BundesratStenographisches Protokoll887. Sitzung, 887. Sitzung des Bundesrates am 19. Dezember 2018 / Seite 70

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Jedenfalls denke ich, dass diese verschiedenen Richtungen, die bewusst in diese Liste aufgenommen worden sind, auch dazu gedient haben, um einem gewissen Widerstand gegen dieses Gesetz den Wind aus den Segeln zu nehmen, weil – ich nenne das Wort sehr bewusst – ich denke, dass dieses Gesetz ein Versuchsballon ist. Es ist deshalb ein Versuchsballon – und Innenminister Kickl hat das schon angedeutet –, weil es in Zukunft auch weitreichender ausgelegt werden kann, und zwar auch noch willkürlicher.

Einen autoritären Staat zu konstruieren, gelingt dann, wenn man möglichst viel rundhe­rum verbietet. Zu relativieren, was bisher verboten ist, gelingt dann, wenn man nämlich andere Richtungen auch noch mitaufnimmt. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Ja, ich weiß, das ist ein bisschen differenzierter und deswegen für Sie nicht so leicht nachzu­vollziehen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller.)

Ich fasse das nochmals zusammen: Tatsächlich geht es darum, dass das bestehende Verbot nationalsozialistischer Symbole insofern relativiert wird, als dass immer mehr andere Symbole hinzukommen. Ich vermute, dass Sie damit nicht nur relativieren wol­len, sondern dass Sie genau dieses Verbotsgesetz auch noch ins Lächerliche ziehen möchten. (Bundesrat Steiner: Und das sagt die Frau vom ...! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Vielleicht haben sich einige von Ihnen die Mühe gemacht, tatsächlich die eingelangten Stellungnahmen zu lesen. Eine ist für mich schon einer Beachtung wert, und zwar jene der Kinder- und Jugendanwaltschaft Österreichs. Sie wissen, die waren Gründungsmit­glied des Bundesweiten Netzwerks Extremismusprävention und Deradikalisierung. Am 23. Oktober 2018 wurde beim Präventionsgipfel die diesbezügliche österreichische Strategie vorgestellt. Auch die Kinder- und Jugendanwaltschaft Österreichs warnt vor diesem Gesetz.

Die Kinder- und Jugendanwaltschaft beschäftigt sich nicht nur mit Prävention und De­radikalisierung, sondern weist explizit darauf hin, dass genau solche symbolischen Verbotsgesetze, die hier geschaffen werden, dazu führen, dass man Jugendliche nicht abholt, sondern womöglich diejenigen, „die eventuell nur provozieren und auffallen wol­len“, lediglich kriminalisiert.

Alles in allem kann ich Ihnen nur sagen, dass es wirklich wie eine gefährliche Drohung klingt, wenn im Nationalrat FPÖ-Abgeordnete darauf verweisen, dass es sich hierbei natürlich um Symbolpolitik handelt, aber auf der anderen Seite eine Verordnungser­mächtigung ermöglicht wird, die dem Innenminister dazu dienen soll, flexibel auf neue Symbole zu reagieren. Wie das ausgelegt wird, darauf können wir gespannt sein.

Falls Sie heute Nachrichten gelesen haben, wissen Sie, der ORF hat berichtet: In Un­garn ist jetzt eine Liste von 200 Personen aufgetaucht. Soros wird wieder für die De­mos vor Ort verantwortlich gemacht. Anton Pelinka, ein österreichischer Wissenschaf­ter, taucht auf dieser Liste auf. (Bundesrat Steiner: Wissenschafter, na ja!)

Das ist ein gutes Beispiel dafür, dass, wenn rechtsautoritäre Regierungen die Rechts­staatlichkeit aushöhlen und Gesetze initiieren und beschließen, die willkürlich ausge­legt werden können, es in diesem Staat gefährlich wird. Das trägt nicht dazu bei, dass wir in Österreich sicherer leben, sondern im Gegenteil: Man muss sich wirklich vor Ih­nen fürchten. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der FPÖ: ... auswandern nach Polen!)

16.47


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Bundesrat Günther Novak zu Wort gemeldet. – Bitte.


16.47.34

Bundesrat Günther Novak (SPÖ, Kärnten): Ich möchte eine tatsächliche Berichtigung machen, nämlich zur Rede des Bundesrates Schuster, der unseren Landeshauptmann


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