BundesratStenographisches Protokoll886. Sitzung, 886. Sitzung des Bundesrates am 6. Dezember 2018 / Seite 112

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und wohin das Leben auch verlaufen ist, dass man im Alter nicht ganz alleine und auf sich gestellt ist. Gerade in Zeiten, in denen die Arbeitsmarktsituation immer prekärer wird, junge Menschen hinsichtlich ihrer Zukunft immer unsicherer sind, von Praktikum zu Praktikum springen müssen, braucht es eine Gewissheit, dass zumindest die Pen­sion, die Betreuung im Alter abgesichert ist.

Unsere Aufgabe als PolitikerInnen ist es, Sicherheit, soziale Sicherheit zu schaffen – und das beginnt nun einmal bei der Finanzierung. Wir Grüne haben bereits im Ju­li 2017, als die Abschaffung mittels Abänderungsantrag durch das Parlament gebracht worden ist, auf das Riesenproblem der Finanzierung hingewiesen; denn die 100 Millio­nen Euro, die der Pflegefonds zur Ausschüttung erhalten hat, sind – und man sieht es jetzt genau – unmöglich ausreichend, um den Entfall der Einnahmen für die Sozialhil­feverbände, für die Länder und die Gemeinden auszugleichen. Es wurde dazumal kei­ne Kostenabschätzung gemacht, es gab keine Vereinbarung mit den Ländern – und wir Grüne haben dieses Vorgehen auch hier im Bundesrat als Ländervertreter massiv kritisiert. Diese gerechte und längst überfällige Abschaffung des Pflegeregresses war damals leider als Schnellschuss ohne wirkliche Gegenfinanzierung dem Wahlkampf geschuldet. Und so ehrlich muss man sein, so positiv ich es auch finde: Man hätte das schon viel früher, viel stärker, viel durchdachter, viel sinnvoller umsetzen können.

Das wird jetzt ausgebessert, deswegen werden wir Grüne dem natürlich auch zustim­men, das ist überhaupt keine Frage. Ich möchte aber schon noch eines sagen, das muss ich bei dem wichtigen Thema Pflege ansprechen: Es braucht ein Konzept, um die Pflege zukunftsfit und auch finanzierbar beziehungsweise attraktiv zu gestalten. Ohne ein umfassendes Konzept wird die Betreuung von älteren Menschen gegen die Wand gefahren werden – das müssen wir begreifen und auch angehen –, denn auf­grund der demografischen Entwicklung und des zunehmend verringerten Pflegepoten­zials innerhalb von Familien wird sich die Situation zukünftig noch weiter zuspitzen.

Die Pflege innerhalb der Familie ist nach wie vor die wichtigste Pflegeform – Kollegin Schumann hat es schon angesprochen –, es sind nach wie vor mehrheitlich Frauen, die sich unentgeltlich um Angehörige kümmern. Dieses System gerät jedoch aufgrund der demografischen Entwicklung, der Veränderung von Haushaltsstrukturen, es gibt immer mehr Singlehaushalte, der Gesundheitsentwicklung und der erhöhten Erwerbs­beteiligung von Frauen immer mehr in Ungleichgewicht, immer mehr unter Druck. Die Frage, wie Langzeitpflege in den kommenden Jahren organisiert und finanziert werden kann, soll uns alle gerade auch hier im Bundesrat wirklich beschäftigen.

Aktuelle Studien gehen davon aus, dass die Ausgaben für das Pflegegeld bis zum Jahr 2050 um 67 Prozent und die Ausgaben für Pflege- und Betreuungsdienste sogar um 360 Prozent steigen werden – also da kommen noch ganz andere Hürden und He­rausforderungen auf uns zu. Es ist höchste Zeit, um eine langfristige finanzielle Absi­cherung der Pflege sicherzustellen. Der Pflegefonds, der Länder und Gemeinden mit Zweckzuschüssen finanziell unterstützt, leistet einen guten Beitrag dazu, das steht meiner Meinung nach außer Frage, er wird jedoch immer nur temporär finanziell aus­gestattet. Das bedeutet, es fehlt Bund, Ländern und Gemeinden einfach die langfristige Perspektive.

Für uns Grüne ist klar, dass man aufgrund der steigenden Kosten nicht ohne zusätzli­che Mittel aus Erbschafts- und Schenkungssteuer für die Pflege auskommen wird. Wir Grüne sprechen uns klar für die Beibehaltung eines Pflegesystems aus, das durch all­gemeine Steuern finanziert wird, denn dadurch ist auch in Zukunft – und das ist mir wichtig – sichergestellt, dass wirklich alle und nicht nur die privilegierten Menschen in Österreich einen Anspruch darauf haben.

Wir fordern eine massive Aufwertung der Carearbeit, die fast ausschließlich von Frau­en geleistet wird. 75 bis 80 Prozent der Pflegeleistungen werden informell geleistet,


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