BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 21

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Osnabrück ausverhandelt und beendete 30 Jahre des Mordens in Europa. Es war die Hälfte der Bevölkerung in den Kriegsgebieten von Pommern, Schlesien bis Böhmen, Österreich ermordet worden oder der Pest, der Cholera, was auch immer, zum Opfer gefallen. Krieg als Geschäft: Der Dreißigjährige Krieg steht vielleicht als Metapher auch für das, was wir heute im Nahen Osten, in Nordafrika und nicht nur dort erleben. Auch daran sei an dieser Stelle erinnert: vier Millionen, fünf Millionen, sechs Millionen Tote im Kongo. – Der Dritte Weltkrieg, wenn man so will, ist ein afrikanischer Krieg. Der Westfälische Friede hat seine letzte Unterschriftenreihe am 24. Oktober vor genau 370 Jahren bekommen. Der Westfälische Friede war der Aufbruch in die Moderne, nämlich hin zu Territorialstaaten, zur Trennung von Religion und Politik und zur Gleich­berechtigung der Souveräne.

Natürlich gibt es dabei – das wissen wir alle, das wissen Sie aus Ihrer Tätigkeit, das weiß jeder, der auch das Geschehen in der UNO, das Geschehen in der Europäischen Union verfolgt –, um es mit George Orwell zu sagen, die, die „more equal“ sind als die anderen, aufgrund ihrer wirtschaftlichen, militärischen Macht. Da hat sich nicht so viel verändert. Man kann aber dennoch in diesem Gremium der 193 UNO-Mitglieder seine Redezeit und seine Aufmerksamkeit erhalten. Das ist gelungen.

Ich habe, wie gesagt, versucht, in dieser Rede vor allem auf zwei Probleme einzuge­hen – Jemen und Syrien – und hier auch konkret zu werden. Wir werden uns in Syrien beispielsweise – das ist im Werden, letztendlich ist es dann Knochenarbeit, Stückwerk­arbeit, aber wir versuchen es – mit Entminung beteiligen, weil die Rückkehr in die Hei­matgemeinde ein Minimum an Sicherheit erfordert. Da ist natürlich das Räumen von Antipersonenminen etwas ganz, ganz Wesentliches. Sie erinnern sich an die Nach­kriegssituation in Bosnien-Herzegowina, wo Landwirtschaft viele Jahre gar nicht in dem Umfang möglich war, weil einfach die Antipersonenminen oftmals durch Regen, durch Schnee, Berge und so weiter weggeschwemmt wurden. Diese Nachkriegssituation – ob Kambodscha, ob Bosnien-Herzegowina – könnte aufgrund der geografischen und der geologischen Situation in Syrien vielleicht einfacher sein, weil wir dort relative Ebe­ne haben, aber wir haben starke Verminungen in der nordsyrischen Stadt Rakka, in Südsyrien – dorthin versuchen jetzt von jordanischer Seite her viele syrische Flücht­linge wieder zurückzukehren, um eben ihr Leben in irgendeiner Weise wieder aufzu­bauen.

Es ist keine perfekte Aussicht, wir dürfen uns keine Illusionen über den Charakter der syrischen Regierung machen, aber wir sind weiterhin daran interessiert, dass es zu einer Ausarbeitung eines Verfassungskomitees und damit auch zu einer Neugestaltung der Machtaufteilung in Syrien kommt. Das ist eine ganz wesentliche Voraussetzung, damit ein politischer Neuanfang und nicht nur ein Neuanfang für die Menschen in ihrem Alltag möglich ist.

Die Generalversammlung bietet, wie gesagt, diesen, ich muss sagen, sehr egalitären Austausch zwischen den Großen, den weniger Großen und Kleinen, oder, um es mit Schuman – ich glaube, es war Schuman – zu sagen: Letztendlich sind alle Staaten klein, einige wissen es, andere wissen es nicht. – Wir wissen es, haben damit keine Probleme.

Es ist aber sehr erfreulich, wenn eine österreichische Delegation, die aus Bundesprä­sident Alexander Van der Bellen, Bundeskanzler Sebastian Kurz und mir sowie vielen sehr, sehr wichtigen Kollegen – einige sind auch hier –, ohne die das alles nicht mög­lich wäre, besteht, es dann schafft, ihre Termine, ihre Inhalte unterzubringen. Das ist eine sehr, sehr intensive Woche. Es gab Momente, da war fast surreal, was man er­lebt, aber es ist uns gelungen, viele Termine wahrzunehmen, die aufgrund von man­gelnder Reisezeit bisher nicht zustande gekommen waren. So war es uns möglich, den Außenminister von Brasilien zu treffen, den Außenminister von Mexiko – und das trotz dieser Übergangszeit, in der sich Mexiko zwischen zwei Regierungen befindet.

 


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