BundesratStenographisches Protokoll884. Sitzung, 884. Sitzung des Bundesrates am 11. Oktober 2018 / Seite 144

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kann sich vorstellen, dass in psychiatrischen Einrichtungen für Erwachsene ganz an­dere Arten von Krankheitsfällen vorherrschen. Außerdem ist die Betreuung hinsichtlich des Personals und auch der Infrastruktur nicht auf Jugendliche ausgerichtet. Die Volksanwaltschaft zeigt daher in ihrem Bericht auf, dass es ein Trennungsangebot für Jugendliche in der Psychiatrie und in Krankenanstalten geben soll.

Aber auch das Angebot an niedergelassenen Vertragsärzten und -ärztinnen ist teil­weise katastrophal. Ich war, wie das Politiker öfters tun, in diesem Sommer auf Som­mertour und habe mir auch Kinder- und Jugendnotunterkünfte in verschiedenen Bun­des­ländern, etwa in Tirol und Salzburg, angeschaut. Die dortigen Betreuerinnen und Betreuer haben von Wartezeiten von teilweise über sechs Monaten bei niedergelas­senen Kinder- und Jugendpsychologen, um überhaupt einen Termin zu bekommen, gesprochen; auch in Akutfällen geht es nicht schneller. – Das ist ein riesengroßes Problem. Es braucht also auf der einen Seite mehr Ausbildungsplätze und mehr Betten und klarerweise insgesamt mehr Einrichtungen, die Kinder und Jugendliche unter 19 Jahren in der Kinder- und Jugendpsychiatrie auch dezentral versorgen können.

Ich möchte jetzt auch noch zum anderen Teil des Berichts überleiten, der die Kontrolle der öffentlichen Verwaltung behandelt. In diesem Zusammenhang fand ich prinzipiell das Kapitel Familienbeihilfe und Kinderbetreuung ganz interessant, und zwar gerade betreffend mangelhafte Informationen zu Gesetzesänderungen. Das hat natürlich nichts mehr mit der aktuellen Bundesregierung zu tun, sondern das geht ein bisschen weiter zurück. Das ereignete sich noch unter Bundesministerin Karmasin, der Jugend­ministerin außer Dienst. Dabei geht es um die unzureichende Information rund um die Gesetzesänderung bei einkommensabhängigem Kinderbetreuungsgeld und Wochen­geld. Darauf haben wir Grüne wirklich monatelang immer wieder mit Anträgen, An­fragen und so weiter hingewiesen. Wir wollten aufzeigen, dass es da tatsächlich ein riesengroßes Problem gibt. Wir haben aber von der Ministerin immer wieder gehört, dass eh alles okay ist und eh alles passt.

Die Kritik bezieht sich auf das Informationsmanagement und auf die Tatsache, dass keine Übergangsregelungen für die gesetzliche Änderung geschaffen wurden. Betrof­fen waren Mütter, die für das erste Kind ein einkommensunabhängiges Kinderbetreu­ungsgeld bezogen hatten und noch während oder kurz nach der Karenz wieder schwanger wurden und das zweite Kind erwarteten. Ihnen wurde – sie haben nach­weislich im Bundesministerium nachgefragt, wie das ausschaut – vom Ministerium mit­geteilt: Kein Problem, ihr bekommt euer Kindergeld! Dem war dann aber nicht so, es hat kein Kindergeld gegeben. Diese Familien bekamen vom Jugendministerium, ob­wohl sie anderslautende Informationen erhalten hatten, kein Kinderbetreuungsgeld, und das Ganze hatte System.

Jetzt erleben wir das wieder. Frau Volksanwältin! Herr Volksanwalt! Ich bin mir sicher, im Zusammenhang mit dem Jahresbericht 2018 werden wir dann genau über die aktu­elle Gesetzesinitiative der Regierungsparteien betreffend die erhöhte Familienbeihilfe reden dürfen! Völlig überraschend und ohne jegliche Vorankündigung oder Diskussion hat das zuständige Fachministerium die vollziehenden Finanzämter angewiesen, zahl­reichen Menschen die erhöhte Familienbeihilfe abzuerkennen. Das Ministerium hat sich dabei auf zwei Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes vom April 2013 und vom Februar 2016 bezogen. Seither steht jede, wenn auch nur vorübergehende Unter­bringung in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe sowie in Einrichtungen für Menschen mit Behinderung dem Bezug der Familienbeihilfe entgegen.

Diese Neuauslegung wurde nicht nur ohne jegliche Vorankündigung oder Diskussion vom Bundeskanzleramt beschlossen, sondern sie stieß auch Tausende Menschen über Nacht an den Rand der Armut. Jetzt gerade versucht die Bundesregierung, das Familienausgleichsgesetz zu korrigieren, aber leider wieder so etwas von falsch; ent-


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