BundesratStenographisches Protokoll884. Sitzung, 884. Sitzung des Bundesrates am 11. Oktober 2018 / Seite 107

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ohne die parlamentarische und außerparlamentarische Opposition würde uns heute ein ganz anderer Gesetzestext zur Beschlussfassung vorliegen.

Der ursprüngliche Vorschlag, so wie er auch noch im Ministerrat lautete, hätte vorge­sehen, dass der Terrorismusbegriff unglaublich ausgeweitet wird. Die wichtige Abgren­zung im Strafgesetzbuch zu Aktivitäten und Taten, die Demokratie wiederherstellen, Demokratie schützen oder Menschenrechte etablieren wollen, hätte es nämlich in der Regierungsvorlage nicht gegeben. Menschenrechtsaktivisten und jene Mutigen, die sich für die Demokratie starkmachen, wären auf einmal auf gleicher Ebene wie Ter­roris­ten gestanden.

Das wäre wahrscheinlich in Österreich gar nicht das allzu große Problem gewesen, aber wir wissen, dass sehr viele Organisationen – von der Caritas über das Rote Kreuz bis hin zur Volkshilfe, dem Samariterbund, Amnesty International und, und, und – in Ländern, die entweder fragile Staaten sind, die keine demokratischen Regierungen haben oder aus einem anderen Grund problematisch sind, aktiv sind und dort gemein­sam mit Kooperationspartnern arbeiten. Ganz oft werden dann dort Organisationen, die versuchen, Demokratie und Menschenrechte herzustellen, mit dem Terrorismusvorwurf konfrontiert. Wir wissen, dass dies leider sehr, sehr oft geschieht. Es könnte dann sehr leicht passieren, dass auch österreichische Organisationen, die mit diesen Organisa­tionen kooperieren und ihnen helfen, Demokratie und Menschenrechte zum Durch­bruch zu bringen, beispielsweise der Terrorismusfinanzierung bezichtigt oder in das­selbe Licht gerückt würden. Es ist also sehr, sehr wichtig, klar zu trennen, was Terroris­mus ist und was nicht.

Meine Fraktion und ich sind deshalb sehr froh, dass es im Begutachtungsprozess sehr, sehr viele Stellungnahmen gegeben hat und sich viele Stellungnahmen auch auf die Streichung des § 278c Abs. 3 bezogen haben. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

Dies haben sie letztlich erfolgreich getan – und das ist gut –, weil dieser Teil des vorge­sehenen Gesetzes jetzt nicht kommt, da aufgrund der vielen negativen Begutachtun­gen die Streichung dieses Paragrafen verhindert und damit ein schwerwiegender Grund­rechtsabbau abgewendet worden ist. Er wäre aus meiner Sicht eine wirklich echte Be­drohung gewesen.

Das zeigt uns aber auch, welche Kräfte in der derzeitigen Regierung offensichtlich tätig sind. Das zeigt uns auch klar – und das ist positiv –, dass man mit sachlich fundierter Auseinandersetzung und konstruktiver Kritik Erfolg haben kann und dass wir in der Lage sind, unsinnige Dinge zu verhindern, die die derzeitige Regierung vorhat.

Diese konstruktive Kritik – und wir alle wissen das – geschieht ganz oft und – nicht nur in diesem Fall – auch zu Recht. (Bundesrätin Mühlwerth: Aber es waren nicht genug, und du redest ja dagegen!) In diesem Fall waren wir in einem Bündnis zwischen den Oppositionsparteien und der organisierten Zivilgesellschaft. Das wird uns für viele andere Dinge noch ein positives Beispiel sein.

Trotz alledem werden wir von der Sozialdemokratischen Partei dieser Novelle, die uns heute vorliegt, nicht zustimmen. Im Übrigen hat auch der österreichische Rechtsan­walts­kammertag davor gewarnt, Dinge ins Gesetz zu schreiben, die Verdoppelungen sind und ohnedies schon längst gelten, wie zum Beispiel hinsichtlich der Reisen zum Zwecke des Terrorismus, die nämlich schon jetzt strafbar sind. Es würde in Zukunft unnötige Fragen aufwerfen. Warum? – Wenn etwas, das ohnedies schon gelten soll, in einer weiteren Passage leicht abgeändert noch einmal im Gesetz steht, wird man letztlich darüber diskutieren müssen, was jetzt wirklich stimmt, was jetzt wirklich gilt. – Das ist legistisch gesehen natürlich ein kompletter Unsinn.

 


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