist in diesem Bereich wirklich noch nicht gemacht worden. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Bundesrat Novak: Was hat Minister Rupprechter denn davor getan?)

Und alles, was wir jetzt tun, soll der Umsetzung dienen. Speziell der Gebäudebereich, und ich denke, Sie als Ländervertreter wissen das, liegt nicht nur in der Bundes­kom­petenz. Ich habe neun Bundesländer, mit denen ich verhandle. Ich habe neun Bundes­länder, mit denen ich auf Expertenebene in einem ausgezeichneten Gesprächs­ver­hältnis bin, wir versuchen gemeinsam sukzessive, das über die nächsten Jahre abzu­arbeiten und eine Verbesserung herzustellen.

Herr Bundesrat Stögmüller hat zu Recht angesprochen, dass 2 Prozent extrem ambi­tioniert sind. 2 Prozent sind in Vorarlberg überhaupt kein Problem, da sind wir zurzeit bei rund 6 Prozent. (Bundesrat Längle: Hört, hört!) In Wien ist das eine riesengroße Herausforderung, denn da sind wir meines Wissens bei 0,1 Prozent, wenn überhaupt. (Bundesrat Schuster: Das ist jetzt wieder Wien-Bashing!) Deswegen versuchen wir selbstverständlich überall sukzessiv an den Schrauben zu drehen, aber alleine kann ich das nicht tun, sondern nur gemeinsam mit den Bundesländern, und das möchte ich in diesem Kreis schon noch einmal klargestellt haben. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Zum Thema Finanzierung, das auch von Herrn Bundesrat Novak angesprochen wor­den ist: Diese Bundesregierung hat ein Doppelbudget vorgelegt, und wenn Sie sich die


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43,5 Millionen Euro für das Jahr 2018 und die nächsten 53,6 Millionen Euro für das Jahr 2019 anschauen, werden Sie sehen, dass das derselbe Rahmen ist, den es auch in den vergangenen Jahren gegeben hat. Sie müssen sich dann aber auch anschauen, was in den vergangenen Jahren passiert ist: Die Förderungen für die Sanierungen sind nicht ausgeschöpft worden. In den letzten Jahren war mehr Budget da, als dann tatsächlich verwendet worden ist, und der Grund war schon auch, dass es extrem komplizierte Förderrichtlinien gibt. Daran arbeiten wir sukzessive, aber das erfolgt auch wieder gemeinsam mit den Bundesländern. Das liegt nicht nur in unserer Kompetenz, ob wir wollen oder nicht. Und ganz ehrlich: Wenn ich den Vorschlag machen würde, dass das nur mehr der Bund macht, wären Sie die Ersten, die sich aufregen würden. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Wir machen das gemeinsam mit den Bundesländern, wir versuchen, Doppelför­derun­gen abzuschaffen und vor allem sinnvolle Erleichterungen zu implementieren. Bei­spiels­weise macht es durchaus Sinn, einmal nur eine Zwischendecke einzuziehen oder nur neue Fenster einzubauen. Da erwarte ich mir dann aber auch Unterstützung, wenn wir solche Vorschläge machen, die eine massive Erleichterung bedeuten. Da höre ich aber auch schon wieder sehr viele Gegenstimmen, wobei dann gesagt wird, dass das wieder zu wenig ambitioniert ist – also wie auch immer.

Ich möchte aber trotzdem etwas ansprechen, das da drinnen enthalten ist und genau den Zweck erfüllen soll. Da darf ich mich wirklich auch beim UFI-Komitee sehr herzlich bedanken, in dem alle Parteien mit am Tisch gesessen sind und auch die Bundes­länder. Wir haben da den Raus-aus-Öl-Bonus geschaffen. Mit dem neuen Sanierungs­scheck wird ein Kesseltausch – Kesseltausch und nicht Neuanbau, der sowieso ver­boten ist – von Ölheizungen zu einer erneuerbaren Heizform mit bis zu 5 000 Euro gefördert. Damit geben wir einen ganz klaren Impuls, dass Schritt für Schritt aus den 700 000 Ölheizungen, die wir in Österreich in den Einfamilien- und Mehrfamilien­häu­sern zum Teil nach wie vor haben, ausgestiegen wird, da es wirklich Anreize dafür gibt, da auszusteigen. Das ist wirklich eine konkrete Maßnahme, die vor allem allen Häu­serlbesitzern zugutekommt und die dem Klimaschutz einen großen Dienst erweisen wird. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

16.24


16.24.05Präsident Reinhard Todt: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Der Antrag ist mit Mehrheit angenommen.

16.24.318. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2018 betreffend Änderung des Mon­trealer Protokolls über Stoffe, die zu einem Abbau der Ozonschicht führen (151 d.B. und 158 d.B. sowie 9982/BR d.B.)


Präsident Reinhard Todt: Wir gelangen nun zum 8. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Ferdinand Tiefnig. Ich bitte um den Bericht.


16.24.52

Berichterstatter Ferdinand Tiefnig: Ich bringe den Bericht des Umweltausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2018 betreffend Änderung des Montrealer Protokolls über Stoffe, die zu einem Abbau der Ozonschicht führen.


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Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, somit komme ich zur Antragstellung.

Der Umweltausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 26. Juni 2018 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag,

1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,

2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.


Präsident Reinhard Todt: Danke für den Bericht.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Andrea Wagner. Ich erteile ihr dieses.


16.25.40

Bundesrätin Andrea Wagner (ÖVP, Niederösterreich)|: Geschätzte Frau Bundes­minis­terin! Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuse­herinnen und Zuseher vor den Bildschirmen und auf der Galerie! FCKW, Haarspray, Ozonloch – diese Wörter verbinde ich automatisch mit meiner Schulzeit und mit einem gewissen mulmigen Gefühl, um nicht zu sagen, mit einer gewissen Angst. Warum? – Ich kann mich noch an die Werbung erinnern mit den Spraydosen, auf denen groß FCKW oben gestanden ist, und daneben die Weltkugel mit einem Loch drüber. Wenn man als junges Mädchen damit konfrontiert wird, dass man, sobald man sich fesch macht und sich von der Mama den Haarspray borgt, die Umwelt auf dem Gewissen hat, ist man damit – ich war das, wir waren das – schon ein bissel überfordert, denn das wollten wir auf keinen Fall haben, dass wir da unsere Erde, unseren Lebensraum zerstören.

Dann ist FCKW-frei auf den Spraydosen gestanden, und wir oder besser gesagt die Erwachsenen waren skeptisch, ob das wirklich besser ist. Mit dem Montrealer Protokoll habe ich das dazumal natürlich nicht in Verbindung gebracht. Das Montrealer Protokoll über Stoffe, die zu einem Abbau der Ozonschicht führen, ist ein multilaterales Um­welt­abkommen und damit ein völkerrechtlich verbindlicher Vertrag des Umweltrechts. Es beruht auf dem Vorsorgeprinzip und ist ein Meilenstein im Umweltvölkerrecht.

Mit der Änderung des Montrealer Protokolls zum Schutz der Ozonschicht haben sich die Vereinten Nationen das Ziel gesetzt, die industrielle Nutzung von klimaschädlichen Stoffen weiter einzudämmen. Die zuletzt 2016 in Kigali beschlossenen Änderungen gehen über den Schutz der Ozonschicht hinaus und dienen im Wesentlichen dem Ziel des Klimaschutzes. Nach dem Verbot der FCKWs, die eben in Spraydosen und als Kältemittel in Kühlschränken und Klimaanlagen verwendet worden sind und von denen die Ozonschicht massiv zerstört worden ist, hat man eben einen Ersatz in den HFKWs gefunden, den Fluorkohlenwasserstoffen. Die tragen erheblich zur Klimaerwärmung bei. Sie sind zirka tausend Mal so treibhausgaswirksam wie Kohlendioxid. Durch eine weltweite Durchführung der vorliegenden Änderung des Montrealer Protokolls wird es zu einer Verringerung der globalen Erwärmung um zirka ein halbes Grad bis 2100 kommen. Es leistet so einen unverzichtbaren Beitrag auch zur Erfüllung des Pariser Übereinkommens.

Wichtig ist mir auch noch zu sagen, dass durch den multilateralen Fonds den Ent­wicklungsländern geholfen wird, aus der Verwendung dieser Ersatzstoffe auszustei­gen.

Derzeit habe ich gerade ein mulmiges Gefühl bei den Wörtern Klimawandel, Trocken­heit und Borkenkäfer. Ich kann oder will mir eigentlich gar nicht vorstellen, wie das Waldviertel ohne Wald ausschaut. Ich habe erst gestern ein Video vom Truppen­übungs­platz in Allentsteig gesehen, wo links und rechts neben einem Weg kilometer-


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lang das Käferholz liegt. Wenn ich höre, dass 70 Hektar auf einer Fläche abgeholzt werden müssen, dann finde ich das schon irgendwie beängstigend.

Ich denke mir, wenn es um den Klimaschutz geht, dann ist das Engagement eines jeden Einzelnen von uns notwendig. Es ist notwendig, alle Maßnahmen rasch zu ergreifen, nicht erst dann, wenn die Auswirkungen offensichtlich sichtbar werden. Des­wegen möchte ich mich stellvertretend bei dir, Frau Ministerin, für die Klima- und Ener­giestrategie und für das rasch geschnürte Maßnahmenpaket bedanken. Ich bedanke mich auch für den einstimmigen Beschluss im Nationalrat und auch vorgestern im Umweltausschuss betreffend Änderung des Montrealer Protokolls. Ich bitte auch heute hier um die Zustimmung aller. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Abschließend möchte ich mich noch bedanken, dass du uns heute noch im Bundesrat besucht hast. Als Mutter zweier Kinder kann ich mir vorstellen, dass es in einem gewissen Maße beschwerlich ist, wenn man so kurz vor der Geburt steht. Ich glaube, ich darf im Namen meiner Fraktion und aller Bundesräte sprechen und dir alles Gute für die bevorstehende Geburt wünschen. (Vizepräsident Lindinger übernimmt den Vor­sitz.)

Wie du schon gesagt hast, das ist eine nachhaltige Sache. Ich denke, du bist gerade im richtigen Ministerium: wo man die Umwelt für unsere Kinder zukunftsfit macht. Wir wünschen dir alles, alles Gute, und genieße dann die Zeit im Kreise deiner Familie! Danke dir. (Allgemeiner Beifall.)

16.31


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Dr. Gerhard Leitner. Ich erteile dieses.


16.31.43

Bundesrat Dr. Gerhard Leitner (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Frau Bundes­minis­terin! Hohes Haus! Die Gesundheit ist ein sehr, sehr hohes Gut. Diesem Leitsatz zu entsprechen und sie für alle und für den einzelnen Menschen zu bewahren muss unser gemeinsames Ziel sein. Dieses Faktum beinhaltet aber auch die Verpflichtung und die Verantwortung, alles zu tun, um Maßnahmen zu setzen, die der Forderung ent­sprechen, dieses Gut möglichst lange zu erhalten.

Es gilt heute den Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage zur Änderung des Montrealer Protokolls über Stoffe, die zu einem Abbau der Ozonschicht führen, zu beraten und über diese Änderungen auch abzustimmen. Das Montrealer Pro­to­koll, das im Jahr 1987 verabschiedet wurde, gilt als Vorbild für ein erfolgreiches multilaterales Umweltabkommen. Die Unterzeichnerstaaten verpflichten sich damit, die Emission von Fluorkohlenwasserstoffen und anderen chlor- und bromhaltigen Gasen zu reduzieren, die in der Stratosphäre zum Ozonabbau beitragen.

Diese Änderungen haben gesetzesändernden beziehungsweise gesetzesergänzenden Inhalt. Durch solche Änderungen werden natürlich auch die Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereichs der Bundesländer berührt, wofür eine Zustimmung des Bundesrates erforderlich ist.

Seit Anfang der 1980er-Jahre wird eine dramatische Ausdünnung der stratosphä­rischen Ozonschicht festgestellt, durch welche Lebewesen auf der Erde vor Ultra­violettanteilen des Sonnenlichts geschützt werden. Daher verpflichtet das Montrealer Protokoll zu einem weltweiten schrittweisen Ausstieg aus der Produktion und der Ver­wendung ozonschichtschädigender Stoffe wie beispielsweise Fluorkohlenwasser­stoffe, Halone und ähnliche Kohlenwasserstoffe.


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 134

Durch den weltweiten Ausstieg aus der Produktion solcher Stoffe sind seit dem Jahr 2015 bereits erste sehr positive Auswirkungen feststellbar. Die Konzentration der Verursachersubstanzen in der unteren Atmosphäre hat abgenommen. Mit einem Aus­stieg aus der Verwendung solcher Produkte wird ein Beitrag zum Ziel des Pariser Übereinkommens zur Eindämmung des klimawandelbedingten Anstiegs der globalen Durchschnittstemperatur auf maximal 2 Grad Celsius geleistet. Die nunmehr ange­strebten Änderungen des Montrealer Protokolls werden zu einer weiteren Verrin­gerung der globalen Erwärmung um circa 0,5 Grad Celsius bis zum Jahr 2100 führen. Weitere Beschlüsse internationaler Tagungen, wie beispielsweise 2016 in Kigali, haben zum Ziel, Produktion und Verbrauch von FCKW in den nächsten drei Jahrzehnten drastisch zu reduzieren.

Das Montrealer Protokoll ist ein gemischtes Abkommen. Diese Maßnahmen sind natürlich auch mit zusätzlichen Kosten verbunden, wobei für Österreich der Betrag von 15 bis 20 Millionen Euro für den Zeitraum von 2018 bis 2047 prognostiziert wird.

Der Klimaschutz, meine Damen und Herren, ist sicherlich eine der schwierigsten Heraus­forderungen unserer Zeit. In erster Linie geht es um die Chance, die Erderwärmung zu reduzieren, und zwar durch ein globales Verbot der Fluorkohlenwasserstoffe. Es sind dies die bedeutenden Treibhausgase, deren Verbrauch in den letzten Jahren immer stärker gestiegen ist. Die bisher geführten Verhandlungen internationaler Organi­sa­tionen haben dazu geführt, dass Klimakiller dieser Art nach und nach aus dem Verkehr gezogen werden. Um einem solchen Abkommen zum Erfolg zu verhelfen, ist es allerdings auch wichtig, einen solchen Vertrag nicht nur zu ratifizieren, sondern auch entsprechende Maßnahmen zu setzen, um diese Ziele zu realisieren. Darauf wird künftig auch besonders Bedacht zu nehmen sein.

Wenn alle Länder an einem Strang ziehen, dann können solche globalen Abkommen erfolgreich sein. Die Risiken der Klimaveränderung treffen alle – alle Menschen dieser Welt. Gerade die USA zum Beispiel, der zweitgrößte Umweltverschmutzer in dieser Hinsicht, zieren sich aber noch, die Maßnahmen zum Klimaschutz umzusetzen, da der – angeblich eingeschränkten – Wettbewerbsfähigkeit der US-Energiewirtschaft ein weitaus höherer Stellenwert eingeräumt wird. Da zählt die Ökonomie weit mehr als die Ökologie. Es hat dabei den Anschein, dass der amerikanische Präsident nicht genau weiß, was er tun will, er scheint da auch mit sich selbst nicht einig zu sein.

Die Verpflichtung zur Reduktion der Fluorkohlenwasserstoffe bezieht sich sowohl auf die Herstellung als auch auf den Verbrauch. Nach dem weltweiten Ausstieg aus den FCKW im Jahr 2015 zeigen sich bereits positive Erfolge, und die Konzentration der Verursachersubstanzen in der unteren Atmosphäre hat tatsächlich abgenommen. Die Maßnahmen und Kontrollvorschriften wurden in den vielen Änderungsprotokollen – den Protokollen von London, Kopenhagen, Wien und Montreal – laufend angepasst, ergänzt und natürlich auch verbessert. Man erkennt daran die Ernsthaftigkeit in dem sich ständig ändernden Prozess des Klimaschutzes und der Klimaverbesserung.

Das Montrealer Protokoll bestimmt letztlich den Abbau, die Reduktion und das Verbot zerstörender Stoffe wie etwa Fluorkohlenwasserstoffe. In der Änderung geht es nun darum, diese Stoffe nach und nach vom Markt zu verdrängen und sie auch zu ver­bieten. Im Umweltausschuss, das wurde schon gesagt, wurden diese Änderungen ein­stim­mig beschlossen, und es kann daher natürlich auch die Zustimmung des Bun­desrates empfohlen werden – dies unter der Prämisse, Verbesserungen zu be­schließen, verbunden mit dem Bekenntnis, danach zu handeln und Verstöße, Zuwiderhandlungen beziehungsweise Nichtbeachtung der vereinbarten Regelungen mit entsprechendem Regress zu ahnden.


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Es geht um die Gesundheit. Es geht um unsere Gesundheit und auch um unsere Verantwortung unseren Kindern und Enkelkindern und der gesamten Gesellschaft gegenüber. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.38


Vizepräsident Ewald Lindinger: Herr Bundesrat Thomas Schererbauer ist zu Wort ge­meldet. Ich erteile dieses.


16.38.58

Bundesrat Thomas Schererbauer (FPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Frau Minis­terin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Das Montrealer Protokoll über Stoffe, die zu einem Abbau der Ozonschicht führen, ist ein multilaterales Umweltabkommen und damit ein völkerrechtlich verbindlicher Vertrag im Bereich des Umweltrechts. Es kann in jeder Hinsicht als Meilenstein im Umweltvölkerrecht bezeichnet werden.

Zu den Unterzeichnerstaaten des Protokolls gehören unter anderem Australien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada, Österreich, Russland und die USA. Dabei muss jedoch unterschieden werden zwischen Staaten, die das Montrealer Protokoll ratifiziert haben, und Staaten, die nur ihre Akzeptanz betreffend ihren Beitritt bestätigt haben, wie dies zum Beispiel China, Brasilien und Indien gemacht haben. Bisher haben 191 von 197 Staaten das Protokoll tatsächlich ratifiziert. Diese Staaten verpflichten sich, chlor- und bromhaltige Chemikalien, die das strato­sphärische Ozon zerstören, zu reduzieren und in weiterer Folge ganz abzuschaffen.

Eine Besonderheit im Montrealer Protokoll ist, dass Änderungen, beispielsweise auf­grund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse, mit einer Zweidrittelmehrheit beschlos­sen werden können. Also kann ein Staat auch ohne seine Einwilligung Verpflichtungen auferlegt bekommen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es vergeht kaum ein Tag ohne Debatten über den Klimawandel, um das Ozonloch ist es hingegen in den letzten Jahren doch etwas still geworden. In den Achtzigern wurde es erstmals entdeckt, und die Aufregung war damals berechtigterweise sehr groß. Am 24. September 2006 überschritt die Fläche des Ozonlochs 29 Millionen Quadratkilometer. Das entspricht in etwa der Fläche der USA und Russlands zusammen. Damit war das Ozonloch mehr als 3 Mil­lionen Quadratkilometer größer als erwartet, meldete damals die US-Raumfahrt­be­hörde Nasa.

Mittlerweile sieht es jedoch so aus, als würde die Ozonschicht langsam, aber doch wieder genesen, und das ist vor allem dem Montrealer Protokoll zu verdanken. Neben den starken und verbindlichen Maßnahmen hat zum Erfolg des Protokolls auch die solide Finanzierung über einen multilateralen Fonds beigetragen, der Entwicklungs­länder bei der Erfüllung ihrer Vertragspflichten unterstützen soll.

Die Mitgliedstaaten treffen sich meist jährlich zur Vertragsstaatenkonferenz. Es gibt ein gemeinsames Sekretariat, das sogenannte Ozone Secretariat, mit Sitz beim Umweltprogramm der Vereinten Nationen in Nairobi, Kenia.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Abschließend möchte ich doch noch auf ein Sorgenkind aufmerksam machen, das im Montrealer Abkommen wenig bis kaum erwähnt wird, nämlich auf das Lachgas – und das ist mit Sicherheit nicht lustig. Es ist mir bekannt, dass das grundsätzlich dem Kyotoprotokoll zuzuordnen ist, ich möchte aber trotzdem ganz kurz darauf eingehen, denn 10 Millionen Tonnen davon pustet der Mensch jährlich in die Luft.

Im Gegensatz zu den künstlich hergestellten FCKWs stammt Lachgas zu zwei Dritteln aus natürlichen Quellen, zum Beispiel aus der Verbrennung fossiler Rohstoffe oder


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dem Einsatz von Kunstdünger. Im Gegensatz zu den FCKWs nagt das Lachgas nicht gezielt an den Rändern des Ozonlochs, trotzdem täte die Industrie gut daran, ihren Lachgasausstoß von 10 Millionen Tonnen im Jahr deutlich zu reduzieren. Unter an­derem trägt Lachgas auch massiv zur globalen Erderwärmung bei.

Durch die Ratifizierung der Änderung des Montrealer Protokolls ist zu erwarten, dass die Wiederherstellung der Ozonschicht nicht weiter verzögert wird. Wir werden dem unsere Zustimmung erteilen. Herzlichen Dank. (Beifall bei FPÖ und ÖVP sowie des Bundesrates Koller.)

16.42 16.43.04


Vizepräsident Ewald Lindinger: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Da der gegenständliche Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungs­be­reichs der Länder regelt, bedarf dieser der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 Bundes-Verfassungsgesetz.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit ange­nom­men.

Nun lasse ich über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss des National­rates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist ebenfalls die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

16.44.059. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Marktordnungsgesetz 2007 – MOG 2007 geändert wird (143 d.B. und 165 d.B. sowie 9983/BR d.B.)


Vizepräsident Ewald Lindinger: Wir gelangen nun zum 9. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Peter Oberlehner. Ich bitte um den Bericht.


16.44.27

Berichterstatter Peter Oberlehner: Sehr geehrter Herr Präsident! Wertes Präsidium! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf den Bericht des Ausschusses für Land-, Forst- und Wasserwirtschaft über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Marktordnungsgesetz 2007 – MOG 2007 geändert wird, zur Kenntnis bringen.

Der Bericht liegt in schriftlicher Form vor, ich stelle daher gleich den Antrag.

Der Ausschuss für Land-, Forst- und Wasserwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 26. Juni 2018 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben. Danke.


Vizepräsident Ewald Lindinger: Danke.


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 137

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Eva Prischl. Ich erteile ihr dieses.


16.45.17

Bundesrätin Eva Prischl (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Bundesrates! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Sehr geehrte Frau Ministerin! Die Landwirte in Österreich leisten wertvolle Arbeit und haben an der Landschaftspflege in unserem Bundesland und im gesamten Tourismusland Österreich einen großen Anteil. Ohne den ständigen Einsatz dieser Menschen, die oftmals unter schwierigen Bedin­gungen, manche davon auch in unwegsamem Gelände, ihre Arbeit verrichten, wäre das Tourismusland Österreich um vieles ärmer.

Dass Österreichs intakte Natur bei den Gästen sehr gut ankommt, beweisen in regel­mäßigen Abständen die Ergebnisse von T-Mona, der Gästebefragung der Österreich Werbung. Danach gilt in der Natur zu sein als das über Jahre am meisten genannte Motiv für einen Urlaub in Österreich.

Die Chancen Österreichs, vom Trend zu nachhaltigen Angeboten mit hohem Quali­tätsanspruch auch im Tourismus profitieren zu können, stehen gut, wobei Naturschutz und Biolebensmittel an vorderster Stelle stehen. Auch immer mehr Österreicherinnen und Österreicher greifen zu Biolebensmitteln aus der regionalen Umgebung. Daher befinden wir den Ausbau der biologischen Landwirtschaft für enorm wichtig und zukunftsweisend und möchten diese Bestrebungen auch finanziell unterstützt wissen.

Die Bäuerinnen und Bauern in Österreich tragen viel zum gut funktionierenden Freizeit- und Tourismusbereich bei. Umso wichtiger ist es, dass die Landwirtschaftsförderungen bei diesen Menschen ankommen und sie somit gerecht für ihren Einsatz entlohnt wer­den. Wir möchten, dass die kleinbäuerlichen Familienbetriebe bestmöglich unterstützt werden und nicht die Großagrarier fette Gewinne erzielen. Wir denken, dass das Pro­gramm für die ländliche Entwicklung – das ist die zweite Säule der Gemeinsamen Agrar­politik – finanziell gestärkt werden muss und dass in diesem Bereich mehr För­dermittel notwendig sind. (Bundesrätin Mühlwerth: Wer soll das bezahlen?)

Die ländliche Entwicklung ist das zentrale Element der österreichischen Agrarpolitik. Sie unterstützt eine moderne und nachhaltig produzierende Landwirtschaft, aber auch die regionale Wirtschaft sowie die Gemeinden und setzt soziale Akzente.

Wir werden der vorliegenden Regierungsvorlage zur Novellierung des Marktordnungs­ge­setzes 2007 nicht zustimmen, und zwar weil es, wie auch in der ersten Säule, einen parlamentarischen Prozess geben soll. Um größere Transparenz zu gewährleisten, muss die Vergabe der öffentlichen Fördermittel im Rahmen der zweiten Säule der Ge­meinsamen Agrarpolitik Eingang in die Marktordnung finden. Wir wollen mehr Mittel von der ersten in die zweite Säule transferieren, damit der gesamte ländliche Raum finanziell gestärkt wird. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ. Bundesrätin Mühlwerth: Das Einzige, was Sie kennen, ist: mehr Geld! ... ob das am Baum wächst?)

16.48


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist nun Bundesrat Ferdinand Tiefnig. Ich erteile ihm dieses.


16.48.19

Bundesrat Ferdinand Tiefnig (ÖVP, Oberösterreich): Geschätzte Frau Bundesminis­ter! Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 138

vor den Bildschirmen und auf der Galerie! Zuerst einmal ein herzliches Dankeschön, Frau Minister, dass Sie auf den Klimawandel, der sich ja besonders in der Land­wirtschaft widerspiegelt, so schnell reagiert haben, ob es die starken Regenfälle in der Steiermark oder die Trockenheit im Waldviertel, in Oberösterreich, in den verschie­denen Gebieten waren. Es war wichtig, dass da wirklich schnell geholfen werden konnte – mit der Öffnung der Biodiversitätsflächen oder auch, wie meine Kollegin schon gesagt hat, im Bereich der Lagerung von Käferholz; in diesen Bereichen sind Änderungen vollzogen worden. Es ist wichtig, dass da gegenüber der Europäischen Union Rechtssicherheit gegeben ist; das ist ein ganz wichtiger Punkt.

Wenn immer wieder von biologischer Landwirtschaft gesprochen wird: Biologische Landwirtschaft macht in Österreich fast die Hälfte der Fläche aus, nur der Konsum pendelt sich unter 7 Prozent ein. – Da müssen wir auch überlegen, was wir mit zu­sätzlichen Förderungen und Ausgleichszahlungen in der biologischen Landwirtschaft erreichen wollen. Wollen wir den Marktpreis für die Konsumentinnen und Konsumenten senken? – Die Mittel, die die Bauern jetzt schon bekommen, sind zum Ausgleich der günstigen Lebensmittelpreise für die Konsumentinnen und Konsumenten gedacht; andernfalls wären die Lebensmittelpreise in ganz anderen Sphären. Es ist für uns wichtig, dass wir regional produzieren.

Zum Thema Großbetriebe: Ich glaube, Sie müssen nur in die Slowakei, nach Tschechien, nach Ungarn schauen; das sind Großbetriebe. In Österreich beträgt die durchschnittliche Betriebsgröße knapp 20 Hektar, und es ist wichtig, dass diese Mittel ankommen, um unsere Betriebe, egal ob im Berggebiet oder im Flachland, ent­sprechend wettbewerbsfähig zu halten.

Auch das Thema, vor dem wir jetzt gerade stehen, die neue Marktordnung auf euro­päischer Ebene nach dem Brexit, dem Wegfall der Briten ist wichtig. Es werden uns massive Einschnitte vorhergesagt. Auch da danke ich unserer Frau Bundesminister, die ja jetzt schon Stellung bezogen hat.

Die Frau Bundesminister hat auch gesagt, es kann nicht sein, dass die Landwirtschaft in Österreich in diesem Maße für die Wasserqualität verantwortlich ist. Wir haben vorhin von der SPÖ gehört, dass die Wasserqualität noch mehr gefördert werden sollte. Das Wasser in Österreich hat Trinkwasserqualität! Ich weiß nicht, welche Steigerung wir noch haben wollen. Wollen wir Mineralwasserqualität, sollen wir noch Kohlensäure hinzufügen?! Ich habe keine Ahnung, was Sie wirklich vorhaben.

Beim Thema Pflanzenschutz ist es ähnlich: Es wird immer wieder das Thema Pflan­zenschutz hochgespielt. Wir sehen, dass heuer in den Gebieten, die von Starkregen betroffen waren, die Verpilzung von Getreide, von Wintergetreide ein massives Aus­maß erlangt hat. Würden wir nicht die Gesundung der Pflanzen unterstützen, hätten wir das Problem, dass wir nicht einmal unser Brotgetreide in Österreich herstellen könnten. Wir haben jetzt schon das Problem, dass wir österreichweit nicht einmal die Ver­sor­gung mit eigenem Brotgetreide sicherstellen können, weil die Qualität durch den Klima­wandel entsprechend leidet.

Ein weiterer Punkt, den ich noch ansprechen möchte, ist das Thema Beutegreifer – da­mit haben wir zurzeit in der Landwirtschaft Probleme –, das ja schon auf europäischer Ebene diskutiert wird. Auch unsere Bundesministerin hat sich diesbezüglich schon klar positioniert. Wir müssen schauen, dass wir auch in diesem Bereich sowohl Ökologie als auch Wirtschaftlichkeit mitbedenken und die Vertreter von Landwirtschaft und NGOs an einen Tisch zusammenbringen, sodass wirklich Lösungen herbeigeführt werden, um den Fortbestand der Weidewirtschaft in Österreich zu sichern und diese weiter voranzutreiben.


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 139

Zur Neiddiskussion, die stetig aufflammt: Ich glaube, es ist nicht sinnvoll, in einem Land wie Österreich, in dem es eine solche Vielfalt an agrarischen Produkten gibt, immer wieder die Bäuerinnen und Bauern auseinanderzudividieren, ob das Schweinebauern, Bergbauern oder Flachlandbauern sind. Wir müssen in einem Land, das wirklich hohe Standards hat, mit einer Stimme sprechen. Wir haben den höchsten Sozialstandard, wir haben den höchsten Umweltstandard, wir haben den höchsten Tierschutzstandard, und wenn wir dann in die Geschäfte schauen: Wo wird hingegriffen? Es ist egal, ob das Putenfleisch aus Polen kommt! In Österreich haben wir jetzt sogar das Problem, dass ein Putenschlachtbetrieb aufgeben musste, weil wir zurzeit viel mehr Fleisch (Bundesrat Mayer: ... aus Oberösterreich kaufen!) importieren.

Wir haben das Thema auch im Bereich der Milchproduktion. Da fordere ich aber auch die Genossenschaften auf, endlich daran zu arbeiten, einen Branchenverband zu gründen, denn ich finde es ungerecht, wenn man sich seitens der Unternehmungen gegenseitig die Kriterien hinauflizitiert und andererseits die Politik auffordert, sie sollte entsprechende Rahmenbedingungen schaffen.

Wie gesagt, wir sind bestrebt, unsere Produktion weiterhin in hoher Qualität zu forcie­ren und uns nicht in Diskussionen auseinanderdividieren zu lassen, was immer wieder geschieht, besonders vonseiten der SPÖ, weil sie glauben, günstige Lebensmittel ein­kaufen zu müssen. (Bundesrat Lindner: Geh, hör auf!) Daher sage ich: Das Markt­ordnungsgesetz ist ein Schritt in die richtige Richtung.

Ich danke dir, liebe Frau Bundesminister, dass diese Maßnahmen getroffen wurden, vor allem angesichts der GAP-Verhandlungen, des Brexits, aber auch der hohen Stan­dards, die die österreichische Landwirtschaft erreicht – ein herzliches Dankeschön! Wir werden dieser Novelle des Marktordnungsgesetzes zustimmen.

Frau Minister, ich wünsche Ihnen auch für die Zukunft alles Gute. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

16.54


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Bundesrätin Rosa Ecker. Ich erteile ihr dieses.


16.54.27

Bundesrätin Rosa Ecker, MBA (FPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geschätzte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren hier im Saal und zu Hause! Bei diesem Tagesordnungspunkt geht es um das Marktordnungsgesetz im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union. Die Novelle soll zu einer Verwaltungsvereinfachung führen. Notwendig geworden sind die Änderungen wegen EU-rechtlicher Neuerungen, und auch Erfahrungswerte sind eingeflossen.

Wenn man vom Bürokratieabbau spricht, ist hier das beste Beispiel die Bestimmung über die aktiven Betriebsinhaber, die in Österreich nur wenige Betriebe tatsächlich betrifft; sie wird entfallen. Diese Regelung hat nur 14 Betriebe mit einer Fördersumme von 31 000 Euro an Direktzahlungen betroffen – da sieht man, dass das in keinem Ver­hältnis zum Verwaltungsaufwand steht.

Es ist auch eine Lösung für die Rückforderung von Förderungen für sogenannte Hut­weideflächen gefunden worden. Auch die Milchquotenregelung entfällt. Es wurde außerdem einer Forderung des Rechnungshofes nachgekommen. Allfällige Finanzkor­rekturen, wenn EU-Vorschriften nicht fehlerfrei angewendet wurden, werden in Zukunft den Ländern angelastet. Das würde die Abwicklung der Marktordnungsmaßnahmen im Sektor Wein, der Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raumes und der Cross Compliance betreffen. Man muss aber auch hinzufügen, dass das bis dato in Österreich noch nicht vorgekommen ist.


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 140

Besonders erwähnen möchte ich das EU-Schulprogramm, das bis jetzt Obst und Ge­müse sowie Schulmilch beinhaltet hat. Das waren bisher zwei Förderprogramme, die nun durch ein Schulprogrammsystem ersetzt werden; diese Beihilfen werden zu­sam­mengeführt. Auch im kommenden Schuljahr können regionale Erzeuger und Le­bens­mitteleinzelhändler an diesem Programm teilnehmen.

Im Schuljahr 2016/2017 wurden knapp 3 Tonnen Schulmilchprodukte an etwa 66 000 Kin­der und Jugendliche verteilt; das ist eine schöne Sache. Insgesamt haben so 2 400 Schu­­len einen Anreiz für gesunde Ernährung und auch für Nachhaltigkeit bekommen, denn diese Produkte kommen überwiegend vom regionalen Direktver­markter, also vom Bau­ern. In Bezug auf Nachhaltigkeit – ich kenne das zumindest aus unserer Schule und den Schulen, die ich so besuche – muss man hinzufügen, dass die Produkte in um­weltfreundlichen, wiederverwertbaren Gläsern und Bechern geliefert werden. Das ist für die Kinder auch ein Zeichen für Nachhaltigkeit: Sie erleben einfach tagtäglich, dass das möglich ist, dass – die Diskussion über Plastik haben wir ohnehin in den letzten Wochen immer wieder geführt – eben nicht alles aus Plastik sein muss, sondern dass es auch anders geht.

Durch die lang anhaltende Trockenheit im heurigen Frühjahr werden die Landwirte auf ihren Nutzflächen gewaltige Schäden erleiden. Mehr als 70 Prozent der durchschnitt­lichen landwirtschaftlichen Einkommen bestehen aus Förderungen und Ausgleichs­zah­lungen. Wir haben es heute schon gehört, Kollege Tiefnig hat es auch gesagt: Diese Förderungen und Ausgleichszahlungen, die die Landwirte erhalten, schlagen sich schlussendlich im Preis nieder, und davon profitieren auch wir als Endverbraucher.

Mein Abschlusssatz, und dafür stehen wir absolut: Die kleinstrukturierte Landwirtschaft und besonders die Familienbetriebe und auch die Bergbauernbetriebe brauchen ein­fach unsere Unterstützung und unsere Förderung.

Abschließend möchte ich ebenfalls der Frau Bundesminister alles Gute wünschen, einen schönen, erholsamen Sommer und dass sie diese wenn auch sehr kurze Auszeit auf jeden Fall besonders genießen kann. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

16.5816.58.38


Vizepräsident Ewald Lindinger: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

16.59.0810. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2018 betreffend ein Bundesgesetz über Maßnahmen zum Schutz der Pflanzen vor Pflanzenschädlingen (Pflan­zen­schutzgesetz 2018) (138 d.B. und 166 d.B. sowie 9984/BR d.B.)


Vizepräsident Ewald Lindinger: Wir gelangen nun zum 10. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist wiederum Herr Bundesrat Peter Oberlehner. – Ich bitte um den Be­richt.


16.59.24

Berichterstatter Peter Oberlehner: Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Frau Minis­ter! Liebe Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Ich darf den Bericht des Aus-


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 141

schusses für Land-, Forst- und Wasserwirtschaft über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2018 betreffend ein Bundesgesetz über Maßnahmen zum Schutz der Pflan­zen vor Pflanzenschädlingen – Pflanzenschutzgesetz 2018 – zur Kenntnis brin­gen.

Der Bericht liegt in schriftlicher Form vor. Ich stelle daher gleich den Antrag:

Der Ausschuss für Land-, Forst- und Wasserwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 26. Juni 2018 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben. – Danke.


Vizepräsident Ewald Lindinger: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Martin Preineder. Ich erteile dieses.


17.00.12

Bundesrat Martin Preineder (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Werte Frau Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Wir beschäftigen uns mit dem Pflanzenschutzgesetz, mit Maßnahmen zum Schutz der Pflanzen vor Pflanzen­schädlingen. Es geht nicht um das Pflanzenschutzmittelgesetz, denn alles, was wir bei Pflanzen vorab schützen können, brauchen wir nicht chemisch zu behandeln.

Die Natur kennt Nützlinge und Schädlinge, und gerade in Zeiten des Klimawandels ver­ändern sich die Gleichgewichte. Wir mussten das sehr tragisch im heurigen Sommer und Frühjahr erleben, als von 40 000 Hektar Rübenflächen, die gesät wurden, 9 000 Hek­tar umgebrochen werden mussten, weil der Rübenrüsselkäfer sie vernichtet und ge­fressen hat. Das betraf ein Drittel der Anbaufläche im Rübenbereich. Noch drastischer war es im Bereich der Biorübe: Da wurden zwei Drittel geschädigt und mussten um­gebrochen werden, weil keine Bekämpfungsmöglichkeit zur Verfügung steht.

Sehr geehrte Frau Bundesminister, liebe Elli, danke, dass es möglich war, mit der Änderung des Fruchtfolgesystems rasch Abhilfe zu schaffen, den Nachbau von Mais zu ermöglichen und die Flächen nicht brachliegen zu lassen.

Krankheiten, Schädlinge, Bakterien und Pilze können durch internationalen Handel auch importiert werden. Um sich vor dem Import aus Drittländern zu schützen, ist es not­wendig, Saatgut, Pflanzgut, Lebensmittel und Futtermittel auch entsprechend zu kontrollieren. Wir setzen hier eine EU-Verordnung um, die die Behördenzu­ständig­kei­ten genauer regelt und begleitende Vorschriften beinhaltet, die auch die Anforderungen an die Kontrollorgane entsprechend präzisiert, die die Pflicht der Betriebe dahin ge­hend, wie sie umzugehen haben, näher ausgestaltet, die die Gebühren regelt und letztlich auch vorschreibt, welche amtlichen Maßnahmen bei einem Befall durch Schäd­linge zu setzen sind. Ziel dieses Gesetzes ist die Verschärfung der Einfuhrbestim­mungen aus Drittländern und letztlich auch eine strengere Kontrolle.

Pflanzenschutz in dieser Form erspart Pflanzenschutzmittel, und damit ist das im Sinne der Nachhaltigkeit für unser Land und für unsere Bürger. Dir, liebe Elli, wünsche ich für dein persönliches und privates Nachhaltigkeitsprojekt alles Gute. (Heiterkeit und Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

17.02


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Jürgen Schabhüttl. Ich erteile dieses.


17.03.06

Bundesrat Jürgen Schabhüttl (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen!


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 142

Liebe Zuseher hier und zu Hause! Wir debattieren unter Punkt 10 der heutigen Tages­ordnung ein neues Pflanzenschutzgesetz. Kollege Preineder hat es schon ausgeführt, es soll dem erhöhten Schutz der Pflanzen vor Schädlingen und Krankheiten dienen. Dieses Gesetz steht in Zusammenhang mit der EU-Verordnung zum Schutz vor Pflan­zenschädlingen und der Verordnung über amtliche Kontrollen und andere amtliche Tätigkeiten zur Gewährleistung der Anwendung des Lebens- und Futtermittelrechts und der Vorschriften unter anderem im Bereich des Tierschutzes, der Pflanzengesund­heit und der Pflanzenschutzmittel.

Pflanzen- und Tierschutz fördern nicht nur das ökologische Gleichgewicht, sondern fördern in weiterer Folge auch die Gesundheit der Menschen, und wenn das mit einem entsprechenden Kontrollmechanismus ausgestattet ist, haben Sie uns natürlich im Boot. Das heißt, wir werden diesem Gesetz heute zustimmen. Der Bund schafft hier ein Grundsatzgesetz, und die Bundesländer werden in einem vorgegebenen Rahmen die Regelungen vornehmen und ein effizientes Kontrollsystem gewährleisten.

Noch zu etwas Grundsätzlichem: Pflanzenschutz ist insgesamt sehr wichtig, auch für die Landwirtschaft, und wenn der Pflanzenschutz funktioniert, dann erreichen wir gleichzeitig auch viel im Bereich des Tierschutzes und auch vieles im Bereich der Landwirtschaft. Nicht zuletzt ist zum Beispiel das Bienen- und Insektensterben eines der brennendsten Umwelt- und Agrarprobleme der Gegenwart, und es gibt viele nationale als auch internationale Studien, die ein Insekten- und Artensterben aufzei­gen. Eine zentrale Rolle spielt dabei die großflächige Anwendung von Pestiziden aller Art, die intensive Landwirtschaft, der Bodenverbrauch und vieles mehr. Da muss end­lich ein Umdenken stattfinden. Meiner Meinung nach – und diese Meinung teilen viele – heißt das: weg von der Flächenförderung, durch die in der EU zurzeit 20 Pro­zent der Beihilfenempfänger 80 Prozent der Direktzahlungen bekommen, hin zu einer ökologischen, biologischen und zukunftsorientierten Förderung.

Es ist nicht erklärbar und meiner Meinung nach auch nicht hinnehmbar, dass sich der Anteil der biologisch bewirtschafteten Flächen von circa 150 000 Hektar auf 550 000 Hek­tar erhöht hat, im gleichen Zeitraum die gesamt bewirtschaftete Fläche abnimmt, aber gleichzeitig das Aufbringen der Pestizide und Pflanzenschutzmittel mengenmäßig gleich bleibt. Das bedeutet in Wirklichkeit eine Erhöhung der Intensität der Pestizide, und das kann in der heutigen Zeit keiner von uns so einfach hinnehmen.

Naturschutz, Pflanzenschutz, Artenschutz ist gleichzeitig Menschenschutz. Wir sollten hier gemeinsam auftreten, um unsere Welt, unsere Flora und Fauna nicht einer globalen Haben-nie-genug-Wirtschaft zu opfern. Unsere Kinder und Enkelkinder werden uns dieses Auftreten danken. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesräte Samt und Stögmüller.)

17.06


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Thomas Schererbauer. Ich erteile dieses.


17.06.59

Bundesrat Thomas Schererbauer (FPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Frau Minis­ter! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Im Pflanzenschutz­ge­setz 2018 werden wichtige Maßnahmen zum Schutz der Pflanzen vor Pflanzenschädlingen ge­troffen. Die Europäische Union hat neue Vorschriften auf dem Gebiet der Pflanzen­ge­sundheit sowie der amtlichen Kontrolle in diesem Bereich erlassen.

Aufgrund des globalisierten Handels sowie des Klimawandels besteht eine erhöhte Ge­fahr der Ausbreitung gefährlicher Pflanzenschädlinge. Ziel dieses Gesetzes ist unter anderem eine Verbesserung der phytosanitären Sicherheit, eine Verhinderung der Ein-


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 143

schleppung beziehungsweise weiteren Ausbreitung gefährlicher Pflanzenschädlinge und eine Steigerung der Effizienz der amtlichen Kontrollen. In Österreich gibt es jetzt schon strenge Kontrollen, was den Pflanzenschutz betrifft, deshalb ist es umso wichtiger, dass auch bei der Einfuhr in die EU verstärkt kontrolliert wird.

Das Problem von invasiven Pflanzen, sprich Neophyten, ist ja hinlänglich bekannt. Beim Indischen Springkraut ist es etwa so wie bei Goethes „Zauberlehrling“: Die Geis­ter, die ich rief, werd’ ich nicht mehr los. – Ursprünglich als Zierpflanze aus dem Hima­lajagebiet nach Europa gekommen, hat es irgendwann den Sprung über den Gar­tenzaun geschafft und ist seither mehr als invasiv unterwegs. Eine Bekämpfung ist aufgrund der starken Verbreitung nur mehr sektoral sinnvoll, wenn zum Beispiel die heimische Flora durch das Springkraut verdrängt wird. Auch der giftige Bärenklau ver­breitet sich immer mehr in unseren Breitengraden.

Der fortschreitende Klimawandel setzt den Pflanzen ebenfalls arg zu, weshalb auch diesbezüglich Maßnahmen unumgänglich sind. Das sogenannte Feuerbakterium kann durch kleine Insekten beziehungsweise Zikaden übertragen werden und kann bei vielen Nutzpflanzenarten die unterschiedlichsten Krankheiten auslösen. Es war ursprüng­lich ein in den USA verbreitetes Bakterium und wurde sehr wahrscheinlich durch infi­zierte Kaffeepflanzen nach Europa gebracht. Seit 2013 sind diesem Feuerbakterium in Süditalien schon über eine Million Olivenbäume zum Opfer gefallen. Rund 500 000 Hek­tar waren bis 2017 infiziert. Das Bakterium zieht bedrohlich schnell weiter in Richtung Norden und befällt nun auch Obstbäume und Rebstöcke. Durch den Klimawandel und die daraus resultierende Erderwärmung besteht die Gefahr, dass in absehbarer Zeit auch unsere heimischen Nutzbäume befallen werden könnten.

Der Maiswurzelbohrer und der asiatische Marienkäfer sind weitere Schädlinge, die es mit unserer Flora und Fauna nicht gut meinen. Eine strenge Einfuhrvorschrift und verstärkte Kontrollen zum Schutz unserer heimischen Pflanzen, aber auch zum Schutz unserer Landwirtschaft und Lebensmittelversorgung sind daher das Gebot der Stunde.

Mit diesem Gesetzentwurf wird ein wichtiger Schritt zum Schutz unserer heimischen Pflanzen gesetzt, und wir werden diesem selbstverständlich zustimmen. – Vielen Dank. (Beifall bei FPÖ und ÖVP, bei BundesrätInnen der SPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller.)

17.09

17.10.02


Vizepräsident Ewald Lindinger: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall. Die Debatte ist geschlos­sen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Frau Bundesministerin! Ich wünsche Ihnen alles Gute und einen schönen Sommer! (Allgemeine Heiterkeit und allgemeiner Beifall.)

17.10.4211. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 14. Juni 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schülervertretungengesetz geändert wird (261/A und 167 d.B. sowie 9986/BR d.B.)



BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 144

Vizepräsident Ewald Lindinger: Wir gelangen nun zum 11. Punkt der Tagesordnung. Zu diesem Tagesordnungspunkt darf ich in Vertretung von Bundesminister Heinz Faßmann Herrn Bundesminister Ing. Norbert Hofer begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Mag. Doris Schulz. – Ich bitte um den Bericht.


17.11.17

Berichterstatterin Mag. Doris Schulz: Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Unterricht, Kunst und Kultur über den Beschluss des Nationalrates vom 14. Juni 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schülervertretungengesetz geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen vor; ich komme daher gleich zur Antragstellung:

Der Ausschuss für Unterricht, Kunst und Kultur stellt nach Beratung der Vorlage am 26. Juni 2018 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben. – Ich bin ein bisschen außer Atem, verzeihen Sie!


Vizepräsident Ewald Lindinger: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Marlene Zeidler-Beck. Ich erteile dieses.


17.12.00

Bundesrätin Mag. Marlene Zeidler-Beck, MBA (ÖVP, Niederösterreich): Sehr ge­ehr­ter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher live vor Ort und vor den Bildschirmen! „Wahlen allein machen noch keine Demokratie“, hat Barack Obama einmal gesagt. Genau deswegen bin ich stolz und zutiefst überzeugt von dem Schritt, den wir heute mit der gesetzlichen Verankerung des Schülerparlaments setzen werden; stolz, weil wir 2007 die Ersten in Europa waren, die Wählen ab 16 Jahren eingeführt haben, und auch stolz, weil wir jetzt wieder Vorreiter sind und die Wichtigkeit des Schülerparla­ments anerkennen.

Vor elf Jahren haben wir den wichtigen Grundstein dafür gelegt, dass Jugendliche mitgestalten dürfen und dass das Interesse der Jugendlichen an Politik wieder ge­steigert wird. Heute geht es darum, das Mitgestalten auf eine neue Ebene zu heben.

Anlässlich des Zehn-Jahr-Jubiläums von Wählen ab 16 Jahren wurde im vergangenen Jahr eine Studie der Universität Wien präsentiert. Das Ergebnis ist eindeutig und stimmt optimistisch. 2013 haben sich 25 Prozent der Jugendlichen als sehr oder zumindest ziemlich politisch interessiert bezeichnet. 2017 waren es bereits 60 Prozent. Die Wahr­scheinlichkeit, wählen zu gehen, lag für die Jugendlichen vor der Nationalrats­wahl 2013 bei 70 Prozent, 2017 bei 85 Prozent. Je höher das politische Vorwissen und je mehr Spaß politische Diskussion auch macht, desto wahrscheinlicher ist es, dass Jugendliche wählen gehen.

Ich bin zutiefst überzeugt von diesem Schritt, weil wählen gehen allein eben noch keine Demokratie macht. Es braucht weitere Initiativen und es braucht noch mehr Offensive. Mit der gesetzlichen Verankerung des Schülerparlaments machen wir einen solchen Vorstoß. Wir geben einer Initiative, die in der Praxis ja längst zur fixen Institution geworden ist, nun auch den Stellenwert im Schülervertretungengesetz, der ihr zusteht und den sie verdient.

Ab nächstem Jahr soll einmal jährlich unter der Leitung des Bundesschulsprechers ein Schülerparlament stattfinden, eine Zusammenkunft aller Landesschülervertretungen und der Schülervertretung der Zentrallehranstalten. Wir schreiben auch fest, dass die Ergebnisse daraus im Unterrichtsausschuss besprochen und diskutiert werden. Damit machen wir Politik einmal mehr greifbar, für eine neue Generation erlebbar und Demo­kratie spürbar.


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 145

Bei mir ist es ja noch nicht so lange her, bei manchen von Ihnen vielleicht schon länger, aber ich glaube, es kann sich jeder noch ganz genau an seine erste Sitzung hier im Hohen Haus erinnern, an das erste Mal, aktiv an der Gesetzgebung mitgewirkt zu haben. Egal ob wir diese Erfahrung im Gemeinderat, im Landtag oder eben im Hohen Haus machen: Das Gefühl, Teil eines demokratischen Prozesses zu sein, ist, glaube ich, für uns alle einzigartig und prägend. Man entwickelt ein tiefes Verständnis für Demokratie, für Partizipation und dafür, wie wichtig es ist, mitzumachen und aktiv zu sein.

Um demokratische Prozesse erlebbar zu machen, sind Schülerparlamente genauso wichtig wie alle anderen Initiativen. Ich war erst vorgestern zu Gast beim Model European Parliament, einer Initiative von einigen Jugendlichen aus Klosterneuburg, Niederösterreich, die Jugendliche aus ganz Europa nach Wien eingeladen haben und hier Prozesse des Europäischen Parlaments durchgespielt haben, und das mit einer wirklich beeindruckenden hohen fachlichen Qualität und Professionalität.

Ich möchte mich daher abschließend an dieser Stelle sehr herzlich bei der Bun­des­regierung bedanken, aber auch ein persönliches Dankeschön an Nico Marchetti richten. Nico Marchetti hat dieses Thema seit seiner Zeit als Schulsprecher verfolgt. Er hat es als Abgeordneter zum Nationalrat weiter vorangetrieben und letztlich den Beschluss im Hohen Haus mit herbeigeführt. Ich finde, das ist ein Beispiel, das noch viel öfter Schule machen dürfte, und schließe damit sozusagen mit dem umgekehrten Seneca-Zitat: „Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir.“ – Danke. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie bei BundesrätInnen der SPÖ.)

17.16


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Frau Mag. Daniela Gruber-Pruner. Ich erteile dieses.


17.16.48

Bundesrätin Mag. Daniela Gruber-Pruner (SPÖ, Wien): Hohes Präsidium! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich starte auch mit einem Zitat: „Demokratie ist die einzige Staatsform, die gelernt werden muss“, sagt der Bildungs­philosoph Oskar Negt. Ich kann das nur bestätigen. Wenn man an Schulen oder in Bildungseinrichtungen unterwegs ist, dann merkt man sofort, welche Klassen, welche Schüler und Schülerinnen mit Demokratie bereits Erfahrung gemacht haben und für welche dieses Thema noch fremd ist.

Ich möchte ganz kurz etwas erzählen: Wir waren gestern mit dem Kinderrechte­ausschuss im Rahmen des Wientages auch in einer Volksschule in der Donaustadt und waren Gäste eines Schüler- und Schülerinnenparlaments in dieser Volksschule. Wir alle waren eigentlich durchgängig sehr, sehr beeindruckt, mit welcher Kompetenz und mit welchem Selbstwert diese jungen Kinder – es sind VolksschülerInnen – an diesem SchülerInnenparlament teilgenommen haben, von Redebeiträgen über Sit­zungsführung bis hin zum Protokollschreiben. Wir alle waren tief beeindruckt, aber wir wissen auch, was dahintersteht, so einen Prozess dauerhaft vonseiten der Schulleitung und der PädagogInnen zu begleiten.

Das, was man bei solchen Modellen erlernt – da gebe ich meiner Vorrednerin absolut recht –, sind Mehrfachkompetenzen, die man als mündige Bürgerin, als mündiger Bürger ein ganzes Leben brauchen kann. Man muss Informationen sammeln können und Informationen verstehen können. Man muss sich zu diesen Informationen eine Meinung bilden können, man muss dann seine Meinung mit anderen diskutieren und teilen, und man muss auch Kompromisse schließen und die Frustrationen bei diesen Kompromissen auch aushalten. Da hat uns gestern ein, glaube ich, Drittklässler bei


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einer Abstimmung mitgegeben, dass er jetzt als Vertreter seiner Klasse wohl eine Mehrheitsmeinung einbringen muss, aber es war ihm ein Anliegen, zu betonen, dass es nicht seine persönliche Meinung ist. Wir haben dann diskutiert, dass wir das natür­lich alle, bis hier ins Parlament, ins Hohe Haus, auch kennen und dass das ein Teil von Demokratielernen ist.

Wir wissen auch, dass solche Modelle leider noch immer Einzelprojekte sind. Sie werden mehr und mehr, aber es ist kein durchgängiges Prinzip. Wir wissen, dass es bei der Demokratiebildung in unserem Bildungssystem noch Luft nach oben gibt. Es hängt eben sehr oft von engagierten Pädagogen und Pädagoginnen ab, ob sie diese Modelle zulassen, ob sie sie mit Ernsthaftigkeit, mit Nachhaltigkeit betreiben. Deshalb setzen meine Fraktion und ich eine gewisse Hoffnung in diesen Gesetzesvorschlag, den wir heute hoffentlich beschließen, dahin gehend, dass wir damit auch einen Schub in Richtung Demokratisierung unserer Schulen, unserer Bildungseinrichtungen vor­nehmen.

Ich möchte schon noch erwähnen, dass es Anfang der 2000er-Jahre, als diese Schü­lerInnenvertretungen eingeführt wurden, ein Vorschlag und ein Vorstoß der AKS, also der Aktion kritischer Schüler_innen, war, damals noch gegen viel Widerstand, auch von der Schülerunion. Wir freuen uns aber, dass man mittlerweile, 18 Jahre später, eine große Übereinkunft betreffend solche Modelle und einen großen gemeinsamen Wunsch nach solchen Modellen und dieser SchülerInnenvertretung hat.

Die SchülerInnenparlamente finden auf Landesebene, in unseren Bundesländern, schon lange statt, und es gibt auch auf Bundesebene bereits zehn solche Modelle, die wir heute auch in gesetzliche Form gießen. Das begrüßen wir natürlich. Trotzdem – darauf möchte ich noch einmal zurückkommen – ist es noch nicht selbstverständlich, dass alle Kinder an so etwas teilnehmen können. Wir fordern, trotzdem auch über weitergehende Maßnahmen, Begleitmaßnahmen in Richtung Demokratiebildung, Menschenrechtsbildung nachzudenken.

Es gibt schon lange und immer wieder die Diskussion, das Schulfach Politische Bil­dung spätestens ab der Sekundarstufe I einzuführen. Wir, die SPÖ, haben auch ein Demokratiepaket formuliert, mit Überlegungen und Vorschlägen zu Begleitmaßnah­men, sozusagen flankierenden Maßnahmen. Wir brauchen offensichtlich noch ein bisschen mehr Mut, um da weiterführende Maßnahmen zu beschließen.

Eine Forderung – das hat meine Vorgängerin auch schon gesagt – wurde zum Glück von den Regierungsparteien aufgegriffen, nämlich die meiner Kollegin Sonja Hammerschmid, dass die Anträge, die bei SchülerInnenparlamenten abgestimmt werden, dann auch hier ins Hohe Haus kommen und behandelt werden. Dafür eignet sich wahrscheinlich ein Unterausschuss zum Unterrichtsausschuss am besten.

Ich finde, diese Wertschätzung müssen wir den SchülerInnenparlamenten entgegen­bringen. Ich glaube auch, dass es unsere Debatten hier bereichert, wenn wir die Anträge und die Meinungen der Schülerinnen und Schüler hier ins Hohe Haus holen.

Wir stimmen diesem Antrag gerne zu. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei BundesrätInnen der ÖVP sowie des Bundesrates Stögmüller.)

17.22


Vizepräsident Ewald Lindinger: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Monika Mühlwerth. Ich erteile dieses.


17.22.56

Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Besucher auf der


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 147

Galerie und zu Hause vor den Bildschirmen! Eigentlich haben meine beiden Vorred­nerinnen schon sehr ausführlich über diesen Gesetzesvorschlag gesprochen, und wir sind uns da ja Gott sei Dank einig. Ich freue mich, dass wir es wirklich geschafft haben, da eine Einstimmigkeit zu erzielen. Wir sind uns eben einig, dass Demokratie schon in der Schule ein ganz wichtiger Akt ist. Für Schüler, die jetzt über einen Vorschlag diskutieren müssen, schauen müssen, dass sie Mehrheiten finden, darüber abstimmen müssen, Protokoll führen müssen – wie es meine Vorrednerin schon gesagt hat –, ist das ein wichtiger Prozess.

Ein weiterer wichtiger Prozess ist dabei auch – und das ist noch nicht erwähnt wor­den –, zwar jetzt nicht im Gesetz, aber grundsätzlich beim Demokratisierungsprozess, die Demokratiewerkstatt, die ja viele von uns wahrnehmen, um dort mit den Schülern zu sprechen. Es ist sehr unterschiedlich, es kommt auf die Schule an, es kommt auch auf die Altersstufe der Kinder an, aber die Bandbreite der Fragen ist sehr groß, wie etwa: Wie entsteht ein Gesetz? Was macht der Bundespräsident? Welche Arbeit macht ein Minister? Wie viele Stunden arbeiten Sie täglich? Was ist Ihr Lieblings­es­sen? – Es ist aber ein wichtiger Prozess, Politiker zum Anfassen zu haben, mit ihnen zu sprechen und mit ihnen zu diskutieren.

Die politische Bildung, Frau Kollegin Gruber-Pruner, die gibt es schon. Da Sie Wün­sche an die Bundesregierung gerichtet haben, gebe ich jetzt einen Wunsch zurück, gerade zum Thema politische Bildung, weil mir das sehr wichtig ist und ich leider nur allzu oft erlebt habe, dass das in der Vergangenheit nicht so abgelaufen ist, wie es hätte ablaufen sollen, nämlich ideologiefrei. Ich habe leider an vielen Schulen erlebt, mit welcher Ideologie – und das ist keine rechte Ideologie – die Schüler da indoktriniert werden, und wenn wir über politische Bildung sprechen, dann muss es so sein, dass das weitestgehend ideologiefrei ist.

Mir ist schon klar, dass niemand seine Gesinnung einpacken und verstecken kann und sagen kann, die gibt es nicht. Was man aber sehr wohl kann, ist, politische Prozesse, auch politische Geschichte in einer Art und Weise vermitteln, in der man sie einander gegenüberstellt und sagt, was gut ist, was schlecht ist, was eine Katastrophe war. Das gibt es ja auch, und das wünsche ich mir von den Lehrern, die dieses Fach unter­richten.

Ich kann mich noch erinnern, als ich Bezirksrätin war – das ist schon eine Zeit lang her –, war ich in einer Klasse, und ich muss schon sagen, dass ich wirklich beeindruckt war von den Achtjährigen, die mich zu meiner Bezirksarbeit gefragt haben: Was macht ein Bezirksrat? Was ist die Aufgabe eines Bezirksrates? Selten habe ich bei Erwach­senen derart klug gestellte Fragen erlebt wie bei diesen Achtjährigen. Das war wirklich beeindruckend, und das heißt, glaube ich, wir brauchen uns keine Sorgen zu machen, dass die Kinder nicht demokratisch genug sind und wir sie quasi zur Demokratie erziehen müssen, denn sie erleben sie ja auch jeden Tag. Wir müssen eher darauf schauen, dass sie nicht verdorben werden, wie mit Streitereien. Ideologisch kann es ruhig sein, es ist nur die Frage, wie wir damit umgehen, wie wir miteinander umgehen und wie wir mit einer anderen Meinung umgehen.

Ich glaube, die Politikverdrossenheit war bisher nicht eine Verdrossenheit an der Po­litik, sondern eine Verdrossenheit an den Politikern, denn die Menschen haben sich jeden Tag, wenn sie den Fernseher aufgedreht haben, anschauen können, wie man sich verbal die Köpfe einschlägt. (Bundesrat Weber: Da waren Sie dabei!) Das ist mit der neuen Bundesregierung Geschichte von gestern. Wir arbeiten konstruktiv zusam­men, wir streiten nicht, wir schauen, dass wir für die Republik und für die Menschen in diesem Lande etwas weiterbringen, und wenn man sich die Umfragen anschaut, wird es uns auch gedankt. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

17.27



BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 148

Vizepräsident Ewald Lindinger: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat David Stögmüller. Ich erteile dieses.


17.27.28

Bundesrat David Stögmüller (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Zuseher und Zuhörer! Vonseiten der Grünen unterstützen wir natürlich jeden Antrag, der zu Partizipation und mehr Mitbestimmung von Schülerinnen und Schülern beiträgt, das steht außer Frage. Die Jugendlichen wissen sehr wohl selber – und da gebe ich dir (in Richtung Bundesrätin Gruber-Pruner) absolut recht –, was sie interessiert, wofür sie sich einsetzen wollen und wo sie sich verbessern können.

Bildung muss für diejenigen gemacht werden, die es betrifft, nämlich für Schülerinnen und Schüler, für Lehrlinge, für Studierende, für Lehrer und so weiter, und da ist das aktive Mitspracherecht bei der Gestaltung des Schulalltages und der Schulumgebung, der Lerninhalte oder auch bei Diskussionen über aktuelle politische Ereignisse extrem wichtig. Da gab es gestern im Kinderrechteausschuss wirklich tolle Beispiele, und genau das geht mir persönlich eigentlich ab.

Bei den wichtigen schulpolitischen Entscheidungen, wie zum Beispiel bei den Deutsch­klassen oder den Geldstrafen für Schulschwänzer – um jetzt aktuelle Themen zu nennen –, hört man eigentlich wenig oder selten etwas von der Bundesschüler­vertre­tung; man hätte auch melden können, das ist gut oder schlecht oder man hat die oder die Kritik.

Man muss dabei auch etwas ins System blicken, und das – da bin ich voll bei Ihnen, Frau Kollegin Mühlwerth – ideologiebefreit. Seit Jahren ist der oder die Vorsitzende ein Vertreter der Schülerunion. Die Schülerunion ist nichts anderes als eine ÖVP-nahe Vorfeldorganisation, auch mit finanzieller Unterstützung. Ein ehemaliges Landesvor­stands­mitglied der Schülerunion in Wien hat das eigentlich ganz passend in einem Interview vor zwei, drei Monaten im „Biber“, einem Magazin für junge Menschen, das immer wieder – auch an Schulen – ausgesendet wird, zusammengefasst. Ich zitiere:

Die Schülerunion ist eigentlich nichts anderes als der Steigbügelhalter der ÖVP in der Schulpolitik. (Ruf bei der ÖVP: Frechheit!) „Es geht im ganzen System der Schü­lerunion [...] nur um Machterhalt in der Landes- und Bundesschülervertretung  [...] und um die Interessen der ÖVP.“ – Zitatende.

Das ist im „Biber“ von vor zwei Monaten, in der vorletzten Ausgabe, nachzulesen. Also wenn wir von wirklicher Mitbestimmung von Jugendlichen reden, dann darf es bei den SchülerInnenparlamenten keinen Fraktionszwang geben. Eigentlich sollte diese Vertretung überparteilich sein und im Interesse der Schülerinnen und Schüler handeln, sich für diese starkmachen und auch einmal gegen die Position der aktuellen Politik oder der Bundesregierung aufbegehren, egal, welche Farbe die Bundesregierung hat.

Wir werden diesem Gesetz heute natürlich zustimmen, und ich möchte noch einmal betonen, dass ich auf keinen Fall die Arbeit der Landesschülervertretungen und Bun­desschülervertretungen schlechtmachen möchte. Nein, ganz im Gegenteil, ich habe wirklich großen Respekt vor allen, auch vor uns allen, die sich ehrenamtlich die Zeit nehmen, um in diesen Schülerparlamenten Demokratie zu leben. Wirklich vielen Dank dafür.

Man muss aber sehr wohl auch das System kritisch hinterfragen. Es lässt sich nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Schülervertretungengesetz eine komplette Demo­kra­tisierungsreform bräuchte: raus mit der Parteipolitik aus den Schulen, rein mit der Direktwahl aller Landes- und BundesschülerInnenvertretungen und SchülerInnenparla­mente. Lernen wir den Jugendlichen, sich selbst ein Bild über die politischen Zustände


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 149

und Positionen zu machen, und indoktrinieren wir sie nicht schon in frühen Jahren – da bin ich absolut bei Ihnen (in Richtung Bundesrätin Mühlwerth) –, aber da bitte ich, auch das Schülerparlament miteinzubeziehen, nicht nur die politische Bildung.

Lassen wir sie mitreden und mitbestimmen, ohne immer die eigenen Parteiinteressen in den Vordergrund zu stellen und stellen zu müssen! Das wäre notwendig, das wäre mir ganz wichtig. Ich kann nur sagen: Meine vollste Unterstützung dafür, dass die Demokratie dort ausgebaut wird, aber die Parteiinteressen müssen weg! Danke schön.

17.31


Vizepräsident Ewald Lindinger: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Dr.in Andrea Eder-Gitschthaler. Ich erteile dieses.


17.31.22

Bundesrätin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP, Salzburg): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren, die zu dieser Zeit noch ausharren! Sehr geehrter Herr Minister! Lieber David! Jetzt muss ich natürlich schon auf deinen Debattenbeitrag eingehen, als Mutter einer Tochter, die auch Schüler­vertreterin ist, die in meinem Umfeld groß geworden ist und damit in unserem Werte­bereich aufgewachsen ist: Das Engagement der jungen Damen und Herren hat wirklich nichts mit Parteipolitik zu tun! (Zwischenruf des Bundesrates Stögmüller.) Die enga­gieren sich, die kümmern sich, die bemühen sich, die setzen sich ein. Du hast das bereits im Ausschuss so in diese Richtung gedreht, und ich möchte das wirklich zurückweisen! Das Engagement dieser jungen Damen und Herren ist frei von parteipolitischer Vereinnahmung, und dafür stehen wir auch. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Es ist nicht alles nur in eine Richtung (Bundesrat Stögmüller: ... der eigene Landes­schulvertreter!), und die jungen Damen und Herren können sich sehr wohl ein Bild machen, ein sehr umfassendes Bild, die lassen sich nicht von vordergründigen Dingen blenden. Ich weiß es, ich habe eine 17-jährige Tochter, ich habe noch eine ältere Tochter, und die beiden sind sehr wohl sehr kritisch. Es ist nicht so, dass sie alles, was ihnen vorgebetet wird, auch nachsagen, sondern sie hinterfragen sehr kritisch. – Gott sei Dank, sage ich nur!

Ich wollte eigentlich sagen, dass ich mich sehr freue, dass wir hier sind, diesen Be­schluss gemeinsam auch in die Tat umsetzen. Als ehemalige Schülervertreterin sage ich: Ich bin froh, dass wir jetzt diese gesetzlichen Rahmenbedingungen haben. Wie meine VorrednerInnen schon ausgeführt haben, haben wir uns dazu bekannt, dass die Jugendlichen ab 16 Jahren wählen, und wir wollen ihnen auch das Rüstzeug dazugeben, damit sie entsprechend informiert sind. Das ist unsere Aufgabe und das ist auch unser Auftrag, und da müssen wir dafür sorgen, dass sie auch die notwendigen Entscheidungshilfen haben, und zwar in allen Bereichen.

Dieses vorliegende Gesetz ist für mich ein wichtiger Baustein, es gibt aber noch an­dere Dinge. Kollegin Gruber-Pruner hat schon die politische Bildung im Unterricht ange­sprochen. Diese ist auch für mich ein ganz wesentlicher Meilenstein. Wir finden das auch im Regierungsprogramm auf Seite 65, dort steht geschrieben, dass politische Bildung ab der fünften Schulstufe kommen soll. Konkret geht es da um die „Erweite­rung von Geschichte und Sozialkunde durch ‚Staatskunde und politische Bildung‘ ab der 5. Schulstufe“, damit unsere staatlichen Grundwerte und die rechtsstaatlichen Prinzipien et cetera noch besser vermittelt werden können. Dazu bedarf es auch einer Änderung im Fach Geschichte, und da müssen wir natürlich alle aktiv mithelfen und es angehen, auch bei der LehrerInnenausbildung.


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 150

Auch ich kann nur Positives sagen, zum Beispiel zur Demokratiewerkstatt. Jeder von euch, der schon einmal dabei war, weiß, wie engagiert die jungen Damen und Herren mit den PädagogInnen und den BetreuerInnen der Demokratiewerkstatt arbeiten und uns auch sehr konkrete Fragen stellen. Monika, du hast das bereits gesagt, aus deiner Erfahrung als Bezirksrätin heraus, und ich kann es nur so weitergeben: Ich finde das wirklich gut und begrüßenswert und würde mir auch wünschen, dass die Demokratie­werkstatt in die Länder kommt, damit wir sie noch näher bei uns haben und so noch mehr Jugendliche wirklich an der Hand haben. Auch für meine Salzburger ist es immer schwierig, nach Wien zu fahren, denn da geht es um die Kosten, da geht es um die Betreuung. Es wäre wirklich zu wünschen, dass wir es schaffen, die Demokratie­werk­statt auch in den Bundesländern zu etablieren. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller.)

Was mich aber immer wieder verwundert, ist, dass wir zwar auch Praxisbeispiele im Unterricht haben wollen, dass es dann aber immer so negativ gesehen wird, wenn politisch engagierte Menschen in die Schulen kommen. Da sollte es meiner Meinung nach ein Regelwerk dafür geben, wie das gut zustande kommen kann, und man sollte nicht von vornherein den politischen Mandatarinnen und Mandataren unterstellen, sie wollten nur politisch indoktrinieren. Da geht es ja um Praxiserfahrung, und die Schüle­rinnen und Schüler und die Jugendlichen sind schon sehr motiviert, wenn sie diesen regen Austausch haben.

Ich denke, wir sind alle schon so weit und so reif, dass wir das nicht mit politischer Agitation verwechseln, sondern sehr wohl wissen, wie wir uns da zu benehmen haben. Dass man es leichter ermöglicht, dass diese Dinge auch in die Praxis umgesetzt wer­den, das würde ich mir noch wünschen. Ich bin sehr froh, dass wir hier heute diesen gemeinsamen Beschluss zustande bringen. Ich danke allen, die sich darum bemüht haben, und freue mich, dass die jungen Menschen durch diesen Beschluss noch mehr Anerkennung gewinnen werden. – Danke. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

17.36


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundes­minis­ter Hofer zu Wort gemeldet. Ich erteile dieses.


17.36.59

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Ing. Norbert Hofer: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf mich zuerst für die sehr breite Unterstützung für die gesetzliche Verankerung der Schülerparlamente bedanken. Ich glaube, dass viele von uns schon die Möglichkeit hatten, einer solchen Tagung beizu­wohnen, und wir alle haben gesehen, welche Talente da an den Rednerpulten stehen. Ich denke aber, dass die gesetzliche Verankerung deshalb so interessant ist, weil das politische Talent weit über die rhetorischen Fähigkeiten hinausgeht.

Wir alle haben schon Politiker kennengelernt, die rhetorisch hervorragend sind, aber von denen wir wussten, dass hinter diesem rhetorischen Talent nicht das steckt, was man eigentlich im politischen Alltag benötigt. Um Politiker zu sein, braucht es viel mehr, da braucht es die Fähigkeit, einen guten Antrag zu entwickeln, der dem Land wirklich weiterhilft – oder in diesem Fall der Schülervertretung weiterhilft –, da ist es notwendig, alles daranzusetzen, um den Antrag auch wirklich durchzubringen, in vielen Einzel­gesprächen, aber auch damit umgehen zu können, wenn man einmal verliert und ein Antrag keine Mehrheit findet. Da braucht es viel Demut, viel Empathie und auch viel Erfahrung im Umgang mit der Niederlage. Ich glaube, jeder von uns hat wahrscheinlich auch schon einmal eine Wahl verloren – ich habe schon viele Wahlen verloren –, aber auch das ist eine Erfahrung, die man mitnehmen muss – und da eben die Erfahrung, einmal einen Antrag nicht durchzubringen.


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 151

Ich glaube, dass diese gesetzliche Verankerung der richtige Schritt ist, weil wir damit das Parlament aufwerten, weil wir die Anträge aufwerten. Ich freue mich sehr auf die Umsetzung und bin fest davon überzeugt, dass wir mit diesem Beschluss auch einen Beitrag dazu leisten, dass es letztendlich vielleicht noch mehr junge Talente schaffen, in der Politik Fuß zu fassen. Es wird immer schwieriger, junge Menschen zu begeis­tern, vor allem, wenn es darum geht, das wissen Sie alle, auch auf Gemeindeebene aktiv zu werden, Gemeinderäte zu finden, Bürgermeister, Bürgermeisterinnen zu fin­den, die sich das wirklich antun. Das ist nämlich gar nicht so leicht. Besten Dank. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

17.39

17.39.15


Vizepräsident Ewald Lindinger: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

17.39.4412. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 14. Juni 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Privatschulgesetz geändert wird (260/A und 168 d.B. sowie 9985/BR d.B.)


Vizepräsident Ewald Lindinger: Wir gelangen nun zum 12. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Mag.a Doris Schulz. Ich bitte um den Bericht.


17.40.00

Berichterstatterin Mag. Doris Schulz: Es handelt sich um den Bericht des Aus­schusses für Unterricht, Kunst und Kultur über den Beschluss des Nationalrates vom 14. Juni 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Privatschulgesetz geändert wird. Darin sind einige Punkte, was den Sprachlevel betrifft, dargestellt.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antrag­stellung:

Der Ausschuss für Unterricht, Kunst und Kultur stellt nach Beratung der Vorlage am 26. Juni 2018 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Vizepräsident Ewald Lindinger: Danke. – Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Klara Neurauter. Ich erteile ihr dieses.


17.40.50

Bundesrätin Klara Neurauter (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich darf zu dieser Gesetzesänderung sprechen. Es handelt sich dabei auch um die Schaffung einer für internationale Schulen notwendigen Ausnahmeregelung betreffend den Nach­weis der Kenntnis der deutschen Sprache.

Mit der Bildungsreform 2017 wurde die notwendige Sprachkompetenz für Pädago­gin­nen und Pädagogen an Privatschulen auf C1-Niveau festgelegt. Was verlangt das C1-Niveau? Ich möchte es kurz zitieren: „Kann ein breites Spektrum anspruchsvoller, längerer Texte verstehen und auch implizite Bedeutungen erfassen. Kann sich spontan und fließend ausdrücken, ohne öfter deutlich erkennbar nach Worten suchen zu


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müssen. Kann die Sprache im gesellschaftlichen und beruflichen Leben oder in Aus­bildung und Studium wirksam und flexibel gebrauchen. Kann sich klar, strukturiert und ausführlich zu komplexen Sachverhalten äußern und dabei verschiedene Mittel zur Textverknüpfung angemessen verwenden.“

Dieses C1-Zertifikat wurde bisher von Sprachschulen ausgestellt. In Zukunft wird es aber so sein, dass Reifeprüfungszeugnisse und Studienabschlüsse in der Unterrichts­sprache Deutsch als gleichwertig mit diesem C1-Zertifikat angesehen werden und eine zusätzliche Prüfung und ein weiterer Nachweis nicht mehr nötig sein werden.

Mit dieser Vereinfachung soll das an sich ja gute Gesetz zugunsten derjenigen noch besser gemacht werden, die zunächst vom Gesetz ausgenommen worden sind, nämlich vor allem die Native Speaker an den internationalen Schulen.

Weiters geht es in diesem Gesetz „um eine Anpassung der Voraussetzungen hin­sichtlich der Führung einer gesetzlich geregelten Schulartbezeichnung für die Er­rich­tung von Privatschulclustern. Hier soll für den Leiter oder die Leiterin des Schul­clusters die Lehrbefähigung für eine der am Schulcluster beteiligten Schulen aus­reichen.“ Es geht dabei darum, dass auch bei Schulclustern von Privatschulen die Direktoren­be­stellungen vielleicht treffsicherer vorgenommen werden können. Damit geschieht eine hundertprozentige Angleichung an die Schulen der öffentlichen Trägerschaften.

Ich möchte mich bei dieser Gelegenheit auch sehr herzlich bei den Lehrerinnen und Lehrern bedanken, die in den diversen Privatschulen in Österreich unterrichten. Sie leisten dort genauso wie auch ihre Kolleginnen und Kollegen an den öffentlichen Schu­len nachhaltig gute und wertvolle Arbeit im Sinne der Ausbildung der Schülerinnen und Schüler und tragen durch ihre Kreativität und auch durch ihren Einsatz zur bunten Vielfalt der österreichischen Schullandschaft bei.

Abschließend möchte ich noch auf den Punkt zu sprechen kommen, der zuvor schon angesprochen worden ist, nämlich die politische Bildung. Ich habe mir hier einen Artikel aus der „Tiroler Tageszeitung“ mitgenommen (den angesprochenen Artikel in die Höhe haltend), den vielleicht die Tiroler schon kennen, aber die anderen noch nicht. Das ist ein großer Artikel mit umfangreichen Ausführungen, in dem berichtet wird, dass man Schülerinnen und Schüler, Jugendliche gefragt hat, was sie über die österreichische Politik wissen, mit welchen Personen die höchsten politischen Ämter der Republik der­zeit besetzt sind. Die Antworten waren enttäuschend bis frustrierend: Von Nicht-Wis­sen bis zu falschen Antworten war alles vertreten. Man konnte auch sehen, dass ein kleiner Teil der Jugendlichen sehr interessiert ist, aber ein größerer Teil sich nicht damit beschäftigt hat.

Deswegen stimme ich da mit Frau Mühlwerth überein und möchte hier sagen, dass ich ganz dringend für ein Unterrichtsfach eintrete, das sich mit politischer Bildung be­schäftigt. Es sollte nicht nur, so wie bisher, beim allgemeinen Unterrichtsprinzip der politischen Bildung bleiben, sondern es sollte dafür ein eigenes Unterrichtsfach ein­gerichtet werden, das jedenfalls neutral geführt werden sollte. Jeder von uns hat seine Ideologie, hat seine Gedanken, hat seine Werte, und man kann vieles so ausdrücken, dass man damit den Jugendlichen den einen oder anderen Hinweis gibt.

Wir alle wissen, dass die Demokratie zerbrechlich ist. Und wenn jemand nichts weiß, muss er alles glauben, was man ihm zu glauben vorgibt. Das ist gerade bei dieser um­fangreichen Untersuchung in der letzten Woche sehr deutlich zum Ausdruck gekom­men. Ich bitte den Herrn Minister, dieses Anliegen weiterzutransportieren. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

17.46



BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 153

Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Frau Mag.a Daniela Gruber-Pruner. Ich erteile ihr dieses.


17.46.38

Bundesrätin Mag. Daniela Gruber-Pruner (SPÖ, Wien): Hohes Präsidium! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wie meine Vorrednerin schon aus­geführt hat – und wir sind uns da weitestgehend einig –, geht es hier um die Änderung des Privatschulgesetzes. Die Regelungen für muttersprachliche Lehrer und Lehrerin­nen, diese sogenannten Native Speaker, sollen vereinfacht und damit auch den Not­wendigkeiten angepasst werden. Ich glaube, wir sind uns auch einig, dass diese mut­ter­sprachlichen Lehrer und Lehrerinnen Gold wert sind.

Wir in meiner Fraktion finden diesen muttersprachlichen Unterricht generell für alle vor­handenen Sprachen wichtig. Wir wissen, dass Mehrsprachigkeit ein Schatz ist, den Schülerinnen und Schüler dann auch später in ihrer beruflichen Laufbahn sehr gut brauchen können. Diesen Ausbau des muttersprachlichen Unterrichts, den Ausbau der Mehrsprachigkeit würden wir gerne vorantreiben, und wir sehen Mehrsprachigkeit als ein großes Potenzial und eine Ressource für alle Kinder. Wir wissen auch aus der Lernforschung und aus der Sprachforschung, dass man mit dieser muttersprachlichen Förderung schon möglichst früh, also im besten Fall schon im Rahmen der Elementar­pädagogik, beginnen sollte. Das macht pädagogisch Sinn, das macht aber schluss­endlich auch, wenn wir den Arbeitsmarkt hier vor Augen haben, volkswirtschaftlich Sinn.

Das Zweite, das in diesem Gesetz steckt, ist das Thema der Bildungscluster. Auch da gibt es eine Vereinfachung, indem die Anerkennung einer Leitung auch für andere Schulformen in so einem Bildungscluster gilt. Auch hier möchte ich Ihnen noch einmal von diesem gestrigen Besuch des Kinderrechteausschusses erzählen. Wir durften so ein Bildungsgrätzel, wie wir es in Wien nennen, besuchen. Ganz konkret schaut das so aus, dass die Volksschule mit der nächsten NMS und den zwei Kindergärten in diesem Grätzel, der Musikschule und der Bücherei so ein Bildungsgrätzel bildet. Es gibt hier regelmäßige Treffen der Leitungen dieser verschiedenen Bildungseinrichtungen. Davon profitieren offensichtlich, so wurde uns berichtet, die Leitungen, die PädagogInnen, aber natürlich auch die Kinder, weil all diese Leitungen die Kinder in diesem Grätzel kennen und miteinander auf bestimmte Bedürfnisse, auf individuelle Potenziale besser eingehen können, und so ist das sehr förderlich. Da haben die Bildungsreform und auch diese Autonomieerweiterung für die Schul- und Bildungsstandorte tatsächlich ge­fruch­tet, es wird hier gelebt und vorgezeigt.

In diesem Sinne möchten wir diesem Privatschulgesetz auch gerne zustimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.49


Vizepräsident Ewald Lindinger: Danke. – Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Monika Mühlwerth. Ich erteile ihr dieses.


17.50.02

Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kolle­gen! Es gibt heute zwei Tagesordnungspunkte, zu denen meine beiden Kolleginnen eigentlich schon alles gesagt haben. Auch dieses Gesetz ist erfreulicherweise eines, das einstimmig beschlossen wird. All das, was jetzt beide Kolleginnen vor mir schon gesagt haben, worum es hier geht, um die Sprachkompetenz der Lehrer, die Ausnah­me für die Native Speaker et cetera, brauche ich jetzt nicht zu wiederholen. Ich möchte aber zwei Dinge anmerken.


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 154

Ich persönlich bin ein wirklich großer Befürworter vor allem der öffentlichen Schule. Ich finde Privatschulen gut und richtig, ich finde es richtig und gut, dass es internationale Schulen gibt. Wir wollen auch nicht vergessen, dass es in Wien eine ganze Reihe von bilingualen Schulen gibt, die nicht nur Englisch oder Französisch als Zweitsprache haben, sondern Ungarisch und Kroatisch – da schwappt offensichtlich noch die alte Monarchie ein bisschen hinüber –, und die durchaus gut sind und auch angenommen werden.

Das Problem, das wir aber in Wien oft haben, ist, dass viele in die Privatschule flüch­ten, und das sollte nicht sein. Auch der Wiener ist kein Rassist, der sagt, ich schicke meine Kinder nicht in diese Schule, weil dort Ausländer sind. Nein, die Wiener sagen, ich schicke mein Kind nicht in diese Schule, weil die Ausländer dort nicht Deutsch können. Das ist das Problem, weil die Eltern dann in vielen Fällen zu Recht Angst haben, dass ihre Kinder in ihren Lernfortschritten nicht weiterkommen. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der ÖVP.)

Wir haben dieses Thema ja schon einige Male diskutiert; alle Integrationsmaßnahmen, die bis jetzt gesetzt worden sind, haben nicht gegriffen. Wenn ein Fünftel der Schüler nach neun Jahren nicht ausreichend lesen, schreiben und rechnen kann, dann läuft der Hase falsch. Daher hat sich die Bundesregierung entschlossen, einen anderen Weg zu gehen. Wir setzen die Deutschförderklassen um, von denen Sie gesagt haben, das sind dann die Ghettoklassen mit den armen Kindern. Ich sage Ihnen, die Kinder werden es leichter haben. Sie bekommen dort einen geballten Unterricht und bleiben ja nach wie vor mit den anderen Kindern beisammen, um die Sprache auch trainieren und üben zu können. Da gebe ich Ihnen ja recht, man muss eine Sprache auch in der Praxis üben. Der Unterricht allein bringt es natürlich noch nicht. Ich bin überzeugt davon, dass das, was wir jetzt auf den Weg gebracht haben, das erfolgver­sprechen­dere Modell ist. Es ist auch wichtig für die Kinder der Zuwanderer, dass sie eine gute Schulbildung erhalten, um am Ende ihrer Schulzeit auch gute Jobs bekommen zu können. Das ist ganz wesentlich, und daran arbeiten wir auch. Da unterscheiden wir uns halt in der Herangehensweise.

Dann möchte ich im Zuge dieses Tagesordnungspunktes noch auf einen Entschließungs­antrag eingehen, den die Restgrünen gemeinsam mit der SPÖ oder mit einer Kollegin der SPÖ eingebracht haben. Ich bitte, das in Zukunft auch draufzuschreiben, denn wir wollen schon wissen, wer diesen Antrag einbringt. Wir wissen, dass die beiden Kolle­gen allein keinen Antrag stellen können, und man braucht sich ja nicht zu verstecken, wenn man eine Unterschrift für einen Antrag hergibt, in dem es darum geht, ein eige­nes Schulfach für digitale Medienkompetenz einzurichten.

Herr Kollege Stögmüller, ich habe den Antrag durchgelesen und sage Ihnen, ich finde ihn eigentlich ganz okay. Die Idee ist gescheit, und wir wollen das ja nicht so hand­haben wie die Regierung, als wir noch in Opposition waren. Das hat ja auch Vize­kanzler Strache am Beginn der Legislaturperiode schon gesagt: Wir wollen diesen Fehler nicht auch machen, dass wir, wenn die Opposition etwas einbringt, gleich von vornherein sagen, das ist ein Blödsinn, mit dem beschäftigen wir uns gar nicht.

Dieser Antrag hat schon etwas, man muss aber darüber reden, ob es ein eigenes Unterrichtsfach sein soll, wie es gestaltet sein soll. Ich glaube, es wird gut sein, wenn wir das in einem Gesamtpaket berücksichtigen, weil wir uns, wie wir schon gehört ha­ben und wie wir wissen, auch hinsichtlich der politischen Bildung Gedanken machen müssen, wie wir sie in Zukunft gestalten wollen, und da sollte das mit einfließen.

Daher werden wir jetzt diesem Antrag nicht zustimmen, aber ich kann Ihnen ver­sichern, er ist nicht schubladisiert, sondern wir werden diese Überlegungen in unsere


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 155

Diskussion gerne mit hineinnehmen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP sowie des Bundesrates Stögmüller.)

17.55


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat David Stögmüller. Ich erteile ihm dieses.


17.55.26

Bundesrat David Stögmüller (Grüne, Oberösterreich): Wertes Präsidium! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Ich freue mich, dass wir mit heutigem Tag dieses Problem aus der Bildungsreform 2017 endlich behoben haben. Ich habe bereits im März mittels eines Entschließungsantrages im Bundesrat darauf hin­gewiesen. Deshalb freut es mich umso mehr, dass die Regierung auch auf die Ent­schließungsanträge der Grünen, von mir aus auch Restgrünen, im Bundesrat eingeht, die Probleme erkennt und auch behebt.

Die Behebung ist wichtig und richtig, denn im Zuge der Bildungsreform wurden Teile des Privatschulgesetzes geändert, was jetzt zu Problemen an internationalen Schulen in Österreich geführt hätte. Das haben wir aufgezeigt. Mit der Reform, wie sie ursprünglich beschlossen worden ist, hätten mit Beginn des kommenden Schul­jah­res 2018/2019 die Lehrkräfte die Anforderung gehabt, Deutsch auf dem Niveau des C1 des GERs beherrschen zu müssen. Das ist für internationale Schulen eigentlich fast unmöglich gewesen, weil in diesen überwiegend in englischer Sprache unterrichtet wird – ich gebe Ihnen recht, es gibt auch andere Schulen, wo man sehr wohl auch nachdenken muss, ob das gut ist oder nicht –, weil diese auch mit internationalem Bakkalaureat abschließen und Native Speaker zum Beispiel aus dem englisch­sprachi­gen Raum angestellt haben.

Das war auch der Grund, warum wir Grünen einen dementsprechenden Entschließungs­antrag im Bundesrat eingebracht haben. Es ist wirklich schön, wenn dieser jetzt umgesetzt worden ist, auch im Sinne der internationalen Schulen.

Weil das so super funktioniert, versuche ich in diesem Rahmen gleich einen weiteren bildungspolitischen Punkt einzubringen. Ich habe mich in den letzten Wochen und Monaten intensiv mit dem Thema Cybermobbing und Cybergrooming bei Jugendlichen beschäftigt. Das ist ein unglaublich wichtiges Thema, das wir auch bildungspolitisch in Angriff nehmen müssen, und zwar gemeinsam.

SOS-Kinderdorf hat vor ein paar Monaten eine Studie dazu in Auftrag gegeben, die eigentlich zu einem erschreckenden Ergebnis gekommen ist: 27 Prozent aller Jugend­lichen im Alter zwischen 11 und 18 Jahren haben bereits Erfahrung mit sexueller Be­läs­tigung im Internet – fast die Hälfte der Betroffenen machte die erste Erfahrung vor dem 14. Geburtstag –, also fast jedes dritte Kind.

Unglaublich, dass überhaupt nur 8 Prozent eine Anzeige erstatten. Da gibt es also eine riesengroße Dunkelziffer. Ich habe dazu auch eine Anfragereihe an die Ministerien gestartet, neben dem Bildungsministerium habe ich auch im Innenministerium nach­ge­fragt, auch hier erschreckende Zahlen: Die Anzahl der Straftaten zu pornographischen Darstellungen Minderjähriger ist von 2015 auf 2017 um 57 Prozent gestiegen. Die Anzahl der Straftaten zur Anbahnung von Sexualkontakten mit Unmündigen – das ist das sogenannte Cybergrooming, das heißt, irgendwer schreibt eine persönliche Nach­richt auf Facebook oder sonst wo an die Minderjährigen, in der er sie auffordert, ihm Fotos zu schicken – ist in den letzten drei Jahren um 32 Prozent gestiegen. Bei Cybermobbing gibt es einen Anstieg um 19 Prozent. Dieses Gesetz gibt es erst seit 2016, das heißt, man hat hier einen Vergleichswert von 2016; von 2016 auf 2017 gibt es hier also einen Anstieg um 19 Prozent.


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Ich will gar nicht wissen, wie viele Fälle es wirklich sind, in denen Kinder und Jugend­liche aufgefordert werden, Nacktfotos, Nacktvideos zu verschicken, oder in denen sie im Internet mit diesen dann gemobbt, verhöhnt oder sogar erpresst werden.

Eines hat die Statistik auch aufgezeigt, und das war auch für mich etwas Neues: Die Täter sind nicht nur die typischen pädophilen Männer zu Hause, wie man es sich vorstellt, sondern sehr viele, nämlich ein Drittel davon, sind auch Gleichaltrige, die Jugendlichen diese Fotos abgroomen und diese jungen Menschen dann im Internet oder sonst wo damit erpressen. Dafür sind die neuen digitalen Medien natürlich ein optimales Medium, sei es WhatsApp, sei es Instagram, sei es Snapchat, seien es auch Dating Apps. Bei all den neuen digitalen Medien geht es um den schnellen Bildversand und teils anonyme Kontaktaufnahme. (Bundesrätin Mühlwerth: Wir sind beim Privat­schulgesetz! Ich will es dir nur sagen!)

Hier braucht es Bildung. Unser Ziel soll es sein, dass unsere Kinder zu kritischen Usern heranwachsen und wissen, dass sie mit den heutigen digitalen Medien und ihren persönlichen Daten und Fotos gewissenhaft umgehen müssen.

Der Geschäftsführer von SOS-Kinderdorf, Christian Moser, hat es erst letzte Woche bei einem Vortrag ganz gut gesagt: Wir reden hier von Technik. Wir setzen ja auch nicht die 14-jährige Tochter einfach in ein Auto und sagen: Jetzt fahr los!, sondern es braucht Schulung und Training, es braucht Fahrlehrerinnen und Fahrlehrer, die sie lehren, mit dieser Technik umzugehen.

Genau das ist es auch, was es in der Technik, im Internet, mit WhatsApp, mit Snapchat, mit Instagram braucht: Es braucht Technik, es braucht Aufklärung, es braucht Information, und diese Information und Aufklärung braucht es auch für die Eltern, das ist nämlich auch ganz wichtig; beispielsweise die Behandlung der Fragen: Wie gehe ich überhaupt mit den neuen digitalen Medien um? Wie bringe ich meinen Kindern überhaupt bei, was Cybergrooming oder Cybermobbing ist, und an wen muss ich mich wenden, wenn ich davon betroffen bin? (Bundesrat Mayer: Wir sind beim Privatschulgesetz! Privatschulgesetz!)

Das ist natürlich eine immense Herausforderung auch für die Eltern, die neben einer 60-Stunden-Woche auch noch das nebenbei erledigen müssen; aber mindestens genauso wichtig – und da kommen Sie, Herr Minister Hofer, und sehr wohl auch das Bildungsministerium ins Spiel – ist das Erlernen von digitaler Kompetenz. (Bundesrätin Mühlwerth: Du, wir sind jetzt beim Privatschulgesetz! – Bundesrat Mayer: Das Privat­schulgesetz!) Wir brauchen ein eigenes Schulfach für digitale Medienkompetenz; ich glaube wirklich, daran werden wir nicht vorbeikommen! Die Kinder von heute wachsen komplett in die digitale Welt hinein, diese Entwicklung wegzuleugnen wird den Kindern leider nichts helfen. Meiner Meinung nach sind wir eh schon eine Generation zu spät dran.

Wie Sie jetzt planen, in allen Unterrichtsfächern Medienkompetenz zu implementieren, liest sich am Papier gut und schön, aber seien wir doch ehrlich: Viele Pädagoginnen und Pädagogen wissen gar nicht, was Instagram, geschweige denn Snapchat über­haupt ist und wie das funktioniert. Bis zum nächsten Schuljahr sind diese Trends schon wieder verflogen, und es gibt neue Apps und neue Phänomene im Internet und bei den Social Media.

Es braucht PädagogInnen, die sich genau dieser digitalen Medien annehmen, betref­fend die digitale Medienlandschaft am Puls der Zeit sind und auch ein Verständnis für diese Medien und Medienethik haben, um SchülerInnen den Umgang damit auch wirk­lich zu lehren. Auch verpflichtende Fortbildung für Pädagoginnen und Pädagogen in den Bereichen digitale Medienkompetenz und Ethik ist notwendig – daran wird leider kein Weg vorbeiführen.


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Herr Minister Hofer, bitte richten Sie dem Bildungsminister Folgendes aus (Bundesrätin Mühlwerth: Was ist mit den Privatschulen?) – ich bin schon am Ende –: Ich hoffe wirklich, Sie verschlafen das nicht, das Ministerium verschläft das nicht, machen Sie die Digitalisierungsstrategie Schule 4.0 wirklich progressiv und zukunftsorientiert, denn das ist notwendig.

Ich versuche es auch diesbezüglich wieder mit einem Entschließungsantrag, damit ich zum Ende komme – ich bin schon am Schluss –, dass man das vielleicht wieder auf­greifen kann.

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Eigenes Schulfach für digitale Medienkompetenz“

Der Bundesrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, wird aufgefordert, sich im Rahmen der Digitalisierungsoffensive im Bil­dungs­bereich für ein eigenes Schulfach für digitale Medienkompetenz einzusetzen sowie sicherzustellen, dass es verpflichtende Fortbildungsmaßnahmen im Bereich digi­tale Medienkompetenz für Pädagoginnen und Pädagogen gibt.

*****

Vielleicht klappt es auch hier wieder einmal mit einem Entschließungsantrag, denn ich meine, es sollte unser gemeinsames Interesse sein, die Kinder und Jugendlichen zu schützen. – Vielen Dank. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenruf der Bun­desrätin Mühlwerth.)

18.02


Vizepräsident Ewald Lindinger: Der von den Bundesräten Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Eigenes Schulfach für digitale Medienkompetenz“ ist genügend unterstützt und steht somit mit in Verhand­lung. (Bundesrätin Mühlwerth: Es wäre aber nett, wenn er zum Privatschulgesetz gere­det hätte!)

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Peter Oberlehner. Ich erteile dieses.


18.03.06

Bundesrat Peter Oberlehner (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich halte es mit Kollegin Mühlwerth: Auch ich kann festhalten, dass die VorrednerInnen das eigentliche Thema Privatschulgesetz schon ausführlich behandelt haben (Bundesrätin Mühlwerth: Ja, der Herr Präsident hat aber leider gar nichts gemacht! Ich weiß gar nicht, wozu Sie da oben sitzen!), und ich habe fast ein schlechtes Gewissen, dass ich mich jetzt trotzdem noch zu Wort melde, meine Wortmeldung wahrnehme. Allerdings hat Kollege Stögmüller mein schlechtes Gewissen besänftigt, weil er jetzt eigentlich sehr lange zu einem Thema gesprochen hat, das hier gar nicht dazugehört hätte. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Bundesrat Mayer: Jawohl!)

Ich darf daher ohne schlechtes Gewissen jetzt noch einmal den Gedanken meiner Kollegin Klara Neurauter aufgreifen und verstärken; er wurde auch bereits bei der Debatte zum vorigen Tagesordnungspunkt aufgegriffen, aber ich glaube wirklich, dass das ein großes Thema ist, und ersuche den Herrn Minister, die Anregung auch an den


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Bildungsminister weiterzutragen – wir selber werden das auch tun –, nämlich ein Fach Politische Bildung einzuführen und einfach die politische Bildung im Bereich der Schule grundsätzlich zu verbessern. Auch ich glaube nämlich, dass es ganz, ganz wichtig ist, dass wir in diesem Bereich Akzente setzen, dass durch eine Verbesserung der dies­bezüglichen Kenntnisse die politischen Zusammenhänge für die jungen Menschen viel besser erkennbar würden, dass der Zugang zur Politik generell positiver werden könnte und dass davon vor allem die Demokratie insgesamt wesentlich profitieren könnte. (Vizepräsident Brunner übernimmt den Vorsitz.)

Als langjähriger Bürgermeister sage ich, es gibt viele Überlegungen, die man dazu ins Treffen führen könnte, vor allem glaube ich, dass man schon im Pflichtschulbereich anfan­gen sollte, den jungen Menschen das System sozusagen zu erklären und näher­zubringen, und dass man sie im Speziellen schon mit der Kommunalpolitik vertraut macht, und zwar im Sinne von: Wie funktioniert denn diese Gesellschaft? Der Lebens­raum, der für die jungen Menschen gestaltet wird, wird nämlich von der Kommunal­politik gestaltet, und vielleicht kann man die Jugendlichen dabei auch motivieren, sich später selbst zu betätigen – ob in der Politik, bei Vereinen oder in der Gesellschaft insgesamt. Diesbezüglich halte ich das für einen ganz wesentlichen Ansatz und denke, vielleicht könnte es sogar eine besondere Initiative des Bundesrates werden, sich dafür einzusetzen, die politische Bildung im Schulalltag entsprechend zu implementieren.

Ich darf auch noch einen Satz zum Entschließungsantrag der Grünen sagen, den auch Kollegin Mühlwerth schon angesprochen hat, und auch da darf ich es mit Kollegin Mühlwerth halten: Wir als ÖVP-Fraktion sehen ebenfalls sehr viele sinnvolle Ansätze in diesem Entschließungsantrag und glauben, dass man diese tatsächlich in einem Gesamtkonzept weiter behandeln sollte. Allerdings werden wir diesem Entschließungs­antrag heute keine Zustimmung geben, sondern ihn zunächst einmal ablehnen und sozusagen vertagen, um die guten Ansätze, die da darin enthalten sind, dann in ande­rer Form zu diskutieren und das eine oder andere, wie ich glaube, auch zur Umsetzung zu bringen.

In diesem Sinne komme ich schon zum Schluss: Ich bedanke mich gleichfalls, wie es auch Kollegin Neurauter getan hat, bei allen Lehrerinnen und Lehrern an Privat­schulen. Ich bin selbst Abgänger einer Privatschule und denke mir, dass diese Leh­rerin­nen und Lehrer sehr viel für die Schullandschaft in unserem Land, die sehr oft zu Unrecht oder über die Maßen kritisiert wird, leisten. Ich glaube, sie ist viel besser, als wir es manchmal zugeben wollen, und da sind die Privatschulen ein ganz, ganz wich­tiger Aspekt, der auch dazugehört.

Zu den beiden Themen, die im Gesetz manifestiert sind und die das Gesetz beinhaltet, wurde schon gesagt, dass das alles eine gute Sache ist, ich brauche daher dazu nichts mehr auszuführen. Deswegen sage ich nur noch einmal, dass wir seitens unserer Fraktion selbstverständlich gerne die Zustimmung erteilen werden. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller.)

18.06


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Danke. – Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Ing. Norbert Hofer. Ich erteile es ihm.


18.06.42

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Ing. Norbert Hofer: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Man muss manchmal eben auch den Mut haben, Dinge, die man falsch eingeschätzt hat, zu korrigieren, und das passiert heute: Es ist notwendig geworden, das Bildungsreformgesetz 2017 zu korrigieren, das hat ja Frau Kollegin Bundesrätin Neurauter auch bereits ausgeführt.


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Was heißt Sprachkompetenzniveau C1? – Das ist natürlich für jemanden, der in einer internationalen Privatschule unterrichtet, oftmals nicht zu erreichen. Was wäre pas­siert? – Wir hätten vielleicht sogar Schulen schließen müssen, und das ist nicht das, was wir in der Praxis haben wollten, deswegen kommt es zu einer Verankerung von Ausnahmebestimmungen im Privatschulgesetz und zur Einführung der Möglichkeit einer Nachsichterteilung.

Es sind, und ich möchte nur kurz darauf eingehen, zwei Dinge angesprochen worden: erstens die Frage des Faches Politische Bildung und auch das Beispiel aus der „Tiroler Tageszeitung“, in deren Artikel man gesehen hat, in welch geringem Ausmaß viele Jugendliche über die tatsächlichen politischen Gegebenheiten in Österreich informiert sind. Ich denke, dass das ein starkes Argument dafür ist, ein Fach Politische Bildung zu forcieren, vor allem dann, wenn man alles daransetzt, das wirklich nicht partei­politisch zu betreiben. Nichts ist frei von Ideologie, und auch das muss im Rahmen einer poli­tischen Bildung transportiert werden, aber es muss frei sein von parteipolitischen Be­vor­mundungen – das muss gelingen.

Lassen Sie mich aber trotzdem noch eines sagen: Es gibt viel mehr erwachsene Men­schen, als wir uns das vielleicht überhaupt vorstellen können, die ebenfalls nur sehr wenig informiert sind. Wenn Sie heute auf die Straße gehen und bitten: Sagen Sie mir doch, wer Bundespräsident ist, wer Bundeskanzler ist; nennen Sie mir drei Minister; welche Aufgaben hat der Bundesrat, der Nationalrat; sagen Sie mir, was Exekutive, was Legislative ist!, dann werden auch viele Erwachsene dabei sein, die diese Fragen leider nicht beantworten können. – Das heißt jedoch nicht, dass diese Erwachsenen auch bei der Entscheidung in der Wahlzelle völlig danebenliegen müssen, denn dass man selbst weiß, was man benötigt, um den Alltag besser meistern zu können, das hängt nicht davon ab, ob man den Namen des Verkehrsministers kennt (Heiterkeit der Bundesrätin Mühlwerth – Ruf bei der ÖVP: Den kennen wir!), der sowieso nicht in Stein gemeißelt ist, weil sich diese Dinge ja auch hie und da verändern.

Zur Frage der digitalen Kompetenzen: Auch ich glaube, dass es wichtig ist, in diesem Bereich echte Akzente zu setzen, und weil ich mit ihm schon einige Gespräche darüber geführt habe, weiß ich auch, dass diese Frage bei Heinz Faßmann wirklich gut auf­gehoben ist, weil man merkt, wie sehr ihm das ein echtes Anliegen ist. Die Frage, wie man den Unterricht auch in allen anderen Fächern digital gestaltet, geht aber über das eigentliche Unterrichtsfach noch hinaus, es geht nämlich um die Fragen: Brauche ich noch Papier?, oder: Kann ich mit dem Tablet alles machen?, bis hin zur Frage: Sollen unsere Kinder noch die Schreibschrift lernen? (Bundesrätin Mühlwerth: Ja! Ja!) – Ich sage Ja, denn das ist eine Kompetenz, die man mitgeben muss, aber alles das ist zu beantworten, um die Schule in die nächsten Jahrzehnte zu führen und unseren Kindern auch ein Gespür zu geben, wie man in dieser digitalen Welt überleben kann.

Cybermobbing ist angeführt worden: Also wer in Twitter hineinschaut und sieht, wie wir Erwachsene uns dort benehmen, darf sich nicht wundern, wenn unsere Kinder einen ähnlichen Weg für sich wählen. Das heißt, auch jeder von uns ist gefordert, auch in den sozialen Netzwerken im Umgang miteinander einen Weg zu finden, der die Men­schenwürde achtet.

Ansonsten glaube ich, dass wir uns vor der Zukunft in der Schule, vor dem, was auf uns zukommt, nicht fürchten müssen – auch im digitalen Bereich. Ich sehe auch bei jungen Menschen sehr, sehr viel Optimismus, dass das, was uns in den nächsten Jahren ereilen wird – die Digitalisierung, neue Möglichkeiten – etwas sehr, sehr Po­sitives sein wird. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

18.10

18.10.54



BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 160

Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Eigenes Schulfach für digitale Medienkompetenz“ vor. Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenminderheit. Der Antrag auf Fassung der gegen­ständlichen Entschließung ist daher abgelehnt.

18.11.4513. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 14. Juni 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert wird (29. StVO-Novelle) (146 d.B. und 174 d.B. sowie 9987/BR d.B.)


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Wir gelangen nun zum 13. Punkt der Ta­gesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Peter Samt. Ich bitte um den Bericht.


18.12.01

Berichterstatter Peter Samt: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolle­ginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verkehr über den Beschluss des Nationalrates vom 14. Juni 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert wird.

Der gegenständliche Beschluss des Nationalrates schafft die rechtlichen Rahmen­be­din­gungen für eine temporäre Pannenstreifenfreigabe.

Der Bericht liegt Ihnen schriftlich vor, ich komme daher zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Verkehr stellt nach Beratung der Vorlage am 26. Juni 2018 mit Stim­menmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Martin Weber. Ich erteile es ihm.


18.13.01

Bundesrat Martin Weber (SPÖ, Steiermark): Werter Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Grundsätzlich ist es gut und wichtig, dass wir uns auch heute damit beschäftigen, wo es Brennpunkte im Verkehr gibt und welche das sind. Wir hören es tagtäglich im Radio und viele Pendlerinnen und Pendler können da­von ein Lied singen – viele sitzen sicherlich auch heute hier –, wo es Stauschwer­punkte in Österreich gibt. Das heißt, wir müssen uns mit diesem Thema auseinan­de­rsetzen, das ist gar keine Frage, und wir sollten uns auch darüber Gedanken machen, wie wir hier wirksam Abhilfe schaffen können.


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 161

Was hat das alles mit der vorliegenden Novelle, der 29. Novelle der Straßenverkehrs­ordnung, zu tun? – Dabei geht es um die rechtlichen Rahmenbedingungen für eine zeitweilige Pannenstreifenfreigabe zum Befahren durch Verkehrsteilnehmer. Im We­sent­lichen geht es um die Schaffung einer Verordnungsermächtigung betreffend die Fest­legung von Autobahnabschnitten, auf denen die Pannenstreifenfreigabe erlaubt werden kann, und zweitens um die Feststellung der Voraussetzungen für diese Frei­gabe der Pannenstreifen.

Anfänglich wurde von einer zeitweiligen Freigabe des Pannenstreifens auf der Ost Auto­bahn ausgegangen; tatsächlich betrifft diese Novelle über diese Verordnungs­ermächti­gun­gen nunmehr alle Autobahnen in ganz Österreich. Dabei soll der Bundesminister durch Verordnung geeignete Autobahnabschnitte festlegen, auf denen das Befahren des Pannenstreifens ermöglicht werden soll.

Unsere grundsätzliche Kritik: Laut dem Herrn Bundesminister wären angeblich bis zu 70 Prozent der österreichischen Pannenstreifen dafür geeignet und das allgemeine Be­fahren sozusagen möglich. – Ich fahre viel in Österreich herum und Sie sicherlich auch, wir wissen daher, dass dies in Wahrheit nicht stimmen kann. (Bundesrat Steiner: Die SPÖ in Tirol will das aber schon!) Diese Meinung teilen im Übrigen auch beide Verkehrsklubs, nämlich Arbö und ÖAMTC – wie wir wissen, anerkannte und sehr ver­trauenswürdige Institutionen. Anerkannte Experten von beiden Verkehrsklubs sagen nach einer ausführlichen Begutachtung, dass aufgrund der tatsächlichen Breite der Pannenstreifen eine derartige Maßnahme nur in ganz geringem Ausmaß technisch möglich und zielführend ist. Man spricht dabei davon, dass vermutlich weniger als 1 Prozent aller 4 500 Kilometer Richtungsfahrbahn dafür ausgestattet ist.

Die klassischen Staustrecken im städtischen Bereich haben in der Regel überhaupt keinen oder lediglich einen sehr schmalen Pannenstreifen. Zudem folgen dort die An­schlussstellen sehr dicht aufeinander, was vielfach wiederum Umbauten und Be­schleu­ni­gungs- beziehungsweise Verzögerungsstreifen erfordern würde.

Der Herr Bundesminister hat davon gesprochen, dass es auch einen Verkehrsversuch geben soll, aber genau diese Möglichkeit, Herr Minister, haben Sie ja jetzt schon! Bitte lesen Sie in § 34 Abs. 5 der Straßenverkehrsordnung nach! Dieser Passus gibt Ihnen in der schon jetzt geltenden Fassung die Möglichkeit, solche Versuche durchzuführen. Sie können eine oder mehrere Teststrecken einrichten.

Wir könnten danach, sozusagen nach dem Sammeln von Erfahrungen, nach einer eventuellen Evaluierung auch das Notwendige vorbereiten, um zu einem ordentlichen Gesetz zu kommen. Wir könnten die dann gewonnenen Erfahrungen einbinden und ein besseres Gesetz vorlegen, als es jetzt vor uns liegt, denn in Wahrheit ist dieser Ge­setzentwurf leider sehr schwach und schwammig formuliert. Legistisch gesehen, sagen wir es einmal sehr freundlich, ist vieles davon nicht gut vorbereitet.

Ein Beispiel: Die Ermächtigung des Straßenerhalters ist viel zu unbestimmt gehalten, weil es keinerlei Kriterien gibt, die festlegen, was wirklich unter einer Beeinträchtigung zu verstehen ist. Die Prüfung der Freigabe der Pannenstreifen durch ein Organ des Straßenerhalters, sprich: der Asfinag, erfolgt ohne jeglichen gesetzlichen Orien­tie­rungs­maßstab. Ebenso bleibt unklar, welche Geschwindigkeiten es auf den frei­ge­gebenen Pannenstreifen geben soll und ob diese von der Regelgeschwindigkeit der Richtungsfahrbahn abweichen darf. Wer legt also fest, wie hoch die Geschwindigkeit daneben ausschaut? Wer legt fest, wie die Geschwindigkeit auf dem freigegebenen Fahrstreifen ausschaut?

Alles in allem steht sehr wenig beziehungsweise sehr wenig Konkretes darin, das heißt, es ist sehr vieles offen, und ich vermute, dass wir damit deshalb sehr, sehr viele


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Probleme bekommen werden. Ich sage Ihnen ganz ehrlich, ich halte diese Geset­zes­vorlage für – leider Gottes – eine weitere populistische Maßnahme dieser Bundesre­gie­rung. (Ruf bei der FPÖ: Geh!) Es geht wieder einmal um eine Aktion, um schöne Bil­der, um schöne Überschriften.

Man könnte – erstens – zurück an den Start gehen und das qualifiziert machen, dazu von mir aus auch die Experten von ÖAMTC und Arbö einladen – die haben dafür die notwendige Erfahrung –, aber nicht die Expertenmeinungen beiseiteschieben und wieder einmal drüberfahren. (Bundesrat Steiner: Eure SPÖ-Experten kennen wir schon!) – ÖAMTC und Arbö (Bundesrat Steiner: Der Arbö! – Zwischenruf des Bundesrates Mayer), nicht alle sind SPÖ-nahe, wie wir wissen.

Mir geht es bei diesem Thema vor allem auch um die Verkehrssicherheit, nicht nur um die Leichtigkeit und die Flüssigkeit des Verkehrs, was natürlich auch wichtig ist; wir sollten auch die Verkehrssicherheit nicht vergessen. Wir müssen uns bauliche Maß­nahmen überlegen, wo mit zusätzlichen Fahrspuren eine Entlastung zu schaffen ist, und uns vor allem auch über den öffentlichen Verkehr Gedanken machen. Welches Verkehrsnetz möchten wir künftig anbieten? Welches Verkehrsnetz soll es künftig geben und vor allem zu welchen Preisbedingungen? Mit günstigen Jahreskarten kann man, glaube ich, schon sehr viel bewegen (Bundesrat Schuster: Viel Geld ausgeben, das ist das Motto der SPÖ, ja!), um vom Individualverkehr wegzukommen, um den Umstieg vom Auto auf den öffentlichen Verkehr besser zu gestalten.

Ich meine, das wären gute und wichtige Ansätze in der Verkehrspolitik, aber wir sollten dabei nicht mit der Verkehrssicherheit spielen. Aus diesem Grund werden wir dieser Gesetzesvorlage heute auch nicht zustimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie der BundesrätInnen Dziedzic und Stögmüller.)

18.21


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Georg Schuster. Ich erteile es ihm.


18.21.18

Bundesrat Georg Schuster (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren hier im Bundesrat, oben auf der Galerie, die leider schon fast verwaist ist, und vor dem Livestream, weil der ORF nicht mehr überträgt! Die temporäre Pannenstreifenfreigabe ist Teil des Regierungspro­gramms, und ich freue mich, dass wir dieses Gesetz heute endgültig beschließen kön­nen.

Worum geht es da genau? – Es handelt sich um ein international bewährtes Mittel, um die Leistungsfähigkeit von stark belasteten Autobahnabschnitten wesentlich zu ver­bessern. Die temporäre Pannenstreifenfreigabe ist jedoch nur für Hotspots gedacht und wird deshalb nur auf geeigneten Autobahnabschnitten gelten. Herr Kollege Weber, Sie waren ja nicht im Verkehrsausschuss, darum darf ich Ihnen jetzt einmal berichten, wie das genau funktioniert. Das haben Sie heute leider ausgelassen, weil Sie nicht im Ausschuss waren, wo das nämlich berichtet wurde. Also es wird folgendermaßen funktionieren – ich wiederhole es gerne –:

Ein Sachverständiger stellt fest, ob der Autobahnabschnitt geeignet ist, weiters wird ein Gutachten bezüglich der Bildung einer Rettungsgasse erstellt, und erst dann, wenn dieses positiv ausfällt, kann die Freigabe des Abschnitts per Verordnung durch den Bundesminister festgelegt werden. Die Freigabe wird dann in der Praxis so aus­schauen, dass ein Verkehrsmanager der Asfinag den Streckenabschnitt erst dann frei-


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gibt, wenn kontrolliert worden ist, ob der Pannenstreifen auch frei ist, ob dort nicht irgendetwas herumliegt, ob er frei befahrbar ist. Eine generelle Freigabe oder Ab­schaf­fung von Pannenstreifen wird es nicht geben. Das ist ein Irrglaube, meine Damen und Herren!

Der Vorteil der temporären Pannenstreifenfreigabe liegt aber auch in den Kosten. Sie wollen die geplanten Ziele durch einen Infrastrukturausbau erreichen, aber das kostet enorm viel Geld. Das ist auch der Clou daran: Dadurch, dass wir das nicht durch einen Infrastrukturausbau machen, sparen wir uns die baulichen Maßnahmen, welche ein Vielfaches der Kosten verursachen würden; deshalb ist es wichtig, dass wir die be­ste­hende Infrastruktur verwenden.

Die temporäre Pannenstreifenfreigabe ist ja nichts Neues, es gibt sie schon in Deutsch­land, in England, in den Niederlanden, in der Schweiz. Als schnell umsetzbare Maß­nahme zur Kapazitätserweiterung des hochrangigen Straßennetzes ist sie dort im Ein­satz. Diese Regelung soll nun auch bei uns schon im Juli auf einem Abschnitt der Ost Autobahn Richtung Flughafen Wien-Schwechat, etwas später auch auf der A 1 im Bereich Wallersee sowie auf der Inntal Autobahn bei Innsbruck West erprobt werden. Das alles passiert aber natürlich nur dann, wenn die erste Teststrecke funktioniert. Es wird nichts voreilig gemacht, sondern selbstverständlich auch auf die Sicherheit ge­achtet.

Was bringt diese Maßnahme? – Diese Maßnahme soll vor allem den Pendlern, den Unternehmern und auch den Familien, welche auf das Auto angewiesen sind, das Leben erleichtern; derzeit werden sie seitens der Länder ohnehin genug geärgert, nämlich durch den temporären Lufthunderter auf den Autobahnen. Auch die Umwelt ist ein Profiteur dieser Maßnahme. Sie wird massiv profitieren, denn weniger Stau heißt auch weniger Abgase für die Natur.

Ich bin fest davon überzeugt, dass sich die temporäre Pannenstreifenfreigabe auch in Österreich bewähren wird. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

18.24


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat David Stögmüller. Ich erteile es ihm.


18.25.13

Bundesrat David Stögmüller (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir werden diesem Gesetz­entwurf heute nicht zustimmen. Zum einen geht es bei dieser Maßnahme nur um ein paar Straßenkilometer, die davon betroffen sind. Ich glaube, laut ÖAMTC – ein Kollege hat es schon gesagt – sind es weniger als 1 Prozent der Richtungsfahrbahnen; also wirklich marginal. In diesem Gesetzentwurf ist auch alles sehr schwammig gehalten. Man weiß eigentlich nicht wirklich, ab wann der Pannenstreifen überhaupt freigegeben ist. Reicht dafür schon ein wenig Stop-and-go-Verkehr, oder muss es doch noch etwas mehr stocken oder auch weniger stocken? Unklar ist auch noch, wie schnell in Zukunft auf diesen Pannenstreifen gefahren werden darf. Mir kommt es eher so vor, als ob diese Gesetzesnovelle einfach darauf abzielt, unnötige Baumaßnahmen wie Pannen­streifenverbreiterungen und größere, tiefere Pannenbuchten zu realisieren.

Auch unklar ist, wie das gleichzeitige Funktionieren der jetzt schon nicht funktionie­ren­den Rettungsgassenbildung in Zukunft sichergestellt werden soll; aber ganz ehrlich: Die Situation war auch mit der früheren Pannenstreifenregelung nicht wirklich besser.


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 164

Glauben Sie mir, ich muss mich in Verrichtung meiner Tätigkeit oft genug mit dem Ret­tungsauto durchquetschen und durchzwängen, und ich darf sagen, durch ein Besetzen des Pannenstreifens wird es für die Rettungswägen und auch für die Feuerwehr in Zukunft wirklich nicht einfacher und nicht besser werden.

Diese Idee, Herr Minister, ist meiner und unserer Meinung nach verkehrs- und umwelt- und auch gesundheitspolitisch unverantwortlich. Schon beim geplanten Pilotprojekt auf der A 4 an der Wiener Osteinfahrt zeigt sich, dass, je nachdem, ob dreispurig bis zur S 1 oder zweispurig ab stadteinwärts, durch die Verkehrslawine zu den Verkehrs­spit­zen mit 33 bis 50 Prozent – je nachdem – mehr an Kapazität zu rechnen ist. Dort ist es aber dann unausweichlich aus mit den Zusatzkapazitäten, und das heißt, es wird im Stadtgebiet und auf der Tangente zu mehr Stau und dadurch zu mehr Umwelt- und Ge­sundheitsbelastung kommen, denn – ganz einfach –: Neue Kapazitäten führen zu mehr Verkehr, fertig, aus!

Auch wenn der oder die eine oder andere diese Maßnahme als gut empfindet, es wäre trotzdem viel sinnvoller, dieses Geld in den öffentlichen Verkehr zu stecken, in die Bahninfrastruktur zu stecken, als ständig irgendwelche Zusatzbaumaßnahmen wieder nur für den Straßenverkehr zu ergreifen. Ich würde uns wirklich wünschen, dass Sie sich um dieses Thema genauso ambitioniert, genauso engagiert wie um das Thema Straßenbau bemühen würden. Das wäre wirklich sinnvoller und würde auch den Pendlerinnern und Pendlern massiv helfen; da brauche ich nur nach Oberösterreich zu schauen. – Danke. (Beifall der Bundesrätin Dziedzic und bei der SPÖ.)

18.27


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Karl Bader. Ich erteile es ihm.


18.28.01

Bundesrat Karl Bader (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren und beschließen heute mit dieser StVO-Novelle eine Änderung, bei der es, wie schon von meinem Vorvorredner angesprochen, um eine temporäre Pannenstreifenfreigabe geht. (Bundesrätin Mühlwerth: Ja, das mit dem sinnerfassenden Lesen, das ist so eine Sache!) Es geht dabei um eine Maßnahme, die den Pendlern an den Verkehrshotspots ganz einfach das Leben erleichtern soll, es geht um Autobahnen, die zu Spitzenzeiten leistungsfähiger werden sollen, damit eben das nicht passiert, was wir täglich im Verkehrsfunk hören müssen, dass es beispielsweise auf der Ost Autobahn, auf der A 4 zu Auffahrunfällen kommt, dass es zu Stau kommt. Das Ziel ist, dass der Verkehr ganz einfach schneller abfließen kann.

Diese Regelung ist eine Initiative der Bundesregierung, aber keine Erfindung der öster­reichischen Bundesregierung, für diese Regelung, diese Maßnahme gibt es in Deutschland, England, den Niederlanden und der Schweiz schon gute Vorbilder und sie ist dort auch erprobt. Es gibt also sehr, sehr viele gute Erfahrungen.

Aufgrund der Ausführungen der Vorredner könnte ich beinahe feststellen: Eigentlich ist man eh dafür, auf den Abschnitten, wo es möglich ist, aber in der Form, wie es von der Regierung jetzt umgesetzt werden soll, ist man dann doch nicht dafür. Herr Kollege Weber, es geht jetzt nicht darum, ob diese Maßnahme auf 70 Prozent der Pannen­streifen umgesetzt werden soll. Es geht wirklich nicht um Prozente, es geht auch nicht um i-Tüpferl-Reitereien. Herr Kollege Stögmüller! Du hast hier darüber philosophiert, mit welcher Geschwindigkeit auf den Pannenstreifen dann gefahren werden kann, ob gleich schnell wie auf den restlichen Fahrstreifen oder ob es doch eine eigene Ge­schwin­digkeitsbeschränkung geben soll. Dazu muss ich schon sagen: Ein bissel lo-


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gisch mitdenken, das würde ich mir erwarten: Wenn Stau ist, ist Stau! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Ich kann mir nicht vorstellen, dass man auf der Autobahn 130 km/h und auf dem Pan­nenstreifen, der temporär freigegeben wird, nur 50 km/h fahren darf. Das ist ein bissel eine i-Tüpferl-Reiterei.

Ebenso in den Bereich der Märchen verwiesen gehört sicherlich die Annahme, dass dann keine Investitionen mehr stattfinden werden. Die Bundesregierung investiert sowohl in den öffentlichen als auch in den Individualverkehr, wir brauchen beides. Wir können nicht einfach sagen, alle müssen öffentliche Verkehrsmittel benutzen – das wäre in manchen Bereichen da und dort notwendig, das wird auch verstärkt werden, das ist keine Frage, es gibt Initiativen, zu denen wir uns bekennen –, sondern wir haben auch den Individualverkehr und wir müssen auch diesen entsprechend leis­tungsfähig halten.

Das heißt, die Frage, wie man zu diesem Ziel kommt, ist für die Bevölkerung nicht entscheidend. Es ist nicht entscheidend für einen Pendler/für eine Pendlerin, der/die tagtäglich zum Arbeitsplatz fährt, für Unternehmer, die mit dem Auto unterwegs sind, für Familien, die auf Urlaub fahren, wie das geschehen soll, sondern es ist ganz einfach notwendig, dass es zu Verbesserungen kommt.

Wir wissen auch alle ganz genau, dass Staus einen enormen volkswirtschaftlichen Schaden erzeugen, dass enorme volkswirtschaftliche Kosten damit verbunden sind. Daher geht es ganz einfach darum, die bestehende Infrastruktur bestmöglich auszu­nutzen.

Kollege Schuster hat es schon angesprochen, und ich möchte es noch einmal wieder­holen, wir haben das nämlich im Ausschuss sehr intensiv hinterfragt und wirklich kom­petent Antwort darauf bekommen: Ein Sachverständiger stellt fest, ob die Strecke für eine temporäre Freigabe des Pannenstreifens geeignet ist. Er stellt auch fest, welche Verkehrsdichte erforderlich ist, um diese Maßnahme zu setzen. Die Asfinag hat die entsprechenden kompetenten Leute. Der Manager muss vorher noch prüfen, ob der Pannenstreifen frei ist. Es gibt auch Erfahrungen, die eingeflossen sind, Erfahrungen, die wir uns natürlich von jenen Expertinnen und Experten geholt haben, die dieses System bereits umgesetzt haben. Gerade Deutschland ist ein gutes Beispiel dafür, und wir greifen auch auf die Erfahrungen der deutschen Kollegen zurück. (Zwischenruf des Bundesrates Weber.) Unser System, das wir jetzt schaffen, ist sehr identisch, und ich denke, wir werden auch sehen, dass es Sinn macht.

Es ist auch klar, dass wir genau darauf achten werden, wie diese temporäre Freigabe des Pannenstreifens funktioniert. Der Herr Bundesminister hat gerade vorhin zum Bil­dungsreformgesetz gesagt, man habe vielleicht das eine oder andere übersehen. Also der Herr Bundesminister beziehungsweise die Bundesregierung wird sich sicher nicht davor scheuen, das System wieder einzustellen, wenn es nicht funktioniert, das ist überhaupt keine Frage; aber wir sind sehr, sehr zuversichtlich.

In der Verkehrspolitik gibt es viele Ziele, die wir umsetzen wollen, und eines davon ist eben, den Verkehr möglichst flüssig zu halten. Die Verkehrssicherheit ist dabei aber oberstes Gebot. Daher ist das keine Freigabe, die aus Jux und Tollerei passiert, sondern die auf Sachverständigengutachten beruht. Ich denke, dass diese Maßnahme, die mit dieser heutigen StVO-Novelle umgesetzt wird, im Sinne des Umweltschutzes, im Sinne der Sicherheit und der Zeitressourcen eine sinnvolle Maßnahme für Stoß­zeiten darstellt. Ich freue mich, dass wir dafür hier auch große Zustimmung erhalten werden. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

18.34



BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 166

Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Ing. Norbert Hofer. Ich erteile es ihm.


18.34.10

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Ing. Norbert Hofer: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Stau ist immer auch eine zusätzliche Umwelt­belastung, vor allem deswegen, weil der Stau mit einem permanenten Verzögern und Beschleunigen verbunden ist. Vor allem für Lkws mit großer Masse bedeutet Stau, dass sehr, sehr viel Energie aufgewendet werden muss, um diese Massen zu be­schleunigen und zu verzögern. Deswegen haben wir dieses Modell gewählt, das auch in anderen Ländern funktioniert, und es ist wirklich nur dafür gedacht, auf ganz be­stimmten Straßenabschnitten in Österreich, wo es zu ganz bestimmten Zeiten immer wieder zu Stau kommt, eine Erleichterung zu schaffen.

Die Geschwindigkeit ist über telematische Anlagen, also über eine Überkopfanzeige, geregelt. Man sieht dort genau, dass der Pannenstreifen freigegeben wird, und es wird auch die Geschwindigkeit eingeblendet, mit der man unterwegs sein kann.

Ich glaube, es wird funktionieren, weil es auch in anderen Ländern gut funktioniert, und ich bin schon sehr gespannt auf die nächsten Monate.

Ein Argument ist vorgebracht worden, das schon schwerwiegend ist, nämlich: Ist es nicht klüger, in den öffentlichen Verkehr zu investieren? – Wir haben erst heute in einer Runde von Unternehmern zum Beispiel auch über den Flughafen Wien-Schwechat gesprochen, wo wir natürlich auch noch viel mehr in den öffentlichen Verkehr inves­tieren müssen, weil die Zahl der Passagiere am Flughafen in den nächsten Jahren massiv steigen wird. Also diese Investitionen müssen passieren.

Wir investieren jetzt 13,9 Milliarden Euro in den Ausbau des Schienennetzes, 750 Mil­lionen Euro als Bezuschussung in den Personenverkehr und 100 Millionen Euro in den Güterverkehr, aber ich glaube, die wichtigste Maßnahme – es ist alles wichtig, aber es gibt eine neue Maßnahme, die sehr wichtig sein wird – ist eben die Idee, dass wir ab den Jahren 2020/21 finanzielle Mittel für die Ballungsräume über Wien hinausgehend zur Verfügung stellen. In Wien unterstützen wir den U-Bahnbau mit knapp 80 Millionen Euro, aber es gibt auch andere Ballungsräume wie Innsbruck, Graz, Linz, Salzburg, und auch diese Städte sollen dahin gehend unterstützt werden, dass die Investitions­maßnahmen in den öffentlichen Verkehr gestemmt werden können. Die meisten Städte sind eben nicht in der Lage, das zu investieren, was aufgrund der vermehrten Ver­kehrs­belastung wirklich notwendig ist.

Ich denke da an eine Größenordnung von etwa 50 Millionen Euro für die Ballungs­zen­tren insgesamt, und es soll eine Kofinanzierung von Bund und Ländern geben. Wenn wir hier Geld zur Verfügung stellen können, das im Laufe einer Legislaturperiode etliche 100 Millionen Euro ausmacht, wenn zum Beispiel eine Stadt wie Graz dann weiß, sie kann mit, ich weiß nicht, 12 Millionen Euro im Jahr rechnen, die sie investieren kann, dann, glaube ich, werden wir viele Probleme, die es jetzt gibt, lösen können und dann werden noch mehr Menschen als bisher auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen.

Trotzdem müssen wir auch ins Straßennetz alles, was notwendig ist, investieren. Die Bedenken, die die Autofahrerclubs hatten, nämlich dass aufgrund der Pannen­streifen­freigabe Investitionen in den Ausbau der Straße nicht mehr so intensiv vorangetrieben werden, kann ich zerstreuen. Wir werden in den nächsten sechs Jahren 7,9, also knapp 8 Milliarden Euro in Autobahnen und Schnellstraßen investieren. Das ist notwendig, weil das Verkehrsaufkommen weiter ansteigen wird. Daher müssen wir in beiden Be-


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reichen, sowohl im Bereich Schiene als auch im Bereich Straße, investieren. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

18.37

18.37.40


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

18.38.0814. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 14. Juni 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gefahrgutbeförderungsgesetz geändert wird (GGBG-Novelle 2018) (72 d.B. und 175 d.B. sowie 9988/BR d.B.)


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Wir gelangen nun zum 14. Punkt der Ta­gesordnung.

Berichterstatter ist wiederum Herr Bundesrat Peter Samt. – Ich bitte um den Bericht.


18.38.22

Berichterstatter Peter Samt: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolle­ginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verkehr über den Beschluss des Nationalrates vom 14. Juni 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gefahrgutbeförderungsgesetz geändert wird.

Der gegenständliche Beschluss des Nationalrates umfasst mehrere Maßnahmen.

Der Bericht liegt Ihnen schriftlich vor; ich darf daher zur Antragstellung kommen.

Der Ausschuss für Verkehr stellt nach Beratung der Vorlage am 26. Juni 2018 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des National­rates keinen Einspruch zu erheben.


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Andreas Spanring. Ich erteile es ihm. – Bitte.


18.39.17

Bundesrat Andreas Arthur Spanring (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kollegen im Bundesrat! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Galerie und jene, die zumindest noch via Livestream zuschauen! In aller Kürze: Es geht ums Gefahrgutbeförderungsgesetz, das die Beförderung gefährlicher Güter in Österreich auf der Straße, auf der Schiene, auf Wasserstraßen, sprich in der Binnenschifffahrt, im Seeverkehr und in der Luftfahrt regelt.

Nach mehreren erfolglosen Versuchen in den Vorjahren ist es unter der neuen Re­gierung, Türkis-Blau, nun doch gelungen, die längst überfällige Novellierung des Gefahrgutbeförderungsgesetzes in den Nationalrat einzubringen. Dieses Gesetz wird mit dieser Novelle angepasst. Vorhandene Lücken im Bereich der Luftfahrtschulung werden damit geschlossen werden. Die Austro Control wird diese Maßnahme mit Sicherheit sehr begrüßen, denn die Ausweitung der Kontrollbefugnisse der Austro


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Control auf alle, die an der Beförderungskette beteiligt sind, und auch auf sonstige Dritte soll die Luftfahrt vor der vorschriftswidrigen Einbringung von Gefahrgut schützen.

Unter anderem wird das Bundesministerium für Landesverteidigung ermächtigt, eige­nes Personal auszubilden, und zwar im Bereich des Seeversandes beziehungsweise der Luftfahrt. Generell muss man sagen, bisher war es sehr oft der Fall, dass die Aus­bildung und die Schulungen zwar durch qualifizierte Fachleute durchgeführt wurden, diese aber mit dem Betrieb selbst gar nicht vertraut waren. Diesbezüglich gibt es auch eine Änderung, eben dahin gehend, dass Schulungen nur mehr von denjenigen durch­geführt werden, die mit dem Betrieb auch selbst vertraut sind.

Es werden aktuelle unionsrechtliche Begriffsbestimmungen übernommen – sprich: eine Vereinheitlichung wird stattfinden –, und es werden auch noch Strafbestimmungen für private Gefahrgutempfänger entschärft. Jetzt kann sich vielleicht der eine oder andere nicht so viel darunter vorstellen, was ein privater Gefahrgutempfänger ist: Wenn Sie zum Beispiel zu Hause eine Ölheizung haben und es kommt ein Tanklaster mit 10 000 Liter Heizöl, dann sind Sie so ein Empfänger. Und Sie haben natürlich auch eine Pflicht, Sie müssen nämlich zu dem Zeitpunkt, zu dem sich der Spediteur ange­sagt hat, zu Hause sein und das Heizöl übernehmen, damit eben dieses Gefahrgut nur so kurz wie möglich auf der Straße unterwegs ist.

Alles in allem kann man sagen: Eine notwendige und der Praxis angepasste Evalu­ie­rung hat stattgefunden; die Erfahrungen seitens der betroffenen Wirtschaftskreise, aber auch der Behörden hat man mit einfließen lassen; und das Ergebnis wird mit diesem Gesetz, mit dieser Novelle entsprechend umgesetzt. Aus diesem Grund werden wir Freiheitliche keinen Einspruch erheben und diese Gesetzesänderung sehr gerne mittragen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

18.42


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Martin Preineder. Ich erteile es ihm.


18.42.43

Bundesrat Martin Preineder (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzter Herr Vorsitzender! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Spanring hat schon ziemlich umfassend erklärt, was dieses Gefahrgut­beförderungsgesetz regelt und in welchen Details es geändert wird. Ich möchte mich darauf beschränken, zu sagen, dass es eben eine Anpassung an das EU-Recht und an das Völkerrecht ist und dass, damit verbunden, natürlich auch eine Anpassung an die technische Entwicklung der Gefahrgüter erfolgt, weil sich auch die Gefahren und die Güter, die transportiert werden, technisch weiterentwickeln und der Zeit anpassen. Da muss auch das Gesetz sich mit anpassen und mit neu gestaltet werden. Es soll dabei auch – das ist ein wesentlicher Teil dieser Novelle – Verwaltungsvereinfachung mit Platz greifen, und das ist etwas, was uns in der Bundesregierung sehr wichtig ist.

Wir werden diesem Gesetz gerne zustimmen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

18.43


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Hubert Koller. Ich erteile es ihm.


18.43.46

Bundesrat Hubert Koller, MA (SPÖ, Steiermark): Alle haben sich sehr kurz gehalten, das werde ich auch machen. (Ruf bei der FPÖ: Bravo!)


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 169

Bei dieser Novelle, die ja kein extremer Wurf, sondern eine kleine, aber wichtige Korrektur ist, werden Bestimmungen, die eng mit Völker- und Unionsrecht verflochten sind, ausgemerzt – es hat da Überschneidungen zwischen den Regelungen der EU und unseren staatlichen Regelungen gegeben. Wir haben auch gehört, dass es Miss­stände oder Mängel bei der Luftfahrtpersonalschulung gegeben hat, oder Pflichten, die man eigentlich nicht mehr braucht – also eher ein Qualitätsabfall. Das hat man ver­sucht, jetzt zu regeln, und das ist passiert. Die zwei Vorredner haben erklärt, wie das gegangen ist, dass diese Strafbestimmung weggefallen ist. Wir haben im Ausschuss gehört, dass sie nie angewandt wurde, daher ist es auch richtig, das aufzuheben.

Wir werden dieser Novelle zustimmen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei BundesrätInnen von ÖVP und FPÖ. – Bundesrat Mayer: Schöne Rede! – Bundesrätin Mühlwerth: Das war eine schöne Rede!)

18.44

18.44.51


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen.

18.45.2015. Punkt

Bericht des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Jahresvorschau 2018 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogrammes der Kommission sowie des operativen Jahresprogrammes des Rates (III-637-BR/2018 d.B. sowie 9989/BR d.B.)


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Wir gelangen nun zu Punkt 15 der Tagesordnung.

Berichterstatter ist wiederum Herr Bundesrat Peter Samt. – Bitte um den Bericht.


18.45.36

Berichterstatter Peter Samt: Jetzt muss ich aufpassen, dass ich mit der Bericht­erstat­tung schneller bin als die Redner.

Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verkehr über den Bericht des Bundes­ministers für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Jahresvorschau 2018 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogrammes der Kommission sowie des ope­ra­tiven Jahresprogrammes des Rates.

Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hat dem Bundesrat am 6. Februar 2018 den gegenständlichen Bericht über die Jahresvorschau 2018 zur ge­schäftsordnungsmäßigen Behandlung vorgelegt.

Er wurde vom Ausschuss für Verkehr in seiner Sitzung am 26. Juni 2018 in Ver­hand­lung genommen.

Der Bericht des Ausschusses für Verkehr liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich komme daher sogleich zur Antragstellung:

Nach Beratung der Vorlage am 26. Juni 2018 stellt der Ausschuss für Verkehr mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, den Bericht des Bundesministers für Verkehr, Inno-


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 170

vation und Technologie betreffend Jahresvorschau 2018 auf der Grundlage des Legisl­ativ- und Arbeitsprogrammes der Kommission sowie des operativen Jahrespro­gram­mes des Rates zur Kenntnis zu nehmen. (Beifall bei BundesrätInnen der FPÖ.)


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Gerd Krusche. Ich erteile es ihm.


18.46.56

Bundesrat Gerd Krusche (FPÖ, Steiermark): Hohes Präsidium! Herr Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseher am Livestream, falls es welche gibt! Lassen Sie mich eingangs die Gelegenheit ergreifen, den Dank an die Mitarbeiter des Minis­teriums für die Erstellung dieses Berichts auszurichten. Es ist so weit ein sehr klarer Bericht, bei dem vor allem – was mir immer wichtig ist – die österreichische Position eindeutig hervorgehoben ist und auch der aktuelle Status der einzelnen Vorhaben. Ich werde auf die grundlegenden Prioritäten aus der Sicht der Europäischen Kommission, die eingangs ausgeführt sind, nicht eingehen. Ich werde mich in weiterer Folge auch nicht näher zum Schiffsverkehr oder zur Ausbildung von Seeleuten äußern, sondern nur einige wenige mir bedeutsam erscheinende Punkte kurz ansprechen.

Ein solcher wesentlicher Bereich ist „Europa in Bewegung“, also dieses sogenannte Mobi­litätspaket, und darin gibt es doch einige Vorschläge für Änderungen, die nicht ganz nach unserem Geschmack sind – und mit „uns“ meine ich auch das Ministerium, wo man das sehr kritisch sieht. Dabei handelt es sich beispielsweise um die Ausdeh­nung des Anwendungsbereichs der Richtlinie auf den Pkw-Bereich mit dem Auslaufen einer zeitabhängigen Bemautung, sprich der Vignette – ich glaube, nach 2027 soll das nach diesem Vorschlag nicht mehr möglich sein –, und einer verpflichtenden Einfüh­rung von fahrleistungsabhängigen Mautsystemen. Ich glaube, das wäre ein Wahn­sinns­schlag vor allem gegen alle Pendler und all jene, die beruflich unterwegs sind. Dazu hat ja auch der Bundesrat bereits im letzten Jahr einen Vorbehalt betreffend Subsidiarität formuliert.

Auch die geplante Änderung der Kabotageregelungen ist abzulehnen. Gerade auf­grund unserer Nähe zu Nachbarn mit doch wesentlich geringerem Lohnniveau macht eine Liberalisierung des Frachtverkehrs in Österreich, sprich, dass Ausländer hier inländische Leistungen erbringen können, keinen Sinn und erscheint für die öster­reichische Transportwirtschaft durchaus bedrohlich.

Noch ein abzulehnender Vorschlag, den ich erwähnen möchte, ist die geplante Mög­lichkeit, Lkw aus irgendeinem Mitgliedstaat ohne Fahrer anmieten zu können. Das würde massiv die Verfolgung von Verstößen gegen die Verkehrsregeln und auch von Verstößen gegen die Kabotagevorschriften erschweren oder Schwierigkeiten bei der Feststellung der Zulassungsbedingungen zur Folge haben.

Es wird die Aufgabe sein, diese Dinge vom Tisch zu bringen. Ich bin aber sehr opti­mistisch, dass das unter dir, Herr Minister, auch – hoffentlich – gelingen wird.

Ich möchte nur noch einen Punkt, und zwar aus dem Achtzehnmonatsprogramm, erwähnen, das sind die transeuropäischen Netze. Die sind vor allem auch im Hinblick auf den Finanzrahmen ab 2021 bedeutend. Diesbezüglich wird auch in der Zeit unse­res Ratsvorsitzes einiges abzuklären sein. Für die TEN-Projekte sind ab diesem Zeit­raum bis 2030 500 Milliarden Euro vorgesehen, und laut Kommissar Oettinger sollen diese CEF-Mittel – CEF heißt Connecting Europe Facility – nicht von den Budget­kür­zungen, die ja durch den Brexit notwendig werden, betroffen sein.


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Österreich hat aus diesem Topf in der Vergangenheit bereits ungefähr 700 Millionen Euro lukriert beziehungsweise zugesagt bekommen. Das betrifft uns sehr stark, vor allem im Bereich Koralm und Brenner. Gerade beim Brenner gibt es auch massive Kritik des Europäischen Rechnungshofes. Ich darf vielleicht zitieren, was Oskar Herics, der österreichische Vertreter im Rechnungshof, gesagt hat: „Diese Linie kann sich nicht rechnen und wird nicht wirtschaftlich zu führen sein.“ Einer der wichtigen Kritikpunkte: „So gebe es zwischen Österreich, Italien und Deutschland unterschiedliche Prioritäten­setzungen beim Bau der Hochleistungsstrecke.“ – Auf deutscher Seite, so wissen wir ja, gibt es kaum oder gar keine Bautätigkeit, ja noch nicht einmal eine Routen­festle­gung. Weiters sagt Herics, dass der Brennerbasistunnel im Hinblick auf die erhoffte Minimierung der Schadstoff- und Lärmbelastung „keine Wirksamkeit entfalten“ könne. In Deutschland habe das „überhaupt keine Priorität“.

Dieser Eindruck hat sich bei mir auch bestätigt. Ich war letzte Woche bei einem inter­parlamentarischen Ausschusstreffen – TRAN – in Brüssel, das sich mit der Finan­zierung dieser Netze ab 2021 beschäftigt hat. Im Prinzip sind mir dort diese Aussagen des Rechnungshofes bestätigt worden. Man sieht, dass eigentlich jede Region primär einmal ihre eigenen Interessen im Fokus hat. Die einen wollen unbedingt die Via Baltica, die nach einem Abschnitt des dort verlaufenden Jakobswegs benannt ist, forcieren, mit einem mindestens 50 Kilometer langen Unterwassertunnel zwischen Helsinki und Tallinn. – Für mich als Tunnelbauer durchaus ein schönes Projekt, aber das würde natürlich Unsummen verschlingen. – Die anderen streiten vor allem über das Projekt Turin-Lyon. Hier haben wir eine ähnliche Situation wie beim Brenner, wo die Deutschen kein Interesse haben – dort sind es die Franzosen, die kein Interesse haben. Und mittlerweile ist es so, dass bei den Italienern die Fünf-Sterne-Bewegung kein Interesse hat, die Lega Nord natürlich sehr wohl. Andere betonen dann wieder und sagen, da handelt es sich überhaupt nicht um nationale Projekte, sondern um europäische Projekte, und daher, so ungefähr, haben die Nationalstaaten überhaupt nichts mitzureden.

Da, glaube ich, gibt es also noch einigen Handlungsbedarf. Es gibt zwar eigene Koor­dinatoren für die einzelnen Korridore, aber mir scheint das Ganze noch nicht rund zu laufen. Was wir derzeit bei diesen transeuropäischen Netzen umsetzen, ist eigentlich ein Fleckerlteppich, und die Wirksamkeit kann sich dann nicht entfalten. Es wäre durchaus denkbar, dass auch Österreich Initiativen setzt, nämlich in Richtung eines besseren Projektmanagements dieser transeuropäischen Netze. Vielleicht wäre es ge­scheiter, Prioritäten zu setzen und die Korridore nacheinander wirklich fertigzustellen, damit sie wirksam werden können, als an jedem Eck einzeln anzufangen.

Es gibt also genug zu tun, aber ich bin sehr optimistisch, dass unser Minister Akzente setzen kann, gerade im nächsten halben Jahr, während wir den Ratsvorsitz haben. – Danke. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der ÖVP.)

18.55


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Armin Forstner. Ich erteile es ihm.


18.55.29

Bundesrat Armin Forstner, MPA (ÖVP, Steiermark): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Das Mobilitätspaket soll, wie bereits gehört, unter anderem Änderungen der Richtlinien für Straßenmaut beziehungsweise bei Benützungsgebühren für den Lkw-Verkehr bringen. Österreich sieht in diesem Teil des Pakets zwar einige positive Elemente, aber auch zahlreiche Bestimmungen, die nicht akzeptiert werden können. So sollte etwa die


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Besteuerung von Pkws im Individualverkehr nach österreichischer Auffassung in der Eigenverantwortung der Mitgliedstaaten bleiben.

Im Mobilitätspaket sind auch Vorschläge über das elektronische Mautsystem und den grenzüberschreitenden Informationsaustausch bei nicht bezahlten Straßenbenut­zungs­gebühren enthalten. Österreich begrüßt die Intention des Änderungsvorschlags dazu und hat Projekte zur Förderung des Europäischen Elektronischen Mautdienstes schon bisher maßgeblich unterstützt. Was den Zugang zum Beruf des Kraftverkehrsunter­neh­mers betrifft, ist Österreich grundsätzlich für die Beseitigung von Wettbewerbsver­zer­rungen. Sehr kritisch sieht man nach wie vor die Pläne in Bezug auf die Kabotage. Aus österreichischer Sicht geht nicht nur die Liberalisierung der Kabotage zu weit, es würde auch ein zusätzliches Kontrollproblem entstehen.

Begrüßt werden von Österreich auch jene Teile des Mobilitätspakets, welche die Verordnung über die Arbeitsbedingungen im Transportgewerbe betreffen. Hier geht es um die Festlegung von Mindestanforderungen bezüglich der täglichen und wöchent­lichen Lenkzeiten, Mindestfahrtunterbrechungen, täglichen und wöchentlichen Ruhe­zeiten sowie um die Verordnung über den Einsatz von Fahrtenschreibern. Allerdings gibt es für Österreich noch offene Punkte, etwa die Bestimmungen über faire Arbeits­bedingungen oder die Vorgaben für geeignete und sichere Rastplätze.

Erwartet wird auch die Annahme der Verordnung über die Genehmigung und die Markt­überwachung von Kraftfahrzeugen beziehungsweise Kfz-Anhängern; in Kraft treten soll sie 2020. Österreich unterstützt den Kompromiss, der bei der Erarbeitung erzielt wurde, und erwartet, dass mit neuen Zulassungsregeln für Kraftfahrzeuge nega­tive Vorkommnisse wie der Abgasskandal zukünftig vermieden werden können.

In den Bereichen „Binnenmarkt“ und „Investitionen in die Zukunft“ sind Themen ent­halten, bei denen das BMVIT federführend zuständig ist. Das sind etwa Fragen der Entwicklung des digitalen Binnenmarkts und des bereits erwähnten Mobilitätspakets.

In Österreich betrachtet man vor allem die Umsetzung von transeuropäischen Ver­kehrsnetzen als einen wichtigen Beitrag zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und zur Erreichung von Umwelt- und Klimazielen. Österreich leistet mit dem Ausbau seiner Verkehrsinfrastruktur einen Beitrag dazu und wird sich auch weiterhin für eine aus­reichende Dotierung sowie die Möglichkeit der hohen Zuschussquoten aussprechen.

Bisher konnten im Verkehrsbereich effektive EU-Zuschüsse für große österreichische Schienenvorhaben erreicht werden. Schienenprojekte bilden den Schwerpunkt der österreichischen Anträge. Bisher wurden Österreich EU-Zuschüsse in der Höhe von 700 Millionen Euro für Verkehrsvorhaben zugesprochen, die in Schieneninfrastruk­tur­projekte wie vor allem – und bereits erwähnt – in den Brennerbasistunnel und den Koralmtunnel fließen.

Ich gratuliere dem BMVIT zu dem umfangreichen Bericht und wünsche alles Gute bei der Umsetzung der Arbeitsvorhaben, Herr Minister! (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie der Bundesräte Todt und Koller.)

18.58


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Wolfgang Beer. Ich erteile es ihm.


18.59.08

Bundesrat Wolfgang Beer (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Abgeordnete und letzte Besucher oben auf der Galerie! Wir reden heute über die Jahresvorschau 2018 des BMVIT auf Grundlage der Vorhaben der EU-Kommission.


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 173

Meine beiden Vorredner haben das Ganze eigentlich schon sehr, sehr ausführlich behandelt. Die Hauptprioritäten in diesem Bericht sind Arbeitsplätze, Wachstum und Investitionen, der Bogen spannt sich vom digitalen Binnenmarkt bis zum Klimaschutz, Hauptschwerpunkte sind Verkehr, elektronische Mautsysteme, Telekommunikations­regelungen und Regelungen für grenzüberschreitenden Paketzustelldienst.

Ich hoffe, Kollege Krusche hat das richtig gelesen und ich habe mich verlesen, aber beim elektronischen Mautsystem steht ein Satz: Wird von Österreich sehr begrüßt. (Bundesrat Krusche: Das elektronische Mautsystem!) – Na ja, das elektronische Maut­system ist ein Gesamtpaket. (Bundesrat Krusche: Das steht schon differenziert im Bericht!) – Nein, differenziert leider nicht. Ich bin eigentlich kein Befürworter des elektronischen Mautsystems für Pkw, das brauchen wir nicht unbedingt.

Bei den transeuropäischen Verkehrsnetzen ist auch ganz wichtig zu erwähnen, dass es grenzüberschreitende UVP-Verfahren geben wird. Das muss alles noch ausge­handelt werden, und da hat Österreich, meiner Meinung nach, auch die richtige Ein­stellung dazu und eine abwartende Haltung.

Im Großen und Ganzen ist es ein guter Bericht: diejenigen vor den Vorhang, die den Bericht erstellt haben! Er ist gut zu lesen und sehr informativ. (Beifall bei der SPÖ und bei BundesrätInnen der ÖVP.)

19.01


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Christoph Längle. Ich erteile es ihm.


19.02.01

Bundesrat Christoph Längle (FPÖ, Vorarlberg): Herr Vizepräsident! Sehr geehrter Herr Minister! Grundsätzlich wurde schon sehr, sehr viel ausgeführt, zwei, drei Kleinig­keiten kommen noch von meiner Seite dazu.

Der Weltraum wird bezüglich der interplanetarischen Entwicklung auch behandelt, und zwar durch Ausbauförderung der Satellitenkommunikation und -navigation, Stichwort Galileo und Copernicus-Programm. Dies noch ergänzend dazu.

Mir persönlich ist sehr, sehr wichtig, dass man, wenn man vom Ausbau des Verkehrs – Schiene, Schiff, Flugzeug – spricht, auch nicht den kleinen Verkehr für all jene Men­schen, die gehbeeinträchtigt sind oder die sich mit dem Gehen nicht so leicht tun, vergessen sollte. Ich habe meinen Vater 24 Jahre lang gepflegt, und er war die letzten Jahre sehr auf den Rollstuhl angewiesen. Es ist für diese Menschen eine große Herausforderung, von A nach B zu kommen, zum Arzt zu kommen. Das sollte man nicht vergessen, und deshalb ist es auch wichtig, dass das hier noch erwähnt wird, obwohl es schon etwas spät ist. Es ist mir wichtig, dass das auch gefördert und aus­gebaut wird.

Viele von uns sind auch in Gemeinden tätig, sind Bürgermeister oder Gemeinderat oder dergleichen, und auch da ist es sehr wichtig, dass die Zugänge erleichtert wer­den, um diesen Menschen die Mobilität weitgehend zu ermöglichen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP sowie der Bundesräte Koller und Beer. – Bundesrat Beer: Das nächste Mal wäre ein Kaffee wichtig, dass ich den hier kriege!)

Dem Bericht werden wir Freiheitliche wie gesagt gerne unsere Zustimmung erteilen, und wir hoffen auf eine positive Entwicklung all dieser Dinge. – Danke. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

19.03



BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 174

Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bun­des­minister Ing. Norbert Hofer. Ich erteile es ihm.


19.03.55

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Ing. Norbert Hofer: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Kollegen Krusche, Forstner, Beer und Längle haben alles inhaltlich abgedeckt, was es zu sagen gibt. Auch ich möchte mich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die diesen Bericht erstellt haben, sehr bedanken.

Ich möchte noch eines zur Frage betreffend die elektronische Maut für Lkws ergänzen: Das EET-System wird von uns natürlich unterstützt, da es eine sinnvolle Maßnahme ist, ein Mautsystem zu haben, wenn man über Grenzen fährt. Da hat Österreich alle vorbereitenden Maßnahmen bereits erledigt.

Bei der Anwendung der Wegekostenrichtlinie – das käme als zweiter Punkt dazu – auf Pkws, also Fahrzeuge bis 3,5 Tonnen, müssten wir aufpassen, weil das etwas wäre, was uns nicht guttun würde. Wir haben bereits etliche Belastungsmaßnahmen für Autofahrer in Österreich – die Normverbrauchsabgabe, die Mineralölsteuer, die eigent­lich eine kilometerabhängige Belastung ist. Noch dazu habe ich durch die Entschei­dung, welches Auto mit welchem Verbrauch ich kaufe und welchen Fahrstil ich an­wende, die Möglichkeit, selbst noch ein bisschen Einfluss darauf zu nehmen, wie hoch diese Belastung für mich ist. Deswegen haben wir kein großes Interesse daran, dieses Dossier zum Abschluss zu bringen.

Die Präsidentschaft wird alles daransetzen, bei vielen Dossiers wirklich weiterzu­kom­men und einen aktiven Beitrag zu leisten, damit man in den großen Themengebieten, die dieses Ministerium betreffen, Dossiers auch zum Abschluss bringen kann. Wäh­rend des Vorsitzes allerdings muss man vor allem ein fairer Makler sein, man kann Eigeninteressen nicht so ganz in den Vordergrund stellen, wie das vielleicht sonst der Fall ist. Auch das muss man sagen. Das heißt nicht, dass wir unsere Interessen auf­geben, überhaupt nicht, aber beim Vorsitz selbst, bei der Vorsitzführung während der Sitzung muss man völlig neutral und objektiv sein. Die Interessen muss man auf einem anderen Weg vertreten, und dazu fallen mir tausend Dinge ein, wie man das tun kann.

Ich darf noch eines sagen, nämlich dass wir in meinem Ministerium etwa 150 Rats­arbeitssitzungen abzuwickeln haben. Das ist wirklich extrem viel und ich möchte mich jetzt schon bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bedanken, die sich damit befas­sen, die ihren Beitrag leisten, die dann aber nicht vor dem Vorhang stehen. Üblicher­weise wird, wenn etwas nicht gelingt, geschwiegen. Gelingt es, dann stehen die Politi­ker vorne und bekommen die Lorbeeren und die vielen, vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die dahinter alles aufbereiten, bleiben oft unbedankt; deswegen schon jetzt ein großes Dankeschön an diese, es ist wirklich unfassbar viel Arbeit. (Beifall bei FPÖ, ÖVP und SPÖ.)

19.06

19.06.32


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag, den gegenständ­lichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 175

19.07.00 16. Punkt

Verkehrstelematikbericht 2017, vorgelegt vom Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie (III-625-BR/2017 d.B. sowie 9990/BR d.B.)


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Wir gelangen nun zum 16. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist wiederum Herr Bundesrat Peter Samt. Ich bitte um den Bericht.


19.07.11

Berichterstatter Peter Samt: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Einen habe ich noch. (Heiterkeit.) Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verkehr über den Ver­kehrstelematikbericht 2017, vorgelegt vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie. Der Verkehrstelematikbericht 2017 gibt einen umfassenden Überblick über die aktuellen Aktivitäten im Bereich der intelligenten Verkehrssysteme in Österreich.

Ich komme damit auch schon zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Verkehr stellt nach Beratung der Vorlage am 26. Juni 2018 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, den Verkehrstelematikbericht 2017, vorgelegt vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie, zur Kenntnis zu nehmen. – Danke schön.


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Christoph Längle.


19.08.16

Bundesrat Christoph Längle (FPÖ, Vorarlberg): Herr Vizepräsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Herr Minister hat es gerade aus­ge­führt, ein großes Danke allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die für die Erstellung dieser Berichte verantwortlich sind, die die Daten zusammentragen und wirklich Groß­artiges leisten.

Zum Verkehr allgemein: Es liegt auf der Hand, der Verkehr ist die Adern und die Venen der Gesellschaft, der Verkehr ist der Motor der Menschheit, unserer Gesellschaft allge­mein und sicherlich etwas sehr Wichtiges.

Wir haben es heute schon einmal kurz angesprochen, der Verkehr wird in den nächs­ten Jahren massiv ansteigen, im Güterverkehr wird es ein Plus von 50 Prozent, im Personenverkehr ein Plus von rund 35 Prozent geben. Speziell für Österreich kommt dann noch die Tatsache hinzu, dass die Verkehrswege vorgegeben sind, dass die Ver­kehrswege limitiert sind. Damit meine ich, dass wir nicht überall Straßen, Eisenbahn­linien, Tunnels oder dergleichen bauen können, weil es in Vorarlberg, aber auch in Tirol, in Salzburg, in Kärnten und in der Steiermark (Bundesrat Mayer: Lobau!) beson­ders viele Berge gibt und wir dort eben auf die Gegebenheiten der Natur angewiesen sind und nicht, wie zum Beispiel irgendwo in Deutschland, überall Straßen bauen können. Das macht es dann auch schwieriger, da der Verkehr dadurch kanalisiert wird.

Lobenswert zu erwähnen sind all die Institutionen, die wir haben: Asfinag, Polizei, Arbö, ÖBB, natürlich das BMVIT und der ÖAMTC. Positiv zu erwähnen ist auch der statt­findende Datenaustausch von Informationen – Stichwort Ö3, die Grapheninte­gra­tionsplattform, durch die die Repräsentation der gesamten Infrastruktur gewährleistet wird, aber auch die Asfinag-App Unterwegs und der Modellversuch in Salzburg mit der Echtzeiterfassung.


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 176

Insgesamt werden wir nicht darum herumkommen, die Verkehrsinfrastruktur auch in Zukunft auszubauen, das wurde heute schon erwähnt. Für mich persönlich ist wichtig, dass wir dabei die Forschung und die Entwicklung von neuen Technologien nicht vernachlässigen – die Budgets dafür werden ja auch immer von Jahr zu Jahr erhöht –, denn mit neuen, modernen Technologien werden wir diese Herausforderung besser bewältigen können. Mit neuen Erfindungen werden wir vor allem den Umweltschutz fördern können, denn ich denke, es ist sehr wichtig, dass wir unsere Umwelt schützen und eine saubere Energiegewinnung und einen sauberen Energieverbrauch gewähr­leisten können.

Abschließend möchte ich noch dem Herrn Minister ein Lob aussprechen: Wir haben da einen sehr guten und fähigen Mann am Ruder, und ich denke, dass wir hier sehr gut aufgestellt sind und die Aufgaben auch in Zukunft gut meistern werden. – Vielen Dank. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

19.11


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächster ist Herr Bundesrat Armin Forstner zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.


19.11.31

Bundesrat Armin Forstner, MPA (ÖVP, Steiermark): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Zum Verkehrstelematikbericht 2017: IVS-intelligente Verkehrssysteme sind darauf ausgelegt, die Vernetzung aller Verkehrsträger organisatorisch und tech­nisch zu unterstützen. Dabei geht es darum, die Nutzer des Systems mit exakten Informationen und Entscheidungsgrundlagen in Echtzeit zu versorgen, um die Auslas­tung der Infrastruktur zu optimieren und in der Folge zur Steigerung der Effizienz, zu erhöhter Verkehrssicherheit und zur Schonung der Umwelt beizutragen. Der Bericht liefert einen umfassenden Statusbericht über die Umsetzung der IVS-Anwendungen auf nationaler und auf internationaler Ebene.

Um intelligente Verkehrssysteme praxistauglich zu machen, bedarf es umfassender orga­nisatorischer, technologischer und legistischer Grundlagen. Im Bereich der Ge­setz­gebung wurde in den letzten Jahren einiges zur Schaffung der rechtlichen Rahmenbedingungen getan, etwa mit dem IVS-Gesetz und dem Informationsweiter­verwendungsgesetz IWG.

Auch auf EU-Ebene wurde eine Reihe von Maßnahmen gesetzt, um intelligente Ver­kehrssysteme zu fördern. Ziel ist die Markteinführung von Diensten im Bereich koope­rativer, intelligenter Verkehrssysteme auf breiter Ebene bis 2019. Solche Dienste sollen menschlichem Fehlverhalten im Verkehr entgegenwirken und können so Verkehrs­sicherheit, Effizienz und Komfort entscheidend erhöhen.

Intelligente Verkehrssysteme werden auch eine Rolle bei der Umsetzung der Pariser Klimaziele spielen. Die EU hat in mehreren Richtlinien festgelegt, dass durch den Einsatz neuer Technologien der Ausstoß von Treibhausgasen reduziert und vorhan­dene Infrastruktur intelligent genutzt werden soll.

Infrastrukturbetreiber setzen auf neue Formen des Verkehrsmanagements. Das Ver­kehrs­management muss sich einem geänderten Mobilitäts- und Informationsverhalten anpassen. Da ist in den letzten Jahren einiges geschehen, Datengrundlagen werden erweitert, Methoden zur Auswertung und Darstellung verfeinert.

Die Zukunft von Reiseinformationsdiensten ist grenzüberschreitend, hält der Verkehrs­tele­matikbericht fest. Nutzer erwarten heute, dass ihre Reiseinformationen nicht an Betreiber-, Stadt-, Landes- oder Staatsgrenzen enden, sondern ein durchgängiger Informationsfluss auch über diese Grenzen hinweg gewährleistet wird. Während in


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 177

Österreich mit der Verkehrsauskunft Österreich die innerösterreichischen Grenzen be­reits überschritten wurden, widmen sich andere Projekte diesem Thema aus regionaler Sicht, mit dem Ziel, dem Endkunden grenzüberschreitende Reiseinformationen zur Verfügung zu stellen.

Im Schienenverkehr gibt es das Rail Emergency Management, das alle Abweichungen des normalen Zugbetriebs aufzeichnet. Um den Informationsfluss zu den Kunden zu verbessern, wurde ein Störfallinformationstool entwickelt. Videoüberwachung im Bahn­bereich der ÖBB soll Daten zur Fahrgastzahl und auch zur Steigerung der Sicherheit beisteuern. Mit einem Investitionspaket verbessern die ÖBB, das BMVIT und die drei Mobilfunkbetreiber den Ausbau der Mobilfunknetze entlang der wichtigsten Bahn­strecken.

Ein sich änderndes Mobilitätsverhalten erfordert die innovative Verarbeitung von Ver­kehrs­daten. Ein Beispiel dafür, wie auf den Wandel einer digitalisierten Gesellschaft reagiert wird, ist Flow, ein Projekt, das basierend auf Echtzeitmessungen von Ver­kehrsdaten eine bessere Verkehrsinformation zur Erhöhung der Verkehrssicherheit ermöglicht.

Ich danke ebenfalls wieder den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des BMVIT für die umfangreiche Tätigkeit und auch Ihnen, Herr Minister, für Ihren Einsatz. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

19.15


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Wolfgang Beer. Ich erteile es ihm.


19.15.23

Bundesrat Wolfgang Beer (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Abgeordnete! Man sieht, wenn es um diese Dinge geht, kommen immer dieselben ans Rednerpult, wir haben nur die Reihenfolge ein wenig verändert.

Der Verkehrstelematikbericht 2017 zeigt uns, welche Möglichkeiten es geben wird, was wir alles noch vor uns haben und welche Bereiche wir wirklich sehr stark berück­sichtigen müssen.

Zuerst einmal möchte ich auch darauf hinweisen, und man kann es wirklich nicht oft genug sagen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einen ausgezeichneten Bericht erstellt haben. Er ist gut gegliedert, übersichtlich, verständlich aufbereitet und mit we­sentlichen Basisinformationen ausgestattet. Möchte man kurzfristig Informationen haben, so findet man diese wirklich in kürzester Zeit.

Wir haben schon davon gehört, dass intelligente Verkehrssysteme, intelligente Trans­port­systeme, aber auch die Graphenintegrationsplattform und ein Echtzeitverkehrs­infor­mationssystem mit einer Asfinag-App forciert werden. Ich muss sagen, ich setze sehr große Hoffnungen und Erwartungen in dieses Echtzeitverkehrs­informations­sys­tem in Verbindung mit einer Asfinag-App, denn dann passiert es vielleicht nicht, dass ich im Stau stehe und im Verkehrsfunk höre: Vorsicht, Stau bildet sich gerade. – Nein, ich stehe schon mittendrin! (Bundesrat Bader: Wenn du der Erste bist!) – Wenn man der Erste im kilometerlangen Stau ist: Gott sei Dank bin ich der Erste!

Was wir uns aber auch sehr gut anschauen müssen, ist der Bereich automatisiertes Fahren. Es gibt in Österreich seit 2015 ein Projekt über das automatisierte Fahren, und die IT-Lösungen, die es dazu gibt, sind alle noch nicht sehr ausgereift. Man muss sehr Bedacht darauf nehmen, ob die Menschen das eigentlich wirklich wollen, und man muss Bedacht darauf nehmen, dass man damit Arbeitsplätze wegrationalisiert. Gibt es selbstfahrende Autos, dann brauche ich keine Taxifahrer mehr, diese brauche ich dann


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 178

nur mehr in sehr eingeschränktem Umfang. Das betrifft eine ganze Berufsgruppe, die dann wegfällt oder nur mehr rudimentär vorhanden ist.

Im Transportgewerbe sind bisher die meisten Erfahrungen damit gesammelt worden, und man steht eigentlich sehr kurz davor, dass es eingesetzt werden kann. Es gibt bereits Versuchsstrecken mit Glasfasern und Induktionsschleifen, die die Fahrzeuge dorthin leiten, wo man sie braucht.

Wir müssen wirklich aufpassen, dass wir da keine Lösung insofern haben, als dass wir learning by doing machen, denn sonst geht uns die Bevölkerung aus. (Beifall bei der SPÖ sowie den Bundesräten Bader und Mayer.)

19.19


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Ing. Norbert Hofer. Ich erteile es ihm.


19.19.34

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Ing. Norbert Hofer: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bedanke mich für das Lob, das ich an die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Hauses weitergeben darf, die sich wirklich sehr viel Mühe damit gemacht haben, sehr klar und kompakt darzustellen, was sich in diesem sehr wesentlichen Bereich getan hat.

Das Echtzeitinformationssystem ist angesprochen worden: Ich bedanke mich beim BMI und bei den Bundesländern, die jene Stakeholder waren, mit denen wir das gemein­sam umsetzen konnten.

Jetzt darf ich den Ball aufnehmen, was das Thema automatisiertes Fahren angeht: Ich glaube, dass automatisiertes Fahren ein echter Game Changer sein wird, weil damit auch Elektromobilität oder künftig auch die Brennstoffzelle, Wasserstoff, noch viel stär­ker zum Durchbruch gelangen werden, als das ohne diese Technologie der Fall wäre. Die große Herausforderung in der Gesetzgebung wird sein, all den technischen Möglichkeiten mit legistischen Maßnahmen in einem sinnvollen Abstand zu folgen.

Wir müssen uns beispielsweise die Frage stellen, ob wir wollen, dass – so wie ab 2019 in Deutschland – ein vom Menschen gesteuerter Lkw vorausfährt und dahinter mit 15 Metern Abstand der nächste und der übernächste selbstfahrende Lkw folgen. Es ist technisch möglich. Die Frage der Sicherheit ist eigentlich auch beantwortet, es bleibt nur mehr die Frage der politischen Akzeptanz offen. Offen bleibt auch die Frage, inwie­weit derartige Maßnahmen jene Ziele schwächen, die wir im Bereich des öffentlichen Verkehrs haben. Nur dann, wenn wir das Potenzial ausgenutzt und ausgeschöpft haben, das wir im Bereich des Güterverkehrs auf der Schiene umsetzen wollen, sollten wir jene Maßnahmen setzen, die die Straße betreffen.

Sie haben aber vollkommen recht: Mit den Möglichkeiten, die wir haben, ändern sich ganze Berufsbilder. Ich werde mir dann nicht mehr die Frage stellen, ob ich jetzt ein Uber-Auto oder ein Taxi nehme, sondern es wird beides nicht mehr geben. Ich rufe mir dann einfach mein Fahrzeug, das kommt, und dann bin ich mit diesem Fahrzeug unter­wegs.

Ich bin auch fest davon überzeugt, dass viel weniger Menschen als bisher ein eigenes Fahrzeug haben werden, weil ich ein zu Hause stehendes Fahrzeug weniger brauchen werde, wenn sowieso eines kommt, wenn ich es rufe. Das betrifft dann aber nicht nur den Straßenverkehr, das wird die Luftfahrt genauso betreffen: Es gibt bereits das erste selbstfliegende Flugtaxi – ich glaube, das ist ein Quadrocopter –, das in Dubai im Einsatz sein wird. Es gibt auch eine Firma in Österreich, die ein interessantes System entwickelt hat: Ein Flugzeug der Marke Diamond Aircraft verfügt über einen Panik­knopf,


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den man als Pilot drücken kann, wenn man merkt, man schafft irgendetwas nicht, es geht einem nicht gut, und das Flugzeug kehrt auf den Boden zurück.

Das alles kommt also auf uns zu, und ich glaube, wenn man diese Änderungen in der Gesellschaft richtig erkennt, dann weiß man: Berufsgruppen werden sich ändern, aber es werden auch neue Berufe entstehen. Wir müssen aber jenen helfen und jene abfedern, die dann zu den Verlierern gehören werden, also die Weiterbildungs­maßnah­men benötigen werden. Diesen Prozess muss man so gestalten, dass er sozial ver­träglich ist – aber das hat es in der Geschichte immer gegeben: Mit der Entwicklung der Dampfmaschine sind Berufsfelder weggefallen, mit der Entwicklung der ersten im Büro einsetzbaren Computer sind Arbeitsplätze weggefallen, aber es sind auch immer wieder andere Arbeitsplätze entstanden. Wenn wir diesen Prozess klug begleiten und die richtigen Maßnahmen setzen, dann ist dieses Thema auch eine riesige Chance für uns. (Beifall bei FPÖ und ÖVP sowie bei BundesrätInnen der SPÖ.)

19.23

19.23.27


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

19.23.4417. Punkt

Tätigkeitsbericht der Schienen-Control GmbH 2016, vorgelegt vom Bundes­minis­ter für Verkehr, Innovation und Technologie (III-627-BR/2017 d.B. sowie 9991/BR d.B.)

Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Wir gelangen nun zu Punkt 17 der Ta­ges­ordnung.

Berichterstatter ist wiederum Herr Bundesrat Peter Samt. Ich bitte um den Bericht.


19.24.22

Berichterstatter Peter Samt: Herr Präsident! Herr Bundesminister Hofer! Liebe Kolle­gin­nen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verkehr über den Tätigkeitsbericht der Schienen-Control GmbH 2016, vorgelegt vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie.

Der vorliegende Jahresbericht stellt die Entwicklungen des Jahres 2016 dar.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich darf daher gleich zur Antragstellung kommen.

Nach einhelliger Abstimmung stellt der Ausschuss für Verkehr nach Beratung der Vorlage am 26. Juni 2018 den Antrag, den Tätigkeitsbericht der Schienen-Control GmbH 2016, vorgelegt vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie, zur Kenntnis zu nehmen.


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Gerd Krusche. – Bitte.



BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 180

19.25.22

Bundesrat Gerd Krusche (FPÖ, Steiermark): Hohes Präsidium! Herr Bundesminister Hofer! Kolleginnen und Kollegen! Auch dieser Bericht ist zwar schon etwas in die Jahre gekommen, sprich aus dem Jahr 2016, aber traditionellerweise, muss man schon sagen, ist er übersichtlich, gut und sehr schön. Er ist mit jeder Menge Zahlen gespickt und mit Grafiken unterlegt, die ich Ihnen jetzt im Detail näherbringen werde. (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth) – Na gut, dann halt nicht! (Allgemeine Heiterkeit. – Beifall bei FPÖ, ÖVP und SPÖ.)

Nur ganz kurz eine wesentliche Aussage des Berichts: Der Personenverkehr ist weiter steigend, nämlich um 2,3 Prozent bei der Zahl der Reisenden, das ist sehr positiv. Einen Gutteil hat sicher die Fertigstellung und Eröffnung des Wiener Hauptbahnhofs dazu beigetragen. Beim Güterverkehr schaut es nicht so großartig aus, da ist die Ver­kehrsleistung nur um 1,1 Prozent gestiegen – und die Rail Cargo Austria hatte sogar einen Rückgang, während die Mitbewerber beim Aufkommen um 9,6 Prozent zugelegt haben.

Immer ein interessanter Punkt in diesem Bericht ist jener, der die Agentur für Pas­sagier- und Fahrgastrechte betrifft. Es sind für Konsumenten immerhin beachtliche 755 000 Euro erkämpft worden – allerdings entfällt davon nur ein Betrag von 29 600 Euro auf die Bahn und marginale 2 000 Euro auf den Bus, den Großteil macht also der Flugverkehr aus. Nach einem Tiefstand im Jahr 2015 ist es allerdings doch wieder zu einem signifikanten Anstieg bei den Beschwerden gekommen, Probleme gibt es haupt­sächlich beim Fahrpreis und mit Verspätungen. Man sieht also summa summarum: Wir stehen da durchaus nicht schlecht da, aber es gibt noch Luft nach oben, und es soll Aufgabe und Auftrag sein, sich stetig zu verbessern.

Mehr will ich eigentlich dazu nicht sagen. Jeder, der interessiert ist, vor allem jeder Eisenbahnfreund, kann sich diesen Bericht aus dem Internet herunterladen und darin schmökern. Dann erfährt er beispielsweise, dass der Bestand an Lokomotiven seit 2012 rückläufig und jener an Triebwagen steigend ist, oder dass 94 Triebfahrzeuge für die Schmalspur existieren sowie dass die Pünktlichkeit auf der Brennerachse die geringste unter den Transitrouten ist. Da kann man nur sagen, no, na, die Züge kommen ja überwiegend aus Italien. (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.)

So viel also zu diesem Bericht, der klarerweise unsere Zustimmung finden wird, und wir würden uns natürlich freuen, wenn wir den Bericht für 2017 etwas früher als Mitte 2019 erhalten würden. – Danke. (Beifall bei FPÖ und ÖVP sowie bei Bun­des­rätInnen der SPÖ.)

19.28


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Elisabeth Pfurtscheller. – Bitte.


19.28.35

Bundesrätin Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister Hofer! Geschätzte Damen und Herren! Herr Kollege Krusche ist schon auf den Bericht eingegangen und hat bestätigt, dass er sehr leicht lesbar ist, sehr übersichtlich und auch sehr interessant. Jeder, der sich dafür interessiert, kann innerhalb kürzester Zeit sehr viele Zahlen, Daten und Fakten heraus­lesen, deswegen werde ich Ihnen jetzt auch keine Zahlen herunterbeten.

Ich möchte aber gerne noch eines festhalten, weil es mir als Nutzerin der Bahn wichtig ist: Die Pünktlichkeit der ÖBB im Personenverkehr ist wirklich hervorragend, wenn man das jetzt zum Beispiel mit Deutschland oder Italien vergleicht. (Bundesrätin Mühlwerth: ...


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 181

Deutschland!) – Vor allem Deutschland, aber auch Italien. Da sollte man also, glaube ich, schon positiv hervorheben, dass wir da ein wirkliches Musterland sind und man sich drauf verlassen kann, dass man mit den ÖBB auch pünktlich ankommt.

Wir von der ÖVP möchten uns ebenfalls für diesen guten, ausführlichen Bericht bedan­ken und werden ihm natürlich die Zustimmung geben.

Dasselbe gilt für den Gemeinwirtschaftlichen Leistungsbericht 2016, der im nächsten Tagesordnungspunkt behandelt wird. Auch dieser Bericht ist sehr übersichtlich. Die Zahlen, die dort angeführt werden, sind jetzt nicht wirklich überraschend oder neu, denn die gemeinwirtschaftlichen Leistungen werden ja immer für zehn Jahre bestellt, sodass das einfach eine Fortschreibung der letzten Jahre ist; aber auch für diesen Bericht einen herzlichen Dank. Wir werden auch diesem Bericht die Zustimmung geben.

Ich möchte noch 2, 3 Minuten meiner Redezeit nutzen, um mich als Tirolerin mit zwei sehr persönlichen Anliegen an Sie, Herr Minister Hofer, zu wenden. Ich habe ja heute hier das erste Mal die Chance, von Angesicht zu Angesicht mit Ihnen in Ihrer Funktion als Minister für Verkehr und Infrastruktur zu sprechen. (Ruf bei der FPÖ: Geh, machts das nachher!)

Die Tiroler haben ja momentan sehr, sehr große Anliegen, was Ihr Ressort betrifft. Herr Kollege Krusche hat das Thema Transitverkehr, Güterverkehr sehr neutral und relativ emotionslos seziert, die Verlagerung von der Straße auf die Bahn in Tirol. Ich als Einheimische sehe das natürlich ein bisschen emotionaler, und ich bin sehr froh, Herr Minister, Sie heute zu sehen.

Ich möchte mich zuallererst einmal ganz, ganz herzlich persönlich und auch stell­vertretend für die Bürger Tirols bei Ihnen dafür bedanken, dass Sie so hinter uns stehen. Wir wissen, dass das nicht so ganz einfach ist! Wir wissen das wirklich zu schätzen, dass Sie uns in letzter Zeit sehr den Rücken gestärkt haben, was die Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Bahn betrifft. Sie haben die Blockabfertigungen zumindest nicht schlechtgeheißen, und Sie haben uns auch in Deutschland und in Italien sehr unterstützt. – Dafür ganz herzlichen Dank.

Gleich anschließend natürlich die Bitte, uns da auch weiterhin die Stange zu halten und möglichst alle Ihre Möglichkeiten auszuschöpfen, die Sie jetzt im Zuge des EU-Rats­vorsitzes haben, um mit den anderen Ministern, speziell mit dem deutschen Minister, vielleicht doch noch zu Ergebnissen zu kommen. (Präsident Todt übernimmt den Vorsitz.)

Kollege Krusche hat ja vorgeschlagen, es könnte eine österreichische Initiative geben, den Ausbau der TEN, der Transeuropäischen Netze besser zu koordinieren – da wären wir sofort die Ersten, die dafür sind! Es ist eine Schande, was man aktuell rund um den Brennerbasistunnel hört, und es ist mir wirklich wichtig, dazu festzuhalten, dass diese Ermahnung durch den Europäischen Rechnungshof nicht Österreich betrifft. Weder Tirol noch Österreich haben da irgendein schuldhaftes Verzögern verursacht. Das sind unsere Partner, vor allem in Deutschland, die da schon fast fahrlässig handeln. Wir hoffen sehr, dass wir alle gemeinsam so viel Druck aufbauen können, dass da in nächster Zeit ein bisschen Beschleunigung hineinkommt. – Das ist der erste Punkt.

Der zweite Punkt ist ein noch viel persönlicherer, weil er meinen Bezirk und meine Heimatregion betrifft, nämlich das Tiroler Oberland. Es geht da nicht um die Bahn, sondern um die Straße. – Sie nicken schon ganz wissend, ich fange jetzt noch mit dem


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 182

Tschirganttunnel an. Ich hoffe, Sie verzeihen es mir, dass ich heute zu so fortgeschrit­te­ner Stunde dieses Thema anspreche. (Bundesminister Hofer: Das ist das Ein­fachste!)

Wir im Tiroler Oberland hoffen schon sehr, sehr lange, nämlich wirklich Jahrzehnte auf diesen Tunnel, und es hat immer wieder Höhen und Tiefen bei den Initiativen für die­sen Tunnel gegeben. Wir waren ja auch schon einmal so weit, dass eine Umwelt­ver­träglichkeitsprüfung in Angriff genommen worden ist; 2010 wurde das Projekt wieder zurückgereiht. Ich persönlich kämpfe, seit ich jetzt hier in Wien tätig sein darf, für diesen Tunnel. Ich kann auch ganz viele Daten und Fakten liefern und vor allem auch sehr viel Unterstützung mitbringen.

Ich habe ja selber eine Petition in den Nationalrat eingebracht: In meiner Region, dem Oberland, gibt es insgesamt 91 Bürgermeister – die Petition ist von 87 Bürgermeistern unterstützt worden, von Tausenden Bürgerinnen und Bürgern aus der Region, und natürlich auch sehr stark vom Tourismus. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir uns einmal austauschen könnten, wenn ich bei Ihnen um einen Termin anfragen darf, und vielleicht können wir uns darüber einmal näher unterhalten. (Bundesminister Hofer: Gerne!)

Es hat 2010 eine Prüfung des BMVIT gegeben, aufgrund der Wirtschaftskrise wurden alle Projekte in Österreich neu bewertet, und auf Basis dieser Bewertung wurde eben unser Projekt zurückgereiht. Mittlerweile sind aber einige Jahre ins Land gegangen, in denen sich der Verkehr maßgeblich verändert hat. Ich würde mich persönlich wirklich sehr freuen, wenn es zumindest möglich wäre, als ersten Schritt eine Neubewertung durchzuführen, worauf man dann die Diskussion aufbauen kann.

Vielen herzlichen Dank, Herr Minister Hofer, dass Sie mir zugehört haben, und vielen Dank, sehr geehrte Damen und Herren, dass ich jetzt zu später Stunde noch meine ganz persönlichen Anliegen vorbringen durfte. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

19.34


Präsident Reinhard Todt: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Günther Novak. – Bitte. (Bundesrat Samt – zu dem sich auf dem Weg zum Rednerpult befind­lichen Bundesrat Novak –: In gebotener Kürze bitte!)


19.35.07

Bundesrat Günther Novak (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es freut mich, dass ich heute einmal am Rednerpult stehen darf, ohne mich unbeliebt zu machen, denn dieser - - (Bun­desrat Mayer: Außer du redest 15 Minuten!) – Nein, 15 Minuten rede ich nicht, nein! (Heiterkeit des Redners.)

Dem Tätigkeitsbericht – Kollege Krusche hat das schon ausführlich dargestellt – kann ich nur meine Zustimmung geben. Er ist ja außerdem aus dem Jahr 2016, als noch Bundesminister Leichtfried dafür verantwortlich war. Ich möchte ebenfalls sagen, das ist ein wirklich hervorragender Bericht, wenn sich jemand dafür interessiert, sollte er sich ihn anschauen oder herunterladen. Ich darf durchblättern. (Allgemeine Heiter­keit. – Zwischenruf des Bundesrates Samt.)

Ich darf zusammenfassend feststellen, dass sich die Zuwächse im Personenverkehr äußerst positiv dargestellt haben, wie schon Kollege Krusche gesagt hat. Beim Güter­verkehr sind zwar leichte Zuwächse festzustellen, jedoch hat sich da der Wett­bewerb verstärkt, und die Mitbewerber konnten gegenüber der Rail Cargo Austria ihre Leistung deutlich steigern.


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 183

Österreich behauptet auch im Jahr 2016 seinen Platz als Bahnfahrernation Nummer 1 in der Europäischen Union, und vielleicht, das hast du nicht gewusst - - (Bundesrat Krusche: Gewusst schon, aber nicht gesagt!) – Ach so! Der Schienenverkehr ist 2017 – bitte! – um 3 Prozent gestiegen, der Güterverkehr wächst auf den fünf Haupt­strecken. Der Brennerbasistunnel steigt nicht so stark wie der Gotthard-Basistunnel – wir kennen ja das Verhältnis zwischen der Schweiz und Österreich –, und der Bericht für 2017 wird Ende Juni fertig sein. (Beifall bei SPÖ und FPÖ sowie bei Bundes­rätIn­nen der ÖVP.)

19.37


Präsident Reinhard Todt: Herr Bundesminister Ing. Norbert Hofer hat sich nun zu Wort gemeldet. – Bitte.


19.37.29

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Ing. Norbert Hofer: Herr Präsident! Zunächst einmal muss ich sagen, die Stimmung im Bundesrat ist wesentlich besser als im Ministerrat oder im Nationalrat. Es herrscht sehr gute Laune. (Ruf: Nicht immer! – Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Na ja, so lustig ist es dort nicht, das muss ich schon sagen!

Es ist zum Schienenverkehr, zum Personenverkehr, zur Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte schon alles gesagt worden, es ist alles behandelt worden.

Ich darf deswegen jetzt kurz zur Situation in Tirol kommen: Bis der Brennerbasistunnel fertig ist, müssen wir versuchen, in Tirol trotzdem so viele Transporte wie möglich auf die Schiene zu bekommen. Jetzt gibt es eine Erfindung aus Bayern – ausgerechnet aus Bayern –, die es einfacher machen soll, die Lkws sehr, sehr niederschwellig auf die Schiene zu bekommen. Ich habe heute mit Andreas Matthä gesprochen, wir haben einen Termin vereinbart, um uns diese Erfindung genauer anzuschauen. Vielleicht gelingt es damit, noch mehr Fahrzeuge als bisher auf die Rola zu bekommen.

Es gibt aber trotzdem auf deutscher Seite das Problem, dass die Zulaufstrecken nicht rechtzeitig fertig werden. Die haben die gleichen Probleme wie wir: sehr lange Ver­fahren, Anrainerproteste und so weiter. Was wir jetzt machen, nämlich Verfahren zu beschleunigen, wird man dann auch dort machen müssen, denn eines ist klar: Wenn dort nicht gebaut wird, dann gibt es die Zulaufstrecken nicht – aber irgendwann werden auf der Brennerstrecke Straßensanierungsarbeiten einfach zwingend notwendig wer­den, und dann steht aber alles! Beim gegebenen Verkehrsaufkommen muss saniert werden, im Brückenbereich haben wir eh schon jetzt das Problem. Das müssen aber auch die Freunde in Deutschland wissen, dass das auf uns zukommen wird.

Zum Tschirganttunnel: Ich hatte mit Landeshauptmann Platter ein Gespräch, auch im Ministerium haben wir das Tunnelprojekt angesprochen. Es stimmt, 2010 wurde bei der Bewertung das Projekt nach hinten geschoben – ich habe aber bereits darum gebeten, im Haus eine neue Bewertung vorzunehmen. Der Koalitionspartner in Tirol ist nicht wirklich begeistert, denn die Grünen sagen: Na ja, der Tunnel wird dann noch mehr Verkehr anziehen! (Bundesrat Längle: Hört, hört!)

Ich möchte das Ganze neu bewerten und überlegen, ob es nicht möglich ist, das Pro­jekt zu unterstützen. Wie ich gesagt habe, sind mir die Tiroler Anliegen wirklich sehr wichtig, denn man weiß ja genau, wie groß dort die Belastung ist.

Der letzte Gipfel in Bozen war nicht einfach. Ich möchte betonen: Es war notwendig, die Vereinbarung zu unterzeichnen, denn dass ein Politiker der Fünf-Sterne-Bewegung eine Unterschrift freigibt und dieses Papier unterzeichnet – das war ein einmaliges Zeitfenster, das wird uns nicht mehr passieren.


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 184

Dort war es für uns als Vertreter der Staaten nicht möglich, hoch zu pokern und zu sagen: Nein, wir unterzeichnen gar nicht, wir warten auf das nächste Mal! Wir hätten die Unterschrift nicht mehr bekommen. Daher war es gut, dass wir als Vertreter der Staaten unterzeichnet haben. Der Landeshauptmann hat seine Position sehr intensiv vertreten, und ich glaube, wir arbeiten da ganz, ganz gut zusammen. Insgesamt gab es also großes Verständnis, große Unterstützung.

Warum ich vorhin so geschaut habe? – Es gibt eine Sache, bei der ich einfach nicht helfen kann, und das ist die Frage der Mautbefreiungen, also zum Beispiel Kufstein und so weiter. Ich möchte das erwähnen, weil es Tirol betrifft. Wir leiden dort auch irrsinnig, weil unsere deutschen Nachbarn Grenzkontrollen durchführen, und zwar so, dass der Grenzraum auch bei uns wirklich sehr, sehr betroffen ist. Wenn ich aber in einem Gebiet Österreichs beginne, eine Ausnahme bei der Maut zu machen, dann habe ich 20, 30, 40, 50 Gemeinden, die dieselbe Bitte äußern.

Dies ist genauso, wie es viele Bürgermeister gibt, die möchten, dass auf der Autobahn vor ihrer Gemeinde nur 80 km/h gefahren wird. Ich verstehe das. Wenn ich aber bei einer Stadt und bei einer Gemeinde anfange, dann muss ich es eigentlich bei vielen Gemeinden machen, mit dem Ergebnis, dass wir auf den Autobahnen dann langsamer fahren als auf den Bundesstraßen. Deswegen mache ich grundsätzlich keine Aus­nahmen. Ich weiß, man macht sich da nicht beliebt, aber es ist halt der Weg, den man dann auch gehen muss. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der ÖVP.)

19.41

19.41.48

Präsident Reinhard Todt: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Ich stelle die Einstimmigkeit fest. Der Antrag ist somit angenommen.

19.42.0518. Punkt

Gemeinwirtschaftlicher Leistungsbericht 2016, vorgelegt vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie (III-651-BR/2018 d.B. sowie 9992/BR d.B.)


Präsident Reinhard Todt: Wir gelangen nun zum 18. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Georg Schuster. Ich bitte um den Bericht.


19.42.29

Berichterstatter Georg Schuster: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bringe den für heute letzten Bericht des Ausschusses für Ver­kehr über den Gemeinwirtschaftlichen Leistungsbericht 2016, vorgelegt vom Bundes­minister für Verkehr, Innovation und Technologie.

Der Bericht gibt Auskunft über die aufgewendeten Beträge zur Bestellung gemein­wirtschaftlicher Leistungen im Personenverkehr sowie über SGV-Mittel zur Förderung des Güterverkehrs.

Der Bericht ist Ihnen schriftlich zugegangen, ich darf daher gleich zur Antragstellung kommen.


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 185

Der Ausschuss für Verkehr stellt nach Beratung der Vorlage am 26. Juni 2018 den Antrag, den Gemeinwirtschaftlichen Leistungsbericht 2016, vorgelegt vom Bundes­minis­ter für Verkehr, Innovation und Technologie, zur Kenntnis zu nehmen.

19.43.32


Präsident Reinhard Todt: Ich danke für die Berichterstattung.

Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

*****

Herr Minister, Ihre Punkte sind erledigt, aber wenn Sie bei uns sitzen bleiben wollen, gerne. (Allgemeine Heiterkeit.)

19.44.0219. Punkt

Wahl der beiden Vizepräsidenten/innen, der Schriftführer/innen und der Ord­ner/innen für das 2. Halbjahr 2018


Präsident Reinhard Todt: Nun gelangen wir zum 19. Punkt der Tagesordnung.

Da mit 1. Juli 2018 der Vorsitz im Bundesrat auf das Bundesland Burgenland übergeht und gemäß Art. 36 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz die an erster Stelle entsendete Vertreterin dieses Bundeslandes, Frau Bundesrätin Inge Posch-Gruska, zum Vorsitz berufen ist, sind die übrigen Mitglieder des Präsidiums des Bundesrates gemäß § 6 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates für das kommende Halbjahr neu zu wählen.

Wahl der Vizepräsidenten/innen


Präsident Reinhard Todt: Ich werde die Wahl der beiden Vizepräsidenten durch Erheben von den Sitzen vornehmen lassen.

Wir gehen nunmehr in den Wahlvorgang ein und kommen zur Wahl des ersten zu wäh­lenden Vizepräsidenten des Bundesrates.

Gemäß § 6 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates kommt hierfür der ÖVP-Fraktion das Vorschlagsrecht zu.

Es liegt mir dazu ein Wahlvorschlag vor, der auf Bundesrat Dr. Magnus Brunner, LL.M. lautet.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Wahlvorschlag zustimmen, sich von den Sitzen zu erheben. – Ich stelle die Einstimmigkeit fest. Der Wahlvor­schlag ist somit angenommen.

Ich frage den gewählten Magnus Brunner, ob er die Wahl annimmt.


19.45.49

Bundesrat Dr. Magnus Brunner, LL.M. (ÖVP, Vorarlberg): Ich nehme die Wahl sehr gerne an. – Vielen Dank. (Allgemeiner Beifall.)



BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 186

Präsident Reinhard Todt: Wir kommen nunmehr zur Wahl des zweiten zu wählenden Vizepräsidenten des Bundesrates.

Gemäß § 6 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates kommt hierfür der SPÖ-Fraktion das Vorschlagsrecht zu.

Es liegt dazu ein Wahlvorschlag vor, der auf Bundesrat Ewald Lindinger lautet.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Wahlvorschlag zustimmen, sich von den Sitzen zu erheben. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Wahlvor­schlag ist somit angenommen.

Ich frage den Gewählten, ob er die Wahl annimmt.


19.46.36

Bundesrat Ewald Lindinger (SPÖ, Oberösterreich): Ich nehme die Wahl gerne an und bedanke mich bei dir für die gute Zusammenarbeit während deiner Präsident­schaft. (Allgemeiner Beifall.)

Wahl der Schriftführer/innen


Präsident Reinhard Todt: Wir kommen nun zur Wahl der Schriftführerinnen und Schrift­führer.

Es liegt mir dazu der Wahlvorschlag vor, die Mitglieder des Bundesrates Marianne Hackl, Mag. Daniela Gruber-Pruner, Gerd Krusche, Peter Oberlehner, Günther Novak für das 2. Halbjahr 2018 zu Schriftführern beziehungsweise Schriftführerinnen des Bundesrates zu wählen.

Falls kein Einwand erhoben wird, nehme ich diese Wahl unter einem vor. Gibt es dazu einen Einwand? – Kein Einwand.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Wahlvorschlag ihre Zustim­mung geben, um ein Handzeichen. – Ich stelle die Einstimmigkeit fest. Der Wahl­vorschlag ist somit angenommen.

Ich frage die Gewählten, ob sie die Wahl annehmen.

(Die BundesrätInnen Hackl, Gruber-Pruner, Krusche, Oberlehner und Novak neh­men die Wahl an.)

Wahl der Ordner/innen


Präsident Reinhard Todt: Wir kommen nunmehr zur Wahl der Ordnerinnen bezie­hungs­weise Ordner.

Es liegt mir dazu der Vorschlag vor, die Mitglieder des Bundesrates Ferdinand Tiefnig, Elisabeth Grimling, Christoph Längle für das 2. Halbjahr 2018 zu Ordnerinnen be­ziehungsweise Ordnern des Bundesrates zu wählen.

Falls kein Einwand erhoben wird, nehme ich auch diese Wahl unter einem vor. – Ich sehe, es gibt keinen Einwand.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Wahlvorschlag ihre Zustim­mung geben, um ein Handzeichen. – Ich stelle ebenfalls die Einstimmigkeit fest. Der Wahlvorschlag ist somit angenommen.


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 187

Ich frage die Gewählten, ob sie die Wahl annehmen.

(Die BundesrätInnen Tiefnig, Grimling und Längle nehmen die Wahl an.)

Die Tagesordnung ist erschöpft.

19.49.23 Abstimmung über Fristsetzungsanträge


Präsident Reinhard Todt: Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Bundesrates David Stögmüller gemäß § 45 Abs. 3 der Geschäftsordnung, dem Aus­schuss für Kinderrechte zur Berichterstattung über den Entschließungsantrag der Bun­desräte David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Hilfen für junge Erwachsene“, 237/A(E)-BR/2017, eine Frist bis 12. Juli 2018 zu setzen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Fristsetzungsantrag ihre Zustimmung erteilen, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenminderheit. Der Antrag ist somit abgelehnt.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Bundesrates David Stögmüller gemäß § 45 Abs. 3 der Geschäftsordnung, dem Ausschuss für Jugend und Familie zur Berichterstattung über den Entschließungsantrag der Bundesräte David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Familienbonus Plus“ eine Frist bis 12. Juli 2018 zu setzen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Fristsetzungsantrag ihre Zustimmung erteilen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenminderheit. Der Antrag ist somit abgelehnt.

Wir gelangen schließlich zur Abstimmung über den Antrag des Bundesrates David Stögmüller gemäß § 45 Abs. 3 der Geschäftsordnung, dem Ausschuss für Unterricht, Kunst und Kultur zur Berichterstattung über den Entschließungsantrag der Bundesräte David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Erhalt von Integrationsklassen an Sonderschulen“ eine Frist bis 12. Juli 2018 zu setzen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Fristsetzungsantrag ihre Zustimmung erteilen, um ein Handzeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist somit abgelehnt.

19.51.43Einlauf


Präsident Reinhard Todt: Ich gebe noch bekannt, dass seit der letzten bezie­hungs­weise in der heutigen Sitzung insgesamt 55 Anfragen, 3500/J-BR/2018 bis 3554/J-BR/2018 eingebracht wurden.

*****

Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Weg erfolgen. Als Sitzungstermine werden Mittwoch, 11. Juli 2018, 14 Uhr, und Donnerstag, 12. Juli 2018, 9 Uhr, in Aussicht genommen.

Für die Tagesordnung dieser Sitzung kommen insbesondere jene Beschlüsse in Be­tracht, die der Nationalrat bis dahin verabschiedet haben wird, soweit diese dem Ein­spruchsrecht beziehungsweise dem Zustimmungsrecht des Bundesrates unterliegen.


BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 188

Die Ausschussvorberatungen sind für Dienstag, 10. Juli 2018, 14 Uhr, vorgesehen.

Ich wünsche allen eine gute Heimfahrt.

Die Sitzung ist geschlossen.

19.52.50Schluss der Sitzung: 19.52 Uhr

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