Parlament Österreich

 

 

 

 

Stenographisches Protokoll

 

 

 

 

 

884. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

 

 

 

Donnerstag, 11. Oktober 2018

 

 


Stenographisches Protokoll

884. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Donnerstag, 11. Oktober 2018

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 11. Oktober 2018: 9.02 – 15.03 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Wahl eines/einer 4. Schriftführers/-in für den Rest des 2. Halbjahres 2018

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch und die Strafprozeßordnung 1975 geändert werden (Strafrechtsänderungsgesetz 2018)

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das GmbH-Gesetz und die Notariatsordnung geän­dert werden (Elektronische Notariatsform-Gründungsgesetz – ENG)

4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Spaltung von Genos­senschaften (Genossenschaftsspaltungsgesetz – GenSpaltG) erlassen wird und mit dem das Genossenschaftsrevisionsgesetz 1997, das Genossenschaftsrevisions­rechts­änderungsgesetz 1997, das Gesetz über Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, das SCE-Gesetz, das Firmenbuchgesetz, das Rechtspflegergesetz, das Wohnungs­ge­meinnützigkeitsgesetz, das Umgründungssteuergesetz und das Bankwesengesetz ge­än­dert werden

5. Punkt: Erklärung der Republik Österreich über die Annahme der Beitritte Panamas, Uruguays, Kolumbiens und El Salvadors zum Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung

6. Punkt: 41. Bericht der Volksanwaltschaft (1. Jänner bis 31. Dezember 2017)

8. Punkt: Wahl von Ausschüssen

*****

Ergänzung der Tagesordnung ...................................................................................... 105

7. Punkt: Antrag der BundesrätInnen Inge Posch-Gruska, Dr. Magnus Brunner, LL.M., Monika Mühlwerth, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abhaltung einer


BundesratStenographisches Protokoll884. Sitzung, 884. Sitzung des Bundesrates am 11. Oktober 2018 / Seite 2

parlamentarischen Enquete gemäß § 66 GO-BR zum Thema „Kinder- und Jugendhilfe quo vadis? Rechte.Chancen.Perspektiven.“ (254/A-BR/2018)

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Inhalt

Bundesrat

Angelobung der BundesrätInnen Mag. Martina Ess, Anton Froschauer, Elisa­beth Mattersberger und Dominik Reisinger ........................................................................................................ 14

Erklärung des Landeshauptmannes von Burgenland Hans Niessl gemäß § 38 Abs. 3 GO-BR zum Thema „Österreich der Länder. Europa der Regionen.“ – Bekanntgabe ................................... 15

Verlangen auf Durchführung einer Debatte gemäß § 38 Abs. 4 GO-BR ...................... 15

Landeshauptmann Hans Niessl .................................................................................. 15

Debatte:

Jürgen Schabhüttl .................................................................................................. ..... 21

Marianne Hackl ........................................................................................................ ..... 22

Monika Mühlwerth .................................................................................................. ..... 24

David Stögmüller .................................................................................................... ..... 26

Landeshauptmann Hans Niessl .................................................................................. 28

Schreiben betreffend Mandatsverzicht der Bundesrätin Dipl.-Kffr. (FH) Elisa­beth Pfurtscheller      ............................................................................................................................... 62

Schreiben der Präsidentin des Tiroler Landtages betreffend Wahl eines Ersatz­mitglieds des Bundesrates         ............................................................................................................................... 65

Schreiben des Vorarlberger Landtages betreffend Mandatsverzicht des Bun­des­rates Edgar Mayer sowie eines Ersatzmitglieds des Bundesrates bezie­hungs­weise Wahl eines Mitglieds und eines Ersatzmitglieds des Bundesrates .................................................................................................................... 67

Schreiben betreffend Mandatsverzicht des Bundesrates Mag. Michael Lindner .........              75

Schreiben des Bundeskanzlers Sebastian Kurz gemäß Art. 23c Abs. 5 B-VG betreffend Nominierung von Mitgliedern und stellvertretenden Mitgliedern in den Ausschuss der Regionen  81, 85, 89, 93

Schreiben des Generalsekretärs des Bundesministeriums für Europa, Integration und Äußeres gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG betreffend Erteilung der Vollmacht zur Aufnahme von Verhandlungen über das Protokoll zwischen der Republik Öster­reich und dem OPEC-Fonds für internationale Entwicklung zur Abänderung des Abkommens zwischen der Republik Österreich und dem OPEC-Fonds für inter­nationale Entwicklung über den Amtssitz des Fonds durch den Bundesprä­si­denten ................................................ 59

Schreiben des Generalsekretärs des Bundesministeriums für Europa, Integration und Äußeres gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG betreffend Erteilung der Vollmacht zur Aufnahme von Verhandlungen über ein internationales, rechtlich verbindliches Instrument unter dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen über den Schutz und die nachhaltige Nutzung von mariner biologischer Diversität in Gebieten außerhalb der nationalen Jurisdiktion durch den Bundespräsidenten .................................................................... 78


BundesratStenographisches Protokoll884. Sitzung, 884. Sitzung des Bundesrates am 11. Oktober 2018 / Seite 3

Unterstützungsfrage gemäß § 21 Abs. 3 GO-BR betreffend den Selbständigen Entschließungsantrag der BundesrätInnen David Stögmüller und Mag. Dr. Ewa Dziedzic betreffend „Überführung der inklusiven Klassen an Sonderschulen ins Regelschulsystem – die Integrationsklassen in Oberösterreich retten.“ (253/A(E)-BR/2018) – genügend unterstützt – Zuweisung ..........................................  104, 104, 104

Unterstützungsfrage gemäß § 21 Abs. 3 GO-BR betreffend den Entschließungs­antrag der BundesrätInnen David Stögmüller und Mag. Dr. Ewa Dziedzic be­treffend „die Verschärfung des Glücksspielgesetzes“ – nicht genügend unterstützt ...........................................................................................  104, 104

Antrag des Bundesrates David Stögmüller, dem Ausschuss für Unterricht, Kunst und Kultur zur Berichterstattung über den Selbständigen Entschließungs­an­trag 250/A(E)-BR/2018 der BundesrätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Erhalt von Integrationsklassen an Sonderschulen“ gemäß § 45 Abs. 3 GO-BR eine Frist bis 8. November 2018 zu setzen – Ablehnung ...  105, 158

Antrag des Bundesrates David Stögmüller, dem Ausschuss für Kinderrechte zur Berichterstattung über den Selbständigen Entschließungsantrag 237/A(E)-BR/2017 der BundesrätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betref­fend „Hilfen für junge Erwachsene“ gemäß § 45 Abs. 3 GO-BR eine Frist bis 8. November 2018 zu setzen – Ablehnung ...............................................................................  105, 159

Antrag der BundesrätInnen Inge Posch-Gruska, Dr. Magnus Brunner, LL.M., Monika Mühlwerth, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 49 Abs. 1 in Verbindung mit § 16 Abs. 3 GO-BR, den Antrag der BundesrätInnen Inge Posch-Gruska, Dr. Magnus Brunner, LL.M., Monika Mühlwerth, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abhaltung einer parlamentarischen Enquete gemäß § 66 GO-BR zum Thema „Kinder- und Jugendhilfe quo vadis? Rechte.Chancen.Perspektiven.“ (254/A-BR/2018) ohne Vorberatung durch einen Ausschuss unmittelbar in Ver­handlung zu nehmen – Annahme ........................  105, 105

1. Punkt: Wahl eines/einer 4. Schriftführers/-in für den Rest des 2. Halbjahres 2018                     106

Verlesung der vorgesehenen Fassung eines Teiles des Amtlichen Protokolls dieser Sitzung durch Präsidentin Inge Posch-Gruska ............................................................................... 157

Genehmigung des verlesenen Teiles des Amtlichen Protokolls ................................ 158

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 14

Aktuelle Stunde (64.)

Thema: „Fit4Internet – Gesellschaft und Unternehmen auf digitale Zukunft vorbereiten“              ............................................................................................................................... 30

RednerInnen:

Mag. Marlene Zeidler-Beck, MBA .......................................................................... ..... 30

Doris Hahn, MEd MA .............................................................................................. ..... 33

Mag. Reinhard Pisec, BA MA ................................................................................ ..... 36

Bundesministerin Dr. Margarete Schramböck ..................................................  39, 48

Mag. Doris Schulz ................................................................................................... ..... 42

Korinna Schumann ................................................................................................. ..... 43

Christoph Längle .................................................................................................... ..... 44

Mag. Dr. Ewa Dziedzic ................................................................................................. 46


BundesratStenographisches Protokoll884. Sitzung, 884. Sitzung des Bundesrates am 11. Oktober 2018 / Seite 4

Bundesregierung

Schreiben des Bundeskanzleramtes betreffend Aufenthalt von Mitgliedern der Bundesregierung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union  97, 98, 100, 101, 102, 103

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 99

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse .......................................................................... 104

Ausschüsse

Zuweisungen .........................................................................................................  49, 104

8. Punkt: Wahl von Ausschüssen ................................................................................ 156

Verhandlungen

2. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 26. September 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch und die Strafprozeßordnung 1975 geändert werden (Strafrechtsänderungsgesetz 2018) (252 d.B. und 261 d.B. so­wie 10025/BR d.B.) ............................................................. 106

Berichterstatterin: Sandra Kern .................................................................................. 106

RednerInnen:

Martin Weber ........................................................................................................... ... 106

Dr. Andrea Eder-Gitschthaler ............................................................................... ... 108

Mag. Dr. Ewa Dziedzic ......................................................................................  109, 115

Mag. Dr. Michael Raml ............................................................................................ ... 111

Christoph Steiner ................................................................................................... ... 113

Armin Forstner, MPA ............................................................................................. ... 114

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................................................... 116

3. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 26. September 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das GmbH-Gesetz und die Notariatsordnung geändert werden (Elektronische Notariatsform-Gründungsgesetz – ENG) (253 d.B. und 263 d.B. sowie 10026/BR d.B.) ................................................... 116

Berichterstatterin: Sandra Kern .................................................................................. 116

RednerInnen:

Armin Forstner, MPA ............................................................................................. ... 116

Mag. Dr. Michael Raml ............................................................................................ ... 117

Mag. Elisabeth Grossmann ................................................................................... ... 118

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................................................... 119

4. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 26. September 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Spaltung von Genos­sen­schaften (Genossenschaftsspaltungsgesetz – GenSpaltG) erlassen wird und mit dem das Genossenschaftsrevisionsgesetz 1997, das Genossenschafts­revisions­rechtsänderungsgesetz 1997, das Gesetz über Erwerbs- und Wirtschaftsgenos­sen­schaften, das SCE-Gesetz, das Firmenbuchgesetz, das Rechtspflegergesetz,


BundesratStenographisches Protokoll884. Sitzung, 884. Sitzung des Bundesrates am 11. Oktober 2018 / Seite 5

das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, das Umgründungssteuergesetz und das Bank­­wesengesetz geändert werden (254 d.B. und 264 d.B. sowie 10027/BR d.B.) ............................................................................................................. 120

Berichterstatter: Armin Forstner, MPA ...................................................................... 120

RednerInnen:

Andrea Wagner ....................................................................................................... ... 120

Michael Bernard ...................................................................................................... ... 122

Martin Weber ........................................................................................................... ... 124

David Stögmüller .................................................................................................... ... 126

Dr. Peter Raggl ........................................................................................................... 128

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................................................... 129

5. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 26. September 2018 betreffend Erklärung der Republik Österreich über die Annahme der Beitritte Panamas, Uruguays, Kolumbiens und El Salvadors zum Übereinkommen über die zivil­rechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (113 d.B. und 265 d.B. sowie 10028/BR d.B.) ................................................................................................... 129

Berichterstatter: Armin Forstner, MPA ...................................................................... 129

RednerInnen:

Klara Neurauter ....................................................................................................... ... 130

Andreas Arthur Spanring ...................................................................................... ... 131

Hubert Koller, MA ................................................................................................... ... 132

Gregor Hammerl ..................................................................................................... ... 134

Bundesminister Dr. Heinz Faßmann .................................................................... ... 135

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................................................... 136

6. Punkt: 41. Bericht der Volksanwaltschaft (1. Jänner bis 31. Dezember 2017) (III-653-BR/2018 d.B. sowie 10029/BR  d.B.) ............................................................................................................ 136

Berichterstatter: Gottfried Sperl ................................................................................. 136

RednerInnen:

Peter Samt ............................................................................................................... ... 137

Ferdinand Tiefnig .................................................................................................... ... 139

Mag. Daniela Gruber-Pruner ................................................................................. ... 140

David Stögmüller .................................................................................................... ... 143

Rosa Ecker, MBA .................................................................................................... ... 146

Martin Preineder ..................................................................................................... ... 147

Andrea Kahofer ....................................................................................................... ... 148

Karl Bader ................................................................................................................ ... 150

Volksanwalt Dr. Günther Kräuter ......................................................................... ... 151

Volksanwältin Dr. Gertrude Brinek ...................................................................... ... 153

Entschließungsantrag der BundesrätInnen David Stögmüller, Mag. Daniela Gruber-Pruner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Familienbeihilfe für wirk­lich alle Kinder und Jugendlichen in Österreich“ – Ablehnung ..............................................................................................................................  145, 156

Annahme des Antrages des Berichterstatters, den Bericht III-653-BR/2018 d.B zur Kenntnis zu nehmen          ............................................................................................................................. 155

7. Punkt: Antrag der BundesrätInnen Inge Posch-Gruska, Dr. Magnus Brunner, LL.M., Monika Mühlwerth, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abhaltung einer


BundesratStenographisches Protokoll884. Sitzung, 884. Sitzung des Bundesrates am 11. Oktober 2018 / Seite 6

parlamentarischen Enquete gemäß § 66 GO-BR zum Thema „Kinder- und Jugendhilfe quo vadis? Rechte.Chancen.Perspektiven.“ (254/A-BR/2018)              ............................................................................................................................. 156

Annahme des Antrages 254/A-BR/2018 ...................................................................... 156

Eingebracht wurden

Petitionen ...................................................................................................................... 52

Petition betreffend „Keine Kürzungen bei Frauen- und Familienberatungsstellen, Frau­enhäusern, Gewaltschutz“ (42/PET-BR/2018) (überreicht von Bundesrat Dr. Gerhard Leitner)

Petition betreffend „Keine Streichung des Kinderbetreuungsgeldes für Krisenpflege­eltern“ (43/PET-BR/2018) (überreicht von Bundesrat David Stögmüller)

Petition betreffend „Verschärfung des Glückspielgesetzes“ (44/PET-BR/2018) (über­reicht von Bundesrat David Stögmüller)

Anträge der BundesrätInnen

Inge Posch-Gruska, David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhalt des Kinderbetreuungsgeldes für Krisenpflegeeltern (252/A(E)-BR/2018)

David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Überführung der inklusiven Klassen an Sonderschulen ins Regelschulsystem – die Integrationsklassen in Ober­österreich retten. (253/A(E)-BR/2018)

Inge Posch-Gruska, Dr. Magnus Brunner, LL.M., Monika Mühlwerth, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abhaltung einer parlamentarischen Enquete gemäß § 66 GO-BR zum Thema „Kinder- und Jugendhilfe quo vadis? Rechte.Chancen.Perspektiven.“ (254/A-BR/2018)

Anfragen der BundesrätInnen

Martin Weber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Geschenkannahmen im BMI“ (3562/J-BR/2018)

Martin Weber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Zivildiener“ (3563/J-BR/2018)

Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfas­sung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend die Gleichstellung verschie­den­geschlechtlicher und gleichgeschlechtlicher Partnerschaften (3564/J-BR/2018)

Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Ausstattung der geplanten Reiterstaffel der Polizei (3565/J-BR/2018)

Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung betreffend die ideologische Orientierung und fragwürdige Aussagen diverser Kabinettsmitarbeiter (3566/J-BR/2018)

David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Beschwerden beim BVwG hinsichtlich Asyl (3567/J-BR/2018)

David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Neuüberprüfung von Fluchtgründen (3568/J-BR/2018)


BundesratStenographisches Protokoll884. Sitzung, 884. Sitzung des Bundesrates am 11. Oktober 2018 / Seite 7

Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres betreffend die Informationspolitik und den Geltungsdrang der Frau Bundesminister (3569/J-BR/2018)

David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Chemtrails (3570/J-BR/2018)

David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Folgeanfrage zur Anfrage „Qualifizierungs­maßnahmen für AsylbewerberInnen und Asylberechtigte“ (3571/J-BR/2018)

David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend betreffend Kürzung der Familienbeihilfe für Kinder im Ausland (3572/J-BR/2018)

David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung betreffend Einsatz von MilizsoldatInnen an den österreichischen Grenzen (3573/J-BR/2018)

David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Folgeanfrage zur Anfrage „Unterbringung von Asylwerben­den/Dritt­staats­angehörige“ (3574/J-BR/2018)

Hubert Koller, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung betreffend Assistenzeinsatz an der Grenze (3575/J-BR/2018)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der BundesrätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Tempo 140 auf den österreichischen Autobahnen, ein Signal in die falsche Richtung! (3224/AB-BR/2018 zu 3493/J-BR/2018)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der BundesrätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Justiz und Bundesverwaltungsgerichtsbarkeit am Limit? (3225/AB-BR/2018 zu 3494/J-BR/2018)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der BundesrätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend illegales Glücksspiel insbesondere in Oberösterreich (3226/AB-BR/2018 zu 3496/J-BR/2018)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die An­frage der BundesrätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend ange­kündigte Evaluierung des Verbotsgesetzes (3227/AB-BR/2018 zu 3497/J-BR/2018)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der BundesrätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Asylverfahren in Österreich (3228/AB-BR/2018 zu 3503/J-BR/2018)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der BundesrätInnen Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen betreffend USA-Reise Harald Vilimsky, Mitglied des Europaparlaments (3229/AB-BR/2018 zu 3500/J-BR/2018)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bun­desrätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Projekt „Breit­spur­bahn plus Mega-Güterterminal“ und dessen Folgen für Mensch und Umwelt (3230/AB-BR/2018 zu 3508/J-BR/2018)


BundesratStenographisches Protokoll884. Sitzung, 884. Sitzung des Bundesrates am 11. Oktober 2018 / Seite 8

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der BundesrätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Qualifizie­rungs­maß­nahmen für Asylwerber und Asylberechtigte (3231/AB-BR/2018 zu 3501/J-BR/2018)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Bun­des­rätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Deutschkurse und andere Integrationsmaßnahmen (3232/AB-BR/2018 zu 3504/J-BR/2018)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der BundesrätInnen Mag. Daniela Gruber-Pruner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „mangelnde Klärung der Begleit- und Umsetzungsfragen zu den beschlossenen Deutschförderklassen“ (3233/AB-BR/2018 zu 3498/J-BR/2018)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der BundesrätInnen Michael Wanner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Datenschutz-Grundverordnung (3234/AB-BR/2018 zu 3499/J-BR/2018)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der BundesrätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Unterbringung von Asylwerbende / Drittstaatsan­gehörige (3235/AB-BR/2018 zu 3502/J-BR/2018)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Bun­­desrätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend fehlende Ableh­nung des aktuellen Euratom-Forschungsprogrammes durch die Bundesregie­rung – ein Widerspruch zum Regierungsübereinkommen (3236/AB-BR/2018 zu 3506/J-BR/2018)

des Bundesministers für EU, Kunst, Kultur und Medien auf die Anfrage der Bun­desrätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend fehlende Ableh­nung des aktuellen Euratom-Forschungsprogrammes durch die Bundesregierung – ein Widerspruch zum Regierungsübereinkommen (3237/AB-BR/2018 zu 3505/J-BR/2018)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Bun­desrätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend fehlende Ableh­nung des aktuellen Euratom-Forschungsprogrammes durch die Bundesregierung – ein Widerspruch zum Regierungsübereinkommen (3238/AB-BR/2018 zu 3507/J-BR/2018)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der BundesrätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ministerrat in Brüssel – eine teure Klassenfahrt (3239/AB-BR/2018 zu 3517/J-BR/2018)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der BundesrätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ministerrat in Brüssel – eine teure Klassenfahrt (3240/AB-BR/2018 zu 3513/J-BR/2018)

des Bundesministers für öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Bun­des­rätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ministerrat in Brüssel – eine teure Klassenfahrt (3241/AB-BR/2018 zu 3520/J-BR/2018)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der BundesrätInnen Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen betreffend die „Ständige Strukturierte Zusammenarbeit“ im Rüstungsbereich (PESCO) (3242/AB-BR/2018 zu 3510/J-BR/2018)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der BundesrätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ministerrat in Brüssel – eine teure Klassenfahrt (3243/AB-BR/2018 zu 3518/J-BR/2018)


BundesratStenographisches Protokoll884. Sitzung, 884. Sitzung des Bundesrates am 11. Oktober 2018 / Seite 9

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der BundesrätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ministerrat in Brüssel – eine teure Klassenfahrt (3244/AB-BR/2018 zu 3523/J-BR/2018)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der BundesrätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ministerrat in Brüssel – eine teure Klassenfahrt (3245/AB-BR/2018 zu 3521/J-BR/2018)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der BundesrätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ministerrat in Brüssel – eine teure Klassenfahrt (3246/AB-BR/2018 zu 3516/J-BR/2018)

des Bundesministers für EU, Kunst, Kultur und Medien auf die Anfrage der Bundes­rätInnen Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen betreffend die „Ständige Strukturierte Zusammenarbeit“ im Rüstungsbereich (PESCO) (3247/AB-BR/2018 zu 3511/J-BR/2018)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der BundesrätInnen Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen betreffend die „Ständige Strukturierte Zusammenarbeit“ im Rüstungsbereich (PESCO) (3248/AB-BR/2018 zu 3509/J-BR/2018)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der BundesrätInnen David Stögmüller, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Ministerrat in Brüssel – eine teure Klassenfahrt (3249/AB-BR/2018 zu 3514/J-BR/2018)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bun­desrätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ministerrat in Brüssel – eine teure Klassenfahrt (3250/AB-BR/2018 zu 3522/J-BR/2018)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der BundesrätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ministerrat in Brüssel – eine teure Klassenfahrt (3251/AB-BR/2018 zu 3524/J-BR/2018)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Bun­desrätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ministerrat in Brüssel – eine teure Klassenfahrt (3252/AB-BR/2018 zu 3515/J-BR/2018)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Bun­des­rätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ministerrat in Brüssel – eine teure Klassenfahrt (3253/AB-BR/2018 zu 3519/J-BR/2018)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Bun­desrätInnen Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen betreffend die „Stän­dige Strukturierte Zusammenarbeit“ im Rüstungsbereich (PESCO) (3254/AB-BR/2018 zu 3512/J-BR/2018)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der BundesrätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Familienleistungen für den diplomatischen Dienst (BMASGK) (3255/AB-BR/2018 zu 3551/J-BR/2018)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der BundesrätInnen Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Zeitverwendungsstudien und Monetarisierungsstudien (3256/AB-BR/2018 zu 3531/J-BR/2018)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag auf die Anfrage der BundesrätInnen Mag. Dr Ewa Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen


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betreffend des internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (ISESCR) sowie des 5. Staatenberichts zu diesem Abkommen und die Umsetzung der Empfehlungen der abschließenden Bemerkungen zu diesem Staatenbericht (3257/AB-BR/2018 zu 3534/J-BR/2018)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der BundesrätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kürzung der Familienbeihilfe für Kinder im Ausland (3258/AB-BR/2018 zu 3550/J-BR/2018)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der BundesrätInnen Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bundesgrundsatzgesetz Mindestsicherung (3259/AB-BR/2018 zu 3529/J-BR/2018)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der BundesrätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Familienleistungen für den diplomatischen Dienst BMI (3260/AB-BR/2018 zu 3547/J-BR/2018)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der BundesrätInnen Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen betreffend Förde­rung der Gleichstellung im Schul- und Bildungswesen (3261/AB-BR/2018 zu 3536/J-BR/2018)

des Bundesministers für EU, Kunst, Kultur und Medien auf die Anfrage der Bun­desrätInnen Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen betreffend Förderung von Kunst und Kultur – Erarbeitung einer bundesweiten Kunst- und Kulturstrategie (3262/AB-BR/2018 zu 3528/J-BR/2018)

des Bundesministers für EU, Kunst, Kultur und Medien auf die Anfrage der Bundes­rätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Familienleistungen für den diplomatischen Dienst BMEKKM (3263/AB-BR/2018 zu 3546/J-BR/2018)

des Bundesministers für EU, Kunst, Kultur und Medien auf die Anfrage der Bun­desrätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Moscheen­schließungen, Imamausweisungen und den damit verbundenen Innerislamischen Streit in der IGGÖ (3264/AB-BR/2018 zu 3554/J-BR/2018)

der Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend auf die Anfrage der Bun­desrätInnen Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zeitverwen­dungsstudien und Monetarisierungsstudien (3265/AB-BR/2018 zu 3530/J-BR/2018)

der Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend auf die Anfrage der Bundes­rätInnen Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zum Abbau der Einkommensschere und Förderung von Frauen am Arbeitsmarkt (3266/AB-BR/2018 zu 3538/J-BR/2018)

der Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend auf die Anfrage der Bun­des­rätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Familienleistungen für den diplomatischen Dienst BMFFJ (3267/AB-BR/2018 zu 3552/J-BR/2018)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der BundesrätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Familien­leistungen für den diplomatischen Dienst BMBWF (3268/AB-BR/2018 zu 3543/J-BR/2018)

der Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend auf die Anfrage der Bundes­rätInnen Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen


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zum Abbau der Einkommensschere und Förderung von Frauen am Arbeitsmarkt (3269/AB-BR/2018 zu 3538/J-BR/2018) (beantwortet in 3266/AB-BR zu 3538/J-BR/2018)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bun­desrätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Familienleistun­gen für den diplomatischen Dienst BMVIT (3270/AB-BR/2018 zu 3549/J-BR/2018)

des Bundesministers für öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Bundes­rätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Familienleistungen für den diplomatischen Dienst BMöDS (3271/AB-BR/2018 zu 3544/J-BR/2018)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der BundesrätInnen Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bundeskanzler Kurz’ Aussagen zu Albanien (3272/AB-BR/2018 zu 3525/J-BR/2018)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der BundesrätInnen Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Kol­leginnen und Kollegen betreffend Trade in Service Agreement (TiSA) (3273/AB-BR/2018 zu 3526/J-BR/2018)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der BundesrätInnen David Stögmüller, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Familienleistungen für den diplomatischen Dienst im Bundeskanzleramt (3274/AB-BR/2018 zu 3553/J-BR/2018)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der BundesrätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Familienleistungen für den diplomatischen Dienst BMLV (3275/AB-BR/2018 zu 3548/J-BR/2018)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der BundesrätInnen Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen betreffend Trade in Service Agreement (TiSA) (3276/AB-BR/2018 zu 3527/J-BR/2018)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Bun­desrätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Familien­leistungen für den diplomatischen Dienst BMDW (3277/AB-BR/2018 zu 3542/J-BR/2018)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der BundesrätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Familienleistungen für den diplomatischen Dienst BMF (3278/AB-BR/2018 zu 3541/J-BR/2018)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Bun­des­rätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Familienleistungen für den diplomatischen Dienst BMNT (3279/AB-BR/2018 zu 3545/J-BR/2018)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Bun­des­rätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Familienleistungen für den diplomatischen Dienst BMNT (Ergänzung zu 3279/AB-BR/2018 zu 3545/J-BR/2018)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der BundesrätInnen Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen betreffend des internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (ICESCR) sowie des 5. Staatenberichts zu diesem Abkommen und die Umsetzung der Emp­feh­lungen der abschließenden Bemerkungen zu diesem Staatenbericht (3280/AB-BR/2018 zu 3535/J-BR/2018)


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des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die An­frage der BundesrätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Fa­mi­lienleistungen für den diplomatischen Dienst BMVRDJ (3281/AB-BR/2018 zu 3540/J-BR/2018)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der BundesrätInnen Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen be­treffend des internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (ICESCR) sowie des 5. Staatsberichts zu diesem Abkommen und die Umsetzung der Empfehlungen der abschließenden Bemerkungen zu diesem Staatsbericht (3282/AB-BR/2018 zu 3533/J-BR/2018)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Bun­desrätInnen Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen betreffend des inter­nationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (ICESCR) sowie des 5. Staatsberichts zu diesem Abkommen und die Umsetzung der Empfehlungen der abschließenden Bemerkungen zu diesem Staatenbericht (3283/AB-BR/2018 zu 3532/J-BR/2018)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Bun­desrätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Familienleis­tun­gen für den diplomatischen Dienst im BMEIÄ (3284/AB-BR/2018 zu 3539/J-BR/2018)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Bun­des­rätInnen Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nationaler Aktionsplan für Menschenrechte (3285/AB-BR/2018 zu 3537/J-BR/2018)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der BundesrätInnen Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen betreffend Werbeschaltungen des Bundesminis­te­riums für Inneres auf 4chan.org (3286/AB-BR/2018 zu 3556/J-BR/2018)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der BundesrätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Grenzkontrollen Bayern–Oberösterreich (3287/AB-BR/2018 zu 3558/J-BR/2018)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der BundesrätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Grenzkontrollen Bayern–Salzburg (3288/AB-BR/2018 zu 3559/J-BR/2018)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der BundesrätInnen Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen betreffend allfälliger Nebenbeschäftigung des Da­ten­schutzbeauftragten im Bundesministerium für Inneres (3289/AB-BR/2018 zu 3561/J-BR/2018)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der BundesrätInnen Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen betreffend der internationalen Beeinträchtigung österreichischer Sicherheitsbehörden durch die Fraternisierung der FPÖ mit Putins Partei „Einiges Russland“ (3290/AB-BR/2018 zu 3560/J-BR/2018)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der BundesrätInnen Martin Weber, Kolleginnen und Kollegen betreffend die rechtsstaatlich höchst bedenkliche Freilassung von drei Terrorverdächtigen aus der Untersuchungshaft in Graz (3291/AB-BR/2018 zu 3555/J-BR/2018)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Bun­desrätInnen Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bun­des-


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kanzler Kurz’ Dekadenz bei der Geschenkeverteilung (3292/AB-BR/2018 zu 3557/J-BR/2018)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der BundesrätInnen Martin Weber, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Geschenkannahmen im BMI“ (3293/AB-BR/2018 zu 3562/J-BR/2018)

 

 

 

 


 


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09.02.28Beginn der Sitzung: 9.02 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Inge Posch-Gruska, Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M., Vizepräsident Ewald Lindinger.

*****


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ich eröffne die 884. Sitzung des Bundesrates.

Die Amtlichen Protokolle der 882. und der 883. Sitzung des Bundesrates vom 11. und vom 12. Juli 2018 sind aufgelegen, unbeanstandet geblieben und gelten daher als ge­neh­migt.

Als verhindert gemeldet sind die Mitglieder des Bundesrates Stefan Schennach und Ing. Eduard Köck.

09.02.55Angelobung


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Eingelangt sind Mitteilungen des Tiroler, des Vorarl­berger und des Oberösterreichischen Landtages betreffend Mandatsverzichte bezie­hungs­weise Wahl von Mitgliedern und Ersatzmitgliedern des Bundesrates. (siehe S. 50)

Da Bundesrätin Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller mit Ablauf des 5. September 2018 beziehungsweise Bundesrat Mag. Michael Lindner mit Ablauf des 7. Oktober 2018 auf ihr beziehungsweise sein Mandat verzichtet hat, ist ihr Ersatzmitglied Elisa­beth Mattersberger beziehungsweise sein Ersatzmitglied Dominik Reisinger ex lege auf das frei gewordene Mandat nachgerückt.

Weiters haben Bundesrat Peter Oberlehner mit Ablauf des 19. September 2018 und Bundesrat Edgar Mayer mit Ablauf des 30. September 2018 auf ihr Mandat verzichtet. Stattdessen wurden Bundesrat Anton Froschauer am 20. September 2018 und Bun­desrätin Mag.a Martina Ess am 3. Oktober 2018 gewählt.

Die neuen Mitglieder des Bundesrates sind im Hause anwesend. Ich werde daher so­gleich die Angelobung vornehmen.

Nach Verlesung der Gelöbnisformel durch die Schriftführerin wird die Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“ zu leisten sein. – Ich ersuche nun unsere Schriftführerin Marianne Hackl um die Verlesung der Gelöbnisformel.


9.04.11

Schriftführerin Marianne Hackl: Ich komme hiermit zur Gelöbnisformel für die Mit­glieder des Bundesrates: „Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze sowie gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten.“

*****

(Über Namensaufruf durch Schriftführerin Hackl leisten die BundesrätInnen Mag. Mar­tina Ess, Anton Froschauer, Elisabeth Mattersberger und Dominik Reisinger die Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“.)

*****


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Ich begrüße die neuen Mitglieder des Bundesrates recht herzlich in unserer Mitte. (Allgemeiner Beifall.)


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09.06.17Ankündigung einer Erklärung des Landeshauptmannes von Burgenland gemäß § 38 Abs. 3 GO-BR


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Ich darf nun recht herzlich Herrn Landeshauptmann von Burgenland Hans Niessl bei uns im Bundesrat begrüßen und gebe bekannt, dass er seine Absicht bekundet hat, eine Erklärung gemäß § 38 Abs. 3 der Geschäfts­ord­nung des Bundesrates zum Thema „Österreich der Länder. Europa der Regionen.“ abzu­geben.

Es liegt mir hierzu ein schriftliches Verlangen im Sinne des § 38 Abs. 4 der Ge­schäfts­ordnung des Bundesrates vor, im Anschluss an die vom Herrn Landeshauptmann abgegebene Erklärung eine Debatte durchzuführen. Da das Verlangen ausreichend unterstützt ist, werde ich diesem ohne Weiteres stattgeben. (Allgemeiner Beifall.)

Ich möchte heute auch den Herrn Präsidenten außer Dienst Edgar Mayer besonders herzlich bei uns begrüßen. – Schön, dass du hier bei uns bist! (Allgemeiner Beifall.)

Weiters begrüße ich ganz besonders Bundesrätin Elisabeth Reich und Bundesrat Wolfgang Sodl. – Schön, dass ihr hier seid! (Allgemeiner Beifall.)

Lieber Herr Landeshauptmann! Es freut mich ganz besonders, dass du heute hier im Bundesrat eine Erklärung abgeben wirst, in einem Gedenkjahr, das für uns alle sehr, sehr wichtig ist, und wir als Bundesrätinnen und Bundesräte werden da ganz sicher auch Verantwortung übernehmen.

Ich freue mich auch sehr über den Titel deiner Erklärung: „Österreich der Länder. Europa der Regionen.“, denn das ist auch der Punkt, den wir als Bundesrat verfolgen werden, und ist auch unser Aufgabengebiet.

Ich erteile dem Herrn Landeshauptmann das Wort zur Abgabe seiner Erklärung. – Bitte.

09.08.05 Erklärung des Landeshauptmannes von Burgenland zum Thema „Österreich der Länder. Europa der Regionen.“


9.08.11

Landeshauptmann von Burgenland Hans Niessl: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zunächst allen, die heute hier angelobt wurden, zu dieser Angelobung sehr, sehr herzlich gratulieren. Ich wünsche Ihnen für Ihre verantwortungsvolle Tätigkeit alles Gute und viel Erfolg im Sinne der Regionen Österreichs, im Sinne der österreichischen Bundesländer und auch im Sinne der Republik Österreich. Herzlichen Glückwunsch und alles Gute für Ihre verantwortungsvolle Tätigkeit! (Beifall bei SPÖ, ÖVP und FPÖ.)

Ich freue mich auch, dass ich als Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz hier im Bundesrat das Wort ergreifen darf, und ich darf mich bei dir, sehr geschätzte Frau Präsidentin, aber auch bei den Mitgliedern des Bundesrates dafür sehr, sehr herzlich bedanken, denn ich denke, es ist gut und richtig, dass die Bundesländer gerade im Bundesrat auch die Möglichkeit haben, das Wort zu ergreifen, weil der Bundesrat eben eine sehr wichtige Einrichtung für die Bundesländer in Österreich ist.

Es freut mich auch, dass die Präsidentin des Bundesrates Burgenländerin ist und dass ich gleichzeitig den Vorsitz der österreichischen Landeshauptleutekonferenz innehaben darf. Es ist ja dieses Halbjahr ein ganz besonderes, es ist ein besonderes Jahr für die Republik Österreich. Wir haben nicht nur ein Gedenkjahr, sondern wir haben ein Jubiläums- und Gedenkjahr. Und ich glaube, man muss gerade in diesem Jahr darauf aufmerksam machen, dass Österreich natürlich eine Erfolgsgeschichte ist, dass Öster-


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reich eine tolle, positive Entwicklung genommen hat, dass die Bundesländer eine sehr gute Entwicklung genommen haben, dass es auf der anderen Seite aber auch sehr dunkle Seiten in unserer Geschichte gegeben hat.

Wir haben deswegen auch am 4. Oktober im Palais Niederösterreich eine außer­ordent­liche Landeshauptleutekonferenz durchgeführt. Wir, die Landeshauptleute, haben dabei auch eine gemeinsame Erklärung aus Anlass des Gründungsjahres, also anläss­lich „100 Jahre Republik Österreich“ unterzeichnet. Wir haben das in den historischen Räumlichkeiten des heutigen Palais Niederösterreich getan, weil dort die Länder mit der Konstituierung einer Provisorischen Nationalversammlung am 21. Oktober 1918 bereits sehr früh den Grundstein für die Gründung der Republik gelegt haben. Daran erkennt man auch die Bedeutung der österreichischen Bundesländer, nicht nur im Laufe dieser 100 Jahre, sondern vor allem auch bei der Gründung, weil diese Ver­sammlung schon vor den Beschlüssen des Nationalrates erfolgt ist.

Wir haben mit unserer gemeinsamen Erklärung aller Landeshauptleute zum Ausdruck gebracht, welche Bedeutung die Länder für die Gründung und für die erfolgreiche Entwicklung Österreichs hatten und haben, gleichzeitig haben wir damit auch deutlich gemacht, dass wir die Zukunft Europas in einem Europa starker Regionen sehen. Also die Bundesländer bekennen sich zu Europa, wir bekennen uns zu starken Regionen in Europa.

Im Rahmen dieser außerordentlichen Landeshauptleutekonferenz gab es am 4. Ok­tober diesen Festakt der Bundesländer, wir konnten dabei auch die höchsten Reprä­sen­tanten der Republik, nämlich den Herrn Bundespräsidenten und den Bundes­kanzler sowie den Präsidenten der Europäischen Kommission begrüßen. Auch du, liebe Frau Präsidentin, warst dankenswerterweise dabei, ebenso alle Landes­haupt­leute, und ich denke, dass damit auch bei dieser Fest- und Gedenkveranstaltung die Bundesländer und Regionen sehr gut vertreten waren.

Dieser Festakt hat auch sehr eindrucksvoll gezeigt, welch hohen Stellenwert die Bun­desländer in Österreich haben, und darüber hinaus auch, dass die Bundesländer viele grenzüberschreitende Projekte und grenzüberschreitende Zusammenarbeit in Europa initiiert haben und aktuell auch initiieren.

Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat die Bundesländer auch als „die Mo­to­ren der Entwicklung Österreichs“ bezeichnet und auch als einen wesentlichen „Be­standteil eines föderalen Europas über die Grenzen Österreichs hinaus“.

Diese Worte treffen auch sehr gut das Motto, das ich für den burgenländischen Vorsitz in der Landeshauptleutekonferenz gewählt habe, nämlich: „Österreich der Länder. Europa der Regionen.“ Die Länder haben 1918 – ich habe es bereits angedeutet – entschei­dend zur Gründung der Republik und eines demokratischen Österreichs beigetragen. Sie haben das auch 1945 getan. Die Länder, der Föderalismus, das bundesstaatliche Prinzip, wie es auch durch den Bundesrat gelebt wird, sind entscheidend für den Erfolg Österreichs. Österreich ist ein föderales Land. Damit hat auch der Bundesrat durch sein Wirken als Länderkammer großen Anteil am Aufbau und an der Entwicklung Öster­reichs.

Frau Präsidentin! Sehr geschätzte Mitglieder des Bundesrates! Ich möchte Ihnen allen – Ihnen, aber auch Ihren Vorgängergenerationen – für die Leistungen, die hier erbracht wurden, sehr herzlich danken, und dir, liebe Frau Präsidentin Inge Posch-Gruska, wünsche ich für deine Vorsitzführung weiterhin alles Gute und viel Erfolg an der Spitze der Länderkammer. (Allgemeiner Beifall.)

Gerade als Landeshauptmann des Burgenlandes weiß ich, wie wichtig Zusammenhalt und Miteinander sind, wie wichtig es ist, dass das Gemeinsame vor das Trennende


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gestellt wird. Ohne diesen Zusammenhalt hätte sich ein kleines Land wie das Bur­genland ja nicht so positiv entwickeln können. Ohne diesen Zusammenhalt hätten wir nicht die großen Herausforderungen bewältigen können. Und ich denke, das gilt auch für Österreich, weil Österreich auch nicht zu den großen Ländern in Europa zählt, aber die Österreicherinnen und Österreicher ebenfalls Großartiges geleistet haben.

Interessant ist auch, dass 1918 das Burgenland ja noch nicht bei Österreich war, sondern wir haben eine besondere Geschichte: Das Burgenland ist erst 1921 ein Teil Österreichs geworden, als agrarisch geprägte Grenzregion, später, nach dem Zweiten Weltkrieg, im Schatten des Eisernen Vorhangs und sozusagen als ländlichste Region, ohne urbanen Bereich, mit den kleinsten Strukturen, die wir auch heute noch haben. Wir haben aber erreicht, dass das Burgenland in vielen Bereichen eine gute Entwicklung genommen hat, in manchen Bereichen eine Modellregion im Herzen des neuen Europas geworden ist, eine dynamische wirtschaftliche Entwicklung genommen hat.

Ich möchte ganz kurz, nur in wenigen Sätzen auch auf die aktuelle OECD-Studie ein­gehen, die gestern publiziert wurde. Diese offizielle OECD-Studie besagt, dass das Burgenland in den letzten 16 Jahren 20 Prozentpunkte beim durchschnittlichen Brutto­inlands­produkt der Europäischen Union zugelegt hat. Von 70 Prozent im Jahr 2000 auf 90 Prozent im Jahr 2016, das ist der europäische Spitzenwert. Keine Region in Europa hat in 16 Jahren 20 Prozentpunkte beim durchschnittlichen EU-BIP zugelegt.

Das verdanken wir natürlich auch den Förderungen, die ins Burgenland geflossen sind. Das verdanken wir vor allem auch den Menschen, ihrem Fleiß, ihrem Einsatz, aber auch der Unterstützung durch die anderen Bundesländer. Die Unterstützung durch den Bund, die Bundesländer, die Solidarität innerhalb Österreichs haben wesentlich dazu beigetragen, dass wir diese Entwicklung nehmen konnten, dass ein benachteiligtes Land, das erst 1921 zu Österreich gekommen ist, nach dem Jahr 1945 jahrzehntelang im Schatten des Eisernen Vorhanges gelegen war, diesen Aufholprozess auch machen konnte. Dafür darf ich mich einerseits bei den Vertretern des Bundes, aber vor allem bei den österreichischen Bundesländern bedanken. Durch gute Zusammenarbeit, durch ein Miteinander und durch Unterstützung konnten wir das im Burgenland erreichen. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und FPÖ.)

Was für das Burgenland gilt, gilt auch für die Republik Österreich, denn Österreich konnte sich in der Zweiten Republik auch nur deshalb so gut entwickeln, weil in den entscheidenden Fragen ideologische Gräben überwunden wurden, weil das Gemein­same über das Trennende gestellt wurde.

Dieses österreichische Modell, gelebt in der Sozialpartnerschaft, gelebt durch die Länder und Gemeinden und auch hier im Bundesrat, war stets auch international ein Vorbild. Dieses österreichische Modell ist ein starkes Fundament, das diesem wun­derbaren Land Stabilität, sozialen Frieden und Wohlstand gebracht hat. Dieses Modell steht für Dialog und Ausgleich, dieses Modell ist ein Herzstück des österreichischen Weges, und wir sind gut beraten und wir tun gut daran, dieses Modell auch in der Ge­genwart und in der Zukunft zu leben.

Die österreichischen Bundesländer wie auch die Länderkammer stehen gemeinsam für Einheit und Vielfalt. Dieser Vielfalt wird durch einen gelebten Föderalismus ent­sprochen, und dieser Vielfalt wird auch durch eine Verteilung der Kompetenzen auf Bund, Länder und Gemeinden und durch Subsidiarität Rechnung getragen.

Ich kann Ihnen auch sagen, dass es aktuell sehr gute und konstruktive Gespräche vonseiten der österreichischen Bundesländer mit den Vertretern der Bundesregierung gibt, wie wir die Kompetenzen vielleicht noch klarer aufteilen können.


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Auch die Frau Präsidentin hat es gestern am Abend angesprochen, es geht auch um die Frage: Wie geht es mit der Kinder- und Jugendwohlfahrt weiter? – Es sollen hier – auch ein klarer Auftrag von der Stadt Wien, vom Bundesland Wien – Qualitätskriterien festgelegt werden. Es soll auch eine 15a-Vereinbarung initiiert werden, damit ein­heitliche Standards mit klarer Kompetenz, zum Beispiel dann bei den Ländern, auch realisiert und umgesetzt werden, wobei die einheitlichen Qualitätsstandards und Quali­tätskriterien von ganz großer Bedeutung sind.

Föderalismus und Subsidiarität bedeuten Eigenverantwortung, bedeuten, dass Bürge­rin­nen und Bürger demokratisch unmittelbar dort Einfluss nehmen können, wo sie leben.

Föderalismus ist mehr als eine Frage der Struktur. Föderalismus steht auch für Bürgernähe und für eine Demokratie der Nähe. Ich glaube, da sind wir uns auch unter den österreichischen Bundesländern einig, dass wir diesen Föderalismus auch in Zukunft haben wollen, dass wir gerne dazu bereit sind, auch über Reformen des Föderalismus zu reden – natürlich, in einer Zeit, in der sich sehr vieles verändert. Aber dass das Prinzip der Subsidiarität nicht nur in Sonntagsreden erwähnt wird, sondern auch gelebt werden soll, das ist für uns klar. Darauf werden wir auch mit großer Geschlossenheit, nämlich unter den österreichischen Bundesländern, hinweisen.

Wir brauchen den Föderalismus. Wir brauchen das Subsidiaritätsprinzip im Sinne der Demokratie. Es ist auch im Sinne der Bürgerinnen und Bürger, eine Demokratie der Nähe zu haben. (Allgemeiner Beifall.)

Ich möchte in diesem Zusammenhang den ehemaligen deutschen Bundespräsidenten Joachim Gauck zitieren, der übrigens vor wenigen Tagen in Wien war, um Bun­despräsident außer Dienst Dr. Heinz Fischer zu seinem 80. Geburtstag zu gratulieren. Er hat gesagt, dass Föderalismus auch für eine politische Kultur steht. Ich zitiere: „Diese Kultur zielt auf Abwägung, Kompromissfindung und Ausgleich.“ Er verwendete dafür auch die Worte „Maß und Mitte“ und meinte, dass diese Werte einem Land gerade in bewegten Zeiten guttun.

Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Natürlich muss sich der Föderalismus auch weiterentwickeln. Er muss sich an den Bedürfnissen der Menschen orientieren, lern­fähig und offen für Veränderungen sein. Für die Bundesländer möchte ich klarstellen, dass es diese Offenheit für Veränderungen gibt, dass es Gesprächs­be­reitschaft gibt und dass wir bei diesen Gesprächen auch auf einem recht guten Weg sind.

Es zeigt sich aber auch beim Finanzausgleich, dass oft schwierige Gespräche geführt werden müssen. Das liegt meiner Meinung nach einerseits an der Frage der Kom­petenzverteilung, wir sagen aber auch, es liegt in der Natur der Sache, wenn es um Geld geht, dass darüber diskutiert wird, wie das Geld aufgeteilt wird. Ich glaube, das ist ganz natürlich, aber man muss auch dazusagen, dass es immer wieder durchaus brauch­bare Ergebnisse gegeben hat. Und wir sagen Ja zu Reformen, wenn damit Aufgaben besser und effizienter erfüllt werden. Wir sagen Nein zu einem Zentralismus, der zulasten von Subsidiarität und des föderalen Grundgedankens geht. Wir sagen Nein zu einem Zentralismus, der zulasten der Bürgernähe, der Bürgerinnen und Bürger und zulasten der Qualität von Entscheidungen geht.

Man kann vom Grundsatz her nicht sagen, Zentralismus ist schlecht, Föderalismus ist gut, und man kann auch nicht sagen, ausschließlich Föderalismus ist gut und Zen­tralismus ist schlecht. Ich glaube, es geht immer darum: Wie kann man Kompetenzen sinnvoll aufteilen? Wie kann man das Prinzip der Subsidiarität auch leben? Wer kann für die Bürger die Aufgaben besser erfüllen? – Das ist eine Grundlage für sachliche Diskussionen. Ich bin überzeugt davon, dass wir gemeinsam mit dem zuständigen Mi-


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nis­ter Moser das eine oder andere Ergebnis bei der Kompetenzaufteilung erzielen wer­den.

„Österreich der Länder. Europa der Regionen.“: Das ist das Motto meines Vorsitzes. Ich habe bereits bei der Übernahme des Vorsitzes von meinem Kollegen, dem Wiener Bürgermeister und Landeshauptmann Michael Ludwig, die Schwerpunkte ange­sprochen, die mir in diesem Halbjahr der Vorsitzführung besonders wichtig sind.

Das ist zum einen das Thema Bildung. Auch da darf ich berichten, dass es am Beginn der Diskussion durchaus sehr unterschiedliche Meinungen zwischen Vertretern des Bun­des und der Länder gegeben hat, aber ich darf auch berichten, dass wir im Burgenland – ich bin auch Vorsitzender der Landesbildungsreferentenkonferenz – mit den Vertretern des Unterrichtsministeriums 15 einstimmige Beschlüsse gefasst haben, was ganz, ganz schwierig war, denn vor Beginn der Sitzung gab es zu einem Drittel der Beschlüsse keine einhellige Meinung. Wir haben geglaubt, dass wir da nichts zustande bringen werden, aber in der Sitzung wurden Beschlüsse formuliert und gefasst, die von allen Bundesländern, vom Generalsekretär des Unterrichtsminis­te­riums und vom Präsidialchef des Unterrichtsministeriums mitgetragen werden, was die sprachliche Frühförderung und den flexiblen Mitteleinsatz im Bereich der Bildung anlangt.

Natürlich kann man sagen, na ja, es könnte noch mehr sein, aber ich glaube, wir haben einen tragbaren Kompromiss zwischen den Ländern und dem Bund gefunden, dass man auch im Bereich der Bildung Schwerpunkte setzen kann, wo eine gewisse Flexi­bilität gegeben ist. Dass die Bedürfnisse in Wien betreffend Mitteleinsatz vielleicht andere sind als im Burgenland, das wurde auch akzeptiert und anerkannt, sodass wir da einhellige, einstimmige Beschlüsse gefasst haben, die jetzt Punkt für Punkt abge­arbeitet werden, was gut für unser Bildungssystem in Österreich ist, und wo wir durch das Auslaufen der 15a-Vereinbarung mit doch entsprechender Dringlichkeit zu Einigun­gen in der offiziellen Sitzung der Landesbildungsreferenten gekommen sind und dies auch gemeinsam präsentiert haben. Die Elementarpädagogik – das ist ja allgemein bekannt –, die sprachliche Frühförderung, der Ausbau der Kindergartenplätze, die längeren Öffnungszeiten, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf – all das sind Themen, die für die Bundesländer, für die Regionen in Österreich von ganz großer Bedeutung sind. Ich glaube, da haben wir einiges zustande gebracht. (Allgemeiner Beifall.)

Ein weiterer Schwerpunkt – das ist ja auch naheliegend in diesem Halbjahr – ist das Thema Europa. Österreich hat in diesem Halbjahr den Ratsvorsitz inne. In diesen Monaten werden auch die Weichen für den künftigen EU-Finanzrahmen gestellt. Daher will ich den Vorsitz in der Landeshauptleutekonferenz auch dafür nutzen, dass die Regionen auch nach 2020, nach Auslaufen der jetzigen Förderperiode, die erfor­derlichen Förderungen erhalten. Das ist ein ganz wesentlicher und entscheidender Schritt. Da sind wir auch in Österreich wirklich unter Druck, denn der nächste Rats­vorsitz, der rumänische, wird nicht zur Gänze abgeschlossen werden können, weil die EU-Wahlen stattfinden werden. Deswegen ist es wichtig, dass jetzt, unter öster­reichischem Vorsitz, diese ganz wichtigen Entscheidungen getroffen werden. Da geht es darum, wie große finanzielle Mittel in Europa auf die Regionen verteilt werden.

Für das Burgenland kann ich sagen, dass wir – ich habe es anhand der OECD-Studie auch belegt – diese Mittel recht gut eingesetzt haben; es gibt eben laut OECD die Steigerung beim BIP, diese 20 Prozentpunkte – das hat nicht die Statistik Burgenland, sondern die OECD belegt. Das ist für viele Regionen sehr, sehr wichtig, weil es in vielen Bundesländern ländliche Gebiete gibt, die von den ländlichen Förderpro­gram­men in der Vergangenheit in entsprechender Form profitiert haben. Das soll weitest­gehend natürlich auch nach dem Jahr 2020 der Fall sein.


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Ich hatte persönlich einen Termin bei Kommissionspräsident Juncker. Ich hatte auch einen Termin beim deutschen EU-Kommissar Oettinger, der für die Finanzen zuständig ist. Da gibt es deutliche Signale – in den letzten Tagen hat es ja wieder Ver­an­staltungen dazu in Brüssel gegeben, wo das signalisiert wurde – in die Richtung, dass diese Förderungen des ländlichen Raumes, dass die Regionalpolitik auch in Zukunft im neuen Finanzrahmen entsprechend dotiert werden, dass die ländlichen Gebiete, dass die Regionen in Europa und natürlich in Österreich einen wichtigen Stellenwert haben, dass die finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt werden. Es ist auch das erste Mal, dass Finanzkommissar Oettinger sich dafür einsetzt, der selbst Ministerpräsident war, der Verständnis für die Bundesländer und für die Regionen hat, die Probleme auch kennt, vor allen Dingen auch das Problem des Burgenlandes: Wir sind die einzige Region in Europa, die an drei neue EU-Länder angrenzt – also in vielen Bereichen eine nicht unwesentliche Herausforderung.

Manche verstehen da das Burgenland nicht ganz, wenn wir gewisse Aussagen tätigen, aber wir kennen die Situation wie keine andere Region in Europa. Da haben aber sowohl Oettinger als auch Juncker großes Verständnis gezeigt. Oettinger wird zur außerordentlichen Landeshauptleutekonferenz mit dem Schwerpunkt Regionalpolitik, Förderungen der Regionen in Österreich und in Europa im November ins Burgenland kommen. Wir sind sehr, sehr optimistisch, dass es für die Regionen, für die ländlichen Gebiete in Österreich entsprechende finanzielle Mittel geben wird. Die Signale sind gut, das heißt, die Europäische Union anerkennt die Bedeutung der Regionen in Europa, der Regionen in Österreich. Ich bin sehr, sehr optimistisch, dass wir diese Förderungen bekommen werden.

Die Förderungen sind wichtig, denn die Zukunft Europas liegt in einem Europa starker und blühender Regionen. Ich habe auch schon gesagt, dass ich ein absoluter An­hänger dessen bin, ein Europa der Regionen zu unterstützen und zu stärken.

Die Zukunft Europas liegt in Regionen, die auch grenzüberschreitende Impulse setzen und so der Idee eines gemeinsamen, friedlichen und wirtschaftlich erfolgreichen Euro­pas gerecht werden. Es gibt etliche Bundesländer in Österreich, die grenzüber­schrei­tende Projekte realisiert und umgesetzt haben: Wir haben den grenzüberschreitenden Nationalpark, das grenzüberschreitende Welterbe, die grenzüberschreitenden elektrifi­zierten Eisenbahnen. Wir haben im Kulturbereich einen Kulturaustausch durchgeführt, und ich glaube, dass das für eine gute Entwicklung in Europa auch sehr, sehr wichtig ist.

Liebe Frau Präsidentin! Hohes Haus! Geschätzte Mitglieder des Bundesrates! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte abschließend noch einmal Bezug auf die Geschichte Österreichs und auf die Erfordernisse für die Zukunft nehmen. Die Ge­schichte Österreichs lehrt uns, dass Österreich dann erfolgreich war, wenn das Ge­meinsame vor das Trennende gestellt wurde, wenn es ein Miteinander und einen Dialog auf Augenhöhe gab. Die Bundesländer, die Länderkammer stehen für dieses Miteinander.

Wir waren stets erfolgreich, wenn wir unser Wirken und Streben nach den Grundprin­zipien unserer Verfassung ausgerichtet haben. Zu diesen Grundprinzipien gehört das bun­desstaatliche Prinzip, das im Föderalismus gelebt wird. Ich sehe darin nicht nur eine Stärke Österreichs in der Vergangenheit, sondern auch die Voraussetzung für den Weg in eine erfolgreiche Zukunft. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Allgemeiner Beifall.)

9.32


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Ich danke dir recht herzlich für deine Ausführungen, auch für die Wertschätzung, die du dem Bun­desrat entgegengebracht hast.


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Wir gehen nun in die Debatte ein.

Als erster Redner ist Kollege Jürgen Schabhüttl zu Wort gemeldet. – Bitte.


9.32.45

Bundesrat Jürgen Schabhüttl (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Landeshauptmann Niessl! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen hier im Saal! Geschätzte Zuhörer, Zuseher! Zunächst ein herzliches Danke für dein Kommen, Herr Landeshauptmann, für deine aufmunternden und klaren Worte und natürlich ein Dankeschön für dein Engagement für unser Heimatland Burgendland und darüber hinaus für die Republik Österreich.

Wer mich kennt, weiß, dass ich ein stolzer Österreicher, insbesondere ein stolzer Burgenländer bin. Jetzt bin ich halt noch ein bisschen stolzer. Warum ist das so? – Das liegt auf der Hand: Wir haben heute mit dem Herrn Landeshauptmann den Vor­sit­zenden der Landeshauptleutekonferenz hier, wir haben mit Inge eine tolle Präsidentin des Bundesrates, und in Gedanken bin ich bei der gestrigen Veranstaltung, dem Burgenlandabend, der ja auch für sich sprach.

Mir persönlich ist es aber auch wichtig, dass ich heute aufzeige, wie sich das Bur­genland als jüngstes der Bundesländer in den letzten Jahrzehnten entwickelt hat. Die Rahmenbedingungen waren nach dem Zweiten Weltkrieg mehr als schlecht: Der Eiserne Vorhang wurde aufgezogen, es war abgeschottet durch eine lange Grenze. Es gab sehr viel ländliches Gebiet, keine Städte, wenig Infrastruktur und wenige Arbeitsplätze. Da war es nur mehr als verständlich, dass viele ausgewandert sind und in weiterer Folge auch viele als Wochenpendler nach Wien pendeln mussten. Noch in den Sechzigerjahren hat der damalige Landeshauptmann Theodor Kery in einer Selbsterkenntnis oder in einer selbstkritischen Einschätzung vom „Land der Schul­schande“ gesprochen.

Es hat danach aber einen Aufstieg gegeben, und diesen Aufstieg haben einerseits der Fleiß und die hart arbeitenden Menschen im Burgenland bewirkt, andererseits der große Zusammenhalt in vielen der kleinen burgenländischen Gemeinden, wo sich viele unentgeltlich und ehrenamtlich in die Gesellschaft einbringen, wo es ein Miteinander gibt, wo es nie ein Problem war, dass es vier anerkannte Volksgruppen gab und gibt, die ihre Kultur leben und auch ihre Kultur und Gebräuche weitergeben.

Ein weiterer Grund für diese positive Entwicklung des Burgenlandes ist natürlich der Beitritt zur Europäischen Union. Ich sage das auch bewusst überall: Wir haben sehr von den Förderungen als Ziel-1-Gebiet profitiert, wir haben aber auch selbst die Chancen genützt und versuchen, diese Chancen auch in Zukunft zu nützen und diese finanziellen Mittel auszulösen. Viele von euch haben es schon gestern beim Bur­genlandabend gesagt, der Herr Landeshauptmann hat es heute auch schon gesagt: Was uns sehr stolz macht, ist, dass mit den 20 Prozentpunkten mehr beim BIP in den letzten 16 beziehungsweise 18 Jahren Spitzenreiter unter den Regionen sind. Das ist kein Selbstläufer, dahinter stecken viel harte Arbeit, eine gute Planung und natürlich viel Verhandlungsgeschick.

Nicht zuletzt sehe ich noch einen Grund für den Aufstieg des Burgenlandes: Das sind jene, die in den letzten 60 Jahren in unserem Land politische Verantwortung getragen haben, nämlich sozialdemokratisch geführte Landesregierungen und Landeshauptleute von einem Format wie unser Landeshauptmann Hans Niessl. Die vorausschauende Politik dieser Menschen hat das Burgenland vom Schlusslicht Österreichs ins Spitzen­feld gebracht.

Ich möchte da nur einige positive Punkte aufzählen: Das Burgenland hat mittlerweile die höchste Maturantenquote Österreichs, bei der Kinderbetreuung der Drei- bis Sechs-


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jährigen sind wir hinter Wien auf Platz zwei. Wir haben jetzt in unserem Heimat­bundesland fast 110 000 eigene Arbeitsplätze. Der Tourismus boomt in vielen Gebie­ten des Landes, wir avancieren immer mehr zum Kultur- und Festspielland, in dem es auch sehr, sehr viele andere Events gibt. Und wir gewinnen – darauf sind wir auch ganz stolz – 147 Prozent des eigenen Strombedarfs aus erneuerbaren Energien. Es gäbe noch eine sehr, sehr lange Liste, die ich in diesem Zusammenhang ausführen könnte, aber das würde den Rahmen sprengen.

Ich möchte aber noch anhand eines Beispiels zeigen, was wir im Burgenland vielleicht anders machen und welchen Weg wir gehen. Dieses Beispiel ist meine eigene Ge­meinde, in der ich seit circa zwölf Jahren Bürgermeister sein darf. Inzenhof ist eine dieser 171 zum Teil kleinen Gemeinden und hat 340 Einwohner. Diese Gemeinde kann nur dadurch leben, dass wir den Weg gehen, zusammenzuarbeiten, zu kooperieren und nicht Gemeinden zusammenzulegen. In meiner kleinen Gemeinde gibt es genauso viel Infrastruktur wie in größeren Gemeinden: Es gibt einen neuen Kindergarten, es gibt eine Volksschule, es gibt einen Bauhof, es gibt ein Gemeindeamt, es gibt ein Freizeitzentrum und vieles mehr. Der Unterschied ist, dass wir vieles gemeinsam mit unseren Nachbargemeinden nutzen.

Wenn wir heute davon sprechen, dass es 340 Einwohner sind, dass die Kommunal­steuer in einem Jahr circa 5 000 Euro ausmacht, so werden sich viele, die in der Kommunalpolitik tätig sind, fragen: Wie können die das schaffen beziehungsweise wie können die das aufrechterhalten? – Das ist nur dadurch möglich, dass man erstens kreativ ist, dass sich zweitens viele Menschen unentgeltlich und ehrenamtlich in ver­schiedenen Projekten einbringen, und natürlich dadurch, dass es für diese kleinen Gemeinden, für diese Kooperationen große Unterstützung durch unser Land, in Person unseres Landeshauptmannes, gibt.

Für diese Unterstützung, Herr Landeshauptmann, möchte ich mich im Namen aller meiner Gemeindebürger und natürlich auch der Bürger der 171 burgenländischen Gemeinden recht herzlich bedanken. (Beifall bei der SPÖ und bei BundesrätInnen der ÖVP.)

Zum Abschluss meines Redebeitrages möchte ich noch einmal der Frau Präsidentin des Bundesrates, dir, liebe Inge, für deine tolle Veranstaltung gestern danken – und dir, Herr Landeshauptmann, dafür, dass du gestern bei dieser auch anwesend warst, dass du heute bei uns im Bundesrat bist und auch gesprochen hast. (Landes­hauptmann Niessl: Die Stimme wird besser!) – Die Stimme wird auch schon besser, ja, das war deutlich zu hören. Ich wünsche dir als Vorsitzendem der Landes­haupt­leutekonferenz und natürlich als Landeshauptmann des Burgenlandes noch viele arbeitsreiche, schöne Wochen und Monate. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ, bei BundesrätInnen von ÖVP und FPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller.)

9.40


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Danke schön.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Bundesrätin Marianne Hackl. – Bitte, Marianne.


9.40.30

Bundesrätin Marianne Hackl (ÖVP, Burgenland): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werter Herr Landeshauptmann des Burgenlandes! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseher vor den Bildschirmen! „Österreich der Länder. Europa der Re­gionen“ – heuer, im Jahr 2018, begeht Österreich das Gedenkjahr 100 Jahre Republik, in dem es sehr viele Veranstaltungen dazu gibt; die Europäische Union hat uns Frieden gebracht und ist die größte Errungenschaft des 20. Jahrhunderts. Wir sind angehalten, alles zu tun, um Friede, Freiheit und Demokratie zu schützen und hochzuhalten. Vor


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100 Jahren hätte sich keiner träumen lassen, wie Österreich heute dasteht. Wir müs­sen die Geschichte wachhalten, aus der Geschichte lernen und vor allem die richtigen Schlüsse daraus ziehen.

Durch den wirtschaftlichen Zusammenhalt wurde ein Europa geschaffen, das ge­meinsam Ziele verfolgt und Wohlstand schafft. Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Frieden, soziale Sicherheit und Wohlstand sind aber keine Selbstverständlichkeit. Wichtig ist, dass in der Europäischen Union viel Platz für Einzelinteressen ist. Die EU hat ihr eigentliches Ziel, den Binnenmarkt und die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, etwas hintangestellt und bringt dieses Ziel mit Überbürokratisierung und erdrückender Last an Regulierung in Gefahr. Wir wollen, dass wir zur Gründungsidee zurückgehen, wir wollen ein Europa, das uns schützt und wirtschaftlich Sicherheit gibt. Was wir auf nationaler Ebene besser entscheiden können, darf nicht über unsere Köpfe hinweg entschieden werden; daher: Ja zu einer gemeinsamen wirtschaftlichen und starken Europäischen Union (Beifall bei der ÖVP sowie bei BundesrätInnen von SPÖ und FPÖ), aber Nein zu Überregulierung, Nein dazu, dass über unsere Köpfe hinweg entschieden wird!

Auch das Burgenland braucht eine starke Vertretung in Brüssel. Das Burgenland ist eine Übergangsregion zwischen dem starken Deutschland und den schwächeren osteuropäischen Ländern. Wir brauchen deshalb einen Ausgleich und Unterstützung, damit wir nicht auf der Strecke bleiben.

Kein Bundesland hat vom EU-Beitritt und der Ostöffnung so profitiert wie das Bur­genland. Das damals neue Schlagwort beim EU-Beitritt Österreichs in Bezug auf das Burgenland war: Ziel-1-Gebiet. Es blieb aber nicht bei dem Schlagwort, es folgten auch Taten. Mit dem Beginn der Ziel-1-Förderung im Jahre 1995 ging ein gewaltiger Ruck durchs Land. Seitdem wird landauf, landab investiert, gebaut, geforscht und neu gegründet, und so entstanden auch viele Arbeitsplätze. Ich muss aber eines dazu­sagen: Der Süden des Landes ist noch sehr, sehr ausbaufähig. Trotzdem bin ich eine stolze Burgenländerin, stolze Bewohnerin eines Landes, in dem Regionalität, Kultur und Gesellschaftlichkeit gelebt werden.

Das Burgenland erhält bis 2020 Mittel der Europäischen Union, kämpft aber darum, auch darüber hinaus als Übergangsregion zu gelten und somit weiter Gelder zu erhalten. Ich meine, es muss auch weiterhin gewährleistet sein, dass das Burgenland vom europäischen Fördersystem profitiert. Ich bin überzeugt, dass die Bundes­regie­rung darauf achten wird, dass auch das Burgenland weiterhin bestens bedient wird.

Zum Abschluss möchte ich Danke sagen, besonders jenen Generationen, die nach dem Zweiten Weltkrieg unser Österreich wieder aufgebaut haben. Der Dank gilt auch den Politikern, die es geschafft haben, das Gemeinsame vor das Trennende zu stellen. Dabei denke ich insbesondere an den damaligen Außenminister Alois Mock, der uns mit seinem Engagement in die Mitte Europas gerückt hat. Und besonders danke ich allen Österreicherinnen und Österreichern, die hart und fleißig dafür gearbeitet haben, dass wir heute so erfolgreich dastehen, wirtschaftlich, gesellschaftlich und sozial stark sind.

Unsere Bundesländer sind die Motoren für die Entwicklung Österreichs. Wir brauchen die Europäische Union vor allem dann, wenn es um Frieden, Sicherheit und innere Ordnung geht, ein bürgernahes Europa für uns alle, ein Europa, das uns schützt und viele Möglichkeiten bietet. – Vielen Dank. (Allgemeiner Beifall.)

9.46


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Danke schön, Marianne.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Kollegin Monika Mühlwerth. – Bitte.



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9.46.35

Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Sehr geehrte Besucherinnen und Besucher auf der Galerie und vor den Fernsehschirmen zu Hause! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Danke, Herr Landeshauptmann, für Ihre positiven Worte zur Existenz des Bundesrates und auch zu seiner Arbeit! Das war ja nicht immer bei allen Landeshauptleuten in der Vergangenheit selbstverständlich; wir kennen auch einige, die gemeint haben, es bräuchte den Bundesrat nicht, man könnte ihn locker abschaffen. Wir tun aber unser Bestes in unserer Arbeit, auch als Kontrollorgan der Regierung, als das der Bundesrat ja ursprünglich gegründet wurde.

Man braucht sich aber nicht zu wundern, wenn der eine oder andere Landes­haupt­mann oder auch die eine oder andere Landeshauptfrau meint, der Bundesrat wäre nicht unbedingt nötig, war er doch bei seiner Gründung schon umstritten. Der Wiener Bürgermeister und Landeshauptmann Reumann hat damals bei der Gründung gesagt, möge doch der Bundesrat die Arbeit des Nationalrates nicht behindern. Und das hat jetzt eine lange Tradition, wie wir sehen, aber ich glaube – gerade weil das Thema heute auch Europa ist –, der EU-Ausschuss des Bundesrates beweist Monat für Monat bei seinen Sitzungen, dass wir hier als Bindeglied zwischen Zentralismus und Föderalismus sehr gute Arbeit auch im Sinne der Länder, aber auch Europas, der Europäischen Union leisten.

Wir sind hinsichtlich Mitteilungen an Brüssel, was das Thema Subsidiarität betrifft, ganz an der Spitze in der Europäischen Union – aber nicht, weil wir so garstig sind und grundsätzlich gegen alles sind, was aus Brüssel kommt, sondern weil natürlich vieles kritisch zu hinterfragen ist. Das Thema Subsidiarität ist uns eben ein Anliegen und ist auch ein wichtiges Element dieser Republik. Das gilt natürlich auch für die Europäische Union, die ja jetzt dieses Thema auch beschäftigt.

Wie meine Kollegin schon richtig gesagt hat: Die Europäische Union muss schon aufpassen, dass sie nicht überreguliert und von ihr dann letzten Endes nur Regelungen betreffend den Bräunungsgrad von Pommes, den Krümmungsgrad von Gurken oder die Glühbirnen-Verordnung übrig bleiben. Sie will ja mehr sein und sie soll ja auch mehr sein, aber da muss man auch schauen, dass man näher zum Bürger kommt, und das ist natürlich nicht so einfach.

Ja, wir brauchen die Balance zwischen Zentralismus und Föderalismus, aber wir wis­sen auch, dass wir Menschen so gestrickt sind, dass uns natürlich die kleine Einheit wesentlich näher ist, was ja dem Föderalismus wieder das Wort redet, und das ist die Gemeinde, das ist in Wien ein Bezirk, das ist das Bundesland. Wir wissen, wie weit der Weg von einem Bundesland nach Wien ist – und noch viel weiter ist er nach Brüssel oder nach Straßburg. Deshalb müssen wir in der jetzigen Diskussion, die ja noch immer stattfindet und wozu es auch eine Taskforce gegeben hat, das Thema Subsi­diarität ernst nehmen. Auch die Europäische Union und ihre Vertreter sind gut beraten, nicht jede Kritik, die an der Institution oder an den Mechanismen der Institution geübt wird, sofort als EU-feindlich darzustellen. Das erleben wir Freiheitliche ja öfter.

Ich möchte in diesem Zusammenhang nur daran erinnern, dass die FPÖ lange Jahre, um nicht zu sagen: Jahrzehnte, die einzige Partei war, die damals der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft beitreten wollte. Damals hat man uns auch alles Mögliche unterstellt, warum wir das wollten – nicht im positiven Sinn, sondern leider im negativen Sinn.

Unsere Kritik hat eingesetzt, als Brüssel sich immer mehr zentralistisch organisiert hat. Da bin ich wieder bei dem, was Sie gesagt haben, Herr Landeshauptmann: Es ist wichtig, die Balance zu haben zwischen Zentralismus dort, wo er richtig und wichtig ist,


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und Föderalismus dort, wo es für den Bürger wichtig ist. Brüssel hat dann halt be­gonnen, sehr viel an sich zu ziehen – Zentralismus – und den Föderalismus außen vor zu lassen, und das war und ist auch immer wieder Gegenstand unserer Kritik.

Wenn wir das Gemeinsame über das Trennende stellen wollen, dann muss man auch auf Kritik eingehen und sich damit auseinandersetzen. Man muss ja nicht allem zustimmen. Es ist ja das Wesen einer Diskussion, dass man verschiedene Meinungen vertritt und dann, so wie Sie es auch betreffend Bildungsbereich geschildert haben, versucht, zu einer gemeinsamen Lösung zu kommen. Ganz sicherlich ist man falsch beraten, wenn man jede Kritik sofort in Grund und Boden stampft und sich möglichst nicht mehr damit auseinandersetzen möchte. Das ist etwas, was uns auch in Zukunft in der Europäischen Union weiterhin beschäftigen wird, wenn sie sich dahin gehend nicht bewegen möchte. Also wir können nur hoffen, dass sich da etwas tut.

Wir haben ja auch immer vom Europa der Regionen gesprochen. – Natürlich, das ist ein ganz wesentlicher Faktor, weil uns alles räumlich Nahe – die Verwaltung, die Men­schen und das ganze Drumherum – einfach näher ist, und das ist ja auch gut so. Es soll ja die Vielfalt geben. Wir wollen ja hoffentlich alle keinen Einheitsbrei. Wir lieben es, verschiedene Sprachen zu haben. Wir lieben die verschiedenen Kulturen der verschiedenen Länder, auch in der Europäischen Union. Ich fahre ja in ein anderes Land, weil die dort eine andere Kultur haben und weil es dort andere Dinge gibt als bei mir zu Hause. Ich schätze das sehr, und meiner Ansicht nach ist der Erhalt dieser Vielfalt auch sehr wichtig. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der ÖVP.)

Das heißt aber natürlich nicht, dass es nicht auch etwas Gemeinsames geben soll. Wir haben einen gemeinsamen Binnenmarkt. Es ist wesentlich, dass wir, wenn wir in der Europäischen Union frei reisen wollen, auch unsere Außengrenzen zu sichern im­stande sind. Das muss garantiert sein, weil die Menschen auch ein Bedürfnis nach Sicherheit haben, und das zu Recht! Wurscht, ob es jetzt in der Gemeinde, im Bundesland oder eben in der Europäischen Union ist: Menschen wollen sich sicher fühlen. Deshalb ist es wichtig, dass die Institutionen dafür sorgen, dass die Sicherheit auch gewährleistet ist; und wenn das nicht der Fall ist, dann gibt es ein Problem.

Man sieht das ja auch an der Beteiligung der Menschen an den Europawahlen: Diese ist sehr niedrig, also identifizieren sich die Menschen offensichtlich nicht so sehr mit der EU, wie es sich manche wünschen. Ich denke aber, das ist schon auch eine Bring­schuld, das ist nicht nur eine Holschuld. Man kann den Menschen nicht verordnen, dass sie jetzt mehr europäisch denken müssen, sondern da muss auch die Europä­ische Union aktiv auf die Menschen zugehen und auf ihre Bedürfnisse, Ängste, Sor­gen, Nöte und Wünsche eingehen.

Wenn die Europäische Union diese Schritte setzt, dann, glaube ich, kann sich das Projekt positiv weiterentwickeln. Wir sind ja froh, dass wir seit 70 Jahren Frieden in Europa haben, wobei das nicht nur an der Europäischen Union liegt; es liegt schon auch an Europa, an der Vergangenheit, am Daran-Arbeiten, dass sich die Dinge nicht wiederholen. Wenn man gewisse Punkte bedenkt und beachtet, dann, glaube ich, können wir, kann Europa es schaffen, eine Einheit zu bilden, mit ihrer Vielfalt, die natürlich die Regionen Europas widerspiegeln. Und das ist, so meine ich, auch wenn wir manchmal unterschiedliche Ansätze haben, doch ein allgemeiner Wunsch von uns allen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP sowie bei BundesrätInnen der SPÖ.)

9.54


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Danke schön, Monika.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat David Stögmüller. – Bitte.



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9.54.54

Bundesrat David Stögmüller (Grüne, Oberösterreich): Wertes Präsidium! Sehr ge­ehrter Herr Landeshauptmann! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie und auch zu Hause! Ich bin zwar kein Burgenländer – das hört man wahrscheinlich schon beim Reden; meine Kollegin auch nicht –, aber ich muss sagen, ich bin doch ein großer Fan des Burgenlandes. Seit meine Kollegin Christiane Brunner immer wieder Uhudler in den Parlamentsklub mitgenommen hat, mag ich das Burgenland umso mehr, denn er war immer ausgezeichnet und hat eine besondere Verbindung zum Burgenland hergestellt.

Abgesehen vom Wein ist das Burgenland auch ein unglaublich schönes Bundesland, mit kulturellen Angeboten, etwa die Festspiele, natürlich auch mit sportlichen Ange­boten – als Kitesurfer habe ich sofort Podersdorf im Kopf, wo man immer super kitesurfen kann –, mit seiner vielfältigen Weinkultur und seinen netten und gastfreund­lichen Menschen vor Ort, die auch hier im Bundesrat vertreten sind und uns – wie der Kollege – immer wieder aus dem Burgenland berichten. Das Stichwort erneuerbare Energie ist heute auch schon gefallen: 140 Prozent. Auch Magnus Brunner hat mir gestern erzählt, wie großartig sich das Burgenland im Bereich der erneuerbaren Energie in den letzten Jahren und Jahrzehnten entwickelt hat – ein großartiger Erfolg! Als Grüner freut mich das ganz besonders.

Als Grenzregion fällt dem Burgenland eine ganz besondere und ganz wichtige Aufgabe zu. Sie haben es angesprochen: Drei Länder grenzen an das Burgenland; jeder, der dort einmal seinen Wehrdienst abgeleistet hat, hat das noch immer im Hinterkopf, dass man das in einer Grenzregion getan hat.

Wir waren gestern im Rahmen des Kinderrechteausschusses des Bundesrates im Bur­genland. Danke noch einmal fürs Organisieren, Inge! Es war ein unglaublich inter­es­santer und spannender Ausflug, mit interessanten Inputs, die wir bekommen haben. Auch einen Überblick über die politische Landschaft im Burgenland, über die span­nenden Initiativen, die Sie in der Landesregierung gestartet und auch durchgeführt haben, haben wir gewinnen können, aber auch über die politischen Herausfor­derun­gen, die es im Burgenland gibt. Ich will Ihnen gleich ganz konkret etwas mitgeben, damit Sie auch ein paar Aufgaben aus dem Bundesrat mit nach Hause nehmen: Die StudentInnen der FH Eisenstadt haben uns als einen Punkt sofort den Mangel an Schulsozialarbeitern im Burgenland genannt. Vielleicht können Sie das gleich mitneh­men, dass es einen großen Mangel in diesem Bereich gibt. Ich glaube, den Studieren­den und auch uns vom Kinderrechteausschuss würde es gefallen, wenn Sie das mit­neh­men und aufgreifen würden.

Ein Thema, dem ich sehr kritisch gegenüberstehe, haben Sie auch angesprochen: die Verländerung von Bundeskompetenzen. Ich sehe es doch eher skeptisch, mit 15a-Vereinbarungen gerade in so wichtigen Bereichen wie zum Beispiel der Kinder- und Jugendanwaltschaft, wo es zu einer Verbesserung der Situation kommen soll, dafür zu sorgen, dass es auf einmal neun verschiedene Kompetenzen, neun verschiedene Aufgabenbereiche und neun verschiedene Umsetzungen gibt. Ich glaube, es wäre sinnvoller, da bundeseinheitliche Standards zu haben, als diesen Bereich auf neun Bundesländer aufzusplitten. Wir warten jetzt einmal die LandessozialreferentIn­nenkon­ferenz nächste Woche ab, und dann schauen wir, was uns präsentiert wird, auch von der Bundesregierung.

Ich habe als Nicht-Burgenländer natürlich auch nachgefragt, was gerade die politi­schen Herausforderungen im Burgenland sind, was die politische Situation hergibt. Keine Angst, Herr Landeshauptmann, ich werde das jetzt nicht alles im O-Ton wieder­geben, aber es sind doch einige Meldungen retourgekommen. Einer der großen tren-


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nenden Punkte, der von meinen Kolleginnen und Kollegen im Burgenländischen Land­tag genannt wurde, ist der öffentliche Verkehr. Das ist für mich nicht verwunderlich, denn als Oberösterreicher weiß ich sehr gut, dass es oft schwierig und kompliziert ist, ein flächendeckendes und gleichzeitig auch kostengünstiges öffentliches Verkehrsnetz anzubieten, aber es ist dringend notwendig.

Es ist notwendig, dass das Burgenland mit den Landesregierungen von Wien und Niederösterreich sowie mit dem Verkehrsverbund Ost-Region in Verhandlungen tritt, mit dem Ziel, ein 365-Euro-Jahresticket zur Nutzung aller öffentlicher Verkehrsmittel in Wien, in Niederösterreich und im Burgenland einzuführen. Das nutzt nicht nur der Umwelt, sondern auch den Menschen, die damit eine tagtägliche Entlastung bei den Fahrtkosten haben, und es hilft auch, der Ausdünnung des ländlichen Raums entge­genzuwirken. Wir brauchen eine Wende im Verkehrsbereich, das ist unabdingbar. Wenn ich mir bestimmte Regionen im Burgenland wie zum Beispiel das Südburgen­land anschaue, muss ich sagen, gerade in diesem Bereich ist noch wesentlich mehr Potenzial vorhanden.

Ein Punkt, den mir meine Kollegin Regina Petrik auch noch mitgegeben hat, ist, dass das Burgenland gemessen am wachsenden Bodenfraß in Österreich Bodenver­siege­lungsmeister ist. Wir Grüne warnen – und das wissen Sie, Herr Landeshauptmann – im Burgenland schon seit Langem vor einem Wildwuchs an Einkaufszentren an den Ortsrändern, denn damit einher geht aufgrund des Autoverkehrs eine Zunahme von Lärm, Abgasen, Feinstaub und natürlich auch Stau. Das wird immer mehr zur Belas­tung für die Bevölkerung, für die Menschen, die dort wohnen. Zum Thema Bodenver­brauch – ich kenne das aus dem Bundesland Oberösterreich, wir sind immerhin, glaube ich, im Bereich Straßenbau Nummer eins –: Die Verlängerung der A 3 bis zur ungarischen Grenze sehen wir Grüne kritisch und fordern daher auch dringend, diesen Plan aus dem Bundesstraßenbauplan zu entfernen.

Ich will jetzt aber nicht nur Negatives aufzählen – das ist natürlich für eine Oppo­sitions­partei relativ einfach, gerade auch hier im Parlament schon fast obligatorisch –, es gibt auch etwas Erfreuliches, zum Beispiel, dass der zukünftige Landeshauptmann Doskozil auf die Grünen hört und nach langer Vorbereitung und intensivem Drängen von unse­rer Seite zukünftig auf Biolandwirtschaft setzen will. Er hat angekündigt, dieser Auffor­derung zu folgen. Es freut mich, dass die Grünen mit Doskozil nun in puncto Bio auch einen Verbündeten auf der Regierungsbank haben. Das ist natürlich großartig.

Abschließend muss ich dennoch noch auf den Bereich Armutsbekämpfung eingehen. Da matcht sich ja das Burgenland mit meinem Heimatbundesland Oberösterreich – Niederösterreich spielt da auch immer wieder eine Rolle –, wer verfassungswidriger ist. Da proklamiert der zukünftige Landeshauptmann zwar Ambitionen, hält aber dennoch am burgenländischen Mindestsicherungsgesetz fest – ein Gesetz, das genau jene Elemente enthält, die bereits erfolgreich beim Verfassungsgerichtshof beeinsprucht wurden, nämlich die Ungleichbehandlung von Menschen, je nachdem, wie lange sie sich in Österreich aufhalten, und die Deckelung für Bedarfsgemeinschaften. Wie ge­sagt, ich kenne das von meiner schwarz-blauen Landesregierung in Oberösterreich und finde es eigentlich nicht gut, wenn da auch das Burgenland mitspielt.

Ich weiß, Herr Landeshauptmann, das waren doch relativ viele kritische Punkte, aber das ist halt das Ergebnis, wenn man im Burgenland bei seinen Kolleginnen und Kolle­gen nachfragt, was gerade los ist, was im Land gerade politisch relevant ist. (Bun­desrat Krusche: Da gibt es noch welche?) Ich hoffe, Sie haben trotzdem ein bisschen Nachsicht, dass hier auch ein paar Punkte zur Landespolitik zur Sprache kommen.

Ich sage vonseiten der Grünen im Bundesrat noch einmal Danke, dass Sie gekommen sind und dass Sie so viele positive Dinge über den Bundesrat gesagt haben. Wie ich


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gehört habe, sind sie schon kurz vor dem Ausscheiden. Ich wünsche Ihnen dennoch eine schöne restliche Zeit in Ihrer Funktion und einen schönen Tag! (Beifall der Bun­desrätin Dziedzic.)

10.03


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Danke schön.

Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Landeshauptmann Hans Niessl. – Bitte, Herr Landeshauptmann.


10.03.14

Landeshauptmann von Burgenland Hans Niessl: Interessante Ausführungen, vor allen Dingen verhaltensinteressante! (Allgemeine Heiterkeit.)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Zunächst darf ich mich für den freund­lichen Empfang und für die doch überwiegend und größtenteils sehr, sehr positiven Beiträge bedanken. Ich glaube, das ist auch eine gewisse Wertschätzung, die Sie dem Burgenland entgegengebracht haben, nämlich nicht nur die Bundesräte aus dem Burgenland, sondern größtenteils auch alle anderen Redner in ihren Beiträgen. Man kann natürlich nicht in allen Bereichen etwas Positives sagen, ich glaube, das gilt für jedes Bundesland. Übrigens, Herr Kollege Stögmüller, aufgrund der Sprache habe ich Ihre Herkunft nicht beurteilen können. Es ist halt interessant, wenn man solche Zuord­nungen tätigt.

Kollege Schabhüttl hat darauf hingewiesen, dass wir in manchen Bereichen im Bur­genland einen anderen Weg gehen, nämlich den Weg, dass wir auf kleine Einheiten setzen, weil wir im Burgenland die kleinsten Einheiten haben. Wir sind auch der Über­zeugung – und das sage ich auch deutlich –, dass die Freiwilligkeit und das Ehrenamt im Burgenland einen großen Stellenwert haben. Wir haben 17 000 Mitglieder bei den freiwilligen Feuerwehren, wir haben 3 500 Freiwillige im Bereich des Rettungswesens, Samariterbund und Rotes Kreuz, bei Blasmusikkapellen, Sportvereinen; da wird Stun­den um Stunden freiwillig, ehrenamtlich und unentgeltlich gearbeitet. Wir erhalten die kleinen Einheiten, weil uns die regionale Identität sehr, sehr wichtig ist, das Engage­ment der freiwillig und ehrenamtlich Tätigen, von der Feuerwehr über die Sozialvereine bis zu den Sportvereinen. Ich glaube, dass das ein guter Weg ist, um den ländlichen Raum zu stärken und kleine Einheiten zu erhalten. Das ist in Wahrheit unser Weg, den wir gegangen sind. (Allgemeiner Beifall.)

Die Frau Kollegin hat auf den Status Übergangsregion und die Förderungen für das Südburgenland hingewiesen. Das Burgenland wäre beziehungsweise ist aus dem Status Übergangsregion herausgefallen. Ich habe es eingangs gesagt: OECD-Studie: plus 20 Prozentpunkte. Übergangsregion ist man bis 90 Prozent des durchschnittlichen europäischen Bruttoinlandsproduktes, wir liegen aktuell bei über 92 Prozent. Wir hätten den Status also nicht mehr, aber es wird wahrscheinlich der Berechnungsrahmen erweitert.

Wir haben mit Oettinger und Juncker sehr gute Gespräche geführt. Es gibt – was natür­lich ein Vorteil für das Burgenland ist – auch in Deutschland einige Bundesländer, nämlich insgesamt fünf, die mit einem Bruttoinlandsprodukt um die 90 und über 90 Pro­zent einen ähnlichen Förderstatus haben. Wir werden mit diesen Bundesländern Kontakt aufnehmen beziehungsweise haben wir das auch schon getan. Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Dresden, also Sachsen, Sachsen-Anhalt haben ein ähn­liches durchschnittliches EU-BIP wie das Burgenland. Diese Kriterien werden ausge­weitet werden, sodass wir auch den Status der Übergangsregion haben werden, zumindest ist das im ersten Entwurf der Europäischen Kommission so drinnen. Das würde natürlich auch uns guttun. Es wird vor allem in Europa auch akzeptiert, dass das


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Burgenland die einzige Region in Europa ist, die an drei neue EU-Länder angrenzt – mit den Herausforderungen, die ich ebenfalls geschildert habe.

Ich glaube, Grundkonsens ist – und das ist der dritte Punkt –, dass es ein Bekenntnis zu Europa gibt, dass aber natürlich immer wieder Reformen in Europa notwendig sind, dass Reformen gefordert werden. Ich glaube, Grundkonsens ist auch, dass die großen Herausforderungen in Europa gelöst werden sollen, in Europa gelöst werden müssen. Es wurde darauf hingewiesen, es gibt viele Fragen im Bereich des Steuersystems, des Wirtschaftssystems, des Finanzsystems, natürlich auch im Bereich der Sicherheit, der Migration. Das sind große Herausforderungen, die auf europäischer Ebene zu lösen sind, während man sicherlich andere Probleme in Europa nicht überregulieren muss, sondern – das ist genau das Subsidiaritätsprinzip – auf nationaler oder regionaler Ebene lösen kann. Ich glaube, da wird sich in den nächsten Jahren in Europa einiges an Reformen tun müssen.

Niemand weiß genau, wie sich der Brexit auswirken wird, niemand weiß, wie die Bud­gets dann tatsächlich aussehen werden, aber ich glaube, dass da Österreich im Rah­men des Ratsvorsitzes viele Möglichkeiten hat. Ich kann nur wünschen, dass es in den nächsten Monaten gute Ergebnisse für Europa gibt, bis hin zu den Förderungen für Regionen, weil das ganz wesentliche und wichtige Entscheidungen für die Zukunft sind.

Abschließend: Der Verkehrsverbund Ost-Region – das sage ich im Sinne von Wien, Niederösterreich und Burgenland und allen Bundesräten aus Wien, Niederösterreich und dem Burgenland – ist eine Mustereinrichtung in Österreich und in Europa. Wir bewältigen in der Ostregion, hauptsächlich in Niederösterreich und Wien, circa 70 Pro­zent des gesamten Personenverkehrs in Österreich, die Tendenz ist deutlich steigend. Die österreichische Bahn ist in der EU die beste Bahn – nur die Schweizer sind besser, aber die sind nicht bei der Europäischen Union. Da hat sich in der Vergangenheit bis heute vieles getan, und das ist auch ein Erfolg. Wir haben 70 Prozent des gesamten Personenverkehrs in der Ostregion – Wien, Niederösterreich und Burgenland – und die beste Bahn von allen in Europa.

Wir arbeiten – ich habe vorhin im Gespräch auch mit dem Herrn Fraktionsvorsitzenden darüber gesprochen – intensiv mit dem niederösterreichischen Landesrat Schleritzko, mit dem Wiener Stadtrat Hanke, mit Infrastrukturminister Hofer zusammen, damit wir eine gute Lösung für die Menschen, für die Pendler, für die Studenten finden. Wir haben als erste das Top-Jugendticket eingeführt, mit dem man um 70 Euro in der gesamten Ostregion unterwegs sein kann. Das ist ein Beitrag zum Umweltschutz!

Natürlich kann man all das kritisieren, aber da stehen Leistungen der Bundesländer dahinter – auch der Bundesregierung, das muss man natürlich auch sagen, denn da gibt es massive finanzielle Mittel dafür. Das wird auch noch besser organisiert, es wird im nächsten Jahr noch eine größere Verdichtung geben, und wir sind sehr, sehr froh darüber, dass der Personenverkehr deutlich zugenommen hat. Wie gesagt, wir sind dran, die beste Bahn in Europa weiter zu verbessern, attraktiver zu machen, die Fahr­gast­zahlen zu steigern. Das ist natürlich eine ganz wesentliche und wichtige Maß­nahme, die wir setzen und wo wir über Parteigrenzen hinaus – ob Minister der Bundes­regierung, ob Landesrat in Niederösterreich, ob Landeshauptmann des Burgenlandes, Stadtrat in Wien – an einer gemeinsamen Lösung für die Menschen in der Ostregion hart und intensiv arbeiten, schon viele, viele Stunden investiert haben und sicher zu guten Ergebnissen kommen werden. Ich glaube, das ist eine Vorgangsweise, die ganz einfach wichtig ist: über Parteigrenzen hinaus gute Lösungen für die Menschen zu finden. (Allgemeiner Beifall.)


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Zur Bodenversiegelung im Burgenland: Sie müssten eigentlich sagen, das Burgenland hat mehr als 33 Prozent seiner Fläche unter Naturschutz gestellt. Das sagt man natür­lich nicht! Ich sage Ihnen auch, warum es die Bodenversiegelung gibt: Das Burgenland hat den höchsten Anteil an Einfamilienhäusern in ganz Österreich. Es gibt, umgelegt auf die Einwohnerzahl, kein Bundesland, in dem so viele Einfamilienhäuser gebaut wurden und aktuell auch gebaut werden wie im Burgenland. Dass man für ein Einfami­lienhaus Grund und Boden braucht und nicht nur in die Höhe baut, ist, glaube ich, auch ganz klar. Und dass noch immer Kaufkraft vom Burgenland, vor allem vom Süd­burgenland, wie die Kollegin schon gesagt hat, in andere Bundesländer abfließt, zeigt, dass wir weniger Einkaufszentren gebaut haben. Hätten wir mehr gebaut, würden mehr Menschen zu uns kommen und würde nicht Kaufkraft abfließen. Das sagt eine offizielle Studie der Wirtschaftskammer, dass Kaufkraft aus dem Südburgenland abfließt. Wir können also nicht zu viele Einkaufszentren haben, sondern haben wenige Einkaufs­zentren, weil noch immer Kaufkraft vor allem aus dem Südburgenland abfließt. Das sind – nur so nebenbei – die Fakten, die man sich anschauen sollte.

Danke für die Diskussionsbeiträge, danke für die freundliche Aufnahme und weiterhin alles Gute bei Ihrer verantwortungsvollen Arbeit. (Allgemeiner Beifall.)

10.12


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Danke, Herr Landeshauptmann.

Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

10.13.05Aktuelle Stunde


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Wir gelangen nun zur Aktuellen Stunde zum Thema:

„Fit4Internet – Gesellschaft und Unternehmen auf digitale Zukunft vorbereiten“

Ich darf dazu Frau Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Dr. Mar­garete Schramböck sehr herzlich willkommen heißen! (Allgemeiner Beifall.)

In der Präsidialkonferenz wurde Einvernehmen über folgenden Ablauf erzielt: Zunächst kommt je ein Redner/eine Rednerin pro Fraktion zu Wort, dessen beziehungsweise deren Redezeit jeweils 10 Minuten beträgt. Sodann folgt die Stellungnahme der Frau Bundesministerin, die ebenfalls 10 Minuten nicht überschreiten soll. Danach folgt wiederum je eine Rednerin/ein Redner der Fraktionen sowie anschließend eine Wort­meldung der BundesrätInnen ohne Fraktion mit einer 5-minütigen Redezeit. Zuletzt kann noch eine abschließende Stellungnahme der Frau Bundesministerin erfolgen, die nach Möglichkeit 5 Minuten nicht überschreiten soll.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Marlene Zeidler-Beck. Ich erteile ihr dieses.


10.14.21

Bundesrätin Mag. Marlene Zeidler-Beck, MBA (ÖVP, Niederösterreich): Sehr ge­ehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Kollegin­nen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie und vor den Bild­schirmen! Wenn es um das Thema Digitalisierung geht, dann ist man als eine der Jüngsten hier im Haus ja fast schon in der Pflicht, sich zu Wort zu melden. Ich muss sagen, ich tue das wirklich gerne. Ich tue es gerne, weil Digitalisierung aus meiner Sicht die zentrale Herausforderung der Gegenwart und gleichzeitig auch die größte Chance für unsere Zukunft ist.


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Ich freue mich sehr darüber, dass unsere Bundesregierung dieses Thema ganz oben auf die politische Agenda gesetzt hat, und möchte gleich zu Beginn ein großes Dan­keschön sagen, vor allem auch für Ihr Engagement, liebe Frau Bundesministerin, für das, was Sie in den ersten fast 300 Tagen als Ministerin für Digitalisierung, als die Erste in dieser Form im Amt umgesetzt haben, für alles, was Sie auf den Weg gebracht haben, und für all das, was noch kommen wird. Vielen Dank! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Ich melde mich aber auch deswegen gerne zum Thema Digitalisierung zu Wort, weil mir absolut bewusst ist, dass ohne Digitalisierung vieles in meinem Leben anders laufen würde – nicht nur heute in der Früh, als ich per App die beste Zugverbindung hierher gesucht habe, als ich auf dem Smartphone schon die neuesten Nachrichten gelesen habe, sondern auch in meinem beruflichen Umfeld in einer Agentur mit Schwerpunkt auf digitale Kommunikation und davor in meiner Ausbildung und in meinem Studium. Letztlich melde ich mich deswegen zu Wort, weil ich das Beschäf­tigen mit Digitalisierung und ihren Auswirkungen nicht nur als Pflicht, sondern auch als zentrale Verantwortung meiner Generation sehe.

Ich gehöre zu einer Generation, für die Marc Prensky den Begriff der Digital Natives geprägt hat, also zu den Ersten, die von klein auf mit der neuen Technologie, mit den Techniken des digitalen Zeitalters aufgewachsen sind. Gleichzeitig gehöre ich auch zu jener Generation, die als letzte das analoge Zeitalter zumindest noch zum Teil miterlebt hat. Ich kann mich noch gut daran erinnern, als im Betrieb meiner Eltern Schritt für Schritt alles auf EDV umgestellt wurde, an das Geräusch des Modems, das sich ins Internet einwählt, und natürlich, weil es noch gar nicht so lange her ist, auch daran, als mit Siri und Alexa sozusagen die künstliche Intelligenz bei uns zu Hause eingezogen ist.

Auch in meinem Studium gab es beides, die klassischen Medien- und Kommuni­kati­onstheorien und die Beschäftigung mit dem Neuen, mit dem digitalen Wandel. Kom­munikationswissenschaftler haben früh und eindringlich vor dem Digital Divide gewarnt, vor einer Gesellschaft, die immer weiter auseinanderdriftet, wenn Internet nicht für alle verfügbar ist, vor allem aber auch wenn es nicht von allen genutzt werden kann.

Österreich liegt derzeit im EU-Vergleich an achter Stelle bei den digitalen Fähigkeiten der Bürger. Die Nutzungsrate des Internets ist bei uns signifikant niedriger als in anderen Ländern. Um den digitalen Wandel aber für unser Land und vor allem auch für die Menschen in Österreich richtig nutzen zu können, brauchen wir digitale Fitness, und zwar für alle Generationen.

Das Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort hat dazu die Initia­tive Fit4Internet ins Leben gerufen. Sie soll zukünftig als zentrale Drehscheibe agieren, wenn es darum geht, digitale Kompetenzen unserer Bürgerinnen und Bürger aufzu­bauen und zu steigern – mit einer bedarfsgerechten Ausbildung für Kinder und Jugend­liche, mit Kursen für Berufstätige mittleren Alters, die digitale Basiskompetenzen für ihren beruflichen Alltag erlernen sollen, und last, but not least mit speziellen Digitalisierungsbasistrainings für Seniorinnen und Senioren. All diese Schulungen werden nach europäischen Qualitätsmaßstäben angeboten. Die ersten Pilotprojekte in den Bundesländern wurden, glaube ich, bereits gestartet, und die weitere Ausrollung ist in Planung.

Fit4Internet bringt aber parallel dazu mit dem Pakt für digitale Kompetenz auch Unter­nehmen und Erwachsenenbildungsoffensiven zusammen. Ein besonders gelungenes Beispiel ist die Kooperation mit dem Mobiltelefonhersteller Emporia aus Linz. Dabei werden Geräte zur Verfügung gestellt, Schulungen veranstaltet und das Feedback aus


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diesen Schulungen genutzt, um einerseits die Technik und andererseits auch die Trainings zu optimieren.

Ich glaube, es gibt in jedem Bundesland Beispiele, die überregional sofort ausgerollt werden könnten. Im Zusammenhang mit Niederösterreich denke ich zum Beispiel an den NÖ Digitalisierungsbus, einen Bus, vollgepackt mit der Technik von morgen, der durch das ganze Land tourt und den Leuten ermöglicht, auf spielerische Art und Weise Ängste abzubauen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Ängste im Umgang mit neuen Medien haben unsere Jüngsten meistens nicht, aber umso wichtiger ist es auch, dass für sie die Vermittlung von Medienkompetenzen und von digitalen Kompetenzen selbstverständlich wird und dass der technische Fortschritt in den Klassenzimmern unseres Landes endlich ankommt und von unseren Pädago­gin­nen und Pädagogen auch weitergetragen wird. Diesbezüglich gibt es momentan den Masterplan für Digitalisierung in der Bildung, der vom Wissenschaftsministerium gerade erarbeitet wird und mit dem wir sicherlich auch auf dem richtigen Weg sind. (Vizepräsident Brunner übernimmt den Vorsitz.)

Wenn es darum geht, digital fit zu werden, ist aber, glaube ich, auch die öffentliche Verwaltung als Impulsgeber für den gesamten Wirtschaftsstandort gefragt. Mit oesterreich.gv.at steht momentan ein Leuchtturmprojekt unmittelbar vor der Umset­zung. Dies ist eine umfassende Serviceplattform auf dem neuesten Stand der Technik, die dem Wunsch nach der verstärkten Erledigung von Behördenwegen online nach­kommt und die viele neue Features beinhaltet, wie beispielsweise auch die Möglichkeit, das An- und Abmelden von Wohnsitzen online vorzunehmen. Auch mit den neu eingerichteten Chief Digital Officers in den Ministerien und vor allem auch mit der neu gegründeten Digitalisierungsagentur sind wir für die weiteren Schritte gerüstet.

Damit machen wir nicht nur die Menschen und das System fit für das Internet, wir begleiten auch unsere Unternehmen in die digitale Welt. 69 Prozent aller österreichi­schen Unternehmen sehen Chancen in der Digitalisierung. Die Digitalisierungsagentur und die regionalen Innovation Hubs sollen zukünftig dabei helfen, dass aus diesen Chancen echter Nutzen für die Unternehmen, für unsere Klein- und Mittelbetriebe wird und dass diese Chancen letztlich auch zu einem echten Mehrwert für den Wirtschafts­standort Österreich werden, damit Ideen, die in Österreich geboren werden, auch zu echten Innovationen made in Austria werden. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie bei BundesrätInnen der SPÖ.)

Grundvoraussetzung, wenn wir Unternehmen und Gesellschaft in die digitale Zukunft führen wollen, ist aber auch, dass wir beste Rahmenbedingungen schaffen. Nieder­österreich hat 2015 ein Pilotprojekt zum Ausbau der Glasfasernetze gestartet; allein in den vergangenen Monaten wurden 8 000 Glasfaseranschlüsse errichtet. Gleichzeitig erleben wir aber in unserem Land nach wie vor eine große Kluft. Wir haben mit Herzogenburg jene Gemeinde, in der man österreichweit am schnellsten surfen kann, wir haben aber auch viele kleine Gemeinden im ländlichen Raum, in denen der flächendeckende Breitbandausbau noch in weiter Ferne ist. Auch in den urbanen Gebieten – ich komme selbst aus dem Bezirk Mödling – gibt es sogar immer noch Betriebsgebiete, in denen ein Mangel an technischer Infrastruktur einen rascheren Fortschritt und ein Ansiedeln von neuen Betrieben hemmt. Keine Frage: Da braucht es eine gemeinsame Kraftanstrengung von Bund und Ländern und vollen Fokus auf den weiteren Ausbau der Glasfasernetze.

Abschließend möchte ich Ihnen noch einen Gedanken mitgeben. Wenn Sie alle viel­leicht in den letzten Jahren das Gefühl hatten, dass sich die Digitalisierung besonders schnell verbreitet hat, so möchte ich Folgendes ganz klar sagen: Die Digitalisierung wird nie wieder so langsam vonstattengehen wie in den letzten Jahren. Innovation


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wächst nämlich immer exponentiell – und die Digitalisierung ist dabei sozusagen ein zusätzlicher Beschleuniger.

Um das vielleicht greifbar zu machen: Weltweit gilt eine Marke von 50 Millionen Nutzern als jene Größe, ab der eine neue Technologie oder Dienstleistung ihren weltweiten Durchbruch feiert. Da macht der Vergleich sicher: Das Auto hat 62 Jahre gebraucht, um diese 50 Millionen Nutzer zu haben, die Telefonie 50 Jahre, das Fern­sehen 22 Jahre, das Internet sieben Jahre, Facebook drei Jahre und die Game App Pokémon GO 19 Tage.

In diesem Sinne möchte ich die Bitte an Sie, Frau Bundesministerin, richten, weiterhin mit diesem Tempo an Maßnahmen für die Digitalisierung zu arbeiten, damit Österreich vorne bleibt. – Danke. (Beifall bei ÖVP und FPÖ, bei BundesrätInnen der SPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller.)

10.24


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Doris Hahn. – Bitte.


10.24.40

Bundesrätin Doris Hahn, MEd MA (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Geschätzte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe ZuseherInnen vor den Bildschirmen und auf der Galerie! Ich möchte mit einem Zitat beginnen: „Die Zukunft ist schon da. Sie ist bloß noch nicht gleichmäßig verteilt.“ – Dieses durchaus provokante Zitat stammt vom amerikanischen Science-Fiction-Autor William Gibson. Vor dem Hintergrund der heutigen Aktuellen Stunde möchte ich es ein bisschen adaptieren. Ich würde sagen: Die digitale Zukunft ist schon da.

Ohne Zweifel spielen digitale Technologien in unserer Welt – ja, wollen wir sie als westliche Welt bezeichnen – inzwischen eine ganz enorme Rolle, sowohl im Beruf, in der Arbeitswelt als auch in der Freizeit, in der Bildung, in der Medizin, in der Kom­munikation und vielem mehr. Ich glaube, es gibt mittlerweile kaum noch einen Lebensbereich, der vom digitalen Wandel gänzlich unberührt geblieben ist.

Und ja, nicht alle Menschen haben gleichermaßen Zugang zu digitalen Ressourcen, zu digitalen Technologien und digitaler Bildung, und das führt zu immer größeren Spaltungen in der digitalen Gesellschaft; nicht allein aufgrund des ungleich verteilten Zugangs zu Information, sondern aus meiner Sicht viel mehr aufgrund der unter­schiedlichen Verwertung dieser Informationen und einer unterschiedlich entwickelten und geschulten Kompetenz für diese Entwicklung.

Unser Alltag wird zunehmend digital geprägt, angefangen von der Uhr, die mein Akti­vitätsprofil mit Schrittzähler, Pulsmesser, GPS-Sensor und vielem mehr ganz genau aufzeichnet und analysiert und die mir meine neuesten Nachrichten und E-Mails anzeigt, weiter über mein Auto, das mir ganz genau vermisst, ob der Parkplatz für mein Auto auch groß genug ist, und dann gleich auch selbständig für mich einparkt, bis hin zum Tablet und über dieses Tablet gesteuerte Beleuchtung oder Heizung im Haus, in der Wohnung, und vieles mehr.

Immerhin hatten im Jahr 2017 laut Statistik Austria 89 Prozent aller österreichischen Haushalte einen Internetzugang, bei den Haushalten der unter 44-Jährigen, also in meiner Generation, waren es bereits an die 100 Prozent. Allein der Anteil an Nutzern von Onlineshopping hat sich in den letzten zehn Jahren auf insgesamt knapp 62 Pro­zent nahezu verdoppelt. Man kauft also heute zunehmend digital ein, um in Ruhe Preise vergleichen zu können, Informationen und Rezensionen zu Produkten einzu­holen und sie dann auch noch bequem nach Hause geliefert zu bekommen.


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Bei den Unternehmen mit mehr als zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist es ähn­lich: Auch da verfügen bereits an die 100 Prozent, also fast alle, über Internetanschluss und die entsprechende Vernetzung.

Es ist auch keine Neuigkeit, dass sich auch der Arbeitsmarkt aufgrund der Digitalisie­rung verändert und dies auch stetig und weiterhin tut. Manche Tätigkeiten im Beruf verändern sich stark, einzelne Berufe verschwinden gänzlich, wieder andere Berufs­felder entstehen aber auch neu. Hinzu kommt – und ich glaube, das wird uns in Zukunft noch weit mehr beschäftigen, als es uns heute bewusst ist – die ständige Erreichbarkeit auch in beruflicher Hinsicht. Studien haben ergeben, dass beinahe drei von vier Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern schon auf dem Weg zur Arbeit bei­spiels­weise ihre Mails abrufen, Anrufe tätigen und weitere berufliche Dinge erledigen. Das führt in immer mehr Fällen zu einem Verschwimmen der Grenzen zwischen Arbeitszeit und Freizeit, zu einer verringerten Möglichkeit des Ausgleichs und hat oftmals auch ein Ausbrennen zur Folge.

In Norwegen beispielsweise wird dem, wie ich finde, auf sehr moderne Art entgegen­gewirkt, und bereits das Pendeln zur Arbeitszeit hinzugerechnet. Auch in England gibt es inzwischen Bestrebungen genau in diese Richtung, nicht ohne natürlich gleichzeitig auch auf etwaige Auswirkungen auf das öffentliche Verkehrsnetz zu achten. Umso verwunderlicher und unverständlicher ist dann für mich also, dass man gerade in Österreich nun mit der Einführung eines 12-Stunden-Tages und einer 60-Stunden-Woche genau den gegenteiligen und aus meiner Sicht wenig zukunftsgerichteten Weg geht. Ich glaube, das ist ein weiterer Aspekt in dieser Angelegenheit, den wir mit großer Sorge wahrnehmen müssen, was wir auch tun. (Bundesrat Längle: Das ist eine Arbeitszeitflexibilisierung! Nicht 12-Stunden-Tag!)

Es ist jedenfalls klar, mit dem digitalen Wandel gehen eine ganze Reihe von Chancen und Möglichkeiten, gleichzeitig aber auch viele Herausforderungen und Risken einher. Das hat wiederum zur Folge, dass die Politik, aber auch die Unternehmen und die Bil­dungseinrichtungen und Bildungsverantwortlichen viele notwendige Verantwortungs­sze­narien – wenn man es so formulieren möchte – zu entwickeln haben, und es gilt, sich diesen mit einem entsprechenden Weitblick zu stellen.

Positiv ist – das sei hier angemerkt –, dass das Ministerium immerhin 20 Millionen Euro für Initiativen und Maßnahmen im Bereich der Digitalisierung und insbesondere im Bereich der Forschung zur Verfügung stellt – so weit, so positiv –, denn das wird auch ganz entscheidend sein, um Österreich auch in Zukunft im internationalen Vergleich wettbewerbsfähig zu halten.

Ich möchte an dieser Stelle noch mit ein paar Beispielen untermauern, warum das auch uns so wichtig ist. Beispiel 3D-Druck: Inzwischen können ganze Häuser aus­gedruckt werden. Man braucht also heute keine Ziegel mehr, man braucht einen großen Drucker, um ein Haus aufbauen zu können. Auch in der Medizin ist der 3D-Druck längst keine Theorie mehr, beispielsweise können Teile für Hörgeräte, Pro­thesenteile, Gelenksbestandteile und vieles mehr nach Bedarf ganz individuell aus­gedruckt werden. Das eröffnet natürlich in unzähligen Bereichen ganz neue Produk­tionsformen und erleichtert auch vielfach Transporte.

Beispiel Internet der Dinge: Heute braucht es keinen klassischen PC mehr, um sich zu vernetzen. Die unterschiedlichsten Geräte, Fernsehgeräte, Uhren, Autos und vieles mehr, erlauben heute das Erstellen von diversen Zustandsinformationen und die Kom­munikation untereinander. Das Internet der Dinge ist somit beispielsweise auch die Basis für autonome, also selbstfahrende Fahrzeuge, und das wiederum ermöglicht ganz neue, völlig neue Mobilitätskonzepte.


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Stichwort künstliche Intelligenz und Robotik: Mittlerweile gibt es humanoide Roboter, die als solche auf den ersten Blick kaum mehr vom Menschen zu unterscheiden sind. Es stellt sich für mich die Frage: Was soll und was darf künstliche Intelligenz können? Es geht hier auch klar um das Festlegen von moralischen und ethischen Grundsätzen, von Grundregeln, auch was beispielsweise das Treffen von Entscheidungen solcher Roboter betrifft. Der Einsatz eines digitalen Ethikrates ist für mich daher unumgänglich und auch durchaus positiv zu bewerten.

Damit komme ich zum nächsten Stichwort, nämlich Big Data: Es sind ja mittlerweile schier unglaublich riesige Datenmengen, die verwaltet werden müssen, egal ob auf Festspeichern oder auch in sogenannten Cloud-Speichern. Gleichzeitig geht es dabei aber auch um den Schutz der eigenen Daten, des eigenen digitalen Profils – Stichwort: digitaler Fußabdruck. Jeder, der sich in irgendeiner Form im Internet bewegt, hin­terlässt natürlich dabei jede Menge Spuren, im Normalfall nicht freiwillig und schon gar nicht bewusst. Denken wir zum Beispiel an praktische Algorithmen, die das Surf­ver­halten im Internet speichern und verarbeiten und mir dann auf eben dieses Verhalten ganz individuell zugeschnittene Werbeeinschaltungen präsentieren.

Auf der einen Seite mag das praktisch erscheinen, auf der anderen Seite wird dabei aber in jedem Moment in Wahrheit auf meine Daten zugegriffen. Es ist also auch der Datenschutz eine ganz zentrale Frage. Auch in Zeiten der DSGVO, die ja noch nicht so alt ist, frage ich mich, ob hier die Bundesregierung den Datenschutz auch ernst genug nimmt, gerade wenn ich mir vor Augen führe, was erst kürzlich im Zusammenhang mit den UVP-Verfahren hier im Nationalrat diskutiert wurde. Diesbezüglich mache ich mir auch noch einigermaßen Sorgen.

Schade finde ich auch, dass ganz offensichtlich die Digital Roadmap, die ja die vor­hergegangene Bundesregierung auf den Weg gebracht hat, in dieser Form nicht mehr weiterverfolgt wird. Man wird aber sehen, ob der Masterplan Digitalisierung und alles, was in diesem Zusammenhang sonst noch kommen wird, in diese Richtung weiterver­folgt werden wird.

Zum Abschluss möchte ich mich aber noch der Digitalisierung im Bildungsbereich wid­men, weil das jener Bereich ist, der mich auch tagtäglich in meiner Arbeit als Päda­gogin beschäftigt. Ich habe an meiner Schule in Zwentendorf selbst die Ehre, Robo­tics/Coding unterrichten zu dürfen, und es begeistert mich auch immer wieder, zu sehen, mit welcher Begeisterung die Jugendlichen da an die Arbeit gehen und welche tollen Ideen sie da selbst entwickeln können. Ich glaube, das ist eine ganz wichtige Basis für Österreich, hier entsprechende Grundlagen zu schaffen.

Die digitale Grundbildung, wie wir sie seit diesem Schuljahr ja flächendeckend umzu­setzen haben, ist aus meiner Sicht auch ein wichtiger und ein richtiger Schritt in diese Richtung. Es geht schließlich nicht um die Umsetzungen der Digitalisierung in einem Gegenstand oder in einem Fachbereich, sondern wir müssen die Schülerinnen und Schüler fächerübergreifend, handlungsorientiert und projektorientiert auf die digitale Welt vorbereiten. Dass hier die Initiative der vorigen Bildungsministerin Hammerschmid aufgegriffen wird, nämlich Schülerinnen und Schüler auch schon ab der Sekun­darstufe I mit Laptops und Tablets auszustatten, ist erfreulich und begrüßenswert.

Das allein wird aber nicht reichen, das sehe ich in meiner täglichen Arbeit sehr gut. Neben den entsprechenden Hardwareressourcen braucht es zum einen natürlich pas­sende Software. Es braucht passenden Content, passende Apps, und selbstver­ständ­lich gehören auch die Lehrkräfte entsprechend geschult, und zwar nicht allein in der reinen Handhabung der Hardware und Software, sondern auch darin, wie ganz indi­viduelle Lernszenarien im digitalen Unterricht didaktisch sinnvoll eingeführt werden können.


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Es muss den SchülerInnen ein kritischer reflektierter Umgang mit digitalen Medien vermittelt werden. Um reines Faktenwissen geht es in der Schule, wie wir wissen, schon lange nicht mehr. Die SchülerInnen lernen sehr schnell, wie sie mit den Dingen umgehen können, die können das oft besser als wir Erwachsene. Sie wissen auch genau, wie sie an die nötigen Informationen herankommen können. Gefragt sind da­gegen vielmehr Fertigkeiten wie Problemlösungskompetenz und das kritische Bewer­ten von Informationen und Inhalten im Internet. Es geht um das Vermeiden von Cyber­mobbing und das Erkennen von Fake News, um Maßnahmen gegen Hass im Netz und vieles mehr.

Für all das wird es zusätzliche Ressourcen brauchen, ja, auch zusätzliches Personal an unseren Schulen. In diesem Zusammenhang hätte ich mir auch gewünscht, dass im Beirat der neuen Digitalisierungsagentur der Bildungsbereich entsprechend wesentlich stärker abgebildet worden wäre, denn nur aus gut digital geschulten Jugendlichen können aus meiner Sicht auch digitale Forscher und Entwickler werden, die wiederum unseren Unternehmen zugutekommen können. Daher sehe ich in diesem Zusam­menhang den Bildungsbereich als einen der wichtigsten, denn der bildet letztendlich auch die Grundlagen dafür.

Geschätzte Damen und Herren, ich kann es nur noch einmal wiederholen: Die Zukunft hat bereits begonnen, die Zukunft ist schon da, die Zukunft ist digital. In diesem Sinne müssen wir als Wirtschaftsstandort Österreich, aber auch als Bildungsstandort Öster­reich digitale Chancen nutzen und auch Risiken ernst nehmen. Daher werde ich Ihre Ausführungen, geschätzte Frau Ministerin, natürlich besonders genau verfolgen. (Beifall bei der SPÖ, bei BundesrätInnen der ÖVP sowie des Bundesrates Stögmüller.)

10.36


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Vielen Dank.

Wir sind heute etwas großzügiger, was die Einhaltung der Zeit betrifft. Ich bitte, sich aber ungefähr daran zu halten.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Reinhard Pisec. – Bitte.


10.36.18

Bundesrat Mag. Reinhard Pisec, BA MA (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Geschätzte Zuseher vor den Bildschirmen! Der digitale Wandel in seiner Metaebene ist natürlich keine Momentaufnahme, wir befinden uns in einer Epoche permanenter Beschleu­nigung. Es wird schneller, es wird effizienter. Die Themenstellung, wenn man sie in dem Sinne interpretiert, wie ich es vorhabe, betrifft aber nicht die Netzwirtschaft, stellt nicht die Netzwirtschaft ins Zentrum, sondern die konstruktive Anwendung für Wirt­schaft und Gesellschaft, weil das ja letztlich von Bedeutung ist. Wir sollten uns nicht von den Technikfreaks einen Hype aufoktroyieren lassen, der letztlich am persönlichen und unternehmerischen Nutzen vorbeigeht.

Ein aktuelles Beispiel aus der Wirtschaft darf ich nennen: Ein großer Indikator in der Analyse des allgemeinen weltweiten Wirtschaftswachstums ist der Schiffsverkehr. Der Schiffsverkehr ist die Infrastruktur des weltweiten Handels und der Träger der Globalisierung der Lieferketten, der weltweiten Wertschöpfungsketten. Heute haben wir Containerschiffe mit einer Länge von beinahe 400 Metern mit 20 000 Containern pro Schiff. Bereits bei der Beladung in einem Hafen weiß der Container selbst, wo er später im Hafen entladen wird und vor allem, wo er steht. Das ist ein ganz besonderer Fortschritt des Automatismus. Das zeigt auch, wie mit einer digitalen Software konstruktiv – die Hafenanlagen haben ungefähr eine Größe wie der gesamte 1. Bezirk, die Hauptcontainerhäfen in Europa sind Hamburg, Rotterdam, Antwerpen und auch


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Amsterdam – für die Wirtschaft dieser digitale Automatismus im Sinne des Handels eingesetzt werden kann und eingesetzt werden muss. Das verkürzt die Lieferzeit, reduziert die Kosten und schafft Schnelligkeit und Effizienz, denn das ist für die Wirt­schaft im Sinne der Digitalisierung von Bedeutung.

Die Unterscheidung zwischen Erfindung und Massentauglichkeit ist aber ein wichtiger Kernfaktor für die Produktreife. Wann kommt ein Produkt zur Produktreife? – Ich möchte mit Marshall McLuhan, dem großen Kommunikationstheoretiker, beginnen, der bereits 1962 das Ende der Gutenberg-Galaxis prophezeite. Er hatte damit aber nur beinahe recht, denn das analoge und das digitale Buch gibt es heute parallel. Das Internet – und da muss ich auf die Erstrednerin eingehen – ist nicht sieben Jahre alt, das Internet wurde 1969 als Arpanet in den USA erfunden, infolge einer Kooperation in der Forschung von Universität und Militär. Die ersten Netze wurden für den Austausch von Daten verbunden. 30 Jahre später gelang dem Internet mit der Killerapplikation Mail der Durchbruch, es wurde massentauglich; das war so um den Millen­niums­wechsel.

Um auf diesen Timelag zwischen Erfindung und Massentauglichkeit zurückzukommen, darf ich kurz erinnern: Die Dampfmaschine wurde 1769 erfunden, patentiert, der Durchbruch gelang 50 Jahre später. Der Verbrennungsmotor, das Auto wurde Ende des 19. Jahrhunderts erfunden, Massentauglichkeit Mitte des 20. Jahrhunderts. Der Fotoapparat: Das erste Foto gab es 1853 in den USA, 50 Jahre später die Mas­senfotografie. Der Computer ist auch schon eine Erfindung der Mitte des 20. Jahrhun­derts, 40 Jahre später erhielt er über den Personal Computer seine breite Anwendung.

Früh vermarktete Technikhypes können zu Fehlprognosen und teuren Fehlinves­titio­nen für Unternehmen führen. Wie wir wissen, ist am Beginn der Entwicklung jedes Produkt teurer, bevor es dann in die Massenproduktion geht und in Wirtschaft und Gesellschaft Anwendung findet.

Ein Beispiel – auch aus eigener Erfahrung – der Fehlprognose: 1995 wurde das berühmte – unter Anführungszeichen – „papierlose“ Büro prognostiziert. Die Techniker glaubten oder wollten uns einreden – und haben es uns auch in der Vermarktung eingeredet –, dass mit der Entwicklung des PCs nichts mehr ausgedruckt wird und der gesamte Papierbedarf zurückgeht. Beim Anwender in der Praxis war das Gegenteil der Fall: Der betrachtete den PC noch nicht als Speichermedium, sondern als Druck­maschine. Es wurde dreimal so viel Papier ausgedruckt, und im Endeffekt sind die Rohstoff- und Papierpreise innerhalb eines Jahres um beinahe 200 Prozent gestiegen, bevor sie dann in den folgenden Jahren wieder fielen.

Die Digitalität ist auch eine neue Ordnung des Wissens, sie ist heute die größte Veränderung des Informationswesens seit Erfindung des Buchdrucks und, wie bereits erwähnt, das Ende der Gutenberg-Galaxis. Sie ist eine Neuordnung des Wissens und der Kulturtechnik, auch die Ordnung wissenschaftlichen Wissens vollzieht sich heute über das gesamte Medium Internet. Es gibt den berühmte Zettelkasten vom großen Gesellschaftstheoretiker Niklas Luhmann, der das, was heute die Hypertextualität kann, in seiner Linearität in einem Zettelkasten 40 Jahre lang gesammelt hat. Die analoge Hypertextualität – es sind 90 000 Notizen – befindet sich heute im literarischen Museum, weil sie heute mit der Digitalität überholt ist.

Digitalität, der digitale Wandel ist natürlich die große Chance für Wirtschaft und In­dustrie in der Zukunft und bereits in der Gegenwart. Warum in der Gegenwart; warum muss man das nicht nur in die Zukunft transferieren? – Die Transaktionskosten verbil­ligen sich. Zum Beispiel benötigte man früher, um einen Wechselkurs, um die Spesen­abwicklung, um die Finanzierung in einem Betrieb zu gewährleisten und sicherzu­stellen, eine Bank. Die benötigt man heute natürlich auch, aber es ist die digitale Bank.


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Es ist alles viel transparenter geworden, man kann Vergleiche anstellen, man kann sehen, wie der Wettbewerb gehandhabt wird. Früher hätte man dafür ein Reuters-System mit einem Abonnementpreis von circa 3 000 Euro pro Monat haben müssen, um die Banken zu kontrollieren. Heute ist das auf onvista.de, wallstreet-online.de und so weiter, und so fort, wie allgemein bekannt ist. In der Wirtschaft ist alles gratis und derart transparent, man kann sich, vereinfacht gesagt, von der Banken- und Finanzwelt nicht mehr so leicht übers Ohr hauen lassen.

Die Automatisierung von Abläufen, wie bereits bei dem Schiffsvergleich erwähnt, ist auch für die Arbeitswelt selbst eine große Erleichterung: das mobile Büro, standort­unab­hängiges Arbeiten, mehr individuelle Effizienz, weniger Massenfertigung und höherwertige, weil maßgefertigte Produkte. Das ist nicht unbedingt die künstliche Intell­igenz, es ist einfach der Automatismus als solcher, weil es schneller geht und die Ent­scheidungsprozesse reduziert werden. Es kommt zur Rückholung bereits ausgela­gerter Betriebe: mehr made in Austria und weniger made in China.

Vielen Dank für die Investitionen in diese qualitativ verbesserte Ausbildung, die Sie, sehr geehrte Frau Ministerin Schramböck, in Kombination mit Minister Norbert Hofer hervorragend vorbereiten, denn die Digitalität bedarf natürlich auch einer entsprechen­den Fachkräftequalifikation, damit dem Mangel entgegengesteuert wird und für die Zukunft auch der Wirtschaft die digitalen Arbeitskräfte vermehrt und besser ausgebildet zur Verfügung gestellt werden können. Das schnelle Internet ist natürlich die Basis, damit man damit arbeiten kann.

Für die Unternehmen selbst bedeutet es Investitionen, keine Frage. Investitionen kos­ten, wie wir alle wissen, Geld; nicht nur Zeit, sondern auch Geld. Daher ist für die Wirtschaft, aber natürlich auch für die Gesellschaft, die ja mit dem Unternehmen und seinen Mitarbeitern einbezogen ist, die Steuerreform 2020 ein wichtiger Punkt. Es geht um eine radikale Senkung der Lohnzusatzkosten, kürzere Abschreibungszeiten und eine radikale Vereinfachung des viel zu komplexen Steuersystems. Das Einkom­mensteuergesetz hat ein bisschen mehr als 100 Paragrafen, aber allein der Rechts­kommentar umfasst über 3 000 Seiten. Das ist eigentlich nicht einmal mehr für Steuer­berater zu handhaben. Wir brauchen die Halbierung der nicht entnommenen Gewinne der Körperschaftsteuer, die Stärkung der Wiener Börse für junge und neue Unter­nehmen, natürlich auch im digitalen Bereich, und wir müssen weg von der fossilen Politik der SPÖ, denn die Wirtschaft hat genug gelitten. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Bundesrätin Grimling: Ja, ja!)

Vor wenigen Tagen wurde der Nobelpreis vergeben, natürlich wieder an einen Ame­rikaner. Das ist ja auch ein Zeichen, dass Erfindungen, Entwicklungen und Wissen immer von den USA ausgehen. Es ist also manchmal nicht so schlecht, ein bisschen über den Atlantik zu sehen, wie dort Wirtschaft und Gesellschaft funktionieren. Ich möchte zum Abschluss kurz erwähnen, dass der soeben nobilitierte Paul Romer – der vor wenigen Tagen den Wirtschaftsnobelpreis erhalten hat – mit seinem Aufsatz über den endogenen technischen Wandel als Basis für nachhaltiges Wirtschaftswachstum sicherlich auch ein gutes Beispiel für den digitalen Wandel beschreibt und dies damit auch bestätigt. Die Digitalität ist eine große Chance für Mensch und Wirtschaft, sofern die Praxistauglichkeit und der konstruktive Nutzen gegeben sind. – Danke. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

10.46


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Für eine erste Stellungnahme zu Wort gelangt Frau Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort. Ich erteile es ihr und ersuche auch sie, die Redezeit von 10 Minuten einzuhalten. – Bitte.



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10.46.25

Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Dr. Margarete Schramböck: Werter Herr Präsident! Mitglieder des Bundesrates! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Ich glaube, es ist uns allen klar, dass wir auf dem Weg der Digitalisierung möglichst viele Menschen mitnehmen müssen. Es ist unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass jene, die in den Schulen sind oder kurz vor der Schule stehen, mitkommen, dass jene, die in den Schulen sind, die notwendigen Ausbildungen bekommen, dass wir bei jenen, die in den Betrieben sind, das sogenannte Reskilling, also das Weiterlernen unterstützen und dass auch die Generation 60 plus, die vielleicht bei den Möglichkeiten der Digitalisierung noch nicht so sicher ist, mit dieser gut und sicher umgehen kann. – Deshalb ist das unsere gemeinsame Aufgabe.

Ich freue mich sehr, dass ein breiter Schulterschluss auch mit Ihnen, mit dem Natio­nalrat und auch mit den Bundesländern möglich ist, damit wir die digitalen Kompe­tenzen stark nach vorne bringen. Worum geht es dabei? – Es geht dabei darum, jeden dort abzuholen, wo er gerade ist, und jedem zu helfen, einen nächsten Schritt gehen zu können. Hierfür haben wir ein Programm aufgesetzt, Fit4Internet – das Programm, das nächste Woche, am 18. Oktober, startet –, womit wir zum Beispiel für die Ge­neration 60 plus dafür sorgen werden, dass es in jedem Bezirk in Österreich in jeder Woche ein „Kaffee Digital“ gibt, wo man ohne Vorkenntnisse, ohne Geräte, ohne irgendetwas, das man braucht, und ohne Kosten hingehen kann, um sich zwei Stunden austauschen zu können und beraten zu werden. Da gibt es einen Schulterschluss von Wirtschaft und Politik, von Bundesländern und Bezirken, damit wir das über Ge­samtösterreich ausrollen können.

Es gibt solche Aktionen und Maßnahmen bereits, wir bauen auf diesen auf, werden diese einbinden. Eines haben sie alle gemeinsam: Sie skalieren oft nicht, sie erreichen nicht die Größe, dass wir wirklich in jeder Woche in jedem Bezirk so etwas anbieten können und eine Möglichkeit dazu haben. Wir sind dabei auch gemeinsam mit den VertreterInnen der Seniorinnen und Senioren unterwegs und werden das bereits in diesem Jahr mit einer Zielgruppe von 1 000 Menschen umsetzen. Einige Pilotprojekte sind schon gelaufen. Alles ist vorhanden, alles ist gut aufgesetzt, und wir können bis zum Jahresende 1 000 Menschen diese Möglichkeit bieten und dann im nächsten Jahr wirklich kontinuierlich in jeder Woche in jedem Bezirk.

Warum ist das so wichtig? – Es wurde kurz genannt: Wir sind in Österreich durchaus im Mittelfeld, was den Digitalisierungsindex betrifft, aber wir sind ganz weit hinten, was die Internetnutzung betrifft, da liegen wir auf einem der hintersten Plätze. Da haben wir eine ganz klare Aufgabe, auch was die demografische Entwicklung Österreichs betrifft, wirklich alle auf diesem Weg mitzunehmen.

Zweite Zielgruppe sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Unternehmen. Ich mache mir nicht so sehr Gedanken um jene, die in großen Betrieben oder in IT-Firmen sind, sondern um jene in mittelständischen Unternehmen. Es sind immerhin 99,8 Prozent der österreichischen Unternehmen mittelständische Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitern. Sie sind zur Hälfte Familienbetriebe, das heißt, sie sind das Rückgrat der österreichischen Wirtschaft. Es ist eine ganz wichtige Aufgabe, diesen Mitar­beiterinnern und Mitarbeitern zu helfen, diese digitalen Kompetenzen aufzubauen. Es ist etwas, was wir auch mit diesem Pakt für digitale Kompetenz tun werden. Wir haben die Maßnahmen diesbezüglich schon in Vorbereitung.

Das heißt, es wird sehr bald die Möglichkeit geben, sich selbst in einem Self-Assess­ment zu probieren, festzustellen, wo ich denn bei diesen digitalen Kompetenzen liege. Das gibt es zum Beispiel im Moment in keinem europäischen Land, wir werden das erste Land sein, das das einführt. Da gibt es einen guten Rahmen, da geht es um


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Kommunikation, es geht auch um Problemlösungsfähigkeit, und dann sehe ich – so wie zum Beispiel bei den Sprachen, bei Englisch oder Französisch –, wo ich mit meinen digitalen Kompetenzen liege. Das kann man allen Österreicherinnen und Österreichern anbieten, jenen, die in Ausbildung sind, und jenen, die in den Firmen arbeiten. Von dort aus kann man dann genau sehen, welche Ausbildungsmaßnahmen es braucht.

Ich bin gerade dabei, sehr viele Unternehmen dafür zu gewinnen, ihre Ausbildungs­kurse, wie sie SAP oder IBM für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern entwickelt ha­ben, zur Verfügung zu stellen, sodass das jedem ermöglicht wird, der in einem mittel­ständischen Unternehmen arbeitet, sodass jeder Zugang zu diesen Möglichkeiten bekommt.

Mir persönlich ist das sehr, sehr wichtig, und ich verwende sehr viel meiner Zeit darauf, dass wir in dem Bereich sehr stark weiterkommen. Da braucht es keine zusätzlichen Papiere, es braucht keine zusätzlichen Studien, sondern es braucht das entsprechen­de Umsetzen, und dafür fühle ich mich zuständig und dafür bin ich gemeinsam mit Ihnen da.

Ein ganz wichtiger angesprochener Punkt sind eben die mittelständischen Unterneh­men. Wir haben die Digitalisierungsagentur geschaffen, deren Hauptziel es ist, die mittelständische Wirtschaft zu unterstützen. Während wir uns im Pakt für digitale Kom­petenz ganz stark um das Thema Bildung und Kompetenzen in allen Gesell­schafts­schichten außerhalb des Schulsystems kümmern, kümmern wir uns auf der anderen Seite mit der Digitalisierungsagentur ganz stark um die mittelständische Wirtschaft, um diese eben bei diesem Prozess mitzunehmen.

Warum ist das so wichtig? – Ich gebe Ihnen ein paar Beispiele: Wir haben unter­schied­lichste mittelständische Unternehmen in Österreich, und mein Lieblingsbeispiel ist immer das Unternehmen, das in Innsbruck Glocken herstellt, das sind Glockengießer in 14. Generation. Der Eigentümer sagt zu mir: Wir machen jedes Monat einen Tabubruch. – Ich habe gesagt: Geh, was ist das? Ein Tabubruch jedes Monat? – Was er gesagt hat, ist genau das: Wir versuchen, neue Methoden, neue Dinge auszu­probieren, wir tun das seit 14 Generationen, und deshalb gibt es uns noch; heute ist es der 3D-Druck, heute ist es das Thema Blockchain, heute ist es das Thema Artificial Intelligence.

Wir müssen diesen innovativen Unternehmen Zugang und Möglichkeiten verschaffen, und das sind diese Innovation Hubs. In jedem Bundesland soll es einen geben. Die Ausschreibung wird es jetzt geben, wir starten mit drei. Die sollen als Anlaufstellen miteinander vernetzt sein, sie sollen mit jenen vernetzt sein, die es in der EU und international gibt. Es muss nicht jeder das Rad immer wieder neu erfinden, sondern es geht darum, dass wir uns auch auf unterschiedliche Schwerpunktsetzungen konzen­trieren.

Ich freue mich sehr, das in allen Bundesländern umzusetzen. Warum in allen Bundes­ländern? – Wenn ich Mittelständler bin, dann gehe ich nicht von Kärnten nach Ober­öster­reich, sondern ich brauche eine direkte Anlaufstelle. Auch diese Erfahrung habe ich persönlich in der Wirtschaft gemacht – ich habe immer Unternehmen mit sehr vielen Niederlassungen in Österreich geleitet –: Du musst so nahe wie möglich bei deinem Kunden sein. Diese Innovation Hubs werden vor allem den Mittelständlern intensiv helfen, nach vorne zu kommen.

Die Digitalisierung ist eine weitere große Chance. Ich spreche von der Reindus­tria­lisierung Europas, und wenn ich hier von Industrie spreche, spreche ich von sauberer, cleaner Industrie. Das ist eine Industrie, wie wir sie zum Beispiel sehen, wenn die Voest ihr digitalstes Stahlwerk der Welt nicht in China und nicht in den USA baut,


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sondern in der Steiermark, wenn Speck Handl die neueste Produktionsstätte im Speck­bereich in den Bergen in Tirol baut, dort 60 neue Arbeitsplätze schafft und nicht irgendwo anders. Das heißt, die Digitalisierung ermöglicht uns, dass wir viele verloren­geglaubte Arbeitsplätze wieder zurückholen.

Oftmals gibt es den Irrtum, dass geglaubt wird, je mehr Roboter wir haben, umso höher ist die Arbeitslosigkeit. – Gerade das Gegenteil ist der Fall: Zum Beispiel in Griechen­land gibt es 70 Industrieroboter pro 10 000 Beschäftigte, bei uns circa 155, in Deutsch­land 300, in Südkorea 600. Je mehr wir davon haben, je moderner wir sind, je innova­tiver, technologisch weiter wir sind, umso mehr Arbeitsplätze schaffen wir und umso geringer ist die Arbeitslosigkeit.

Da haben wir bei der Digitalisierung eine ganz besondere Aufgabe. Wir müssen bei dem Thema Fachkräfte darauf achten, dass auch die Ausbildungen so stattfinden, wie unsere Jugend es braucht. Darum gibt es in der Lehre einen Schwerpunkt auf Digita­lisierung der Lehrberufe. Wir haben 200 verschiedene Lehrberufe, davon ist zum Beispiel der Dachdecker das letzte Mal 1973 überarbeitet worden. Es gibt ganz neue Aufgaben, die unsere Jugend zu erfüllen hat, und wir müssen sie mit den Fähigkeiten dazu ausstatten. Da braucht es gemeinsam mit den Sozialpartnern eine Überarbeitung dieser Lehrberufe. Da dürfen wir gerne ein bisschen an Geschwindigkeit zulegen.

Und es braucht neue Lehrberufe: Ich gebe Ihnen als Beispiel E-Commerce-Kaufmann und E-Commerce-Kauffrau. Erst vor Kurzem – am 1. September – eingeführt, gibt es bereits 52 Lehrlinge, davon 40 Prozent Frauen, und wir sprechen eine weitere Zielgruppe an, nämlich einige, die Matura gemacht haben. Es braucht auch neue Formen der Lehre, wie eine duale Akademie, wie sie gerade in Oberösterreich sehr erfolgreich getestet wird, und die viele Bundesländer übernehmen möchten. Ich möchte Sie bitten, das auch in Ihr Bundesland mitzunehmen. Duale Akademie be­deutet zwei Jahre Lehre nach der Matura. Besonders die technischen Lehrberufe sind auch sehr geeignet dafür; sie sind auch dazu geeignet – je mehr Software sie ent­halten -, mehr Frauen anzuziehen und in diese hochwertigen Arbeitsprozesse hinein­zubringen.

Wir haben also große Aufgaben in der Wirtschaft und in der Bildung, da stimme ich mit Ihnen vollkommen überein. Wir haben eine dritte große Aufgabe, die in der Verwaltung liegt. Verwaltung und Regierung müssen in der Digitalisierung Vorbild sein, Impuls­geber. Wenn sie das tun, dann können die Unternehmen davon profitieren, die Start-ups, die unterschiedliche Lösungen entwickeln. Wir können uns da sehr rasch nach vorne bewegen.

Darum ist der dritte Schwerpunkt bei mir das digitale Amt: oesterreich.gv.at ist in Vorbereitung, wir sind im nächsten Jahr so weit. Meine Projekte gehen oft nicht so schnell, da geht es nicht nur um eine Veränderung des Gesetzes – was als Rahmen notwendig ist –, da sitzen Menschen dahinter, die programmieren, die Ideen zur kreativen Umsetzung haben. Wir werden sehr bald so weit sein, dass man die wich­tigsten Behördenwege, wenn man das mag, von zu Hause aus – im Sinne von E-Government zu Mobile Government –, von mobilen Endgeräten aus machen kann; man muss nicht, aber man kann, es ist eine Möglichkeit.

Da schließt sich der Kreis: Wenn wir solche Services anbieten, müssen wir auch dafür sorgen, dass alle auf diesem Weg mitkommen und es entsprechend leichter haben. Ich glaube, wir sind da auf einem guten Weg. Wir haben gemeinsam in den ersten Mona­ten einiges weitergebracht: Digitalisierungsagentur, Pakt für digitale Kompetenz, Überarbeitung von Lehrberufen, unterschiedlichste Themen. Die Digitalisierung ist ein Matrixthema, sie kommt überall vor. Wir tun es für diese und für die nächste Generation. Ich danke Ihnen für Ihre Unterstützung, wenn Sie mir dabei helfen, eine


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digitale Vertrauensgesellschaft zu bilden, indem wir gemeinsam alle auf diesem Wege mitnehmen. – Herzlichen Dank. (Allgemeiner Beifall.)

10.59


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Vielen Dank, Frau Bundesminister.

Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit aller weiteren TeilnehmerInnen an der Aktuellen Stunde nach Beratung in der Präsidialkonferenz 5 Minuten nicht über­steigen darf.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Doris Schulz. Ich erteile es ihr. – Bitte.


10.59.29

Bundesrätin Mag. Doris Schulz (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer auf der Galerie und vor den Fernsehgeräten! Am heutigen Weltmädchentag möchte ich besonders die Mädchen ermuntern, den großen Pionierinnen der Computerwelt Ada Lovelace, Grace Hopper und Mary Allen Wilkes zu folgen, denn diese Frauen haben die ersten Com­puter überhaupt entwickelt, haben sie transportierbar, also praktisch gemacht, pro­gram­miert und weiterentwickelt. Ihnen ist es zu verdanken, dass wir heute in einer Welt der Digitalisierung leben und arbeiten. Deswegen: Mut, junge Frauen; und Männer selbstverständlich auch! (Allgemeiner Beifall.)

Seit immerhin knapp 40 Jahren, als die ersten Computer Einzug gehalten haben, erleben wir in Österreich die Digitalisierung. Die digitale Revolution ist fast vollständig in der westlichen Welt erfolgt. Nun geht es um die Transformation, vor allem bei der Generation 30 plus, die als Digital Immigrants Sprache und Möglichkeiten der Digita­lisierung noch weitgehend kennenlernen sollten. Ich kann aus eigener Erfahrung sprechen, dass als Digital Immigrant vieles ganz schwer bis nicht verständlich ist und mir meine Digital Natives zu Hause, meine beiden Kinder, dabei oft sehr gerne und rasch behilflich sind. (Allgemeine Heiterkeit.) – Sie dürften das Thema kennen.

Eine Studie zur digitalen Transformation zeigt auf, dass nur 38 Prozent der Befragten über die nötigen digitalen Fähigkeiten verfügen, die sie in ihrem Beruf brauchen. Daher: Danke der Regierung, dass sie einen digitalen Masterplan entwickelt und einen Zeitplan dazugelegt hat, denn sonst würden wir den internationalen Anschluss tat­sächlich auch verpassen.

Eines meiner großen Anliegen und Themen ist das Thema Frauen. Ich möchte nun speziell die Mütter ansprechen, denn Mütter sind zu 75 Prozent die Berufsberater ihrer Kinder. Das wissen wir aus den Umfragen rund um den Girls’ Day. Mütter können jedoch nur darüber beraten, was sie kennen; daher ist es sehr, sehr wichtig, die Tore der digitalisierten Berufswelt ganz weit aufzustoßen, um den Müttern Erfahrungen, Wissen, Information und damit einen Blick in die Zukunft zu ermöglichen, damit sie ihre Kinder auch entsprechend ihren Berufsvorstellungen und -wünschen begleiten können. Wir müssen die Frauen zukunftsfit machen und ihnen Lust an gut bezahlten, inter­essanten und auch familiengerechten Arbeitsmöglichkeiten wie zum Beispiel Mobile Office geben oder auch Weiterbildungsmöglichkeiten aufzeigen.

Frauen sollen die zukunftsträchtigen Berufe wie Datenanalysten, Softwareentwickler sowie Experten für Onlinehandel und soziale Medien kennenlernen. Dazu braucht es Vertriebsmitarbeiter, Marketing, Kundendienst. Wegfallen werden Routinejobs in der Buchhaltung und Personalabteilung, also typische Frauenberufe, wie sie es bisher waren.

Eine Studie des Weltwirtschaftsforums hat erhoben, dass ein Angestellter, der in seiner jetzigen Funktion beschäftigt bleiben möchte, bis 2022 eine durchschnittliche Umschu-


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lungsdauer von 110 Tagen einrechnen muss, um am Ball zu bleiben. Für berufliche Aus- und Umsteiger könnte das Weiterbildungen von bis zu zwei Jahren bedeuten, was dann aber auch als selbstverständlich angesehen werden sollte.

Liebe Frau Ministerin, es gibt so viele Aktivitäten zum Thema Digitalisierung. Aus Ober­österreich darf ich noch kurz berichten: Die Stärkung der Digital Skills der Beschäf­tigten und der Wettbewerbsfähigkeit wird natürlich mit den Schulungsangeboten ge­macht. Österreichweit haben wir den ersten Ausbildungsverbund von Unternehmen zur Digitalisierung. Bei der Gründung im September 2017 waren 21 Unternehmen aus Oberösterreich dabei, aktueller Mitgliederstand zum Thema Qualifizierungsförderung für Beschäftigte ist 54 Unternehmen, die zum Teil international sehr groß aufgestellt sind.

Erstmals in der Menschheitsgeschichte geht es nicht mehr nur um körperliche Kraft, sondern um Wissen, Kompetenz und Kreativität in den digitalen Arbeitsbereichen. Damit wäre die Gleichstellung von Männern und Frauen am Arbeitsplatz praktisch tat­sächlich möglich. Digitalisierung bedeutet Chancen, die wir als Chancen, aber auch als Notwendigkeit, um international wettbewerbsfähig zu sein, erkennen müssen.

Liebe Frau Ministerin, du hast dich von deinem ersten Arbeitstag als Ministerin an zum Thema Digitalisierung bekannt und das als wichtigsten Arbeitsschritt eingefordert. – Ganz herzlichen Dank für die konsequente Umsetzung! (Allgemeiner Beifall.)

11.05


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Korinna Schumann. Ich erteile es ihr. – Bitte.


11.05.13

Bundesrätin Korinna Schumann (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Liebe ZuseherInnen auf der Galerie! Liebe ZuseherInnen und ZuhörerInnen! Wir befinden uns mitten in einer der größten Veränderungen in der Geschichte der Arbeit. Die Aus­wirkungen der Digitalisierung sind für alle Menschen ersichtlich. Wie bei jeder Verän­derung gilt es, nicht Ängste zu schüren, sondern zu gestalten und den Menschen Antworten auf ihre Fragen betreffend die gegenwärtigen und zukünftigen Entwicklun­gen zu geben.

Arbeitsplätze verschwinden, oft sind es auch gute Arbeitsplätze wie zum Beispiel im Bereich des Bankenwesens. Es wurde bereits gesagt, dass sich das Konsumverhalten der Menschen in großem Ausmaß in Richtung Internet entwickelt. Die Besorgnis und die Verunsicherung vieler Menschen sind nicht zu Unrecht vorhanden. Wie wird sich denn mein Arbeitsplatz entwickeln? Kann ich bei der Digitalisierung mithalten? Ja, es entstehen neue Arbeitsplätze, aber wie schauen die denn dann aus? Da gilt es, dringend Antworten zu geben, aber seitens der Regierung werden diese Fragen ignoriert. Der Fokus des politischen Handelns liegt derzeit auf der Interessenlage der Wirtschaft und da besonders auf jener der großen Unternehmen.

Die Gesellschaft müssen wir nicht auf den digitalen Wandel vorbereiten. Dieser findet längst statt: hohe Produktion, riesige Fabrikshallen, aber ganz wenige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Roboterisierung, Crowdwork, ClickworkerInnen ohne arbeitsrechtliche Absicherung.

Es findet Flucht aus dem Arbeitsrecht durch bestimmte Konstruktionen, um es zu um­gehen, statt. Es entstehen neue Geschäftsformen. Das wirtschaftliche Risiko und die Bewältigung der Auswirkungen aber überlässt man den einzelnen ArbeitnehmerInnen.


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Welche Zeichen zum Thema Arbeitsplatz und Digitalisierung hat die Regierung bisher gesetzt? – Ein durchgepeitschtes Mehrarbeitsgesetz, die Arbeitszeit wird ausgeweitet. (Rufe bei ÖVP und FPÖ: Das stimmt ja nicht!) Die Zahl der geleisteten Überstunden steigt permanent. Im letzten Jahr haben zwei Drittel der heimischen Beschäftigten Überstunden geleistet. Nun soll 12 Stunden täglich und 60 Stunden in der Woche ge­arbeitet werden, ohne ein wirkliches Recht auf Freizeitblöcke, ohne das Recht, wie es versprochen wurde, auf eine Viertagewoche. (Ruf bei der FPÖ: Können wir zum The­ma zurückkehren?!)

Gerade ist es noch mit viel politischem Druck gelungen, dass die Mittel zum Ausbau der Kinderbetreuung gleich bleiben und nicht auch noch gekürzt werden. Es gibt kei­nen wirklich flächendeckenden Ausbau der Kinderbildungseinrichtungen, um Vollzeit­ar­beit zu ermöglichen. – Das ist die Antwort der Regierung auf die neuen Herausfor­de­run­gen der Arbeitswelt für die Frauen. (Ruf bei der FPÖ: Falsches Programm! – Bundesrat Krusche: Jetzt sprechen wir über Digitalisierung!)

Regionalisierung der Mangelberufslisten und damit Öffnung des Arbeitsmarktes für BürgerInnen aus Drittstaaten: Geholt werden sollen Arbeitskräfte für Tätigkeiten wie Geschirrwaschen, Fensterputzen oder Schnitzelpanieren. Von den wirklichen Exper­tinnen und Experten, wie der Gedanke war, ist nichts mehr zu hören, davon ist nicht mehr die Rede. Das bedeutet Lohndumping, und es führt diese ArbeitnehmerInnen in eine Abhängigkeit vom Arbeitgeber, bindet sie an die Region. – Das ist die Antwort der Regierung auf die Veränderungen in der Arbeitswelt. (Ruf bei der ÖVP: Nicht Ängste schüren!)

Die Sozialpartnerschaft wird missachtet. Die ArbeitnehmerInnenvertretung soll und wird geschwächt werden. – Das ist Ihre Antwort auf die Herausforderungen der neuen Arbeitswelt.

60 Prozent der Staatseinnahmen in Österreich hängen am Arbeitsvertrag. Um eine Finanzierung der staatlichen Leistungen und des Sozialstaates garantieren zu können, werden nachhaltige Finanzierungsalternativen geschaffen werden müssen. Die Men­schen brauchen Antworten auf ihre Sorgen. Wir brauchen ein Recht auf Qualifikation, um allen Menschen die gleichen Chancen im Weg der Digitalisierung zu geben und sie abzuholen. Wir brauchen ein neues, modernes Arbeitszeitrecht, um den Auswirkungen der Digitalisierung begegnen zu können.

Es geht um viel, es geht um die psychische und physische Gesundheit der Menschen. Es geht um ein gutes und gerechtes Einkommen, um die Frage der Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit, um die Frage der Möglichkeit zur Vereinbarung von Beruf und Familie. Es ist hoch an der Zeit, sich den Herausforderungen der Digita­lisierung mit den Augen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu stellen. Der digitale Wandel muss für alle, vor allem auch im Interesse der Demokratie und des sozialen Friedens, positiv gestaltet werden. Wir wollen auch in Zukunft gute Arbeit und ein gutes Leben für alle Menschen. (Beifall bei der SPÖ sowie der BundesrätInnen Dziedzic und Stögmüller.)

11.10


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Christoph Längle. Ich erteile es ihm. – Bitte.


11.10.25

Bundesrat Christoph Längle (FPÖ, Vorarlberg): Herr Vizepräsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Ja, Digita­lisierung ist etwas, das uns alle betrifft. Sie ist aus dem Alltag, aus unserer Gesellschaft nicht mehr wegzudenken. Überall, wo wir hingehen, nicht nur im privaten, sondern auch


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im beruflichen Umfeld begegnen wir der Digitalisierung. Wir sehen die Leute mit Smartphones herumsitzen. Wir sehen Computer, Laptops und das Internet überall.

Der Begriff surfen ist schon längst in unseren kollektiven Wortschatz übergegangen; damit meint man nicht in erster Linie irgendeine Sportart am Meer oder an einem See, sondern spricht die Nutzung des Internets an.

Wenn man zum Beispiel in die Bahnhöfe geht, kann man die Fahrkarten mittels Com­puter kaufen. Das heißt auch, dass es dort einen Wandel gegeben hat und man nicht mehr wie üblich – wie es früher war – zu einem Menschen hingeht und eine Fahrkarte kauft, sondern man muss auch dort einen Computer mit Tippen und Wischen bedienen, um sich eine Fahrkarte kaufen zu können.

So passt der Titel dieser aktuellen Stunde perfekt: „Fit4Internet – Gesellschaft und Unternehmen auf digitale Zukunft vorbereiten“. Diese Regierung ist ja grundsätzlich bestens vorbereitet, nicht nur in Fragen der digitalen Zukunft, sondern auch in allen anderen Fragen. Wir haben sehr gute Leute – insbesondere mit unserem Herrn Minis­ter Hofer, aber selbstverständlich auch mit Ihnen, Frau Ministerin –, zwei Fachexperten in diesen Bereichen, die Maßnahmen setzen, unsere gute Infrastruktur ausbauen und aufrechterhalten und die notwendigen Schritte setzen, um eben fit für die Zukunft zu sein. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der ÖVP.)

Ein wichtiger Punkt für mich persönlich ist die Digitalisierung im Bildungsbereich. Wir haben heute schon über die jüngeren Menschen gesprochen, die junge Generation, die sogenannten Digital Natives. In diesem Bereich ist es aber wichtig, dass vonseiten des Staates eine ordentliche Anleitung kommt, dass auch an unseren Schulen und Bildungseinrichtungen Fachkräfte eingesetzt werden, die das auch gut anleiten und fachkundigen und profunden Unterricht gestalten. Ich selbst bin, Gott sei Dank, noch nicht so alt und kann mich an sehr guten EDV-Unterricht in meiner Schulzeit erinnern, mit dem auch unsere junge Generation und die nachfolgende Generationen auf die digitale Zukunft vorbereitet werden.

Grundsätzlich möchte ich aber festhalten, dass es meiner Meinung nach schon auch wichtig ist, dass man Schreiben und Lesen auch in herkömmlicher Weise beherrscht, und selbstverständlich in weiterer Folge Maschinschreiben, wie es früher war, das Tippen generell oder – wie vorhin gesagt – das Tippen und Wischen. Es geht aber auch darum, dass herkömmlich mit Kugelschreiber, Füllfederhalter oder dergleichen auf Papier geschrieben werden kann, denn die Technik ist gut, sie ist aber nur so lange gut, solange sie funktioniert. So ist es eben doch auch wichtig, wenn man schnell ein Blatt und einen Kugelschreiber hernehmen und sich damit weiterhelfen kann.

Zum Stichwort Bildung möchte ich auch noch den sogenannten Marienkäfer an­sprechen, mit dem schon unseren Jugendlichen und Kindern spielerisch beigebracht wird, dass man etwas programmieren kann. Man hat damit etwas Technisches, man kann diesen Käfer programmieren, damit wird den Kindern auf spielerische Art beige­bracht, wie das funktioniert.

Das Fit4Internet-Programm: Wir haben selbstverständlich nicht nur unsere junge Generation, sondern – ich sage einmal – auch die Mittelbau- und die ältere Generation als Zielgruppen. Es gibt da sehr viele gute Programme. Wir haben auch gehört, dass wir im EU-Vergleich grundsätzlich nicht ganz hinten sind. Wir sind im vorderen Drittel, aber Luft nach oben ist natürlich immer da. Anzusprechen sind da der Trainerpool, die Schulungsprogramme, die Vernetzung von Unternehmen und Gesellschaft, die technische Hilfe, die Qualitätskontrolle und vor allem auch unsere Universitäten.


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An dieser Stelle möchte ich einmal ein generelles Lob an alle Lehrkräfte in allen Bildungseinrichtungen aussprechen, die sich tagtäglich darum bemühen, dass unsere Kinder und Jugendlichen fit für die Zukunft sind. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Das Stichwort Arbeitsmarkt ist bereits angesprochen worden. Es werden nicht Arbeits­plätze vernichtet, sondern Arbeitsplätze geschaffen. Die Arbeitsweise ändert sich – das ja –, aber grundsätzlich gilt der Spruch: Je innovativer man ist, umso besser ist es. Das gilt auch für unsere Wirtschaft und unsere Arbeitswelt.

Noch ein paar Worte zu unserer Verwaltung: Ich selbst kann mich noch erinnern, als ich ein junger Beamter war, bin ich noch mit dem sogenannten Postmoped herum­gefahren. Das war so ein Moped mit sehr großen Außentaschen, in die man Akten gestopft hat. Damit ist man dann den ganzen Tag herumgefahren und hat Akten von A nach B transportiert. Heute geht das natürlich viel, viel einfacher, Stichwort E-Mail oder auch Elektronischer Akt. Dadurch hat man eine gewaltige Vereinfachung und Zeit­ersparnis. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang auch die guten Maßnahmen, die diese Regierung setzt, wie zum Beispiel das E-Government-Gesetz, das Zustellgesetz oder auch das Meldewesen und andere Gesetze. Ich denke, dass wir da sehr, sehr gut unterwegs sind und dass das passt.

Ein kurzer Negativpunkt noch: die Gesundheit. Aufzupassen ist natürlich auf unsere Augen, denn wenn man immer auf Bildschirme schaut und sich Geräte nahe vors Gesicht hält, ist das für die Augen nicht so gut. Auch gewisse Haltungsschäden sind bereits bekannt; da gilt das sprichwörtliche Maß und Ziel.

Einige Anmerkungen zu den Kollegen der SPÖ: Also was Sie da alles hineininter­pretieren, insbesondere Frau Hahn und Frau Schumann, muss ich schon sagen, resultiert eigentlich nur aus einer Tatsache: Sie sind einfach neidisch, dass jetzt diese Regierung die Digitalisierung umsetzt. Sie haben das halt leider die Jahrzehnte über verschlafen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Ich halte abschließend fest – die Redezeit ist vorbei und ich hätte noch einiges zu sagen –: Wir sind gut aufgestellt, wir haben eine sehr gute Regierung. Wir haben mit Herrn Minister Hofer und Frau Ministerin Schramböck zwei Experten an oberster Stelle und sind fit für die Zukunft. – Danke. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

11.17


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Dr. Ewa Dziedzic. Ich erteile es ihr. – Bitte.


11.17.28

Bundesrätin Mag. Dr. Ewa Dziedzic (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Vize­prä­si­dent! Frau Ministerin! Werte Kollegen und Kolleginnen! Eines muss man dem Bun­desrat lassen: Das Thema Digitalisierung wird immer wieder zum Thema gemacht, und das ist gut so. Wir sind nämlich tatsächlich mitten in dieser digitalen Transfor­mation und wissen noch immer nicht, wie sich diese nicht nur auf die Wirtschaft und auf die Menschen, sondern auch auf die Umwelt und die Natur auswirken wird.

Damit in Österreich einiges vorangeht, das haben schon meine Vorredner und Vorred­nerinnen festgestellt, braucht es einiges, zum Beispiel den Ausbau von Open-Data-Plattformen – da ist die Kooperation zwischen Bund und Ländern sicherlich noch zu verstärken – und die flächendeckende rasche Implementierung von schnellerem Inter­net, vor allem auf dem Land, die Stärkung und Vermittlung digitaler Kompetenzen im schulischen Bereich – das war heute auch schon Thema – oder den verstärkten Ein­satz von Open-Source-Produkten anstelle von Investitionen nur in mächtige Mono­pole.


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Sie alle hier im Bundesrat haben vor Kurzem ein Buch des ÖGB-Verlags mit dem Titel „Überall ist Zukunft“ bekommen; es gibt sehr viele Maßnahmen, insbesondere den Arbeitsmarkt betreffend, die wir umsetzen müssten. Wenn man sich aber Ihre Maßnahmen anhört, so wird man das Gefühl nicht los, dass das eher torpediert wird und Sie gänzlich auf anderes setzen. Ein Beispiel: Wenn man fragt, wem der digitale Wandel nützt, dann antworten Sie zuallererst: der Wirtschaft, den Unternehmen. Wenn man fragt, wie sich das auf das Arbeitsleben auswirkt, sagen Sie: Na ja, es gibt Home­office und in Zukunft 12-Stunden-Tage!, anstatt einer Umverteilung der Arbeitslast, die durch diese digitale Transformation möglich wäre.

Woran erkennt man Ihre Positionierung noch? – Mittlerweile finden es ja recht viele schick, in Zukunft mit dem Elektroauto auf der Busspur zu fahren und den öffentlichen Verkehr zu behindern. Sie aber haben Ihre grundsätzliche Haltung nicht aufgegeben, diese ist: schnell, schneller, noch Gewinne machen, hinter mir die Sintflut! Dabei sind Sie sicherlich nicht die Anwälte der Bürger und Bürgerinnen und stehen nicht für eine ressourcenschonende Transformation, die aber möglich wäre.

Auf der anderen Seite wissen wir, dass die digitale Transformation nicht nur die Wirt­schaft trifft, sondern vor allem unsere Umwelt, und dass das zusammenhängt, blenden Sie nach wie vor aus. (Bundesrätin Mühlwerth: Wir schaffen es einfach ab, nicht? Dann ist alles gut!) – Es ist tatsächlich, Frau Mühlwerth, sehr einseitig, den Fokus auf Gewinne und Unternehmen zu legen, auch wenn diese Bereiche womöglich profitabler sind.

Mittels digitaler Technologien – und das dürfen wir nicht vergessen – können nämlich Ressourcen, Zeit und Kosten gespart werden. Wir wissen aber auch, dass die Digita­lisierung gleichzeitig zu mehr Ressourcenverbrauch führen kann. Wir wissen, dass diese Ressourcen beschränkt sind. Die Kollegin von der ÖVP hat vorhin die Car­sharingsysteme angesprochen, wobei wir mittlerweile aus Studien wissen, dass diese die Massenverkehrsmittel verdrängen können und der Verkehr im städtischen Bereich dadurch sogar um 40 Prozent steigen kann.

Wir müssen deshalb, wenn wir über Digitalisierung reden, ganz dringend auch andere Fragen als nur jene die Wirtschaft betreffend beantworten. Wie muss Digitalisierung eingesetzt werden – das wäre eine solche Frage –, sodass vom technologischen Fort­schritt in Zukunft möglichst viele profitieren und die Umwelt dabei nicht zerstört wird?

In der Politik müssen wir uns fragen (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth), ob digitale Wachstumsökonomie wirklich nur bedeutet, dass weiterhin einige einzelne Konzerne davon profitieren und wir noch schneller an die planetaren Grenzen stoßen. Was bedeutet Digitalisierung nicht nur für die Unternehmen und die Wirtschaft, sondern auch für die Landwirtschaft? – Auch diese Frage wurde heute gänzlich ausgelassen.

Mir ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass alle diese Bereiche zusammen gedacht wer­den müssen, dass es zu kurzsichtig ist, den Fokus lediglich auf die Unternehmen zu legen und zu versuchen, die Störenfriede auszuschalten. Das passiert aktuell und wird im Zusammenhang mit dem geplanten Standort-Entwicklungsgesetz im Bundesrat noch Thema sein, auch im Zusammenhang mit der Novelle zur Umweltver­träglichkeits­prüfung. Da wird sichtbar, dass für die Regierung der Umweltschutz ein lästiges Hindernis ist (Ruf bei der FPÖ: Der Umweltschutz nicht, aber die Umweltschützer!), wenn es um Wirtschaftsinteressen und um die Durchsetzung von Großprojekten – ohne Einbindung der von Ihnen so oft zitierten Menschen – geht.

Eines ist klar: Wir werden das Thema hier weiterhin behandeln, und Sie können sich sicher sein, dass wir als Grüne weiterhin darauf verweisen werden, dass die digitale Transformation zwar eine große Chance für uns alle ist, aber zum Risiko und zur


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Gefahr wird, wenn wir ausblenden, dass sie ausschließlich der Wirtschaft zugutekom­men soll, und wenn wir nicht auf die Ressourcen achten, nicht darauf achten, was es für den Arbeitsmarkt bedeutet, wie uns Arbeitsplätze abhandenkommen und wie wir das in Zukunft besser umverteilen können.

Ein Bereich wurde hier ebenfalls ausgelassen – und die Zeit lässt es auch nicht zu, das jetzt ausführlich zu besprechen –, nämlich die Frage von Hass und Hetze im Internet. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Im digitalen Zeitalter ist auch das eine große Herausfor­derung, wir werden aber beim nächsten Tagesordnungspunkt noch zu gesetzlichen Verschärfungen kommen. Da wird es dann hoffentlich möglich sein, auf dieses Thema näher einzugehen. – Ich danke vielmals für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller.)

11.24


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Zur Abgabe einer abschließenden Stellungnahme hat sich noch einmal die Frau Bundesministerin zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr und bitte wieder, die 5 Minuten im Auge zu behalten. – Bitte.


11.24.17

Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Dr. Margarete Schramböck: Herzlichen Dank für Ihre Inputs und Ideen! Ich habe fleißig mitge­schrieben, um die Dinge auch einfließen zu lassen. Der Austausch gerade mit den Bundesländern und Ihnen als deren Vertreter ist mir besonders wichtig.

Ich möchte abschließend auf zwei Themen eingehen; das eine wurde kurz ange­sprochen: die Chancen, die die Digitalisierung auch für die Frauen bietet. Um das zu fördern und eine wirklich klare Maßnahme zu setzen, habe ich ein Programm aufge­setzt, mit dem Projekte, die Frauen in atypische Lehrberufe bringen, gefördert werden. Es stehen 5 Millionen Euro zur Verfügung, die dafür da sind, dass die jungen Frauen nicht nur in die für sie klassischen Lehrberufe gehen. Wir haben immerhin 200 Lehr­berufe, aber 44 Prozent unserer jungen Frauen wählen drei dieser Lehrberufe. Da braucht es ganz klare Programme und Maßnahmen. Ich wünsche mir, dass in den Bundesländern sehr viel umgesetzt wird und das Angebot genutzt wird, um solche Programme entsprechend zu fördern.

Der zweite Punkt, auf den ich noch eingehen möchte, ist das Thema Innovation. Wenn wir uns die Ausgaben für Forschung und Entwicklung anschauen, sehen wir, wir in Österreich sind an zweiter Stelle in Europa. An erster Stelle – was die absoluten Ausgaben sowohl der Wirtschaft als auch der öffentlichen Hand betrifft – ist Schweden, und an zweiter Stelle kommen schon wir. Da können wir wirklich froh darüber und stolz darauf sein.

Wir haben auch die Forschungs- und Entwicklungsförderung auf 14 Prozent ange­hoben. Das ist für viele Unternehmen wie Infineon und andere ein wichtiger Anreiz, um hier in Österreich speziell in diesem Bereich zu investieren. Dort wird betreffend spe­zifische Themen wie Artificial Intelligence, Blockchain et cetera geforscht, diese Themen werden dann genommen, und hier müssen wir besser werden. Wenn die Forschung so ist, wie sie jetzt ist, müssen wir in der Umsetzung in den Betrieben besser werden. Das heißt, vor allem die mittelständische Wirtschaft braucht Zugang zu den Ergebnissen und Möglichkeiten in diese Richtung. Darum freue ich mich, dass die angewandte Forschung in meinem Ministerium angesiedelt ist, um den Transfer von Forschung in die Unternehmen zu gewährleisten.

Bereits mehr als 70 Prozent aller unserer Forschungsprojekte haben mit dem Thema Digitalisierung zu tun, das heißt, wir sind auf dem richtigen Weg, haben dort noch


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einiges zu tun. Ich stehe ganz klar dafür, so viele wie möglich auf diesem Weg mitzu­nehmen.

Wenn wir uns anschauen, was die Digitalisierung an Möglichkeiten für die Umwelt bietet, so müssen wir sagen, es ist eben nicht erforderlich, dass man jedes Mal ins Auto steigt und ins Büro fährt. Man kann und soll sich das im Sinne moderner Arbeits­welten auch selber einteilen. Jeder Unternehmer – gerade bei dem momentanen Fach­kräftemangel – möchte gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei sich haben; wenn er ihnen Arbeitsplätze geben kann, dann ist es ein Miteinander und nicht ein Gegen­einander, und auch das im Sinne der Umwelt und nicht gegen die Umwelt. – Herz­lichen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

11.27


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Vielen Dank, Frau Bundesminister!

Die Aktuelle Stunde ist beendet.

11.27.55Einlauf und Zuweisungen


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Hinsichtlich der eingelangten, verviel­fältigten und verteilten Anfragebeantwortungen,

der Mitteilungen des Tiroler, des Oberösterreichischen und des Vorarlberger Land­tages betreffend Mandatsverzichte beziehungsweise Wahl von Mitgliedern und Ersatz­mitgliedern des Bundesrates,

der Unterrichtungen des Bundeskanzlers gemäß Art. 23c Abs. 5 Bundes-Verfas­sungsgesetz betreffend die Nominierung von Mitgliedern und stellvertretenden Mitglie­dern des Ausschusses der Regionen,

der Schreiben des Generalsekretärs des Bundesministeriums für Europa, Integration und Äußeres gemäß Art. 50 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz sowie

der Schreiben des Verbindungsdienstes des Bundeskanzleramtes betreffend den Auf­ent­halt von Mitgliedern der Bundesregierung in einem anderen Mitgliedstaat der Euro­päischen Union beziehungsweise der Vertretungsmeldung der Mitglieder der Bundes­regie­rung

verweise ich auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung gemäß § 41 Abs. 4 der Ge­schäftsordnung des Bundesrates, die dem Stenographischen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen wird.

Ebenso verweise ich hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und de­ren Zuweisungen im Sinne des § 19 Abs. 1 der Geschäftsordnung auf die gemäß § 41 Abs. 1 der Geschäftsordnung im Sitzungssaal verteilte Mitteilung, die ebenfalls dem Stenographischen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen wird.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangt sind:

1. Anfragebeantwortungen:

(Anlage 1) (siehe auch S. 7)


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2. Schreiben der Landtage:

Mitteilungen des Tiroler und des Vorarlberger Landtages bzw. Schreiben des Präsi­denten des Oberösterreichischen und des Vorarlberger Landtages betreffend Mandats­verzichte bzw. Wahl von Mitgliedern und Ersatzmitgliedern des Bundesrates (Anlage 3, Anlage 3a, Anlage 4 und Anlage 5)

3. Schreiben des Bundeskanzlers:

Unterrichtungen des Bundeskanzlers gemäß Art. 23c Abs. 5 B-VG betreffend die

Nominierung von Herrn Landesrat Dr. Martin Eichtinger über Vorschlag des Landes Niederösterreich zum stellvertretenden Mitglied des Ausschusses der Regionen (An­lage 7),

Nominierung von Frau Landtagspräsidentin Dr. Brigitta Pallauf über Vorschlag des Landes Salzburg zum stellvertretenden Mitglied des Ausschusses der Regionen (An­lage 8),

Nominierung von Herrn Landeshauptmann Günther Platter zum Mitglied und Frau Landtagspräsidentin Sonja Ledl-Rossmann zum stellvertretenden Mitglied des Aus­schus­ses der Regionen über Vorschlag des Landes Tirol (Anlage 9)

und

Nominierung von Herrn Landeshauptmann Dr. Michael Ludwig zum Mitglied und Herrn Amtsführenden Stadtrat Peter Hanke zum stellvertretenden Mitglied des Ausschusses der Regionen über Vorschlag des Landes Wien (Anlage 10)

4. Eingelangte Verhandlungsgegenstände, die gemäß Art. 42 Abs. 5 B-VG nicht dem Mitwirkungsrecht des Bundesrates unterliegen:

Beschluss des Nationalrates vom 26. September 2018 betreffend ein Bundesgesetz über die Genehmigung des Bundesrechnungsabschlusses für das Jahr 2017 (III-160/NR und 259/NR d. B.)

5. Aufenthalt von Mitgliedern der Bundesregierung in einem anderen Mitglieds­staat der Europäischen Union:

Schreiben des Verbindungsdienstes des Bundeskanzleramtes betreffend

den Aufenthalt des Herrn Bundesministers für Inneres Herbert Kickl am 10. Oktober 2018 in Den Haag und vom 11. bis 13. Oktober 2018 in Luxemburg (Anlage 11)

bzw.

den Aufenthalt der Frau Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres Dr. Karin Kneissl am 11. (abends) und 12. Oktober 2018 (mittags) in Berlin (An­lage 12),

den Aufenthalt des Herrn Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz Dr. Josef Moser am 10. (mittags) und 11. Oktober 2018 in Luxemburg (An­lage 13 und Anlage 13a),


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den Aufenthalt der Frau Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend Dr. Juliane Bogner-Strauss am 10. und 11. Oktober 2018 in Brüssel (Anlage 14),

und

den Aufenthalt des Bundesministers für EU, Kunst, Kultur und Medien Mag. Gernot Blümel vom 10. bis 12. Oktober 2018 (Anlage 15)

6. Unterrichtungen gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG:

Schreiben des Generalsekretärs des Bundesministeriums für Europa, Integration und Äußeres gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG betreffend

Aufnahme von Verhandlungen über das Protokoll zwischen der Republik Österreich und dem OPEC-Fonds für internationale Entwicklung zur Abänderung des Abkommens zwischen der Republik Österreich und dem OPEC-Fonds für internationale Entwicklung über den Amtssitz des Fonds (Anlage 2)

bzw.

Aufnahme von Verhandlungen über ein internationales, rechtlich verbindliches Instru­ment unter dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen über den Schutz und die nachhaltige Nutzung von mariner biologischer Diversität in Gebieten außerhalb der nationalen Jurisdiktion (Anlage 6)

B. Zuweisungen

1. Gesetzesbeschlüsse (Beschlüsse) des Nationalrates sowie EU-Vorhaben gemäß Art. 23e B-VG:

(siehe Tagesordnung)

2. Vorlagen der Bundesregierung oder ihrer Mitglieder:

(siehe Tagesordnung)

Verkehrstelematikbericht 2018 (III-656-BR/2018 d. B.)

und

Tätigkeitsbericht der Schienen-Control GmbH 2017 (III-657-BR/2018 d. B.)

sowie

Tätigkeitsbericht des Rates für Forschung- und Technologieentwicklung 2017 (III-658-BR/2018 d. B.)

alle zugewiesen dem Ausschuss für Verkehr

und

Grüner Bericht 2018 (III-659-BR/2018 d. B.)

sowie


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Massnahmen für die Land- und Forstwirtschaft im Jahre 2019 (III-660-BR/2018 d. B.)

beide zugewiesen dem Ausschuss für Land-, Forst- und Wasserwirtschaft

und

Bericht des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz über die in den Jahren 2012 bis 2017 erteilten Weisungen (III-661-BR/2018 d. B.)

zugewiesen dem Justizausschuss

sowie

Tätigkeitsbericht des Verwaltungsgerichtshofes für das Jahr 2017 (III-662-BR/2018 d. B.)

zugewiesen dem Ausschuss für Verfassung und Föderalismus

3. Petitionen:

Petition betreffend „Keine Kürzungen bei Frauen- und Familienberatungsstellen, Frauenhäusern, Gewaltschutz“, überreicht von Bundesrat Dr. Gerhard Leitner (42/PET-BR/2018)

Petition betreffend „Keine Streichung des Kinderbetreuungsgeldes für Krisenpfle­ge­eltern“, überreicht von Bundesrat David Stögmüller (43/PET-BR/2018)

und

Petition betreffend „Verschärfung des Glückspielgesetzes“, überreicht von Bundesrat David Stögmüller (44/PET-BR/2018)

alle zugewiesen dem Ausschuss für BürgerInnenrechte und Petitionen

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Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Eingelangt sind Schreiben des Verbin­dungsdienstes des Bundeskanzleramtes betreffend Beendigung der Vertretung gemäß Art. 73 Abs. 1 B-VG der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus Elisabeth Köstinger durch die Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend Dr. Juliane Bogner-Strauß mit 26. August 2018 beziehungsweise

den Aufenthalt von Herrn Bundesminister für Finanzen Hartwig Löger vom 10. bis 15. Oktober 2018 in Bali, Indonesien, bei gleichzeitiger Beauftragung der Bundes­ministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Dr. Margarete Schramböck mit seiner Vertretung sowie

die Vertretung des Herrn Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz Dr. Josef Moser durch die Frau Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Dr. Margarete Schramböck bis 12 Uhr und Herrn Bundesminister für Bildung Dr. Heinz Faßmann ab 12 Uhr.

*****

Eingelangt sind und den zuständigen Ausschüssen zugewiesen wurden jene Be­schlüsse des Nationalrates beziehungsweise jener Bericht, die beziehungsweise der Gegenstand der heutigen Tagesordnung sind beziehungsweise ist.

Die Ausschüsse haben ihre Vorberatungen abgeschlossen und schriftliche Ausschuss­berichte erstattet.

Ich habe die zuvor genannten Verhandlungsgegenstände auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.

*****

Ich gebe bekannt, dass der von den Bundesräten David Stögmüller und Dr. Ewa Dziedzic gestellte Entschließungsantrag betreffend „Überführung der inklusiven Klas­sen an Sonderschulen ins Regelschulsystem – die Integrationsklassen in Oberöster­reich retten“, nur zwei Unterschriften trägt und somit nicht genügend unterstützt ist.

Ich stelle daher die Unterstützungsfrage und bitte jene Bundesrätinnen und Bundes­räte, die diesen Antrag zusätzlich unterstützen wollen, dies also nicht bereits durch ihre Unterschrift getan haben, um ein Handzeichen. – Durch die zusätzliche Unterstützung ist der gegenständliche Antrag als genügend unterstützt anzusehen und wird dem Unterrichtsausschuss zugewiesen.

Ich gebe weiters bekannt, dass der von den Bundesräten David Stögmüller und Dr. Ewa Dziedzic gestellte Entschließungsantrag betreffend „Verschärfung des Glücks­spielgesetzes“ nur zwei Unterschriften trägt und somit nicht genügend unterstützt ist.

Ich darf auch diesbezüglich die Unterstützungsfrage stellen und bitte jene Bundes­rätinnen und Bundesräte, die diesen Antrag zusätzlich unterstützen wollen, dies also noch nicht schriftlich getan haben, um ein Handzeichen. – Die Unterstützung ist nicht ausreichend.


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11.31.48Fristsetzungsanträge


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Weiters gebe ich bekannt, dass Bundes­rat David Stögmüller einen Antrag gemäß § 45 Abs. 3 der Geschäftsordnung einge­bracht hat, dem Ausschuss für Unterricht, Kunst und Kultur zur Berichterstattung über den Entschließungsantrag der Bundesräte David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Erhalt von Integrationsklassen an Sonderschulen“ eine Frist bis 8. Novem­ber 2018 zu setzen.

Den Bestimmungen der Geschäftsordnung entsprechend werde ich den Fristsetzungs­antrag nach Erledigung der Tagesordnung zur Abstimmung bringen.

Überdies darf ich bekannt geben, dass Bundesrat David Stögmüller einen Antrag gemäß § 45 Abs. 3 der Geschäftsordnung eingebracht hat, dem Ausschuss für Kin­der­rechte zur Berichterstattung über den Entschließungsantrag der Bundesräte Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Hilfen für junge Erwachsene“ eben­falls eine Frist bis zum 8. November 2018 zu setzen.

Den Bestimmungen der Geschäftsordnung entsprechend werde ich den Fristsetzungs­antrag nach Erledigung der Tagesordnung zur Abstimmung bringen.

11.32.51Antrag gemäß § 16 Abs. 3 GO-BR


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Schließlich gebe ich bekannt, dass von den Bundesräten Inge Posch-Gruska, Magnus Brunner, Monika Mühlwerth, Kollegin­nen und Kollegen gemäß § 66 der Geschäftsordnung des Bundesrates der Antrag auf Abhaltung einer parlamentarischen Enquete zum Thema „Kinder- und Jugendhilfe quo vadis? Rechte.Chancen.Perspektiven.“ eingebracht wurde. Hierzu wurde gemäß § 49 Abs. 1 in Verbindung mit § 16 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates beantragt, diesen Selbständigen Antrag ohne Ausschussvorberatung in Verhandlung zu nehmen.

Ich lasse daher über den Antrag der Bundesräte Posch-Gruska, Brunner, Mühlwerth, Kolleginnen und Kollegen, diesen Selbständigen Antrag ohne Ausschussvorberatung in Verhandlung zu nehmen, abstimmen. Hierzu ist eine Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen erforderlich.

Ich bitte jene Kolleginnen und Kollegen, die dem vorliegenden Antrag ihre Zustimmung geben, um ein Handzeichen. – Das ist die Einstimmigkeit. Der Antrag ist somit mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen.

Ich werde daher die Tagesordnung um den Selbständigen Antrag auf Abhaltung dieser Enquete ergänzen und diesen als 7. Tagesordnungspunkt in Verhandlung nehmen; der bisherige Tagesordnungspunkt 7 wird also zu Tagesordnungspunkt 8.

*****

Ich habe die zuvor genannten Verhandlungsgegenstände, die Wahl eines 4. Schrift­führers für den Rest des 2. Halbjahres 2018, die Wahl von Ausschüssen sowie den Selbständigen Antrag auf Abhaltung einer Enquete auf die Tagesordnung gestellt.

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.


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11.34.361. Punkt

Wahl eines/einer 4. Schriftführers/-in für den Rest des 2. Halbjahres 2018


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Wir gelangen zum 1. Punkt der Tages­ord­nung.

Es liegt mir der Vorschlag vor, Herrn Bundesrat Dr. Peter Raggl für den Rest des 2. Halbjahres zum 4. Schriftführer zu wählen. Falls kein Einwand erhoben wird, nehme ich diese Wahl vor. – Kein Einwand.

Ich bitte jene Kolleginnen und Kollegen, die diesem Wahlvorschlag ihre Zustimmung geben, um ein Handzeichen. – Das ist die Einstimmigkeit, der Wahlvorschlag ist so­mit angenommen.

Ich darf den Gewählten fragen, ob er die Wahl annimmt.

11.35.11


Bundesrat Dr. Peter Raggl (ÖVP, Tirol): Ich nehme an und danke für das Vertrauen.


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Danke schön.

11.35.172. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 26. September 2018 betreffend ein Bundes­ge­setz, mit dem das Strafgesetzbuch und die Strafprozeßordnung 1975 geändert werden (Strafrechtsänderungsgesetz 2018) (252 d.B. und 261 d.B. sowie 10025/BR d.B.)


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Wir gelangen nun zu Punkt 2 der Tages­ord­nung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Sandra Kern. – Ich bitte um den Bericht.

11.35.29


Berichterstatterin Sandra Kern: Geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich erstatte den Bericht des Justiz­ausschusses des Bundesrates über den Beschluss des Nationalrates vom 26. Septem­ber betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch und die Strafprozeß­ordnung 1975 geändert werden (Strafrechtsänderungsgesetz 2018).

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich darf daher gleich zur Antragstellung kommen:

Der Justizausschuss des Bundesrates stellt nach Beratung der Vorlage am 9. Okto­ber 2018 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Martin Weber. Ich erteile es ihm. – Bitte.


11.36.32

Bundesrat Martin Weber (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Eines hat diese Gesetzesnovelle uns allen klar und deut­lich gezeigt: Widerstand gegen diese Regierungspolitik lohnt sich. Widerstand gegen diese Regierung lohnt sich. Es lohnt sich, Kritik zu üben, wenn sie angebracht ist. Ich denke, diese Novelle des Strafgesetzbuches ist ein sehr gutes Beispiel dafür, denn


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ohne die parlamentarische und außerparlamentarische Opposition würde uns heute ein ganz anderer Gesetzestext zur Beschlussfassung vorliegen.

Der ursprüngliche Vorschlag, so wie er auch noch im Ministerrat lautete, hätte vorge­sehen, dass der Terrorismusbegriff unglaublich ausgeweitet wird. Die wichtige Abgren­zung im Strafgesetzbuch zu Aktivitäten und Taten, die Demokratie wiederherstellen, Demokratie schützen oder Menschenrechte etablieren wollen, hätte es nämlich in der Regierungsvorlage nicht gegeben. Menschenrechtsaktivisten und jene Mutigen, die sich für die Demokratie starkmachen, wären auf einmal auf gleicher Ebene wie Ter­roris­ten gestanden.

Das wäre wahrscheinlich in Österreich gar nicht das allzu große Problem gewesen, aber wir wissen, dass sehr viele Organisationen – von der Caritas über das Rote Kreuz bis hin zur Volkshilfe, dem Samariterbund, Amnesty International und, und, und – in Ländern, die entweder fragile Staaten sind, die keine demokratischen Regierungen haben oder aus einem anderen Grund problematisch sind, aktiv sind und dort gemein­sam mit Kooperationspartnern arbeiten. Ganz oft werden dann dort Organisationen, die versuchen, Demokratie und Menschenrechte herzustellen, mit dem Terrorismusvorwurf konfrontiert. Wir wissen, dass dies leider sehr, sehr oft geschieht. Es könnte dann sehr leicht passieren, dass auch österreichische Organisationen, die mit diesen Organisa­tionen kooperieren und ihnen helfen, Demokratie und Menschenrechte zum Durch­bruch zu bringen, beispielsweise der Terrorismusfinanzierung bezichtigt oder in das­selbe Licht gerückt würden. Es ist also sehr, sehr wichtig, klar zu trennen, was Terroris­mus ist und was nicht.

Meine Fraktion und ich sind deshalb sehr froh, dass es im Begutachtungsprozess sehr, sehr viele Stellungnahmen gegeben hat und sich viele Stellungnahmen auch auf die Streichung des § 278c Abs. 3 bezogen haben. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

Dies haben sie letztlich erfolgreich getan – und das ist gut –, weil dieser Teil des vorge­sehenen Gesetzes jetzt nicht kommt, da aufgrund der vielen negativen Begutachtun­gen die Streichung dieses Paragrafen verhindert und damit ein schwerwiegender Grund­rechtsabbau abgewendet worden ist. Er wäre aus meiner Sicht eine wirklich echte Be­drohung gewesen.

Das zeigt uns aber auch, welche Kräfte in der derzeitigen Regierung offensichtlich tätig sind. Das zeigt uns auch klar – und das ist positiv –, dass man mit sachlich fundierter Auseinandersetzung und konstruktiver Kritik Erfolg haben kann und dass wir in der Lage sind, unsinnige Dinge zu verhindern, die die derzeitige Regierung vorhat.

Diese konstruktive Kritik – und wir alle wissen das – geschieht ganz oft und – nicht nur in diesem Fall – auch zu Recht. (Bundesrätin Mühlwerth: Aber es waren nicht genug, und du redest ja dagegen!) In diesem Fall waren wir in einem Bündnis zwischen den Oppositionsparteien und der organisierten Zivilgesellschaft. Das wird uns für viele andere Dinge noch ein positives Beispiel sein.

Trotz alledem werden wir von der Sozialdemokratischen Partei dieser Novelle, die uns heute vorliegt, nicht zustimmen. Im Übrigen hat auch der österreichische Rechtsan­walts­kammertag davor gewarnt, Dinge ins Gesetz zu schreiben, die Verdoppelungen sind und ohnedies schon längst gelten, wie zum Beispiel hinsichtlich der Reisen zum Zwecke des Terrorismus, die nämlich schon jetzt strafbar sind. Es würde in Zukunft unnötige Fragen aufwerfen. Warum? – Wenn etwas, das ohnedies schon gelten soll, in einer weiteren Passage leicht abgeändert noch einmal im Gesetz steht, wird man letztlich darüber diskutieren müssen, was jetzt wirklich stimmt, was jetzt wirklich gilt. – Das ist legistisch gesehen natürlich ein kompletter Unsinn.


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Ich finde, das steht sicher nicht in Relation zu dem, was man damit auch bekämpfen könnte. Wir sollten Terrorismus bekämpfen, das bezweifelt überhaupt niemand, aber wir glauben, dass das kein geeignetes Mittel ist, um dabei wirklich Fortschritte zu machen, sondern – umgekehrt – dass das eigentlich nur noch mehr Unsicherheit schafft. Aus unserer Sicht ist da die Missbrauchsmöglichkeit zu groß, darum werden wir nicht zustimmen. Man muss sagen, dass es auch legistisch sehr schlecht aufbereitet ist.

Das Erfreuliche an der ganzen Geschichte ist im Grunde genommen, dass die Pas­sage, die ich vorhin erwähnt habe, geklärt ist und nun ganz genau sichergestellt ist, was Terrorismus ist, was als solcher gilt und was es nicht ist. Dafür danken wir auch schön. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Mühlwerth: Stimmts jetzt zu? – Bundesrat Weber – auf dem Weg zu seinem Sitzplatz –: Zuhören!)

11.43


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Wir haben heute auf der Besuchergalerie insgesamt drei Gruppen vom Pensionistenverband Graz Umgebung und Voitsberg. Eine Gruppe darf ich jetzt einmal ganz herzlich begrüßen. – Willkommen im Bundesrat! (Allgemeiner Beifall.)

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler. Ich erteile es ihr. – Bitte.


11.43.43

Bundesrätin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP, Salzburg): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrte Damen und Herren oben auf der Galerie und vor den Bildschirmen! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich werde dann schon noch auf die Ausführungen von Kollegen Weber eingehen; zunächst vielleicht ein paar einleitende Worte.

In Vorbereitung zu dieser Rede habe ich mir überlegt: Als ich 1984 das Studium der Rechtswissenschaften abgeschlossen habe, hätte ich mir nie gedacht, dass ich mich 34 Jahre später wieder über Terrorismus austauschen muss, darüber reden und aktiv werden muss. Damals, einige werden sich noch erinnern, hat ja die Baader-Meinhof-Gruppe ihr Unwesen in Deutschland und teilweise auch in Österreich getrieben und uns alle in Furcht und Unruhe versetzt. (Bundesrätin Mühlwerth: Sie hat Menschen ermordet!) – Und Menschen ermordet, natürlich, Frau Kollegin! (Bundesrätin Mühlwerth: Nicht vergessen!) Heute haben wir diese Terroranschläge leider wieder. Wir erinnern uns an die Anschläge in Frankreich im Bataclan oder in der Redaktion von „Charlie Hebdo“, in Deutschland auf den Weihnachtsmarkt in Berlin oder auch an den Anschlag auf den Flughafen Brüssel. Ich glaube, uns allen sind diese Erinnerungen noch sehr stark im Gedächtnis. Wir haben Bilder von traumatisierten Menschen, Verwüstungen, Leid im Gedächtnis und – wie Kollegin Mühlwerth schon gesagt hat – von Toten und Verletzten.

Die Terroristen versuchen, uns damit einzuschüchtern und die demokratischen Grund­werte unserer Gesellschaft zu erschüttern. Das können und wollen wir nicht zulassen.

Kollege Weber, ich glaube, da sind wir uns doch einig, dass wir handeln und aktiv sein müssen – und diese Regierung handelt und setzt um und ist aktiv. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Sie können jetzt noch sehr viele Argumente anführen, warum was nicht so ist, wie Sie sich das vorstellen oder wünschen. Für uns bedeutet der vorliegende Gesetzes­be­schluss eine Klarstellung, einen konsequenten Weg in Richtung Terrorismusbekämp­fung. Daher sind wir sehr froh, dass wir diesen Beschluss heute auch im Bundesrat behandeln können.


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Worum geht es? – Vielleicht kurz: Der Gesetzesbeschluss dient der Umsetzung der Richtlinie zur Terrorismusbekämpfung. Es sind im Wesentlichen fünf Punkte:

Es geht um die Erweiterung der inländischen Gerichtsbarkeit im Zusammenhang mit Terrorismus. Zum Beispiel: Mit einem Flüchtlingstransport gelangt ein ehemaliger Terrorist nach Österreich. Seine Vergangenheit kommt ans Tageslicht. Er kann nun auch in Österreich wegen seiner im Ausland begangenen terroristischen Aktivitäten verfolgt und verurteilt werden.

Zweitens geht es um die Erweiterung des Katalogs der terroristischen Straftaten. Das sind bestimmte an sich normale Straftaten, die dann, wenn sie terroristisch begangen werden, strenger bestraft werden, als wären sie normal begangen worden. Also kon­kret geht es um die terroristisch qualifizierte Störung der Funktionsfähigkeit eines Computersystems. Viele von Ihnen erinnern sich sicher, welche chaotischen Szenarien sich abspielen, wenn es normale Computerausfälle gibt. Um wie viel schlimmer ist das dann, wenn es terroristischen Hintergrund hat! – Darum gilt es zu handeln und diese Bestimmung konsequent umzusetzen.

Drittens geht es um die Erweiterung des Katalogs finanzierungstauglicher Straftaten. Künftig wird insbesondere auch die Finanzierung der Ausbildung zu terroristischen Zwecken, also beispielsweise jene eines Terrorcamps oder einer Reise dorthin, als Terrorismusfinanzierung strafbar sein und ebenso die Finanzierung einer Reise für terroristische Zwecke.

Der vierte Punkt betrifft die Einführung eines neuen Straftatbestandes: Reisen für terroristische Zwecke,

und der fünfte Punkt die Erweiterung des Personenkreises – das ist auch ganz wichtig, Kollege Weber, das haben Sie nicht angesprochen –, welcher einen Anspruch auf Prozessbegleitung hat, auf Opfer terroristischer Straftaten.

Es war ja so, dass bestimmte Opfer terroristischer Straftaten, speziell jene, die halt „bloß“ – unter Anführungszeichen – einen wirtschaftlichen Verlust erlitten haben, bisher keinen Anspruch auf Prozessbegleitung hatten. Daher war es nur konsequent, dass wir mit der nun vorliegenden Gesetzesnovelle auch diesen Menschen diesen Anspruch, dieses Opferrecht, gewähren.

Für mich ist diese Gesetzesvorlage daher ein richtiger und konsequenter Schritt in Richtung wirkungsvolle Terrorismusbekämpfung. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind wir den Opfern von Terrorismus, das sind wir auch unseren Bür­gerInnen, für die wir hier im Hohen Haus Verantwortung tragen, schuldig.

Wie schon erwähnt, diese Regierung unter unserem Bundeskanzler Sebastian Kurz handelt und setzt konsequent um. Ich kann Sie daher nur auffordern, keinen Einspruch gegen den vorliegenden Gesetzentwurf des Nationalrates zu erheben. Ich bedanke mich bei allen, die bei der Umsetzung mitgeholfen haben. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

11.49


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Dr. Ewa Dziedzic. Ich erteile es ihr. – Bitte.


11.49.22

Bundesrätin Mag. Dr. Ewa Dziedzic (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Vizeprä­sident! Frau Ministerin! Werte Kollegen und Kolleginnen! 2017, also im Vorjahr, sind in Österreich 414 Menschen im Straßenverkehr und null Menschen bei Amokläufen oder Anschlägen gestorben. (Rufe bei der FPÖ: Gott sei Dank!) Die Lösung der Regierung ist, die Geschwindigkeit auf Autobahnen zu erhöhen und gleichzeitig eine Kampagne zum Verhalten bei möglichen Amokläufen zu starten. Sie werden das sicher alle ken-


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nen; es wurde breit inseriert, und im Internet kursierten auch alle möglichen anderen Varianten, was darauf hinweist, wie ernst das die Bevölkerung genommen hat.

Zweiter Vergleich: Vom digitalen Hass, den habe ich heute schon angesprochen, sind in Österreich sehr viele Frauen, nämlich jede Dritte, betroffen. Cybermobbing, Cyber­stalking, verbale Übergriffe: Dies alles ist für die Regierung kein Anlass für neue Para­grafen.

Deshalb muss ich schon die Frage stellen, nach welchen Prioritäten und in welcher Relation hier Politik gemacht wird. Man fragt sich auch zu Recht, wieso die Regierung nicht bereit ist, gegen sexuelle Belästigung vorzugehen, sich gegen Opfer-Täter-Umkehr zu wenden oder sich auch – wie jetzt aktuell zu dem Prozess um den Wiener Lokalbesitzer und Sigi Maurer, wo sichtbar wird, welche Gesetzeslücken noch zu schließen wären – zu äußern. (Ruf bei der FPÖ: Sigi Maurer wurde verurteilt!) Der Justizminister sagt, dass er Gesetze nicht anlassbezogen machen möchte. (Zwi­schen­ruf der Bundesrätin Mühlwerth.)

Wenn Sie sich die Statistik anschauten, dann müssten Sie eigentlich selber auf die Barrikaden steigen und genau diese Gesetzeslücken schließen wollen, weil Sie ganz genau wissen, dass es im Moment keinerlei Rechtsgrundlage gibt, so etwas – eigent­lich Straftatbestände – überhaupt nur anzuzeigen. Da muss man sich fragen – ich wie­derhole –: Was ist das für eine Relation? Was setzen Sie für Prioritäten? – Sie schaf­fen jedenfalls mit diesen Änderungen ein Law-and-Order-Ambiente (Zwischenrufe bei der FPÖ), das ist schon klar, aber eben nur sehr zielgruppenspezifisch. Das wird in diesen Antiterrorparagrafen sehr gut sichtbar.

Zum Glück ist es, wie Kollege Weber schon erwähnt hat, der Opposition und den NGOs gelungen, die wohl am weitesten reichende Änderung, die Sie geplant hätten, zu verhindern, nämlich die Streichung des Ausnahmetatbestands in § 278c Abs. 3. Die geplante Streichung hätte nämlich tatsächlich zur Folge, dass Taten von Menschen in Österreich, die im Interesse der Wahrung der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte handeln, als terroristisch hätten kriminalisiert werden können. Dass das einzelne Personen treffen kann, das wissen wir spätestens, seit es den Diakonie-Asylexperten getroffen hat, der die Politik bei Asylverfahren kritisiert hat.

Zum Glück gab es sehr viele Stellungnahmen – auch wenn die Begutachtungsfrist nur zwei Wochen lang dauerte –, weil so auch sichtbar geworden ist, dass die Bevölkerung diese Änderungen größtenteils überhaupt nicht nachvollziehen kann. Aber ich denke, das ist auch die Taktik von Schwarz/Türkis-Blau: Sie werfen immer wieder irgend­welche Nebelgranaten hin, starten Kampagnen, und wenn der Protest der Bevölke­rung, der Opposition und der NGOs zu laut ist, dann gehen Sie einen Schritt zurück und berufen sich auf irgendjemanden anderen, der das vorgeschlagen hätte. In dem Fall beruhigen Sie auch und verweisen auf die EU, wohl wissend, dass Österreich bereits eines der strengsten Terrorismusgesetze innerhalb der EU hat.

Kommen wir zu den einzelnen Punkten. – Die Sinnhaftigkeit der Einführung des neuen Straftatbestands der Unterlassung oder Behinderung der Hilfeleistung ist tatsächlich zu bezweifeln. Erstens, wie soll das, bitte, praktisch funktionieren? – Vielleicht erklären Sie es mir noch. Niemand versteht das, wie Beamte, wie PolizistInnen bei einem schwerwiegenden Einsatz auch noch die Personen, die rundherum stehen, aufnehmen sollten.

Das Zweite: Was die Prozessbegleitung anlangt, so ist diese bekanntlich auf Opfer von gefährlicher Drohung, Gewalt, Beeinträchtigung, von Handlungen gegen die sexuelle Integrität, von Ausnutzung einer persönlichen Abhängigkeit oder auf nahe Angehörige einer getöteten Person beschränkt. Weiterhin keine Prozessbegleitung gibt es für Angehörige und Zeugen sowie ZeugInnen einer schweren Straftat wie Mordversuch,


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schwere Körperverletzung, Vergewaltigung oder Raub. Es verwundert deshalb schon, dass durch diese Änderung den Opfern terroristischer Straftaten psychosoziale und juristische Prozessbegleitung gewährt wird, auch wenn es sich nur um das Auto der Person, um Güter handelt, die Prozessbegleitung jedoch nicht ausgeweitet wird, wenn es um Zeugen und Zeuginnen von ebenso gravierenden Dingen wie Vergewaltigung, Körperverletzung oder Mordversuch geht.

Bei Sexual- und Gewaltdelikten im sozialen Nahraum werden weiterhin Frauen und Kinder betroffen sein, das werden Sie wissen. Und es widerspricht nicht nur der Istanbul-Konvention, sondern man ignoriert dadurch auch die EU-Opferschutzrichtlinie, dass diesen Personen die Prozessbegleitung weiterhin nicht gewährt wird. – Auch dadurch werden wieder einmal die Prioritäten dieser Regierung sichtbar.

Während Sie also zum einen gravierende Gesetzeslücken nicht schließen – ich wiederhole: Betroffene von beispielsweise Cybermobbing, Cybergewalt, haben nach wie vor keine Möglichkeit, sich zu wehren –, schütten Sie an anderer Stelle das Kind mit dem Bade aus, wie man sagt, beziehungsweise verschärfen Sie Sachen, die bereits geregelt sind. Ein Beispiel dafür ist der § 278g, Reisen für terroristische Zwecke. Bereits jetzt ist nämlich die Beteiligung an einer terroristischen Organisation oder Vereinigung strafbar – das wissen Sie –, und davon sind auch Reisen unter dem Vorsatz, Terrorismus zu unterstützen, umfasst.

„Die Kriminalisierung einer Ein- und Ausreise folgt der beobachtbaren Tendenz, die Strafbarkeit weit vorzuverlagern und birgt daher ein großes Missbrauchspotenzial“, so ist in der Stellungnahme von Amnesty International dazu zu lesen. In dem Sinne be­zweifle ich wirklich sehr, dass diese Änderungen, die heute referiert und beschlossen werden, irgendetwas dazu beitragen werden, dass wir Terroranschläge oder Amokläufe in Österreich verhindern.

Kürzen Sie hier sozusagen nicht die Debatte ab, indem Sie immer nur auf diese Gefahr verweisen, setzen Sie als Regierung tatsächlich einmal Prioritäten! Schauen Sie sich die Statistik und die Relation an und kümmern Sie sich – heute ist Mädchentag, das wurde schon ein paar Mal erwähnt – tatsächlich um jene, die von sexuellen Übergrif­fen, von Hass im Netz betroffen sind und in Österreich noch immer keine Rechtsgrund­lage vorfinden, um sich dagegen zu wehren! Setzen Sie bitte als Regierung endlich Prioritäten, statt derart teure Kampagnen zu starten, von denen niemand in der Bevölkerung glaubt, dass sie irgendetwas bewirken werden! Vielleicht denken Sie trotzdem darüber nach, auch wenn Sie die Opposition kaum mehr beachten. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller.)

11.58


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Michael Raml. Ich erteile es ihm. – Bitte.


11.58.23

Bundesrat Mag. Dr. Michael Raml (FPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Herr Minister! Geschätzte Bundesrätinnen und Bundesräte! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Zuschauergalerie und zu Hause vor den Bildschirmen! Frau Kollegin Dziedzic von den Grünen, eingangs muss ich schon eines ganz klar festhalten: Es ist wohl der Gipfel der Geschmacklosigkeit und absolut pietätlos, wenn man Terror so dermaßen herunterspielt, wie Sie es in Ihrer Rede gerade gemacht haben. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Ich finde es auch wirklich absolut geschmacklos, wenn Sie die Toten im Straßen­ver­kehr so lapidar damit vergleichen, dass es in Österreich derzeit – ich sage derzeit – noch keine Toten aufgrund von Terrorakten gegeben hat. Gerade Sie, wo Sie doch


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immer auf die offenen Grenzen hinweisen, sollten schon ein bisschen in unsere Nachbarländer sehen, nach Berlin, nach Deutschland, nach Frankreich, wo Hunderte Menschen allein in den letzten zwei, drei Jahren aufgrund von Terrorakten ihr Leben lassen mussten. Sich hierherzustellen und das so herunterzuspielen und mit anderen Delikten wie sexuelle Belästigung, Hass im Internet – die auch verurteilungswürdig sind, keine Frage –, zu vergleichen, dazu möchte ich sagen, ich denke, wir haben bei Menschenleben schon einen ganz anderen Maßstab anzusetzen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Diese Haltung der Grünen ist ja nicht ganz neu. Es ist uns schon bewusst, dass Sie mit strengen Regeln keine große Freude haben, eines ist aber Gott sei Dank neu: Wir haben jetzt seit fast einem Jahr eine Bundesregierung, die den Mut und auch den Weitblick hat, nicht darauf zu warten, dass in Österreich vielleicht auch ein Auto in die Luft gesprengt wird, ein Bahnhof in die Luft gesprengt wird, der Wiener Flughafen gesprengt wird, und nicht darauf zu warten, dass sich dann jemand hinstellt und – und da ist Ihre Partei dann immer ganz groß – kritisiert: Man hätte schon etwas machen müssen! Nein, wir lassen es nicht so weit kommen, wir handeln jetzt, rechtzeitig, um unseren Menschen in unserem Land Sicherheit zu gewährleisten. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Ich sage auch ganz klar – und glaube aber, da können wir wieder etwas versöhnlicher sein –, die Stoßrichtung ist in diesem Hause hoffentlich schon klar, dass dem Terror kein Meter, kein Zentimeter, kein Millimeter eingeräumt werden darf. Daher, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind diese Regelungen auch notwendig; so traurig das ist! Ich stelle aber schon bewusst in den Raum, vor allem für die Menschen daheim: Denken wir einmal auch ein paar Sekunden darüber nach, warum wir diese Verschärfungen brauchen! Woher kommt denn diese Gefahr? Brauchen wir ein strengeres Strafrecht, weil es auf Österreichs Zeltfesten immer wilder zugeht und dort der Terror ausgeübt wird, oder brauchen wir diese ständigen Verschärfungen – und ich bin es ja auch leid, aber wir brauchen das –, weil Menschen, die so denken wie Sie und auch teilweise wie die Sozialdemokratie, das Prinzip der offenen Grenzen vertreten und Menschen in unser Land hereinholen, die sich eben nicht an unsere Werte halten wollen? Und dass der Terror, den wir in Europa erleben (Bundesrat Weber: Was haben Grenzen mit Terrorismus zu tun?), vor allem islamisch geprägt ist, das ist, glaube ich, auch kein Geheimnis. Das ist kein Geheimnis. (Beifall bei der FPÖ.)

Also überlegen Sie einmal zuerst, bevor Sie sich so frech hierherstellen und den Terror herunterspielen, warum es überhaupt so weit gekommen ist! (Vizepräsident Lindinger übernimmt den Vorsitz.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Strafgesetzbuch, das Strafrecht insge­samt ist – das hat auch Kollege Ragger im Nationalrat schon klargestellt – immer als Ultima Ratio anzusehen. Das Strafgesetzbuch ist die schärfste Waffe, die der Rechtsstaat, der Staat einsetzen kann, und Terror kann nur mit dieser schärfsten Waffe bekämpft werden. Strafrecht ist gleichzeitig aber auch ein Statement, und das Statement, das der Nationalrat gemeinsam mit dem Bundesrat heute setzen wird, ist Folgendes: Terror hat weder in Österreich noch sonst wo auf der Welt in welcher Weise auch immer irgendeinen Platz. Wir wollen das nicht und die Menschen in diesem Land wollen das auch nicht.

Zum Inhalt, meine sehr geehrten Damen und Herren, wurde heute schon einiges gesagt, ich erspare mir eine Wiederholung. Ich möchte nur noch eines klarstellen: Kollege Weber hat angesprochen, dass es teilweise zu Überschneidungen innerhalb des StGB kommt, da manche Delikte schon an einer anderen Stelle ein bisschen mitgeregelt werden. Ich sage schon auch eines: Richter können und dürfen nur das aburteilen, was klar im Gesetz geregelt ist. Und ich sage auch ganz klar, mir ist es


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lieber, wir haben einmal eine Klarstellung zu viel (Bundesrat Weber: Das ist es nicht!), als ich habe einen einzigen Fall, bei dem ein Richter eine Verurteilung deswegen nicht aussprechen darf, weil das Gesetz Lücken offenlässt. Ich bin auch kein Freund von Gold Plating, aber hier ist eine erhöhte Rechtssicherheit einfach notwendig. (Bundesrat Weber: Genau das wird nicht gemacht!)

Daher, sehr geehrte Damen und Herren im Bundesrat und liebe Zuseherinnen und Zuseher: Gut, dass wir eine Regierung haben, die es nicht dazu kommen lässt, dass in Österreich etwas passieren muss, damit etwas getan wird. Wir stimmen diesem Gesetzesvorschlag selbstverständlich zu. (Beifall bei der FPÖ.)

12.04


Vizepräsident Ewald Lindinger: Ich begrüße den in der Zwischenzeit in Vertretung des Herrn Justizministers eingetroffenen Herrn Bundesminister Dr. Heinz Faßmann. (All­ge­meiner Beifall.)

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Christoph Steiner. Ich erteile ihm dieses. – Bitte.


12.04.31

Bundesrat Christoph Steiner (FPÖ, Tirol): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Herr Minister! Auch bei diesem Gesetz beweist die Bundesregierung eines wieder ganz klar: dass dies eine Regierung des Handelns, der Taten und der Umsetzung ist. Der grund­legende Unterschied zwischen dieser neuen Regierung und der alten rot-schwarzen Koalition besteht darin, dass die Gesetze vorausschauend, mit Bedacht und immer mit dem Ziel, Österreich sicherer und gerechter zu gestalten, verabschiedet werden.

Der wichtigste Pfeiler dieser Gesetzesänderung ist der Kampf gegen Terrorismus so­wie – und aus meiner Sicht längst überfällig – die Schaffung eines neuen Straftat­bestandes bezüglich der Behinderung der Hilfeleistung – der sogenannte und um­gangs­sprachlich so formulierte Gafferparagraf -, mit dem das Behindern der Rettungskräfte durch Schaulustige nun auch Strafen nach sich ziehen wird.

Zum Kampf gegen Terrorismus: Es ist wichtig und richtig, die Finanzierung endlich trockenzulegen und die Terrorismusfinanzierung aus dem Ausland mit voller Härte zu bekämpfen. Dies ist wichtig, denn wenn man sich die Anschläge in den vergangenen Jahren in Europa ansieht – Barcelona, Paris, Toulouse, Nizza, Brüssel, London und Berlin –, wird einem wieder sehr schnell bewusst, wie nahe diese Gefahr doch ist.

Ein persönliches und sehr prägendes Erlebnis für mich war der 19. Dezember 2016. Ich war an diesem Tag schon drei Tage lang in Berlin, um einem Freund an seinem Stand, wo er Zillertaler Speck und Käsewaren vertreibt, zu helfen. Ich arbeitete also am 19. Dezember 2016 hinter dem Verkaufsstand am Gendarmenmarkt. Der Tag lief bis circa 21.20 Uhr, 21.30 Uhr wie jeder andere Tag auch, bis plötzlich vollbewaffnete, mit weißen Helmen ausgestattete Polizisten vor mir standen und mich bestimmt gebeten haben, den Stand sofort zu schließen und den Platz so schnell wie möglich zu verlassen.

Uns war in diesem Moment erst gar nicht bewusst, dass nur einige hundert Meter von uns entfernt eine unbeschreibliche Tat passiert ist. Dieses Gefühl ist nur sehr schwer in Worte zu fassen und sehr schwer zu beschreiben: ein Gefühl der Angst, der Hilflosig­keit. Das Nichtwissen: Trifft das unseren Markt auch? Gibt es mehrere Täter? Gibt es Trittbrettfahrer? Kann man noch sicher nach Hause kommen? Wo soll man hin? Wo ist man überhaupt noch sicher? Was, wenn ich meine Familie nicht mehr sehen kann und darf? – All diese Gedanken und noch viele, viele mehr geistern einem in so einem Moment durch den Kopf. Trotzdem aber muss man auch in diesem Moment einen


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kühlen Kopf bewahren und die richtigen Entscheidungen treffen. In unserem Fall war dies, so schnell wie möglich in unsere sichere Wohnung zu kommen.

Diese Stunden der Unsicherheit und die darauffolgenden Tage und Nächte, als wir den Stand wieder ganz normal öffnen mussten, die Blicke der verunsicherten Besucher, die große Polizeipräsenz überall am Markt und an jeder Ecke in der Stadt werde ich mein ganzes Leben lang nicht vergessen. Ich will in Bezug auf Österreich niemals sagen müssen: Hätten wir doch früher reagiert und Maßnahmen zur Bekämpfung und Verhinderung solcher terroristischen Anschläge längst gesetzt!

Mit dieser Gesetzesänderung werden folgende Punkte, die auch schon mehrfach aus­geführt wurden, im Hinblick auf eine effektive und effiziente Bekämpfung des Terroris­mus und frühzeitige Erkennung, ergänzt: Das Reisen für terroristische Zwecke wird unter Strafe gestellt, eine Erweiterung des Katalogs terroristischer Straftaten wird vorge­nommen, die Finanzierung terroristischer Straftaten wird nun strafbar und die Erweiterung der inländischen Gerichtsbarkeit im Zusammenhang mit Terrorismus wird ebenfalls greifen.

Alle diese vier Punkte treffen auf den Anschlag in Berlin zu. Anis Amri galt als Ge­fährder, reiste durch mehrere Länder in Europa und konnte leider den Anschlag in Berlin trotzdem verüben. Führt man sich dann die Berichte in den darauffolgenden Tagen vor Augen, als immer klarer wurde, wie viele Verletzte es dort gab – und ein Fall hat mich besonders berührt, nämlich der eines jungen Vaters, der von der Arbeit nach Hause ging, mit seinen Arbeitskollegen noch am Breitscheidplatz einen Glühwein trinken wollte und dann nicht mehr zu seiner Familie nach Hause zurück kam –, dann ist es, glaube ich, schon an der Zeit und sehr wichtig, diese Gesetzgebung in Öster­reich zu treffen.

Deshalb müssen wir auch mit der vollen Härte des Gesetzes gegen solche terroris­tischen Straftaten ankämpfen, und das Mittel dazu ist in einem Rechtsstaat natürlich das Strafgesetzbuch.

Erfreulich an diesen Gesetzesänderungen ist jene Änderung, die die Erweiterung des Personenkreises im Hinblick auf die Betreuung von Opfern von terroristischen Straftaten vorsieht und dass diese nun einen Anspruch auf Prozessbegleitung haben.

Zu den Kollegen von der SPÖ und von den Grünen sage ich jetzt nichts (Bundesrätin Grimling: Das ist eh gut!), denn ihr habt euch, glaube ich, selbst disqualifiziert, wenn man sich meinen Redebeitrag jetzt angehört hat.

Eines, um es erst gar nicht so weit kommen zu lassen, ist aber klar – für uns Freiheitliche gilt: Keinen Millimeter Platz für Terrorismus in Österreich! – Herzlichen Dank. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

12.12


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Armin Forstner. Ich erteile ihm dieses. – Bitte.


12.12.15

Bundesrat Armin Forstner, MPA (ÖVP, Steiermark): Geschätzter Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Vor allem geschätzte Frau Kollegin Dziedzic, bitte hören Sie mir jetzt einmal zu! Was Frau Ex-Kollegin Maurer passiert ist, ist zutiefst zu verurteilen. Ich möchte Ihnen jetzt aber einmal eine kurze Geschichte im Zusammenhang mit der Aktuellen Stunde vom März erzählen, als der Innenminister da war und in der ich gesagt habe: Österreich ist ein freies Land, es steht jedem frei, wo er hingeht, wo er sich bewegt, ob er in Österreich bleibt oder auswandert oder Sonstiges.


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Daraufhin habe ich, wie es halt so üblich ist, in den nächsten Tagen so sieben, acht E-Mails bekommen. Normalerweise lese ich die eh nicht so genau, aber ich schaue mir die an, und eine E-Mail ist mir besonders aufgefallen, denn der hat geschrieben: bei uns im Ennstal. – Da habe ich mir gedacht: Da muss ich einmal seinen Namen eingeben und schauen, woher er kommt, da er offensichtlich weiß, wo ich herkomme. Ich gebe seinen Namen ein, und das Erste, was herauskommt, ist: Biobauer, grüner Gemeinderat aus einer Gemeinde in Oberösterreich, aus dem Bezirk Steyr. – Ich denke mir: Interessant! Er schäme sich für die Politik unserer Regierung, hat er hineingeschrieben, und so etwas habe bei uns nicht Platz.

Von den acht E-Mails waren vier eher negativ, vier positiv. Das zweite negative E-Mail war von einem Kärntner. Ich gebe wieder den Namen ein: grüner Gemeinderat aus dem Bezirk Spittal an der Drau. Da denke ich mir: Komisch! – Wir sollten Taxifahrer werden, denn das sei ungefähr unser Niveau. – Ich muss sagen, ich fahre sehr viel mit dem Taxi in Wien, wenn wir da unterwegs sind. Ich bin sehr stolz, dass wir solche aktiven Taxifahrer haben. Daher finde ich das jetzt irgendwie ein wenig abwertend von dem Herrn grünen Gemeinderat aus Kärnten.

Beim dritten negativen E-Mail habe ich mir gedacht: Da muss ich jetzt auch schauen! Ich gebe wieder den Namen ein: grüne Umweltaktivistin aus Niederösterreich. (Bun­desrat Weber: Die haben dich gern!) – Ja, die haben mich gern, Herr Präsident, du sagst es. – Wir sollten lesen und schreiben lernen und sollten im Parlament nicht im Dialekt sprechen. (Zwischenruf des Bundesrates Stögmüller.– Ja, David, ich weiß, ihr macht nie etwas. Ich gebe es nur zu bedenken, komplett wertfrei für alle: Wir seien nicht würdig, dass wir im Parlament sind.

Viertens: Es ruft mich das Büro von unserem Landeshauptmann an, eine ehemalige grüne Abgeordnete habe sich über meinen Satz beschwert, den ich im Bundesrat gesagt habe.

So, jetzt für euch zwei, speziell wertfrei: Wie ist es möglich, dass alle vier – ich stelle es jetzt in den Raum – Leute einen grünen Bezug haben – nur als Beispiel? (Zwischenruf des Bundesrates Stögmüller.) – Ja, ist eh klar, wissen wir natürlich nicht.

Aktive Politik von Schwarz und Blau, die Frau Kollegin hat es schon gesagt, macht jetzt vieles möglich, aber auch die aktive Politik der Grünen macht vieles möglich. Ihr solltet aber einmal schauen – das Wahlergebnis gibt euch auch nicht zu denken; ihr seid eigentlich nicht belehrbar. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Das Schöne daran ist aber, da gibt es so einen Spruch: Wasser predigen und Wein trinken. – Genau so ist das. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

12.15


Vizepräsident Ewald Lindinger|: Ich begrüße auf der Besuchergalerie die Besucher­gruppe des Pensionistenverbandes Graz Umgebung und Voitsberg. – Herzlich willkom­men! (Allgemeiner Beifall.)

Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Bitte, Frau Bundesrätin Ewa Dziedzic.


12.16.27

Bundesrätin Mag. Dr. Ewa Dziedzic (Grüne, Wien): Mir ist wichtig, Folgendes fest­zuhalten: Maßnahmen gegen Terror sind auch uns Grünen selbstverständlich wichtig, und auch wir erachten diese als notwendig. (Bundesrat Weber: Nur die richtigen!) Diese Verwässerung lasse ich so nicht auf uns sitzen, und ich ersuche Sie, hier präziser zu sein. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller.)


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In meiner Rede ging es um Statistik, Relationen und um die Prioritätensetzung dieser Regierung, denn während wir mit einer Häufung von Morden an Frauen in Österreich konfrontiert sind (Bundesrat Rösch: Und warum?) – 34 Frauen 2017, 15 Frauen seit Mai dieses Jahres –, nehmen Sie sich dieses Themas nicht an. Sie verweisen aber auf andere Länder, um hier andere Lücken zu schließen. Darum geht es uns.

Und was meiner Ex-Kollegin passiert ist, ist kein Kavaliersdelikt. Das betrifft sehr, sehr viele Frauen, hat sehr weitreichende Auswirkungen auf diese und ist auch eine Frage der Sicherheit in diesem Land. Also relativieren Sie das nicht, sondern hören Sie hin, wenn es mir lediglich um die Prioritätensetzung geht! Und nehmen Sie das Thema ernst und schaffen Sie endlich auch hier eine Rechtsgrundlage! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller.)

12.18

12.18.03


Vizepräsident Ewald Lindinger: Es liegen dazu keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

12.18.353. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 26. September 2018 betreffend ein Bundes­ge­setz, mit dem das GmbH-Gesetz und die Notariatsordnung geändert werden (Elektronische Notariatsform-Gründungsgesetz – ENG) (253 d.B. und 263 d.B. sowie 10026/BR d.B.)


Vizepräsident Ewald Lindinger: Wir gelangen nun zum 3. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Sandra Kern. Ich bitte um den Bericht.


12.18.53

Berichterstatterin Sandra Kern: Geschätztes Präsidium! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich erstatte den Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 26. September 2018 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das GmbH-Gesetz und die Notariatsordnung geändert werden (Elek­tronische Notariatsform-Gründungsgesetz).

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich darf deswegen gleich zur Antrag­stellung kommen.

Der Justizausschuss des Bundesrates stellt nach Beratung der Vorlage am 9. Oktober 2018 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Vizepräsident Ewald Lindinger: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Armin Forstner. Ich erteile dieses. – Bitte.


12.19.44

Bundesrat Armin Forstner, MPA (ÖVP, Steiermark): Geschätzter Herr Präsident! Herr Minister! Mit diesem Gesetzesbeschluss sollen die Voraussetzungen für die digitale Gründung von Gesellschaften mit dem Notar geschaffen werden. Ziel ist es, die


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Gründung von Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit dem Notar durch die Nutzung sicherer technischer Kommunikationsmöglichkeiten zu erleichtern.

Nach der aktuellen Rechtslage müssen alle Vertragsparteien persönlich vor dem Notar erscheinen, was für die Beteiligten oft mit einem erheblichen Zeitaufwand und mitunter mit beträchtlichen Kosten verbunden ist. Künftig soll es möglich sein, dass eine oder mehrere von ihnen per Video zugeschaltet werden und ihre Vertragserklärungen auf solche Art abgeben. Der Notar kann die Erklärung elektronisch beurkunden.

Zusammenfassend kann man erstens sagen: Durch die Schaffung der gesetzlichen Voraussetzungen für die vorgesehene Digitalgründung von GmbHs mit dem Notar sollen GmbH-Gesellschaftsgründungen für die Parteien erleichtert und damit attraktiver gemacht werden.

Zweitens: Ermöglicht wird das durch die Zuverlässigkeit der Verwendung sicherer elektronischer Kommunikationsmöglichkeiten wie Videokonferenz in einem gesicherten Datenraum.

Drittens: Der Notar kann dadurch den Notariatsakt auch dann errichten, wenn eine oder mehrere der Parteien nicht persönlich vor ihm anwesend ist beziehungsweise sind.

Viertens: Gleichzeitig ist das besondere Schutzniveau der Notariatsform weiterhin ge­währleistet, wie wir im Ausschuss schon gehört haben, hinsichtlich Geldwäsche oder Sozialbetrug.

Fünftens: Bei den Anpassungen im Bereich der notariellen Unterschrifts­beglaubigun­gen werden die vom Notar bei der Beglaubigung einzuhaltenden Anforderungen an die bisherige notarielle Praxis angepasst.

Sechstens: Schließlich wird mit dem Vorschlag der Kreis jener Mandanten, bei denen die Beglaubigung einer Unterschrift anhand einer beim Notar hinterlegten Musterunter­schrift zulässig ist, ausdrücklich auf die unter Kontrolle des Rechnungshofes stehenden Rechtsträger erweitert.

Und siebtens: Damit gehen gleichfalls Erleichterungen für die Wirtschaft einher.

Abschließend, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, kann man sagen, dass durch das Gesetz die Zahl der Gründungen steigen wird, denn der Gründungsakt wird durch diese Novelle erheblich erleichtert. Dadurch fördern und modernisieren wir auch den Standort Österreich. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

12.22


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Mag. Dr. Raml. Ich erteile die­ses. – Bitte.


12.22.29

Bundesrat Mag. Dr. Michael Raml (FPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Herr Minister! Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Kollege Forstner hat es sehr ökonomisch zusammengefasst, ich darf hier noch einmal unsere Zustim­mung signalisieren. Es geht im Wesentlichen um zwei Teile dieses Gesetzes­be­schlusses. Zum einen muss man sagen, dass die Notare in Österreich seit Jahren, ja Jahrzehnten eine sehr wesentliche und wichtige Tätigkeit ausüben, die für unsere Rechtssicherheit und für unseren Rechtsstaat im weiteren Sinne sprechen.

Im ersten Teil geht es darum, dass das, was die Notare in den letzten Jahren schon praktiziert haben, bei der Unterschriftsüberprüfung zum Beispiel, endlich in Geset­zesform gegossen worden ist. Das heißt, die notariellen Pflichten im Rahmen der Un-


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ter­schriftsbeglaubigung werden endlich entsprechend normiert. Das geschieht auch im Einklang mit der Notariatskammer, soweit ich das überblicke.

Der zweite Teil betrifft eine gewisse Erleichterung, aber nicht Herabsetzung der Stan­dards bei der Gründung von GmbHs. Man ist ja immer in einem Spannungsverhältnis bei der GmbH, es hat ja einen Grund, warum das notariatspflichtig ist: Zum einen hat man natürlich als GmbH den Vorteil, dass man nur eine beschränkte Haftung hat, auf der anderen Seite gibt es aber auch einen Gläubigerschutz, der natürlich zu beachten ist.

Ich denke, diese Lösung, die man hier gefunden hat – indem man gesagt hat, man kann im 21. Jahrhundert, wenn es die Sicherheitsstandards zulassen, von einer hun­dert­prozentig analogen Abwicklung absehen –, ist ein Akt einer Art Wirtschaftsför­de­rung, aber bei gleichzeitiger Beibehaltung unserer hohen Sicherheitsstandards. Daher stimmen wir dem sehr gerne zu. (Beifall bei der FPÖ.)

12.24


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Frau Mag. Elisabeth Grossmann. Ich erteile dieses. – Bitte.


12.24.32

Bundesrätin Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vereinfachungen und Entbüro­krati­sierungen bei der Unternehmensgründung sind natürlich begrüßenswert – auch wenn es mit der Onlinegründung nur ein kleiner Schritt ist.

Mit der Nutzung digitaler Instrumente und Verfahren im Gesellschaftsrecht – meine Vorredner haben ja schon im Einzelnen ausgeführt, worum es geht; ja, in manchen Fragen sind wir uns durchaus einig – entsprechen wir ja auch einer EU-Richtlinie, die einen gewissen Umsetzungsspielraum lässt. Österreich hat ihn in der Weise genützt, dass der Notar oder die Notarin weiterhin für die Identitätsfeststellung zuständig ist. Das ist auch wichtig, denn es geht ja um Gläubigerschutz im Falle einer Insolvenz oder bei Sozialabgaben auch um Ansprüche von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, um Konsumentenschutz und so weiter, aber zum Beispiel bei Steuern auch um Ab­gabenschuld und um die entsprechende Einbringlichkeit. Hier muss natürlich das System so gestaltet werden, dass es gegen Korruption und Korruptionsversuche resis­tent ist.

Das ist also eine gute Sache, wenn man das Idealbild eines seriösen produzierenden, Arbeitsplätze schaffenden Unternehmers oder einer Unternehmerin vor Augen hat. Nur wissen wir, dass es leider auch schwarze Schafe gibt, also negative Ausnahmen, von denen wir immer wieder lesen müssen. Durch Scheinfirmen und Schachtelkonstruk­tionen werden Steuern und Abgaben minimiert oder gar hinterzogen, und die Behörden hinken bei der Verfolgung sehr oft hinterher, jedenfalls mit der Geschwindigkeit, und können mit diesen grenzüberschreitenden Verflechtungen einfach nicht Schritt halten. Deshalb ist eben alles daranzusetzen, dieses System oder insgesamt die Systeme gegen alle Formen von Korruption, Steuer- und Abgabenhinterziehung, aber auch gegen legale Möglichkeiten, Steuer- und Abgabenminimierung zu betreiben, resistent zu machen.

Skepsis, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist vor allem dort angebracht, wo bei einer GmbH keine echte Produktion oder Dienstleistung nachgewiesen werden kann, sondern eben etwa zum Beispiel nur der Verkauf von Lizenzen, Marken- oder Namens­rechten. Wir haben da jetzt auch ein Negativbeispiel zur Kenntnis nehmen müssen, als ein groß angelegter Sozial- und Förderbetrug in der Steiermark aufgeflogen ist. Da wurden Dutzende Firmen in der Baubranche, aber auch im Transportwesen und im


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Personalmanagement gegründet, da wurden Scheinrechnungen gestellt und die ver­rech­neten Beträge dann über Firmen in Malta und Bulgarien sozusagen wieder reinge­waschen. Hier gilt es natürlich, den ermittelnden Behörden in der Steiermark ein großes Lob und Kompliment auszusprechen, dass es ihnen gelungen ist, denen auf die Spur zu kommen.

Eines muss aber schon gesagt werden: Leichter wird es nicht, nicht nur wegen dieser Schnellverfahren, sondern insgesamt, da die Möglichkeiten offensichtlich immer aus­gedehnter und die Machenschaften auch immer dreister werden. Deshalb möchte ich auch einen ganz großen Appell an die Bundesregierung richten, dass sie die Perso­nalressourcen und insgesamt die Ressourcen für die Kontrollen eher ausweitet und keinesfalls einschränkt, bei den Betriebsprüfungen im Sozialbereich, aber natürlich auch bei der Finanzpolizei. Die Ressourcen müssen natürlich entsprechend angepasst werden, da sich solche Fälle, wie wir sie jetzt wieder erleben mussten, häufen. Da braucht es seitens der ermittelnden Behörden die größtmögliche Unterstützung. (Beifall bei der SPÖ.)

Da wir gerade beim Justizthema sind, möchte ich auch ein paar Worte zu diesem – Fall, möchte ich jetzt nicht sagen, aber – Urteil sagen, das gegen unsere ehemalige Kollegin Sigrid Maurer ausgesprochen wurde. Ich glaube, das muss bei jedem Men­schen mit einem Gerechtigkeitssinn (Ruf: Gerechtigkeitsgefühl!) – genau! – einfach Emotionen und Widerstand auslösen. Es ist wirklich unfassbar, was da passiert ist, aber es wird jetzt in der Instanz ja noch betrachtet. Da gibt es offensichtlich eine Regelungslücke.

Anerkennen muss man, dass Ihr Kollege Moser wie auch Staatssekretärin Edtstadler in Aussicht gestellt haben, sich das anzusehen und auch noch zu evaluieren. Was mich aber schon gestört hat, ist, dass hier von einem Anlassfall gesprochen wurde, denn das kann es keinesfalls sein. Es ist ein prominenter Fall, ja, einer, der durch die Medien gegangen ist, aber dieser Fall steht stellvertretend für ganz, ganz viele Opfer solcher – würde ich sagen – Straftaten, für ganz, ganz viele – vor allem – Frauen. Jede dritte Frau ist von Belästigung, Beleidigung im Netz betroffen. Das ist kein Anlassfall, und wir als SPÖ – aber auch andere Fraktionen und auch Teile der Zivilgesellschaft – haben in der Vergangenheit immer wieder darauf hingewiesen, dass es hier einen besseren Schutz braucht. Da sind wir natürlich als Gesetzgeber gefordert, diesen Schutz auch zu bieten.

Wie gesagt, von einem Anlassfall kann hier nicht gesprochen werden, sondern von einem weiteren Motivationsfaktor, in diese Richtung auch tätig zu werden. Es kann verschiedene Möglichkeiten geben, es muss nicht immer das gerichtliche Strafrecht bemüht werden. Man könnte hier vielleicht auch über das Verwaltungsstrafrecht eine Handhabe geben, über Beweislastumkehr, über verschiedenste Möglichkeiten.

Da Sie, Herr Bildungsminister, hier sind: Es ist natürlich auch ganz wichtig, präventiv zu wirken, auch in den Schulen entsprechend aufklärerisch zu wirken, wie man sich wirklich im Netz artikulieren darf und was zu vermeiden ist. (Bundesrätin Mühlwerth: Bei welchem Tagesordnungspunkt bist du eigentlich?) – Da der Herr Minister heute hier ist und wir zum Justizkapitel sprechen, wollte ich das nicht unerwähnt lassen. – Ich danke herzlichst für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

12.32

12.32.09


Vizepräsident Ewald Lindinger: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.


BundesratStenographisches Protokoll884. Sitzung, 884. Sitzung des Bundesrates am 11. Oktober 2018 / Seite 120

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

12.32.454. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 26. September 2018 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Spaltung von Genossenschaften (Ge­nossenschaftsspaltungsgesetz – GenSpaltG) erlassen wird und mit dem das Genossenschaftsrevisionsgesetz 1997, das Genossenschaftsrevi­sionsrechts­ände­rungsgesetz 1997, das Gesetz über Erwerbs- und Wirtschaftsgenos­sen­schaften, das SCE-Gesetz, das Firmenbuchgesetz, das Rechtspflegergesetz, das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, das Umgründungssteuergesetz und das Bank­wesengesetz geändert werden (254 d.B. und 264 d.B. sowie 10027/BR d.B.)


Vizepräsident Ewald Lindinger: Wir gelangen nun zum 4. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Bundesrat Armin Forstner. Ich ersuche um den Bericht.


12.33.09

Berichterstatter Armin Forstner, MPA: Geschätzter Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 26. September 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Spaltung von Genossenschaften erlassen wird und mit dem das Genossenschaftsrevisionsgesetz, das Genossenschaftsrevisions­rechtsän­de­rungsgesetz, das Gesetz über Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, das SCE-Gesetz, das Firmenbuchgesetz, das Rechtspflegergesetz, das Wohnungsgemein­nützigkeitsgesetz, das Umgründungssteuergesetz und das Bankwesengesetz geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich komme daher gleich zur Antrag­stellung.

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 9. Oktober 2018 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Vizepräsident Ewald Lindinger: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Andrea Wagner. Ich erteile dieses. – Bitte.


12.34.11

Bundesrätin Andrea Wagner (ÖVP, Niederösterreich)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr ge­ehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen und auf der Galerie! Mit dem Genos­senschaftsspaltungsgesetz haben Genossenschaften in Zukunft die Möglichkeit, ge­nauso wie die Kapitalgesellschaften eine Spaltung vorzunehmen. Aus meiner Sicht ist das eine gute Weiterentwicklung und in Deutschland längst gesetzmäßig vorgesehen.

Herr Minister Moser hat im Nationalrat gemeint, dass dieses Gesetz nicht nur moder­ner wird, da Ungleichheiten beseitigt werden, sondern es wird auch durch den neuen Titel, nämlich Genossenschaftsgesetz statt Gesetz über Erwerbs- und Wirtschafts­ge­nossenschaften moderner. Friedrich Wilhelm Raiffeisen, dessen Geburtstag sich heuer zum 200. Mal jährt, würde sich freuen zu wissen, dass seine Idee so beständig ist und hiermit weiterentwickelt wird.

Weltweit sind heute beinahe eine Milliarde Mitglieder in rund einer Million Genossen­schaften organisiert. In Österreich gibt es mehr als 1 500 Genossenschaften nach dem


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System Raiffeisen mit rund 2,1 Millionen Mitgliedern. 2016 erklärte die Unesco die Idee und Praxis der Genossenschaft zum Immateriellen Kulturerbe der Menschheit.

Was ist jetzt so besonders an einer Genossenschaft, welche Werte stehen dahinter? Und wie ist der wirklich moderne Name oder Begriff für eine Genossenschaft, bei dem auch die Jugend weiß, was gemeint ist? Oder anders: Wie transformieren, moder­ni­sieren wir den alten Begriff Genossenschaft und die Werte, die dahinter stehen, für die heutige Zeit?

Kurz gesagt könnte man sagen, Genossenschaften sind irgendwie die Urform des Crowdfunding. Wir haben heute schon über die Digitalisierung und die Digital Natives gesprochen, und da müssen uns wir Alten – sage ich einmal so – oft einmal infor­mieren, was Crowdfunding ist: Crowdfunding ist eine Form der Finanzierung, eben Funding durch eine Menge von Internetnutzern. Zur Spende oder Beteiligung wird über persönliche Homepages, professionelle Websites und spezielle Plattformen aufge­rufen. Die Rechtsform der Genossenschaft bietet sich in idealer Weise für die Um­setzung nutzenorientierter Crowdfundingprojekte an, auch weil sie mögliche Risiken einschränkt.

Vor allem im Rahmen regionaler Selbsthilfeaktivitäten bietet die Genossenschaft Vor­teile wie keine andere Rechtsform. Die demokratische Mitbestimmung der Bürger und eine regelmäßige Gebarungskontrolle durch die gesetzliche Revision steigern einer­seits die Entfaltungsmöglichkeiten der Genossenschaft, sorgen aber gleichzeitig auch für mehr Investitionssicherheit für die Mitglieder.

Was sind jetzt genau die Besonderheiten der Genossenschaft? – Eben die Selbst­hilfe­vereinigung: Ziel ist die gemeinschaftliche Selbsthilfe nach dem Leitmotiv: Was einer nicht schafft, das schaffen viele.

Der Förderungsauftrag wird erfüllt: Genossenschaften bezwecken zuallererst die wirt­schaftliche Förderung ihrer Mitglieder. Die Mitglieder können zugleich Kunden und/oder Lieferanten der Genossenschaft sein. Professionelles Wirtschaften schafft die nötige Grundlage für die nachhaltige Erbringung von Förderleistungen. In der Geschäfts­beziehung zu ihren Mitgliedern stellt die Genossenschaft den Nutzen des Mitglieds und nicht die Maximierung ihres eigenen Profits in den Vordergrund. Die Molkereige­nos­senschaft beispielsweise versucht auf Basis ihres Verarbeitungs- und Vertriebserfolgs den ihr angehörenden Milchbauern einen möglichst guten Milchpreis zu zahlen. Dass das nicht immer einfach ist, kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen, denn als landwirtschaftlicher Betrieb sind wir natürlich bei der Molkereigenossenschaft und auch beim Lagerhaus Mitglied.

Die Selbsthilfe ist ein weiterer wichtiger Punkt, die Bereitschaft zur gegenseitigen Hilfe. Die Idee, die der heutigen Genossenschaft zugrunde liegt, hat eine ihrer Wurzeln in der alten Erkenntnis, dass ein Einzelner gemeinsam mit anderen eben mehr erreichen kann als allein. Der Mensch braucht die Gemeinschaft und ordnet sich daher in sie ein. Er gibt seinen Mitmenschen Hilfe und erwartet andererseits Hilfe von ihnen.

Die Selbstverwaltung: Die Genossenschaft ist eine demokratisch organisierte privat­wirtschaftliche Unternehmensform, bei der alle Mitglieder gleiche Rechte und Pflichten haben. Und dann noch die Selbstverantwortung: Die solidarische Wirtschaftsgesinnung der Mitglieder kommt dadurch zum Ausdruck, dass sie auf Basis eines gemeinsamen Ziels für die Genossenschaft einstehen.

Als Beispiele neben den allgemein bekannten Genossenschaften gibt es auch Bei­spiele, die oft nicht gleich eine Genossenschaft als Rechtsform vermuten lassen, wo man die Genossenschaft sozusagen nicht gleich am Namen erkennt. Bei uns in Nie­derösterreich ist das zum Beispiel die Erzeugergemeinschaft Gut Streitdorf. Dann gibt


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es noch die Autarkler, eine Gemeinschaft für naturnahes Leben, oder den Kreispunkt Physiotherapie in Bregenz. Etliche Biomasseheizwerke sind genossenschaftlich organisiert. Die Vorarlberger, habe ich festgestellt, haben bereits viele Ideen in Form einer Genossenschaft umgesetzt.

Die Genossenschaft ist aufgrund der Ausgestaltungsmöglichkeiten, die das Genossen­schaftsgesetz bietet, eine sehr flexible Rechtsform, und daher gibt es eine Vielzahl von Gestaltungsformen. Eine ist zum Beispiel die Direkte Bürger-Genossenschaft. Ein gutes Beispiel aus Vorarlberg – bei dem ich Mithilfe bei der richtigen Aussprache brauche – ist üser Wirtshus im Bregenzerwald. In diesem Ort hat durch die Schließung des Cafés ein Treffpunkt gefehlt, es hat keine geeignete Lokalität für die Jugend gegeben oder einen Raum, wo man Sitzungen abhalten kann. Gleichzeitig hat es auch an einer gesicherten Einkehrmöglichkeit für einheimische Gruppen und Touristen ge­fehlt. Daher hat sich eine Gruppe engagierter Bürger in Form einer Bürger-Genos­senschaft zusammengeschlossen, das Café erworben, renoviert und wieder in Betrieb genommen.

Die Mitglieder und Bürger haben eine direkte Mitsprache, eine direkte Verbindung zum Projekt. Es ist eine sichere und nachhaltige Wirtschaftsform. Durch das Spaltungs­gesetz können Genossenschaften auch wieder kleiner werden und sich auf ihre Kern­kom­petenzen konzentrieren. Das ist meiner Meinung nach eine wesentliche Weiter­entwicklung des Genossenschaftsgedankens und stellt eine zeitgemäße Gesetzge­bung dar, damit die Genossenschaften auch weiterhin unter dem Motto „Was einer nicht schafft, das schaffen viele“ eine Zukunft haben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

12.41


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Michael Bernhard. Ich erteile dieses. – Bitte.


12.42.05

Bundesrat Michael Bernard (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Bun­desrates! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie und vor den Bildschirmen! Als freiheitlicher Bundesrat begrüße ich den nach eingebrachter Regierungsvorlage gefällten Beschluss des Nationalrates vom 26. September 2018 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Spaltung von Genossenschaften erlas­sen wird und mit dem das Genossenschaftsrevisionsgesetz 1997, das Genossen­schafts­revisionsrechtsänderungsgesetz 1997, das Gesetz über die Erwerbs- und Wirt­schaftsgenossenschaften, das SCE-Gesetz, das Firmenbuchgesetz und das Rechts­pflegergesetz, das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, das Umgründungssteuergesetz und das Bankwesengesetz geändert werden.

Der vorliegende Beschluss des Nationalrates trägt dem Umstand Rechnung, dass im Unterschied zu den Kapitalgesellschaften Genossenschaften derzeit nicht die Mög­lichkeit haben, eine Spaltung vorzunehmen, das heißt, ihr Vermögen zur Gänze oder teilweise im Weg der Gesamtrechtsnachfolge auf neue oder bestehende Genossen­schaften zu übertragen. Bedingt durch die bis jetzt limitierten Umgründungsvarianten war die Flexibilität von Genossenschaften eingeschränkt, was im Vergleich zu den Kapitalgesellschaften einen Nachteil darstellte.

Durch die Gesetzesänderung wird die Rechtsform der Genossenschaft insgesamt an Attraktivität gewinnen. Um eine ordnungsgemäße Spaltung einer Genossenschaft durchzuführen, hat ein Revisor vor der Beschlussfassung der Generalversammlung nach den Rechtsvorschriften für Genossenschaften ein schriftliches Gutachten zu erstellen, ob die Spaltung mit den Belangen der Mitglieder und den Belangen der Gläu-


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biger der an der Spaltung beteiligten Genossenschaften vereinbar ist. Die Spaltung ist nur dann zulässig, wenn ein Revisor in seinem Gutachten bestätigt, dass das allen beteiligten Genossenschaften zugewiesene Vermögen jeweils einen positiven Ver­kehrs­wert hat, der bei den neuen Genossenschaften mindestens der Höhe der dafür gewährten Geschäftsanteile entspricht.

Weiters hat das Gutachten auf die Lebensfähigkeit der neuen Genossenschaften, auf die Gewährleistung der Erfüllung des Förderungsauftrags und im Falle einer nicht ver­hältniswahrenden Spaltung auf das Vorliegen einer angemessenen Eigenkapitalaus­stattung einzugehen. Die Spaltung zur Neugründung ist nur dann zulässig, wenn die Generalversammlung der übertragenden Genossenschaften sie beschließt. Es bedarf einer Mehrheit, die mindestens zwei Drittel der abgegebenen Stimmen umfasst. Der Genossenschaftsvertrag kann eine größere Mehrheit und weitere Erfordernisse bestimmen.

Vor der Beschlussfassung ist das Gutachten des Revisors zu verlesen. Der Revisor und der Revisionsverband sind berechtigt, an der Generalversammlung beratend teilzunehmen. Spricht sich der Revisor aus einem der Gründe des § 5 Abs. 1 oder Abs. 2 Z 1 bis 3 gegen die Spaltung aus, so bedarf der Beschluss einer Mehrheit, die mindestens zwei Drittel der abgegebenen Stimmen in zwei mit einem Abstand von mindestens einem Monat aufeinanderfolgenden Generalversammlungen umfasst.

Werden die Anteile der neuen Genossenschaften den Mitgliedern der übertragenden Genossenschaften nicht im Verhältnis zugeteilt, das ihrer Beteiligung an der übertra­genden Genossenschaft entspricht, so bedarf der Beschluss folgender Mehrheiten: einer Mehrheit von neun Zehnteln der insgesamt abgegebenen Stimmen; einer Mehr­heit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen jener Mitglieder, die laut Spaltungs­plan der übertragenden Genossenschaft zugeordnet sind, sofern diese fortbesteht; in Bezug auf jede der neuen Genossenschaften einer Mehrheit von zwei Dritteln der ab­ge­gebenen Stimmen jener Mitglieder, die laut Spaltungsplan dieser Genossenschaft zugeordnet sind.

Jedes Mitglied, das einer nicht verhältniswahrenden Spaltung nicht zugestimmt hat, kann durch schriftliche Erklärung seine Mitgliedschaft oder einzelne Geschäftsanteile bei der übertragenden Genossenschaft beziehungsweise bei der neuen Genossen­schaft kündigen oder verlangen, unter Berücksichtigung des vorgesehenen Umtausch­verhältnisses entgegen dem Spaltungsplan mit einem, mehreren oder allen Geschäfts­anteilen Mitglied einer oder mehrerer anderer an der Spaltung beteiligter Genossen­schaften zu werden, sofern es die Voraussetzungen für die Mitgliedschaft in den gewählten Genossenschaften erfüllt.

Das Kündigungsrecht steht jedem Mitglied auch bei einer verhältniswahrenden Spal­tung zu, wenn sich der Revisor gegen die Spaltung ausgesprochen und das betref­fende Mitglied der Spaltung nicht zugestimmt hat.

Kündigt ein Mitglied seine Mitgliedschaft oder einzelne Geschäftsanteile bei der neuen Genossenschaft oder macht es von seinem Wahlrecht Gebrauch, mit einzelnen, mehreren oder allen Geschäftsanteilen Mitglied der übertragenden Genossenschaft zu bleiben, so gelten die Mitgliedschaft oder die Geschäftsanteile bei der neuen Genos­senschaft als nicht erworben; dies ist bei der Eintragung des Ausscheidens in das Register der Mitglieder der neuen Genossenschaft zu vermerken.

Die Ansprüche des kündigenden Mitglieds sind innerhalb von sechs Monaten ab der Kündigung zu befriedigen, die Auszahlung darf jedoch nicht geschehen, bevor die Gläubiger, die sich nach § 18 gemeldet haben, befriedigt oder sichergestellt sind, und überdies nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit der Veröffentlichung nach § 18 Abs. 2.


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Sieht der Genossenschaftsvertrag für einzelne Beschlussgegenstände eine Beschluss­mehrheit über die Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen oder ein doppeltes Mehrheitserfordernis vor, so bedarf auch der Spaltungsbeschluss dieser Mehrheiten, es sei denn, dass in den Genossenschaftsverträgen der beteiligten Ge­nossenschaften durch entsprechende Gestaltung der Beschlussmehrheiten die Rechte der Minderheit gewahrt werden.

Mit der Eintragung der Spaltung in das Firmenbuch treten folgende Rechtswirkungen ein: Bei der Aufspaltung erlischt die übertragende Genossenschaft. Bei der Abspaltung werden die im Spaltungsplan vorgesehenen Änderungen des Genossenschafts­ver­trags der übertragenden Genossenschaft wirksam. Darauf ist in der Eintragung hinzu­weisen.

Im Falle einer nicht verhältniswahrenden Abspaltung sind die Mitglieder unverzüglich nach der Eintragung der Spaltung in das Firmenbuch des Sitzes der übertragenden Ge­nossenschaft darüber zu informieren, bei welcher Genossenschaft sie laut Spal­tungsplan Mitglied sind, und von ihrem Wahlrecht in Kenntnis zu setzen. Wer durch die Spaltung in seinem rechtlichen Interesse betroffen wird, kann von jeder der an der Spaltung beteiligten Genossenschaften die Erteilung von Auskünften über die Zuordnung von Vermögensteilen verlangen.

Für die nach diesem Bundesgesetz vom Gericht zu erledigenden Angelegenheiten sind die mit Handelssachen betrauten Gerichtshöfe erster Instanz sachlich zuständig. Örtlich zuständig ist jenes Gericht, in dessen Sprengel die übertragende Genossen­schaft ihren Sitz hat oder hatte. Dieses Gericht ist bei einer Spaltung zur Neugründung auch für die erste Eintragung der neuen Genossenschaft und bei einer Spaltung zur Aufnahme auch für die Eintragung beim übernehmenden Rechtsträger zuständig. Eine besondere Bewilligung ist von der Finanzmarktaufsicht erforderlich.

Auch bei diesem Gesetz beweist die Bundesregierung wieder einmal ganz klar, dass sie die Regierung des Handelns und der Umsetzung ist. Aufgrund der vielen einge­bauten Sicherheitsmechanismen und der zu erwartenden positiven Auswirkungen des neuen Bundesgesetzes werden wir Freiheitlichen keinen Einspruch gegen den Be­schluss des Nationalrates erheben. – Danke. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätIn­nen der ÖVP.)

12.49


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Bundesrat Martin Weber. Ich erteile dieses. – Bitte.


12.49.58

Bundesrat Martin Weber (SPÖ, Steiermark): Lieber Herr Vizepräsident! Werter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Damen und Herren auf der Zu­schauergalerie und vor dem Fernsehgerät! Wir haben heute schon sehr viel über Genossenschaften gehört, wir haben auch schon beinahe eine Raiffeisenwerbung gehört. Es ist auch sinnvoll und gut, künftig sollen Genossenschaften wie Kapital­gesellschaften die Möglichkeit haben, eine Spaltung vorzunehmen.

Wörtlich heißt es in den Erläuterungen: „Durch die vorgeschlagenen Maßnahmen könnte die Rechtsform der Genossenschaft insgesamt an Attraktivität gewinnen.“ Das ist auch gut so.

Über den Revisor haben wir heute schon viel gehört, auch der Revisor wird in diesem neuen Gesetz in die Pflicht genommen, ohne Haftungsbeschränkung im Interesse der Gläubiger und im Interesse der Genossenschaft tätig zu sein. Auch das ist gut so, das haben wir alles auch am Dienstag im Ausschuss besprochen. Rechtstheoretisch spricht


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natürlich nichts dagegen, es erweitert den Handlungsspielraum und den Gestaltungs­spiel­­raum der Genossenschaften.

Jedoch unterscheidet sich die heutige Vorlage, wie sie uns jetzt vorliegt, wie beim Strafrechtsänderungsgesetz doch sehr stark von der ursprünglichen Regierungsvor­lage, die in die Begutachtung geschickt worden ist. Darin war die Aufspaltung auch für gemeinnützige Wohnbaugenossenschaften vorgesehen, die das aber selbst gar nie haben wollten. Sie haben das anders gesehen. Die gemeinnützigen Wohnbauge­nos­senschaften unterliegen, wir wissen das, sehr, sehr strengen Regeln, wie zum Beispiel dem Kostendeckungsprinzip. Nach der Ausfinanzierung ist eine Genossenschafts­woh­nung, also eine gemeinnützige Wohnung, natürlich der weitaus günstigste und preis­werteste Wohnraum, den es überhaupt nur geben kann. Das heißt, durch dieses Kostendeckungsprinzip kann kein nennenswerter Gewinn erzielt werden.

Es stellt sich also die Frage, nach welchen Kriterien solche gemeinnützigen Wohn­baugenossenschaften aufgespalten werden könnten. Der Wert dieser Objekte richtet sich natürlich auch danach, wo diese Wohnungen liegen, in strukturschwachen Ge­bieten sind die Wohnungen natürlich billiger als anderswo. Große Gefahren für das leistbare Wohnen wären in Ihrer Vorlage gegeben gewesen. Es wäre, behaupte ich, ein Einfallstor für den Abverkauf der gemeinnützigen Wohnbaugenossenschaften gewesen, es wäre ein Einfallstor für eine weitere Zerschlagung einer anerkannten Institution gewesen.

Wer hätte daran Interesse gehabt, solche Wohnhausanlagen zu erwerben? – Kleiner Tipp: Schaut nach, wer eure Wahlkampfkosten mitfinanziert hat! Wir wissen es, natürlich waren es auch die großen Immobilienspekulanten, wie es der Zufall so haben will. Wie wir mittlerweile wissen, sind ja auch viele Großspender für die Österreichische Volkspartei im Wahlkampf aus diesem Bereich aufgetreten. Sie hätten an diesen wertvollen Wohnbaugenossenschaften natürlich sicherlich großes Interesse. Vielleicht ist gar schon mit dem einen oder anderen Sektglas auf diesen Gewinn angestoßen worden, wir wissen es nicht. Der wenig profitablere Bereich würde sich selbst überlas­sen werden, wie wir es auch kennen.

Jetzt frage ich mich: Ist dieser derzeitigen Regierung bei diesem Gesetz ursprünglich wirklich ein blöder Fehler unterlaufen – nobody is perfect, das kann ja sein –, als Sie die Wohnungsgenossenschaften in diesen Entwurf hineingenommen haben, oder ist dies wiederum bewusst auf Anordnung Ihrer reichen Freunde geschehen, nach dem Motto „fette Wahlspenden gegen günstigen Wohnraum“? Hätten, nachdem die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Österreich schon für diverse Wahlspenden bluten müssen – siehe 12-Stunden-Tag –, als Nächste auch die Mieterinnen und Mieter bluten sollen?

Diese Fragen müssen Sie sich gefallen lassen, schon allein deshalb, weil schon 1993 mit dem Wohnrechtsänderungsgesetz ganz deutlich klargestellt wurde, dass die Spal­tung von Kapitalgesellschaften auf Gemeinnützige nicht angewendet werden kann. Das heißt, man hätte das damals schon bei den Genossenschaften generell nicht zugelassen, nun war es in Ihrem Entwurf wieder enthalten. Es war sehr ärgerlich, dass Sie das gemacht haben oder zumindest versucht haben, deshalb finde ich es auch sehr, sehr positiv, dass dieser Punkt jetzt herausgenommen wurde, dass dies jetzt klar geregelt ist – ich habe es ja erwähnt –, da es Ihnen bewusst gewesen sein musste, dass die Wohnungen da nicht hineingenommen werden können.

Auch diese Diskussion und diese Materie haben bewiesen, dass es sich auszahlt, wenn sich Bündnispartner auch außerhalb der parlamentarischen Opposition zusam­mentun und auf fundierter Grundlage für die Änderung von Vorhaben dieser derzeiti­gen Regierung eintreten (Bundesrätin Mühlwerth: Jetzt sind wir schon viel weiter, als


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ihr es je wart!), denn wir wissen nie, was Ihnen als Nächstes einfällt, welche Graus­lichkeiten Sie als Nächstes in Husch-Pfusch-Verfahren durchboxen möchten.

Das Genossenschaftsspaltungsgesetz, wie es jetzt vorliegt, bringt Fortschritte für die Genossenschaften. Abschließend noch: Es ist erfreulich, dass die Gemeinnützigen entsprechend ihren legitimen Interessen jetzt ausgenommen sind. Alle Maßnahmen, die ich aufgezählt habe, können Sie im Übrigen auch in den Stellungnahmen der Ge­mein­nützigen nachlesen. Dem Gesetz sind die Giftzähne gezogen worden, jetzt wer­den wir diesem auch zustimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.56


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat David Stögmüller. Ich erteile dieses. – Bitte.


12.56.51

Bundesrat David Stögmüller (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister in Vertretung! Sehr geehrte Damen und Herren! Zum vorliegenden Gesetz wurde ja bereits einiges erwähnt und vorgebracht. Ich kann mich hier grundsätzlich allen Redebeiträgen anschließen, denn mit diesem Gesetz wurde ja auch eine Schlechterstellung beziehungsweise eine Benachteiligung von Genossen­schaften gegenüber Kapitalgesellschaften bereinigt. Das ist auch zu begrüßen und auch, dass die Regierung von ihren eigentlichen Plänen im Ministerialentwurf abgese­hen hat und doch noch auf die Forderungen der Gemeinnützigen eingegangen ist, wie der Kollege schon gesagt hat. Damit steht in Zukunft die Umgründungsform der Spal­tung auch Genossenschaften dementsprechend offen.

Dieses Gesetz oder diese Novellierung wird aber eines nicht lösen, nämlich die immens teuren Wohn- und Mietkosten in ganz Österreich. Ich weiß, das war jetzt nicht die Intention des Gesetzes, trotzdem dürfen wir die Augen vor diesem Problem nicht verschließen. Leistbares Wohnen wird zu einem wichtigen Thema für immer mehr Menschen in Österreich, für immer mehr Österreicherinnen und Österreicher. Die Mieten steigen, das Angebot ist zu gering, Menschen demonstrieren für leistbares Wohnen.

Ich möchte einen kurzen Rückblick auf aktuelle Schlagzeilen geben. Die „Salzburger Nachrichten“ haben erst diese Woche getitelt: „Durchschnittsmiete österreichweit in Salzburg am höchsten“. Austria Presse Agentur: Die Nettomieten sind in den letzten fünf Jahren durchschnittlich um mehr als 23 Prozent gestiegen. Zum Vergleich: Der Verbraucherpreisindex ist in diesem Zeitraum um 8 Prozent gestiegen. Die Mietpreise steigen also wesentlich stärker als die Inflation.

Der Oberste Gerichtshof entscheidet, dass die Untervermietung von Wohnungen einen Kündigungsgrund darstellt, wenn mehr verlangt wird, als man selbst bezahlt. Dieses Urteil ist ein ganz wichtiger Schritt, weil nämlich erkannt wurde, dass lukrative Kurzzeitvermietungen gerade bei Airbnb oder sonstigen Plattformen auch immer mehr Wohnraum entziehen und somit auch die Preisspirale immer weiter anheizen.

Wenn wir uns zum Beispiel in Salzburg die Mietpreise anschauen, dann kostet dort ein Quadratmeter durchschnittlich 9,20 Euro. 9,20 Euro, das ist österreichweit der Spit­zenwert. Und am freien Markt sind die Mieten noch viel, viel höher. Der Österreich-Durchschnitt liegt bei 7,20 Euro pro Quadratmeter, daran sieht man den Vergleich zwischen Salzburg und dem Rest von Österreich. Das billigste Bundesland von den Mieten her ist das Burgenland, da ist es am günstigsten.

Es kommt auch zu irrsinnigen Sachen, zum Beispiel wurde in der Landeshauptstadt Salzburg zuletzt ein Fall bekannt, wo eine 39-Quadratmeter-Garconniere im Stadtteil Lehen – die Salzburger Kolleginnen und Kollegen wissen, wo das ist – für knapp


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740 Euro vermietet wurde. Das sind schon immense Preise, auf die das Ganze hinsteuert, wo man schauen muss, dass das ja auch irgendwie leistbar bleiben oder werden muss.

Was wir uns aber als Politiker und Politikerinnen vor Augen halten müssen, ist, dass wir den Menschen das Grundrecht Wohnen, das Grundrecht leistbares Wohnen, ermög­lichen müssen. Wir müssen dafür sorgen, dass Menschen sich das Wohnen auch leisten können.

Beim Thema Mieten und Wohnkosten gehen die Emotionen hoch, das ist klar; aber es gibt einen Bereich, wo die Bedürfnisse noch nicht angekommen sind, nämlich in der Politik der österreichischen Bundesregierung. Vielleicht kommen sie ja noch an. Sogar ganz im Gegenteil, Maßnahmen wie der 12-Stunden-Tag wirken in die entgegen­gesetzte Richtung. Sie führen dazu, dass die Einkommen sinken und ein noch größerer Teil des Einkommens für Mieten und Wohnen ausgegeben werden muss. Ich kann Ihnen versprechen, wir Grüne, gerade auch in den Ländern, gerade auch in den Landesregierungen, gerade auch in den Städten und gerade auch in den Gemeinden, werden an diesem Thema dranbleiben, das so viele Österreicherinnen und Öster­reicher beschäftigt.

Es gibt nämlich ein Grundrecht auf eine angemessene Wohnmöglichkeit, es gibt aber kein Grundrecht, und das ist mir wichtig, auf maximale Gewinne durch Spekulation und Wohnraum. In Innsbruck hat unser grüner Bürgermeister Georg Willi bereits begonnen, sich dieser Problematik zu stellen. Auch mit schwierigen Grundvoraussetzungen wird dort leistbarer Wohnraum geschaffen. Er kämpft bei den sogenannten Vorbe­halts­flächen gegen die Widerstände auch innerhalb der Stadtpolitik an. Nicht nur in Tirol oder in Innsbruck, auch im Bundesland Vorarlberg wird mit gezielten Siedlungs­schwer­punkten, verpflichtenden räumlichen Entwicklungsplänen und der Vermeidung von Bau­landhortung dem Problem an den Kragen gegangen.

Dennoch sind wir noch lange nicht am Ziel, denn es zeigen sich verschiedene Proble­matiken; zum Beispiel dass Wohnbauträger die Grundstücke zu exorbitanten Preisen kaufen und dann versuchen, Druck auf die politisch Verantwortlichen auszuüben, um möglichst verdichtet bauen zu können, um ihre Investitionen logischerweise wieder hereinspielen zu können. Sie heizen damit aber die Preise massiv an und verringern die Lebensqualität der Menschen vor Ort, die dann natürlich im verdichteten Lebensraum leben müssen. (Bundesrat Rösch: Ist das zum Thema?)

Dass Grundstücke und Wohnungen aus Spekulationsgründen gehortet und dadurch dem Markt entzogen werden, ist natürlich ein riesiges Problem. Hier braucht es wir­kungsvolle Maßnahmen, damit Spekulationen nicht mehr lukrativ sind. Hier müssen wir als Politikerinnen und Politiker die Interessen der Bevölkerung vor die Interessen an maximalem Profit stellen. Die beiden in der Bundesregierung vertretenen Parteien ÖVP und FPÖ waren hier Speerspitzen für die Profitinteressen.

Sehr geehrter Herr Minister, werte Kolleginnen und Kollegen, da müssen wir alle ge­meinsam daran arbeiten, alle Schrauben drehen, um jungen Menschen eine Zukunfts­perspektive in den Städten, aber auch am Land zu ermöglichen und zu eröffnen. (Zwischenruf der Bundesrätin Eder-Gitschthaler.)

Für uns Grüne ist das Thema leistbares Wohnen ein zentrales Zukunftsthema. Dieses Thema wird in vielen Landesregierungen schon angegangen, nämlich in Vorarlberg und Tirol, wo jeweils Schwarz-Grün regiert (Bundesrat Steiner: Na was passiert in Tirol? Die höchsten Mieten! – Bundesrätin Mühlwerth: Vorarlberg hat eine der höchsten Mieten!), in Salzburg, aber auch in Wien und in anderen Bundesländern.


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Dafür werden wir uns auch weiterhin starkmachen. Das ist zumindest etwas, das pas­siert. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

13.03


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Peter Raggl. Ich erteile es ihm. – Bitte.


13.03.26

Bundesrat Dr. Peter Raggl (ÖVP, Tirol): Hohes Präsidium! Geschätzter Herr Minister! Liebe interessierte Zuseher! Nach dem Exkurs des Kollegen Stögmüller darf ich gleich wieder zurückkommen auf den Tagesordnungspunkt, den wir heute beschließen sollen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Ich darf aber trotzdem zu Beginn noch kurz auf Kollegen Martin Weber replizieren, der da, glaube ich, etwas unterstellt. Ich war selbst am Montag im Justizausschuss (Bun­desrat Weber: Dienstag!) – am Dienstag, Entschuldigung –, wo uns die zuständige Ministerialmitarbeiterin, Frau Dr. Bydlinski, sehr glaubwürdig und ausführlich erklärt hat, was es mit den Wohnbaugenossenschaften auf sich hat, dass es da null politische Motivation gibt und gegeben hat. Ich glaube, das kann man einer Ministeriumsmit­arbeiterin sehr gut glauben. Es war wirklich von Anfang an ganz klar, dass dieses neue Genossenschaftsspaltungsgesetz nie und nimmer für Wohnbaugenossenschaften gelten soll. Das möchte ich hier noch einmal feststellen – und dass es hier null poli­tische Motivation wofür auch immer, was da unterstellt wird, gegeben hätte. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Bundesrat Weber: Warst du mal drinnen? – Zwischenruf des Bun­desrates Steiner.)

Es wurde bereits ein sehr sozialer Leitspruch erwähnt, der Leitspruch von Friedrich Wilhelm Raiffeisen, dessen Geburt sich heuer zum 200. Mal jährt: „Was einer nicht vermag, das vermögen viele.“ Das gilt wohl nach wie vor. Dieser soziale Ansatz gilt nach wie vor für das Genossenschaftswesen, und er gilt, wenn ich mir dieses Gesetz ansehe, wohl auch für dieses Gesetz, das wir heute hier vonseiten des Bundesrates absegnen. Mich freut es sehr, dass ein so wichtiges Gesetz im Nationalrat einstimmig beschlossen wurde und, wie es aussieht, auch im Bundesrat die einhellige Zustimmung finden wird.

Dieses Genossenschaftsspaltungsgesetz ist, wie schon besprochen, sehr, sehr wich­tig, um Wettbewerbsnachteile der Genossenschaften gegenüber anderen Kapitalge­sell­schaften zu beseitigen und damit man wirklich diesen sozialen Gedanken, der die Genossenschaft prägt, auch in Zukunft weiterführen kann.

Was dem Gesetzgeber, glaube ich, sehr, sehr wichtig war in diesem Gesetz, ist, dass es im Falle der Spaltung einer bestehenden Genossenschaft für die Mitglieder dieser Genossenschaft absolute Rechtssicherheit gibt, dass diese also nicht benachteiligt werden können. So ist es schlussendlich auch sehr konsequent: Wenn ein Mitglied glaubt, dass es durch eine Spaltung übervorteilt wird, hat es jederzeit die Möglichkeit, mit einer Kündigung aus der alten oder aus der neu gegründeten Genossenschaft auszuscheiden. Dies ist sehr, sehr wichtig für das Thema Rechtsschutz, aber auch für die Rechtssicherheit.

Dieses Gesetz hat eine einigermaßen lange Genese hinter sich. Sehr lange wurde hier politisch auch verhindert, unter anderem mit der Begründung, dass es sich bei diesem Gesetz um eine sogenannte Lex Raiffeisen handelt. Meine Vorredner haben aber bereits aufgezeigt, dass die Genossenschaftsidee nach wie vor eine sehr aktuelle ist und auch eine sehr erfolgreiche Idee des Wirtschaftens darstellt. Bei den Genos­senschaften steht nämlich nicht – wie heute so oft beim sogenannten Turbokapitalis­mus – die Idee oder das Ziel der möglichst hohen Rendite im Mittelpunkt, sondern


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nach wie vor das Ziel, die Mitglieder zu fördern und ihnen einen möglichst guten Preis, einen, wie schon angesprochen, möglichst guten Milchpreis auszubezahlen oder, wenn es sich um eine Bank handelt, vielleicht auch möglichst geringe Kreditzinsen zu verlangen.

Die Genossenschaftsidee ist aktuell, das soll man nicht unterschätzen. Es wurde schon genannt: Mehr als 2 Millionen Österreicher sind Mitglieder bei Genossenschaften. Noch wesentlich beeindruckender sind die Zahlen auf EU-Ebene. EU-weit sind nämlich mehr als 100 Millionen Menschen in Genossenschaften verankert, was einen großen Anteil am Sozialprodukt der EU darstellt. Um es noch global darzustellen: Weltweit sind 900 Millionen Menschen Mitglieder bei Genossenschaften. Das sind nicht weniger als 13 Prozent der Weltbevölkerung.

Das Genossenschaftswesen hat an seiner Aktualität, wie gesagt, nicht eingebüßt. Daher ist es sehr wichtig und richtig, dass wir die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Genossenschaften den Anforderungen der heutigen Zeit anpassen. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie bei BundesrätInnen der SPÖ.)

13.08

13.08.53


Vizepräsident Ewald Lindinger: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesräte und Bundesrätinnen, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit; der Antrag ist somit angenommen.

13.09.145. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 26. September 2018 betreffend Erklärung der Republik Österreich über die Annahme der Beitritte Panamas, Uruguays, Kolum­biens und El Salvadors zum Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (113 d.B. und 265 d.B. sowie 10028/BR d.B.)


Vizepräsident Ewald Lindinger: Wir gelangen nun zum 5. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Armin Forstner. – Ich bitte um den Bericht.


13.09.45

Berichterstatter Armin Forstner, MPA: Geschätzter Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 26. September 2018 betreffend Erklärung der Republik Österreich über die Annahme der Beitritte Panamas, Uruguays, Kolum­biens und El Salvadors zum Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte inter­nationaler Kindesentführung.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich komme daher gleich zur Antrag­stellung.

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 9. Oktober 2018 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Vizepräsident Ewald Lindinger: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erste zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Klara Neurauter. Ich erteile es ihr. – Bitte.



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13.10.24

Bundesrätin Klara Neurauter (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher auf der Galerie und vor den Fernsehschirmen! Das Haager Kindesentführungs­überein­kommen vom 25. Oktober 1980 regelt die zivilrechtlichen Aspekte bei internationalen Kindesentführungen. Heute geht es um die Annahme des Beitritts von Panama, Uruguay, Kolumbien und El Salvador.

Dieses Haager Abkommen ist ein Meilenstein in der Hilfe für Kinder, die grenz­über­schreitenden Entführungen und dem Entfernen von einem Elternteil ausgesetzt sind. Mithilfe dieses Haager Abkommens wird versucht, in solchen Fällen Schaden von den Kindern abzuhalten und eine schnelle Rückführung zu bewerkstelligen. Meist handelt es sich dabei um Fälle, in denen ein Elternteil das unter 16-jährige Kind unrechtmäßig in ein anderes Land verbringt, es dort behält und nicht mehr zurückbringt.

Es geht hier nicht um spektakuläre Kindesentführungen – da wäre das Strafrecht zuständig –, sondern um Kindesentziehungen von einem Elternteil und es geht heute in vielen Fällen um Obsorgestreitigkeiten. Die Kinder sind die Opfer, wenn Streit der Eltern auf ihrem Rücken ausgetragen wird.

Ich möchte einige Beispiele anführen, um das zu verdeutlichen: Ein griechischer Vater, der mit der Familie in Österreich lebt, fährt mit dem Kind zu einem Heimaturlaub, kehrt aber dann nicht mehr nach Österreich zurück, bleibt mit dem Kind in Griechenland. Damit entzieht er der Mutter das Kind. Es gibt aber auch den Fall, dass eine öster­reichische Mutter, die mit ihrem Mann in Spanien lebt, nach einem Heimaturlaub in Österreich bleibt, das Kind hier behält und es damit dem Vater entzieht. Ein anderer Fall zeigt, dass ein Elternteil nach einem Besuchskontakt, der durchaus auch gericht­lich geregelt sein kann, das Kind nicht mehr zum Obsorgeberechtigten zurückbringt. Er bringt es in sein ursprüngliches Heimatland und behält es dort.

Man kann sich vorstellen, mit welcher Sorge der jeweils Betroffene, der Vater oder die Mutter, auf solche Situationen reagiert. Sie wissen ja nicht, wie es dem Kind dort geht und ob und wann sie es wiedersehen. Hier versuchen die Staaten, die dem Haager Abkommen beigetreten sind, rasche Hilfe auf privatrechtlicher Basis zu geben. Die Kinder werden in solchen Fällen ja oft gegen ihren Willen von einem Elternteil getrennt und müssen sich in einer für sie fremden Gesellschaft zurechtfinden. Der Elternteil, dem das Kind entzogen wird, steht hilflos der Lage gegenüber und ist meistens verzweifelt.

In unserer globalen Gesellschaft kommen solche Kindesentführungen leider immer wieder vor. In binationalen Partnerschaften und Ehen ist das Risiko dafür größer. Alle Staaten, die dem Haager Kindesentführungsübereinkommen beigetreten sind, ver­suchen nun, mit einem beschleunigten Verfahren eine möglichst rasche Rückführung der Kinder zu gewährleisten. Bis heute haben 98 Vertragsparteien dieses Abkommen unterzeichnet. 65 Staaten sind beigetreten, 27 Staaten haben es ratifiziert.

Da dieses Haager Abkommen gesetzesändernd und gesetzesergänzend ist, bedarf der Beitritt neuer Länder der Annahme durch die bisherigen Vertragspartner. Deshalb ist es notwendig, diesen Punkt auch im österreichischen Parlament zu beraten und zu beschließen. In allen Fällen, die nach diesem Abkommen behandelt werden, geht es immer um das Wohl des Kindes und darum, dem entzogenen Elternteil das Kind so rasch wie möglich wieder zurückzubringen.

In Österreich haben wir pro Jahr circa 80 bis 90 solche Fälle, und man kann sich in jedem Fall das Leid der Kinder und die Sorgen des betrogenen Elternteils vorstellen. Je mehr Staaten dem Abkommen beitreten, umso besser, weil es die Zusammenarbeit


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der Behörden einfacher macht und die gute Beendigung solcher Verfahren beschleu­nigt.

Abschließend möchte ich noch auf die Brüssel-IIa-Verordnung hinweisen, deren Revi­dierung derzeit unter der österreichischen Ratspräsidentschaft in der Richtung ver­handelt wird, dass solche Verfahren im Zusammenhang mit Kindesentführungen in Zukunft nicht mehr mehrere Jahre, sondern nicht länger als 18 Wochen dauern dürfen. Dazu sollen die Rechte der Kinder gestärkt werden, wenn sie bereits eine ent­sprechende Reife aufweisen.

In jedem Fall geht es aber um das Wohl des Kindes. Deswegen kann man diesen Beschluss des Nationalrates nur sehr unterstützen und keinen Einwand dagegen erheben. (Allgemeiner Beifall.)

13.16


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Andreas Spanring. Ich erteile es ihm. – Bitte.


13.16.21

Bundesrat Andreas Arthur Spanring (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kollegen im Bundesrat! Werte Zu­schauer auf der Galerie und vor den Bildschirmen! Kinder sind etwas Besonderes, Kinder sind unsere Zukunft und Kinder sind unschuldig. Sie sind die Schwächsten in unserer Gesellschaft und können sich oftmals nicht wehren. Darum haben Kinder unseren ganz besonderen Schutz verdient, nämlich in vielerlei Hinsicht.

Wann immer sich Mutter und Vater trennen, entstehen Narben an den Seelen der Kinder. Wie groß oder klein diese Narben ausfallen, ist immer abhängig vom Verhalten beider Elternteile während und auch nach der Trennung. Es sollte immer das oberste Ziel der Eltern sein, die Kinder möglichst bei allen Streitigkeiten außen vor zu lassen. Das ist jetzt natürlich viel leichter gesagt, als es in der Realität getan ist. Kinder werden leider Gottes auch immer wieder zum Spielball gekränkter Elternteile.

Wenn einmal so ein Rosenkrieg entfacht ist, dann passiert es leider, dass Menschen ihre persönlichen Befindlichkeiten über das Wohl der eigenen Kinder stellen. Auch wenn der eine oder die andere Jahre später dann draufkommt, dass das ein großer Fehler war, tragen trotzdem die Kinder die Narben der letzten Jahre davon, und diese Narben bleiben oft ein Leben lang.

Auch wenn es fast unglaublich erscheint, es gibt in Österreich im Schnitt jährlich 80 Kin­desentführungen. Wie die Frau Kollegin richtig gesagt hat, geht es da nicht um Kindesentführung in strafrechtlicher Hinsicht, sondern darum, dass Mutter oder Vater dem anderen Elternteil das Kind vorenthält. (Ruf bei der SPÖ: Das ist eine Entziehung und keine Entführung!)

Ein Beispiel: Die Mutter ist Österreicherin, der Vater ist Marokkaner. Nach kurzer Ehe kommt es zur Trennung, und der Vater nimmt – vielleicht aus Liebe zum Kind, vielleicht aber auch aus Rache gegenüber der Mutter – das Kind mit nach Marokko und kommt nicht wieder. Stellen Sie sich vor, was das bedeutet, wenn das Ihr Kind ist! Stellen Sie sich vor, was das für das Kind bedeutet, das aus dem gewohnten Umfeld gerissen wird und in eine für das Kind neue Welt verbracht wird, meistens oder immer gegen den Willen des Kindes. Wie gesagt, diese Fälle gibt es, und es passiert auch umgekehrt, dass nämlich Kinder zu uns nach Österreich mitgenommen und dem zweiten Elternteil vorenthalten werden.

Mit diesem Übereinkommen der Haager Konvention werden zivilrechtliche Aspekte bei internationalen Kindesentführungen – ich kann nichts dafür, es steht so drinnen –


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beziehungsweise Kindesentführungen über Landesgrenzen hinweg geregelt. Es wollen Panama, Uruguay, Kolumbien und El Salvador beitreten. Natürlich ist das begrüßens­wert. Je mehr Länder diesem Übereinkommen beitreten, desto besser ist es.

Obwohl es selbstverständlich sein sollte, dass man dieses Übereinkommen unterstützt, müssen wir es hier im Plenum behandeln. Warum? – Wir haben es schon gehört: weil es gesetzesändernd und gesetzesergänzend wirkt. Somit muss ein Beitritt von neuen Ländern auch durch die bisherigen Vertragspartner bestätigt werden.

Der große Vorteil von diesem Übereinkommen liegt darin, dass, wenn Kinder entführt oder entzogen werden, die Eltern, die die Rückführung des Kindes erreichen wollen, sich an die zentralen Behörden vor Ort wenden können. Bei uns ist es zum Beispiel das Justizministerium, in anderen Ländern das entsprechende Pendant dazu. Dort ist dann eine gewisse Gewähr dafür gegeben, dass die entsprechenden Behörden weitgehend im Sinne dieses Abkommens selbständig handeln.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich hoffe, dass wir dieses Übereinkommen der Haager Konvention schon sehr bald wieder auf der Tagesordnung haben werden und noch viele weitere Länder ebendiesem beitreten, zum Wohle unserer und aller Kinder. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

13.21


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Hubert Koller. Ich erteile es ihm. – Bitte.


13.21.18

Bundesrat Hubert Koller, MA (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Lieber Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch an den Fernsehapparaten! Dieses Thema eint uns alle. Der Schutz der Kinder, die Stärkung der Kinderrechte ist ein Thema, das an keinem von uns vorbeigeht. Deshalb ist es enorm wichtig, dass hier auch entsprechend ausgeführt wird, worum es bei diesem Übereinkommen geht, und ich danke meiner Vorrednerin und meinem Vorredner dafür, dass sie das so klar dargelegt haben. Die Zuschauer zu Hause wissen nämlich oft nicht, wovon wir reden, denn wir reden sachlich, im Detail, sagen aber oft nicht, worum es eigentlich richtig geht. Ich glaube, es wurde schon gut ausgeführt, und möchte nur ein paar Kleinigkeiten ergänzen.

Der Beschluss der EU, dass Österreich und Rumänien gleichzeitig die Ermächtigung erteilt wurde, diese Anträge heute entgegenzunehmen, erfolgte schon im Dezem­ber 2017. Die Europäische Union – und da möchte ich hinzufügen, weil ja immer wieder vorgeworfen wird, die größeren Einheiten würden schlechte Dinge machen, dass es auch sehr, sehr viel Gutes zu berichten gibt – hat sich im Artikel 3 ihres Vertrages über die Europäische Union das Ziel gesetzt, den Schutz der Rechte des Kindes deutlich zu fördern. Die Maßnahmen zum Schutz von Kindern vor dem widerrechtlichen Verbringen oder Zurückhalten sind ein wesentlicher Bestandteil dieser Politik.

Der Rat hat – die Kollegin hat es angeführt – diese wichtige Brüssel-IIa-Verordnung erlassen, um „Kinder vor den schädlichen Auswirkungen eines widerrechtlichen Ver­bringens oder Zurückhaltens zu schützen und Verfahren einzuführen, die ihre sofortige Rückkehr in den Staat ihres gewöhnlichen Aufenthalts sowie den Schutz des Umgangs- und des Sorgerechts sicherstellen“ sollen.

Sehr geehrter Herr Bundesminister, ich darf Sie bitten, Ihrem Kollegen Folgendes aus­zurichten: Ich ersuche Herrn Bundesminister Moser, während der Ratspräsidentschaft darauf Wert zu legen und zu drängen, dass diese Verordnung vor allem dahin gehend revidiert wird, dass die Verfahren in Zukunft nicht mehr so lange dauern. Ich weiß,


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dass, wie schon erwähnt wurde, eine Verfahrensdauer von maximal 18 Wochen und eine Vollstreckungsfrist von sechs Wochen angepeilt werden. Unsere volle Zustim­mung gibt es dazu.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Mitgliedstaaten der EU sind Vertrags­partner des Haager Übereinkommens vom 25. Oktober 1980. Die Union bestärkt aber auch – und heute behandeln wir Drittstaaten – Drittstaaten, diesem Abkommen beizu­treten. Die beste Lösung für die schwierige Hilfe bei internationaler Kindesentführung ist nämlich ein gemeinsamer Rechtsrahmen zwischen den Mitgliedstaaten, aber auch den Drittstaaten.

Gemäß den Artikeln 37 und 38 des Haager Übereinkommens können eben auch Staaten, die zum Zeitpunkt der Annahme des Übereinkommens nicht Mitglieder des Übereinkommens waren, dem Übereinkommen beitreten. Das Übereinkommen sagt aber auch, dass Organisationen, wie die EU eine ist, nicht Vertragspartner sein kön­nen, sondern jeder Mitgliedstaat das Beitrittsgesuch von Drittstaaten durch Zustim­mung seines Parlaments annehmen muss. Das heißt, es wird erst wirksam, wenn wir heute diese Zustimmung geben.

Österreich hat bis jetzt schon dem Beitritt vieler Staaten zugestimmt. Der Nationalrat hat am 26. September 2018 den Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages beziehungsweise der Staatsverträge beschlossen. Heute geben wir die Zustimmung. Es ist auch kein Akt, der nur kurze Zeit dauert. Panama hat die Urkunde bereits 1994 zum Beitritt vorgelegt und mit Mai 1994 in Kraft gesetzt, Uruguay 1999, Kolum­bien 1995, El Salvador 2001.

Das heißt, gut Ding braucht Weile. Deshalb ist es gut, dass wir das heute machen, denn, wie ich zu Beginn gesagt habe, jede Maßnahme zum Schutz der Kinder ist eine richtige und wichtige. Dies schon deshalb, weil gerade bei Kindesentführungen oftmals und fast immer die Kinder die Opfer sind und der Streit zwischen den Eltern meist auf dem Rücken der Kinder ausgetragen wird. Die Rechte der Kinder müssen weiter gestärkt werden. Deshalb freue ich mich darüber, dass unser Bundesrat als Zu­kunftskammer, als einzige Kammer Europas einen Ausschuss für Kinderrechte hat und dieser auch ausgezeichnete Arbeit leistet. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Die Frau Präsidentin ist jetzt gerade nicht anwesend, aber Ehre, wem Ehre gebührt, und allen, die dort mitwirken. Gestern war ja ein Ausflug ins Burgenland mit dem Kin­derrechteausschuss.

Deshalb auch noch ein Appell – bitte diesen an Herrn Bundesminister Moser weiter­zugeben – zum Gesamtpaket der Kompetenzbereinigung zwischen dem Bund und den Ländern, was die Kinder- und Jugendhilfe betrifft. Es hat heute der Landeshauptmann des Burgenlandes als Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz bereits in seiner Erklärung ausgeführt, dass die entsprechende Kompetenz in die Zuständigkeit der Länder wandern und die Qualitätskriterien in einer 15a-Vereinbarung festgeschrieben werden sollen.

Deshalb hat die SPÖ die große Bitte an den zuständigen Minister: Bitte achten Sie darauf, dass es einen einheitlichen, qualitativ hochwertigen Kinderschutz in Österreich auch in Zukunft gibt! Setzen Sie hier die höchsten Kriterien an, nehmen Sie auf die Beden­ken der Fachwelt Bedacht und sorgen Sie dafür, die Kinder- und Jugendhilfe zum optimalen Schutz aller Kinder auszugestalten!

Die Präsidentin des Bundesrates, Frau Inge Posch-Gruska, hat die Kinder- und Jugendrechte dankenswerterweise zum Schwerpunkt ihrer Präsidentschaft gemacht. Die Kinder- und Jugendhilfe steht vor vielen Herausforderungen, vor allem aber auch vor der Schaffung von einheitlichen Qualitätskriterien in Österreich. Die vielen Veran-


BundesratStenographisches Protokoll884. Sitzung, 884. Sitzung des Bundesrates am 11. Oktober 2018 / Seite 134

stal­tungen, die vorgesehen sind, die Aktivitäten zielen auf die Stärkung der Kinder- und Jugendrechte ab. Es wäre daher sinnvoll, diese Ergebnisse am Jahresende in dement­sprechende Gesetze einzuarbeiten und aufzunehmen.

Die SPÖ-Fraktion wird diesen Beitrittsgesuchen gerne zustimmen. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei BundesrätInnen der FPÖ.)

13.28


Vizepräsident Ewald Lindinger: Eine weitere Wortmeldung liegt vor.

Ich ersuche Gregor Hammerl, ans Rednerpult zu treten, und erteile ihm das Wort. – Bitte.


13.28.36

Bundesrat Gregor Hammerl (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine geschätzten Damen und Herren! Der Beschluss des National­rates vom 26. September 2018 betreffend Erklärung der Republik Österreich über die Annahme der Beitritte Panamas, Uruguays, Kolumbiens und El Salvadors zum Über­ein­kommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates, aber er bringt ein Anliegen zum Ausdruck, das uns alle bewegen soll, nämlich den Schutz des Kindeswohls.

In der Verschiedenheit der rechtlichen Regelungen der einzelnen Länder bleiben oft Kinder, die infolge eines Konfliktes aus ihrer Familie gerissen werden, auf der Strecke. Deshalb ist die Ausweitung der Zahl der Länder, die dem Abkommen beitreten, im Sinne des Kindeswohls wichtig. Die verschiedenen Aspekte zu diesem Thema haben meine Vorredner bereits angesprochen.

Meine geschätzten Damen und Herren, ich verabschiede mich Ende des Monats vom Bundesrat. Für meine letzte Rede habe ich mich in diesem Hause als Redner zu diesem auf den ersten Blick relativ unwichtigen Thema zu Wort gemeldet, weil es für mich als Abgeordneten in den verschiedenen Vertretungsgremien ein Herzensanliegen war und ist, mich für die Schwächsten der Gesellschaft, deren Existenz gefährdet und zerbrechlich ist, einzusetzen. Ich wusste dieses Anliegen in diesem Haus immer in guten Händen. Dafür möchte ich allen, die mich unterstützt haben, in dieser Stunde meinen herzlichen Dank aussprechen. Dieser gilt vor allem jenen Personen, die mir in der konkreten Organisation meines Einsatzes im Bundesrat ihre Unterstützung haben zukommen lassen.

Namentlich nenne ich Frau Bundesratsdirektorin Dr. Susanne Bachmann, Frau Bun­des­ratsvizedirektorin Dr. Alice Alsch-Harant, Franz Liebl und Karl Ganneshofer. Ihnen wie auch allen anderen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen möchte ich für ihre Unter­stützung großen Dank aussprechen. Sie tragen mit ihrer Arbeit die Anliegen des Bundesrates wesentlich mit. (Allgemeiner Beifall.)

Ich war in meinem politischen Leben in vielen Gremien tätig, zehn Jahre im Gemein­derat der Stadt Graz, zwölf Jahre im Landtag, im Bundesrat. Im Bundesrat durfte ich über sieben Jahre die Anliegen der Menschen vertreten und ein halbes Jahr war ich Präsident dieses Gremiums. In der Zeit der Präsidentschaft konnte ich eine hochrangig besetzte Europakonferenz in Kroatien mit dem Staatspräsidenten Josipović ausrichten, die sich mit den verschiedenen Aspekten politischen Zusammenlebens in Europa befasst.

Ich war noch vor drei Wochen in Zagreb im Parlament eingeladen – zu Josipović gibt es eine gute Verbindung – und durfte im Parlament auch die Grüße unseres Lan­deshauptmanns übermitteln. Ich erfuhr dabei die vollste Unterstützung durch den da­mals für EU-Fragen zuständigen Landesrat der Steiermark Christian Buchmann, der


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jetzt Abgeordneter in diesem Gremium ist. Er war der Einzige in der Steiermark, der gesagt hat: Gregor, jawohl, das machen wir! Er war damals für das Europareferat zuständig und hat noch einmal volle Unterstützung zugesagt. (Allgemeiner Beifall.)

Ich möchte dir, lieber Christian, hiermit herzlich danken. Ich wünsche dir viel Kraft für deine Arbeit als Vorsitzender des EU-Ausschusses und als Cosac-Vorsitzender. Da wird in Zukunft noch sehr viel Arbeit zu leisten sein.

Im Vergleich mit den Tätigkeiten in den anderen Gremien war für mich die Arbeit im Bundesrat insofern anders, als hier nicht so sehr die politische Konkurrenz im Vordergrund der Debatten steht, sondern es auf die jeweils zur Debatte stehende Sache ankommt. Meine Damen und Herren, man braucht nicht gegen etwas zu sein, weil es vom politischen Mitbewerber kommt, sondern man ist aufgefordert, in der Sache zu argumentieren.

Ich möchte mich bei all meinen Kolleginnen und Kollegen aus allen Fraktionen hier in diesem Haus herzlich für die Atmosphäre bedanken, die hier herrscht, für das ge­meinsame Ringen um die Sache und für den fairen Umgang miteinander. Mein großer Dank gilt auch allen Fraktionsvorsitzenden. Wir konnten gemeinsam in diesem Hause viel weiterbringen, auch wenn es nicht immer spektakulär war und über unsere gute Arbeit hier in den Medien nicht allzu viel berichtet wurde.

Besonders bedanken möchte ich mich in diesem Zusammenhang bei meinen Kollegin­nen und Kollegen in der Fraktion, mit denen ich eine intensive Dialoggemeinschaft bil­den konnte. Danke und alles Gute sage ich unserem Vorsitzenden Karl Bader, der heute auch neu hier ist. Alles, alles Gute! (Allgemeiner Beifall.)

Meine Damen und Herren, mit dem Ende meiner Amtszeit in diesem Haus bricht für mich aber nicht die Zeit der Untätigkeit für die Anliegen der Menschen an. So werde ich weiterhin ehrenamtlicher Präsident des Hilfswerks Steiermark sein. Das ist eine Orga­ni­sation mit über 1 500 Angestellten, in der ich seit 25 Jahren in leitender Funktion tätig bin.

Im Dezember 2017 bekam ich noch eine weitere Aufgabe: Ich wurde Vizepräsident des Hilfswerks International. Wir unterstützen Menschen unabhängig von ihrer Herkunft und Religion. Es ist weltweit eine der größten Trägerorganisationen im Bereich Ent­wick­lungszusammenarbeit für humanitäre Hilfe. In den nächsten Tagen bin ich für drei Wochen im Libanon, das ist meine erste Aufgabe. Dann geht es weiter nach Süd­amerika und noch in weitere Länder, in denen unter anderem Projekte durchgeführt werden.

Ich darf Ihnen, meine Damen und Herren, noch einmal für die Zusammenarbeit dan­ken. Ich wünsche euch alles, alles Gute und verabschiede mich mit einem steirischen Vergelt’s Gott! – Danke schön. (Allgemeiner Beifall.)

13.34


Vizepräsident Ewald Lindinger: Kollege Hammerl! Du warst ja 2012 Präsident dieser Kammer, du warst seit 2010 Mitglied hier im Bundesrat und davor von 2000 bis 2010 Mitglied des Landtages Steiermark. Danke für dein Engagement! Alles Gute und viel Kraft für deine weiteren Vorhaben! Alles Gute! (Allgemeiner Beifall.)

Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister. Ich erteile es ihm. – Bitte.


13.34.56

Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Heinz Faßmann: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Bundesräte! Ich vertrete hier Minister Moser bis zu diesem Tagesordnungspunkt. Ich möchte mich erstens auch für die Diskussion heute bedanken, die für mich bemerkenswert war. Sie haben sich mit ausgesprochen


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schwierigen Rechtsmaterien auseinandergesetzt, und ich habe auch einiges Neue erfahren. Ich habe, ganz offen gesagt, nicht gewusst, dass das Genossenschafts­we­sen von der Unesco als immaterielles Weltkulturerbe anerkannt worden ist. (Bundes­rätin Mühlwerth: Ja, bei uns kann man noch was lernen!) Das ist eine sehr bemer­kenswerte Auszeichnung.

Zweitens nehme ich gerne folgende Punkte mit und erstatte darüber Minister Moser Bericht: die lange Verfahrensdauer, die Kritikpunkte im Zusammenhang mit den Wohn­baugenossenschaften und auch den Appell, bei der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern auf einen qualitativ hochstehenden Jugendschutz zu achten. (Präsidentin Posch-Gruska übernimmt den Vorsitz.)

Weiters möchte auch ich Herrn Bundesrat Hammerl für seine nächste Lebensphase alles Gute wünschen. Wie aus Ihrer Ankündigung klar hervorgegangen ist, wird Ihre nächste Lebensphase keine ruhige werden, sondern eine, die Sie ganz offensichtlich in unterschiedliche Staaten bringt. Ich möchte Ihnen auch hinsichtlich Ihrer Kategorisie­rung des Stils und der Diskussionskultur hier im Bundesrat zustimmen. Ich habe das ähnlich wie Sie immer als eine Wohltat empfunden, dass es hier um die Inhalte geht und nicht unbedingt um die Couleur der Partei. Herzlichen Dank auch dafür und alles Gute! (Allgemeiner Beifall.)

13.36

13.36.44


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Danke schön, Herr Minister!

Wortmeldungen liegen dazu keine mehr vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit, der Antrag ist somit angenommen.

13.37.246. Punkt

41. Bericht der Volksanwaltschaft (1. Jänner bis 31. Dezember 2017) (III-653-BR/2018 d.B. sowie 10029/BR d.B.)


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Wir gelangen nun zum 6. Punkt der Tagesordnung.

Ich darf Frau Volksanwältin Dr. Gertrude Brinek und Herrn Volksanwalt Dr. Günther Kräuter bei uns recht herzlich willkommen heißen. (Allgemeiner Beifall.)

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Gottfried Sperl. Ich bitte um den Bericht.


13.38.03

Berichterstatter Gottfried Sperl: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Volksanwältin! Sehr geehrter Herr Volksanwalt! Geschätzte Damen und Herren auf der Galerie und vor den Fernsehschirmen! Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Be­richt des Ausschusses für BürgerInnenrechte und Petitionen über den 41. Bericht der Volksanwaltschaft, welcher den Zeitraum 1. Jänner bis 31. Dezember 2017 umfasst.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antrag­stellung.

Der Ausschuss für BürgerInnenrechte und Petitionen stellt nach Beratung der Vorlage am 9. Oktober 2018 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, den 41. Bericht der Volks­anwaltschaft (1. Jänner bis 31. Dezember 2017) (III-653-BR/2018 d.B.) zur Kenntnis zu nehmen.



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Präsidentin Inge Posch-Gruska: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Peter Samt. – Bitte.


13.39.06

Bundesrat Peter Samt (FPÖ, Steiermark): Frau Präsidentin! Geschätzte Volks­anwälte! Frau Dr. Brinek! Herr Dr. Kräuter! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ge­schätzte Zuseher auf der Galerie und zu Hause vor den Bildschirmen! Ich möchte heute ein paar Worte zur Kontrolle der öffentlichen Verwaltung verlieren. Kollegin Rosa Ecker wird sich dann noch zum Bericht über die präventive Menschenrechtskontrolle zu Wort melden.

Vorweg ein paar wichtige Daten: Wir haben bei der Behördenkontrolle erneut gegen­über den Vorjahren, insbesondere gegenüber dem Vorjahr, ein Plus an Beschwerden zu verzeichnen. 2017 haben sich insgesamt 20 097 Bürger von Österreichs Behörden ungerecht behandelt gefühlt. Das bedeutet eben ein Beschwerdeplus in der Kontrolle der öffentlichen Verwaltung. 2016 waren es rund 18 500 Bürger, die sich mit ihren Behördenproblemen an die Volksanwaltschaft wandten. Das zeugt sicherlich von einem hohen Vertrauen der Bürger in die Volksanwaltschaft, aber natürlich auch von ein paar anderen Dingen, die ich jetzt noch erklären will.

Die Volksanwaltschaft war in 16 103 Fällen tatsächlich zuständig, in 10 333 Fällen wur­de tatsächlich ein Prüfverfahren eingeleitet. 42 Prozent davon fielen in den Bereich der inneren Sicherheit, und zwar aufgrund der großen Zahl an asylrechtlichen Beschwer­den.

Die zweitmeisten Prüfverfahren haben wir betreffend Probleme beim Arbeitsmarkt­service, bei der Pflegegeldeinstufung sowie rund um das Pensionsversicherungsrecht zu verzeichnen, gefolgt vom Bereich Justiz mit 13,4 Prozent, Anlass gaben die lange Dauer von Gerichtsverfahren und Verfahren der Staatsanwaltschaften sowie der Straf­vollzug.

Gestatten Sie mir, dass ich an dieser Stelle Folgendes hinzufüge: Seit dem Früh­jahr 2017 bringt sich die Volksanwaltschaft lobenswerterweise sehr stark bei der Aus- und Weiterbildung in der Strafvollzugsakademie ein. In einer ersten Tranche wurden insgesamt knapp 100 Lehrgangsteilnehmerinnen und -teilnehmer, die zu diesem Zeitpunkt in Ausbildung als Justizwachebeamtin oder -beamter gestanden sind, über Aufgaben und Zuständigkeit der Volksanwaltschaft unterrichtet.

Darüber hinaus engagiert sich die Volksanwaltschaft auch in der Polizeiausbildung. 2017 wurden zum Beispiel elf Klassen in vier Bundesländern, nämlich in Salzburg, Tirol, Wien und Niederösterreich, unterrichtet und insgesamt 280 angehende Polizistin­nen und Polizisten über die Arbeit der Volksanwaltschaft informiert.

Das ist, glaube ich – und ich denke, darin sind wir uns einig –, sehr wichtig und auch gut. Wir dürfen dabei aber nicht vergessen, dass speziell im Strafvollzug, also in unse­ren Haftanstalten, eine immer größere Zahl an teilweise massiv gewaltbereiten Häftlin­gen einer zunehmend geringeren Zahl an Justizwachebeamten gegenübersteht. Laut einem Bericht des „Standard“ vom 15. April dieses Jahres sind seit Jahren weit über 200 Stellen im Justizwachedienst unbesetzt. Auch wird laufend über vermehrte Über­griffe auf Justizwachebeamte durch Häftlinge berichtet. So klagte schon 2017 etwa die Gewerkschaftsvertretung der Tiroler Justizwache über die hohe Gewaltbereitschaft der Häftlinge, insbesondere jener aus dem nordafrikanischen Raum.

Laut einem Bericht des „Standard“ vom 26. April 2018 gab es im Vorjahr insgesamt 187 Übergriffe auf Justizwachebeamte, und heuer waren es allein bis Ende Februar


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27 Übergriffe. Laut Justizwachegewerkschaft werden praktisch jeden zweiten Tag Justiz­wachebeamte mit Übergriffen konfrontiert. Das hat dann natürlich auch zusätzlich zum Ergebnis, dass damit auch die Zahl der Krankenstandstage der Beamten sehr stark zunimmt. Im vergangenen Jahr brauchten 72 verletzte Justizwachebeamte nach einer Dienstunfallmeldung 946 Krankenstandstage – das sind im Schnitt 14 Tage pro Beamten – nach einer tätlichen Attacke.

Der Anteil der besonders gewaltbereiten Häftlinge in Österreich wird nach einer Erhe­bung in Österreichs Justizanstalten auf etwa 3 Prozent der Häftlinge geschätzt, also ein nicht zu unterschätzender Faktor.

Ich erwähne das hier an dieser Stelle nicht deshalb, um Übergriffe anderer Art oder berechtigte Mängel zu relativieren, sondern wir müssen uns auch dieser Seite der Medaille widmen, weil all das Dinge sind, von denen die letzte Regierung schon seit Jahren gewusst hat, ohne dass irgendetwas unternommen worden wäre.

Die neue Bundesregierung, namentlich Vizekanzler Strache und Justizminister Moser, hat sich jetzt zu 170 neuen Planstellen bekannt. Ich weise aber darauf hin, dass es unter Berücksichtigung einer zweijährigen Ausbildungszeit von jetzt an bis Mitte bezie­hungsweise Ende 2020 dauern wird, bis diese Justizwachebeamten ihren Dienst verrichten werden können; bis dahin haben wir also nach wie vor ein großes Problem in unseren Justizanstalten.

Des Weiteren entnehme ich dem sehr umfangreichen Bericht, dass es einen Mangel an Gymnasiumsplätzen in der Steiermark gibt. In meinem Heimatland, der Steiermark, gab es aufgrund einer Beschwerde einer Elterninitiative im März 2016 eine Prüfung der Volksanwaltschaft. Das Thema Mangel an Gymnasiumsplätzen im Raum Deutsch­landsberg ist ein Problem gewesen und ist es wahrscheinlich immer noch.

Die amtsführende Präsidentin des Landesschulrates und das Bundesministerium für Bildung hatten damals gegenläufige Positionen. Die Landesschulratspräsidentin hat diese Initiative anfangs unterstützt. Nach circa einem Dreivierteljahr Hickhack zwischen dem Bildungsministerium, der Volksanwaltschaft und dem Landesschulrat hat es bei der Frau Landesschulratspräsidentin einen Meinungsumschwung zugunsten des Bun­desministeriums gegeben.

Die Volksanwaltschaft meint zum Problem der fehlenden Gymnasiumsplätze, dass „wohl­begründete Wünsche von Eltern in Bezug auf die Bildung ihrer Kinder zu berück­sichtigen“ sind. Abschließend stellt die Volksanwaltschaft fest, dass die „Schaffung von AHS-Unterstufen-Standorten [...] im aktuellen Regierungsprogramm vorgesehen“ ist. Wir hoffen, dass das so umgesetzt wird.

Die Forderung nach einer Haftpflichtversicherung für Naturkatastrophen wurde von Volksanwalt Dr. Fichtenbauer aufgeworfen und in unserer Ausschusssitzung auch von Volksanwältin Dr. Brinek angesprochen. Ich möchte an dieser Stelle mitteilen, dass wir das sehr stark unterstützen. Es ist eine reale Lücke im Rechtssystem, die zu schließen ist. Es ist de facto so, dass nach einer solchen Katastrophe höchstens 10 Prozent der Gebäudewerte von Versicherungen als erstattbar bezeichnet werden, und es ist, geschätzte Damen und Herren, nicht tragbar, dass bei einer solchen Naturkatastrophe Betroffene 90 Prozent der Schäden oder mehr schlussendlich selbst zahlen müssen und darauf sitzen bleiben.

In jeder Hinsicht, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, handelt es sich bei dem vorliegenden Bericht um ein Zeugnis einer 40 Jahre langen hochprofessionellen und bürgernahen Arbeit einer Institution, um welche uns Europa und viele Länder darüber hinaus beneiden. Ich habe das vor Kurzem selbst erlebt. Ich war in Stuttgart bei einem Treffen von Vorsitzenden von Petitionsausschüssen im europäischen Raum, wenn


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man so sagen will; es waren vor allem die deutschen Bundesländer vertreten und auch Herr Volksanwalt Dr. Kräuter war als Referent dort. Sie können mir glauben: Man be­neidet uns tatsächlich um diese Institution, die ausgezeichnete Arbeit leistet.

Wir werden daher diesem Bericht klarerweise gerne zustimmen. Ich bedanke mich nochmals recht herzlich bei der Volksanwältin und den Volksanwälten und deren Mitar­beiterinnen und Mitarbeitern für den Bericht und für die bisherige, wie erwähnt, jahr­zehntelange ausgezeichnete und beeindruckende Arbeit im Dienste Österreichs. Danke schön. (Beifall bei FPÖ und ÖVP sowie bei BundesrätInnen der SPÖ.)

13.48


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Danke sehr.

Als Nächster gelangt Bundesrat Ferdinand Tiefnig zu Wort. – Bitte.


13.48.27

Bundesrat Ferdinand Tiefnig (ÖVP, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Volksanwältin! Lieber Volksanwalt! Werte Damen und Herren zu Hause! Seit 1977 gibt es die Volksanwaltschaft. Seit 40 Jahren ist die Volksanwaltschaft für Bürgerinnen und Bürger in Österreich da, nämlich für diejenigen, die sich von den Behörden falsch verstanden fühlen, die sich von der Gesellschaft vielleicht ausgegrenzt fühlen oder die sich sonst irgendwie betroffen oder ungerecht behandelt fühlen. Auch im Jahr 2017 sind wieder 20 000 Fälle an die Volksanwalt­schaft herangetragen worden, von denen circa 10 000 wirklich eine Zuständigkeit in der Volksanwaltschaft gefunden haben.

Ein wichtiger Punkt in diesem Bericht ist das zweite Buch – so kann man es fast sagen, denn beide Bände umfassen jeweils über 200 Seiten – betreffend die präventive Men­schenrechtskontrolle, die es seit circa fünf Jahren gibt. In dieser Zeit sind im Rahmen der präventiven Menschenrechtskontrolle 2 300 Einrichtungen kontrolliert worden, von Polizeiinspektionen über Justizanstalten bis hin zu Einrichtungen für Menschen mit Beeinträchtigungen. Dabei wurden immer wieder Mängel festgestellt, da diese Kontrol­len meistens oder fast immer unangemeldet stattfinden. Es wurde Menschen geholfen, insbesondere Menschen mit Beeinträchtigungen, denn da wurden immer wieder Fälle aufgezeigt, genauso wie bei Krankenanstalten und psychiatrischen Heimen.

Ein weiterer Punkt, für den die Volksanwaltschaft seit dem letzten Jahr zuständig ist, ist das Heimopferrecht. In diesem Bereich sind 514 Anträge bei der Volksanwaltschaft eingegangen, und es wird jetzt in vielen Fällen eine Pension von 300 Euro zusätzlich ausbezahlt; das sind die, die jetzt laut Heimopferrentengesetz behandelt worden sind. Es ist wichtig, dass diese Menschen eine Entschädigung erhalten, denn diese Men­schen mussten wirklich schreckliche Vergehen ertragen, und sie hatten keine Chance, diesem Missbrauch zu entgehen.

Ein weiterer Punkt, der im Zusammenhang mit der Volksanwaltschaft natürlich auch immer wieder ein großes Thema ist, ist die Funktion des Generalsekretärs des Inter­national Ombudsman Institute. Da stellt sich die Frage: Wie schaut es zurzeit mit Polen aus? Ich war leider bei der letzten Ausschusssitzung nicht anwesend. Letztes Mal wurde ja Kritik an der Art und Weise geübt, wie die polnische Justiz zurzeit agiert.

Ein wichtiger Punkt ist auch das Thema Kinderbetreuungsgeld, das ja im letzten Jahr beschlossen worden ist, wobei es keine Übergangsregelung gegeben hat. Auch deshalb haben sich Menschen an die Volksanwaltschaft gewandt und wurden dort ent­sprechend unterstützt.

Zum Gesundheitsbereich: Wir wissen, dass es keine Impfpflicht gibt, aber es sollte doch wieder geschaut werden, dass zum Beispiel gegen Masern mehr geimpft wird.


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Auch da hat die Volksanwaltschaft entsprechende Unterlagen zur Verfügung gestellt beziehungsweise aufgezeigt, dass die Durchimpfungsrate in Österreich sinkt; letztes Jahr gab es 95 Masern-Fälle.

Die Themen der Volksanwaltschaft reichen vom Bildungsbereich bis hin zu den Heim­opfern, aber auch Digitalisierung; sie streifen alle Ministerien. Ein wichtiger Punkt ist aber auch, dass aufgezeigt worden ist, dass sich zum Beispiel im Bereich der sozial­pädagogischen Einrichtungen zurzeit 8 432 Jugendliche aufhalten, 5 162 bei Pflege­el­tern.

Ich möchte dem Ausschuss für Familie und Jugend des Nationalrates dafür danken, dass, wie den Medienberichten zu entnehmen ist, am Dienstag eine Lösung gefunden wurde, sodass auch den Pflegeeltern die zusätzlichen Mittel zur Verfügung gestellt werden, sodass es nicht zu einer Verschlechterung für Pflegeeltern und insbesondere für Menschen, die Beeinträchtigungen haben und selbstständig wohnen, kommt. Es ist gut, dass die Unterstützung und die finanziellen Mittel wieder zur Verfügung gestellt werden.

Insgesamt kann man wieder sagen: Der Bericht ist außerordentlich umfangreich. Man kann den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Volksanwaltschaft nur gratulieren.

Gratulieren muss man aber auch jenen, die die Fernsehsendung „Bürgeranwalt“ gestalten, die ja Woche für Woche über 350 000 Zuseher des öffentlich-rechtlichen Fernsehens anzieht. Diese Sendung hilft Menschen und zeigt auf, wo die Probleme in der Gesellschaft liegen, wobei die Volksanwälte immer wieder als Vertreter dieser Bür­gerinnen und Bürger im Fernsehen auftreten. Dafür möchte ich Ihnen, Frau Brinek, Herrn Fichtenbauer, aber auch Ihnen, Herr Volksanwalt Kräuter, ein herzliches Danke sagen.

Es ist wichtig, dass die Menschen sehen, dass die öffentliche Seite und die Volks­anwaltschaft hinter Ihnen stehen. Das ist ein großer Schritt in eine gute Zukunft in unserem Land. Ich glaube, dass es, wie mein Vorredner gesagt hat, in keinem Land eine so gute Vertretung der Bürgerinnen und Bürger gibt wie in Österreich durch die Volksanwaltschaft. In diesem Sinne ein herzliches Dankeschön. Wir freuen uns schon auf den kommenden Bericht, der sicherlich wieder umfangreicher als dieser ausfallen wird. Alles Gute und ein herzliches Dankeschön! (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie bei BundesrätInnen der SPÖ.)

13.54


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Danke auch dir.

Als Nächste gelangt Frau Bundesrätin Mag.a Daniela Gruber-Pruner zu Wort. – Bitte.


13.54.20

Bundesrätin Mag. Daniela Gruber-Pruner (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Sehr geehrte VolksanwältInnen, Frau Brinek, Herr Kräuter! Geschätzte Kolle­gin­nen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Auch ich und meine Fraktion sind der Volksanwaltschaft für diesen Bericht über das Jahr 2017, der uns vorliegt, sehr dankbar. In diesem Bericht, insbesondere im Teil „Präventive Men­schen­rechts­kontrolle“, werden Bereiche des gesellschaftlichen Lebens beleuchtet, die sonst oft auch für uns unterbelichtet wären. Das ist eine sehr wertvolle Arbeit. Es geht dabei speziell um Menschen in besonderen Lebenssituationen, möchte ich jetzt einmal sagen, also in Lebensphasen, in denen man oft nicht voll handlungsfähig ist; diese stehen hier im Fokus.

Da geht es um Menschen – wir haben es schon bei den Vorrednern gehört –, die bei­spielsweise pflegebedürftig, krank sind, die in Haft sind, die außerfamiliär wohnen


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beziehungsweise leben und so weiter. Für all diese Personengruppen und Einrichtun­gen tragen wir als Staat, als Gesellschaft besondere Verantwortung. Deshalb müssen wir diesen Menschen einen besonderen Schutz garantieren. Frau Brinek hat es ver­gan­genen Dienstag im Ausschuss so formuliert: Schlussendlich geht es um die Ein­haltung der Menschenrechte. Das muss unser oberstes Ziel sein.

Von all den wichtigen Themen, die in diesem Bericht behandelt werden, möchte ich ein spezielles Thema beleuchten, das mir sehr am Herzen liegt und das auch aktuell politisch sehr brisant ist, und zwar den Themenbereich Kinder- und Jugendhilfe. Im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe geht es um jene Kinder und Jugendliche, die nicht das Glück haben, in einer Familie groß werden zu können, wo ihnen alles geboten wird, was man für ein glückliches Aufwachsen, für ein gutes Leben braucht. Diese Kinder brauchen, wie wir heute schon einmal gehört haben, unseren besonderen Schutz, und wir als Gesellschaft, als Staat tragen die Verantwortung dafür.

Nun gibt es ja ein Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz, das wir hier im Parla­ment 2013 miteinander beschlossen haben. Darin wurde vereinbart, dass es ein Bundesrahmengesetz gibt und die Ausführung in den einzelnen Ländern erfolgt. Im Bericht der Volksanwaltschaft wird öfters, in allen Bereichen, beschrieben, dass das auch bedeutet, dass es eigentlich neun verschiedene Ausführungen dieser Bundes­ge­setzgebung gibt und dass es eigentlich, rein praktisch gesprochen, für eine Problem­lage eines Kindes neun verschiedene Lösungen und neun verschiedene Handhabun­gen gibt.

Das Problem dabei ist, dass auch die Qualität unterschiedlich ist, wie mit diesen Prob­lem­lagen, mit diesen Ausgangslagen umgegangen wird, und es eigentlich ein bisschen eine Glückssache ist, in welchem Bundesland ein Kind gerade wohnt oder aufwächst. Das war auch viele Jahre im Bereich Jugendschutz Thema, nämlich dass es da neun verschiedene Varianten gab. Wir haben jetzt viele Jahre hindurch versucht, diesen Jugendschutz wieder einzufangen und zu vereinheitlichen. Das ist auch weitest­gehend, bis auf Oberösterreich, geglückt, und das ist sinnvoll. Das ist leider in der Kinder- und Jugendhilfe noch nicht der Fall.

Die Volksanwaltschaft hat es am Dienstag so formuliert: Jedes Kind muss uns gleich viel wert sein. Auch die Kinderrechtskonvention, die wir ratifiziert haben, besagt, dass kein Kind aufgrund seines Wohnortes benachteiligt werden darf, was aktuell aber der Fall ist. Das heißt also ehrlicherweise auch für das bestehende Bundesgrundsatz­gesetz, dass auch das noch nicht optimal war. Wir haben das auch damals, 2013, so benannt, es ist noch nicht optimal, es war aber damals die aktuell beste Form.

Die Bundeskinder- und -jugendhilfe im Familienministerium und die Länder mit ihrer jeweiligen Kinder- und Jugendhilfe haben in den letzten Jahren sehr gut und sehr konstruktiv kooperiert und immer wieder versucht, die Standards und die Zusam­menarbeit zu verbessern. Es sind sich alle einig, dass es da noch Luft nach oben gibt und dass das auch weiter ausgebaut werden kann.

Noch zwei Zitate aus dem Bericht der Volksanwaltschaft. Das erste: „Einheitliche Aus­bildungsstandards sowie Qualitätsstandards in der Kinder- und Jugendhilfe müssen für ganz Österreich geschaffen werden.“

Und das zweite Zitat, das in dieselbe Kerbe schlägt: „Eine weitergehende Harmonisie­rung der Mindeststandards der Länder für die sozialpädagogische Betreuung von Kindern und Jugendlichen sollte bundesweit angestrebt werden.“

Dem stimmt die ganze Fachszene im Bereich Kinder- und Jugendhilfe zu. Das hat sich in vielen, vielen Stellungnahmen zum aktuellen Gesetz bestätigt.


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Ich komme jetzt zu dem, was gerade im Raum steht: Warum ist das gerade ein so dringendes Thema? – Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Jetzt steht im Raum, dass diese Kinder- und Jugendhilfe, wie wir sie kennen, aus der Bundeszuständigkeit heraus komplett in die Länderverantwortung gehen soll, und zwar all das – nur damit man das weiß – im Rahmen dieses großen Reformpaketes Kompetenzbereinigung. Schlussendlich ist das, was mit der Kinder- und Jugendhilfe geschehen soll, das Gegenteil von dem, was wir jetzt über den Bericht der Volksanwaltschaft und die vielen Stellungnahmen aus den Fachinstitutionen gehört haben.

Minister Moser hat dieser Fachwelt vergangene Woche bei einem Termin, zu dem er eingeladen hat – was sehr geschätzt wurde – und bei dem unter anderem auch die Volksanwaltschaft zugegen war, versprochen, auch in diesem Zusammenhang eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe einzuführen. Das wäre nunmehr die vierte Bund-Länder-Arbeitsgruppe: Es gibt eine solche zum Thema Armenwesen, also zur Mindest­siche­rung, eine zum Thema Krankenanstalten und eine zum Thema Energiewesen. Diese nunmehr vierte Arbeitsgruppe zur Kinder- und Jugendhilfe könnte dazu beitragen, beim Thema Schutz von Kindern noch einmal genau nachzuschauen, was diesbezüglich die optimalen Rahmenbedingungen wären. – Ich würde gerne wissen – wir alle warten darauf –, wann diese Arbeitsgruppe einberufen wird und wann sie starten kann.

Noch ein Grund, warum ich auch dafür plädiere, Tempo aus diesem Beschluss zu neh­men: Es gibt im Familienministerium, wie wir wissen, eine Evaluierung zum bestehen­den Kinder- und Jugendhilfegesetz. Das wurde 2013 gemeinsam so beschlossen. Diese Evaluierung liegt vor, ist aber noch nicht veröffentlicht. Ich meine, es würde Sinn machen, wenn dieses Gesetz jetzt auf neue Beine gestellt wird, genau nachzu­schauen, welche Erfahrungen und welche Empfehlungen es im Zusammenhang mit diesem Gesetz gibt.

Das Ziel der Volksanwaltschaft – so habe ich das immer verstanden – ist es, das Leben von Menschen in besonderen Lebenssituationen konkret zu verbessern, und es ist auch das Ziel der Kinder- und Jugendhilfe, das Leben von Kindern in speziellen Lebenssituationen zu verbessern. Ich denke, das muss unser aller Ziel und unser aller Verantwortung als Staat und als Gesellschaft sein. Ich möchte daher an dieser Stelle auch Minister Moser, Ministerin Bogner-Strauß und alle EntscheidungsträgerInnen auf dieser Ebene bitten, zum Wohle und zum Schutz all dieser Kinder hier Verantwortung zu übernehmen und diese Verantwortung nicht abzugeben.

Zum Schluss möchte ich mich bei der Volksanwaltschaft noch einmal herzlich dafür bedanken, dass wir immer mit diesen Informationen versorgt werden, die für uns als Politiker und Politikerinnen so wichtig sind, um alle Menschen im Blick zu behalten, und zwar auch diejenigen, die vielleicht keine so laute Stimme beziehungsweise keine so starke Lobby haben, damit wir in der Politik, im Staat und in der Gesellschaft Verantwortung für all diese Menschen übernehmen können. – Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Bundesrates Stögmüller.)

14.03


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Danke schön.

Ein Hinweis: Frau Volksanwältin Dr. Gertrude Brinek hat mir gerade gesagt, dass im Aus­schuss von den Mitgliedern Informationen von der Volksanwaltschaft erbeten wurden. Diese Unterlagen wurden mitgebracht und liegen hier vorne, von mir aus ge­sehen rechts, zur freien Entnahme auf. – Ich darf mich recht herzlich bedanken, dass Sie uns das mitgebracht haben! (Allgemeiner Beifall.)

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat David Stögmüller. – Bitte, David.



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14.03.43

Bundesrat David Stögmüller (Grüne, Oberösterreich): Wertes Präsidium! Frau Präsi­dentin! Sehr geehrte Mitglieder der Volksanwaltschaft, Frau Brinek und Herr Kräuter! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Volksanwaltschaft ist unbestreitbar eine wichtige Institution, gerade wenn es um die Einhaltung und Förderung der Menschenrechte, um das Aufzeigen von Missständen und um Mängel in der allgemeinen Verwaltung geht. Das wurde heute schon erläutert.

Der Jahresbericht über das Jahr 2017 ist so umfassend, dass es überhaupt nur ansatz­weise möglich ist, heute Themenschwerpunkte aufzugreifen und aufzuzeigen. Ich habe für mich, so wie meine Kollegin Daniela Gruber-Pruner, das Thema Jugend und Kinder herausgestrichen, weil wir gestern auch eine Sitzung des Kinderrechteausschusses hatten und das gerade während dieser Präsidentschaft thematisch sehr gut passt.

Nach dem gestrigen Ministerrat, bei dem es um die Bereinigung der Kompetenzen zwischen Bund und Ländern gegangen ist – Daniela Gruber-Pruner hat es schon angesprochen –, war die Verländerung der Kinder- und Jugendhilfe ein wichtiger Punkt. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Ich bin skeptisch, ob eine Verlagerung der Kompe­tenzen der Kinder- und Jugendhilfe in die Bundesländer wirklich besser sein soll und sein wird. Man sieht jetzt schon – man braucht sich den Bericht der Volksanwaltschaft nur durchzulesen –, welche Unterschiede es zwischen den einzelnen Bundesländern gerade in der Kinder- und Jugendhilfe gibt.

Eigentlich braucht es genau das Gegenteil, nämlich einheitliche Standards und Kompe­tenzen im gesamten Bundesgebiet, aber auch ich glaube, dass es mit den Artikel-15a-Vereinbarungen eher nicht wirklich besser wird. Schauen wir uns das einmal an. Warten wir die Soziallandesrätekonferenz nächste Woche ab. Wenn der Gesetzentwurf vorliegt, werden wir das abwägen und nach reiflicher Überlegung entscheiden, ob damit wirklich etwas besser werden kann. Ich glaube, es ist ganz wichtig, das einmal anzuschauen und dann zu entscheiden. Ehrlich gesagt, glaube ich auch nicht, dass eine Artikel-15a-Vereinbarung mit Mindeststandards dem Ganzen gerecht werden wird, aber warten wir ab.

Nun wieder zurück zum Bericht 2017, darin geht es auch um ein mir persönlich wich­tiges Thema, nämlich um das Versorgungsangebot in der Kinder- und Jugend­psychi­a­trie. Uns allen muss bewusst sein, dass das kein Nischenthema ist, das einfach irgend­wo in die Ecke gekehrt werden darf, weil es nicht viele Kinder betrifft. Ganz im Gegen­teil: Das betrifft viele Kinder! In Österreich gelten rund 165 000 Kinder und Jugendliche als behandlungsbedürftig. Im Bericht der Volksanwaltschaft heißt es, dass eine aktuelle Studie der MedUni Wien und des Ludwig-Boltzmann-Instituts aufzeigt, dass sogar fast ein Viertel aller 10- bis 18-Jährigen von einer psychischen Erkrankung betroffen ist – ein Viertel aller Kinder zwischen 10 und 18 Jahren! Das zeigt sich auch bei den stationären Aufenthalten, wo die Zahl im Vergleichszeitraum 2014 bis 2016 von 15 363 auf 16 552, also um knapp 1 200 Kinder und Jugendliche gestiegen ist.

Das wirklich große Problem bei der Behandlung dieser Jugendlichen und Kinder ist das Behandlungsangebot überhaupt. Nur 52,7 Prozent aller Aufenthalte von Jugendlichen erfolgen in Einrichtungen für Kinder und Jugendliche, das heißt, 47,3 Prozent sind in Abteilungen verschiedener Einrichtungen für erwachsene Personen untergebracht, und die Tendenz ist steigend und nicht sinkend.

Das ist ein großes Problem, und das ist für die Jugendlichen nicht förderlich, denn die Konfrontation mit psychisch erkrankten erwachsenen Personen ist für Minderjährige natürlich massiv belastend. Auch die Behandlungsgebiete beziehungsweise die Krank­heiten, weswegen die jungen Menschen eingeliefert worden sind, und die Behand­lungs­symptome unterscheiden sich von jenen der Erwachsenen. Ich glaube, jeder hier


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kann sich vorstellen, dass in psychiatrischen Einrichtungen für Erwachsene ganz an­dere Arten von Krankheitsfällen vorherrschen. Außerdem ist die Betreuung hinsichtlich des Personals und auch der Infrastruktur nicht auf Jugendliche ausgerichtet. Die Volksanwaltschaft zeigt daher in ihrem Bericht auf, dass es ein Trennungsangebot für Jugendliche in der Psychiatrie und in Krankenanstalten geben soll.

Aber auch das Angebot an niedergelassenen Vertragsärzten und -ärztinnen ist teil­weise katastrophal. Ich war, wie das Politiker öfters tun, in diesem Sommer auf Som­mertour und habe mir auch Kinder- und Jugendnotunterkünfte in verschiedenen Bun­des­ländern, etwa in Tirol und Salzburg, angeschaut. Die dortigen Betreuerinnen und Betreuer haben von Wartezeiten von teilweise über sechs Monaten bei niedergelas­senen Kinder- und Jugendpsychologen, um überhaupt einen Termin zu bekommen, gesprochen; auch in Akutfällen geht es nicht schneller. – Das ist ein riesengroßes Problem. Es braucht also auf der einen Seite mehr Ausbildungsplätze und mehr Betten und klarerweise insgesamt mehr Einrichtungen, die Kinder und Jugendliche unter 19 Jahren in der Kinder- und Jugendpsychiatrie auch dezentral versorgen können.

Ich möchte jetzt auch noch zum anderen Teil des Berichts überleiten, der die Kontrolle der öffentlichen Verwaltung behandelt. In diesem Zusammenhang fand ich prinzipiell das Kapitel Familienbeihilfe und Kinderbetreuung ganz interessant, und zwar gerade betreffend mangelhafte Informationen zu Gesetzesänderungen. Das hat natürlich nichts mehr mit der aktuellen Bundesregierung zu tun, sondern das geht ein bisschen weiter zurück. Das ereignete sich noch unter Bundesministerin Karmasin, der Jugend­ministerin außer Dienst. Dabei geht es um die unzureichende Information rund um die Gesetzesänderung bei einkommensabhängigem Kinderbetreuungsgeld und Wochen­geld. Darauf haben wir Grüne wirklich monatelang immer wieder mit Anträgen, An­fragen und so weiter hingewiesen. Wir wollten aufzeigen, dass es da tatsächlich ein riesengroßes Problem gibt. Wir haben aber von der Ministerin immer wieder gehört, dass eh alles okay ist und eh alles passt.

Die Kritik bezieht sich auf das Informationsmanagement und auf die Tatsache, dass keine Übergangsregelungen für die gesetzliche Änderung geschaffen wurden. Betrof­fen waren Mütter, die für das erste Kind ein einkommensunabhängiges Kinderbetreu­ungsgeld bezogen hatten und noch während oder kurz nach der Karenz wieder schwanger wurden und das zweite Kind erwarteten. Ihnen wurde – sie haben nach­weislich im Bundesministerium nachgefragt, wie das ausschaut – vom Ministerium mit­geteilt: Kein Problem, ihr bekommt euer Kindergeld! Dem war dann aber nicht so, es hat kein Kindergeld gegeben. Diese Familien bekamen vom Jugendministerium, ob­wohl sie anderslautende Informationen erhalten hatten, kein Kinderbetreuungsgeld, und das Ganze hatte System.

Jetzt erleben wir das wieder. Frau Volksanwältin! Herr Volksanwalt! Ich bin mir sicher, im Zusammenhang mit dem Jahresbericht 2018 werden wir dann genau über die aktu­elle Gesetzesinitiative der Regierungsparteien betreffend die erhöhte Familienbeihilfe reden dürfen! Völlig überraschend und ohne jegliche Vorankündigung oder Diskussion hat das zuständige Fachministerium die vollziehenden Finanzämter angewiesen, zahl­reichen Menschen die erhöhte Familienbeihilfe abzuerkennen. Das Ministerium hat sich dabei auf zwei Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes vom April 2013 und vom Februar 2016 bezogen. Seither steht jede, wenn auch nur vorübergehende Unter­bringung in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe sowie in Einrichtungen für Menschen mit Behinderung dem Bezug der Familienbeihilfe entgegen.

Diese Neuauslegung wurde nicht nur ohne jegliche Vorankündigung oder Diskussion vom Bundeskanzleramt beschlossen, sondern sie stieß auch Tausende Menschen über Nacht an den Rand der Armut. Jetzt gerade versucht die Bundesregierung, das Familienausgleichsgesetz zu korrigieren, aber leider wieder so etwas von falsch; ent-


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weder bewusst falsch oder aufgrund von Unwissenheit, doch beides ist für mich ein­fach besorgniserregend. Das kann es nicht sein!

Mit dem Entschließungsantrag, der von den Regierungsparteien vorgelegt und gestern im Familienausschuss besprochen wurde – Kollege Tiefnig hat es erwähnt –, wird das Problem betreffend Tausende behinderte Menschen nicht gelöst werden, dessen sind sich auch die Expertinnen und Experten sehr wohl bewusst. Sie haben auch gestern noch zig Mails an uns geschickt mit dem Wortlaut: Bitte stoppt das! Bitte ändert das! Formuliert einen Abänderungsantrag!, und so weiter. – So wird das einfach nicht gelöst werden. Das geht nämlich am grundsätzlichen Problem vorbei, und es gibt keine Lösung für die Kinder und Jugendlichen, die außerhalb ihrer Familien untergebracht werden müssen, wenn auch nur kurzfristig.

Ganz ehrlich, liebe Regierungsparteien: Allen Kindern und Jugendlichen und unter gewissen Voraussetzungen auch jungen Erwachsenen in Österreich soll Familien­bei­hilfe gleichermaßen zustehen, denn dass gerade jenen Menschen, die aufgrund von Behinderungen oder familiären Konflikten schwierige Startvoraussetzungen haben, keine Beihilfe zustehen sollte, ist sozialpolitisch einfach nicht vertretbar! (Bundesrätin Mühlwerth: Das ist falsch!)

Daher bringe ich jetzt folgenden Entschließungsantrag ein – das ist kein Initiativantrag (neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth); lassen Sie mich bitte ausreden; das ist kein Initiativantrag, sondern ein Entschließungsantrag –:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen David Stögmüller, Mag. Daniela Gruber-Pruner, Kolleginnen und Kol­le­gen betreffend „Familienbeihilfe für wirklich alle Kinder und Jugendlichen in Österreich“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sicherzustellen, dass Kindern und Jugend­lichen mit Behinderung oder familiären Konflikten in Österreich, die ohnehin schwierige Voraussetzungen im Leben haben, die Familienbeihilfe, angepasst an ihren Bedürf­nissen, zusteht. Legistische Korrekturen und Präzisierung im Familienausgleichs­ge­setz, sollten im Wege einer Novellierung ehestmöglich erfolgen.“

*****

Ich glaube, es braucht hier ein klares Zeichen auch vonseiten der VertreterInnen der Bundesländer zum Wohle aller Kinder und Jugendlichen in Österreich. (Bundesrätin Mühlwerth: Der ganze Antrag ist falsch, weil er nicht den Tatsachen entspricht! Die SPÖ müsste das eigentlich wissen! – Bundesrat Schuster: Die sind am Boden, die wissen das nicht!)

Ich bitte um eure Unterstützung! – Vielen Dank. (Beifall der Bundesrätin Dziedzic.)

14.13


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Danke schön.

Der von den BundesrätInnen David Stögmüller, Daniela Gruber-Pruner, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Familienbeihilfe für wirk­lich alle Kinder und Jugendlichen in Österreich“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.


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Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Rosa Ecker. – Bitte. (Bundesrätin Mühlwerth – in Richtung der sich zum Rednerpult begebenden Bundesrätin Ecker –: Klär sie auf! – Bundesrätin Ecker: Es ist immer nur die Frage, ob das etwas hilft!)


14.14.12

Bundesrätin Rosa Ecker, MBA (FPÖ, Oberösterreich): Sehr geschätztes Präsidium! Sehr geehrte Frau Volksanwältin Dr.in Brinek! Sehr geehrter Herr Volksanwalt Dr. Kräuter! Ich bleibe jetzt bei dem Bericht, den wir eigentlich unter diesem Tagesordnungspunkt behandeln, und sage zu Beginn ein großes Dankeschön für diesen Bericht, für die Arbeit der Volksanwaltschaft sowie für die Arbeit der Mitglieder des Menschen­rechts­beirates und der Kommissionen.

Wir haben – zumindest diejenigen, die im Ausschuss dabei waren – gehört und ge­sehen, was sehr beeindruckend war, mit wie viel Herzblut, mit wie viel Engagement, aber auch mit welchem Nachdruck die Frau Volksanwältin und die Herren Volks­an­wälte bei der Arbeit und bei der Sache sind.

Die Überprüfungen der Volksanwaltschaft geben der Politik die Möglichkeit, rechtzeitig zu reagieren, zu evaluieren und positive Entwicklungen sicherzustellen.

Was wurde nun in diesem Bericht thematisiert? – Wir haben es ansatzweise schon gehört: die Überprüfung von Alten- und Pflegeheimen, von Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, von Einrichtungen für Menschen mit Beeinträchtigungen, von psychi­atrischen Abteilungen in Krankenhäusern, Krankenanstalten und Justizanstalten und auch von Einrichtungen, in denen Asylsuchende versorgt werden.

2017 wurden in ganz Österreich 495 Kontrollen, davon 44 bei Polizeieinsätzen, durch­geführt, auf Oberösterreich entfallen davon 51 Kontrollen. Es gab eine hohe Zahl von Beanstandungen, und daraus wurden Empfehlungen formuliert.

Ich möchte dazu festhalten, dass überall, wo Menschen arbeiten, auch Fehler pas­sieren, und die Folgen daraus ergeben sich oft zwangsläufig und sind nicht mehr um­kehrbar, werden aber auch nicht böswillig und nicht absichtlich herbeigeführt – die Frau Volksanwältin hat das im Ausschuss auch so bestätigt. Die Angehörigen der großen Berufsgruppe von Arbeitnehmern, welche sich mit der Pflege der älteren Generation oder von beeinträchtigten Menschen in einem Seniorium oder in einer Behinderten­einrichtung befassen, sind nämlich emotional, psychisch und auch körperlich sehr stark gefordert. Im Hinblick darauf ist die angesprochene Fehlerbearbeitungskultur ein sehr wichtiges Instrument, an dem noch gearbeitet werden muss.

Der Bericht enthält auch gute Vorschläge an präventiven Maßnahmen. Das geht von den Arbeitsbedingungen bis zur Supervision. Effizient ist oft auch ein interner Wechsel des Arbeitsplatzes, also die Möglichkeit einer Jobrotation, um die Gefahr hintanzu­stellen, an der Spirale des Alltäglichen abzustumpfen.

Zu den Empfehlungen der Volksanwaltschaft gehört auch das Thema Mitbestimmung und Selbstbestimmung, zumindest in jenen Bereichen, wo das noch möglich ist, und das betrifft unisono auch die Bereiche, wo beeinträchtigte Menschen betreut werden.

Mobil vor stationär lautet die Empfehlung der Volksanwaltschaft auch in diesen Be­reichen, und dem kann ich mich nur anschließen, und zwar nicht nur im Hinblick auf die Kostenstruktur, sondern weil, wie wir alle auch wissen, 90 Prozent dieser Menschen vor allem und so lange es geht zu Hause im eigenen Wohnumfeld bleiben möchten. Dazu braucht es ein breit gefächertes mobiles Pflegeangebot, und zwar nicht nur rund um die Uhr, sondern auch an allen Wochentagen, und auch eine qualitativ hochwertige Struktur, die auch bei der Pflege zu Hause ein absolutes Muss ist. Wir haben im Hin-


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blick darauf im Ausschuss auch über das Qualitätssiegel diskutiert, was diesbezüglich ein guter Ansatz ist.

Wichtig wäre auch eine quasi weisungsungebundene Pflegeanwaltschaft, die präventiv in den Heimen vor Ort zur Verfügung steht und von welcher Anliegen, Sorgen, Wün­sche, aber auch Beschwerden der Menschen dort ernst genommen werden. – In die­sem Zusammenhang wurde übrigens Niederösterreich sehr lobend erwähnt und zur Nachahmung empfohlen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP sowie bei BundesrätInnen der SPÖ.)

Eine weitere Empfehlung betrifft die Jugendlichen und jungen Menschen, die in Voll­versorgung sind: Diese sollen eben nicht auf freie Plätze etwa in Seniorenheimen übersiedelt werden, weil dort einfach nicht ihrem Bedarf entsprochen werden kann.

Ein anderes Handlungsfeld, das aufgezeigt wird, betrifft die weiterführenden Hilfen für junge Erwachsene, die in den Zuständigkeitsbereich der Kinder- und Jugendhilfe fallen.

Als Vertreterin Oberösterreichs in dieser Länderkammer fällt mein Fokus beim Durch­blättern dieses Berichts natürlich besonders auf Oberösterreich. Das Demenzprojekt Ober­österreichs ist hier sehr positiv erwähnt, mit diesem Demenzprojekt sind wir öster­reichweit Vorreiter. Wir alle hier wissen: Demenz ist eine der größten Herausforde­run­gen bei der Pflege älterer Menschen, und in diesem Bereich wird es in Zukunft auch noch einen Anstieg geben.

Empfohlen wird auch ein niederschwelliger Zugang zur Psychotherapie, und auch diesfalls sind wir in Oberösterreich auf einem sehr guten Weg.

Ein weiteres Best-Practice-Beispiel, auch aus meinem Bundesland, ist die Justizanstalt Linz mit der Außenstelle Asten, wo ein Vorzeigemodell im Bereich der forensisch-the­ra­peutischen Behandlung von sogenannten Maßnahmenpatienten umgesetzt wurde.

Ich habe jetzt in Bezug auf die Fehlerbearbeitungskultur, die im Ausschuss ange­sprochen wurde, ganz bewusst positive Beispiele herausgehoben, denn dieses Aufzeigen auch von positiven Beispielen und die Empfehlungen der Volksanwaltschaft helfen uns, weitere positive Entwicklungen zu erreichen. Ein Kollege im Landtag hat einmal ge­sagt: Die Berichte der Volksanwaltschaft sind uns Mahnung, Bestätigung und Auftrag!, und das kann ich nur wiederholen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP sowie bei BundesrätInnen der SPÖ.)

14.20


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Danke schön.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Martin Preineder. – Bitte.


14.21.01

Bundesrat Martin Preineder (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzte Frau Präsidentin! Frau Volksanwältin! Herr Volksanwalt! Wir diskutieren heute den 41. Bericht der Volks­anwaltschaft über das Jahr 2017, der sich in zwei Teile gliedert, erstens in den Bereich der öffentlichen Verwaltung und zweitens in den Bereich der präventiven Menschen­rechtskontrolle.

Die Volksanwaltschaft wurde 1977 eingerichtet, um unseren Menschen, unseren Bür­gern, dem Volk eine entsprechende Vertretung zu geben und aufzupassen bezie­hungs­weise darauf zu schauen, ob in der Verwaltung seitens der Behörde Unachtsamkeiten, Fehler oder sogar vielleicht Willkür passieren. Damit übernimmt sie eine wesentliche Aufgabe in der Vertretung unserer Bürger.

2012 hat sie auch die Aufgabe dazubekommen, die Einhaltung der Menschenrechte dort zu prüfen, präventiv zu prüfen, wo ein erhöhtes Risiko beziehungsweise ein erhöh-


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tes Gefährdungspotenzial besteht. Wir haben jetzt schon gehört, wo wir besonders darauf schauen müssen, ob in Kinderheimen, Strafanstalten oder Pflegeeinrichtungen. Seit 2017, also seit dem vergangenen Jahr, ist die Volksanwaltschaft auch für die Entschädigung der Heimopfer zuständig.

Der Bericht steht auch ganz im Zeichen der 40 Jahre Volksanwaltschaft, wozu ich herzlich gratulieren möchte. 1977 wurde die Volksanwaltschaft als Provisorium mit dem Ablaufdatum 1983 gegründet; 1981 wurde sie in die Verfassung aufgenommen. Mög­licherweise verbindet das den Bundesrat und die Volksanwaltschaft, weil auch der Bundesrat 1920 als Provisorium gegründet wurde.

Man ging davon aus, dass es pro Jahr etwa 1 500 Beschwerden geben wird, heute wissen wir, dass die Volksanwaltschaft über 20 000 Beschwerden im Berichtsjahr be­handelt hat; 10 000 davon waren prüfungsrelevant, 7 000 haben die Verwaltung des Bundes und 3 000 die Verwaltung der Länder und Gemeinden betroffen; wohlgemerkt ohne die Bundesländer Vorarlberg und Tirol.

Dank gilt der Volksanwaltschaft insbesondere deswegen, weil sie sich eine sehr hohe Akzeptanz der Bürger erarbeitet hat und weil somit das Recht des Bürgers leicht zugänglich ist. Ich danke auch für die intensive Arbeit draußen vor Ort. Im Jahr 2017 gab es 234 Sprechtage, also fast an jedem Arbeitstag einen Sprechtag der Volks­anwaltschaft draußen in den Regionen. Die Volksanwaltschaft ist damit transparent, effizient und – wie gesagt – auch entsprechend bürgernah, und auch der Schutz der Menschenrechte ist bei ihr gut aufgehoben.

Jeder Volksanwalt/jede Volksanwältin hat auch seine/ihre eigenen Schwerpunkte. Ich darf dir, Gertrude Brinek, für den Schwerpunkt danken, den du im Bereich der Vor­sorge im Zusammenhang mit Gewalt gegen Frauen gesetzt hast. Ich danke Volks­anwalt Peter Fichtenbauer, der heute nicht hier ist, der sich besonders dafür einsetzt, dass der Bürger gegenüber dem Staat nicht ohnmächtig ist und diese Ohnmacht des Bürgers zurückdrängen möchte. Herrn Volksanwalt Dr. Günther Kräuter danke ich für das Engagement für die Rechte von Kindern und Jugendlichen. Ein Dankeschön gilt auch allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Volksanwaltschaft, die diesen Bericht 2017 möglich gemacht haben.

Die Volksanwaltschaft ist ein Organ des Parlaments, kontrolliert die öffentliche Ver­waltung, gibt aber auch Rückmeldungen und ermöglicht es somit der Verwaltung und auch uns als Gesetzgeber, entsprechende Verbesserungen herbeizuführen.

Ihr hohes Ansehen hat sich die Volksanwaltschaft selbst erarbeitet. Dazu darf ich noch einmal gratulieren, und ich darf mit Marie von Ebner-Eschenbach schließen: „In der Jugend meinen wir, das Geringste, das die Menschen uns gewähren können, sei Gerechtigkeit. Im Alter erfahren wir, daß es das Höchste ist.“

Ich danke der Volksanwaltschaft für ihre Arbeit. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie bei BundesrätInnen der SPÖ.)

14.25


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Danke schön.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Andrea Kahofer. – Bitte.


14.25.53

Bundesrätin Andrea Kahofer (SPÖ, Niederösterreich)|: Sehr geehrte Frau Präsi­den­tin! Werte Frau Dr. Brinek! Werter Herr Dr. Kräuter! Liebe Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Werte Zuhörer hier und vor den Bildschirmen! Wie wir gerade von meinem Vorredner, Herrn Kollegen Preineder, gehört haben, wurde und wird der Volksanwaltschaft sehr viel Dank und Anerkennung für die Tätigkeit und Arbeit, die


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geleistet wird, gezollt. Ich möchte in diesem Zusammenhang aber schon die Frage stellen, die mir noch niemand beantwortet hat, nämlich warum das der Volksanwalt­schaft damit gelohnt wird, dass ihr eine Stelle weggenommen wurde und die Arbeit, die bisher von vier Anwälten gemacht wurde, nun von drei zu bewältigen ist; zumal das Heimopferrentengesetz auch noch einen zusätzlichen Arbeitsauftrag mit sich bringt.

Auch in unserem Namen und in meinem Namen auf jeden Fall ein herzliches Dan­keschön – 20 000 Anfragen und über 10 000 Fälle, die bearbeitet werden, sind ein ge­waltiges Pensum, das da zu schaffen ist! Das erfordert sehr viel Feingefühl, sehr viel Kompetenz und sehr viel Wissen, aber vor allem sehr viel Zeit, denn Menschen, die sich an die Volksanwaltschaft wenden, sind sicherlich sehr unsicher und brauchen sehr viel Aufmerksamkeit.

Es wurde vorhin der Bereich des Gewaltschutzes angesprochen. Gewaltschutz und vor allem der Schutz von Mädchen und Frauen nimmt im Bericht einen sehr großen Platz ein, und für mich waren die Zahlen, die ich herausgearbeitet und mir angesehen habe, wirklich erschreckend! Es gab im Jahr 2017 österreichweit 8 755 Fälle häuslicher Gewalt. Das ist eine massive Zahl! Zum Vergleich: Allein im Bundesland Nieder­öster­reich, in meinem Herkunftsbundesland, gab es 1 300 Fälle. Noch vor zehn Jahren war das die Zahl für ganz Österreich!

Die Volksanwaltschaft hat zwei Fälle überprüft, in denen es Opfer von Gewalttaten im häuslichen Umfeld gab, und in beiden Fällen war den Sicherheitsbehörden vorher bekannt, dass es ein Gewaltpotenzial und Probleme gibt. Das zeigt ganz deutlich, dass es hier an der Information und am Zusammenspiel zwischen der Polizei, den Sicherheitsbehörden und den beratenden Institutionen hapert.

Als sehr lobenswertes Beispiel wird da das Marac-Bündnis angeführt, aber leider gibt es dieses mittlerweile nicht mehr. Wie wir wissen, wurde ja auch in den Gremien des Par­laments beschlossen, dass allen Institutionen, die präventiv arbeiten, also nie­der­schwel­ligen Beratungsinstitutionen, die im Vorfeld vieles abfedern können, wäh­rend einer lau­fenden Periode die finanziellen Mittel gestrichen werden. (Bundesrätin Mühlwerth: Ich glaube, ich werde nächstes Mal eine Packung Papiertaschentücher mitnehmen!)

Ich denke, wenn wir der Prävention, der Arbeit im Vorfeld die Wertigkeit geben, die sie verdient, kann bereits vieles verhindert werden. Dann hätte nicht in 10 700 Fällen in Österreich die Polizei einschreiten müssen, und vor allem hätten wir dann wohl nicht 30 Todesfälle, Morde beziehungsweise Tötungsdelikte im häuslichen Umfeld an Frauen und Kindern, beklagen müssen!

Ein zweiter Bereich, der mich sehr beschäftigt hat - - (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.) – Das Thema Terrorismus verliert deshalb nicht an Wertigkeit!

Die Pflege ist ein Bereich, der mich auch sehr beschäftigt und mit dem ich mich genau auseinandergesetzt habe. – Wenn bei den Überprüfungen festgestellt wird, dass in 52 Prozent der Fälle in der Nacht nicht ausreichend diplomiertes Personal anwesend ist, dann muss ich mir die Frage stellen, ob die Alternative jetzt lautet: Kein Akutfall in der Nacht, weil nicht ausreichend Personal vorhanden ist!? Wünscht ihr euch das für eure Angehörigen? – Ich mir für meine nicht! Ich wünsche es mir aber auch nicht für die Mitarbeiter. (Bundesrätin Mühlwerth: Wer war 2017 in der Regierung?) Ich wünsche es mir auch nicht für die Mitarbeiter, denn die Mitarbeiter – auch das wird erwähnt – arbeiten nach bestem Wissen und Gewissen, sie haben aber nicht die Möglichkeit - - (Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.) – Ihr habt schon so lange Zeit gehabt, das zu ändern! Einfach tun! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)


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Das Personal, die Mitarbeiter werden mit Notlösungen ruhiggestellt, und ich weiß aus eigener Erfahrung: Da werden Pooldienste gemacht, das heißt, Pflegepersonal muss von einer Abteilung in eine andere wechseln, in der die Leute keine Praxis haben und in der sie die Patienten und die Gegebenheiten nicht kennen. Da besteht wirklich Gefahr! (Bundesrätin Mühlwerth: Gesundheitsministerium: SPÖ, Sozialministerium: SPÖ! Da könnt ihr euch bei der eigenen Nase nehmen!) Das ist heute so, das ist zurzeit so! (Lebhafte Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Das wird den Beruf nicht attraktiver gestalten, und was den Pflegeberuf vor allem nicht attraktiver gestalten wird, ist die Indexierung der Familienbeihilfe. Wie wir alle wissen, haben wir jetzt sowohl im häuslichen Pflegebereich als auch in der stationären Pflege sehr viele Pflegepersonen aus der Slowakei, aus Tschechien oder auch aus Rumä­nien. Mit der indexierten Familienbeihilfe werden wir im Pflegesystem ein Problem bekommen. In unseren Nachbarländern, etwa in Deutschland, wird extrem beworben, dort will man Pflegekräfte haben. Wir haben mit dieser Maßnahme, und davor haben wir immer gewarnt - - (Zwischenruf der Bundesrätin Ecker.) – Ja, wir haben davor gewarnt, dass die Familienbeihilfe indexiert wird. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Ihr habt es durchgezogen, und ihr werdet im Pflegesystem die Auswirkungen dann sehen, aber zu spüren bekommen werden sie die Patienten! – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Samt: Das habt ihr zu verantworten! – Bundesrat Rösch: Das ist Kindesweglegung!)

14.33


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Danke schön.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Karl Bader. – Bitte.


14.33.59

Bundesrat Karl Bader (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ge­schätzte Frau Volksanwältin! Sehr geehrter Herr Volksanwalt! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte kurz einige Anmerkungen zum Entschließungsantrag, der uns jetzt bei diesem Tagesordnungspunkt vorgelegt wurde, machen.

Zunächst möchte ich etwas zurückweisen: Wenn Kollege Stögmüller sich hier herausstellt und sagt, dass die Regierung da bewusst falsch unterwegs ist – das hast du behauptet –, dann möchte ich das zurückweisen. Gestern wurde diese Thematik auch in einer Sitzung des Familienausschusses des Nationalrates entsprechend be­han­delt, und daher zu den Fakten.

Punkt eins: Die ÖVP-FPÖ-Initiative in diesem Bereich soll Menschen mit Behinderung weiterhin die erhöhte Familienbeihilfe sichern. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Zweitens: Die Anpassung des Familienlastenausgleichsgesetzes erfolgt aufgrund der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, orientiert sich an dieser und wird daher auch auf Antrag der Regierungsparteien durchgeführt. Die Frau Familienministerin hat im Ausschuss auch festgehalten, dass hier sichergestellt werden soll, dass es keine Verschlechterungen für die Menschen mit Behinderungen geben wird.

All das ist diskutiert worden, und mit dieser Initiative, die im Ausschuss verhandelt wurde und dem Nationalrat zur Beschlussfassung vorgelegt wird, erfolgt ganz einfach die Reparatur dieses Gesetzes.

Abschließend ist auch festzuhalten, dass die Abgeordneten aller Fraktionen im Aus­schuss gestern dafür gestimmt haben, mit Ausnahme – man höre und staune; heute stehen sie auf dem Antrag – der Sozialdemokraten. Sie haben dagegen gestimmt. (Oh-Rufe bei der FPÖ.)


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Was wurde gestern im Familienausschuss beschlossen? – Es wurde eine Ausschuss­feststellung beschlossen, in welcher der Ausschuss davon ausgeht, dass die Men­schen mit Behinderung, die bisher einen Eigenanspruch hatten, die erhöhte Familien­beihilfe auch weiterhin beziehen können. Ich frage mich, warum Sie heute auf dem Antrag als Antragsteller stehen, Ihre Kolleginnen und Kollegen gestern im Ausschuss jedoch dagegen gestimmt haben. Gerade damit ist nämlich genau das sichergestellt, was Sie heute hier fordern.

Daher braucht es keine Aufforderung an die Regierung mit einem Entschließungs­antrag, da tätig zu werden. Die Regierung handelt aufgrund des Gerichtshofs­erkennt­nis­ses im Sinne der Menschen, die hiervon betroffen sind, und daher werden wir diesem Antrag natürlich nicht die Zustimmung geben. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

14.36


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Danke sehr.

Als Nächster ist Herr Volksanwalt Dr. Günther Kräuter zu Wort gemeldet. – Bitte.


14.36.46

Volksanwalt Dr. Günther Kräuter: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vorerst herzlichen Dank für das Lob und die Aner­ken­nung für die Arbeit der Volksanwaltschaft. Wir werden das sehr gerne an unsere Mitar­beiterinnen und Mitarbeiter weiterleiten.

Ich möchte einige Themen aufgreifen, die in Debattenbeiträgen hier jetzt behandelt wurden.

Das Thema Verländerung der Kinder- und Jugendhilfe hat eigentlich heute in der Früh auch Herr Landeshauptmann Niessl schon erwähnt. Was besagt eigentlich die UN-Kin­derrechtskonvention, die Österreich 1992 ratifiziert hat? – Diese besagt, dass die Entwicklung und Entfaltung bei Kindern und Jugendlichen nicht von regionalen Unter­schieden abhängen dürfen. Was sagte der UN-Kinderrechtsausschuss im Jahr 2012? – Dass Österreich eine umfassende nationale Politik sicherzustellen hat. Ist da die Verländerung nicht ein klarer Widerspruch? Ist das nicht geradezu das Gegenteil? Ist das nicht ein klarer Verstoß gegen die UN-Kinderrechtskonvention?

Was treibt eigentlich die Politik dazu, da wissentlich einen falschen Weg einzu­schla­gen? Ist es wirklich irrelevant, meine Damen und Herren, was Fachleute, Praktiker und Experten dazu sagen, was die Kinder- und Jugendanwälte aller Bundesländer, der Dachverband der österreichischen Kinder- und Jugendhilfe mit 150 Mitgliedsorgani­sationen, die Österreichische Liga für Kinder- und Jugendgesundheit, das Netzwerk Kinderrechte, der Verband der Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter, die Arge Kinder- und Jugendhilfe, die Familienrichterschaft, der Städtebund, die Kinderfreunde, der Herr Behindertenanwalt und viele mehr sagen? – Sie alle sagen: Nein, das ist der falsche Weg, das ist nicht zum Wohl von Kindern und Jugendlichen in Österreich!

Jetzt möchte ich wissen: Wer weiß das besser als all diese Leute, diese Expertinnen und Experten, die tagtäglich mit dieser Arbeit befasst sind? – Wir als Volksanwaltschaft weisen seit Jahren darauf hin, dass beispielsweise bei Fremdunterbringungen von Kindern dringend einheitliche Standards notwendig sind, was die Gruppengröße, Aus­bildungsvorschriften oder die Bewilligungsvoraussetzung für Einrichtungen betrifft.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, da wird ein großer politischer Fehler begangen! Mit dieser Weichenstellung wird das Schicksal von Zigtausenden jungen Menschen negativ beeinflusst. Das mit den Artikel-15a-Vereinbarungen, die Herr Landeshaupt­mann Niessl angesprochen hat, ist ja gut gemeint, aber wie wir wissen, ist das in der


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Praxis und in der Realisierung oft sehr schlecht. Es gibt genug Beispiele dafür, wo die Artikel-15a-Vereinbarungen nicht zu dem gewünschten Ziel führen.

Aber es ist ja noch Zeit. Ich freue mich sehr – das ist ja heute noch ein Tagesord­nungs­punkt –, dass es noch eine Enquete des Bundesrates zu diesem Thema geben wird. Mein Appell lautet hier, sich wirklich noch einmal grundlegend mit dieser The­matik zu befassen. Frau Bundesrätin Daniela Gruber-Pruner hat sich ja sehr ausführ­lich mit dieser Thematik und Problematik beschäftigt. Ich glaube, sie hat das auch wirklich richtig dargestellt, und auch Bundesrat David Stögmüller hat sich klar positio­niert.

Meine Damen und Herren, ein anderes sehr, sehr wichtiges Thema, zu dem ich noch ein paar Dinge sagen möchte, ist der Pflegeregress und dessen Abschaffung. Ich halte es für richtig, dass er abgeschafft wurde, denn letztlich war das ja eine 100-prozentige Steuer für kleine Einkommen. So manche betagte Großmutter, die für ihre Enkel vielleicht auf einem Sparbuch 50 000, 60 000 Euro angespart hat, hat zusehen müssen, wie das dann eigentlich in sehr kurzer Zeit aufgefressen worden ist, hat sich gekränkt und ist sehr unglücklich gewesen.

Das heißt, es ist richtig, das abzuschaffen, aber natürlich entsteht auch ein Andrang auf Pflegeheime, wenn es keinen Pflegeregress gibt, und es entsteht die absurde Situation, dass die teuerste Betreuungsform, die die Leute in Wirklichkeit aber gar nicht wollen, jetzt voll vom Steuerzahler finanziert wird. Das heißt, man muss, glaube ich, umgekehrt sehr stark in den privaten Bereich der Pflege investieren. Sehr oft ist es ja so, dass eben Menschen, die eine Betreuung brauchen, eine kleine Pension und vielleicht die Pflegestufe 2 oder 3 haben. Aber das reicht dann auch nicht für die mobilen Dienste und für die mobile Betreuung, und da muss dann auch das Sparbuch herhalten, oder die Kinder oder Enkelkinder müssen etwas zuschießen.

Daher rührt auch die Forderung, das Pflegegeld anzuheben, am besten um 30 Pro­zent, denn so groß ist ja mittlerweile der Wertverlust seit der Einführung – aber bitte in allen Stufen, denn es kann nicht sein, dass man nur ab Stufe 4 anhebt. Das ist dann indirekt wieder eine Subvention von Alten- und Pflegeheimen, und dort, wo zwei Drittel der Pflegegeldbezieher sind, nämlich zu Hause, wo sie gepflegt werden und diese Mobilitätshilfen unbedingt brauchen, will man nicht erhöhen?! Ich halte es wirklich für sehr, sehr wichtig, dass man diese Erhöhung für alle sieben Pflegestufen durchführt und in Zukunft natürlich laufend valorisiert. Auch die mobilen Dienste muss man aus­bauen, ich bin da voll bei Frau Bundesrätin Rosa Ecker, die davon gesprochen hat.

Eine Anmerkung noch: Man muss, glaube ich, auch die Agenturen, die 24-Stunden-Betreuung vermitteln, einmal sehr genau durchleuchten. Von den 600, 700 Agenturen, die Leute vermitteln, haben nicht alle gerade den Schutz von Menschenwürde in ihrem Leitbild. (Allgemeiner Beifall.)

Aber noch kurz zurück zum Pflegeregress: Übergangsregeln per Gesetz fehlen, ob­wohl dies angekündigt war, und so ist natürlich jetzt ein riesiges Durcheinander ent­standen. Meine Damen und Herren des Bundesrates, aus allen Bundesländern, es kann ja jetzt nicht die Folge sein, dass in bestimmten Ländern offene Forderungen bestehen und in bestimmten Ländern darauf verzichtet wird. Wie kommen Bürgerinnen und Bürger dazu, dass beispielsweise in Wien, in der Steiermark oder im Burgenland noch Forderungen im Raum stehen, und in anderen Bundesländern, beispielsweise Niederösterreich, Kärnten, Salzburg, Vorarlberg, verzichtet man darauf? Ich glaube, die Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht darauf, dass sie in Österreich gleich behan­delt werden. Daher gibt es den Appell, dass da eine bundeseinheitliche Regelung geschaffen wird, die dann eine gerechte, faire und gleiche Behandlung für alle, bei denen es noch Forderungen aus dem Pflegeregress gibt, bedeutet.


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Zum Schluss kommend: Herr Bundesrat Ferdinand Tiefnig hat die Situation in Polen und diese internationalen Fragen angesprochen. Wir haben hier in Wien das General­sekretariat des International Ombudsman Institute, das ist der einzige globale Verband von Ombudseinrichtungen. Die Aufgaben sind das Angebot von Trainings, von Semi­naren, wir unternehmen auch Forschungsprojekte, vergeben Regionalsubventionen und unterstützen so gut wir können Ombudseinrichtungen, die unter Druck geraten.

Gerade im Fall von Polen, wo sich, wie wir wissen, politisch in den letzten Jahren sehr viel zum Negativen verändert, war es sehr wichtig, diese noch einzige unabhängige Institution zu schützen. Wir waren vor Ort, wir haben Gespräche mit Medien, mit der Zivilgesellschaft, mit Regierungsvertretern geführt, haben einen Bericht gemacht, haben eine internationale Pressekonferenz abgehalten. Es ist uns dann doch gelun­gen, Dr. Adam Bodnar – so heißt der Commissioner for Human Rights, so heißt das in Polen – zu schützen, damit man ihm nicht das ganze Personal streicht und sein Budget kürzt und vieles mehr. Wir haben Dr. Bodnar übrigens auch im Vorjahr bei unserer 40-Jahr-Feier der Volksanwaltschaft nach Österreich ins Parlament als Festredner eingeladen, um ihn auch auf diese Art und Weise zu unterstützen.

Jetzt aber zur Frage: Was in ungefähr eineinhalb Jahren – da läuft die Amtszeit von Dr. Bodnar ab – in Polen passieren wird, steht in den Sternen. Besonders optimistisch sind wir nicht, dass dort eine unabhängige Persönlichkeit diese wichtige Aufgabe fortsetzen kann.

Abschließend: Frau Bundesrätin Kahofer hat die Situation im Zusammenhang mit dem Heimopferrentengesetz angesprochen. Ich bin der Leiter dieser Kommission, und wir bemühen uns natürlich sehr, die Fälle so schnell wie möglich abzuschließen. Positiv erwähnen darf ich, dass ja eine Reform gelungen ist und es jetzt, recht kurze Zeit nach dem Gesetzesbeschluss, auch möglich ist, dass Opfer, die in Krankenanstalten misshandelt, missbraucht oder auch privaten Heimen zugewiesen wurden, einen An­spruch auf die Rente haben. Auch für Menschen mit Beeinträchtigungen gibt es Ver­bes­serungen. Das ist das Positive. – Schwierig ist für uns, dass man aus vier Planste­llen letztlich drei gemacht hat, aber das ist halt Sache des Parlaments, wie das Organ Volksanwaltschaft mit Personal ausgestattet wird. Aber ich bin da wirklich für jede Unterstützung dankbar. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ, bei BundesrätInnen der ÖVP sowie der BundesrätInnen Dziedzic und Stögmüller. – Bundesrat Rösch: Das war jetzt ein Holler!)

14.45


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Ich danke Ihnen recht herzlich.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Volksanwältin Dr. Gertrude Brinek. – Bitte.


14.45.57

Volksanwältin Dr. Gertrude Brinek: Frau Präsidentin! Hoher Bundesrat! Gestatten Sie auch mir, auf einige Anmerkungen, die von Ihnen, sehr geehrte Bundesrätinnen und Bundesräte, gemacht worden sind, einzugehen. Vielleicht zum Stichwort bundes­weite Regelung, Föderalisierung oder Föderalismus: Ein weiteres aktuelles, gerade aufpoppendes Thema ist, wie man mit aggressiven Hunden umgeht. Da darf ich das oberösterreichische Hundehaltegesetz erwähnen. Interessanterweise hatten wir aus diesem Bundesland mehrmals Beschwerden, haben sie bearbeitet und dort auch das rechtmäßige Vorgehen von Gemeinden beziehungsweise Hundehaltern gefordert, und daraufhin hat eben zum Beispiel Oberösterreich das Gesetz verschärft. Ich glaube, es ist auch medial genannt worden, dass es als Beispiel gelten könnte.

Es ist so, dass vor allem Kinder, betroffene Spaziergängerinnen und Spaziergänger, Menschen vor Hunden in den Bundesländern vom jeweiligen Hundehaltegesetz und


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von der Regelung unterschiedlich geschützt oder eben nicht geschützt sind. Ich weiß schon, dass es im Bundesrat immer eine besondere Herausforderung ist, wenn ich an bundeseinheitliche Regelungen denke, aber vielleicht gelingt es gerade Ihnen, in den jeweiligen Ländern, aus denen Sie kommen, Wege zu finden, damit die Standards des Schutzes einigermaßen gleichgestellt sind.

Ich darf nun zu den angesprochenen Themen wie folgt Stellung nehmen:

Justizwache und Justiz insgesamt: Ja, das Leben in den Anstalten ist nicht einfacher geworden, für niemanden – für die Justizwache nicht, für die Ärzte nicht, für das Fach­personal nicht. Da ist eine Unterdotierung mit Personal natürlich besonders heraus­fordernd. Ich darf Ihnen die aktuellen Zahlen vom 13. September nennen: 3 422 Plan­stellen. Wenn ich davon jetzt noch die besetzten Karenzierungen und reduzierte Arbeitszeit wegrechne, sind 214 Planstellen nicht besetzt. Das Ministerium und wir gehen davon aus, dass die derzeit 186 Personen, die in der Grundausbildung stehen und im März 2019 fertig werden, dann auch wieder eine Verbesserung bringen, sodass wir für den Sommer nächsten Jahres von einem Minusstand von 80 Personen aus­gehen. Da muss aber alles seinen Lauf nehmen und es müssen sich auch genügend Personen bewerben. Die Aufnahmeprüfung, das Aufnahmeverfahren ist sicher selektiv, aber niemand, weder das Ministerium noch die Volksanwaltschaft, will Qualitäts­ab­striche machen, weil das schon gar nicht mit der herausfordernden Lage zusammen­passt.

Ein weiterer Aspekt: Ja, es ist durch die Internationalisierung des Publikums – ich sage es jetzt einmal so –, der Betroffenen, der Inhaftierten, auch der U-Häftlinge, die ja weniger Recht auf Bewegung haben und daher unter besonderen Herausforderungen die Aggression betreffend stehen, nicht einfacher geworden. Die Aggression ist ge­stiegen. Gott sei Dank, können wir sagen, hat das insofern noch nicht auf das Personal durchgeschlagen, als wir Meldungen von Aggressionshandlungen gegenüber der Justizwache nicht steigend sehen können. 2016 waren es 19,3 Angriffe bei 100 000 Haft­tagen, 2017 dann 10,2, 2018 liegen naturgemäß nur Rumpfmeldungen vor. Wenn es also gelingt, weiter in Antiaggressivitätstrainings beim Personal zu inves­tieren, Super­vision anzubieten – das ist einfach heute in jedem Sozialberuf schon Standard –, dann kann es gelingen, auch diese Herausforderung in diesem anstren­genden, aber gesell­schaftspolitisch so wichtigen Beruf gut zu meistern.

Frau Bundesrätin Ecker, glaube ich, war diejenige, die Asten angesprochen hat. In der Tat, das ist ein Musterbeispiel für gelingenden und vorbildlichen Straf- beziehungs­weise Maßnahmenvollzug. Im Maßnahmenvollzug sind die Menschen, die eigentlich ihre Haft erledigt haben und dort als psychisch Kranke therapiert werden. Das ist in Asten der Fall.

Die Gesellschaft muss nur aufpassen, dass Asten nicht derart sozusagen zum guten Beispiel gemacht wird, dass es dann zu einer Überfüllung, zur Herabsetzung und zur Absenkung der besten Bedingungen und so weiter kommt. Auch dort muss eine be­stimmte Größe, ein bestimmter Personalschlüssel und so weiter eingehalten werden. Aber nach dem Muster Asten soll es ja – so der Minister, der das noch für vor Jah­resende 2018 angekündigt hat – therapeutische Zentren geben und dort soll behandelt werden.

Leider steigt auch diese Zahl, und es rätseln die Wissenschaftler auch darüber, warum die Zahl von Tätern, die jetzt noch geistig abnorm heißen, die also psychisch krank Straftaten begehen, steigt.

Ich darf zu meinem Geschäftsbereich noch sagen, weil das Sie als Bundesräte viel­leicht interessiert, dass ein Drittel der Prüffälle aus dem Gemeinde- und Landesver­waltungsbereich kommt, das heißt, wir sind auch Landesvolksanwälte. Das betrifft in


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meinem Bereich in hohem Maße Flächenwidmung, Bauordnung, Raumordnung, Straßen­recht, Kanalgesetze.

Sie als diejenigen, die aus den Regionen kommen, können sich vorstellen, dass das manchmal auch zu – sagen wir es einmal so – Missverständnissen auf allen möglichen Seiten führt. Dennoch lade ich Sie auch als Bürgermeister oder Gemeinde­verantwort­liche ein, mitzuhelfen, die Bodenversiegelung zu stoppen. Täglich werden 20 Hektar Boden, Grünland versiegelt. Das hat Auswirkungen auf landwirtschaftliche Flächen, aber im Zusammenhang mit dem Wandel des Klimas auch auf die Beschaffenheit der Böden, also die Möglichkeit, Oberflächenwasser im Boden versickern zu lassen, die Bodenqualität der Gärten, der Wälder, der Grundstücke. Helfen Sie also bitte mit! Österreich ist da im negativen Sinn Vorreiter.

Ich darf Sie auch noch einladen – Gewaltschutz ist angesprochen worden –: Ja, wir machen im Herbst wieder die interdisziplinäre Lehrveranstaltung, bei der der Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser, die Medizinuniversität Wien und die Volks­anwaltschaft zusammenarbeiten. Heuer geht es um Kinder und Jugendliche als Mit­betroffene von häuslicher Gewalt. Ich darf Sie zur Auftaktveranstaltung am 26.11. um 16 Uhr in der Volksanwaltschaft einladen, das ist eine öffentliche Diskussion und ein Einstieg ins Thema, oder zum Abschluss am 13.12., wieder um 16 Uhr, in der Volks­anwaltschaft.

Ich bin sicher, ich habe einige Dinge offen gelassen, und Sie erwarten vielleicht noch mehr.

Abschließend eine mir wichtig erscheinende Information im Zusammenhang mit dem neuen Erwachsenenschutz-Gesetz: Im Ausschuss bin ich betreffend die Vorsorge­vollmacht befragt worden. Ich werbe dafür: Achtung, präzise Vorsorgevollmachten! Das heißt, Sie disponieren bei vollem Bewusstsein, geben jemandem eine Vollmacht für ganz bestimmte Dinge, und niemand kann sie ausnutzen, das Gericht muss das Frei­zeichen geben. Bitte schließen Sie sie korrekterweise beim Notar, beim Rechtsanwalt oder in einem Erwachsenenschutzverein ab, und sorgen Sie dafür, dass sie ins zen­trale Register kommt. Nur so sind Sie sicher, dass im Fall von Unfall, Krankheit, Demenz und so weiter das geschieht, was Sie sich wünschen.

Jetzt kann ich – ich glaube, Martin Preineder hat es schon angesprochen – mit dem schönen Zusammenhang von Gerechtigkeit und Recht schließen: Die Bürger wün­schen sich, wenn sie zu uns kommen, Gerechtigkeit. Das ist eine unlösbare, unend­liche, aber dennoch immer anzustrebende Aufgabe. Wir sorgen dafür – wir schauen und stellen halt in 15 Prozent der Fälle fest, dass nicht einmal das Recht eingehalten wurde; also: Recht und Gerechtigkeit –, wir kümmern uns um das Recht und um das Grundrecht auf gute Verwaltung, das im Vertrag von Lissabon als Grundrecht verankert ist, und dabei sollten möglichst wenige Rechtsverletzungen und Missstände herauskommen. – Danke für die Aufmerksamkeit und Unterstützung. (Allgemeiner Beifall.)

14.54

14.54.34


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Danke schön, Frau Volksanwältin.

Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Somit ist die Debatte ge­schlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.


BundesratStenographisches Protokoll884. Sitzung, 884. Sitzung des Bundesrates am 11. Oktober 2018 / Seite 156

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Es liegt weiters ein Antrag der Bundesräte Stögmüller, Gruber-Pruner, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Familienbeihilfe für wirklich alle Kinder und Jugendlichen in Österreich“ vor.

Ich lasse nun über diesen Entschließungsantrag abstimmen und bitte jene Bundes­rä­tin­nen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenminderheit. Der Antrag ist somit abgelehnt.

14.55.297. Punkt

Antrag der BundesrätInnen Inge Posch-Gruska, Dr. Magnus Brunner, Monika Mühlwerth, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abhaltung einer parlamen­tari­schen Enquete gemäß § 66 GO-BR zum Thema „Kinder- und Jugendhilfe quo vadis? Rechte.Chancen.Perspektiven.“ (254/A-BR/2018)

14.55.31


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Wir gelangen nun zum 7. Punkt der Tagesordnung.

Es liegen keine Wortmeldungen vor.

Wünscht zu diesem Tagesordnungspunkt jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Damit ist die Debatte nicht geschlossen, weil wir sie gar nicht angefangen haben.

Wir kommen gleich zur Abstimmung über den Antrag der BundesrätInnen Posch-Gruska, Dr. Brunner, Mühlwerth, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abhaltung einer parlamentarischen Enquete des Bundesrates gemäß § 66 GO-BR zum Thema „Kinder- und Jugendhilfe quo vadis? Rechte.Chancen.Perspektiven.“.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag ihre Zustimmung ge­ben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag auf Abhal­tung der gegenständlichen Enquete ist somit angenommen.

Hinsichtlich des Termins, der Tagesordnung und des Teilnehmerkreises für die soeben beschlossene Enquete darf ich auf den bereits allen Mitgliedern des Bundesrates zugegangenen Selbständigen Antrag 254/A-BR/2018 verweisen.

14.56.588. Punkt

Wahl von Ausschüssen

14.56.59


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Wir gelangen somit zum 8. Punkt der Tages­ord­nung.

Es liegt mir der Antrag der Bundesräte Karl Bader, Monika Mühlwerth, Reinhard Todt, Kolleginnen und Kollegen vor, gemäß § 13 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Bun­desrates, den Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, den Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten, den Ausschuss für BürgerInnenrechte und Petitionen, den EU-Ausschuss, den Ausschuss für Familie und Jugend, den Finanzausschuss, den Geschäftsordnungsausschuss, den Gesundheitsausschuss, den Gleichbehand­lungs­ausschuss, den Ausschuss für innere Angelegenheiten, den Ausschuss für Inno­vation, Technologie und Zukunft, den Justizausschuss, den Kinderrechteausschuss, den Landesverteidigungsausschuss, den Ausschuss für Land‑, Forst- und Wasser­wirtschaft, den Ausschuss für Sportangelegenheiten, den Ausschuss für Tourismus,


BundesratStenographisches Protokoll884. Sitzung, 884. Sitzung des Bundesrates am 11. Oktober 2018 / Seite 157

Kunst und Kultur, den Umweltausschuss, den Unterrichtsausschuss, den Unvereinbar­keitsausschuss, den Ausschuss für Verfassung und Föderalismus, den Ausschuss für Verkehr, den Wirtschaftsausschuss und den Ausschuss für Wissenschaft und For­schung mit jeweils 14 Mitgliedern und Ersatzmitgliedern, wobei jeweils fünf Mitglieder und Ersatzmitglieder auf die ÖVP, je fünf Mitglieder und Ersatzmitglieder des Bun­desrates auf die SPÖ und je vier Mitglieder und Ersatzmitglieder auf die FPÖ entfallen, neu zu wählen.

Ich bitte daher jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem vorliegenden Antrag ihre Zustimmung geben, um ein Handzeichen. – Das ist die Einstimmigkeit.

Die vorher genannten Ausschüsse sind somit gemäß § 13 Abs. 1 der Geschäfts­ord­nung neu gewählt.

Im Sinne des § 13 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates sind die von den Fraktionen auf sie entfallenden Ausschussmitglieder und Ersatzmitglieder schriftlich namhaft zu machen und diese gelten damit als gewählt.

Ich weise darauf hin, dass die genannten Ausschüsse unmittelbar im Anschluss an die heutige Plenarsitzung hier im Redoutensaal konstituiert werden.

 14.59.00Verlesung eines Teiles des Amtlichen Protokolls


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Es liegt mir das schriftliche Verlangen von fünf Mitgliedern des Bundesrates vor, das Amtliche Protokoll hinsichtlich des Tagesord­nungs­punktes 8 zu verlesen, damit dieser Teil des Amtlichen Protokolls mit Schluss der Sitzung als genehmigt gilt.

Ich werde daher so vorgehen und verlese nunmehr den entsprechenden Teil des Amtlichen Protokolls:

„TO-Punkt 8: Wahl von Ausschüssen

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Karl Bader, Monika Mühlwerth, Reinhard Todt, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 13 Abs. 2 GO-BR vor, den

Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten

Ausschuss für BürgerInnenrechte und Petitionen

EU-Ausschuss

Ausschuss für Familie und Jugend

Finanzausschuss

Geschäftsordnungsausschuss

Gesundheitsausschuss

Gleichbehandlungsausschuss

Ausschuss für innere Angelegenheiten

Ausschuss für Innovation, Technologie und Zukunft

Justizausschuss

Kinderrechteausschuss

Landesverteidigungsausschuss


BundesratStenographisches Protokoll884. Sitzung, 884. Sitzung des Bundesrates am 11. Oktober 2018 / Seite 158

Ausschuss für Land-, Forst- und Wasserwirtschaft

Ausschuss für Sportangelegenheiten

Ausschuss für Tourismus, Kunst und Kultur

Umweltausschuss

Unterrichtsausschuss

Unvereinbarkeitsausschuss

Ausschuss für Verfassung und Föderalismus

Ausschuss für Verkehr

Wirtschaftsausschuss

Ausschuss für Wissenschaft und Forschung

mit jeweils 14 Mitgliedern und Ersatzmitgliedern, wobei jeweils 5 Mitglieder und Ersatz­mitglieder auf die ÖVP, je 5 Mitglieder und Ersatzmitglieder auf die SPÖ und je 4 Mit­glieder und Ersatzmitglieder auf die FPÖ entfallen, neu zu wählen (Beilage VIII/1).

Abstimmung:

Der Antrag Beilage VIII/1 wird mit Stimmeneinhelligkeit angenommen.

Die zuvor genannten Ausschüsse sind somit gemäß § 13 Absatz 1 der GO-BR neu gewählt.

Im Sinne des § 13 Absatz 3 der GO-BR sind die von den Fraktionen auf sie ent­fallenden Ausschussmitglieder und Ersatzmitglieder schriftlich namhaft zu machen und diese gelten damit als gewählt.

Es liegt ein schriftliches Verlangen von fünf Mitgliedern des Bundesrates gemäß § 64 Abs. 2 GO-BR vor, das Amtliche Protokoll hinsichtlich des Tagesordnungspunktes 8 zu verlesen (Beilage VIII/2).“

*****

Erheben sich gegen die jetzt vorgelesene Fassung des Protokolls bei dem inhaltlichen Teil Einwendungen? – Das ist nicht der Fall.

Dieser Teil des Amtlichen Protokolls gilt daher gemäß § 64 Abs. 2 der Geschäftsord­nung des Bundesrates mit Schluss dieser Sitzung als genehmigt.

Die Tagesordnung ist hiermit erschöpft.

15.01.34Abstimmung über Fristsetzungsanträge


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Bundesrates David Stögmüller gemäß § 45 Abs. 3 der Geschäftsordnung, dem Aus­schuss für Unterricht, Kunst und Kultur zur Berichterstattung über den Entschließungs­antrag der Bundesräte David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Erhalt von Integrationsklassen an Sonderschulen“ eine Frist bis 8. November 2018 zu setzen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Fristsetzungsantrag ihre Zustimmung erteilen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenminderheit. Der Antrag ist somit abgelehnt.


BundesratStenographisches Protokoll884. Sitzung, 884. Sitzung des Bundesrates am 11. Oktober 2018 / Seite 159

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Bundesrates David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 45 Abs. 3 der Geschäftsordnung, dem Ausschuss für Kinderrechte zur Berichterstattung über den Entschließungsantrag der Bundesräte David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Hilfen für junge Erwachsene“ (237/A(E)-BR/2017) eine Frist bis 8. November 2018 zu setzen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Fristsetzungsantrag ihre Zustimmung erteilen, um ein Handzeichen. – Das ist wieder die Stimmenminderheit. Der Antrag ist somit abgelehnt.

15.02.57Einlauf


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Ich gebe noch bekannt, dass seit der letzten be­ziehungsweise in der heutigen Sitzung insgesamt 14 Anfragen, 3562/J-BR/2018 bis 3575/J-BR/2018, eingebracht wurden.

*****

Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Wege erfolgen. Als Sitzungstermin wird Donnerstag, der 8. November, 9 Uhr, in Aussicht ge­nommen.

Für die Tagesordnung dieser Sitzung kommen insbesondere jene Beschlüsse in Be­tracht, die der Nationalrat bis dahin verabschiedet haben wird, soweit diese dem Ein­spruchsrecht beziehungsweise dem Zustimmungsrecht des Bundesrates unterliegen.

Die Ausschussvorberatungen sind für Dienstag, den 6. November, 14 Uhr, vorge­se­hen.

Diese Sitzung ist geschlossen.

15.03.40Schluss der Sitzung: 15.03 Uhr

 

 

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Titelbild: ©Parlamentsdirektion/Johannes Zinner