BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 37

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allem die Patienten und Patientinnen betrifft, die jetzt nicht wissen, was auf sie zu­kommt.

Es sind nämlich zahlreiche praktische, rechtliche und auch finanztechnische Fragen offengeblieben. Ein entscheidender Effekt des Sozialversicherungs-Organisations­ge­setzes ist die Aushebelung des demokratischen Prinzips in der Selbstverwaltung, diese Kritik haben wir im Vorfeld des Öfteren gehört. Obwohl nämlich – ich erkläre es auch gerne – in der zukünftigen Österreichischen Gesundheitskasse und in der Pensions­ver­sicherungsanstalt kein einziger Selbstständiger beziehungsweise keine einzige Selbstständige versichert sind, erhalten Vertreter und Vertreterinnen der Wirtschafts­kammer – da haben wir sie wieder – nicht nur 50 Prozent der Mandate in den Gremien der beiden Träger, sondern verfügen dort auch faktisch über ein Vetorecht.

Auffällig ist auch, dass die Bundesregierung zwar mit Schlagworten wie Verein­heit­lichung von Leistungen und Gerechtigkeit für ihr Gesetz geworben hat und noch immer wirbt, durch das Gesetz jedoch keinerlei organisatorisch wirksamen Effizienzsteigerun­gen erreicht werden können. So kann es etwa bei der Zusammenlegung der Ver­sicherungsanstalten für Gewerbetreibende und für Bauern, Bäuerinnen oder für Beamten, Beamtinnen und für Eisenbahner schon allein deshalb keine Effizienz­stei­gerung geben, weil unterschiedliche Rechtsgrundlagen – und das sollten Sie wissen! – für diese Berufsgruppen keine sinnvolle Kooperation zulassen.

Fakt ist: Eine Vereinheitlichung von Leistungen der unterschiedlichen Kassen findet nicht statt – das festzuhalten ist mir wichtig; diese findet nicht statt –; statt einer Verein­heitlichung und Gerechtigkeit betoniert die Bundesregierung aber die Mehrklassen­medizin.

Ich habe eingangs von Verunsicherung gesprochen, und Sie könnten den Patienten und Patientinnen zumindest heute ein kleines Weihnachtsgeschenk machen und vielleicht die eine oder andere Frage beantworten, die noch immer im Raum steht und die noch immer für Aufregung sorgt. Zum einen: Wann ist mit dem erstmaligen Erlass einer Verordnung nach § 31 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes hinsichtlich der Einhebung von Selbstbehalten beim Besuch von Ärzten und Ärztinnen zu rechnen? (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Die Bundesregierung nimmt eine lineare Kostenreduktion bei den Verwaltungs- und Verrechnungskosten von 7,5 bis 30 Prozent bis zum Jahr 2023 an. Gleichzeitig werden der Österreichischen Gesundheitskasse jedoch deutlich mehr Mittel entzogen, als durch die behaupteten Einsparungen eingebracht werden können. Wie ist aus Ihrer Sicht, das ist die zweite Frage, das so entstehende Defizit in den Jahren 2019 bis 2023 abzudecken?

Weiters: Wie rechtfertigen Sie die Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern und -neh­merinnen hinsichtlich ihrer Vertretung in den Verwaltungskörpern? Und weiter: Wie rechtfertigen Sie die Stimmenmehrheit der Arbeitgebervertreter im Dachverband, obwohl nur etwa ein Sechstel aller Versicherten selbstständig ist?

Auch offengeblieben ist – und das ist für die Länderkammer besonders interessant –: § 443 ASVG sieht vor, dass die Beitragseinnahmen eines Bundeslandes auch für die Leistungen der Versicherten in diesem Bundesland aufgewandt werden müssen. Tatsächlich – das wissen Sie vielleicht – bedecken die Beitragseinnahmen jedoch nur zwischen 80 Prozent, wie in Kärnten der Fall, und 90 Prozent, wie in Salzburg der Fall, der Kosten für Gesundheitsleistungen für die Versicherten. Meine Frage: Auf welche Weise sollen Ausmaß und Qualität der Leistungen für die Versicherten sichergestellt werden, wenn die Beitragseinnahmen die Kosten für Gesundheitsleistungen nicht abdecken können? Und was sagen Sie als Ländervertreter dazu?

 


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