Parlament Österreich

 

 

 

 

Stenographisches Protokoll

 

 

 

 

 

888. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

 

 

 

Donnerstag, 20. Dezember 2018

 

 


 

Stenographisches Protokoll

888. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Donnerstag, 20. Dezember 2018

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 20. Dezember 2018: 9.02 – 20.42 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Ge­werbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Kriegs­opferversorgungsgesetz 1957, das Opferfürsorgegesetz, das Impfschadengesetz, das Verbrechensopfergesetz, das Heimopferrentengesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz und das Bezüge­ge­setz geändert werden (Pensionsanpassungsgesetz 2019 – PAG 2019)

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Freiberuflichen­Sozialver­siche­rungsgesetz, das Sozialversicherungs-Ergänzungsgesetz, das Primärversor­gungs­gesetz, das Kinderbetreuungsgeldgesetz, das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihil­fengesetz, das Dienstgeberabgabegesetz, das Bundesgesetz zur partnerschaftlichen Zielsteuerung-Gesundheit, das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstal­ten, das Bundesgesetz über die Gesundheit Österreich GmbH, das Bun­desgesetz über die Dokumentation im Gesundheitswesen, das Bundesgesetz über die Einrichtung eines Fonds zur Finanzierung privater Krankenanstalten, das Arbeits­losenversiche­rungsgesetz 1977, das Sonderunterstützungsgesetz, das Arbeitsmarkt­politik-Finanzie­rungsgesetz, das Arbeitsmarktservicegesetz, das Arbeitskräfte­überlas­sungsgesetz, das Arbeit-und-Gesundheit-Gesetz, das Ausbildungspflichtgesetz, das Dienstleistungs­scheckgesetz, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, das Ausländer­be­schäftigungs­gesetz, das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Kriegsgefan­ge­nenentschädi­gungs­gesetz, das Opferfürsorgegesetz, das Heeresentschädigungs­ge­setz, das Verbrechens­opfergesetz, das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Angestelltengesetz, das Arbeiter-Abfertigungsgesetz, das ArbeitnehmerIn­nenschutz­gesetz, das Arbeitsinspek­tions­gesetz 1993, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Arbeitszeitgesetz, das Bauarbeiter­Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, das Bauarbeiter-Schlecht­wetter­entschädigungsgesetz, das Betriebspensionsgesetz, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz, das Entgeltfortzahlungsgesetz, das Gutsangestellten­gesetz, das Hausgehilfen- und Hausangestelltengesetz, das Krankenanstalt­en­Arbeits­zeitgesetz, das Landarbeitsgesetz 1984, das Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungs­gesetz sowie das Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz geändert werden, ein Selbstän­di-


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gen-Sozialversicherungsgesetz, ein Bundesgesetz zur Überführung der Versicherungs­anstalt des österreichischen Notariates in eine Versorgungsanstalt des österreichi­schen Notariates und ein Bundesgesetz über die Versorgung für das österreichische Notariat erlassen werden sowie das Notarversicherungsgesetz 1972 aufgehoben wird (Sozialversicherungs-Organisationsgesetz – SV-OG)

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird

4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversiche­rungs­gesetz geändert werden

5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Landarbeitsgesetz 1984 und das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz geändert werden

6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz geändert wird

7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1998, das Allgemeine Sozialver­sicherungsgesetz und das Freiberuflichen-Sozialversicherungsgesetz geändert werden

8. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten geändert wird (KAKuG-Novelle 2018)

9. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Patientenverfügungs-Gesetz geändert wird (PatVG-Novelle 2018)

10. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Ge­halts­gesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richter- und Staats­anwaltschaftsdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Landesvertragslehr­perso­nen­gesetz 1966, das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrpersonen­ge­setz, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Bundesbahn-Pen­sions­gesetz, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Rechtspraktikantengesetz und das Prüfungstaxengesetz geändert werden (2. Dienstrechts-Novelle 2018)

11. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesbezügegesetz geändert wird

12. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Beschäftigung parla­mentarischer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (Parlamentsmitarbeiterinnen- und Parlamentsmitarbeitergesetz – ParlMG), BGBl. Nr. 288/1992, zuletzt geändert durch BGBl. I. Nr. 65/2015, geändert wird

13. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Übergangs­gesetz vom 1. Oktober 1920, in der Fassung des B. G. Bl. Nr. 368 vom Jahre 1925, das Bundesverfassungsgesetz betreffend Grundsätze für die Einrichtung und Ge­schäftsführung der Ämter der Landesregierungen außer Wien, das Bundesforste­gesetz 1996, das Datenschutzgesetz, das Bundesgesetzblattgesetz, das Niederlas­sungs- und Aufenthaltsgesetz und das Bundesgesetz über die Europäische Ermitt­lungs­anordnung in Verwaltungsstrafsachen geändert werden

14. Punkt: BESCHLUSS (EU, Euratom) 2018/994 DES RATES vom 13. Juli 2018 zur Änderung des dem Beschluss 76/787/EGKS, EWG, Euratom des Rates vom 20. Sep­tember 1976 beigefügten Akts zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Mitglieder des Europäischen Parlaments

15. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, die 5. Schulorgani­sations­gesetz-Novelle, das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz, das


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Schulunterrichtsgesetz, das Minderheiten-Schulgesetz für das Burgenland, das Pflicht­schulabschluss­Prüfungs-Gesetz, das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, Kollegs und Vorbereitungslehrgänge, das Schulpflichtgesetz 1985, das Schulzeitgesetz 1985, das Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz, das Privatschulgesetz, das Hochschul­gesetz 2005 und das BIFIE-Gesetz 2008 geändert werden (Pädagogikpaket 2018)

16. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002 geändert wird

17. Punkt: Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Niederösterreich über die weitere Entwicklung der Universität für Weiterbildung Krems (Donau-Universität Krems)

18. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Hochschul-Qualitätssicherungsgesetz geändert wird

19. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Studentenheimgesetz geändert wird

20. Punkt: Bundesgesetz über die Wahltage der Hochschülerinnen- und Hoch­schüler­schaftswahlen 2019

21. Punkt: Wahl der beiden Vizepräsidenten/innen, der Schriftführer/innen und der Ordner/innen für das 1. Halbjahr 2019

*****

Inhalt

Bundesrat

Schreiben des Ersten Präsidenten des Wiener Landtages betreffend Wahl eines Ersatzmitgliedes des Bundesrates .................................................................................................................... 15

Schreiben des Bundesministers für Finanzen gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG betreffend Erteilung der Vollmacht zur Aufnahme von Verhandlungen über eine Revision des Abkommens zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Volksrepublik China zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen          ............................................................................................................................... 17

Einwendungen gegen die Tagesordnung gemäß § 39 Abs. 1 GO-BR ....................... 20

RednerInnen:

David Stögmüller .................................................................................................... ..... 20

Karl Bader ................................................................................................................ ..... 21

Einwendungen finden keine Mehrheit ............................................................................ 22

Antrag des Bundesrates David Stögmüller, dem Kinderrechteausschuss zur Berichterstattung über den Selbständigen Entschließungsantrag 237/A(E)-BR/2017 der BundesrätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Hilfen für junge Erwachsene“ gemäß § 45 Abs. 3 GO-BR eine Frist bis 14. Februar 2019 zu setzen – Ablehnung .................................................................................  22, 202

Antrag des Bundesrates David Stögmüller, dem Kinderrechteausschuss zur Berichterstattung über den Selbständigen Entschließungsantrag 252/A(E)-BR/2018 der BundesrätInnen Inge Posch-Gruska, David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Erhalt des Kinderbetreuungsgeldes für Krisenpflege­eltern“


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gemäß § 45 Abs. 3 GO-BR eine Frist bis 14. Februar 2019 zu setzen – Ab­lehnung  23, 202

Verlangen des Bundesrates David Stögmüller gemäß § 54 Abs. 2 GO-BR, bei der Bekanntgabe des Abstimmungsergebnisses zu Tagesordnungspunkt 13 auch die Anzahl der „Für“- und „Gegen“-Stimmen bekannt zu geben ......................................................................................................... 120

21. Punkt: Wahl der beiden Vizepräsidenten/innen, der Schriftführer/innen und der Ordner/innen für das 1. Halbjahr 2019 ........................................................................................................... 200

Verlesung der vorgesehenen Fassung des Amtlichen Protokolls dieser Sitzung durch Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M. ....................................................................................... 202

Genehmigung des Amtlichen Protokolls .................................................................... 206

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 13

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse ............................................................................ 20

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 13

Dringliche Anfrage

der BundesrätInnen Martin Weber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­minister für Inneres betreffend „unverhältnismäßiger Einsatz beim Wiener Derby“ (3605/J-BR/2018) .................... ... 128

Begründung: Reinhard Todt ....................................................................................... 129

Bundesminister Herbert Kickl .................................................................................. 130

Debatte:

Martin Weber ........................................................................................................... ... 137

Armin Forstner, MPA ............................................................................................. ... 140

Martin Weber (tatsächliche Berichtigung) ................................................................... 142

Monika Mühlwerth ...................................................................................................... 142

Bundesminister Herbert Kickl .........................................................................  145, 156

Mag. Dr. Ewa Dziedzic ........................................................................................... ... 146

Georg Schuster .......................................................................................................... 151

Andreas Arthur Spanring .......................................................................................... 153

Wolfgang Beer ........................................................................................................ ... 154

Verhandlungen

1. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Ge­werb­liche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Opferfürsorgegesetz, das Impf­scha­den­­gesetz, das Verbrechensopfergesetz, das Heimopferrentengesetz, das Pen­sions­gesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Bundesbahn-Pensions­gesetz und das Bezügegesetz geändert werden (Pensionsanpassungs­ge­setz 2019 – PAG 2019) (293 d.B. und 363 d.B. sowie 10053/BR d.B. und 10069/BR d.B.) ............................................................................................................... 23


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Berichterstatter: Ing. Bernhard Rösch ......................................................................... 23

RednerInnen:

Dr. Gerhard Leitner ................................................................................................ ..... 24

Marlies Steiner-Wieser ........................................................................................... ..... 25

Dr. Andrea Eder-Gitschthaler ............................................................................... ..... 27

Ing. Bernhard Rösch .............................................................................................. ..... 29

Bundesministerin Mag. Beate Hartinger-Klein ................................................... ..... 30

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ..................................................................................................... 31

2. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 13. Dezember 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Ge­werbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Freiberuf­lichen­So­zial­versicherungsgesetz, das Sozialversicherungs-Ergänzungsgesetz, das Primär­ver­sor­gungsgesetz, das Kinderbetreuungsgeldgesetz, das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz, das Dienstgeberabgabegesetz, das Bundesgesetz zur partnerschaftlichen Zielsteuerung-Gesundheit, das Bundesgesetz über Kran­kenanstalten und Kuranstalten, das Bundesgesetz über die Gesundheit Österreich GmbH, das Bundesgesetz über die Dokumentation im Gesundheits­wesen, das Bundesgesetz über die Einrichtung eines Fonds zur Finanzierung privater Krankenanstalten, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Son­der­unterstützungsgesetz, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Ar­beitsmarktservicegesetz, das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz, das Arbeit-und-Gesundheit-Gesetz, das Ausbildungspflichtgesetz, das Dienstleistungsscheck­gesetz, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, das Ausländerbeschäftigungs­gesetz, das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Kriegsgefangenenentschä­digungsgesetz, das Opferfürsorgegesetz, das Heeresentschädigungsgesetz, das Verbrechensopfergesetz, das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Ange­stelltengesetz, das Arbeiter-Abfertigungsgesetz, das ArbeitnehmerInnenschutz­gesetz, das Arbeitsinspektionsgesetz 1993, das Arbeitsvertragsrechts-Anpas­sungsgesetz, das Arbeitszeitgesetz, das Bauarbeiter­Urlaubs- und Abfertigungs­gesetz, das Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetz, das Betriebspen­sions­gesetz, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz, das Entgeltfortzahlungsgesetz, das Gutsangestelltengesetz, das Hausgehilfen- und Hausangestelltengesetz, das Krankenanstalten­Arbeitszeitgesetz, das Landar­beits­gesetz 1984, das Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz sowie das Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz geändert werden, ein Selbständigen-Sozialver­sicherungsgesetz, ein Bundesgesetz zur Überführung der Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates in eine Versorgungsanstalt des österreichischen Notariates und ein Bundesgesetz über die Versorgung für das österreichische Notariat erlassen werden sowie das Notarversicherungsgesetz 1972 aufgehoben wird (Sozialversicherungs-Organisationsgesetz – SV-OG) (329 d.B. und 413 d.B. sowie 10079/BR d.B. und 10082/BR d.B.) ................................ 31

Berichterstatterin: Marlies Steiner-Wieser ................................................................... 31

RednerInnen:

Korinna Schumann ................................................................................................. ..... 32

Rosa Ecker, MBA .................................................................................................... ..... 34

Mag. Dr. Ewa Dziedzic ........................................................................................... ..... 36

Karl Bader (tatsächliche Berichtigung) ......................................................................... 39

Sandra Kern ............................................................................................................ ..... 39

Dr. Gerhard Leitner ................................................................................................ ..... 43

Ing. Bernhard Rösch .............................................................................................. ..... 45


BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 6

Eva Prischl ............................................................................................................... ..... 47

Mag. Christian Buchmann ..................................................................................... ..... 49

Reinhard Todt ......................................................................................................... ..... 50

Dr. Peter Raggl ............................................................................................................. 52

Günther Novak ........................................................................................................ ..... 53

Bundesministerin Mag. Beate Hartinger-Klein ................................................... ..... 54

Entschließungsantrag der BundesrätInnen Karl Bader, Monika Mühlwerth, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Leistungssicherungsrücklagen der Gebiets­krankenkassen“ – Annahme (E 256-BR/2018)    42, 56

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ..................................................................................................... 56

Gemeinsame Beratung über

3. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 13. Dezember 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (338 d.B. und 414 d.B. sowie 10080/BR d.B. und 10083/BR d.B.) ............................................................................................................... 56

Berichterstatter: Christoph Längle, BA ....................................................................... 57

4. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 13. Dezember 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallver­siche­rungsgesetz geändert werden (415 d.B. sowie 10084/BR d.B.) ...... 57

Berichterstatter: Christoph Längle, BA ....................................................................... 57

RednerInnen:

Korinna Schumann ................................................................................................. ..... 57

Rosa Ecker, MBA .................................................................................................... ..... 59

Ing. Eduard Köck .................................................................................................... ..... 60

Ing. Bernhard Rösch .............................................................................................. ..... 62

Michael Wanner (tatsächliche Berichtigung) ................................................................ 63

Bundesministerin Mag. Beate Hartinger-Klein ......................................................... 63

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 3, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................... 64

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 4, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................... 64

5. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 13. Dezember 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Landarbeitsgesetz 1984 und das Insolvenz-Entgelt­sicherungsgesetz geändert werden (376 d.B. und 416 d.B. sowie 10085/BR d.B.) ..................................................................................................... 64

Berichterstatterin: Rosa Ecker, MBA ............................................................................ 64

RednerInnen:

Korinna Schumann ................................................................................................. ..... 65

Christoph Längle, BA .................................................................................................. 66

Andrea Wagner ............................................................................................................. 67

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ..................................................................................................... 68

6. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 13. Dezember 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz geändert wird (504/A und 417 d.B. sowie 10078/BR d.B. und 10086/BR d.B.) ................................................................................................................................... ..... 68


BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 7

Berichterstatterin: Rosa Ecker, MBA ............................................................................ 68

RednerInnen:

Dr. Gerhard Leitner ................................................................................................ ..... 69

Ing. Bernhard Rösch .............................................................................................. ..... 70

Mag. Dr. Ewa Dziedzic ........................................................................................... ..... 71

Ing. Bruno Aschenbrenner .................................................................................... ..... 72

Christoph Längle, BA ............................................................................................. ..... 74

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ..................................................................................................... 74

7. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 13. Dezember 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1998, das Allgemeine Sozialversiche­rungsgesetz und das Freiberuflichen-Sozialversicherungsgesetz geändert wer­den (385 d.B. und 438 d.B. sowie 10081/BR d.B. und 10116/BR d.B.) ......................................................................................................................................... 74

Berichterstatter: Christoph Steiner .............................................................................. 75

RednerInnen:

Thomas Schererbauer ............................................................................................ ..... 75

Ferdinand Tiefnig .................................................................................................... ..... 76

Stefan Schennach ................................................................................................... ..... 78

Bundesministerin Mag. Beate Hartinger-Klein ................................................... ..... 79

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ..................................................................................................... 79

8. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 13. Dezember 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kur­anstalten geändert wird (KAKuG-Novelle 2018) (374 d.B. und 439 d.B. sowie 10117/BR d.B.) ...................................................................................... 79

Berichterstatter: Thomas Schererbauer ...................................................................... 80

RednerInnen:

Michael Wanner ....................................................................................................... ..... 80

Christoph Steiner ................................................................................................... ..... 82

Anton Froschauer ................................................................................................... ..... 84

Martin Preineder ..................................................................................................... ..... 85

Bundesministerin Mag. Beate Hartinger-Klein ................................................... ..... 87

Entschließungsantrag der BundesrätInnen Karl Bader, Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Keine Benachteiligung von Patient/innen der allgemeinen Gebührenklasse beim Zugang zu medizinischen Leistungen in LKF-finanzierten Krankenanstalten“ – Annahme (E 257-BR/2018)                83, 87

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ..................................................................................................... 87

9. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 13. Dezember 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Patientenverfügungs-Gesetz geändert wird (PatVG-Novelle 2018) (337 d.B. und 440 d.B. sowie 10118/BR d.B.) ............................................................................................................... 87

Berichterstatter: Christoph Steiner .............................................................................. 88

RednerInnen:

Gerd Krusche .......................................................................................................... ..... 88

Klara Neurauter ....................................................................................................... ..... 89


BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 8

Ewald Lindinger ...................................................................................................... ..... 89

Ingo Appé ................................................................................................................ ..... 91

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ..................................................................................................... 92

10. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 12. Dezember 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehalts­ge­setz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richter- und Staatsan­waltschaftsdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Landesvertragslehr­perso­nengesetz 1966, das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertrags­lehr­personengesetz, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, die Reisegebüh­ren­vorschrift 1955, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheater­pensions­ge­setz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Rechtspraktikantengesetz und das Prü­fungstaxengesetz geändert werden (2. Dienstrechts-Novelle 2018) (352 d.B. und 464 d.B. sowie 10074/BR d.B. und 10101/BR d.B.) ................................ 92

Berichterstatter: Christoph Längle, BA ....................................................................... 92

RednerInnen:

Dr. Andrea Eder-Gitschthaler ............................................................................... ..... 93

Elisabeth Grimling .................................................................................................. ..... 94

Andreas Arthur Spanring ............................................................................................ 95

Mag. Elisabeth Grossmann ......................................................................................... 97

Vizekanzler Heinz-Christian Strache ................................................................... ..... 98

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................................................... 102

Gemeinsame Beratung über

11. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 12. Dezember 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesbezügegesetz geändert wird (500/A und 467 d.B. sowie 10102/BR d.B.) ....... 103

Berichterstatter: Christoph Längle, BA ..................................................................... 103

12. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 12. Dezember 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Beschäftigung parlamenta­rischer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (Parlamentsmitarbeiterinnen- und Parla­mentsmitarbeitergesetz – ParlMG), BGBl. Nr. 288/1992, zuletzt geändert durch BGBl. I. Nr. 65/2015, geändert wird (468 d.B. sowie 10103/BR d.B.)                       103

Berichterstatter: Christoph Längle, BA ..................................................................... 103

RednerInnen:

Karl Bader ................................................................................................................ ... 103

Elisabeth Grimling .................................................................................................. ... 104

Monika Mühlwerth .................................................................................................. ... 105

Mag. Elisabeth Grossmann ................................................................................... ... 106

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 11, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................. 107

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 12, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................. 107


BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 9

13. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 13. Dezember 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Übergangsgesetz vom 1. Oktober 1920, in der Fassung des B. G. Bl. Nr. 368 vom Jahre 1925, das Bundesverfassungsgesetz betreffend Grundsätze für die Einrichtung und Geschäftsführung der Ämter der Landesregierungen außer Wien, das Bun­desforstegesetz 1996, das Datenschutzgesetz, das Bundesgesetzblattgesetz, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz und das Bundesgesetz über die Europäische Ermittlungsanordnung in Verwaltungsstrafsachen geändert werden (301 d.B. und 463 d.B. sowie 10104/BR d.B.) ............................................................. 107

Berichterstatter: Martin Preineder .............................................................................. 108

RednerInnen:

David Stögmüller .................................................................................................... ... 108

Bundesminister Dr. Josef Moser .......................................................................... ... 112

Klara Neurauter ....................................................................................................... ... 115

Stefan Schennach ................................................................................................... ... 116

Mag. Dr. Michael Raml ............................................................................................ ... 118

Entschließungsantrag der BundesrätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend „qualitative Weiterentwicklung und österreichweite hohe Stan­dards in der Kinder- und Jugendhilfe im Sinne der UN-Kinderrechts­kon­ven­tion sicherstellen“ – Unterstützungsfrage – nicht genügend unterstützt          111, 112, 112

Antrag des Bundesrates David Stögmüller, den Tagesordnungspunkt 13: Be­schluss des Nationalrates vom 13. Dezember 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Übergangsgesetz vom 1. Oktober 1920, in der Fassung des B. G. Bl. Nr. 368 vom Jahre 1925, das Bundesverfas­sungsgesetz betreffend Grundsätze für die Einrichtung und Geschäftsführung der Ämter der Landesregierungen außer Wien, das Bundesforstegesetz 1996, das Datenschutzgesetz, das Bundesgesetzblattgesetz, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz und das Bundesgesetz über die Europäische Ermittlungs­anord­nung in Verwaltungsstrafsachen geändert werden (301 d.B. und 463 d.B. so­wie 10104/BR d.B.), gemäß § 51 Abs. 1 GO-BR zu vertagen – Ablehnung ............  119, 119

Annahme des Antrages des Berichterstatters, 1. gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen ............................................................... 120

14. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 13. Dezember 2018 betreffend BESCHLUSS (EU, Euratom) 2018/994 DES RATES vom 13. Juli 2018 zur Änderung des dem Beschluss 76/787/EGKS, EWG, Euratom des Rates vom 20. September 1976 beigefügten Akts zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Mitglieder des Europäischen Parlaments (384 d.B. und 466 d.B. sowie 10105/BR d.B.)      ............................................................................................................................. 120

Berichterstatterin: Klara Neurauter ............................................................................. 120

RednerInnen:

Martin Preineder ..................................................................................................... ... 121

Stefan Schennach ................................................................................................... ... 122

Christoph Längle, BA ............................................................................................. ... 122

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 23i Abs. 4 B-VG in Verbindung mit Art. 50 Abs. 4 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen    ............................................................................................................................. 123


BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 10

15. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 12. Dezember 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, die 5. Schulorganisations­gesetz-Novelle, das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz, das Schulunterrichtsgesetz, das Minderheiten-Schulgesetz für das Burgenland, das Pflichtschulabschluss­Prüfungs-Gesetz, das Schulunterrichtsgesetz für Berufs­tätige, Kollegs und Vorbereitungslehrgänge, das Schulpflichtgesetz 1985, das Schulzeitgesetz 1985, das Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz, das Privat­schul­gesetz, das Hochschulgesetz 2005 und das BIFIE-Gesetz 2008 geändert werden (Pädagogikpaket 2018) (373 d.B. und 450 d.B. sowie 10100/BR d.B.) .......... 123

Berichterstatterin: Klara Neurauter ............................................................................. 124

RednerInnen:

Mag. Daniela Gruber-Pruner ................................................................................. ... 124

Dr. Andrea Eder-Gitschthaler ............................................................................... ... 127

David Stögmüller .................................................................................................... ... 157

Monika Mühlwerth .................................................................................................. ... 158

Doris Hahn, MEd MA .............................................................................................. ... 161

Sandra Kern ............................................................................................................ ... 164

Christoph Steiner ................................................................................................... ... 166

Mag. Doris Schulz ................................................................................................... ... 168

Josef Ofner .............................................................................................................. ... 170

Bundesminister Dr. Heinz Faßmann .................................................................... ... 172

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................................................... 174

Gemeinsame Beratung über

16. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 12. Dezember 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002 geändert wird (378 d.B. und 442 d.B. sowie 10106/BR d.B.)                     174

Berichterstatterin: Elisabeth Mattersberger ............................................................... 175

17. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 12. Dezember 2018 betreffend Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Niederösterreich über die weitere Entwicklung der Universität für Weiterbildung Krems (Donau-Universität Krems) (383 d.B. und 443 d.B. sowie 10107/BR d.B.)               ............................................................................................................................. 174

Berichterstatterin: Elisabeth Mattersberger ............................................................... 175

RednerInnen:

Doris Hahn, MEd MA .............................................................................................. ... 175

Ing. Eduard Köck .................................................................................................... ... 176

David Stögmüller ........................................................................................................ 178

Andreas Arthur Spanring .......................................................................................... 178

Andrea Wagner ........................................................................................................... 179

Bundesminister Dr. Heinz Faßmann .................................................................... ... 181

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 16, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................. 181

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 17, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................. 181

18. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 12. Dezember 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hochschul-Qualitätssicherungsgesetz geändert wird (485/A und 444 d.B. sowie 10073/BR d.B. und 10108/BR d.B.) ............................................................................................................. 182


BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 11

Berichterstatterin: Dr. Andrea Eder-Gitschthaler ..................................................... 182

RednerInnen:

Mag. Doris Schulz ................................................................................................... ... 182

Mag. Daniela Gruber-Pruner ................................................................................. ... 184

Armin Forstner, MPA ............................................................................................. ... 184

Reinhard Todt ......................................................................................................... ... 186

Karl Bader ................................................................................................................ ... 188

Monika Mühlwerth .................................................................................................. ... 189

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................................................... 190

19. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 12. Dezember 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Studentenheimgesetz geändert wird (353 d.B. und 445 d.B. sowie 10109/BR d.B.)                         191

Berichterstatterin: Dr. Andrea Eder-Gitschthaler ..................................................... 191

RednerInnen:

Mag. Daniela Gruber-Pruner ................................................................................. ... 191

Marianne Hackl ........................................................................................................ ... 192

Gerd Krusche .......................................................................................................... ... 193

David Stögmüller .................................................................................................... ... 193

Bundesminister Dr. Heinz Faßmann .................................................................... ... 194

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................................................... 194

20. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 12. Dezember 2018 betreffend ein Bundesgesetz über die Wahltage der Hochschülerinnen- und Hochschüler­schaftswahlen 2019 (499/A und 446 d.B. sowie 10110/BR d.B.) ............................................................................................................. 195

Berichterstatterin: Dr. Andrea Eder-Gitschthaler ..................................................... 195

RednerInnen:

Doris Hahn, MEd MA .............................................................................................. ... 195

Mag. Marlene Zeidler-Beck, MBA .......................................................................... ... 196

David Stögmüller .................................................................................................... ... 197

Gerd Krusche .......................................................................................................... ... 199

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................................................... 200

Eingebracht wurden

Anfragen der BundesrätInnen

Martin Weber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „unverhältnismäßiger Einsatz im Wiener Derby“ (3605/J-BR/2018)

Ingo Appé, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Bearbeitungsrückstand bei der Neufestsetzung der Einheitswerte in Kärnten (3606/J-BR/2018)


BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 12

Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus betreffend gekürzte Mittel bei der Förderung des intermodalen Verkehrswesens des BMNT (3607/J-BR/2018)

Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus betreffend Normalisierung des Antisemitismus (3608/J-BR/2018)

Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Mitglied des Facebook-Auftrittes des Bundesministerium für Inneres (3609/J-BR/2018)

Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Massive Sicherheitslücke bei der informellen Tagung der EU-Außenministerinnen und ‑minister in Wien (3610/J-BR/2018)

Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend rechtswidrige Rückforderung von Kinderbetreuungsgeld durch die SVA (3611/J-BR/2018)

David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nach­haltigkeit und Tourismus betreffend Atomtransporte in Österreich (3612/J-BR/2018)

David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Evaluierung des Bildungskompasses (3613/J-BR/2018)

Mag. Dr. Ewa Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend „Kassenreform“ (3614/J-BR/2018)

 


 


BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 13

09.02.25Beginn der Sitzung: 9.02 Uhr

Vorsitzende: Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M., Vizepräsident Ewald Lindinger.

*****


Vizepräsident Ewald Lindinger: Ich eröffne die 888. Sitzung des Bundesrates.

Als verhindert gemeldet sind die Mitglieder des Bundesrates Mag. Martina Ess, Frau Präsidentin Inge Posch-Gruska und Sonja Zwazl.

09.02.41Einlauf und Zuweisungen


Vizepräsident Ewald Lindinger: Hinsichtlich der eingelangten, vervielfältigten und verteilten Anfragebeantwortungen,

der Bekanntgabe des Aufenthalts eines Mitglieds der Bundesregierung in einem anderen Mitgliedstaat der EU beziehungsweise

der Vertretungsmeldungen der Mitglieder der Bundesregierung

verweise ich gemäß § 41 Abs. 1 der Geschäftsordnung auf die bereits gestern im Saal verteilten Mitteilungen der 887. und der 888. Sitzung des Bundesrates.

Eingelangt ist ein Schreiben des Bundesministers für Finanzen gemäß Art. 50 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz betreffend Aufnahme von Verhandlungen über eine Re­vision des Abkommens zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Volksrepublik China zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen.

Weiters eingelangt ist ein Schreiben des Wiener Landtages betreffend Wahl eines Ersatzmitglieds des Bundesrates.


BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 14

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:


BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 15


BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 16

(Teile dieser Anlage werden aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht veröffentlicht.)

*****


BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 17

Schreiben des Bundesministers für Finanzen gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG:


BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 18


BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 19


BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 20

*****

(Weitere schriftliche Mitteilungen siehe 887. Sitzung des Bundesrates.)

*****


Vizepräsident Ewald Lindinger: Eingelangt und den zuständigen Ausschüssen zuge­wiesen wurden jene Beschlüsse des Nationalrates, die Gegenstand der heutigen Tagesordnung sind.

Die Ausschüsse haben ihre Vorberatungen abgeschlossen und schriftliche Ausschuss­berichte erstattet.

Ich habe die zuvor genannten Verhandlungsgegenstände auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.

09.04.06Einwendungen gegen die Tagesordnung gemäß § 39 Abs. 1 GO-BR


Vizepräsident Ewald Lindinger: Es liegen Einwendungen gegen die Tagesordnung vor.

Hierüber wird eine Debatte verlangt. Gemäß § 39 Abs. 1 der Geschäftsordnung be­schränke ich die Redezeit eines jeden Redners in dieser Debatte auf 5 Minuten.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat David Stögmüller. – Bitte.


9.04.39

Bundesrat David Stögmüller (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Grüß Gott, Frau Ministerin Hartinger-Klein! Wir Grüne erheben heute Einwendungen gegen die Tagesordnung, und diese beziehen sich auf den Tagesordnungspunkt 13. Es geht um das Bundes-Verfassungsgesetz, der Arti­kel 12 der Bundesverfassung soll geändert werden. Dieser Artikel regelt die Kom­petenzverteilung zwischen Bund und Ländern.

Ein Punkt, der heute beschlossen werden soll, ist unter anderem die Verländerung der Kinder- und Jugendhilfe. Auf die inhaltliche Kritik dieser Gesetzesnovelle will ich jetzt gar nicht eingehen, sondern vielmehr auf das Prozedere hinsichtlich der Vorgangs­weise.

Mir geht es heute um das Grundlegende, um die Wertschätzung der Bundesregierung gegenüber dem Parlament und auch dem Bundesrat. Der Bundesrat steht immer wieder in der Kritik: Wofür brauchen wir ihn? Was bringt er überhaupt, er kann nur ein Veto einlegen, er kann eh nichts tun?! – Diese Fragen muss man sich im Bundesrat auch manchmal stellen, wenn solche Änderungen des Bundes-Verfassungsgesetzes wie jene des Artikel 12, die vorgestern ohne irgendeine Debatte durch den Ausschuss geschleust worden ist, vorgenommen werden.

Ich möchte schon daran erinnern, dass der Bundesrat die Länderkammer dieser Re­publik ist. Er diskutiert und vertritt die Interessen der Bundesländer und entscheidet für die Bundesländer, welche Gesetze, welche nationalen Gesetze für sie gut oder nicht gut sind. Ein Gesetz, mit dem die Kompetenzen zwischen Bund und Ländern ver­schoben werden – und das bei einem so umstrittenen Punkt wie der Kinder- und Jugendhilfe, der heute ansteht, bei dem es überhaupt keine Vorteile bringt, dass die Kompetenzen zu den Ländern wandern –, bei dessen Diskussion nicht einmal ein Vertreter der Regierung anwesend war, es kein Hearing von Expertinnen und Experten


BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 21

gegeben hat und wir als Bundesrat uns nicht intensiver mit dem Thema aus­einandergesetzt haben, jetzt einfach durchzuwinken, ist für uns inakzeptabel. Ich bin davon überzeugt, dass der Bundesrat eine gute und wichtige Institution ist, als Zu­kunfts­kammer, als Europakammer und eben auch – und das ist unsere verfassungs­rechtliche Verantwortung – als Länderkammer.

Wir haben schon bei der Angelobung die stete und volle Beobachtung der Verfas­sungsgesetze geschworen. Gerade bei diesem Gesetz kommt dem Bundesrat eine besondere verfassungsrechtliche Bedeutung zu; definitiv mehr, als dem Nationalrat eigentlich zukommen würde, denn es geht dabei um eine Verschiebung von Kompe­tenzen in die Länder.

Und ganz ehrlich: Das Vorgehen im Ausschuss war eine Farce, nämlich ohne Vertreter der Bundesregierung, nur mit einem Beamten über eine Änderung des Bundes-Ver­fassungsgesetzes zu diskutieren, bei dem wir als Bundesrat wirklich einmal mitreden könnten, das wir wirklich auch einmal diskutieren könnten, ja, ablehnen könnten oder sagen könnten: Okay, das ist ein gutes Gesetz, dem stimmen wir zu! Da aber nur einen Beamten reinzusetzen, um zu diskutieren, ohne politische Aussage, obwohl wir wissen, dass in dieser Bundesregierung politische Aussagen wichtiger sind als irgend­welche empirischen Aussagen, also dazu muss ich sagen, ich würde darüber gerne auch politisch diskutieren.

Deswegen fordere ich als Einwender die werten Kolleginnen und Kollegen hier im Bun­desrat auf, den Tagesordnungspunkt zu vertagen. Den diesbezüglichen Geschäftsord­nungsantrag habe ich schon eingebracht, nämlich um den zuständigen Ausschuss erneut mit der Vorberatung und einem Hearing von Expertinnen und Experten, auch bei Anwesenheit der zuständigen Minister, das wären Moser als Justizminister und Bogner-Strauß als Jugendministerin, zu betrauen – ein geeignetes Prozedere, das ein derartiges Gesetz auch wirklich verdient und wodurch auch der Bundesrat wert­ge­schätzt wird.

Ich kann dieser Tagesordnung leider nicht zustimmen. Ich würde es gut finden, würdet ihr einem erneuten Betrauen des Ausschusses mit dieser Angelegenheit zustimmen. Danke. (Beifall der Bundesrätin Dziedzic.)

9.08


Vizepräsident Ewald Lindinger: Gibt es dazu weitere Wortmeldungen? (Bundesrat Bader hebt die Hand.) – Bitte.


9.08.27

Bundesrat Karl Bader (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann die Ein­wendungen gegen die Tagesordnung des Kollegen Stögmüller in keiner Weise nach­vollziehen. Es hat genauso wie bei anderen Gesetzen auch bei dieser Geset­zes­vorlage die klaren Verfahrensabläufe gegeben. Gerade bei diesem Gesetz hat es bereits im Vorfeld, vor Befassung des Bundesrates, Diskussionen gegeben, es hat Gespräche zwischen der Bundesregierung, dem Vertreter der Regierung auf der einen Seite und den Ländervertretern auf der anderen Seite gegeben, und es ist gerade bei diesem Tagesordnungspunkt, bei dem es um die Kinder- und Jugendhilfe geht, auch sehr, sehr genau hingeschaut worden.

Es ist auch mit den Fraktionen klar geregelt worden, dass entsprechende Maßnahmen gesetzt werden und diese Kinder- und Jugendhilfe erst dann in die Länderkompetenz übertragen wird, wenn diese angesprochene und ausgehandelte 15a-Vereinbarung rechtskräftig ist. Daher sehe ich keine Gefahren, ich sehe auch in keiner Weise irgendeine Diskreditierung des Bundesrates; so viel Selbstwertgefühl habe ich, haben


BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 22

wir betreffend diesen Tagesordnungspunkt, und daher kann ich in jedem Fall nur dagegen auftreten, die Tagesordnung zu ändern.

Auf der anderen Seite möchte ich aber auch klar anmerken: Es ist hier nie um ein Durchschleusen durch den Ausschuss gegangen! Du (in Richtung Bundesrat Stögmüller) warst selbst auch im Ausschuss, es geht nicht unbedingt darum, etwas durchzuwinken, sondern darum, das, was vorbereitet ist, im parlamentarischen Prozess im Bundesrat entsprechend zu diskutieren. Dazu haben wir Gelegenheit, es kann jeder seine Meinung dazu äußern. Ich denke, dass das das ist, was wir zu tun haben, und diese Aufgabe nehmen wir wahr.

Ich kann nur zur Kenntnis nehmen, dass diese Einwendungen gegen die Tages­ordnung dem geschuldet sind, dass heute der ORF diese Sitzung überträgt. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

9.10

09.10.27


Vizepräsident Ewald Lindinger: Mir liegen dazu keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Ich trete den Einwendungen gegen die Tagesordnung nicht bei.

Somit kommen wir zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die den erhobenen Einwendungen zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Minderheit. Somit bleibt es bei der schriftlich ausgegebenen Tagesordnung.

09.11.01Behandlung der Tagesordnung


Vizepräsident Ewald Lindinger: Aufgrund eines mir zugekommenen Vorschlags beabsichtige ich, die Debatte über die Tagesordnungspunkte 3 und 4, 11 und 12 sowie 16 und 17 jeweils unter einem zu verhandeln.

Erhebt sich dagegen ein Einwand? – Das ist nicht der Fall.

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage


Vizepräsident Ewald Lindinger: Bevor wir in die Tagesordnung eingehen, gebe ich bekannt, dass mir ein Verlangen im Sinne des § 61 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf dringliche Behandlung der schriftlichen Anfrage der Bundesräte Martin Weber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „unverhältnismäßiger Einsatz beim Wiener Derby“ vorliegt.

Im Sinne des § 61 Abs. 4 der Geschäftsordnung verlege ich die Behandlung an den Schluss der Sitzung, aber nicht über 16 Uhr hinaus.

Fristsetzungsanträge


Vizepräsident Ewald Lindinger: Vor Eingang in die Tagesordnung gebe ich bekannt, dass die Bundesräte David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen einen Fristset­zungs­antrag gemäß § 45 Abs. 3 der Geschäftsordnung eingebracht haben, wonach dem Kinderrechteausschuss zur Berichterstattung über den Entschließungsantrag der Bundesräte David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Hilfen für junge Erwachsene“ eine Frist bis 14. Februar 2019 gesetzt werden soll.


BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 23

Den Bestimmungen der Geschäftsordnung entsprechend werde ich den Fristsetzungs­antrag nach Erledigung der Tagesordnung zur Abstimmung bringen.

*****

Vor Eingang in die Tagesordnung gebe ich weiters bekannt, dass Bundesrat David Stögmüller einen Fristsetzungsantrag gemäß § 45 Abs. 3 der Geschäftsordnung ein­gebracht hat, wonach dem Kinderrechteausschuss zur Berichterstattung über den Ent­schließungsantrag der Bundesräte Inge Posch-Gruska, David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Erhalt des Kinderbetreuungsgeldes für Krisenpflegeeltern“ eine Frist bis 14. Februar 2019 gesetzt werden soll.

Den Bestimmungen der Geschäftsordnung entsprechend werde ich den Fristsetzungs­antrag nach Erledigung der Tagesordnung zur Abstimmung bringen.

09.13.151. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2018 betreffend ein Bun­des­gesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Kriegs­opfer­versorgungsgesetz 1957, das Opferfürsorgegesetz, das Impfschaden­ge­setz, das Verbrechensopfergesetz, das Heimopferrentengesetz, das Pensions­gesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsge­setz und das Bezügegesetz geändert werden (Pensionsanpassungsgesetz 2019 – PAG 2019) (293 d.B. und 363 d.B. sowie 10053/BR d.B. und 10069/BR d.B.)


Vizepräsident Ewald Lindinger: Wir gehen in die Tagesordnung ein und gelangen zu deren 1. Punkt.

Zu diesem Tagesordnungspunkt begrüße ich Frau Bundesministerin Mag. Beate Hartinger-Klein. – Herzlich willkommen. (Allgemeiner Beifall.)

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Ing. Bernhard Rösch. Ich bitte um den Bericht.


9.13.46

Berichterstatter Ing. Bernhard Rösch: Wertes Präsidium! Sehr geehrte Frau Minister Hartinger-Klein! Sehr geehrte Zuseher! Ich erstatte den Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über den Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2018 betreffend das Pensionsanpassungsgesetz 2019.

„Mit dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates wird die von der Bundesregierung am 22. August 2018 in Aussicht gestellte Pensionsanpassung für das Jahr 2019 umgesetzt.

Darüber hinaus werden Klarstellungen bezüglich der Anpassung von Pensions­leistun­gen, die wegen Erwerbstätigkeit weggefallen oder wegen Rehabilitationsmaßnahmen noch nicht angefallen sind bzw. für die sich zum Anpassungszeitpunkt kein Aus­zahlungsbetrag ergibt getroffen.“

Der Bericht liegt in schriftlicher Form vor; ich komme daher zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Dezember 2018 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben. Ich bitte, die erforderliche Zustimmung dazu zu erteilen.


Vizepräsident Ewald Lindinger: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.


BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 24

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Gerhard Leitner. Ich erteile dieses.


9.15.28

Bundesrat Dr. Gerhard Leitner (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Widmet man sich den Fragen der Pensionserhöhung nach dem Pensionsanpassungsgesetz 2019, sind für mich zur Beurteilung in dieser Sache zwei wesentliche Aspekte zu erkennen. Erstens geht es um die Zuerkennung der Höhe der Pensionen, und zweitens geht es um die Art und Weise, die Vorge­hensweise, die für das Zustandekommen der Erhöhung gewählt wurde.

Zum Ersten: Die von Regierungsseite hochbejubelte Pensionserhöhung ist stark zu relativieren. Die ausgepriesene Erhöhung um 2,6 Prozent gilt für die Ausgleichs­zula­gen­richtsätze und Pensionen bis 1 115 Euro. Linear sinkt der Anpassungsfaktor bis zu einer Pension von 1 500 Euro ab, anschließend bis zur ASVG-Höchstpension gibt es einen Pauschalbetrag von 68 Euro. Betrachtet man die tatsächliche Teuerung in Höhe von 4,4 Prozent für das Jahr 2019 und zieht die 2,6 Prozent ab, verbleibt ein Kaufkraftverlust von 1,8 Prozent. Auf den wöchentlichen Einkauf projiziert wirkt sich die Teuerung noch viel stärker aus und beträgt 3,9 Prozent.

Es handelt sich also um einen massiven Kaufkraftverlust, insbesondere für die ältere Generation mit niedrigen Pensionen. In konkreten Zahlen ausgedrückt heißt das: Bei einer Preissteigerung von 40 Euro beim täglichen Einkauf und einer Abgeltung von 21 Euro ist der Kaufkraftverlust eklatant erkennbar. Als Faktum ist festzustellen: Die ältere Generation ist dieser Regierung nicht das wert, was ihr gebührt. Diese Pen­sionserhöhung zu umjubeln und als positiv zu vermarkten, ist an sich nicht angebracht. (Beifall bei der SPÖ.)

Gerade in einer Zeit der Hochkonjunktur in unserem Lande, in einer Zeit der hohen Steuereinnahmen sollte es doch möglich sein, jenen Menschen, die ein Leben lang fleißig gearbeitet und ihre Leistungen erbracht haben, eine höhere Pensionsanpassung zu gewähren.

Es wird den Menschen vorgegaukelt, dass sie sich jetzt mehr leisten können als bisher. Wer die Zahlen kennt, weiß, dass das einfach nicht die Wahrheit ist. Das sind voll­mundige Aussagen, die nicht stimmen. Es ist daher die absolute Forderung unserer­seits, die Abgeltung der realen Nettoteuerung zu verlangen und eine Erhöhung von 4 Prozent. Wenn die Frau Sozialministerin behauptet, dass es ihr oberstes Ziel ist, die Versorgung in Österreich sicherzustellen, so hätte sie jetzt beste Gelegenheit dazu.

Der zweite Aspekt, den es hier aufzuzeigen gilt, ist jener des Zustandekommens dieser Pensionserhöhung. Man könnte den Eindruck haben, es handelt sich um eine Laune des Herrn Bundeskanzlers, der eines Morgens für sich beschlossen hat, wie die Pensionserhöhung auszufallen hat; nicht anders ist diese Vorgehensweise zu inter­pretieren, denn niemand wurde zu Gesprächen, zu Verhandlungen eingeladen, so wie es halt früher der Fall war. Heute ist es eben anders, dem Motto entsprechend: beschließen und drüberfahren. (Zwischenruf des Bundesrates Köck.)

Kein einziger Vertreter einer Pensionistenorganisation, kein Sozialpartner, kein Sozial­rat, der gesetzlich im Range eines Sozialpartners steht, wurde konsultiert. Alle haben es aus den Medien erfahren – beschlossen und fertig. So kann es aber nicht sein und so sollte es in Zukunft auch nicht weitergehen, denn das ist meines Erachtens kein demokratisches Verhalten. (Beifall bei der SPÖ.)

Man scheint zu vergessen, dass es rund 2,2 Millionen Menschen, nämlich ASVG-Pen­sionistinnen und -Pensionisten, sind, die davon betroffen sind. Ein Großteil von ihnen wird durch eine Seniorenorganisation vertreten, und es wird an uns liegen, einem solchen Verhalten künftig Einhalt zu gebieten. Gerade dort, wo es um kleine Pensionen


BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 25

geht, muss nachgebessert werden, um ein soziales Auslangen zu finden. Soziale Sicherheit muss in unserem Land einfach gewährleistet werden. Die Abdeckung der Grundbedürfnisse muss für alle gewährleistet sein und werden.

Dass in der jetzigen Regierung nicht alle so denken und empfinden, ist klar erkennbar. Wenn die Frau Sozialministerin mit ihren mehr als 17 000 Euro Ministerinnengehalt im Zusammenhang mit der Mindestsicherung feststellt, dass man mit 150 Euro im Monat leben kann, so disqualifiziert sich diese Aussage von selbst. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller.)

Mit einer solchen Einstellung kann man die Sorgen und Nöte vieler kleiner Menschen nicht nachvollziehen. Solche Aussagen sind fernab jeder realen Lebenssituation, wenn man weiß, dass viele Menschen jeden Monat ums tägliche Brot kämpfen müssen, dass sie jeden Cent zur Seite legen müssen, um die Heizkosten zahlen zu können, um sich die Mietkosten leisten zu können und das Notwendigste an Lebensmitteln kaufen zu können.

So ist die Situation, wie sie sich heute darstellt. Dieser Realität ist zu entsprechen, wenn man über Pensionserhöhungen diskutiert, und dazu gehört in jedem Fall der Dialog mit allen Beteiligten. Die türkis-blaue Regierung betreibt eine totale Gesprächs­verweigerung. Das steht im Widerspruch zum Weg des Dialogs, der Verhandlungen und der Sozialpartnerschaft, der Österreich einst großgemacht hat. Jetzt wird nur mehr dekretiert und nicht mehr diskutiert.

Generell ist eine völlige Neugestaltung der Pensionsanpassung zu fordern. Erstens: Verhandlungen mit den Pensionistenvertretern sind gesetzlich festzuschreiben. Zwei­tens: Neue Berechnungsformen für die jährliche Pensionsanpassung sind zu ent­wickeln. Drittens: zusätzliche Berücksichtigung der Lohnentwicklung und des Wirt­schafts­wachstums.

Derzeit kürzt die Regierung die Kaufkraft der Pensionisten. Man verkennt in diesem Zusammenhang auch die große volkswirtschaftliche Bedeutung der älteren Generation in Österreich. Man bedenke die Auswirkungen auf die Beschäftigtenzahl, die Steuer­flüsse, die Wirtschaftsentwicklung und vieles mehr!

Das, meine Damen und Herren, gilt es zu erkennen und künftig bei Verhandlungen über Pensionserhöhungen, wenn sie stattfinden sollen, zu berücksichtigen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

9.22


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser. Ich erteile dieses.


9.22.27

Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser (FPÖ, Salzburg): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Ich habe ein bisschen Papier für euch mitgenommen.

Ich darf zuerst die Ausführungen des Kollegen Leitner zurückweisen, da er behauptet hat, dass dieser türkis-blauen Regierung die ältere Generation nichts wert sei. Das muss ich auf das Schärfste zurückweisen.

Um unseren Senioren ein Altern in Würde zu ermöglichen, bedarf es einer finanziellen Grundlage – und das ist eine gerechte Verteilung der Pensionen. Die Pensionen sind die finanzielle Grundlage, um die soziale Sicherheit der älteren Generation zu gewähr­leisten. Unsere ältere Generation hat es sich verdient, dass ihre Leistungen und ihr lebenslanger Einsatz auch in der Pension die entsprechende Wertschätzung erfah­ren. (Bundesrat Weber: Dann tut es auch!)


BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 26

In Salzburg bin ich die freiheitliche Seniorensprecherin, ich bin die Landesobfrau des Salzburger Seniorenringes, und als solche darf ich mich bei der Bundesministerin, bei der türkis-blauen Regierung auf das Allerherzlichste dafür bedanken, dass das Senio­ren­thema in das Regierungsprogramm aufgenommen wurde, dass im Seniorenbereich etwas umgesetzt wird, dass man an die ältere Generation denkt und die Erhöhung sozial staffelt. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Es ist der Bundesministerin gelungen, eine Pensionsanpassung zu erarbeiten, die weit höher als die Inflationsrate ist. Es wird 2019 keinen einzigen Pensionsbezieher geben, der weniger als die Inflation bekommt, und das ist wirklich großartig.

Das war aber leider nicht immer so. Wenn ich mir die Zahlen der vergangenen Jahre anschaue, dann sehe ich Pensionserhöhungen (ein Blatt Papier mit einem roten Bal­ken­diagramm in die Höhe haltend) – bitte, sozialdemokratische Minister! – von 1,2 Pro­zent, 1,7 Prozent, 1,6 Prozent. Und ganz krass, ganz krass war es im Jahr 2017 mit 0,8 Prozent (Bundesrat Samt: Sehr sozial!) – wenn nicht wir Freiheitliche damals in der Opposition aufgestanden wären und eine Einmalzahlung gefordert hätten, hättet ihr im wahrsten Sinne des Wortes die Senioren in diesem Land verhungern lassen (Beifall bei FPÖ und ÖVP) –, obwohl damals, 2017, die Inflation 2 Prozent betrug und obwohl man zum Zeitpunkt der Beschlussfassung bereits wusste, dass die Preissteigerungen beim Einkauf (ein Blatt Papier in die Höhe haltend) laut Statistik Austria 1,5 Prozent betragen haben und alles teurer wurde. Das heißt, die Pensionsbezieher hatten in diesem Jahr sogar ein gewaltiges Minus zu verbuchen. Das ist wohl nicht fair und gerecht! So etwas nennt man inflationären Pensionsverlust, den ihr Sozialdemokraten produziert und zu verantworten habt. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Unsere Sozialministerin legt eine Pensionsanpassung vor, die sozial gestaffelt ist und deutlich über der Inflationsrate liegt, und das ist fair und gerecht. Wer sein ganzes Leben lang gearbeitet und entsprechende Beiträge geleistet hat, der soll im Alter eine gute und nachhaltige finanzielle Versorgung erhalten. So werden das Sozial­minis­terium und die türkis-blaue Bundesregierung demnächst auch eine Mindestpension von 1 200 Euro schaffen, wozu ihr nie den Mut hattet. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der ÖVP. – Bundesrat Schennach: Schauen wir mal!)

Es gilt eben, Altersarmut zu vermeiden und zu verhindern. Hohe Mieten und stark gestiegene Preise treffen ältere Menschen schwer, was noch dazu ihre Teilnahme am öffentlichen Leben zusätzlich erschwert und eine soziale Verarmung zur Folge hat.

Daher setzt die Ministerin für 2019 eine Pensionserhöhung um, die über der Infla­tionsrate liegt, gestaffelt von 2 bis 2,6 Prozent, und das ist wirklich fair und gerecht. Der Grenzwert liegt bei 1 115 Euro brutto und betrifft rund 1,4 Millionen Pensionsbezieher.

Erfreulich ist natürlich auch, dass diese Regelung genau Frauen positiv trifft, nämlich 71,9 Prozent der Frauen, die Pension beziehen, kommen mit dieser Regelung in den Genuss, dass einmal ein bisserl mehr im Börserl drinnen bleibt.

Wir werden eine Pensionsanpassung erleben, die zwischen 2 und 2,6 Prozent sozial gestaffelt ist. Niedrige Pensionen werden stärker erhöht. Es wird dadurch – und das ist eben falsch, was Sie gesagt haben, Herr Kollege Leitner – eine Stärkung der Kaufkraft geben, und zwar für sämtliche Pensionen; das wird sichergestellt. Das ist eine Pen­sionsanpassung, die sich unsere ältere Generation auch verdient hat, weil das jene Generation ist, die unser Land aufgebaut hat und durch ihre harte Arbeit Wohlstand für dieses Land sicherstellte.

Vermessen finde ich aber schon, was die Sozialdemokraten fordern. Ich finde es wirklich vermessen (ein weiteres Blatt Papier in die Höhe haltend), liest man doch auf der Homepage des Pensionistenverbandes, sie fordern 4 Prozent Pensionserhöhung,


BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 27

Geld dafür sei da. Dann liest man im unteren Absatz, wie viel Geld euren Sozial­ministern übrig geblieben ist: 2015 sind in der Pensionskasse 286 Millionen Euro übrig geblieben, 2016 sind 862 Millionen Euro übrig geblieben, 2017 sind 893 Millionen Euro übrig geblieben – 800 Millionen Euro sind übrig geblieben (Zwischenrufe bei der SPÖ), und ihr habt die Senioren mit 0,8 Prozent abgespeist!

Ich frage mich nur, was ihr mit dem Geld gemacht habt. Mir fällt dazu nur ein: Wasser predigen und Wein trinken. Wenn ich wieder Kollegen Leitner zitieren darf: Nicht diese türkis-blaue Regierung gaukelt den Menschen etwas vor, sondern ihr habt jahrelang den Menschen etwas vorgegaukelt, ihr streut ihnen Sand in die Augen.

Ich finde es nicht in Ordnung, dass man ältere Menschen verunsichert. Ich werde mich vehement dagegen wehren, dass man ältere Menschen verunsichert, Unwahrheiten, Halbwahrheiten erzählt. Wir Freiheitliche und diese Bundesregierung setzen uns für Senioren in diesem Lande ein, zollen ihnen höchsten Respekt und bringen ihnen Wertschätzung entgegen. (Bundesrätin Grimling: Ah so? Seit wann?)

Darum freut es mich ganz besonders, und ich bin stolz darauf, dass ich heute den Beschluss für die Pensionsanpassung 2019 mittragen darf. – Recht herzlichen Dank. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

9.29


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Dr.in Andrea Eder-Gitschthaler. Ich erteile dieses.


9.29.28

Bundesrätin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP, Salzburg): Herr Präsident! Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuhörerinnen und Zuhörer und Zuseherinnen und Zuseher! Wir leben in einem guten Land, es geht uns gut, und diese Bundesregierung trägt einiges dazu bei, dass es uns gut geht. (Widerspruch bei der SPÖ.) Sie sorgt für mehr Sicherheit, für mehr Gerechtigkeit, der Familienbonus wird gerade eingeführt – eine wirkliche steuerliche Entlastung für Familien.

Wir haben ein Sicherheitspaket auf den Weg gebracht. Wir haben die Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen mit der Senkung des Arbeitslosenversicherungsbeitrages ent­lastet und wir sorgen natürlich für unsere Seniorinnen und Senioren. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Meine Vorgängerin Marlies Steiner-Wieser (Bundesrätin Grimling: Vorrednerin!) hat das schon sehr treffend ausgeführt: Uns sind die Seniorinnen und Senioren ein wirk­liches Anliegen. Wir sind bei den Menschen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) Wir wissen, was sie brauchen, was sie wollen. Sie haben ein Leben lang hart gearbeitet, wir werden das natürlich auch entsprechend honorieren und sie im Alter nicht allein lassen und sie unterstützen. Darum geht es heute.

Kollege Leitner, du sprichst von 4,4 Prozent Inflation – ich weiß nicht, wo du das herhast. Das sind Zahlen, die nicht real sind. Wir haben derzeit 2 bis 2,5 Prozent Inflation. Damit verunsicherst du, wie meine Kollegin Marlies Steiner-Wieser schon ausgeführt hat, die Seniorinnen und Senioren. Das ist nicht gut, das ist auch nicht real. Also das solltest du bitte nicht tun. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wie Kollegin Steiner-Wieser schon ausgeführt hat, beträgt die Pensionserhöhung 2019 2 Prozent bis 2,6 Prozent, sozial gestaffelt – das ist uns wichtig, wobei man natürlich auch mittelfristig überlegen soll: Jene Menschen, die ein Leben lang Höchstbeiträge einbezahlt haben, werden damit sukzessive in ihren Pensionen geschmälert. Auch da sollte man einmal hinschauen, ob man nicht auch bei diesen Damen und Herren die


BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 28

Pensionen etwas großzügiger anpasst, denn sie haben ja schließlich auch dafür einbezahlt. Sie haben mit ihren Steuerleistungen dazu beigetragen, dass wir uns unser Sozialsystem überhaupt leisten können. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Es gibt Gott sei Dank keinen einzigen Pensionsbezieher, der jetzt weniger als die Inflation bekommt. Das ist einzigartig und einmalig, wie meine Kollegin Steiner-Wieser schon ausgeführt hat. Unter Ihren Sozialministern (in Richtung SPÖ) ist das leider nicht passiert, da hat es sogar weniger als die Inflation gegeben – Marlies Steiner-Wieser hat das schon ausgeführt –, und somit ist ein reeller Verlust für diese Damen und Herren entstanden. (Bundesrätin Hahn: Wart ihr da nicht in der Regierung?) Wir haben es im Ausschuss gehört, der Experte hat gesagt, das ist die beste Pensionsanpassung seit 20 Jahren. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Bundesrätin Grimling: Geh, hör auf!)

An dieser Stelle darf ich noch darauf hinweisen, dass es neben der staatlichen Pension noch eine zweite und dritte Säule gibt: die private und die betriebliche Säule. Ich habe das auch letztes Jahr an dieser Stelle gesagt: Auch da müssen wir uns überlegen, wie wir diese Säulen stärken, damit diese drei Säulen wirklich mittelfristig abgesichert werden können. Frau Ministerin, ich bitte darum, dass wir uns mittelfristig steuerlich etwas überlegen oder weitere Anreize für diese zweite und dritte Säule setzen.

Abschließend möchte ich hier noch ein paar Worte zu einer konkreten Forderung der ÖVP-Frauen sagen, zum Pensionssplitting. Vielleicht wissen Sie das nicht, oder es ist leider nicht sehr bekannt: Das Problem resultiert daraus, dass Frauen in Österreich momentan durchschnittlich 43 Prozent weniger Pension als Männer bekommen. Die wesentlichen Gründe kennen wir, das sind Karenz- und Kindererziehungszeiten. Gott sei Dank gibt es ja die Anrechnung der Kindererziehungszeiten in den ersten vier Jahren, das sind derzeit 1 828 Euro. Dann beginnt es aber für die Frauen leider prob­lematisch zu werden, wenn sie Teilzeit arbeiten gehen oder sich vielleicht längere Zeit der Kindererziehung widmen. Seit 2005 können Väter und Mütter Kindererziehung und Erwerbstätigkeit gleichberechtigt aufeinander aufteilen, ohne spätere Pensionsunter­schiede in Kauf nehmen zu müssen, also ein Elternteil kann bis zu 50 Prozent seines Pensionskontos als eingetragene Gutschrift dem anderen übertragen.

Es wäre natürlich wünschenswert, wenn das jetzt nicht nur auf Goodwill ausgerichtet wäre, sondern dass wir es erreichen, dass wir diese Regelung, die in anderen Staaten schon möglich ist, zum Beispiel in Schweden oder in der Schweiz, auch für Österreich einführen. (Bundesrätin Grossmann: Es ist schon möglich!) – Es ist möglich, aber nicht verpflichtend möglich. Wir wollen das verstärken, fördern und auch schauen, dass wir entsprechende Informationskampagnen machen, dass wir die Frauen informieren, was möglich ist, und alle mit ins Boot bekommen.

Ich denke, das ist eine sehr wichtige Aufgabe, eine Sensibilisierung in diese Richtung würde helfen, dass Frauenarmut mittelfristig nicht mehr in dieser Form gegeben ist. Das entlastet ja auch den Staat.

Ich kann Sie nur bitten, dass Sie auch diesen Weg mit uns mitgehen, und ich bitte Sie heute, den Beschluss mitzutragen. Es ist ein guter Tag, es ist eine gute Pensions­an­pas­sung. (Heiterkeit bei BundesrätInnen der SPÖ.)

Vielen Dank, Frau Ministerin, für Ihre Bemühungen! Gehen wir den Weg gemeinsam! Es ist für unsere Seniorinnen und Senioren: Die haben sich das verdient. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

9.35


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ing. Bernhard Rösch. Ich erteile dieses.



BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 29

9.35.57

Bundesrat Ing. Bernhard Rösch (FPÖ, Wien): Genosse Leitner (Heiterkeit bei FPÖ und ÖVP) und GenossInnen! Das ist ja wirklich ein fauler Zauber der Pinocchio-Abteilung, ein richtig fauler Zauber der Pinocchio-Abteilung. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Die Show, die Sie da abziehen, ist wirklich zum Fremdschämen. Wenn das Wort richtig erfunden worden ist, dann genau für die SPÖ. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Diese Regierung ist im Gegensatz zur SPÖ hellwach. (Bundesrat Novak: Gra­tuliere ...!) Die SPÖ hat in den vergangenen Jahrzehnten wirklich alles verschlafen. Sie werden mir jetzt Gelegenheit geben, dass ich Ihnen das auch aufzeige; nicht, dass ich billige Polemik mache, so wie wir das gerade vom Kollegen Leitner gehört haben, sondern, dass ich Ihnen auch minutiös aufliste, wo Sie überall in der Vergangenheit versagt haben.

Sie haben die Pensionisten wie einen Christbaum nach Weihnachten abgeräumt. Der Vranitzky-Brief von 1995 – ich gehe ein bisschen in der Geschichte zurück – ist Ihnen vielleicht noch in Erinnerung. Wie viel haben die Pensionisten damals gekriegt? – Der Brief wurde an die Pensionisten geschrieben: Ihr braucht euch keine Sorgen zu machen, es wird für die Pensionisten auf jeden Fall etwas geben. Die Pensionisten werden eingebettet sein, es wird keinen Kaufkraftabfall geben.

Und was ist passiert? – Null haben sie draufbekommen. Das war nur Polemik für die bevorstehenden Wahlen. (Bundesrat Schuster: Hört, hört!)

Da das so gut funktioniert hat, hat Herr Gusenbauer, der noch gesagt hat, dass ja die SPÖ eh ständig sudert und ob er da überhaupt hineingeht, auch so einen Pen­sionis­tenbrief geschrieben, damit er die Wahlen auch gewinnen kann. (Bundesrätin Hahn: Schüssel I! Schüssel II!) Obwohl die Inflation damals – und das muss man immer in Relation halten – über 3 Prozent lag, hat er die Pensionen nur um 1,6 Prozent, also auch unter der Inflation, erhöht.

Was ist dazu noch passiert? – Dass man natürlich bei denen, die Alleinverdiener waren, also die allein Pension bezogen haben und jemanden zu Hause hatten, damals den Alleinverdienerabsetzbetrag und so weiter gestrichen hat. Es hat damals Pen­sionisten gegeben, nämlich die im unteren Spektrum, die sogar weniger heraus­bekommen haben, als sie durch die Erhöhung im Endeffekt draufbekommen haben. (Bundesrat Schuster: Schämt euch! – Weiterer Ruf bei der FPÖ: Unglaublich!)

Wenn man dann auf 2017 schaut, was Marlies Steiner-Wieser ja schon gesagt hat: Da sieht man plötzlich 0,9 Prozent Erhöhung für die Pensionisten. Jetzt könnte ich schadenfroh sein und sagen, okay, rein rechnerisch wählen sehr viele Pensionisten die SPÖ, recht geschieht ihnen. Die haben die richtige Fraktion gewählt, nämlich jene, die ihnen alles raubt. Aber so schadenfroh darf man natürlich in der Verantwortung des­wegen nicht sein, weil ja der Zinseszinseffekt kommt und uns alle irgendwann einmal einholt, denn alles, was wir nicht draufbekommen, wird sich mit Zinseszinsen nicht fortschreiben. Es ist so, dass die Pensionsarmut damit begründet ist, dass man nicht rechtzeitig darauf geschaut hat, dass man die Pensionen in jener Höhe bekommt, die der Leistung entsprochen haben. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.) Damit fehlt dann der Wirtschaft die Kaufkraft. (Bundesrätin Hahn: 21 Cent am Tag! Wo ist die Kaufkraft?) Die Oma, der Opa, die dem Enkerl vielleicht bei der Wohnung geholfen haben oder bei sonst irgendetwas, wurden sukzessive über die Jahrzehnte abgeräumt.

Wisst ihr, dass der Effekt, dass die Pensionsarmut auch genau bei Frauen vorkommt, das Resultat daraus ist (Ruf bei der SPÖ: Ja, genau!) – ja! –, dass die Gewerkschaft und die Arbeiterkammer, die ja sozialistisch dominiert sind, in den vergangenen Jahrzehnten ganz einfach nichts für den Mittelbau getan haben? (Zwischenruf der Bun-


BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 30

desrätin Hahn.) Man hat die Mittelschicht einfach ausgehungert, weil man in einer Neiddebatte gesagt hat: Die haben viel mehr als die, und wir geben lieber denen 50 Euro drauf, weil das dann populär ist und die Menge dann schon sagen wird, dass sie uns wieder wählt. – Diese Rechnung geht auf die Dauer nicht auf. (Bundesrätin Mühlwerth: Ist auch nicht aufgegangen! – Zwischenruf des Bundesrates Beer.)

Wenn die Kaufkraft in der Volkswirtschaft fehlt, dann fehlt dem Finanzminister die Umsatzsteuer, dann fehlt ganz einfach die Inlandskaufkraft, dann werden Sie weniger Gewinne verbuchen können, dann geht es der Volkswirtschaft auch nicht so gut. Die sozialistische Denke in der Wirtschaft ist ganz einfach etwas, was abzulehnen ist. Und Gott sei Dank gibt es jetzt eine Regierung, die sich eben der Kaufkraftstärkung und der Kaufkrafterhaltung verschrieben hat. (Heiterkeit bei BundesrätInnen der SPÖ.)

Diese 2,6 Prozent sind wirklich eine sehr gute Leistung. Ich darf mich auch schon für die nächsten Generationen, die auch von diesem Zinseszinseffekt leben werden, bedanken. Jeder, den es interessiert, kann das zu Hause nachrechnen (Bundesrätin Hahn: 21 Cent am Tag!), denn das sind Fakten, die sich ganz einfach belegen lassen und die man ganz einfach nachrechnen kann. (Zwischenrufe der BundesrätInnen Beer und Hahn.) Deswegen ist es ganz wichtig, dass das eben so gekommen ist – endlich sozial und nicht mehr sozialistisch! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

9.41


Vizepräsident Ewald Lindinger: Herr Kollege Rösch, in Ihrem Beitrag jetzt ist das Wort rauben vorgekommen. Rauben ist ein Tatbestand, und ich ersuche Sie, das Wort zurückzunehmen. (Bundesrat Rösch – auf dem Weg zu seinem Sitzplatz –: Ich nehme ein anderes Wort, das keine Aufregung erzeugt! – Rufe bei der SPÖ: Welches? – Zwischenrufe bei der FPÖ. – Bundesrat Rösch – auf dem Weg zu seinem Sitzplatz –: Genommen! – Unruhe im Saal.) – Sie nehmen das Wort geraubt zurück? (Bundesrat Rösch: Ich nehme das Wort Raub zurück!) – Danke.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Mag. Beate Hartinger-Klein. Ich erteile ihr dieses.


9.42.12

Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein: Herr Präsident! Meine Damen und Herren des Bundes­rates! Dieser Regierung und besonders mir als Sozialministerin ist es natürlich ein ganz wichtiges Anliegen, dass die ältere Generation die Kaufkraft hat, die sie braucht. (Bei­fall bei FPÖ und ÖVP.)

Diese Menschen haben so viel für unser Land getan, dass Wertschätzung und Respekt natürlich eine Selbstverständlichkeit sind und es für mich als Sozialministerin klar ist, ihnen diese auch entgegenzubringen.

Meine Damen und Herren der Sozialdemokratie, ich frage mich schon: Ihr werft uns soziale Kälte vor? (Bundesrat Weber: Richtig erkannt!) – Nein, wir bringen diese soziale Kälte zum Schmelzen (Beifall bei FPÖ und ÖVP – Widerspruch bei der SPÖ), weil für uns Solidarität (Bundesrat Novak: 21 Cent pro Tag!), Gerechtigkeit und Fair­ness sowie der Mensch im Mittelpunkt stehen. Die Medien sagen ja eh schon: Die Freiheitliche Partei ist die neue Sozialdemokratie. – Ihr habt also wirklich ein Problem. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Widerspruch bei der SPÖ.)

9.43

09.43.25


Vizepräsident Ewald Lindinger: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall. Die Debatte ist geschlos­sen.


BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 31

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen. (Bundesrätin Mühlwerth: Die Sozialisten gönnen den Pensionisten nicht 2,6 Prozent!)

09.43.492. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 13. Dezember 2018 betreffend ein Bun­des­gesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozial­versicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Freiberuflichen-Sozialversiche­rungs­gesetz, das Sozialversicherungs-Ergänzungsgesetz, das Primärversor­gungs­gesetz, das Kinderbetreuungsgeldgesetz, das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz, das Dienstgeberabgabegesetz, das Bundesgesetz zur partner­schaftlichen Zielsteuerung-Gesundheit, das Bundesgesetz über Krankenan­stal­ten und Kuranstalten, das Bundesgesetz über die Gesundheit Österreich GmbH, das Bundesgesetz über die Dokumentation im Gesundheitswesen, das Bundes­gesetz über die Einrichtung eines Fonds zur Finanzierung privater Kranken­an­stalten, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Sonderunter­stüt­zungs­gesetz, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeitsmarktservice­gesetz, das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz, das Arbeit-und-Gesundheit-Gesetz, das Ausbildungspflichtgesetz, das Dienstleistungsscheckgesetz, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, das Ausländerbeschäftigungsgesetz, das Kriegsopfer­versorgungsgesetz 1957, das Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz, das Op­fer­fürsorgegesetz, das Heeresentschädigungsgesetz, das Verbrechensopfer­gesetz, das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Angestelltengesetz, das Arbeiter-Abfertigungsgesetz, das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, das Arbeits­inspektionsgesetz 1993, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Arbeits­zeitgesetz, das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, das Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetz, das Betriebspensionsgesetz, das Betrieb­liche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz, das Entgeltfortzahlungs­gesetz, das Gutsangestelltengesetz, das Hausgehilfen- und Hausangestell­ten­gesetz, das Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz, das Landarbeitsgesetz 1984, das Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz sowie das Sozialbetrugs­bekämpfungsgesetz geändert werden, ein Selbständigen-Sozialversiche­rungs­gesetz, ein Bundesgesetz zur Überführung der Versicherungsanstalt des öster­reichischen Notariates in eine Versorgungsanstalt des österreichischen Nota­riates und ein Bundesgesetz über die Versorgung für das österreichische Notariat erlassen werden sowie das Notarversicherungsgesetz 1972 aufgehoben wird (Sozialversicherungs-Organisationsgesetz – SV-OG) (329 d.B. und 413 d.B. sowie 10079/BR d.B. und 10082/BR d.B.)


Vizepräsident Ewald Lindinger: Wir gelangen nun zum 2. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser. Ich bitte um den Bericht.


9.44.16

Berichterstatterin Marlies Steiner-Wieser: Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich erstatte Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Dezember 2018 betreffend ein Sozialversicherungs-Organisationsgesetz, SV-OG.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher zur Antragstellung.


BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 32

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage am 18. Dezember 2018 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vor­liegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Vizepräsident Ewald Lindinger: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Korinna Schumann. Ich erteile ihr dieses.


9.45.03

Bundesrätin Korinna Schumann (SPÖ, Wien): Wertes Präsidium! Werte Frau Bun­desministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Dieses völlig fälschlich als Reformvorhaben verkaufte vorliegende Sozialversiche­rungs-Organisationsgesetz stellt einen schweren Schlag gegen die Versorgung der Versicherten dar. Mühsam, mit viel Mühe haben sich die Arbeitnehmerinnen und Arbeit­nehmer das Sozialversicherungsgesetz erkämpft. Das ist nicht geschenkt worden. Da hat kein Arbeitgeber gesagt: Super, wir machen euch jetzt ein Sozial­versicherungs­gesetz! – Mitnichten! Es ist mühsam und schwer erkämpft worden. Und heute wird mit diesem Gesetz die Selbstverwaltung zu Grabe getragen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller.)

Wir sind jetzt an dem Punkt angelangt, Danke zu sagen, weil dieser Herbst gezeigt hat, wie toll, mit wie viel Engagement die Betriebsrätinnen und Betriebsräte, die Per­sonalvertreterinnen und Personalvertreter arbeiten. Dafür ist hier Danke zu sagen. Es gab Tausende von Betriebsversammlungen. Sie haben sich für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eingesetzt, und darauf kann man stolz sein. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller.)

Mit diesem Gesetz wird die Selbstverwaltung zu Grabe getragen. Durch das vorlie­gende Gesetz erhält die Arbeitgeberseite die Mehrheit in den Gremien der neuen Gesundheitskasse. Der Vorsitz wurde für die Wirtschaft gleich für die ersten 15 Monate fix festgeschrieben. Das ist eindeutig eine Machtverschiebung hin zur Wirtschaft. – Na dann, die Wirtschaft hat sich mithilfe dieser Bundesregierung wieder durchgesetzt. (Bundesrat Seeber: Die Wirtschaft sind wir alle! – Zwischenruf bei der FPÖ.)

Von vielen unabhängigen Experten wurde klar festgestellt, dass es sich bei diesem Gesetz um eindeutige Verletzungen von Verfassungsrecht handelt. Auch das ist der Bundesregierung gleichgültig, Hauptsache: durchziehen und ja keine sozialpartner­schaftlichen und echten Verhandlungen.

Die märchenartige Versprechung von der Patientenmilliarde hat sich als Luftballon erwiesen. Längst ist diesem verbalen Luftballon die Luft ausgegangen, und niemand in dieser Republik, übrigens auch nicht der Rechnungshof, glaubt mehr daran, dass diese Milliarde für die Patientinnen und Patienten wirklich zur Verfügung stehen wird. Im Gegenteil: Die Regierung spart bei den MitarbeiterInnen der Österreichischen Gesund­heitskasse ein. 30 Prozent weniger BearbeiterInnen in den nächsten Jahren, das sind 6 000 Arbeitsplätze. Was das für die Bearbeitungsdauer, für die Auszahlung des Krankengeldes, des Kinderbetreuungsgeldes, für die Serviceleistung bedeutet, kann man sich ja leicht vorstellen. Gespart wird aber sicher nicht bei den Leitungsfunktionen.

Was wird man machen, wenn man nicht den gewünschten Einsparungserfolg erzielt? – Es kann dann ja nur zu Leistungskürzungen und zur Einführung von Selbstbehalten kommen.

Innerhalb eines Dreivierteljahres soll diese Reform über die Bühne gehen. Eine Kas­senzentralisierung in diesem Ausmaß – sie betrifft 7,1 Millionen Versicherte – soll innerhalb eines Dreivierteljahres durchgepeitscht werden! Das entspricht einem Jah­resumsatz von 13,5 Milliarden Euro, das ist mehr als der Umsatz der gesamten Voest-


BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 33

alpine. Kein großes Unternehmen der Welt, das verantwortungsvoll handelt, würde eine Zusammenführung in solch einem Zeitkorsett durchziehen.

Auf die Expertise der in den Sozialversicherungsträgern Tätigen wird trotz vielen Angeboten und Handreichungen völlig verzichtet – keine Verhandlungen, wieder kein sozialpartnerschaftliches Miteinander. Was aber sicher ist, sind Fusionskosten in der Höhe von 500 Millionen bis 600 Millionen Euro. Das trägt die neue Gesundheitskasse. Dazu kommen noch 589 Millionen Euro, die durch die Kürzung der Unfallver­siche­rungsbeiträge für die AUVA auf die neue Gesundheitskasse zukommen. Das sind lauter Belastungen. Diese Reform wird ein Milliardengrab. Die Gesundheitskasse wird lange mit der Fusionierung beschäftigt sein – und da werden kein Platz und keine Energie für etwaige sinnvolle Reformen sein.

Ja, ein weiterer Luftballon dieser Regierung war das Versprechen der Leistungshar­monisierung – Luftballon zerplatzt! Im Gegenteil, es kommt zu keiner Harmonisierung der Leistungen auf einem höheren Standard. Die Leistungsunterschiede bleiben be­stehen, kein Risikoausgleich zwischen den Sozialversicherungsträgern. (Heiterkeit und Zwischenruf bei der ÖVP.) Aus unserer Sicht haben alle Menschen in Österreich ein Recht auf eine gleiche qualitätsvolle Gesundheitsversorgung. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Dziedzic.)

Damit sind wir beim Kern des Regierungsvorhabens: Das öffentliche Gesundheits­system soll geschwächt und Tür und Tor sollen für private Gewinninteressen geöffnet werden. Die Fast Lane in den Ambulanzen und die VIP-Lounges waren ein Vor­ge­schmack dessen, was die Versicherten so erwartet. Wenn man finanzkräftig ist, erhält man eine schnellere und bessere Gesundheitsleistung, wenn man die Mittel nicht hat, dann ist man eben Kranker zweiter Klasse. Das ist der wahre Gedanke dahinter. (Ruf bei der FPÖ: In Wien, ja! In Wien ... drittklassig! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Wir brauchen Kreditkarte statt e-card. Das ist die Zielrichtung (Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ sowie des Bundesrates Beer), mit der diese Regierung vorgeht. Es gibt auch 14,7 Millionen Euro für den Fonds zur Finanzierung privater Krankenanstalten. – Na, die Richtung ist doch eindeutig!

Für die Länder sind die Auswirkungen dieser Fusion ganz enorm. Es kommt zu einer Zentralisierung mit allen Auswirkungen. Auch da gab es wieder einen Luftballon: Die Landesstellen werden ihre Selbständigkeit behalten. – Auch diesem Luftballon­argu­ment geht die Luft aus. Es kommt zu einer Zentralisierung, und die Landesstellen sind weisungsgebunden.

Die Wertschöpfung und Kaufkraft in den Ländern wird geschwächt werden, weil zu­künftig die Verträge mit großem Ausschreibungsvolumen nur mehr zentral gemacht werden. Durch solch eine Zentralisierung sind die Ausschreibungsvolumen sehr bald über dem entsprechenden Niveau, wodurch man europaweit ausschreiben muss. Welcher Anbieter dann den Zuschlag bekommt, wird man sehen (Ruf bei der FPÖ: Das ist ein Europagesetz!)  sicher nicht der aus dem eigenen Land, denn die Konkurrenz ist zu groß. Damit verlieren auch wieder die Bandagisten in den Ländern und all die kleinen Gewerbetreibenden.

Die Österreichische Gesundheitskasse wird zukünftig einen Gesamtvertrag mit der Ärztekammer abschließen. Die Auswirkungen dieser Machtlage kann man sich vorstel­len. Die Besetzung der Leitungsfunktionen erfolgt zentral. Die zukünftige Finanzierung ist nicht geklärt; es ist nicht klar, wie es bei den Ländern aussehen wird. Initiativen, die die Länder bisher gesetzt haben, werden durch die Zentralisierung verhindert.

Alle Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Gesetz zustimmen, müssen wissen, dass sie damit zum Schaden der Versicherten handeln. (Beifall bei der SPÖ sowie des


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Bundesrates Stögmüller.) Die Sicherstellung des Funktionierens des bewährten Sys­tems der österreichischen Sozialversicherung wird gefährdet. Wir werden nicht müde werden, dieses Gesetz zu bekämpfen und die Menschen darüber zu informieren, was diese Fusion an Verschlechterungen für sie bedeutet. – Glück auf! (Beifall bei der SPÖ sowie der BundesrätInnen Dziedzic und Stögmüller. – Zwischenruf bei der ÖVP.)

9.52


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Rosa Ecker. Ich erteile ihr dieses.


9.52.29

Bundesrätin Rosa Ecker, MBA (FPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geschätzte Frau Minister! Sehr geehrte Damen und Herren hier im Saal und zu Hause! Ich bin froh, dass ich jetzt ein bisschen Licht in die düsteren Visionen der SPÖ bringen kann (Bundesrat Weber: Licht ins Dunkel! – weitere Zwischenrufe bei der SPÖ), damit unsere Zuseher zu Hause nicht ganz verunsichert werden.

Mit dem vorliegenden Gesetz wird die Organisationsreform des österreichischen So­zial­versicherungssystems umgesetzt, und das bedeutet, dass die Gebietskranken­kassen durch diesen Gesetzesbeschluss zu einer bundesweiten Kasse zusammen­gelegt werden. Das ist eine effiziente Lösung, schafft ein schlankeres System und sichert eine gute Gesundheitsversorgung.

Weiters wird es eine Sozialversicherung für Selbstständige statt der Kassen für Selbst­ständige und Bauern geben. Laut der Auskunft im Ausschuss soll es dazu von diesen eine einheitliche Satzung geben. Weiters wird es einen halbjährlichen Fortschritts­bericht bezüglich der Vereinheitlichung dieser Leistungen geben.

Beamte und Eisenbahner werden in eine Versicherungsanstalt für öffentlichen Dienst und Schienenverkehrsunternehmen fusioniert.

Dann bleiben eben noch die AUVA und die Pensionsversicherungsanstalt übrig, die so bestehen bleiben.

Der Hauptverband bleibt als sogenannter Dachverband bestehen.

Insgesamt werden – das ist in erster Linie an die Adresse der SPÖ gerichtet – diese Personaleinsparungen vorgenommen, indem man Personal nicht nachbesetzt. Ein­sparungen ergeben sich auch durch die Zusammenlegung von IT-Zentren, durch zentrale Lohnverrechnung, durch zentralen Einkauf, durch gemeinsames Personal­management. All das sind Maßnahmen, die man auch von gesunden Unternehmen kennt.

Weiters reduziert sich die Zahl der Funktionäre erheblich. Allein die Zahl der Ge­neraldirektoren sinkt von 21 auf fünf. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Ja, in den Gremien der Länderkassen herrscht künftig eine Parität zwischen Arbeit­nehmern und Arbeitgebern, sie sind gleichberechtigt. Senioren und beeinträchtigte Menschen – das hat uns auch die Auskunftsperson im Ausschuss bestätigt – sind in der Hauptversammlung weiterhin wie bisher mit beratender Stimme vertreten. (Zwi­schenruf des Bundesrates Stögmüller.) Bei den bisherigen neun Krankenkassen zahlen alle dieselben Beiträge ein und – das wissen wir alle – erhalten dafür unter­schiedliche Leistungen. Trotz der viel gepriesenen Vereinheitlichung ist das noch in vielen Bereichen so. Es sollte aber selbstverständlich sein, dass ein Versicherter im Burgenland dieselben Leistungen wie ein Versicherter in Vorarlberg oder in Nieder­österreich bekommt. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)


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Es versteht niemand, auch nicht die Zuseher vor den Fernsehern oder via Livestream, wozu es in Österreich 21 Kassen und so viele Funktionäre braucht. Es versteht keine Mutter und kein Vater, warum es in einem Bundesland von der Gebietskrankenkasse ein Medikament zur Krebsbehandlung des Kindes gibt, das, wenn man in einem anderen Bundesland wohnt, nicht bezahlt wird, sondern dass es dafür dann Spenden­aufrufe in allen Medien geben muss. (Zwischenruf des Bundesrates Stögmüller.) Von Schuheinlagen über Psychotherapie bis zur Herzuntersuchung gibt es unterschiedliche Handhabungen, Unterschiede in der Höhe von bis zu 100 Prozent beim Kosten­ersatz. – Das kann es ja nicht sein!

Es ist auch nicht so, dass es sich die 6,9 Millionen Versicherten der Gebietskranken­kassen hätten aussuchen können, wo sie versichert sind. Es gibt keine Wahlfreiheit, bei welcher Krankenkasse man versichert ist. Es gibt auch keine Konkurrenz, wodurch sich das Angebot verbessern könnte. Es kommt nur darauf an, bei welchem Dienstgeber man arbeitet oder in welchem Bundesland man wohnt. Man kann es sich bis jetzt auch nicht aussuchen, dass man, wenn man zwei oder mehrere Dienstver­hältnisse hat – und davon sind auch einige von uns betroffen, da es ja manche gibt, die neben dem Bundesrat noch eine andere Tätigkeit ausüben –, automatisch mehrfach versichert ist. Auch das wird jetzt abgestellt. Damit bleibt diesen Menschen mehr Geld, weil sie sich diese Beiträge ersparen. Zum Arzt kann ich ja auch nur einmal gehen, dafür brauche ich mir das nicht aussuchen zu können. (Bundesrat Todt: Jetzt haben sie es auch zurückgekriegt! Jeder von ihnen kriegt das zurück, was er doppelt bezahlt! Das als Argument einfach zu nehmen ist einfach - -! – Zwischenruf der Bundesrätin Grimling.) – Da muss man ein entsprechendes Einkommen haben, das betrifft halt auch nur manche, die hier herinnen sitzen!

Die Sozialversicherung ist für die niedergelassenen Ärzte und die Kassenverträge, nämlich die Honorierung zuständig. Wer am Wochenende oder auch am Freitag­nachmittag einen Arzt sucht, der wird selten eine offene Ordination und sowieso keine Fachärzte finden. So muss man also zur Ambulanz ins Krankenhaus pilgern und dort warten. Diese höheren Kosten der ambulanten Behandlungen in den Spitälern tragen aber die Gemeinden und die Länder, und jeder von uns weiß, wie die Krankenan­staltenbeiträge die Gemeindebudgets belasten. – Kostenwahrheit sieht anders aus! Abgesehen davon ist dadurch das Krankenhauspersonal, das doch für Notfälle und Aufnahmen zur Verfügung stehen sollte, überlastet.

Im Übergangsjahr 2019 bestehen die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse und natürlich alle anderen grundsätzlich weiter und werden unter dem Überleitungs­aus­schuss in die Österreichische Gesundheitskasse fusioniert. Diese erfüllt ab 2020 die Aufgaben der bisherigen neun Gebietskrankenkassen. Die Landesstellenleitung wird mit allen Bediensteten der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse der Leitung in Wien unterstellt sein. Das heißt, es gibt weniger Entscheidungsträger, die Reform ermöglicht eine schnellere, flexiblere und gerechtere Entscheidungsfindung. (Zwi­schen­rufe bei der SPÖ.)

Die Option, dass die noch bestehenden Betriebskassen – fünf an der Zahl – auch noch in die Gesundheitskasse hineinwechseln können, wurde uns auch im Ausschuss bestätigt. Dazu gibt es eine Antragsfrist bis 30.9.2019, falls daran Interesse besteht. Und in Oberösterreich haben diese Krankenfürsorgen – bei uns betrifft das die Landes­bediensteten, die Landeslehrer, die Gemeindebediensteten und drei Magistrate – bereits durch das Land Oberösterreich den Auftrag, Modelle für eine stärkere und engere Zusammenarbeit auszuarbeiten. Diese Zusammenlegung ist der Anfang von einer großen Reform des Gesundheitswesens, welche die Regierung auf Schiene bringt.


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Die Menschen in unserem Land spüren bereits, dass im Gesundheitsbereich nicht alles so ist, wie man es brauchen würde. Es gibt lange Wartezeiten auf OPs und Fach­arzttermine (Zwischenrufe bei der SPÖ), und der Hausärztemangel ist auch in diesem Hohen Haus einer der am häufigsten genannten Begriffe. Unsere Ministerin Hartinger-Klein wird sich insbesondere für mehr Kassenstellen auf dem Land einsetzen (Bun­desrätin Hahn: Fast Lane!), und die Österreichische Gesundheitskasse wird dafür eine wichtige Rolle spielen. Diese bundesweite Krankenkasse führt nämlich auch künftig die Verhandlungen über einen österreichischen Gesamtvertrag mit der Ärztekammer. (Bun­desrätin Hahn: Ja, genau!) Die Ressourcen im Gesundheitswesen müssen entsprechend verteilt werden, damit eben auch Investitionen in den Hausärztebereich möglich sind.

Jenen Gebietskrankenkassen, die jetzt befürchten, dass die Rücklagen an die Ge­sundheitskasse fließen werden, sei gesagt, dass eben genau dieses Geld, das den Versicherungen gehört, eigentlich auch zugunsten der Versorgung hätte investiert werden sollen. Jetzt wird es tatsächlich zur Stärkung des Gesundheitssystems ein­gesetzt. Es ist gesetzlich sichergestellt – das wurde auch im Ausschuss bestätigt –, dass diese Mittel dafür verhältnismäßig im jeweiligen Bundesland zur Verfügung stehen.

Abschließend ist schon noch einmal zu betonen, dass es zu keinen Verschlech­te­rungen für die Versicherten kommt. Jeder bleibt gleich unfall-, kranken- und pen­sions­versichert. Es werden keine Spitäler und keine Gesundheitseinrichtungen geschlossen (Beifall bei FPÖ und ÖVP), auch wenn das die Opposition mithilfe der Gewerkschaften und der Arbeiterkammer noch so oft – und ich formuliere es milde – befürchtet. Im Gegenteil: Es wird in allen Bundesländern gleich hohe Standards bei der Gesund­heitsversorgung der Versicherten geben, und schlussendlich wird damit die langfristige Finanzierbarkeit der Gesundheitsleistungen sichergestellt – und davon profitieren wir alle. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

10.00


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag.a Dr.in Ewa Dziedzic. Ich erteile ihr dieses. (Ruf bei der FPÖ – in Richtung der sich zum Rednerpult begebenden Bundesrätin Dziedzic –: Heute gar keine Pflastersteine!)


10.00.37

Bundesrätin Mag. Dr. Ewa Dziedzic (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Frau Ministerin! Kollegen und Kolleginnen! Die Auswirkungen dieser vermeint­lichen Reform sind so weitreichend, dass die Komplexität auf jeden Fall einmal Klarheit braucht.

Ich fasse zusammen: Die staatliche Gesundheitsbeihilfe für Kassen wird gekürzt. Das ist Fakt. Die Patientenmilliarde ist ein schlechter Schmäh, um nicht zu sagen Fra­mingpropaganda. Die Krankenversicherung soll dazu eine Privatklinik von Freunden finanzieren, und es handelt sich um eine pauschale Schädigung der Krankenkassen.

Insgesamt etwa 7,2 Millionen Menschen haben in Österreich Anspruch auf Leistungen einer Gebietskrankenkasse. Bei einem Gesamtbudget von rund 15 Milliarden Euro ist für 2020 ein Defizit von 73 Millionen Euro vorhergesagt. – Sie können gerne mit­schreiben, es würde mich interessieren, was Sie zu diesen Zahlen sagen (Bundesrätin Mühlwerth: Das zahlt sich bei Ihnen nicht aus! – Zwischenruf bei der ÖVP); das sind nämlich nur ein paar, zu denen im Vorfeld dieses Gesetzes Stellung zu beziehen und klare Berechnungen vorzulegen Sie nicht imstande waren. Das ist insofern tragisch – und da geht es nicht um irgendwelche Befürchtungen der Oppo­sition –, als es vor


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allem die Patienten und Patientinnen betrifft, die jetzt nicht wissen, was auf sie zu­kommt.

Es sind nämlich zahlreiche praktische, rechtliche und auch finanztechnische Fragen offengeblieben. Ein entscheidender Effekt des Sozialversicherungs-Organisations­ge­setzes ist die Aushebelung des demokratischen Prinzips in der Selbstverwaltung, diese Kritik haben wir im Vorfeld des Öfteren gehört. Obwohl nämlich – ich erkläre es auch gerne – in der zukünftigen Österreichischen Gesundheitskasse und in der Pensions­ver­sicherungsanstalt kein einziger Selbstständiger beziehungsweise keine einzige Selbstständige versichert sind, erhalten Vertreter und Vertreterinnen der Wirtschafts­kammer – da haben wir sie wieder – nicht nur 50 Prozent der Mandate in den Gremien der beiden Träger, sondern verfügen dort auch faktisch über ein Vetorecht.

Auffällig ist auch, dass die Bundesregierung zwar mit Schlagworten wie Verein­heit­lichung von Leistungen und Gerechtigkeit für ihr Gesetz geworben hat und noch immer wirbt, durch das Gesetz jedoch keinerlei organisatorisch wirksamen Effizienzsteigerun­gen erreicht werden können. So kann es etwa bei der Zusammenlegung der Ver­sicherungsanstalten für Gewerbetreibende und für Bauern, Bäuerinnen oder für Beamten, Beamtinnen und für Eisenbahner schon allein deshalb keine Effizienz­stei­gerung geben, weil unterschiedliche Rechtsgrundlagen – und das sollten Sie wissen! – für diese Berufsgruppen keine sinnvolle Kooperation zulassen.

Fakt ist: Eine Vereinheitlichung von Leistungen der unterschiedlichen Kassen findet nicht statt – das festzuhalten ist mir wichtig; diese findet nicht statt –; statt einer Verein­heitlichung und Gerechtigkeit betoniert die Bundesregierung aber die Mehrklassen­medizin.

Ich habe eingangs von Verunsicherung gesprochen, und Sie könnten den Patienten und Patientinnen zumindest heute ein kleines Weihnachtsgeschenk machen und vielleicht die eine oder andere Frage beantworten, die noch immer im Raum steht und die noch immer für Aufregung sorgt. Zum einen: Wann ist mit dem erstmaligen Erlass einer Verordnung nach § 31 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes hinsichtlich der Einhebung von Selbstbehalten beim Besuch von Ärzten und Ärztinnen zu rechnen? (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Die Bundesregierung nimmt eine lineare Kostenreduktion bei den Verwaltungs- und Verrechnungskosten von 7,5 bis 30 Prozent bis zum Jahr 2023 an. Gleichzeitig werden der Österreichischen Gesundheitskasse jedoch deutlich mehr Mittel entzogen, als durch die behaupteten Einsparungen eingebracht werden können. Wie ist aus Ihrer Sicht, das ist die zweite Frage, das so entstehende Defizit in den Jahren 2019 bis 2023 abzudecken?

Weiters: Wie rechtfertigen Sie die Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern und -neh­merinnen hinsichtlich ihrer Vertretung in den Verwaltungskörpern? Und weiter: Wie rechtfertigen Sie die Stimmenmehrheit der Arbeitgebervertreter im Dachverband, obwohl nur etwa ein Sechstel aller Versicherten selbstständig ist?

Auch offengeblieben ist – und das ist für die Länderkammer besonders interessant –: § 443 ASVG sieht vor, dass die Beitragseinnahmen eines Bundeslandes auch für die Leistungen der Versicherten in diesem Bundesland aufgewandt werden müssen. Tatsächlich – das wissen Sie vielleicht – bedecken die Beitragseinnahmen jedoch nur zwischen 80 Prozent, wie in Kärnten der Fall, und 90 Prozent, wie in Salzburg der Fall, der Kosten für Gesundheitsleistungen für die Versicherten. Meine Frage: Auf welche Weise sollen Ausmaß und Qualität der Leistungen für die Versicherten sichergestellt werden, wenn die Beitragseinnahmen die Kosten für Gesundheitsleistungen nicht abdecken können? Und was sagen Sie als Ländervertreter dazu?


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Das neue Gesetz sieht weiters keinerlei Vorkehrungen etwa betreffend Fusionskosten vor – das haben wir heute schon gehört –, und mich interessiert, wie aus Ihrer Sicht die anfallenden Fusionskosten finanziert werden sollen, ohne die Versicherungsleistungen zu verringern oder gar zu verschlechtern.

Hinzu kommt: Ein großer Teil der von der Regierung behaupteten Einsparungen findet, sofern sie überhaupt realisierbar sind, in der Pensionsversicherung der Unselbst­stän­digen statt. Gleichzeitig verspricht die Regierung die erwähnte Patientenmilliarde, also mehr Leistungen in der Krankenversicherung. Meine Frage: Inwiefern kommen Ein­sparungen in der Pensionsversicherung den Patienten und Patientinnen in der Kran­kenversicherung überhaupt zugute?

In diesem Zusammenhang ist auch Folgendes relevant: Die Gebietskrankenkassen haben einen Verwaltungs- und Verrechnungsaufwand von 294,6 Millionen Euro – im Jahr 2018 –, wie soll daraus eine Patientenmilliarde finanziert werden?

Weiters: Die gesamte Krankenversicherung verursacht einen Verwaltungs- und Ver­rech­nungsaufwand von 498 Millionen Euro – auch im Jahr 2018 –, und auch da stellt sich die Frage, wie die angekündigte Patientenmilliarde daraus finanziert werden soll.

Die Menschen interessiert weiters auch, wie die Gesundheitskasse die Versicherungs­leistungen für die Versicherten sicherstellt, wenn 30 Prozent des Personals eingespart werden sollen. In diesem Zusammenhang ist auch nicht uninteressant: Der Bundes­kanzler hat ja im Zusammenhang mit der Steuerreform eine Senkung von Beitrags­sät­zen in der Sozialversicherung angekündigt, und mich würde schon interessieren – und ich hoffe, Sie (in Richtung der auf ihr Handy schauenden Bundesministerin Hartinger-Klein) haben sich damit beschäftigt –, welche Vorarbeiten es im Sozialminis­terium dazu gibt – vielleicht finden Sie das am Handy. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Warum wird auch – die letzte Frage – angesichts des behaupteten Ziels einer Effi­zienz­steigerung die Eingriffsmöglichkeit der Aufsicht überhaupt vergrößert? (Zwischen­ruf bei der ÖVP.) Und welche Pläne gibt es hinsichtlich jener Beträge, die die Sozial­versicherung zukünftig für die Arbeit ihrer eigenen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen bei der Beitragsprüfung an das Finanzministerium zu leisten hat?

Sie schütteln den Kopf, Sie schauen auf Ihr Handy, Sie hören auch nur mit einem halben Ohr zu. (Ruf bei der FPÖ: Ist auch schon zu viel! – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich habe im Vorfeld überlegt, welches Geschenk ich Ihnen heute mitnehmen (Ruf bei der FPÖ: Pflastersteine wären wahrscheinlich nicht angemessen! – Bundesrätin Mühlwerth: Pflastersteine ...! – Ruf bei der ÖVP: ... nicht so zynisch und gehässig!) könnte, damit die Auswirkungen auf die Patienten und Patientinnen in Österreich für Sie vielleicht doch greifbarer werden, bei all dieser Komplexität (Bundesrätin Mühlwerth: Das halbe Ohr ist auch schon zu viel!), und ja, ich bin auf nichts anderes gekommen als Scheuklappen (eine schwarze Schlafmaske zeigend), die hätte ich mit. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller. – Zwischen­rufe bei der ÖVP.)

Ich denke, Sie haben diese, was die Sozialpolitik der letzten zwölf Monate anlangt, nämlich nicht nur permanent auf, sondern Sie könnten sie vielleicht auch gebrauchen, wenn sich Menschen bei Ihnen melden werden, die von den Auswirkungen betroffen sind, damit Sie überhaupt noch gut schlafen können. (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Hartinger-Klein. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Da ich annehme, dass Sie mein Geschenk hier wieder demonstrativ liegen lassen würden, erlaube ich mir, es Ihnen in diesem Fall per Post zukommen zu lassen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller.)

10.11



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Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Bundesrat Karl Bader zu Wort gemeldet. – Bitte.


10.11.19

Bundesrat Karl Bader (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Ich möchte hier zu den Behauptungen der Kollegin Dziedzic zu § 443 des ASVG Folgendes anmerken (Bundesrätin Dziedzic: Vielleicht können Sie die Fragen beantworten, das wäre toll! – Bundesrätin Mühlwerth: Das ist keine Fragestunde!): Hier ist klar festzuhalten, dass es nicht um Verunsicherungen geht, wie Sie das hier betreiben. Die Behauptung, wonach aufgrund der Bestimmungen des § 443 in den Bundesländern Leistungen künftig nur mehr im Ausmaß des Beitragsaufkommens finanziert werden dürfen, ist anhand des Gesetzeswortlauts nicht nachvollziehbar. (Ruf bei der ÖVP: Aha! Einmal lesen!)

In den Erläuterungen ist auch Folgendes klargestellt: „Die Festlegung, dass die im Land entrichteten Beitragseinnahmen auch den Versicherten in dem jeweiligen Bun­desland zur Verfügung stehen, legt eine Mindestnorm fest. Entscheidend ist dabei auch, dass jeder Versicherte im Bundesland“ weiterhin „die Leistungen bekommt, die er braucht.“

Demnach ist also weiterhin davon auszugehen, dass diese Leistungen von der Sozialversicherung abgedeckt werden und dass die behaupteten Mehrbelastungen der Länderbudgets aus dieser Sicht auch nicht nachvollziehbar sind. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Bundesrat Stögmüller: ... tatsächliche Berichtigung!)

10.12


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Sandra Kern. Ich erteile ihr dieses.

10.12.40


Bundesrätin Sandra Kern (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Ich verstehe natürlich, dass ein Projekt, das ein halbes Jahrhundert lang diskutiert wird und jetzt, 2019, in die Umsetzung geht, keine große Begeisterung bei der Opposition hervorruft. (Zwischenruf des Bundesrates Stögmüller.) Ich hoffe aber, dass den Versicherten dieses Projekt zugutekommt (Ruf bei der SPÖ: Nein!), davon gehen wir aus.

Ich darf einige Dinge klarstellen, die hier heute angesprochen wurden; man muss sich manchmal fragen, ob man wirklich vom selben Tagesordnungspunkt spricht.

Woher kommt diese Reform oder seit wann wird diese Reform schon gefordert? (Ruf bei der SPÖ: Von der Wirtschaft!) – Nicht nur von der Wirtschaft! Seit einem halben Jahrhundert wird sie diskutiert und wird darüber geredet, aber diese Regierung ist mit dem Willen zur Umsetzung angetreten.

Wenn uns immer vorgeworfen wird, ein funktionierendes System zu zerschlagen, dann darf ich schon ein paar Experten zitieren. (Bundesrat Stögmüller: ... hören würden!) Die WHO hat bereits 1996 analysiert – ich darf zitieren –: „Die Existenz so vieler Träger ist nicht geeignet, die Entwicklung eines rationellen, aufeinander abgestimmten und reibungslos funktionierenden Systems zu fördern.“

Ich darf kurz daran erinnern, wer diese Reform in den letzten 30 Jahren gefordert hat: Von der Opposition wurde sie gefordert, diverse Bundesregierungen unter Klima und Vranitzky haben sich diese Reform vorgenommen. (Oh-Rufe bei der FPÖ. – Ruf bei der FPÖ: Hört, hört!) In fünf Regierungsprogrammen war diese Reform auf der Agenda, und bisher ist nichts passiert, weil sich immer die Bewahrer und die Reform-


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verweigerer durchgesetzt haben und diese Reform daran gescheitert ist. Auch die jetzige Kritik - - (Bundesrat Weber: Das stimmt ja gar nicht!) – Stimmt ja gar nicht, jaja! (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Weber.)

Auch den Rechnungshof, der das jetzt kritisch sieht, darf ich zitieren: „Eine Neu­organisation des Systems der Sozialversicherungsträger muss dazu dienen, struktu­relle Defizite zu überwinden, Transparenz und Effizienz zu erhöhen sowie die Steue­rung und damit einhergehend die Qualität der Leistungen für alle Versicherten zu verbessern.“ (Ruf bei der SPÖ: Das passiert nicht!) Diese Bundesregierung setzt die Sozialversicherungsreform jetzt endlich um. (Bundesrat Weber: Ja, aber falsch! – Zwischenruf bei der FPÖ.)

Zusätzlich zu den Expertenmeinungen möchte ich ein paar Beispiele aus der Praxis erwähnen, die auch schon genannt worden sind, auf die ich aber noch einmal hinweisen darf: Es ist ein kompliziertes System, es gibt viele Doppelgleisigkeiten – ich glaube, darüber brauchen wir doch nicht zu diskutieren – und es ist ein ungerechtes System, weil in der Gebietskrankenkasse die Leistungen für gleiche Beiträge in den Bundesländern unterschiedlich sind – wir reden ja nicht davon, wie es bei den Bauern und bei den Selbstständigen ausschaut, sondern wie es innerhalb der Gebietskranken­kasse ausschaut.

Erstens: Bei manchen Kassen braucht man für ein MRT den Chefarzt, bei manchen nicht. Bei manchen Kassen braucht man für Heilbehelfe eine Verordnung vom Fach­arzt, bei manchen nicht – wir reden immer von Leistungen innerhalb der Gebietskran­kenkasse. Bei manchen Versicherungen bekommt man Leistungen einmal im Jahr wiederkehrend, bei manchen Versicherungen bekommt man sie nur einmal im Leben, Beispiel Schuheinlagen. (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.)

Das neue System hat drei Ziele (Bundesrätin Grossmann: Zerschlagung der Selbst­verwaltung!): klare Strukturen, einfache Prozesse und mehr für die Versicherten in diesem Land. (Bundesrätin Grossmann: Na sicher nicht!) Das Ziel dieser Sozialver­sicherungsreform ist eine Strukturreform, daran darf man auch immer wieder erinnern. Es ist keine Gesundheitsreform.

Was machen wir genau? – Das ist schon kurz angesprochen worden, ich darf noch einmal darauf hinweisen: Wir machen aus neun Gebietskrankenkassen eine Öster­reichisches Gesundheitskasse, die für alle unselbstständig Erwerbstätigen zuständig sein wird. Es wird gleiche Leistungen für gleiche Beiträge in allen Bundesländern geben; und ja natürlich, die Beitragseinhebung, die Budget- und die Personalhoheit liegen bei der ÖGK, denn sonst braucht man das ja nicht zu fusionieren, aber die Regionen erhalten autonome Budgets für regionale Herausforderungen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenruf der Bundesrätin Grimling.) Mit diesen regionalen Budgets soll sichergestellt werden, dass in ländlichen, dünn besiedelten Regionen die ärztliche Versorgung gewährleistet wird.

Zum Zweiten: Der Selbstständigenträger setzt sich zusammen aus der Sozial­versiche­rungsanstalt der Selbstständigen und jener der Bauern. Die Beamtenversicherung und die Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau werden zur Versicherungs­anstalt für den öffentlichen Dienst zusammengelegt. Die Pensionsversicherungsanstalt bleibt bestehen, die Unfallversicherungsanstalt bleibt bestehen, und damit machen wir aus 21 Trägern fünf.

Was bedeutet das? – Eine deutliche Verschlankung von 21 auf fünf Träger bedeutet eine Verschlankung von 21 auf fünf Generaldirektoren, von 2 000 auf 500 Funktionäre, von 90 auf 50 Gremien. (Bundesrätin Grimling: ... aber das ist ja nicht wahr!) – Ja, das machen wir, um eine moderne und effiziente Verwaltung im Gesundheitssystem zu ermöglichen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)


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Zwei Dinge waren uns bei dieser Reform immer besonders wichtig, und das möchte ich auch noch einmal klarstellen, weil es immer wieder diskutiert wird. Ich habe gute Kontakte zur Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse, und was dort den Mitar­beite­rinnen und Mitarbeitern erzählt wird, ist wirklich haarsträubend. Ich möchte es noch einmal festhalten: Es gibt eine Jobgarantie, es wird zu keinen fusionsbedingten Kündigungen der Mitarbeiter in den Kassen kommen. (Zwischenrufe der Bundesrätin­nen Grimling und Schumann.) Ja, es kommt zu einer Nichtnachbesetzung von Mitar­beiterinnen und Mitarbeitern, die in Pension gehen (Bundesrätin Grimling: Aha!), wenn es aber Prozesse nicht mehr neunmal gibt, sondern nur einmal, ist es halt auch selbstverständlich, dass man weniger Mitarbeiter in diesem Bereich brauchen wird.

Der zweite Bereich, der immer angesprochen wird, der so viel kritisiert wird und der natürlich für uns Arbeitnehmer ein wichtiger Bereich ist, ist folgender: Der Vorsitz wechselt jedes halbe Jahr zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretern, und betreffend diese große Drohung, dass die Wirtschaft uns arme Arbeitnehmervertreter niederstimmt, möchte ich schon darauf hinweisen, dass man in den Gremien eine Zweidrittelmehrheit braucht und dass ein Überstimmen der Arbeitnehmeranliegen seitens der Wirtschaft nicht möglich ist. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Bundesrätin Schumann: Die Wirtschaft bestimmt! – Zwischenruf der Bundesrätin Dziedzic.)

So, aber jetzt ganz konkret: In welchen Bereichen wird denn eigentlich eingespart oder wo ist eine Vereinfachung möglich? – Im Einkauf geht es um eine Vereinfachung der Prozesse, das heißt, man muss die Prozesse nicht mehr neunmal durchführen, son­dern nur mehr einmal – in der ÖGK. Es gibt eine gemeinsame IT und eine effizientere Kooperation der Spitäler und des niedergelassenen Bereichs – etwas, was wir immer alle gemeinsam gefordert haben. Investiert wird in eine Leistungsharmonisierung, investiert wird in mehr Kassenärzte, investiert wird in die Stärkung des nieder­gelas­senen Bereichs und in die Landarztstipendien.

Weil es heute schon Thema war – und auch wenn es Karl Bader schon richtiggestellt hat, möchte ich auch noch einmal darauf hinweisen –: Natürlich stellen wir mit dieser Reform auch sicher, dass die Beiträge dort bleiben, wo sie eingehoben werden, nämlich bei den Versicherten in den Bundesländern und in den Landesstellen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Bundesrätin Grimling: Das schauen wir uns an!) – Das können wir uns voll gerne anschauen!

Ich glaube, das Wichtige bei dieser Reform ist – und ich freue mich, dass heute so viele junge Menschen da sind und zuhören –, Rosa Ecker hat es auch schon angesprochen: Erklärt doch einmal jemandem, warum es 21 Träger gibt! Macht doch einmal jemandem verständlich, warum der Versicherte im Burgenland einen anderen Wert hat als der Versicherte in Wien! (Bundesrat Stögmüller: Das versteht eh keiner! – Bundesrätin Grimling: Warum habt’s damit gelebt ...!) Also ich glaube, es geht schon auch darum, dass wir den Menschen verständlich machen müssen, warum wir uns dieser Form widmen, warum es so wichtig ist, dass wir reduzieren, und warum es uns ganz stark um die Patientinnen und Patienten geht.

Habe ich (auf das rot blinkende Lämpchen am Rednerpult blickend) jetzt 10 Minuten geredet? – Das ist ganz ungewöhnlich! (Zwischenruf bei der FPÖ. – Bundesrätin Mühlwerth: Red noch ein paar Minuten!)

Abschließend darf ich zusammenfassen: Gleiche Leistung für gleiche Beiträge muss in Österreich möglich sein! Sozialversicherungseinrichtungen werden beibehalten, Kran­ken­hausstandorte werden nicht geschlossen, Leistungen werden nicht gekürzt, die Jobgarantie ist gegeben, und es wird keine Kündigungen aufgrund der Fusion geben.

Ich darf mich ganz herzlich bei den Menschen bedanken, die sich für diese Reform eingesetzt haben: bei unserer Bundesministerin, aber auch bei unserem Sozial-


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sprecher August Wöginger. (Oh-Rufe bei der SPÖ.) – Auch bei unserem Sozial­sprecher August Wöginger! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) – Danke.

Uns ist es wichtig, dass wir ein gerechtes und zukunftsfittes System der Sozialver­sicherungen in Österreich schaffen. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Auch im Ausschuss wurde der Umgang mit den Rücklagen diskutiert, und daher darf ich folgenden Entschließungsantrag einbringen:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Bader, Mühlwerth, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Leis­tungssicherungsrücklagen der Gebietskrankenkassen“

eingebracht im Zuge der Debatte zu Tagesordnungspunkt 2, Sozialversicherungs-Organisationsgesetz, in der Fassung des Ausschussberichtes 413 der Beilagen, in der Bundesratssitzung am 20.12.2018

Dem Ministerratsvortrag zur Sozialversicherungsorganisation der Zukunft vom 16. Mai 2018 ist zu entnehmen: Die nachhaltige Leistungsharmonisierung ist als integraler Bestandteil der Zusammenlegung der Gebietskrankenkassen sicherzustellen. Die neu zu errichtende Österreichische Gesundheitskasse mit ihrer solidarischen und öster­reichischen Versichertengemeinschaft hat in der Übergangsphase die bisher in den Ländern durch die GKKs finanzierten Leistungen weiterhin sicherzustellen.

Die unterfertigten Bundesräte stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz wird ersucht, im Rahmen der Zusammenlegung der Gebietskrankenkassen dafür Sorge zu tragen, dass in der Eröffnungsbilanz der Österreichischen Gesundheitskasse die zum 31. Dezember 2019 bestehenden Leistungssicherungsrücklagen der Gebietskranken­kas­sen nach Bundesländern aufgeteilt dargestellt werden.

Darüber hinaus soll ab 2021 in den Weisungen nach § 444 (5) ASVG die Möglichkeit er­öffnet werden, dass für den Fall einer erfolgswirksamen Dotierung der Rücklagen die Österreichische Gesundheitskasse im Folgejahr im selben Ausmaß die zum 31. De­zem­ber 2019 bestehenden ‚alten‘ Leistungssicherungsrücklagen teilweise auflösen darf.

Die dadurch frei gewordenen Mittel sind zugunsten des Teils der Versicherten­gemein­schaft, die die Rücklagen aufgebaut hat, insbesondere für die Umsetzung der Leis­tungs­harmonisierung, für Gesundheitsreformprojekte im Rahmen der Zielsteuerung Gesundheit, die Stärkung und Sicherung der Primärversorgung im ländlichen Raum und zur Steuerung nach 441f (5) ASVG zu verwenden, wobei darauf zu achten ist, dass dadurch die nachhaltig ausgeglichene Gebarung der Österreichischen Gesund­heitskasse nicht gefährdet wird. Die Geschäftsordnung der Österreichischen Gesund­heitskasse hat vorzusehen, dass die Landesstellenausschüsse hierzu Vorschläge erstatten können.“

*****

(Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

10.24



BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 43

Vizepräsident Ewald Lindinger: Der von den Bundesräten Bader, Mühlwerth, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Leistungs­siche­rungsrücklagen der Gebietskrankenkassen“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung. (Bundesrat Stögmüller: Wird der ausgeteilt oder nicht?)

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Gerhard Leitner. Ich erteile dieses.


10.25.02

Bundesrat Dr. Gerhard Leitner (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Frau Ministerin! Der Kassenumbau soll vollzogen werden – trotz aller Warnungen, der vernichtenden Kritik des Rechnungshofes und der mehr als 70 Einsprüche und Stellungnahmen, die es dazu gibt. Eine gut funktionierende Gesundheitsversorgung wird hier aufs Spiel gesetzt, zu hohen Kosten und bei keinem ersichtlichen Nutzen für die, die es betrifft, nämlich die Patientinnen und die Patienten.

Die Regierung hat ihre Gesetzesvorhaben eiskalt durchgezogen, im Alleingang. (Bundesrätin Mühlwerth: Und das schmerzt!) Niemand von den Betroffenen wurde dazu befragt oder auch zurate gezogen; sogar die Gebietskrankenkassen haben die Nachricht über ihre Auflassung aus den Medien erfahren. – So viel zum Stil der Regierung und zur Durchsetzung ihrer autonom getroffenen Entscheidungen und, Frau Ministerin, natürlich auch zur Frage der sozialen Kälte. (Beifall bei der SPÖ. – Zwi­schenruf des Bundesrates Seeber.)

Worum geht es der Regierung? – Nun, das liegt auf der Hand: Durch die Zerschlagung der Selbstverwaltung erhalten Wirtschaft und Arbeitgeber mehr Macht und Einfluss. Sie werden künftighin bestimmen, welche Leistungen es für die Patienten geben wird. Zu befürchten sind weitere Schritte wie zum Beispiel die Erhöhung beziehungsweise Einführung von Selbstbehalten, von Ambulanzgebühren, Leistungskürzungen, Priva­ti­sie­rungen im Gesundheitswesen et cetera, et cetera. (Bundesrat Steiner: Hätti wari wäri!)

Ein Hohn ist die geplante Einführung von VIP-Bereichen für Reiche und eine Son­derklasse für Ambulanzbereiche; das wurde auch im Nationalrat bereits ausführlich diskutiert. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Ecker: Das wurde im Ausschuss zurück­gewiesen! – Bundesrat Schuster: ... hat sich dafür eingesetzt! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Gerade die ÖVP, die sich als Familienpartei bezeichnet, tritt dafür ein, dass die Mutter mit dem kranken Kind warten muss und der Herr Generaldirektor durchmarschiert, weil er es sich leisten kann. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Ma bitte!) Das, liebe Freunde, ist unfassbar. In diesem Fall regiert die Kreditkarte und nicht die e-card. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Sozialdemokratie setzt sich dafür ein und kämpft dafür, dass es eine gute und gerechte Gesundheitsversorgung für alle gibt, ohne Unterschied aufgrund der Größe der Brieftasche oder der sozialen Stellung, ohne Privilegien und Sonderklassen für Reiche.

Beim Umbau der Sozialversicherung geht es sichtlich um Geld und um parteipolitische Macht (Heiterkeit bei Bundesräten der FPÖ – Bundesrat Steiner: Der Parteigünstling der SPÖ Kärnten!), daher werden Strukturveränderungen mit der Zielsetzung vorge­nom­men: mehr Geld für die Großkonzerne und weniger Geld für die Arbeitnehme­rinnen und Arbeitnehmer! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Zur Durchsetzung ihrer Ziele braucht die Wirtschaft eine Mehrheit in den Ent­schei­dungsgremien der Kassen. Über die Gesundheitsversorgung entscheidet nicht mehr der Versicherte, der Beitragszahler, sondern der Dienstgeber. Das soll mit der Parität in den Organen erreicht werden. Das verstößt gegen verfassungsrechtliche Grund­sätze der Selbstverwaltung. (Vizepräsident Brunner übernimmt den Vorsitz.)


BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 44

Es ist erstaunlich und außerordentlich bedenklich, dass man beim Umbau der Struktur eine Gruppe aber vollkommen eliminiert und sie aus den Entscheidungsgremien, Be­ratungsgremien entfernt hat, nämlich die Pensionistinnen und Pensionisten. Wir, die Pensionistinnen und Pensionisten, werden in keinerlei Entscheidungen mehr eingebunden, mit uns werden keine Gespräche geführt, wir werden nicht einmal angehört. Wir, die Pensionistinnen und Pensionisten, die unmittelbar Betroffenen, die Pensionistinnen und Pensionisten, eine Gesellschaftsgruppe in der Größenordnung eines Drittels der österreichischen Bevölkerung, wir, die Pensionistinnen und Pen­sionisten, ein Drittel der Beitragszahler, die ältere Generation, die ihre Lebensleistung erbracht hat, die mit ihren Leistungen und ihrem Einsatz die Grundlage und das Fundament für die Jugend, die nachfolgende Generation geschaffen hat, auf die erfolgreich aufgebaut werden kann, wir werden einfach beiseitegeschoben und überhaupt nicht mehr beachtet.

Dass das in der Zukunft nicht so ganz möglich sein wird, liegt auf der Hand. Da ist kräftiger Einspruch angesagt und die älteren Menschen sind zu aktivieren, sich ein solches Vorgehen nicht gefallen zu lassen! (Beifall bei der SPÖ.) Eine Klage beim Verfassungsgerichtshof kann dabei nur ein erster Schritt sein, und so werden beispielsweise die beiden Präsidenten des Seniorenrates, Dr. Peter Kostelka und Ingrid Korosec, als betroffene Privatpersonen einen solchen Schritt gemeinsam setzen – das wurde auch einstimmig im Österreichischen Seniorenrat beschlossen. Es gibt im Seniorenrat auch eine einstimmige Forderung nach Sitz und Stimme von Pen­sionistenvertretern in der Sozialversicherung beziehungsweise im künftigen Verwaltungsrat.

Die Eliminierung der Beiräte in den Bundesländern ist ebenso traurig wie unver­ständlich. Damit werden wesentliche Informanten und Imageträger im Gesundheits­wesen ersatzlos gestrichen – ein unverständliches Vorgehen, das geradezu dazu herausfordert, Maßnahmen zu setzen, um ein solches Gremium wiedereinzuführen und die Informationstransparenz wechselseitig zu gewährleisten.

Meine Damen und Herren! Mit großer Sorge ist zu erkennen, dass die Regie­rungsvertreter betreffend die Themen finanzielle Auswirkungen der Umstrukturierung und Risikoabschätzung keine nachvollziehbaren Informationen und Planungen vorge­legt haben. Dies haben nicht nur die Sozialversicherungen, sondern auch der Rech­nungshof und der parlamentarische Budgetdienst festgestellt. Eine Abschätzung, wie sich die geplante Reform finanziell auswirkt, fehlt völlig. Auch der zuständige Fach­beamte im Ausschuss hat diesbezüglich keine Fragen beantworten können.

Sowohl von der Frau Bundesministerin wie auch vom ÖAAB-Obmann wurde noch im November erklärt, dass die Sozialversicherungsreform keine Auswirkungen auf die Länderbudgets haben werde – aber natürlich gibt es massive Auswirkungen auf die Länderbudgets. In Kärnten beispielsweise können aufgrund der Kassenreform 218 Mil­lionen Euro für das Gesundheitswesen nicht gewährleistet werden, und das stellt Kärnten vor ungeheure Herausforderungen, da Kärnten bundesweit den höchsten Anteil an Ausgleichszulagenbeziehern hat und beim Anteil der Pensionisten an zweiter Stelle liegt.

Fest steht, dass Kosten verschoben und als Einsparungen verkauft werden. Durch die geplante Sozialversicherungsreform geht die Budget-, die Vertragspartner- und die Personalhoheit nach Wien. Wichtige regionale Entscheidungen können nicht mehr in Kärnten getroffen werden, diese werden alle in der Zentrale der Österreichischen Gesundheitskasse getroffen. Eine gut funktionierende und versichertennahe Kran­kenversicherung durch eigenständige Träger wird zugunsten eines zentralistischen Systems aufgegeben. Die Folgen für die Kärntner Versicherten, die Kärntner Gebiets­krankenkasse und die Auswirkungen für unser Bundesland sind gravierend.


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Abschließend sei noch festgestellt, dass nur mehr die Dienstgeber das Sagen haben werden, aber kein einziger Dienstgeber bei der Österreichischen Gesundheitskasse versichert sein wird. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Bun­desrates Seeber.)

10.32


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächster ist Herr Bundesrat Bernhard Rösch zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.


10.32.52

Bundesrat Ing. Bernhard Rösch (FPÖ, Wien): Ich habe ja schon fast erwartet, dass die SPÖ mit dem Sozialversicherungs-Organisationsgesetz ein Problem hat, denn darin kommen das Wort sozial und das Wort Organisation vor. (Heiterkeit und Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Bis jetzt war nicht ganz klar zu erkennen, was Sozialversicherungsträger sind, weil es für die SPÖ anscheinend immer sozialistische Versicherungsträger waren (Ruf bei der SPÖ: Na geh!), in denen natürlich so viele von der SPÖ wie möglich unterkommen müssen, damit man die Freunderlhierarchie ganz einfach hochleben lässt. (Ruf bei der SPÖ: Na geh!) Das war vielleicht um 1900 notwendig, als man sich organisiert hat, als man geschaut hat, dass man die Informationen praktisch ohne Telefon, ohne Medien und so weiter transportiert – diesbezüglich gibt es auch gewisse Errungenschaften. Heutzutage würde niemand mehr darüber nachdenken, eine Information in einer Depesche vom Bodensee nach Bregenz zu schicken, sondern da braucht man ganz einfach andere Medien (Bundesrat Weber: Die „Aula“!), schnellere Medien und damit auch andere Gremien. (Bundesrat Weber: Unzensuriert.at!)

Die SPÖ dürfte noch nicht ganz verstanden haben, dass es hier um die Öster­reicherinnen und Österreicher geht und nicht um die SPÖ (Zwischenrufe bei der SPÖ) und schon gar nicht um eure Funktionäre. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Der Kampf um eure Funktionäre ist vielleicht für euch interessant, er ist es aber Gott sei Dank weniger für diese Regierung, die sich ja einer Volksabstimmung unterzogen hat, nämlich den letzten Wahlen, und vorher ganz klar gesagt hat – genauso wie wir von der FPÖ als soziale Heimatpartei mit H.-C. Strache das vorher ganz klar gesagt haben (Bundesrat Weber: Geh, hör auf, hearst! Das habt ihr schon lange abgegeben: weder sozial noch Heimat!) –: Wir treten an für ein sozialeres Österreich. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Bundesrat Weber: Da bleibt nur mehr die Partei übrig; weder sozial noch Heimat!)

Ihr müsst ganz einfach erkennen, dass wir den Österreicherinnen und Österreichern ganz klar gesagt haben, was wir vorhaben (Bundesrätin Grimling: Eine Wahl ist keine Volksabstimmung!), nämlich auch im System zu sparen und die Leistungen zu stärken. (Bundesrätin Hahn: Wo ist die Patientenmilliarde? Erklären Sie das!) Es ist ganz einfach auch so, das muss man zugestehen, dass wir die Anzahl von über 20 Ver­sicherungsträgern verringert haben – Versicherungsträger, deren Namen man oft gar nicht aufzählen kann, weil es so viele sind, wo man für jeden irgendwo ein Süppchen kocht, irgendwo einen Selbstbehalt macht oder es vielleicht irgendwo eine Leistung extra gibt und deren Leistungskatalog in den Bundesländern auch noch unterschiedlich ist. Aus diesem Grund haben die Österreicherinnen und Österreicher gesagt: Das ist ein veraltetes System (Zwischenruf der Bundesrätin Grimling), wir wollen endlich ein­heitliche, gerechte Leistungen! (Bundesrätin Hahn: Freiheitliche!)

Das ist noch nicht in einem Wurf gelungen, sondern man hat sehr weise einmal auf fünf reduziert, weil wir verschiedene Systeme zusammenbringen müssen und weil das ja auch ein Kraftakt ist. Das ist ja seit vielen, vielen Jahrzehnten ein Thema, dass man


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die Sozialversicherungsträger schlanker machen soll, dass man sie einheitlicher machen soll, transparenter machen soll (Ruf bei der FPÖ: Effizienter!), und jetzt gibt es eine Regierung, die gesagt hat: Ja, wir trauen uns! – Nicht: Yes, we Pam!, sondern: Ja, wir trauen uns! Wir machen das, wir werden der Bevölkerung das geben, wofür sie uns gewählt hat. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich meine, an Ihrer Unruhe sehe ich ja auch schon, das kommt ganz zögerlich, Sie wissen, worum es geht, weil Sie sonst bei der AUVA nicht so viele Fakes hinaus­gegeben hätten: Die Rehazentren werden gesperrt! Krankenhäuser wird es dann nicht mehr geben! Dieses und jenes wird es nicht mehr geben! (Zwischenrufe der Bun­desrätinnen Hahn und Prischl.) – Die Gewerkschafter sind durchgegangen und haben Durchhalteparolen ausgegeben: Ihr müsst streiken! (Bundesrätin Hahn: Dann erklären Sie, wo die Milliarde herkommt! Wo soll die Milliarde herkommen?) Bitte macht das, weil die böse Regierung ganz einfach im System sparen will und nicht bei den Leuten! Sie möchte praktisch, dass mit dem Geld, das übrig bleibt, die Leistungen verbessert werden! – Und ihr habt gesagt: Das wird alles zugesperrt! Die armen Funktionäre! – Was ist mit den Österreicherinnen und Österreichern? Warum kümmern die euch nicht? (Zwischenruf der Bundesrätin Hahn.) – Weil eben sozial nicht sozialistisch ist! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Betreffend den großen Unfug mit dem 12-Stunden-Tag, der euch da noch eingefallen ist, sage ich: Der Tag hat 24 Stunden, auch für euch! (Ruf bei der SPÖ: ... ist euch eingefallen!) Jeder Tag hat 24 Stunden, und hinsichtlich Arbeit haben wir eine Normalarbeitszeit von 8 Stunden. (Bundesrätin Grimling: Und was haben wir jetzt für ein Thema?) Ihr kommt dann ganz einfach immer mit irgendwelchen Sachen daher, die entweder halb wahr sind oder ganz nicht stimmen. (Rufe bei der SPÖ: Geh! – Bundesrat Weber: ... ist etwas anderes!)

Ich meine, ich will euch nicht Nachhilfe geben (Bundesrätin Hahn: Die bräuchtet ihr! – Rufe bei der SPÖ: Nein, bitte nicht! Brauchen wir nicht! – weitere Zwischenrufe bei der SPÖ), weil ihr bei den nächsten Wahlen sehen werdet: Die Österreicherinnen und Österreicher sind schlauer und wissen ganz genau, wer welche Politik macht und wer eben die sozialere Politik macht. Auf jeden Fall brauchen wir keine Wünschel­rutengänger, wir brauchen keine Esoteriker für viel Geld – und schon gar nicht für das Geld der Österreicherinnen und Österreicher.

Frau Schumann stellt sich als Gewerkschafterin hier heraus und verhöhnt eigentlich das System, wo es doch eigentlich – genau wie in ihrem Bereich oder auch in der Arbeiterkammer – ganz klar nur um die Funktionäre und nur um das Wohl der Funktionäre geht. (Bundesrätin Schumann: ... bei der Arbeiterkammer! – Bundesrat Weber: Der ist bei der Arbeiterkammer? – Weitere Zwischenrufe der Bundesrätin Schumann.)

Ich würde mir wünschen, dass jeder Österreicher solche Gehälter bekommt und dass jeder Österreicher solche Pensionen bekommt, wie es in der Arbeiterkammer oder sonst üblich ist. (Bundesrat Weber: Dann müssen Sie bei der Wirtschaftskammer anheuern!) Ich sage nicht: Die bekommen zu viel!, sondern ich sage: Für die seid ihr seit Jahrzehnten zuständig, bei der Produktivitätssteigerung und bei der Inflation sind sie nie beteiligt worden, über Jahrzehnte habt ihr das ausgelassen! Der alte Benya dreht sich im Grabe um! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Damit hat man den Mittelstand ausgedünnt. (Ruf bei der SPÖ: ... wieder zum Thema?)

Es geht nur mehr um die Fraktion der Sozialisten, und es geht nur mehr um die Funktionäre dort drinnen, die man dort und dort und dort praktisch noch vertreten haben möchte. (Bundesrätin Hahn: Das wird langsam eine Themenverfehlung!) – Ja,


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mag sein, aber für Sie. Mir ist es ja wichtig, dass sich die Österreicherinnen und Österreich darüber Gedanken machen.

Sie werden es sehen – und Sie werden es auch bei der nächsten Arbeiterkammerwahl sehen, die nämlich im März stattfindet –, es werden sehr viele sehen, dass sie nicht einmal eingeladen sind (Bundesrätin Grimling: Aber da sind Sie auch nicht mehr dabei!), obwohl sie Arbeitnehmer sind, denn wenn man arbeitslos ist – 400 000 Ar­beitslosen, die die Arbeiterkammer und die Interessenvertretung ganz dringend brauchen würden, geht es nämlich so –, muss man erst eine Hürde überschreiten, damit man überhaupt wählen gehen darf. 16-jährige Lehrlinge, die in Wirklichkeit den Nationalrat wählen dürfen (Bundesrätin Hahn: Das ist eine Themenverfehlung! – Ruf bei der SPÖ: Unglaublich! – weitere Zwischenrufe bei der SPÖ), müssen erst eine Hürde überschreiten und müssen sich anmelden, damit sie überhaupt wählen gehen dürfen.

16 Prozent der Betriebe sind organisiert – das ist natürlich das, wo Sie gut vertreten sind. Ich sage Ihnen aber eines: 84 Prozent der Betriebe sind eben nicht so organisiert, und denen wird die Wahl sehr schwer gemacht. Dort werden wir Aufklärung leisten, dahin gehend, dass man eben nicht die Funktionäre wählen soll, nicht die SPÖ wählen soll, sondern dass die SPÖ gegen alles ist, was sozial ist. (Heiterkeit der Bun­desrätInnen Grimling und Weber.)

Jetzt kann ich nur sagen: Danke! Das, was seit Jahrzehnten versprochen wurde, wird jetzt eingelöst. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

10.41


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächste ist Frau Bundesrätin Eva Prischl zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr.


10.42.16

Bundesrätin Eva Prischl (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kollegen und Kolleginnen im Bundesrat! Sehr geehrte Zuseher hier auf der Galerie und zu Hause! Also ich war jetzt ein bisschen erschüttert über die Rede des Herrn Kollegen Rösch, das muss ich schon sagen, denn wir Sozial­demokraten sehen die Zwangsfusion der Gebietskrankenkassen wirklich als Milliar­dengrab: Fusionskosten in Milliardenhöhe anstatt der Patientenmilliarde an Einsparun­gen. Und die Frage wäre dann schon, wo die wirklich hinkommt, und diese würden wir schon gerne beantwortet haben.

Bei der Gesetzespräsentation hat die Regierung nämlich versprochen, aus einer Funk­tionärsmilliarde eine Patientenmilliarde zu machen, soll heißen – Frau Mühlwerth (in Richtung Bundesrätin Mühlwerth, die mit dem Rücken zur Rednerin mit Fraktions­kollegen in der zweiten Reihe redet), vielleicht interessiert Sie das nicht, aber es wäre nett, wenn auch Sie mir zuhören würden –, dass in den nächsten Jahren insgesamt 1 Milliarde Euro eingespart wird. Diese Zahl findet sich im Gesetzentwurf jedoch nicht wieder. Der Rechnungshof und Experten aus der Sozialversicherung und aus der Sozialpartnerschaft, mit denen wir ja zusammenarbeiten, können diese Zahl nicht nachvollziehen. Sollte wirklich 1 Milliarde Euro eingespart werden, dann müsste auch eine Leistungskürzung bei der neuen Österreichischen Gesundheitskasse erfolgen.

Die Zukunft ist trübe, denn es wird eine Dreiklassenmedizin geben. Die von der Regierung getätigte Aussage: gleiche Leistung vom Burgenland bis nach Vorarlberg, können wir leider nicht ernst nehmen, denn die Nivellierung – zu befürchten ist: nach unten – betrifft ausschließlich die Gebietskrankenkassen. Diese Vereinheitlichung haben die Krankenkassen aber bereits großteils durch Leistungsharmonisierung abge­schlossen, die echte und in Zukunft gesetzliche Ungleichheit zwischen Arbeitnehmern, Beamten und Selbstständigen wird aber zementiert.


BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 48

Die Bundesregierung schafft künftig, wie gesagt, eine Dreiklassenmedizin: ganz oben die Beamten mit den besten Leistungen (Ruf bei der FPÖ: Da bist du aber auch drin! Aufpassen!), dann die Selbstständigen und schließlich die dritte und unterste Klasse, die große Mehrheit der sieben Millionen anderen. Die bei der Österreichischen Gesundheitskasse Versicherten sind die Einzigen, die nicht selbst über ihre Leistungen entscheiden dürfen. Auch Verschlechterungen wie etwa die Kostenabwälzung zur sogenannten Sanierung der AUVA muss die Österreichische Gesundheitskasse schlucken. Einsparungen im Bereich der gesetzlichen Versicherung treiben die Men­schen, die es sich leisten können, zu privaten Krankenversicherungen und zu Wahl­ärzten.

Zu einem weiteren Thema, zur Parität: Die Parität in der Selbstverwaltung bedeutet Machtungleichheit zugunsten der Wirtschaft. Die Dienstgeberseite bekommt enorme Macht in der Krankenkasse, obwohl sie selbst dort gar nicht versichert ist. Leistungs­kürzungen, Selbstbehalte, Privatisierungen drohen. Wenn Dienstgebermehrheiten und Wirtschaft das Sagen haben, wollen sie vor allem eigene Interessen wahren, wie zum Beispiel Kosten sparen bei den Leistungen der Arbeitnehmer, Beiträge der Dienstgeber senken und damit Lohnnebenkosten sparen, Selbstbehalte beim Arztbesuch einführen, mehr Krankenkontrollen und so weiter.

Zentralisierung heißt, dass Entscheidungen fern von den Menschen erfolgen. Die Län­derkassen verlieren ihre Entscheidungs- und Verhandlungskompetenz. Die Zwangs­fusion bedroht die Versorgung vor Ort, durch die künftigen bundesweiten Ärzteverträge sind regionale Projekte bedroht. Zu befürchten ist, dass das Versorgungsniveau, wie zum Beispiel die Ärztedichte, auf einen bundesweiten Schnitt hinunternivelliert wird – aufgrund der sehr hohen Versorgungsdichte bei Hausärzten wäre Niederösterreich ein Verlierer.

Wenn die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse aufgelöst und ein Teil der Zentralkrankenkasse in Wien wird, ist die künftige Landesstelle zur Gänze an Wei­sungen der Zentrale gebunden und verliert ihre Rechtspersönlichkeit, sie wird über keine Budget-, Personal- und Vertragshoheit mehr verfügen. Wir befürchten wirklich einschneidende Verschlechterungen für die niederösterreichischen Versicherten, die niederösterreichischen Gesundheitsanbieter und die niederösterreichische Wirtschaft.

Die Verschlechterungen für die niederösterreichischen Versicherten ergeben sich aus dem von der Bundesregierung gewünschten Personalabbau; rund ein Drittel der regionalen Außenstellen sind in den nächsten fünf Jahren von der Schließung bedroht. Durch den Verlust der Vertragsautonomie werden künftig regionale Versorgungslösun­gen wegfallen. Durch die Angleichung der gesundheitlichen Versorgung an den Bun­desdurchschnitt droht in vielen Regionen eine Schließungswelle. So müsste zum Beispiel im Waldviertel bei einer Angleichung an den Bundesdurchschnitt jede vierte Kassenpraxis für Allgemeinmedizin geschlossen werden.

Der Wegfall der Entscheidungshoheit der neun Landesstellen bedeutet für Nieder­öster­reich, dass Aufträge nicht mehr – wann immer es rechtlich möglich ist – an niederöster­reichische Betriebe vergeben werden können; darüber entscheidet künftig die Zentrale, meist nach EU-weiter Ausschreibung. Die Folge: Wertschöpfung und Arbeitsplätze in Niederösterreich gehen verloren.

Aus all diesen Gründen können wir von der sozialdemokratischen Fraktion der von den Regierungsparteien vorgeschlagenen Sozialversicherungsreform leider nicht zustim­men. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

10.47


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächster ist Herr Bundesrat Mag. Christian Buchmann zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.



BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 49

10.47.50

Bundesrat Mag. Christian Buchmann (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Sie diese Debatte über die Sozialversicherungsreform hier im Saal, vor den Fernsehgeräten und via Livestream mitverfolgen! Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, wir sind uns beim Ziel sehr rasch einig, nämlich dass wir für die Österreicherinnen und Österreicher, für die Pa­tientinnen und Patienten die beste medizinische Versorgung schaffen, die möglich ist.

Wenn wir dieses Ziel fixiert haben, und die österreichische Bundesregierung hat das auch in ihrem Regierungsprogramm verankert, dann ist es notwendig, den Status quo zu analysieren. Diese Analysen haben stattgefunden: In einer Stärken-Schwächen-Analyse, in einer Chancen-Risken-Analyse wurden offene Fragestellungen ange­sprochen und diskutiert, und wenn man sich diese Fragestellungen ansieht, dann zeigt sich, es gibt zwei Möglichkeiten: nichts zu tun und sich diesen Fragestellungen zu verweigern oder dieses Thema anzupacken und Reformen anzugehen.

Die österreichische Bundesregierung hat sich für die Reformen entschieden. Ich gra­tuliere dazu, weil sie ja hochnotwendig waren, weil sie seit Jahrzehnten im Raum stehen und weil auch die Österreicherinnen und Österreicher sich das erwarten, und zwar vom Bodensee bis zum Neusiedler See. Es ist nämlich nicht nachvollziehbar, warum es unterschiedliche Leistungskataloge in unterschiedlichen österreichischen Bundesländern gibt. Das wird von vielen Menschen – das habe ich auch im per­sönlichen Gespräch gehört – als eine Ungerechtigkeit, als eine Unfairness empfunden.

Mit dem, was die österreichische Bundesregierung nun in diesem Reformpaket vor­gelegt hat, können zumindest Teile dieser Ungerechtigkeit ausgeschlossen werden, abgearbeitet werden, und damit kann für mehr Fairness in Österreich gesorgt werden. Dafür möchte ich der österreichischen Bundesregierung, die das vorgelegt hat, einmal herzlich danken. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, worum geht es denn? – Es geht in letzter Konsequenz darum, dass wir schlankere Strukturen und einen optimierten Mitteleinsatz in unserem Sozialversicherungssystem schaffen. Und dagegen kann man eigentlich nichts haben.

Es hat in der Geschichte der Sozialdemokratie Zeiten gegeben, in denen Sie mutig in die neuen Zeiten geschritten sind, und Sie wissen, wer sich Reformen verweigert, geht mit der Zeit. Daher ist es gut, Reformansätze in den Raum zu stellen und sie dann aber auch ganz konsequent abzuarbeiten. Ich nehme die Vorhalte, die Sie geäußert haben, als einer, der bei mehreren Sozialversicherungsträgern versichert ist und der die Systeme auch schon am eigenen Leib verspürt hat, durchaus ernst, und ich kann hier nur das größte Kompliment dafür aussprechen und habe höchsten Respekt vor dem, was unser Gesundheitssystem zu bieten hat. Wir können stolz darauf sein, in einem Land wie Österreich leben zu können, in dem wir ein solches System haben. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Wo es ein gutes System gibt, gibt es aber immer auch die Chance der Verbesserung, und ich verstehe diese Sozialversicherungsreform als eine Reform, die Verbesserun­gen vornehmen will, die eben diese Strukturen verschlanken will, die für optimierten Mitteleinsatz sorgen will und die damit das System zukunftsfit machen will. Und wenn diese Aufgaben nun in den Sozialversicherungsträgern sinnvoll gebündelt werden und die Prozesse effizient gestaltet werden – Sandra Kern hat darauf hingewiesen, dass beispielsweise in der IT viele Handlungsansätze möglich sind, dass beispielsweise in der Verwaltung, auch im Einkaufsmanagement viele Ansätze möglich sind –, dann wird das in letzter Konsequenz auch den Versicherten zugutekommen, weil dadurch Mittel frei werden, die dann für ganz konkrete Leistungen eingesetzt werden können. Ich


BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 50

verstehe diese Reform in diesem Sinne und ich glaube, das ist gut so und trägt zu mehr Fairness bei.

Weil angesprochen worden ist, dass da eine gesellschaftliche Gruppierung die andere gesellschaftliche Gruppierung quasi ausbremsen würde: Ich glaube, das ist nicht der Fall. Dort, wo Arbeitgeber und Arbeitnehmer annähernd gleichermaßen in die Sozial­versicherungstöpfe einzahlen, dort, wo ähnliche Beiträge in Sachen Lohnnebenkosten geleistet werden, dort ist es auch nur mehr als fair, wenn dann in den Gremien paritätisch entschieden werden kann. Das hat uns Deutschland vorgelebt, das werden wir in Österreich so vollziehen, und das ist gut und trägt zur Fairness im Lande bei – danke auch für diesen technischen Ansatz.

Zum Stichwort Leistungsharmonisierung möchte ich noch sagen: Das war bei Teilen der Versicherten immer ein Ärgernis, es hat bei anderen Teilen für Verwunderung gesorgt, warum es diese unterschiedlichen Leistungskataloge gibt. Man kann immer über unterschiedliche Leistungskataloge diskutieren, wenn die Mittel unterschiedlich aufgebracht werden, aber wenn vom Bregenzer Wald bis in die Südsteiermark dieselben Beiträge aufgebracht werden und trotzdem unterschiedliche Leistungs­kata­loge vorhanden sind, dann versteht das niemand. Wenn das jetzt abgebaut werden kann, dann ist das ein Schritt in die richtige Richtung. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Als einer, dem das Wirtschaftsleben nicht sehr fern ist, möchte ich noch sagen, es steht jetzt mit der Beschlussfassung der harte Teil der Aufgabe eigentlich erst bevor, nämlich die Umsetzung dieser Reform. Ich möchte heute schon sagen: Das wird keine einfache Umsetzung sein, sie wird uns über Jahre begleiten, sie wird für Jahre auch Anlass für den einen oder anderen Kritikpunkt geben. Wo gehobelt wird, fallen Späne, das wissen diejenigen, die in der Wirtschaft zu Hause sind. Es sollen aber das Management und auch die Funktionärinnen und Funktionäre in der Sozialversicherung wissen: Es ist uns ernst mit dieser Reform, wir wollen sie rasch und zügig umsetzen, damit wir zu mehr Fairness und zu mehr Leistungsgerechtigkeit in Österreich kommen.

Frau Bundesministerin, danke für diese Vorlage. Ich glaube, es ist ein guter Tag für die Versicherten in Österreich. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

10.54


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Reinhard Todt. Ich erteile es ihm.


10.54.30

Bundesrat Reinhard Todt (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Fernsehgeräten! Es gibt ja hier bei den beiden Regierungsfraktionen eine Zweiteilung: Die ÖVP redet sehr sachlich und fachlich über dieses Gesetz, so wie das auch mein Vorredner getan hat, und die FPÖ ist dann für die Beschimpfung der Sozialdemokratie zuständig. Das habe ich jetzt festgestellt, das zieht sich ja schon die ganze Zeit so durch. Wir müssen das zur Kenntnis nehmen, weil wir hier Opposition sind.

Zum Gesetz zurückkommend: Wenn man über Zentralisierung redet, dann ist das Erste, was mir auffällt, dass bei dieser Zentralisierung ein Moloch geschaffen wird. Mit der Österreichischen Gesundheitskasse werden die Gebietskrankenkassen zusam­men­geführt; das bedeutet in Wirklichkeit, dass die Gebietskrankenkassen in Kärnten, in Tirol dann über die Zentrale ihre Direktiven bekommen und vieles andere mehr.

Weiters: Die Arbeitgeberinnen und die Arbeitgeber entscheiden über die Leistungen für Arbeitnehmer. Obwohl Dienstgeber nicht einmal ein Drittel der Beiträge leisten, sind sie künftig gleichberechtigt in den Kassen vertreten. Die Beschäftigten verlieren ihre


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Mehrheit. Arbeitgeber werden künftig über Krankenstände ihrer Angestellten, Arznei­mittel, Kuraufenthalte, Rehabilitationsmaßnahmen und so weiter informiert sein. – Also ich finde das sehr eigenartig. Üblicherweise ist es so, dass der Arbeitgeber, wenn es eine Krankmeldung von einem Arzt gibt, nicht erfährt, welche Krankheit der Arbeit­nehmer hat. Das wird er künftig dann über diesen zentralen Moloch erfahren, denn die Arbeitgeber haben dort eine Mehrheit.

Zur Patientenmilliarde: Die Patientenmilliarde wird eine Zentralisierungsmilliarde. Der Rechnungshof kritisiert, dass die 1 Milliarde Euro, die laut Regierung den Patientinnen und Patienten zugutekommen soll, nicht nachvollziehbar ist. Die Fusion der Pensions­versicherungsträger hat schon 200 Millionen Euro gekostet. Die Kassenzentralisierung wird ein Vielfaches davon kosten und wird ein Milliardengrab werden. Herr Buchmann, das wird nicht den Patienten zugutekommen, sondern das wird dem Moloch zugute­kommen. (Beifall bei der SPÖ.)

Selbstverwaltung wird in weiten Teilen ausgeschaltet. Die Krankenkassenversicherten sind die Einzigen, die nicht selbst über die von ihnen bezahlten Beiträge und Leistun­gen entscheiden dürfen. Diese Reform hat sieben Millionen Verlierer, nämlich alle Krankenkassenversicherten und ihre Angehörigen; diese sind dann nur noch Patienten dritter Klasse, die als Einzige nicht einmal selber darüber bestimmen dürfen, welche Leistungen sie für ihre eigenen Beiträge erhalten.

Viele Teile des Gesetzes werden von Verfassungsrechtsexperten im Hinblick auf die Verfassungskonformität besonders kritisch beurteilt. Dieses Gesetz ist ein schlechtes Gesetz. Die Menschen in unserem Land erfahren durch diese Vorhaben keine einzige Verbesserung. Es gibt keine Leistungsharmonisierung, und es wird eine Dreiklas­senmedizin eingeführt.

Ich darf aus einem Brief zitieren – nur als Beispiel für die Sorgen, die die Menschen haben –; der Obmann der Tiroler Gebietskrankenkasse, Werner Salzburger, ÖVP, hat an die Tiroler Abgeordneten Folgendes geschrieben: „Als gesetzlicher Vertreter von mehr als 590.000 Tirolerinnen und Tiroler steht für mich die Versorgung der Bevöl­kerung im Mittelpunkt. Eine qualitativ hochwertige, wohnortnahe Versorgung zeichnet das Gesundheitsland Tirol aus. Es geht um ein faires soziales Krankenversiche­rungssystem.“

Er hat im Anhang auf folgende Punkte aufmerksam gemacht: dass derzeit bei der Tiroler Gebietskrankenkasse die Versorgung der Bevölkerung im Mittelpunkt steht und er Sorge hat, dass das durch die Schaffung der Österreichischen Gesundheitskasse dann nicht mehr gewährleistet sein wird. Er hat die Sorge, dass zum Beispiel Arztstellen nicht mehr besetzt werden und dass alles dem untergeordnet wird, von dem Herr Buchmann vorhin gesprochen hat, nämlich dass die Wirtschaft effizienter werden muss und vieles andere mehr. Das hat Herr Buchmann vorher klar gesagt. Diese Sorge hat der Obmann der Tiroler Gebietskrankenkasse.

Er hat weiters die finanziellen Auswirkungen angesprochen: Er meint, es werden zukünftig 272 Millionen Euro weniger zur Verfügung stehen, denn die Beiträge werden ja in den gesamten Fonds einbezahlt, und da können die Tiroler nicht mehr bestimmen. Er schreibt: „Die Einnahmen der Tiroler Gebietskrankenkasse setzen sich bekanntlich nicht nur aus Beiträgen zusammen. Einnahmen wie beispielsweise Ersätze für Leis­tungsaufwendungen, Rezeptgebühren, Kostenbeteiligungen etc. fallen weg. Damit verliert die Zusage, dass Beiträge ,im Land bleiben‘ fast völlig ihre Bedeutung, weil der Bevölkerung € 178 Millionen entzogen und sie zu Bittstellern in Wien degradiert werden. Somit werden rund 20 % der Gelder nicht ,regionalisiert‘, und fehlen dennoch im Budget der zukünftigen Landesstelle.“ 


BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 52

Die Handlungs- und Entscheidungskompetenz geht verloren, weil sie nicht mehr bei der Tiroler Gebietskrankenkasse ist, sondern im Moloch verschwindet. (Ruf bei der ÖVP: In welchem Moloch?) – Im Moloch der Österreichischen Gesundheitskasse; ich habe das zuerst bei der Zentralisierung schon beschrieben.

Weiters führt er in seinem Schreiben an: Die Tiroler Gesundheitswirtschaft verliert regionale Verträge. Die Parität ist verfassungswidrig, und die Zusammenlegung der Sozialversicherungsanstalten findet auf Kosten der Versicherten und ihrer Partner statt.

Sehr geehrte Bundesrätinnen und Bundesräte! Überlegen Sie sich diese Reform noch einmal und lassen Sie von diesem Gesetzesvorhaben ab! (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller.)

11.03


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Peter Raggl. Ich erteile es ihm.


11.03.06

Bundesrat Dr. Peter Raggl (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Liebe Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Ich darf jetzt noch einmal entgegen aller Schwarzmalerei der Opposition ein bisschen zusammenfassen – weil gar nicht mehr so viele Redner nach mir kommen –, wie es ausschaut.

Wir diskutieren hier heute über die am größten angelegte Neuorganisation der öster­reichischen Sozialversicherungslandschaft der letzten Jahrzehnte. Ein altes, aufge­blähtes, unübersichtliches und schwerfälliges System wird abgelöst und durch ein schlankes, effizientes und kostengünstigeres System ersetzt.

Kanzler Kurz und die neue Volkspartei haben diese Reform im Wahlkampf ver­sprochen, dafür wurden sie gewählt, und jetzt wird die Reform gemeinsam mit dem Koalitionspartner in dem Sinne umgesetzt, dass die Patienten, die Versicherten im Mittelpunkt stehen und nicht ein bürokratischer Behördenapparat mit unübersichtlichen Verwaltungsstrukturen und übergroßen Entscheidungsgremien. Ihr müsst euch einmal umhören – aber vielleicht nicht nur in den eigenen Kreisen –: Die Zustimmung der Bevölkerung zu dieser Neuorganisation ist groß, trotz aller Verunsicherung, die hier betrieben wird.

Es ist wirklich verwunderlich, dass da alles so schlechtgeredet wird. Es kommt mir schon so vor, als würden wir, was das Soziale angeht, in einem Entwicklungsland leben. Das Gegenteil ist der Fall: Österreich hat eine sehr gute Gesundheits­ver­sorgung. Viele Rankings mit unterschiedlichen Parametern bestätigen dies und bringen das auch zum Ausdruck. Dass wir so gut dastehen, ist zweifellos ein Verdienst einer umsichtigen, sozialen Politik auch der vergangenen Jahre, und ich bin überzeugt, dass wir das alles nicht leichtfertig aufs Spiel setzen, sondern dass das auch in Zukunft so sein wird. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Es wurde bereits angesprochen: Auch gut funktionierende Systeme müssen mit der Zeit evaluiert, geprüft und dementsprechend weiterentwickelt werden. (Bundesrat Weber: Aber nicht verschlechtert!) Das ist nicht nur beim Sozialversicherungssystem so, das ist in der Wirtschaft so, das ist auch bei den Gebietskörperschaften so und manchmal vielleicht sogar im privaten Bereich so.

Die heute zu bestätigende Organisationsreform bringt Effizienzsteigerungen und Kos­ten­einsparungen mit sich – davon sind wir überzeugt –, und diese Kosten­einsparungen werden zukünftig den Versicherten zugutekommen. Das Ein­spa­rungspotenzial ist zweifellos vorhanden, wenn man sich diesen Apparat anschaut. (Bundesrätin Grossmann: Mehrkosten!) – Ich komme dann noch zu ein paar Zahlen, die aber schon


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genannt worden sind; wenn da keine Einsparungen drinnen sind, dann würde mich das sehr wundern. Das sind vor allem Einsparungen durch Synergieeffekte, aber auch beim Personal, ohne dass der Service für die Versicherten darunter leiden würde. (Bundesrat Stögmüller: Das werden wir dann sehen!)

Worum geht es vor allem der Opposition? – Es geht um die Funktionäre. Da muss man wissen: Die Versicherten interessiert das Funktionärswesen und auch die Bürokratie nicht. (Bundesrat Stögmüller: Uns geht es nicht um die Funktionäre! – Zwischenruf der Bundesrätin Grimling.) Der Versicherte will, dass gleiche Leistungen für gleiche Beiträge gewährt werden. Das war in der Vergangenheit leider nicht so, wie bereits ausgeführt wurde. (Beifall bei der ÖVP.)

Um einigermaßen zu beruhigen, wenn hier immer wieder erklärt wird, was eine Reform, eine Zusammenlegung alles Böses bringen soll, ist vielleicht auch ein Blick in die Vergangenheit angesagt. Ich kann da aus dem eigenen Berufsbereich berichten. Es hat bereits Fusionierungen von Kassen gegeben, und das immer, ohne dass das zum Nachteil der Versicherten geschehen wäre.

Zum Beispiel wurde bereits 1974 anlässlich der Gründung der Sozial­versiche­rungsa­nstalt der Bauern eine Fusion vorgenommen: Die Bauernkrankenkasse, die Pensions­versicherungsanstalt der Bauern und die Land- und Forstwirtschaftliche Sozialver­sicherungsanstalt wurden zu einem Versicherungsträger, der SVB, vereint – ohne Nachteil für die Versicherten.

2003 wurden die Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter und die Pensions­ver­sicherungsanstalt der Angestellten zusammengelegt – ohne Nachteil für die Versicher­ten. (Bundesrätin Grimling: Ja, das kennen wir, was sich da abgespielt hat!)

Im Jahr 2005 wurden dann noch die Versicherungsanstalt der österreichischen Eisen­bahnen und die Versicherungsanstalt des österreichischen Bergbaus zu einer Ver­sicherungsanstalt zusammengelegt – ohne Nachteil für die Versicherten.

Die Strukturreform bringt einfachere Strukturen – es wurde bereits gesagt –: fünf statt 21 SV-Träger. Sie reduziert die Zahl der Funktionäre – unvorstellbar – von 2 000 auf 400 (Bundesrätin Grimling: Die Funktionäre habt ihr ja auch da drinnen sitzen!) und verringert die Anzahl der Entscheidungsgremien von 90 auf 50 – und dies mit Sicherheit ohne Nachteile für die Versicherten. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Das eingesparte Geld (Rufe bei der SPÖ: Wo? Wo?) wird nicht einem angesprochenen Moloch, den es nicht geben wird, zukommen, sondern einzig und allein den Versicher­ten, und ich glaube, sieben Millionen Versicherte werden bei dieser Fusionierung als Gewinner aussteigen. Ich bin absolut überzeugt, dass wir in relativ kurzer Zeit zurück­schauen und nicht mehr verstehen werden, wie man einen dermaßen aufgeblähten Apparat so lange am Leben halten konnte. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Daher bitte ich abschließend darum, gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

11.09


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Karl Bader. (Bundesrat Bader: Ich ziehe sie zurück!) – Er zieht seine Wortmeldung zurück.

Dann ist als Nächster Herr Bundesrat Günther Novak zu Wort gemeldet. – Bitte.


11.10.11

Bundesrat Günther Novak (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren zu


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Hause vor den Bildschirmen! Ich wäre ja normalerweise nicht zu Wort gemeldet ge­wesen, aber nach diesen zwölf Redebeiträgen muss ich etwas anmerken.

In diesen teilweise emotionellen Debattenbeiträgen wurde von einem Kraftakt ge­sprochen, viel wurde natürlich von Reformen gesprochen, das ist keine Frage, teil­weise wurde die Opposition belächelt, vereinzelt wurden sachliche Beiträge gebracht – danke dafür. Was mir aber aufgefallen ist, und deswegen stehe ich hier: Es wurde sehr wenig über die finanzielle Situation gesprochen. Kollege Todt hat es angesprochen, Dr. Raggl hat es auch kurz angesprochen, sich aber nicht festgelegt, und die Frau Bundesministerin hat sich festgelegt. Sie hat von Einsparungen im Milliardenbereich gesprochen, die niemand nachvollziehen kann. (Beifall bei der SPÖ.)

Das Zweite: Es fehlen die Fusionskosten; auch darüber wurde nicht gesprochen. (Bun­desrat Weber: Nichts mehr als Seifenblasen!) Also über das Geld beziehungsweise über die Finanzierungen wurde immer nur so vage gesprochen. Man hat gesagt: Wenn man einspart, dann wird man schon das eine oder andere sparen. – Leider Gottes wissen wir bis jetzt nicht, was schlussendlich eingespart wird; vielleicht sagt uns die Frau Bundesministerin das noch in ihrer Schlussrede. Das heißt, die finanziellen Erläuterungen sind mangelhaft und bieten keine, aber schon gar keine geeignete und auf Informationen basierende Grundlage für eine Beschlussfassung. Zuerst, Frau Bundesministerin, reden Sie über Einsparungen in Milliardenhöhe – im Entwurf stehen dann nur 33 Millionen Euro! Also irgendetwas passt da nicht.

Was mir auch aufgefallen ist: Die großen Verlierer sind nicht nur die Menschen in Österreich, sondern vor allem die Gebietskrankenkassen. Es wurde in vielen, vielen Beiträgen immer wieder hervorgehoben, was an Gebietskrankenkassenbeiträgen auf Landesebene verloren geht, und das werden schlussendlich die Menschen spüren.

Das heißt für mich persönlich, nur um dieses Finanzielle aus meiner Sicht zu beleuch­ten: Die große Reform braucht eine verlässliche finanzielle Zielrichtung in die Zukunft. Der Einzige, der das noch gesagt hat, war Bundesrat Buchmann, der gesagt hat: Jetzt erst beginnt die Arbeit, jetzt wird es wahrscheinlich auch kosten, und die Finanzierung wird dann schlussendlich hoffentlich abgeschätzt werden können.

Um zum Ende zu kommen: Frau Bundesministerin, Sie sagen, Sie sind die neuen Sozialdemokraten. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Wissen Sie, was in unserem Partei­programm steht? – Teilen! In Ihrem Regierungsprogramm steht: nehmen! (Beifall bei der SPÖ.)

11.13


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bun­desministerin Mag. Beate Hartinger-Klein. – Bitte, Frau Minister.


11.14.05

Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein: Herr Präsident! Meine Damen und Herren des Bundes­rates! Sie schreiben heute Geschichte: Wir machen die größte Reform der Zweiten Republik! (Beifall bei FPÖ und ÖVP. Zwischenruf bei der SPÖ.)

Gestatten Sie mir, mich gleich zu Beginn bei all jenen zu bedanken, die zu diesem Werk, diesem wirklich maßgeblichen Werk beigetragen haben: erstens beim Koaliti­ons­partner und natürlich auch bei meinen Mitarbeitern und bei meinen Sektionen. Es waren alle Sozialrechtsexperten, Sozialversicherungsexperten eingeladen, die es in Österreich gibt, um dieses Gesetz auf Schiene zu bringen. Dafür möchte ich recht herzlich Danke sagen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)


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Sie wissen, es hat viele Studien gegeben, die seit Jahrzehnten gefordert haben, dass das Sozialversicherungssystem reformiert wird, dass es reformiert werden muss. Die letzte Studie von der London School of Economics, die, sage ich einmal, vom ehe­maligen sozialdemokratischen Sozialminister Stöger beauftragt wurde – die hat übri­gens 630 000 Euro gekostet –, beinhaltet vieles, was wir jetzt umsetzten. Sie be­inhaltet, dass es vor allem bei den österreichischen Gebietskrankenkassen eine Unge­rechtigkeit und Ungleichbehandlung gibt. Es wurde vieles schon gesagt, dass vom Neusiedler See bis zum Bodensee alle die gleichen Beiträge zahlen (Ruf bei der SPÖ: Haben Sie die Studie auch gelesen?), es aber unterschiedliche Leistungen gibt. – Ich habe Sie gelesen, ja, Herr Kollege! Sie wissen, ich war sechs Jahre lang in der Sozialversicherung, also glauben Sie mir, ich bin Sozialversicherungsexperte! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Sie wissen ganz genau, dass es eine Strukturreform ist. Ich möchte nur ein Beispiel sagen: 54 Entscheidungen waren notwendig, um für die gesamte Sozialversicherung eine Maßnahme umzusetzen; 54 Entscheidungen, die ein halbes Jahr in Anspruch genommen haben. Jeder Unternehmer wird Ihnen sagen: Das ist ineffizient bis zum Gehtnichtmehr! Diese Ineffizienz wollen wir beheben. Wir wollen ein effizientes Sozialversicherungssystem für die Versicherten, um wirklich für den Versicherten und nicht für die Funktionäre das Optimum herauszuholen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Sie reden davon, dass wir ein Dreiklassensystem schaffen. – Nein! Sie haben bei den §-2-Kassen – also den 7 Millionen Versicherten in Österreich – ein Neunklassensystem geschaffen, da es eben Unterschiede in den Leistungen gibt, obwohl gleiche Beiträge gezahlt werden. Also da, bitte, faktenbasiert bleiben!

Auch das Thema Selbstbehalte bei der Österreichischen Gesundheitskasse ist für mich kein Thema, und das garantiere ich! (Beifall bei FPÖ und ÖVP. Zwischenrufe bei der SPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller.)

Wenn wir jetzt also sagen, die Strukturreform ist die Basis für eine Gesund­heits­reform – diese Gesundheitsreform ist auch dringend notwendig, denn: Was haben Sie uns da überlassen? Was haben mir die ehemaligen sozialdemokratischen Gesund­heits­ministerInnen überlassen? – Ein Gesundheitssystem – und das sind internationale Kennzahlen, ein so genannter Health Index, der angibt, wie die Wartezeiten in den einzelnen EU-Staaten, wie die Öffnungszeiten sind, ob Leistungen gleich sind, wie viele Ärzte, wie viele Kassenärzte es gibt –, das uns im Ranking in den letzten Jahren von Platz 4 auf Platz 11 zurückgereiht hat, und da frage ich mich: So etwas soll man nicht reformieren? – So etwas muss reformiert werden! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Mein Ziel ist es, mehr Kassenarztstellen zu schaffen, mehr Kassenarztstellen für die ländlichen Regionen zu schaffen, wo es natürlich notwendig ist, die medizinische Versorgung zu garantieren und sicherzustellen. Mehr Kassenärzte, das ist unser Ziel. (Ruf bei der SPÖ: ... keine Antwort zu den Milliarden!) Was habt ihr gemacht? – Ihr habt verursacht, dass die Wartezeiten länger wurden, dass es ein Weniger an Öffnungszeiten gibt, ihr habt die Menschen in die Ambulanzen und zu den Wahlärzten getrieben. Also ich frage mich wirklich, was dabei gerecht und effizient sein soll. Man sieht es an den Kennzahlen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Zur Frage der Belastung der Länder: Ich finde es schon komisch, dass ein sozial­demokratisch regiertes Land, nämlich das Burgenland, erst jetzt den Konsultations­mechanismus zurückgezogen hat. (Zwischenrufe der BundesrätInnen Grimling und Stögmüller.) – So viel zu ihrer Einheitlichkeit. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Das Zweite, das mir auch sehr, sehr wichtig ist: Der Bundeskanzler hat gesagt, dass im Rahmen der Steuerreform natürlich auch die Sozialversicherungsbeiträge bei den


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Geringverdienern – die ja kaum Steuer, aber noch sehr viel Sozialversicherungs­beiträge zahlen – gesenkt werden sollen. Sie regen sich darüber auf? Eine Sozial­demokratie regt sich darüber auf, dass die Beiträge für die Niedrigeinkommen gesenkt werden? – Also sorry, aber da verstehe ich die Welt nicht mehr. Oder wie sehen Sie das? (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Die Einnahmen, und das garantiere ich natürlich auch, werden trotzdem gleich bleiben. (Bundesrätin Grimling: Nicht!) Die Einnahmen für die Sozialversicherung bleiben trotzdem gleich, damit die Leistungen der Versicherten gesichert sind. Das heißt, wir werden dafür sorgen, dass die Sozialversicherung entsprechend mit Einnahmen ver­sorgt ist. (Bundesrätin Grimling: Auf Kosten der Patienten, das wissen wir eh!)

Nun zu den Einsparungen, weil das immer ein Diskussionspunkt war: Wir können in dem System durch diese Reform 200 bis 300 Millionen Euro pro Jahr einsparen. Das hat die LSE-Studie gesagt, das hat Professor Hoffmann im Hearing auch bestätigt, das ist leicht möglich. Jeder Cent, der in dem System eingespart wird, kommt den Versicherten zugute. (Bundesrat Weber: Wer’s glaubt, wird selig!) Die Gewinner sind die Versicherten und sonst niemand! (Beifall bei FPÖ und ÖVP. Bundesrat Weber: Was sagt die Frau Kraker dazu?)

Noch eine Bemerkung zur Kollegin von den Grünen: Schlaflose Nächte habe ich sicher nicht, weder durch Sie noch durch die Reformen, die ich angehen werde; davon bin ich überzeugt. Ich habe aber auch ein Geschenk für Sie: Die Opposition hat das gute Recht, anderer Meinung zu sein, aber es geht immer um den Respekt und die Wertschätzung – ich schenke Ihnen einen Wertekurs! (Beifall bei FPÖ und ÖVP. Bravoruf bei der FPÖ. Zwischenrufe bei der SPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller.)

11.21

11.21.48


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Es liegt ein Antrag der BundesrätInnen Bader, Mühlwerth, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Leistungssicherungsrücklagen der Ge­bietskrankenkassen“ vor.

Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen und ich bitte jene Bundes­rätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist daher angenommen. (E 256-BR/2018)

11.22.403. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 13. Dezember 2018 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (338 d.B. und 414 d.B. sowie 10080/BR d.B. und 10083/BR d.B.)


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4. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 13. Dezember 2018 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozial­versicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (415 d.B. sowie 10084/BR d.B.)


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Wir gelangen nun zu den Tagesord­nungspunkten 3 und 4, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatter zu den Punkten 3 und 4 ist Herr Bundesrat Christoph Längle. – Ich bitte um die Berichte.


11.23.13

Berichterstatter Christoph Längle, BA: Herr Vizepräsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Ich komme zum Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Konsu­mentenschutz über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Dezember 2018 betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage am 18. Dezember 2018 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Damit komme ich zum Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Konsu­men­ten­schutz über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Dezember 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen ebenfalls in schriftlicher Form vor, ich komme daher zur Antrag­stellung.

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage am 18. Dezember 2018 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Danke für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Korinna Schumann. Ich erteile es ihr.


11.24.53

Bundesrätin Korinna Schumann (SPÖ, Wien): Wertes Präsidium! Werte Frau Bun­desministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Das vorliegende Gesetz eröffnet die Möglichkeit zur Telerehabilitation, das heißt eigentlich, zur Rehabilitation aus der Ferne, einzusetzen als ambulante medi­zinische Rehabilitation. Was nun genau darunter zu verstehen ist, wie sie umgesetzt wird, ist anhand dieses Gesetzentwurfs leider nicht nachvollziehbar. Grundsätzlich wird die Entwicklung der medizinischen Technik zukünftig noch stärker von der Infor­mations- und Kommunikationstechnologie bestimmt werden. Das kann zweifelsohne zu Verbesserungen in der medizinischen Versorgung führen, sicher auch im Bereich der Rehabilitation, aber mit all ihren Herausforderungen.

Bei diesen Entwicklungen sind die Fragen des Datenschutzes ganz wesentlich. Im Zuge der Rehabilitation werden Gesundheitsdaten an Rehabilitationseinrichtungen weitergegeben. Dabei gilt es – das ist ganz wesentlich –, zu klären, wie die digitalen


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Kommunikationswege gestaltet und vor allen Dingen gesichert sind. Wird der Pa­tient/die Patientin mit einem PC ausgestattet oder muss man seinen eigenen zur Verfügung stellen? Dient das eigene Smartphone mit allen Datensicherheitsrisikos zur Datenübertragung?

Keinen Aufschluss gibt der Gesetzentwurf darüber, welche Rehabilitationsmaßnahmen damit unterstützt werden. Handelt es sich um eine Bildschirmkonferenz via PC zwischen Arzt/Ärztin oder Therapeuten/Therapeutin oder um eine telefonische Kontakt­nahme? Werden zum Beispiel sogar Blutdruckwerte zu einem gewissen Zeitpunkt oder in einem festgelegten Zeitrahmen übertragen? Die Menschen haben ein Recht auf genaue Information, wie mit ihren Gesundheitsdaten umgegangen wird.

Besonders heikel ist natürlich die Frage der Erhebung von Gesundheitsdaten im privaten Umfeld: Telerehabilitation in den eigenen vier Wänden. Diese eigene, private Umgebung ist besonders schützenswert, denn es besteht eine Mitwirkungspflicht, insbesondere beim Einsatz von Webcams, damit dringt man ganz massiv in den verfassungsrechtlich geschützten privaten und persönlichen Bereich der Betroffenen ein.

Es stellt sich auch die Frage, wie Persönlichkeitsrechte von im Wohnraum anwe­senden Familienmitgliedern geschützt werden. Da gilt die Einhaltung des § 8 der Men­schenrechtskonvention. Es geht um die Grundrechte, die durch eine Bild und Ton wiedergebende Dokumentation verletzt werden können. Ebenso problematisch ist die Einschränkung der Bewegungsfreiheit von Mitbewohnern in der eigenen Wohnung.

Grundsätzlich muss definiert werden, zu welchen Zwecken die Telerehabilitation ihre Anwendung findet. Dient sie zur Kontrolle der Rehabilitationspatientinnen und -patien­ten? Werden dadurch Trainingsprogramme weitergegeben, Therapien verordnet? Wird man zu physiotherapeutischen Maßnahmen angeleitet? All das findet in diesem Gesetzentwurf keine Klärung, die aber so wesentlich wäre.

Abgelehnt werden muss jedes Vorhaben, das zum Ziel hat, durch die Telerehabilitation Einsparungen zu erzielen, indem man personalintensive Rehabilitationsmaßnahmen durch Telerehabilitation zum Preis einer Verschlechterung des Rehabilitationserfolgs ersetzt. Der Einsatz von Telerehabilitation in der medizinischen Rehabilitation in der Krankenversicherung ist erstaunlicherweise jetzt nicht vorgesehen.

Der digitale Wandel ist auch im Bereich der medizinischen Versorgung bereits in vollem Gange und bringt viele positive Entwicklungen für die Patientinnen und Patien­ten. Gleichzeitig ist aber allen Krankenversicherungen klar, dass diese Entwicklung einen hohen Preis haben und zu hohen Kosten für das gesamte Gesundheitssystem führen wird; damit ist zu rechnen. Der digitale Wandel muss gestaltet und genau geregelt werden. Er darf nicht zum Einfallstor für Entrechtung von PatientInnen und Datenmissbrauch führen.

Besonders bedenklich ist aber der Beschluss des Abänderungsantrages, der in diesem Gesetzentwurf von ÖVP und FPÖ vorgenommen wurde.

Punkt eins, das Einkommen von Notärzten wurde aus dem Entgeltbegriff genommen, und zwar rückwirkend. Dadurch entgehen den Notärztinnen und Notärzten zum Beispiel Beitragszeiten in der Pensionsversicherung, der Sozialversicherung. Es gibt einen Anlassfall, in dem derzeit eine Schuldenforderung von 4 Millionen Euro für die Sozialversicherung vorliegt. Diese Forderung wird durch die Abänderung nicht mehr schlagend, und der Sozialversicherung entgehen dadurch 4 Millionen Euro.

Mit dem Beschluss wurde die Berufsgruppe der ZeitungszustellerInnen, Hauszustel­lerInnen und KolporteurInnen einfach zu Selbständigen gemacht – mit einem einfachen


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Gesetz. Egal, unter welchen Bedingungen sie bisher gearbeitet haben, sie werden zukünftig immer Selbständige sein.

Ich habe gestern gelernt, es gibt wirtschaftsgerechtes politisches Handeln, es gibt wirtschaftsfreundliches politisches Handeln, aber derzeit befinden wir uns in einer Phase des wirtschaftsoptimalen politischen Handelns, und das ist nicht klug. Es geht um den Ausgleich der Kräfte und es geht um die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller.)

Mit einem Federstrich eine ganze Gruppe von Beschäftigten zu Selbständigen zu erklären, noch dazu eine Gruppe, die wirklich am untersten Rand der Jobgesellschaft ist, das macht einen wirklich mehr als betroffen.

Auch mit dieser bestürzenden Vorgangsweise zeigt sich wieder, wie diese Bundes­regierung mit den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern umgeht. Die Interessen der ArbeitnehmerInnen sind dieser schwarz-blauen Bundesregierung anscheinend völlig gleichgültig. – Glück auf! (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller.)

11.30


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Rosa Ecker. Ich erteile es ihr.


11.30.50

Bundesrätin Rosa Ecker, MBA (FPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geschätzte Frau Minister! Sehr geehrte Damen und Herren hier und zu Hause! Ich frage mich heute schon zum zweiten Mal, ob wir beide (in Richtung Bundesrätin Schumann) im selben Ausschuss gesessen sind, denn irgendwie bin ich mit anderen Informationen hinausgegangen. (Beifall bei der FPÖ sowie der Bundesrätin Eder-Gitschthaler.)

Bezüglich der Telerehabilitation: Laut AUVA, der Allgemeinen Unfallversicherungs­anstalt, befinden sich rund 5 000 Patienten pro Jahr in einer Rehaeinrichtung, in einem Zentrum, in einer Rehamaßnahme. Die viel zitierte Digitalisierung bietet eben auch in der Rehabilitation neue Möglichkeiten, die wir alle nutzen können. Wir sprechen da von der Nutzung medizinischer Assistenzsysteme in der Prävention, in der Rehabilitation und auch in der Nachsorge.

Das bedeutet in der Reihenfolge – so ist es uns auch im Ausschuss gesagt worden –: zuerst die Akutbehandlung, dann die Rehabilitation und die Nachsorge, das heißt, die Möglichkeit zur Nachsorge mittels einer Telerehabilitation. Das wird zusätzlich im Anschluss ermöglicht, und zwar freiwillig. Es ist besonders betont worden, dass dies die bisherigen Rehaoptionen nicht ersetzen wird.

Es ist doch wirklich für alle Patienten und auch für die Arbeitgeber und für die Arbeits­plätze, die die Arbeitnehmer brauchen, von immenser Wichtigkeit, dass man nach einer Krankheit oder nach einem Unfall auch wieder rehabilitiert wird. Dies nicht nur, weil es einem dann nachher körperlich besser geht, sondern weil man auch sein Leben wieder selbständig in die Hand nehmen und damit sich selber etwas leisten kann und auch dem Arbeitsmarkt zur Verfügung steht.

Telerehabilitationssysteme stellen eine Erweiterung der therapeutischen Behandlung dar und bieten neue Möglichkeiten. Diese neuen Techniken unterstützen Patienten, Ärzte und auch Therapeuten, die diese Prozesse begleiten und steuern. Der Kontakt zum Patienten bleibt aufrecht, und trotz der räumlichen Entfernung können Ärzte und Therapeuten die Patienten unter Zuhilfenahme von Telerehabilitationssystemen zu Hause betreuen. Das heißt, diese Therapie kann in den Alltag integriert werden und das Gelernte aus der stationären Reha kann vertiefend beibehalten werden. Der


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Patient erspart sich Wege, und das eigene Umfeld – das wissen wir alle – ist dem Therapieerfolg zuträglich.

Es gibt Studien darüber, es gibt verschiedene, diverse Maßnahmen, die bereits durch­geführt worden sind, es gibt Pilotprojekte, sei es nach Herz-OPs, bei denen Herz­schrittmacher eingesetzt wurden, nach Herzinfarkten oder Schlaganfällen, die belegen, dass Patienten mittels Teletraining nach Kardioreha wieder wesentlich schneller nach Hause entlassen werden können; oder eben bei verordneten Therapien im Bewe­gungsbereich, bei denen es Therapietrainingseinheiten mit E-Bikes und Ergometer­training gibt.

Telereha ist eine langfristige Therapie, die man daheim nutzen kann und die durch moderne Informations- und Kommunikationstechnologien unterstützt wird. Es gibt virtuelle Übungen und Trainingsprogramme und mittels Videoanleitungen kann man diese selbständig abarbeiten. Therapeuten können das begleiten und diese Therapien auch wieder abändern, angleichen und weiterentwickeln. Man kann das Trainingsprofil sehr gut anpassen und überwachen.

Zum Bereich der Grundsätze der Datenschutzgrundverordnung: Mir macht eher mehr Sorgen, dass im Ausschuss gesagt wurde: Na ja, wenn das dann so eine Turnübung nach DVD-Anleitung ist, dann macht man sich keine Sorgen, der Datenschutz ist eine größere Sorge. – Also wenn das wirklich eine Turnübung nach DVD-Anleitung ist, dann mache ich mir große Sorgen, denn Rehabilitation sollte langfristig erfolgreich sein und dem Menschen nützen, und dem, glaube ich, ist eine DVD-Anleitung nicht zuträglich.

Wir haben es schon gehört, mit dieser Gesetzesänderung wird auch geregelt, dass die Zeitungskolporteure und Zeitungszustellerinnen nach dem GSVG, dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz, versichert werden. Die Auskunftsperson im Ausschuss hat uns detailliert erklärt, dass es sich dabei um die Abrundung einer Maßnahme handelt, die bereits 2016 gesetzt wurde. Dazu hat es unterschiedliche Rechtsauslegungen gegeben und darum braucht es diese Klarstellung. Das wurde uns ganz genau erklärt und das ist nicht etwas, das man jetzt einfach aus dem Hut gezaubert hat.

Das betrifft genauso die Notärzte, indem die Entlohnung vom Entgeltbegriff ausge­nommen wird. Wir wissen alle – wir haben die Notarztversorgung auch schon gestern thematisiert –, dass man sicherstellen muss, dass uns die Notärzte auch nebenberuf­lich zur Verfügung stehen.

Ich denke, wir haben im Ausschuss wirklich alles dezidiert beantwortet bekommen. – Also, wie gesagt, ich habe den Eindruck, ich bin in einem anderen Ausschuss ge­sessen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

11.35


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Eduard Köck. Ich erteile es ihm.


11.36.08

Bundesrat Ing. Eduard Köck (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrter Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zu­seher! Es ist eigentlich alles gesagt, ich bin jetzt nur mehr angetreten, um einige Schimären, die hier von der SPÖ gezeichnet wurden, zu entkräften.

Wir reden heute über ein Gesetz, mit dem die Telerehabilitation möglich gemacht werden soll. Ich denke, es ist grundsätzlich ein sehr gutes Gesetz, weil wir die neuen Techniken anwenden und uns ihrer bedienen, um für die Menschen ein besseres Leben, eine bessere Rehabilitation möglich zu machen. Das ist doch grundsätzlich etwas sehr, sehr Gutes, und ich verstehe gar nicht, dass man da dagegen sein kann.


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Es geht nicht darum, dass etwas ersetzt wird, sondern darum, dass noch einmal etwas draufgesetzt wird, nämlich eine bessere Nachsorgemöglichkeit; und da gibt es natürlich auch Programme dazu.

Uns geht es darum, dass wir individuell bessere Möglichkeiten geben können, dass vielleicht sogar berufsbegleitend eine Reha passieren kann. Uns geht es darum, dass die Menschen länger gesund sind, dass die Menschen länger im Erwerbsleben sind. Das ist vielleicht etwas, das der SPÖ ein bisschen widerspricht.

Es gibt dazu auch langfristige Studien, die mit Probanden gemacht wurden. Diese haben sich sehr, sehr positiv dafür ausgesprochen. Die Probanden selbst haben hervorgehoben, dass die Möglichkeiten, allein trainieren zu können, besser sind und dass die Tatsache, eine Aufgabe beziehungsweise Beschäftigung zu haben, in ge­wisser Weise auch ihren Selbstwert fördert. Die Angehörigen haben davon ge­sprochen, dass sie entlastet werden. Es gibt natürlich auch in diesen Studien Face-to-face-Termine, so wie es sie dann auch bei den tatsächlichen Nachsorgeprogrammen geben wird. Auf jeden Fall war eine Verbesserung bei allen Probanden erkennbar, und es wurde von allen positiv beurteilt. Ich glaube, solche Studien soll man sich ansehen und man soll damit auch arbeiten.

Zum Datenschutz: Ja, ich weiß nicht, da hat euch die Zeit überholt. Ich habe einen Bekannten, der einen Herzschrittmacher hat, und wenn bei ihm nicht alles passt, geht er zu seinem Arzt, der beim 80 Kilometer entfernten Krankenhaus anruft, und dort stellen sie den Herzschrittmacher neu ein. (Bundesrätin Ecker: Gott sei Dank!) Die Daten werden bereits übertragen, und er ist froh, dass es so gemacht wird.

Solche Programme müssen wir nicht neu erfinden, die gibt es zum Teil schon. Da gibt es eigene Server, da gibt es eigene Rehaboxen mit Passwörtern für die Patienten, mit Passwörtern für die Physiotherapeuten, und nur diese kommen zu den Daten und werten die Daten aus. Die Daten werden dann auch wieder gelöscht, wenn das Programm zu Ende ist.

Ich glaube, die heutigen Möglichkeiten der Digitalisierung geben uns auch genug Möglichkeiten – wenn wir sie wollen – im Datenschutz.

Ihr seid ja gar nicht immer so sehr in den Datenschutz verbohrt. Schauen wir uns Facebook an, da haben wir den Datenschutz gar nicht so sehr gegeben! Ihr habt euch im Wahlkampf stark mit einer Facebookseite – von Silberstein gesteuert – engagiert, und da habt ihr eigentlich nur die Daten schützen wollen, die gezeigt haben, dass diese Seite von eurer SPÖ-Zentrale gesteuert wurde. Alle anderen Daten, die da herum­geflogen sind, waren euch egal. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Ihr habt es gar nicht so mit dem Datenschutz. (Bundesrat Weber: Zur Sache!) Zur Sache Datenschutz, angesprochen von deiner Kollegin - - (Bundesrat Weber: Das ist eine Themenverfehlung!) – Nein, nein, mit Themenverfehlungen habt ihr es immer so, da müssen wir in Zukunft jetzt auch ein bisschen besser darauf schauen. Das mit dem Datenschutz ist von deiner Kollegin angesprochen worden, und das habe ich euch erklärt. Die Facebookseite betreffend ist ja sehr viel gelaufen, und es hat euch eigentlich nichts daran gestört, eben nur die eine Sache, dass ja nicht verfolgt werden soll, dass sie aus der SPÖ-Zentrale gesteuert wurde.

Ich glaube, mit diesem Gesetz sind wir modern, zukunftsfähig und gestaltend. Wenn ihr dieses Gesetz wirklich nicht mittragen wollt, dann seid ihr rückwärtsentwickelnd, unbe­weglich und vergangenheitsverliebt. Deshalb ist es gut, dass ihr nicht mehr in der Re­gie­rung seid.


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Mut steht am Anfang des Handelns, und wir handeln, denn wir wollen die Lebens­bedingungen für die Menschen in diesem Land verbessern. – Danke. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

11.41


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Bernhard Rösch. Ich erteile es ihm.


11.41.09

Bundesrat Ing. Bernhard Rösch (FPÖ, Wien): Kollege Novak, ich habe vorhin aufgepasst, als du der Frau Ministerin gesagt hast, dass Teilen in eurem Programm steht. Jeder, der sich über das Teilen schon einmal Gedanken gemacht hat, weiß, dass das nicht automatisch 50 : 50 bedeutet (Bundesrat Novak: Wenn geht, mehr!), sondern dass das Teilen natürlich auch eine Schieflage bekommen kann, sodass man dann am Ende gar nichts hat.

Ich habe bei der SPÖ – dann möchte ich es auch schon wieder dabei belassen – schon des Öfteren gesehen, dass sie beim Teilen sehr viel genommen hat und den anderen nichts übrig geblieben ist. Oder: Auch bei der Arbeiterkammer haben wir gesehen, wie Arbeitnehmerbeiträge geteilt werden, indem Genosse Gusenbauer, nachdem er nicht mehr Kanzler sein wollte, für seinen Jobstart – oder wie heißt das im AMS? – einen Topjob in der Arbeiterkammer dafür bekam, dass er sich auf Novomatic vorbereiten konnte; 2009 war das. Aber keine Angst, wir haben dann auch ordentlich geteilt. (Bundesrat Novak: Das ist beim Grasser nicht gewesen?) – Ich glaube, in der Arbeiterkammer war er nicht. 2013 hat Gabi Burgstaller gesagt, okay, zu Ende spekuliert, jetzt kommen wir natürlich ganz toll in der Arbeiterkammer unter, weil das ist ja ein Versorgungsturm für die SPÖ. (Bundesrat Weber: Sie ist ja dort hergekommen!) Und wem das beim Teilen noch zu wenig wäre, der denke an Heinz Schaden, der 2017 im Schoße der SPÖ-Arbeiterkammer aufgefangen wurde; es wurde wieder ordentlich geteilt. Nur: Die Arbeitnehmer haben nichts davon gehabt, und deswegen wäre ich sehr, sehr vorsichtig, wenn ich das Wort teilen aus dem Programm der SPÖ zitierte. (Bundesrat Novak: Teilen und nehmen!) – Ja, ja, beim Nehmen habt ihr noch mehr Erfahrung, aber ich sage nur, dass man sich selbst beim Teilen schon sehr fürchten muss. (Bundesrat Köck: Hol dir, was dir zusteht!)

Jetzt möchte ich mich aber gar nicht weiter darüber verbreitern, denn das soll jetzt nicht unbedingt ein SPÖ-Rehaprogramm werden, sondern da geht es tatsächlich um viele tolle Sachen. Wir sehen, dass wir von einem analogen Zeitalter in ein digitales Zeitalter gekommen sind. Die Telerehab komplettiert in Wirklichkeit die Prävention, die die Krankenkassen, die die Pensionsversicherung in der Vergangenheit auch schon angestrebt haben. Da geht es ja um vieles: In einem gesunden Geist lebt ein gesunder Körper – das ist schon aus der Antike bekannt und das ist heute auch so. Natürlich haben wir heute durch andere Anforderungen am Arbeitsplatz manchmal auch Zwangshaltungen, speziell wenn wir mit dem Computer arbeiten, aber auch durch die vielen Informationen, die auf uns hereinkommen, und deswegen ist ein stetiges Sich-Bewegen notwendig. Es gibt sogar App-Erfinder, die das nicht umsonst gemacht haben, die Schrittzähler in den Apps haben, und, und, und.

Wir wissen aus der Evolution: Der Mensch ist für mindestens 10 000 Schritte pro Tag ausgelegt, da erst ist er im gesunden Bereich, da ist der Kreislauf gesund, da ist der Blutdruck in Ordnung. Der Bewegungsapparat wird dabei trainiert, die Ursachen für Fettleibigkeit, aber auch für Burnout und Depressionen werden eingeschränkt. Bekommt man das schon bei medizinischen Maßnahmen unter Anleitung eines Arztes bei der Reha oder bei der Kur oder sonst wo angelernt – jeder kennt seinen inneren Schweinehund und weiß, wie das dann abebbt, das ist ungefähr so wie beim Fasten,


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es wird immer ein bisschen weniger, weil man den guten Vorsatz erst morgen hat –, ist es natürlich gut, diese Telerehab, begleitet von unseren digitalen Möglichkeiten, zu machen.

Kompliment, dass es dazu kommen wird, denn es wird dann in weiterer Folge auch eine Befundung geben. Es ist auf jeden Fall so wie beim lebenslangen Lernen ein lebenslanges Auf-sich-Schauen, auf die Gesundheit; es ist wichtig, präventiv zu sein. Das Ziel ist, im Alter mobil und fit zu sein, und das ist ein ganz bedeutender Weg dorthin: dass wir nicht immer nur Infusionen oder einen Sechserblock zur Physio­therapie oder sonst irgendetwas ermöglichen, sondern dass wir das jetzt wirklich komplettiert haben. – Gratulation dazu, dass das so schnell gegangen ist! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

11.46


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Bundesrat Wanner zu Wort gemeldet. – Bitte.


11.46.25

Bundesrat Michael Wanner (SPÖ, Salzburg): Wenn nicht ganz die Wahrheit gesagt wird, dann muss man eine tatsächliche Berichtigung anbringen. (Beifall des Bun­des­rates Weber.)

Dr. Heinz Schaden ist 2017 nicht zur Arbeiterkammer zurückgekehrt. – Si tacuisses, philosophus mansisses! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Mühlwerth: Wo hast denn das gelesen?)

11.46


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Mag. Beate Hartinger-Klein. (Rufe und Gegenrufe zwischen BundesrätInnen von FPÖ und SPÖ.) – Ich bitte um Aufmerksamkeit für die Frau Bundesministerin. Kollegen und Kolleginnen? – Vielen Dank.


11.47.06

Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein: Herr Präsident! Werte Mitglieder des Bundesrates! Die Telereha ist ein Teil der Telemedizin, und Sie wissen, die Digitalisierung ist generell ein Leuchtturmprojekt der Regierung. Digitalisierung ist gerade für mich im Gesund­heitsbereich der Schlüssel zur weiteren Effizienz im Gesundheitssystem. Wir haben schon viele Beispiele, einerseits das HerzMobil in Tirol, andererseits das DiabCare-Projekt, das die Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau be­gonnen hat. – Frau Kollegin der Sozialdemokratie, ich würde bitten, dass Sie sich dort einmal erkundigen, wie toll und wie erfolgreich dieses Projekt ist!

Gerade bei Diabetespatienten aber auch bei allen anderen Patienten ist die Therapie­treue, sprich die Compliance und die Adherence, ein sehr wichtiger Faktor, um gesund alt zu werden. – Das ist eines meiner Ziele als Gesundheitsministerin. Wir werden zwar älter, aber nicht gesund älter, und um gesund älter zu werden, braucht es Therapie­treue.

Kurz zum Diabetesprojekt, um es im Prozess zu erklären: Wenn Sie auf einer Reha sind und Diabetes haben, bekommen Sie ein Handy, ein Blutdruckmessgerät, eine digitale Waage und natürlich auch entsprechendes Monitoring. Diese Werte werden automatisiert dem niedergelassenen Arzt übermittelt, und es besteht nicht nur die Möglichkeit, dass der Patient selber sieht, wie sich seine Werte entwickeln, sondern auch sein Arzt sieht das, und er kann sich dementsprechend rechtzeitig einschalten.


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Die Zufriedenheit der Patienten und Patientinnen ist enorm, deshalb werden diese Projekte, sowohl das HerzMobil- als auch das Diabetesprojekt, flächendeckend in Österreich umgesetzt. Ich freue mich sehr, dass ich jetzt auch die gesetzlichen Grund­lagen dafür habe. – Danke schön. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

11.49

11.49.03


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Vielen Dank.

Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Die Abstimmung erfolgt getrennt.

Wir gelangen zuerst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Dezember betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversiche­rungs­gesetz geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 13. De­zember betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungs­gesetz und weitere Gesetze geändert werden.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist ebenfalls die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit ange­nommen.

11.50.035. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 13. Dezember 2018 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Landarbeitsgesetz 1984 und das Insolvenz-Entgeltsiche­rungs­gesetz geändert werden (376 d.B. und 416 d.B. sowie 10085/BR d.B.)

Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Wir gelangen nun zu Punkt 5 der Tages­ordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Rosa Ecker. Ich bitte um den Bericht.


11.50.22

Berichterstatterin Rosa Ecker, MBA: Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Dezember 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Landarbeits­ge­setz 1984 und das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher gleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage am 18. Dezember 2018 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Korinna Schumann. – Bitte, Frau Bundesrätin.



BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 65

11.51.05

Bundesrätin Korinna Schumann (SPÖ, Wien): Wertes Präsidium! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Auch bei der Entstehung dieses Gesetzes wurde der zuerst wirklich positiv eingeschlagene Weg der Verhandlung zwischen den Sozialpartnern wiederum einseitig von der Bundesregierung verlassen. Wieder muss man mit großem Bedauern erkennen, dass die geplante Änderung zum Großteil zulasten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geht.

Positiv zu bewerten ist, dass es nun zu längst fälligen Anpassungen im Bereich des Arbeitsrechtes kommt, wie die Einführung des Kündigungsschutzes bei Fehlgeburten und die Einschränkung der Verkürzung der Ruhezeit bei Jugendlichen in der Vieh­pflege und Melkung. Ebenso werden die Anpassung der Regelung des Arbeitneh­merInnenschutzrechts auf den aktuellen Stand und das höhere Schutzniveau als wichtige Schritte gesehen. Zu begrüßen ist auch die Übernahme der Internatskosten durch die Lehrberechtigten in der Land- und Forstwirtschaft sowie die Möglichkeit, diese refundieren zu lassen.

Vorausschickend muss ja nicht betont werden, dass die Beschäftigten in diesem Be­reich besonders schwere körperliche Arbeit verrichten. Bei diesem Gesetz ist aber besonders die vorliegende Arbeitszeitregelung zu beachten. Nun kann die tägliche Normalarbeitszeit in der Gleitzeitregelung auf 12 Stunden verlängert werden, wenn ein blockweiser Verbrauch von Zeitguthaben gestattet ist. Für normale Arbeitszeit ohne Arbeitsspitzen- oder Gleitzeitvereinbarung wird eine tägliche Höchstarbeitszeit von 11 Stunden und eine wöchentliche von 52 Stunden einfach normiert. Es wird die Höchstarbeitszeit nach oben geschraubt, ohne dass es irgendeiner Begründung des Dienstgebers bedarf. Das noch vor Kurzem von der Bundesregierung im Zusam­menhang mit dem neuen Mehrarbeitsgesetz betonte Ablehnungsrecht von Über­stun­den wird gleich ignoriert. Von Freiwilligkeit ist keine Rede, ein Benachteiligungsverbot bei der Ablehnung erst gar nicht vorgesehen.

Natürlich ist klar, dass es im Bereich der Landwirtschaft zum Beispiel bedingt durch Wetterumschwünge zu außergewöhnlichen Umständen kommt. Nun wird aber in jedem Fall kein Ablehnungsrecht von Überstunden eingeführt, bei dem berücksich­tigungswürdige Interessen vorliegen. Das ist eine eindeutige Schlechterstellung zum Status quo und zum derzeit geltenden Arbeitszeitrecht. An dieser gesetzlichen Rege­lung zeigt sich wieder, wie ohne Eindämmung der Arbeitszeit die Gesundheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aufs Spiel gesetzt wird. Durch diese längeren Arbeitszeiten steigt das Unfallrisiko in dieser besonders belasteten ArbeitnehmerIn­nengruppe noch mehr.

Ein besonders negatives Highlight besteht im Falle einer Beendigung des Dienstver­hältnisses. Wenn hier noch Zeitguthaben für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bestehen und gutgeschrieben sind – und jetzt kommt’s – müssen diese für Vollzeitbeschäftigte mit 50 Prozent Zuschlag abgegolten werden, für Teilzeitbeschäftigte aber nur mit 25 Prozent Zuschlag. Eindeutiger kann man Frauen, die hauptsächlich davon betroffen sein werden, die zum Großteil eben diesen Teilzeitbeschäftigungen nachgehen, nicht mehr diskriminieren.

Auch hier zeigt sich: Die Interessen der Frauen sind dieser Regierung kein Anliegen! Als besten Beweis dafür kann man – und das ist wirklich bestürzend – das Verhalten der Bundesregierung bei der Beschäftigung mit der Frage des Frauenvolksbegehrens sehen. Die Regierungsbank blieb leer, als man das Frauenvolksbegehren behandelt hat. 500 000 Menschen haben es unterschrieben! Man kann das Volksbegehren in Teilen mögen oder nicht mögen, man kann es ablehnen oder nicht ablehnen, aber 500 000 Menschen haben dieses Volksbegehren unterschrieben – und die Regierung


BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 66

und vor allen Dingen die Frauenministerin finden es nicht einmal der Mühe wert, sich auf die Regierungsbank zu setzen und sich diese Diskussion anzuhören. Das ist wirklich bedenklich. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Dziedzic.)

Zur vorliegenden Gesetzesänderung muss weiters noch die besondere Situation der ErntehelferInnen erwähnt werden. Erntehilfe ist einer der prekärsten Jobs in Öster­reich. Leider sind hier Arbeitszeitrechtverstöße, schlechte Quartiere und Vorenthaltung des Entgelts keine Seltenheit. Das wissen wir aus der Beratung. Durch die avisierte Erleichterung bei der Beschäftigung der ErntehelferInnen wird die Gefahr der Entgelt­schmälerung für diese Arbeitnehmergruppe leider noch größer.

Ziel auch dieses Gesetzes ist es, den Unternehmerinteressen weit entgegenzukom­men. Gewinn und Vorteil sind wichtiger als die Gesundheit und das Wohlergehen der Arbeitnehmerinnen und -nehmer. – Glück auf! (Beifall bei der SPÖ.)

11.56


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Christoph Längle. – Bitte.


11.56.19

Bundesrat Christoph Längle, BA (FPÖ, Vorarlberg): Herr Vizepräsident! Sehr ge­ehrte Frau Ministerin! Geschätzte Damen und Herren! Es geht im Wesentlichen um arbeitsrechtliche Bestimmungen im land- und forstwirtschaftlichen Bereich. Ich möchte vorneweg ein paar Besonderheiten ansprechen: Man muss hier sehr schwere Arbeiten verrichten. Man hat Spitzenzeiten abzudecken, man hat Stoßzeiten abzudecken – bei­spielsweise bei Erntezeiten –, man muss im Freien arbeiten, man hat schwierige Umweltbedingungen zu bewältigen. Man muss im schwierigen Gelände arbeiten, ge­rade auch in Österreich im alpinen Raum, auf einem Maiensäß beispielsweise. Man ist auch sonst den Witterungsverhältnissen ausgesetzt. Es ist einfach nicht so leicht, dort seine Arbeit zu verrichten. Daher möchte ich einmal ein großes Lob an alle jene, die gerade im land- und forstwirtschaftlichen Bereich arbeiten, aussprechen und Danke sagen, dass dort sehr viel Gutes geleistet wird und eine sehr gute Wertschöpfung und Produktivität vollzogen werden.

Bei diesen Änderungen haben wir gleich mehrere Verbesserungen, zum Beispiel die Übernahme von Regelungen aus dem Arbeitszeitgesetz zur Abdeckung von Arbeits­spitzen sowie die Höchstarbeitszeit, die Durchrechnung der wöchentlichen Ruhezeit, Kollektivvertragsmodalitäten der Sonntags- und Nachtarbeitszuschläge, Prävention von Belastungen, Änderungen des Mutterschutzes und auch des Väter- und Karenz­gesetzes, wie zum Beispiel der spätere Zeitpunkt von Karenz eines Elternteils, Karenz und Teilzeit für Pflegeeltern ohne Adoptivabsicht – ich denke, das ist schon etwas Wichtiges –, auch Verbesserungen im Kündigungs- und Entlassungsschutz.

Dann gibt es auch für unsere Jugendlichen Änderungen, und zwar Neuerungen bei der Normalarbeitszeit, auch kollektivvertragliche Regelungen und vor allem auch die Übernahme der Internatskosten für Lehrlinge. Ich denke doch, dass wir hier gut auf unsere Jugendlichen schauen. Man muss nämlich gerade auf Lehrlinge besonders schauen, denn diese sind in Zukunft die Leistungsträger und die Fachkräfte von morgen. Dafür wird von der Regierungsseite sehr viel gemacht.

Weiters gibt es aber auch die Übernahme von Regelungen aus dem Arbeitsvertrags­recht, und zwar Wiedereingliederungsteilzeit, Transparenz bei der Sozialversicherung, Karenzierung für die Dauer des Bezugs von Reha- und Umschulungsgeld und eben auch einen Anspruch auf Lohnabrechnung.

Im Ausschuss haben wir am Dienstag gehört, dass von den Experten bestätigt wurde, dass es hier generell für all jene, die im land- und forstwirtschaftlichen Bereich tätig


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sind, zu erheblichen Verbesserungen kommt. Da verstehe ich auch Ihre Kritik nicht ganz, Frau Schumann, denn Sie haben ja eben auch bei dem Experten vom Minis­terium nachgefragt und Sie arbeiten ja, glaube ich, auch in diesem Bereich bezie­hungsweise sind Sie ja auch im Ministerium angestellt. Da sollten Sie eigentlich schon wissen, was Ihre Kollegen sagen. Die haben einhellig auf Ihr mehrmaliges Nachfragen bestätigt, dass es hier zu generellen Verbesserungen kommt und auch die Bediens­teten, die Angestellten im land- und forstwirtschaftlichen Bereich eben generell Verbes­serungen erfahren Es ist halt so, und das müssen auch Sie ganz sachlich und ganz ruhig zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Auf jeden Fall werden wir Freiheitliche dieser Gesetzesänderung gerne unsere Zustim­mung erteilen, da es, wie gesagt, eine Vielzahl von Verbesserungen gibt.

Man muss hier schon auch betonen: Diese Regierung macht etwas und führt diese Verbesserungen auch herbei. Es gibt keinesfalls eine Schlechterstellung, sondern eine gute Voraussetzung für die Tätigkeit der vielen Angestellten im land- und forst­wirtschaftlichen Bereich. Wir stimmen daher gerne zu und sagen: Glück auf! Mein Dank geht auch noch einmal an all jene, die im land- und forstwirtschaftlichen Bereich arbeiten. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

12.00


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Andrea Wagner. – Bitte, Frau Bundesrätin.


12.00.48

Bundesrätin Andrea Wagner (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte ZuseherIn­nen daheim vor den Bildschirmen und auf der Galerie! Zwei wichtige Punkte der heute zu beschließenden Änderung des Landarbeitsgesetzes und des Insolvenz-Entgelt­sicherungsgesetzes gleich zu Beginn, nämlich erstens die Flexibilisierung der Arbeits­zeit, ihre Umsetzung auch im land- und forstwirtschaftlichen Bereich, und zweitens die Erstattung von Internatskosten für Lehrlinge in der Land- und Forstwirtschaft.

Worum geht es bei dieser Änderung, dieser Flexibilisierung im Bereich der Land- und Forstwirtschaft? – Es hat dazu meines Wissens eine sozialpartnerschaftliche Einigung zwischen der Landwirtschaftskammer und der Landarbeiterkammer gegeben. Es liegt also eine Änderung, eine Novellierung vor, die zwischen Arbeitgebern und Arbeitneh­mern einvernehmlich verhandelt wurde. Soweit mir bekannt ist, ist nur die Gewerk­schaft damit nicht einverstanden.

Ich glaube, es gibt mündige Arbeitnehmer. Mir kommt immer so vor, wenn die Unternehmer da - - So wie es in der Landwirtschaft ist: Da arbeiten oft Arbeitgeber und Arbeitnehmer miteinander (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann), und ich glaube, das funktioniert, und auf diesem sozialpartnerschaftlichen Weg sollte das ebenso funktionieren – und das tut es mit dieser Änderung auch. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Ziel ist die Angleichung der arbeitsrechtlichen Bestimmungen im land- und forstwirt­schaftlichen Bereich an das Arbeitsrecht im gewerblichen Bereich, um eine möglichst gleichförmige Lösung auch für die land- und forstwirtschaftlichen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu erreichen. Im Hinblick auf die Flexibilisierung, den 12-Stunden-Tag, die 60-Stunden-Woche, war in diesem Bereich schon bisher einiges möglich und auch notwendig, vor allem, wenn es darum geht, die Ernte noch einzubringen, bevor das Wetter umschlägt.

Weitere positive Veränderungen und damit Verbesserungen, die vorgenommen wur­den und von denen ich ein paar erwähnen möchte, sind der Kündigungsschutz bei Fehlgeburten, die Schaffung eines zivilrechtlichen Anspruchs auf Lohnabrechnung,


BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 68

Transparenz bei der Anmeldung zur Sozialversicherung und die Wiedereingliederungs­teilzeit, worunter man die Reduzierung der Arbeitszeit um bis zu 50 Prozent nach einem längeren Krankenstand von über sechs Wochen versteht. Dies ist aber kein Teilkrankenstand; die Wiedereingliederungsteilzeit dient dazu, bei voller Arbeitsfähig­keit die Möglichkeit zu nutzen, den Wiedereinstieg in den Arbeitsalltag sanfter zu gestalten.

Zur Erstattung der Internatskosten ist noch zu sagen, dass die Lehrlinge in der gewerblichen Wirtschaft diesen Bonus bereits nutzen können. Die Lehrlinge in der Land- und Forstwirtschaft bekommen diese wichtige Zusatzleistung rückwirkend ab dem 1.1.2018 erstattet. Beantragen kann man den Kostenersatz bei der land- und forstwirtschaftlichen Lehrlings- und Fachausbildungsstelle.

Mit der Erstattung der Internatskosten für Landwirtschaftslehrlinge wird ein weiterer wichtiger Schritt dahin gehend gesetzt, dass die Lehre eine Aufwertung erfährt. Meiner Meinung nach werden wir noch weitere Schritte brauchen, um zu zeigen, dass uns die Lehre wichtig ist, dass sich Lehre bezahlt macht, dass wir das Handwerk und die dafür notwendigen Lehrberufe weiter fördern und wertschätzen, um auch in Zukunft die Facharbeiter zu haben, die wir brauchen.

Ich bedanke mich für die Reformierung und Modernisierung dieses Gesetzes und ersuche um Zustimmung zu dieser Gesetzesänderung. – Danke. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

12.04

12.04.56


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

12.05.146. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 13. Dezember 2018 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz geändert wird (504/A und 417 d.B. sowie 10078/BR d.B. und 10086/BR d.B.)


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Wir gelangen nun zu Punkt 6 der Tages­ordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Rosa Ecker. – Bitte um den Bericht.


12.05.33

Berichterstatterin Rosa Ecker, MBA: Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Dezember 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbeschäfti­gungs­gesetz geändert wird. (Vizepräsident Lindinger übernimmt den Vorsitz.)

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antrag­stellung:

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage am 18. Dezember 2018 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorlie­gen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.



BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 69

Vizepräsident Ewald Lindinger: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Gerhard Leitner. Ich erteile dieses.


12.06.18

Bundesrat Dr. Gerhard Leitner (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Frau Ministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit der Änderung des Ausländerbeschäftigungs­gesetzes ist die Zielsetzung der Regierung verbunden, die Möglichkeit zu schaffen, durch geänderte Kriterien Arbeitskräfte aus Drittstaaten nach Österreich zu holen bezie­hungsweise holen zu können. Dies soll durch eine ausgeweitete Mangelberufs­liste, die erstellt wurde und mit 1. Jänner in Kraft treten soll, erfolgen.

An sich geht es um die Änderung des Punktesystems für die Zulassungskriterien von Schlüsselkräften. Die Rot-Weiß-Rot-Karte regelt die Zuwanderung qualifizierter Dritt­staats­angehöriger nach Österreich nach einem kriteriengeleiteten Modell. Um eine Rot-Weiß-Rot-Karte zu erhalten, muss man eine bestimmte Mindestpunkteanzahl erreichen. Es ist nun vorgesehen, die erforderliche Punkteanzahl zu verändern, um eine breitere Möglichkeit zu schaffen, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit weniger fachlich-beruflicher Qualifikation nach Österreich zur Arbeit zu holen.

Waren bisher die hohen fachlichen Qualifikationen und das Gehalt harte Kriterien bei der Beurteilung von Schlüsselkräften, so ist nun eine Schwerpunktverlegung zu den Sprachkenntnissen und der allgemeinen Berufserfahrung erfolgt. Damit ist es in Zukunft leichter, mehr Schlüsselkräfte ohne entsprechende fachliche Qualifikation nach Österreich zu holen. Die Kriterien werden vom AMS anhand der vorgelegten Unterlagen geprüft und bewertet.

Der vorliegende Abänderungsantrag bedeutet die Ausweitung der Mangelberufsliste. Es geht um die Erweiterung der Berufslisten und vor allem um deren Regionalisierung. Sechs Bundesländer haben bereits zusätzliche Berufe eingemeldet. Aufgrund dieser Ländermangelberufsliste dürfen künftig bis zu 300 Personen mehr ins Land geholt werden, da es keine Beschränkungen gibt.

Dem FacharbeiterInnenmangel kann nur durch die Lehrlingsausbildung von jungen Menschen begegnet werden. Es bedarf einer Aufwertung des Rufes der Lehre, und es braucht zweifellos genügend Betriebe, die auch Lehrlinge ausbilden. (Beifall bei der SPÖ.)

Diese Änderung im Ausländerbeschäftigungsgesetz soll dazu dienen, jedes Jahr mehr Fachkräfte aus Drittstaaten nach Österreich holen zu können. Die Auswirkung dieser Maßnahme wird sein, dass es in gewissen Berufsgruppen wahrscheinlich zu einem massiven Lohndumping kommen wird.

Ein wesentlicher Faktor sind natürlich auch die Arbeitsbedingungen in manchen Branchen. Köchinnen und Köche stehen nun zum Beispiel auch auf der Mangel­berufs­liste. Es ist kein Geheimnis, dass die Arbeitsbedingungen im Tourismus, in der Gastro­nomie oft sehr schwierig sind: schwere körperliche Arbeit, ausgedehnte Arbeitszeiten, schlechte Bezahlung. Verschärft wurde die Situation noch durch die Veränderungen im Arbeitszeitgesetz. Die Ruhezeiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Gastronomie wurden verkürzt, was nicht zur Attraktivierung der Berufe in der Gastronomie beiträgt. (Beifall bei der SPÖ.)

Im Grunde ist diese gesetzliche Änderung wieder eine arbeitnehmerfeindliche Maß­nahme, die ausschließlich die Interessen von Arbeitgebern und Arbeitgeberinnen und Unternehmern und Unternehmerinnen bedient.


BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 70

Es braucht gute Arbeitsbedingungen für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und ein qualifiziertes Lehrlingsangebot, das junge Menschen zu den dringend benötigten Fachkräften der Zukunft ausbildet. Das müsste gewährleistet sein, und erst dann könnten wir diesem Antrag unsere Zustimmung erteilen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

12.10


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Bundesrat Ing. Rösch. Ich erteile dieses. (Ruf bei der SPÖ: Jetzt kommt dieselbe Rede wie vorher! – Bundesrätin Mühlwerth: Nein, bei uns werden die Reden ja nicht vorgeschrieben, wir schreiben sie ja selber!)


12.10.27

Bundesrat Ing. Bernhard Rösch (FPÖ, Wien): Nein, nicht dieselbe, aber eine an die vorherige Rede anschließende. Ich kann euch nur versprechen, dass ich frei reden werde und meine Reden nicht runterlese, weil ich nämlich weiß, wovon ich spreche. (Heiterkeit bei der FPÖ.)

Ich habe mir das, was Kollege Wanner gesagt hat, natürlich angeschaut und habe natürlich recherchiert, weil ich mir gedacht habe: Okay, man kann ja auch einmal unrecht haben, und dann muss man das auch zugeben. (Bundesrätin Mühlwerth: Warum?) Und ja, bezüglich des Kollegen – beziehungsweise nicht Kollegen, sondern des SPÖ-Bürgermeisters – Heinz Schaden hat laut der Ausgabe der „Salzburger Nachrichten“ vom 21.9.2017 Frau Direktorin Schmidjell gesagt, dass Heinz Schaden mit dem Rückkehrrecht in die Arbeiterkammer „als Referatsleiter der AK-Direktion direkt unterstellt“ wird.

Als aber das Strafausmaß wegen der Swapaffären – ihr wisst das ja – dann sozusagen einschätzbar geworden ist, hat man gewusst (Bundesrätin Grimling: Aber wir reden jetzt vom Ausländerbeschäftigungsgesetz!): In der Arbeiterkammer und im besten Fall mit einer Fußfessel zu arbeiten - - (Bundesrat Weber: Eigentlich geht’s um was anderes!) – Ja, ja, schon, aber ich nehme mir die Freiheit der Rede heraus, dass ich das, was ich recherchiert habe und in der tatsächlichen Berichtigung in der Schnellig­keit nicht sagen konnte, hier schon noch darstelle.

Jetzt ist mir natürlich klar: Aha, er hat die Beschäftigung in der Arbeiterkammer nicht antreten können (Ruf bei der SPÖ: Das war korrekt!), sondern hat die Politikerpen­sion – weil er ja noch eine alte Politikerpension aus der Zeit vor 1997 - - (Neuerlicher Zwischenruf bei der SPÖ.) – Das steht zumindest auf den Seiten des ORF. Wenn ihr dem ORF Unwahrheit unterstellt – okay. Ich habe das jetzt schnell so recherchiert.

Schön – oder nicht schön – ist nur: Kanzler Gusenbauer und Frau Gabi Burgstaller habt ihr außer Frage gestellt, also die sind praktisch in die Arbeiterkammer – ins Aus­gedinge – hineingekommen. – Das wollte ich euch nur zeigen, wie das mit dem Teilen ist. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der ÖVP.)

Jetzt komme ich ein bisschen mehr zur Sache, aber es war schon wichtig, dass man zeigt, was ihr unter Teilen versteht. (Bundesrätin Hahn: Ausländerbeschäfti­gungs­gesetz!) – Ja, ja.

Wie gesagt, auch bei der neuen Mangelberufsliste und bei der Rot-Weiß-Rot-Karte gilt, alles wird evaluiert und überall muss man nachschauen: Was braucht man denn? Was sind denn wirklich Mangelberufe? Wo werden Mangelberufe gebraucht? (Ruf: Nirgends werden sie gebraucht!) – Natürlich werden sie gebraucht. Es wundert mich nur, dass man, wenn es darum geht, dass man doch einmal sagt: Ja, in manchen Fällen brauchen wir Ausländer, aber qualifizierte Ausländer!, dann auf dieser Seite (in Richtung SPÖ weisend) sofort eher zurückschreckt, denn wenn man dort hört:


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qualifizierte Ausländer!, dann ist das schon ein Problem – wahrscheinlich weil vorne das Wort qualifiziert steht, oder ich weiß es nicht, warum man dann plötzlich die Panik bekommt. Vielleicht weil sie nicht durch das Tor mit Seitenteilen durchgekommen sind? – Ganz egal.

Da brauchen wir etwas für die Wirtschaft, und wenn es darum geht, das genauer definiert zu haben, sodass es dann wirklich dazu kommt, dass es keinen Verdrän­gungswettbewerb mit den Arbeitslosen, die wir selber im Land haben, gibt, dann ist das wünschenswert und lobenswert – und auch da sieht man bei der Regierung die notwendige Weitsicht. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

12.14


Vizepräsident Ewald Lindinger: Frau Bundesrätin Mag.a Dr.in Ewa Dziedzic ist zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr dieses.


12.14.40

Bundesrätin Mag. Dr. Ewa Dziedzic (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Werte Kollegen und Kolleginnen! Ja, wir sind jetzt beim Lieblingsthema der FPÖ und mittlerweile auch der FPÖ angekommen – Verzeihung: der ÖVP; ein Freud’scher Versprecher –, nämlich bei den Ausländern.

Mit dieser Novelle wird ja auf ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes reagiert, durch das Teile der Bestimmungen zur Rot-Weiß-Rot-Karte aufgrund der Alters­dis­kriminierung aufgehoben worden sind – ich nehme stark an, das werden Sie wissen –, man hat darin aber natürlich auch ein paar andere Änderungen vorgenommen. Unter anderem verpflichtet man die Aufenthaltsbehörden jetzt, alle erteilten Aufenthaltstitel dem Arbeitsmarktservice zu melden – eigentlich auch eine Selbstverständlichkeit.

Und zum Dritten geht es um die Mangelberufsliste, um deren Regionalisierung, die schon im Nationalrat heftig debattiert worden ist. Die Kritik der Gewerkschaften, der SPÖ ist bekannt: Lohndumping steht sozusagen als große Gefahr im Raum. Tatsächlich ist mittelfristig davon auszugehen – und es sind ja auch schon Änderungen nicht nur geplant, sondern seitens der Regierung auch angekündigt worden –, dass es in diesen Bereichen zu einer Senkung des Lohnniveaus kommen könnte.

Die Regierung selber argumentiert mit der Treffsicherheit und mit dem Bedarf der Wirtschaft. Tatsächlich ist es ja so, das wissen wir seit Längerem, dass es in Öster­reich einen eklatanten Fachkräftemangel gibt und dass man dagegen etwas tun muss. Ich würde mich zum Beispiel freuen, wenn noch mehr christlich-soziale Abgeordnete die wichtige Initiative Ausbildung statt Abschiebung von Rudi Anschober unterstützen würden. Da hätten wir junge Leute, die arbeitswillig sind, die mitten in einer Lehraus­bildung sind – da werden Sie mir recht geben –, und gerade da dürfte man diese Leute nicht rausreißen und rausnehmen, sondern könnte sich überlegen, wie man ihnen die Möglichkeit verschafft, gerade wenn es um Mangelberufe geht, zu bleiben.

Die Sicherstellung von ausreichend Fachkräften ist tatsächlich nicht nur eines der drängendsten Probleme für die Wirtschaft, es braucht auch dringend Lösungen. Ich glaube nicht, dass diese kleinen Reförmchen da wirklich Abhilfe schaffen werden. Tatsache ist, auch das werden Sie wissen, dass viele Branchen in Österreich ohne diese sogenannten Ausländer gar nicht mehr auskommen und auskommen würden.

Bisher kamen im Jahr circa 2 000 Fachkräfte aus Drittstaaten über die Rot-Weiß-Rot-Karte nach Österreich. Bei den Köchen und Köchinnen beispielsweise, wo es eben auch einen gravierenden Mangel gibt, rechnet die Tourismusobfrau Nocker-Schwarzenbacher aufgrund dieser Änderung der Regelung mit ein paar Hundert mehr aus Ländern wie zum Beispiel der Ukraine.


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Ich kann Ihnen jedenfalls versichern, dass man sich im digitalen Zeitalter – auch das wurde heute schon erwähnt –, in dem die Arbeitslosenzahlen eigentlich sinken, die Arbeitsplätze im Gesamten nicht unbedingt mehr werden und auf der anderen Seite nur in gewissen Bereichen Menschen als Arbeitskraft benötigt werden, wirklich zu­kunftsorientierter mit dem Thema beschäftigen muss, und ich hoffe – in dem Fall positiv in Ihre Richtung appellierend –, dass es da noch mehr an Änderungen und Novellierungen geben wird.

Ein Punkt ist mir schon noch wichtig, weil Sie, Frau Ministerin, mir einen Wertekurs nahegelegt haben: Ich würde ja der Regierung des Öfteren, wenn ich mir die Ge­setzesbeschlüsse der letzten zwölf Monate anschaue, einen Kurs in Verfassungsrecht, Menschenrechtskonvention nahelegen. (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Hartinger-Klein.) Ich habe mich schon gefragt, ob Sie mir als österreichischer Staatsbürgerin ohne einen sogenannten Migrationshintergrund auch einen Wertekurs nahelegen würden. (Bundesrätin Mühlwerth: Äh, das ist jetzt aber wirklich sehr langweilig!)

Ich glaube, da geht es nämlich nicht um gutes Benehmen – vielleicht haben Sie das an dieser Stelle mit Elmayer verwechselt –, denn ich kann Ihnen garantieren, dass ich sehr höflich und gut erzogen bin (Bundesrätin Mühlwerth: Das merkt man gar nicht! – Bundesrat Rösch: Pflastersteine sind nicht höflich! Wertekurs ist wichtig! Pflastersteine sind nicht höflich!), es mir aber auf der anderen Seite nicht nehmen lasse, in einem demokratischen Diskurs auch eine gewisse Symbolik ins Treffen zu führen, die viele Dinge überhaupt erst greifbar macht. Insofern ist das eine kleine Verfehlung Ihrerseits an dieser Stelle. – Danke. (Beifall bei BundesrätInnen der SPÖ. – Bundesrätin Mühlwerth: Aber das ist ja schon klassisch, dass man da gleich einmal die Aus­länderkarte zieht! – Bundesrat Steiner – in Richtung der zu ihrem Sitzplatz zurück­kehrenden Bundesrätin Dziedzic –: Da geht es um den Anstand und nicht um den Migrationshintergrund! – Gegenruf der Bundesrätin Dziedzic. – Bundesrat Steiner: Um deinen Anstand geht es und um sonst gar nichts!)

12.19


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ing. Bruno Aschenbrenner. Ich erteile dieses.


12.20.15

Bundesrat Ing. Bruno Aschenbrenner (ÖVP, Steiermark): Geschätzter Herr Präsi­dent! Geschätzte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Vor allem aber liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Der Wirtschaftsmotor läuft, Österreich entwickelt sich prächtig: sinkende Arbeitslosigkeit bei steigender Beschäftigung und 75 000 Beschäf­tigte mehr als im November des Vorjahres.

Die sinkenden Arbeitslosenzahlen in Österreich beweisen einmal mehr, dass sich un­sere Regierung auf einem guten und richtigen Weg befindet. Unsere Unterneh­merin­nen und Unternehmer schaffen Jobs und Arbeitsplätze, allein es fehlen in einigen Berufssparten die Arbeitnehmerin beziehungsweise der Arbeitnehmer, die arbeiten wollen, und auch jene, die für die offenen Stellen die erforderliche Ausbildung, die entsprechende Kompetenz und das nötige Fachwissen haben – kurz gesagt, es be­steht ein Fachkräftemangel. Fachkräftemangel führt zu einem massiven Wettbe­werbs­nachteil Österreichs im Vergleich mit anderen Ländern, denn Unternehmerinnen und Unternehmer expandieren dort und investieren dort, wo Fachkräfte und quali­fiziertes Personal zu finden sind.

Die Bundesregierung setzt daher aktiv Maßnahmen im Bildungsbereich, und, ge­schätzter Herr Kollege, 170 Millionen Euro investieren wir im nächsten Jahr in die


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Fachkräfteausbildung, in die überregionale Vermittlung von Arbeitslosen, und insge­samt werden im nächsten Jahr 1,2 Milliarden Euro in den Arbeitsmarkt investiert. Da diese Initiativen und Bemühungen eher mittel- bis langfristig Effekte erzielen, gilt es nun, dem Fachkräftemangel selbst durch qualifizierte Zuwanderung entgegenzutreten.

Durch die Änderungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes wird das zentrale Instru­ment für eine qualifizierte Migration modifiziert und die Rot-Weiß-Rot-Karte, 2011 ins Leben gerufen, entbürokratisiert. Die wichtigsten Eckpunkte dieser Reform sind zwei­fellos die Reduktionen der Gehaltsuntergrenzen. Die bisherigen Untergrenzen, die für Schlüsselkräfte vorgesehen waren, lagen teilweise über dem Durchschnittseinkommen in Österreich, und in Zukunft gelten für unter 30-Jährige 2 052 statt 2 565 Euro und für die über 30-Jährigen ein Mindestlohn von 2 565 Euro statt 3 078 Euro brutto.

Ebenfalls ganz besonders wichtig ist der Wegfall des Nachweises der ortsüblichen Unterkunft, denn bis jetzt musste ein Antragsteller einen gültigen Mietvertrag nach­weisen, obwohl er noch nicht einmal wusste, ob sein Antrag positiv beschieden wird.

Die Mangelberufsliste aufgrund und auf Basis der Stellenantragsziffer des AMS, welche bis jetzt 27 Berufe umfasste, wird auf 45 Berufe erweitert und beinhaltet nun auch die sogenannten Gaststättenköchinnen und -köche ebenso wie Berufe, die bei uns fast schon in Vergessenheit geraten sind – als Beispiel sei nur der Huf- und Wagenschmied genannt. Ebenso ist aber auch dringend benötigtes Personal wie Diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerinnen und Krankenpfleger auf dieser Liste zu finden.

Dem Umstand entsprechend, dass es in den Bundesländern und Regionen unter­schiedlichen Bedarf an Facharbeitskräften gibt, wird es auch eine regionalisierte Mangelberufsliste geben, und von den neun Bundesländern sind bereits sieben, die dem nähertreten, auf dieser Liste. Die Rot-Weiß-Rot-Karte, die für Berufe auf den regionalen Listen vergeben werden kann, ist allerdings mit maximal 300 Stück pro Jahr begrenzt. Dies stellt sicher, dass es im qualifizierten Bereich nicht zu einer unbe­grenzten Migration nach Österreich kommt.

Geschätzte Damen und Herren! Man reagiert mit dieser Novelle auch auf ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, der Teile der Bestimmungen zur Rot-Weiß-Rot-Karte für unzulässig erklärt hat. Bezüglich der Altersdiskriminierung erfolgt nun durch Aufwertung der Kriterien Sprachkompetenz und Berufserfahrung bei gleichzeitig geringerer Gewichtung des Kriteriums Alter eine Änderung.

Durch Optimierung der Verfahren sollen Verzögerungen wie lange Postwege hintan­gehalten werden. Ziel ist eine Digitalisierung möglichst vieler Verfahrensschritte, so­dass es schneller zur Einreise der dringend benötigten Arbeitskräfte kommen kann.

Kurz zu den Zahlen: Seit Bestehen der Rot-Weiß-Rot-Karte, seit Juli 2011, wurden – bis September 2018 – 16 478 Rot-Weiß-Rot-Karten ausgestellt, 2 000 Stück pro Jahr, über die Mangelberufsliste 2 225, also 300 pro Jahr. Allein im September des heurigen Jahres wurden 360 Karten vergeben, 74 über die Mangelberufsliste.

Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Wir brauchen zusätzliches Experten- und Fachwissen in unserem Land, wir brauchen ein System, das praxisnahe agiert, und wir brauchen eine moderne und entbürokratisierte Rot-Weiß-Rot-Karte, wir brauchen zusätzliche Facharbeitskräfte für unseren Arbeitsmarkt und auch für die Regionen. Mit der Anpassung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes setzen wir einen wichtigen und richtigen Schritt, um Österreichs Wirtschaft weiter zu stärken, denn wir stehen hinter unserem Land. – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

12.26



BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 74

Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Christoph Längle. Ich erteile dieses.


12.26.46

Bundesrat Christoph Längle, BA (FPÖ, Vorarlberg): Herr Vizepräsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Geschätzte Damen und Herren! Zurück zur Sache, worum geht es in diesem Gesetz? – Um eine schlichte Gesetzesänderung, und zwar um die Umsetzung eines Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes im Bereich des Punk­tesystems der Rot-Weiß-Rot-Karte, insbesondere beim Alter, weil da eine Diskriminie­rung herrscht, und das kann es natürlich nicht sein – wir alle werden auch älter –, daher wird das jetzt eben abgestellt.

Wie wird das abgestellt? – Es erfolgt eine Veränderung im Punktesystem, in der soge­nannten Anlage C. Dort werden Sprachkompetenz und Berufserfahrung mittels Punk­ten höher bewertet und das Alter wird deutlich weniger gewichtet. Somit wird diese Ungerechtigkeit abgestellt. Darum geht es in dieser Gesetzesänderung und um nicht mehr. Was hier alles hineininterpretiert wurde, hat nichts mit dieser Gesetzesänderung und eigentlich auch nichts mit diesem Tagesordnungspunkt zu tun.

Ich möchte noch kurz ansprechen, dass es im Nationalrat eine sehr große Zustimmung auch vonseiten der Opposition gegeben hat. Dort haben nämlich auch die NEOS und die JETZT-Partei dieser Gesetzesänderung zugestimmt. Die Einzigen, die dagegen waren, waren die Kollegen von der Sozialdemokratie. Man kann das aber auch so interpretieren, dass eben auch die Opposition – mit Ausnahme von euch – dieser Gesetzesänderung eine große Zustimmung erteilt hat. Das heißt, dass es neben den Regierungsparteien offensichtlich auch von vielen anderen Parteien gutgeheißen wird, dass diese Gesetzesänderung vollzogen wird. Ich denke, dass die Regierung damit sehr fortschrittlich und sehr stringent agiert hat und eben diese Ungleichbehandlung abgestellt hat.

Auch wir werden dem selbstverständlich gerne unsere Zustimmung erteilen und be­tonen bei dieser Gelegenheit auch noch einmal, dass diese Regierung in allen Be­reichen sehr fortschrittlich und gut agiert und so auch in diesem konkreten Fall eine Schlechterstellung abgestellt hat. – Danke. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

12.28

12.28.53


Vizepräsident Ewald Lindinger: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Dies ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Bevor wir zum nächsten Tagesordnungspunkt kommen, möchte ich auf der Galerie den Bürgermeister meiner Heimatgemeinde, die Bürgermeisterin der Nachbarge­mein­de, meine Gattin und einen langjährigen Mitarbeiter begrüßen. Sie sind zu Besuch bei meiner letzten Sitzung hier. (Allgemeiner Beifall.)

12.29.417. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 13. Dezember 2018 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Ärztegesetz 1998, das Allgemeine Sozialversiche­rungs­gesetz und das Freiberuflichen-Sozialversicherungsgesetz geändert werden (385 d.B. und 438 d.B. sowie 10081/BR d.B. und 10116/BR d.B.)


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Vizepräsident Ewald Lindinger: Wir gelangen nun zum 7. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Christoph Steiner. Ich bitte um den Bericht.


12.30.03

Berichterstatter Christoph Steiner: Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Ich erstatte den Bericht des Ausschusses für Gesundheit über den Beschluss des Na­tionalrates betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1998, das Allge­meine Sozialversicherungsgesetz und das Freiberuflichen-Sozialversicherungsgesetz geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Gesundheit stellt nach Beratung der Vorlage am 18. Dezember 2018 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Vizepräsident Ewald Lindinger: Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster ist Herr Bundesrat Thomas Schererbauer zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm dieses.


12.30.48

Bundesrat Thomas Schererbauer (FPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Frau Minis­ter! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die vorliegende Novelle zum Ärztegesetz enthält drei wesentliche Punkte für die Verbesserung der Vorsorge: Notarztausbildung, Anstellung von Ärzten bei Ärzten und Beistand für Sterbende.

Da ein Mangel an Notärzten besteht, können künftig auch Turnusärzte unter bestimm­ten Voraussetzungen diese Versorgungstätigkeit übernehmen. Daher wird es einen kurzen intensiven und zielgerichteten Ausbildungslehrgang für junge Ärzte geben, damit diese schnell als Notärzte einsetzbar sind; das sind 80 Lehreinheiten in Theorie und Praxis sowie die Teilnahme an 20 dokumentierten notärztlichen Einsätzen. In einigen Bundesländern sind diese Module bereits in die Basisausbildung integriert. Die entsprechende Notarztverordnung wird durch die Österreichische Ärztekammer erlassen.

Im zweiten angeführten Punkt geht es um die schon seit mehreren Jahren geforderte Regelung zur Anstellung von Ärzten im niedergelassenen Bereich; zum Beispiel ein Arztehepaar: Während sie als Ärztin die Blutabnahmen und Fusionstherapien erledigt, kann sich er als Arzt um die Notfälle und die wartenden Patienten kümmern. Auch als Arztkollege ist so eine Arbeitsteilung flexibler möglich. Bei mehreren Ärzten lassen sich auch die Öffnungszeiten für die Patienten kundenfreundlicher und für die Ärzte familienfreundlicher gestalten. Dadurch lassen sich mehr Ärzte dazu motivieren, eine Hausarztpraxis zu übernehmen, da eine solche Arbeitsteilung möglich ist. Insbe­sondere im ländlichen Bereich kann man so die allgemeinmedizinische Versorgung besser aufstellen.

In Einzelordinationen können zukünftig zwei Ärzte und in Gruppenpraxen vier Ärzte angestellt werden. Diese Zahl darf nur nach Vorgaben des Österreichischen Struk­turplans Gesundheit und im Falle eines Primärversorgungsvertrages überschritten werden; da gibt es also eine deutliche Abgrenzung zu den Ambulatorien. Klargestellt wird in diesem Zusammenhang auch die ärztliche Vertretungstätigkeit.

Der dritte Bereich betrifft die Palliativmedizin und damit verbunden die Schmerz­thera­pie. Oft ist ein Patient austherapiert und/oder entscheidet sich aus eigenem Antrieb gegen weitere lebenserhaltende Maßnahmen. Die Patienten wissen, dass sie sterben werden, dass es keine Hoffnung mehr gibt. In diesem Fall ist es möglich, im Rahmen


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einer palliativmedizinischen Versorgung die letzte Zeitspanne bis zum Sterben mög­lichst schmerzfrei zu verbringen.

Die parlamentarische Enquete-Kommission bezeichnet das als Würde am Ende des Lebens. Damit ist eine eindeutige und klare Abgrenzung zu strafbaren Handlungen wie Tötung auf Verlangen oder Mitwirken am Selbstmord gegeben. Es wird eindeutig geregelt, „dass der Sterbeprozess bereits im Laufen ist und eine Besserung des Zustands des Patienten nicht mehr erreicht werden kann“. – Das halten die Erläu­terungen des Sozialministeriums klar fest. Die Ärzte und das behandelnde Team stehen dem Sterbenden bei und ermöglichen einen würdevollen Abschied – gut versorgt und weitgehend schmerzfrei in einem ruhigen Umfeld. Der eine oder andere von uns hat möglicherweise auch schon in seiner eigenen Familie solche Situationen miterlebt.

Herzlichen Dank an alle, die den Patientinnen und Patienten und den Familien in dieser Zeit beistehen und diese Zeit zu etwas ganz Besonderem machen. (Beifall bei FPÖ, ÖVP und SPÖ.)

Alle drei Maßnahmen tragen zu mehr Rechtssicherheit bei und werden den Ärzten die Arbeit etwas leichter machen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei FPÖ, ÖVP und SPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller.)

12.35


Vizepräsident Ewald Lindinger: Als Nächster ist Herr Bundesrat Ferdinand Tiefnig zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm dieses.


12.35.10

Bundesrat Ferdinand Tiefnig (ÖVP, Oberösterreich): Geschätzte Frau Minister! Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuhörer und Zuseher zu Hause und auf der Galerie! Viele von uns haben schon Menschen zu Hause gepflegt und haben miterleben müssen, mit welchen Schmerzen sie die letzten Stunden und die letzten Tage ihres Lebens durchleben. Mit diesem Gesetz haben wir eine Regelung gefunden, um den Menschen diese Schmerzen zu erleichtern und dabei trotzdem keine Euthanasie durchzuführen. Das ist ein wichtiger Punkt, um Rechtssicherheit für die letzten Stunden der Menschen zu garantieren.

Ein weiterer Punkt ist die notärztliche Versorgung. Wir in Oberösterreich haben mit Händ schon geschaut, dass wir eine entsprechende notärztliche Versorgung in den Regionen haben. Es ist, glaube ich, wichtig, dass da auch Rechtssicherheit vor­herrscht, insbesondere auch in der Hinsicht, dass Turnusärzte so früh wie möglich als Notärzte einsteigen können, um die Versorgung im ländlichen Raum wieder sicher­zustellen.

Der dritte Punkt wurde auch schon von meinem Kollegen Schererbauer angeschnitten, es handelt sich um das Thema, dass Ärzte beschäftigen können. Insbesondere im ländlichen Raum ist es oft schwierig, der Arztberuf wird immer weiblicher, und es geht darum, dass ein Arzt einen anderen Arzt beschäftigen kann. Das wird auch wichtig sein, um Fachärzte in die Regionen zu bekommen und dadurch die Möglichkeit zu schaffen, die Menschen schneller zu versorgen. Die teilweise vorherrschenden langen Wartezeiten im ländlichen Raum – bei einem Augenarzt bis zu einem halben oder einem Dreivierteljahr – sollen dadurch verkürzt werden.

Das ist ja hier meine letzte Rede. Da es um die ärztliche Versorgung geht und mir diese in den letzten Jahren und Jahrzehnten – ich gehöre dem Bundesrat nun seit 15 Jahren an – immer wichtig war, möchte ich einen Rückblick machen und auch noch auf die Themen Hausapotheke und Primärversorgung besonders hinweisen.


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Eine Ministerin, die wesentlich dafür verantwortlich war, dass in diesem Bereich viel weitergegangen ist, war – die leider verstorbene – Frau Minister Oberhauser. Sie haben von diesem Programm sehr viel übernommen, Frau Minister Hartinger-Klein, sodass viele Dinge weiterentwickelt worden sind, um die ärztliche Versorgung im ländlichen Raum sicherzustellen.

Ich möchte auch unserer Präsidentin Inge Posch-Gruska, die heute leider nicht hier ist – ich richte Genesungswünsche an sie – ein Dankeschön sagen, weil wir – mit Kollegin Gruber-Pruner – gemeinsam vorgestoßen sind, damit der Kinderrechte­aus­schuss auch in das Parlament einzieht beziehungsweise eingezogen ist, es also einen eigenen Ausschuss gibt. (Allgemeiner Beifall.)

Ein weiterer Ausschuss, der nicht mehr aus dem Bundesrat wegzudenken ist, ist der EU-Ausschuss, in dem wir, glaube ich, einiges haben bewegen können. Einmal brauchte ich sogar die Opposition – Monika Mühlwerth, Frau Reiter von den Grünen – und die SPÖ, um meine Fraktion zu überzeugen, dass die EU-Saatgutrichtlinie nicht jene positive Auswirkung hat, die viele angenommen haben. Die EU-Saatgutrichtlinie wurde dank euch ja auch abgelehnt. Wir konnten dann im EU-Ausschuss Brüssel einstimmig die rote Karte zeigen. Das war wichtig. (Bundesrat Schennach: Rot war sie nicht, sondern gelb!) Ich bedanke mich bei euch allen für diese Unterstützung.

Zuletzt ging es auch um die EU-Trinkwasserrichtlinie, die eine heikle Sache war. Unser Trinkwasser in Österreich hat eine hohe Qualität. Wir haben gemeinsam die Stellung­nahme nach Brüssel abgegeben, dass diese Richtlinie überbordend ist. Ich glaube, es ist wichtig, dass ihr auch in Zukunft im Bundesrat einen entsprechenden Zusammen­halt sicherstellt.

Wenn ich zurückdenke: In diesen letzten 15 Jahren durfte ich fünf Bundeskanzler erleben und an die 100 Minister, die durch das Parlament gegangen sind und die wir hier auf der Regierungsbank gesehen haben – das ist schon ein gewaltiger Verschleiß an Ministern, aber das ist ein anderes Thema. Als ich in den Bundesrat entsandt worden bin, hat keiner geglaubt, dass ich 15 Jahre hier durchstehen werde. (Heiterkeit bei SPÖ und FPÖ.) Ich habe es aber geschafft und darf nun in den oberöster­reichischen Landtag wechseln.

Ich freue mich auf die neue Aufgabe, aber es kommt mir fast so wie bei einer Heirat vor: Man verlässt die Familie, in der man aufgewachsen ist, kommt in eine neue Familie und muss schauen, wo die Schwiegermutter sitzt (allgemeine Heiterkeit) – Schwie­germutter ist nicht negativ besetzt, weil es auch ein Schwiegervater sein kann. Ich danke meinen Schwiegereltern, dass sie es mir und meiner Familie ermöglicht haben, dass ich diese 15 Jahre im Bundesrat sein konnte. (BundesrätInnen der ÖVP halten Tafeln mit den Aufschriften „Danke“, „Alles Gute Ferdl“ und „Danke, Ferdinand“ sowie eine Tafel mit einem Herz in die Höhe.)

Ich danke euch, wünsche euch weiterhin alles Gute und auch, dass ihr auch weiterhin manchmal Parteigrenzen überschreitend gemeinsam feiern könnt. In diesem Sinne ein herzliches Dankeschön dafür, dass ich bei euch sein durfte! Wir sehen ja, dass einige Kollegen wiedergekommen sind, es ist also nicht aller Tage Abend. – Danke schön. (Allgemeine Heiterkeit und lang anhaltender, teilweise stehend dargebrachter allge­mei­ner Beifall. – Bundesrat Tiefnig verabschiedet sich persönlich bei Vizepräsident Lindinger, Bundesministerin Hartinger-Klein sowie einzelnen BundesrätInnen aller Frak­tionen.)

12.40


Vizepräsident Ewald Lindinger: Lieber Ferdl, wir sind miteinander eingezogen, wir werden dich vermissen, aber du bist ja nicht ganz weg, du setzt dich ja nicht in den Ruhestand ab. Alles Gute für deine zukünftige Funktion! Und pass auf, das Land-


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tagsmandat in Oberösterreich ist sehr gefährlich! (Allgemeine Heiterkeit und Beifall bei ÖVP, SPÖ und FPÖ. – Bundesrat Bader: Aber nicht für Gestandene!)

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Stefan Schennach. Ich erteile ihm dieses.


12.42.01

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Lieber Ferdinand, ich glaube, wir sind von der Zeit her, die wir bereits hier sind, unter den Ältesten im Bundesrat. Ich glaube, du hast wirklich ge­sehen, welche Wertschätzung dir hier entgegengebracht wird. Es war eine tolle Kollegenschaft und eine gute Zusammenarbeit. Die Landwirtschaft wird hier eine starke Stimme einbüßen, jedoch sitzt hinter dir jemand, der das dann wieder wett­machen wird.

Da du sagst, du darfst nun in den Landtag gehen, sei versichert: Der Bundesrat wird dir fehlen, weil ihm Landtag ein anderer Wind weht. Trotz vieler politischer Auseinan­dersetzungen, die wir hier haben, ist die politische Atmosphäre im Bundesrat immer noch eine der Wertschätzung und der gegenseitigen Kollegialität. In diesem Sinne wünsche ich dir alles Gute. (Allgemeiner Beifall. – Bundesrat Tiefnig: Danke!)

Da wir nun so viel Harmonie hier haben (Heiterkeit bei ÖVP und FPÖ), kommt der nächste Punkt der Harmonie: Unsere Fraktion findet den Zugang zur Novellierung des Ärztegesetzes grundsätzlich und in einigen Punkten sehr positiv. Ich will Ihnen hier auch drei Punkte nennen. Der erste betrifft die notärztliche Versorgung, die Klar­stellung der Ausbildung und die Sicherung des Qualitätsstandards. Das ist richtig und wichtig. Wir sollten bundesweit die beste notärztliche Versorgung anbieten.

Wir haben im Vorfeld der Diskussionen betreffend die Zulassung zum Notarzt oder zur Notärztin gesagt, dass man darüber weiter diskutieren kann, ob 20 Einsätze oder 50 Einsätze plus 20 intensivmedizinische Einsätze erforderlich sind. Wir schauen jetzt einmal, wie das funktioniert, und dann kann man ja zu diesem Thema zurückkommen.

Das Nächste, das Ferdinand und mich natürlich eint, ist die ärztliche Versorgung im ländlichen Raum. Ich möchte aber sagen: Urban ist nicht gleich urban und ländlicher Raum ist nicht gleich ländlicher Raum. Ich hatte letztes Jahr zu Weihnachten einen Unfall in meinem Tiroler Heimatbezirk und war verblüfft, was eine Arztpraxis dort leistet – was dort eine macht, machen in Wien vier Ordinationen.

Urbaner Raum ist auch nicht urbaner Raum, zum Beispiel, wenn ich mir meinen Heimatbezirk hier in Wien anschaue. Die Ärzte und die Ärztekammer haben zigmal darauf aufmerksam gemacht, dass in drei Jahren bis auf einen praktischen Arzt in diesem Bezirk niemand mehr da sein wird, weil alle auf einmal in Pension gehen. Es gibt keinen Plan für einen mittelgroßen Bezirk, den 19. Bezirk – der ist ja nicht so klein und auch räumlich ziemlich weitläufig –, da fehlen dann die praktischen Ärzte und Ärztinnen; das bereitet schon Sorgen.

Das Richtige in dem Gesetz ist, dass mehr Anreize für junge Ärzte und Ärztinnen geschaffen werden, in den ländlichen Raum zu gehen. Die junge Medizinerin in meinem Tiroler Heimatbezirk, zum Beispiel, würde ich einmal in diese Kategorie einordnen – mit 32 Jahren und zwei kleinen Kindern. Es muss einfach interessant sein. Diese Medizinerin ist aus der Steiermark zugezogen, weil der Anreiz in Tirol größer ist und natürlich durch den Wintertourismus noch eine ganz spezielle Sparte aufgeht.

Der nächste gute Zugang in diesem Gesetz ist, dass mehr Lehrpraxen entstehen, denn auch das ist wichtig.

Kommen wir zum dritten Punkt: Ich bin als Vorsitzender des Ausschusses des Euro­parates für Soziales, Gesundheit und nachhaltige Entwicklung mit dem dritten Punkt,


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der Palliativmedizin, befasst gewesen. Das ist ja mitunter ein sehr schwieriges Kapitel. Mit diesem Gesetz schaffen wir eine Absicherung der Schmerz- und Palliativmedizin in Österreich; deshalb stimmen wir auch zu. Es geht da vor allem darum, Leiden zu mindern. Niemand muss leiden, wenn das Leben fortgeschritten ist; das ist etwas ganz Wichtiges.

Es gibt ein paar Dinge, die offen sind, die auch dieses Gesetz offenlässt. Da sollte man dann, Frau Bundesministerin, vielleicht noch weiterdiskutieren. Das ist erstens die Ab­grenzung zwischen den angestellten und den freiberuflichen Ärzten und Ärztinnen. Zweitens ist nicht immer ganz klar, was die Abgrenzung zwischen einer kleinen Kran­kenanstalt und einer Gruppenpraxis ist. Auf jeden Fall aber ist die Einführung der Gruppenpraxen ein Meilenstein in unserem Gesundheitssystem, da sollten wir weiter dranbleiben.

Zum Schluss: Eine dieser offenen Fragen ist, was eine Vertretungsärztin oder ein Vertretungsarzt ist. Vertritt er nur oder ist er doch angestellt oder nicht? – Das sind so kleine Dinge, die manchmal große Dinge sind, vor allem dort, wo sie geschehen, und die noch einer Klärung bedürfen. Wir tragen diese Novellierung aber mit. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und FPÖ.)

12.48


Vizepräsident Ewald Lindinger: Frau Bundesministerin Mag.a Beate Hartinger-Klein hat sich zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr dieses.


12.48.32

Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein: Herr Präsident! Werte Bundesräte, recht herzlichen Dank! Dieses Ärztegesetz ist ein großes Werk. Ich habe es mit vielen Fachexperten, mit den Notärzten und mit den Fachgesellschaften – natürlich auch im Palliativ­be­reich –, also mit diversen Organisationen diskutiert. Was die Anstellung von Ärzten bei Ärzten betrifft, so trägt das dazu bei, dass die Versorgung im ländlichen Raum ge­sichert ist. Es ist meine Aufgabe als Gesundheitsministerin, das sicherzustellen.

Ich freue mich sehr, dass es gelungen ist, sowohl im Nationalrat als auch hier im Bundesrat Einstimmigkeit zu erzielen. Ich möchte mich dafür recht herzlich bedanken. (Beifall bei FPÖ, ÖVP und SPÖ sowie der Bundesrätin Dziedzic.)

12.49

12.49.17


Vizepräsident Ewald Lindinger: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

12.49.418. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 13. Dezember 2018 betreffend ein Bun­des­gesetz, mit dem das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten geändert wird (KAKuG-Novelle 2018) (374 d.B. und 439 d.B. sowie 10117/BR d.B.)


Vizepräsident Ewald Lindinger: Wir gelangen nun zum 8. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Thomas Schererbauer. Ich bitte um den


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Bericht.


12.50.04

Berichterstatter Thomas Schererbauer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bringe den Bericht des Gesundheitsausschusses über den Beschluss des Natio­nalrates vom 13. Dezember 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes­gesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher zur Antragstellung:

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 18. Dezember 2018 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des National­rates keinen Einspruch zu erheben.


Vizepräsident Ewald Lindinger: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Michael Wanner. Ich erteile dieses.


12.50.42

Bundesrat Michael Wanner (SPÖ, Salzburg): Herr Präsident! Frau Ministerin! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen und Zuschauer hier und zu Hause! Es geht um die Anpassung des Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetzes und die Ermöglichung der Umsetzung des Österreichischen Strukturplan Gesundheit.

Das Thema ist in mehrere Teile aufgesplittet. Das eine ist die fachrichtungsbezogene Anpassung der Organisationsform, das andere die Festlegung von Typen und Betriebsformen in den Anstaltsambulatorien. Weiters geht es um die Verpflichtung der psychiatrischen Krankenanstalten und Abteilungen für Psychiatrie zur Dokumentation im Zusammenhang mit dem Unterbringungsgesetz. Es gibt nun auch die Möglichkeit, dass Länder in ihren Ausführungsgesetzen Ambulanzsondergebühren für Sonderklas­se­patienten einführen.

In Summe sieht die Umsetzung eine abgestufte Versorgung für Leistungsträger mit je nach Versorgungsstufe und zugeführten Aufgaben unterschiedlichen Organisations­formen vor.

Was allerdings für uns – und das wird Sie nicht verwundern – unakzeptabel ist, ist die Möglichkeit, dass Länder in ihren Ausführungsgesetzen Sondergebühren für Sonder­klas­sen einführen können. Für die Zukunft heißt dies, dass in den Ambulanzen die freie Arztwahl herrscht, dass eigene Wartebereiche – Businesslounges – eingeführt werden (Zwischenruf des Bundesrates Schuster), dass mittels Terminvereinbarung auch relativ schnell ein Termin gefunden werden kann – man könnte das auch die Über­holspur nennen.

Bisher gab es Sonderklassepatienten im stationären Bereich der Krankenhäuser; man hat das die Hotelkomponente genannt. Ein Experte, der im Ausschuss befragt wurde, meinte, dass man sich dadurch doch etwas Luxus erkaufen könnte. Jetzt frage ich mich, wer sich in dieser Gesellschaft einen solchen Luxus erkaufen kann: Die Ver­käuferin, der Straßenkehrer, der einfache Arbeiter, dem am Monatsende nichts übrig bleibt, oder eher die, die mehr Geld haben, die Reichen? (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Immer die Reichen!)

Wieder einmal ist es Politik gegen alle und für Reiche. Wir können nur sagen – und das soll auch die Botschaft sein –: Alle Menschen, die krank werden, sind gleich zu behandeln. Es kann nicht sein, dass eine Gruppe zulasten der anderen einen Vorteil hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Für ein Beispiel braucht man sich nur die Tarife der Versicherungen anzuschauen: Je nach Alter und Leistungsumfang ist der billigste Tarif 15 Euro – dazu muss man sich die Leistung anschauen –, für 20-Jährige ist es ziemlich wenig, und das geht hinauf bis über 100 Euro. Wenn man das im Schnitt anschaut, kosten Zusatzversicherungen


BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 81

50 Euro pro Person und Monat. Daher stelle ich noch einmal die Frage: Wer kann sich das wirklich leisten?

Es betrifft 17,5 Millionen Ambulanzbesucher; zukünftig wird nach dem Geldbörsel be­messen werden, wie sie drankommen, wie sie behandelt werden, wenn sie krank sind. Das Ganze wird – auch das war im Ausschuss so zu hören – mit dem Wandel in der Medizin gerechtfertigt. Ich sage, das ist ein bisschen wenig und ein bisschen arm.

Nach der ersten Kritik an diesem System streiten Bundeskanzler Kurz und die Frau Sozialministerin ab, dass es dieses Vorhaben gibt. Kurz meint sogar (Zwischenrufe des Bundesrates Steiner – Bundesrat Schuster: Das ist eine Erfindung!), dass man das explizit in das Gesetz hineinschreiben wird. (Zwischenbemerkung von Bundesminis­terin Hartinger-Klein.) Strache hat Anfang Mai gesagt, die Zweiklassenmedizin werde es nicht geben. – Heute stimmen ÖVP und FPÖ dieser Zweiklassenmedizin zu. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Öffentliche Ambulanzen, Krankenhäuser werden mit Steuergeldern finanziert und dürfen nicht vorzugsweise Betuchten zur Verfügung stehen. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Menschen mit Krankheit müssen gleich behandelt werden. Die Gefahr, dass Menschen in den Ambulanzen nicht gleich behandelt werden, sieht man ja alleine schon am heutigen Entschließungsantrag der ÖVP, wonach das besonders einzu­halten ist. Der Experte im Ausschuss hat uns gesagt, man kann es nicht garantieren.

Frau Ministerin, Sie haben es garantiert. Der Experte sagt, es ist nicht zu garantieren, denn wenn man das macht, muss man genau hinschauen, man muss es kontrollieren und dann in das Gesetz schreiben. Meine Frage ist: Warum hat man es nicht gleich hineingeschrieben und muss jetzt mit einem Entschließungsantrag darauf reagieren? (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Minister, das Versprechen, dass es zu diesen Bevorzugungen nicht kommen wird, ist schön, hält aber nicht. (Bundesrat Steiner: Wirklich? Sie ist kein Hellseher!) Die ÖVP hat mit dem Entschließungsantrag wieder einmal einen etwas fehlerhaften Vorschlag von Ihnen korrigiert, und Ihre Partei wird da auch mitstimmen. (Bundesrat Rösch: Ihr habt leider Gottes keine Ahnung!) – Ja, das behaupten immer diejenigen, die glauben, Sie haben die Weisheit für sich gepachtet. (Ruf bei der FPÖ: Hört, hört! Zuerst lesen, dann reden! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Letzten Endes ist das, was Sie da einbringen, eine Reparatur dieses Vorschlages.

Die Sonderambulanzen finden sich ja nicht nur in den Erläuterungen, wo sie eigentlich hätten versteckt werden sollen, sondern wurden auch in den Stellungnahmen ange­sprochen. Dazu gibt es verschiedene Haltungen der Bundesländer; die einen sagen, sie wollen das, die anderen sagen, sie wollen das nicht. Niederösterreich, Tirol und Vorarlberg fürchten vor allem, dass es einen Abgang von Finanzmitteln aus dem stationären Bereich in Richtung Ambulanzen im Bereich der Sonderklasse geben wird. (Ruf bei der FPÖ: Das ist eben nicht durchschaut!)

Was aber ganz spannend ist, ist der Wunschzettel der Privatversicherungen. Da hat man sich die Serviette schon fein säuberlich gebunden, das Silberbesteck auf Hoch­glanz poliert, damit man den Festbraten Zusatzversicherung konsumieren kann. (Bei­fall bei der SPÖ.)

Letzten Endes ist das ein Ziel, das unter anderem dahintersteht, um Cash zu den Privaten, zu den Versicherungen, zu bringen. Noch schärfer ist da der Verband der Versicherungsunternehmen, der sogar in der Stellungnahme fordert, dass es da bauliche Maßnahmen geben soll, mit Businesslounge, Parkmöglichkeiten, Erfrischun­gen, und – mich würde es bei dieser Regierung nicht wundern – auch mit einer


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Raucher­lounge. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Schuster: Das gibt’s nur in der SPÖ-Lounge!)

Also mit uns gibt es in den Ambulanzen keine Luxusklasse für Reiche, keine VIP-Lounges, keine bevorzugte Behandlung durch Ärzte und kein Vorbeischieben an den anderen, keine Behandlung ohne Wartezeit. Für die Krankenhäuser werden Steuer­gelder verwendet, das sind unsere Gelder. All das geschieht nur, damit Versiche­rungen den Reibach zurückbekommen, den sie bei der Wahl teilweise gespendet haben! Kranke müssen gleich behandelt werden, eben wie Kranke! Basta! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Mühlwerth: Das ist unglaublich! Was sagt der da?! Das ist eine Unterstellung!)

12.59


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Christoph Steiner. Ich erteile dieses.


12.59.30

Bundesrat Christoph Steiner (FPÖ, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Gesundheitsministerin! Kollegen Bundesräte! Werte Zuseher hier und zu Hause! Dieses Gesetz ist die Umsetzung des Strukturplans Gesundheit 2017, der neben der Modernisierung einer der Hauptgründe für die Novellierung des Kranken­anstalten- und Kuranstaltengesetzes ist.

Was sind denn nun eigentlich die wesentlichen Punkte, die auch der Wahrheit ent­sprechen? – Ich würde sagen, wir kommen nach der sozialistisch Wanner’schen Märchenstunde wieder zu den Tatsachen zurück, denn diese Novelle garantiert allen Patienten Qualität und Sicherheit. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Jetzt gibt es die Verpflichtung zur Dokumentation der immer mehr werdenden Kran­kenhauskeime, die auch noch antibiotikaresistent sind. Das ist für deren Vorbeugung, Verhinderung und Bekämpfung von enormem Vorteil.

Durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit können die Betten nun endlich stations­übergreifend genützt werden. Dies wird die Bettenanzahl reduzieren und Kosten ein­sparen. Das Beste allerdings an dem ist, dass die Gangbetten im tiefroten Wien nun endlich der Vergangenheit angehören werden. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Ruf bei der FPÖ: Hoffentlich bald!)

Eine Dokumentationsverschärfung wird es auch im Bereich der Psychiatrie geben. Dies ist eine Erleichterung der Durchführbarkeit und eine wesentliche Verbesserung für den Überblick über die Gesamtsituation des Patienten. Damit wird für den Patienten die bestmögliche Behandlung garantiert.

Des Weiteren werden auch die Organisationsformen innerhalb des Spitals flexibler, einfacher und klarer geregelt. Hieraus ergeben sich viele Vorteile für die Bevölkerung, denn für Patienten stehen in Zukunft alle Spitalsleistungen bedarfsorientiert und mit flexiblen Öffnungszeiten zur Verfügung. Wir reduzieren die gesetzlichen Regulierungen auf das nötigste Maß. Somit werden unsere Ärzte wieder mehr Zeit für die Behandlung der Patienten in den Ambulanzen haben.

Weiters wurde auch die interdisziplinäre Zusammenarbeit auf höchstem medizinischen Niveau ermöglicht. Was bedeutet das? – Das bedeutet, dass nicht mehr wie bisher nur ein Arzt befundet, sondern mehrere Fachgebiete einen Befund erstellen, der dann schlussendlich für den Patienten wirklich aussagekräftig sein wird. Durch dieses Gesetz wird die Versorgungsqualität in den Ambulanzen enorm verbessert.

Ich darf weiters folgenden Antrag einbringen:


BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 83

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Christoph Steiner, Karl Bader, Kolleginnen und Kollegen betref­fend „Keine Benachteiligung von Patient/innen der allgemeinen Gebührenklasse beim Zugang zu medizinischen Leistungen in LKF-finanzierten Krankenanstalten“

Der Bundesrat wolle beschließen:

Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz, werden ersucht, im Rahmen der Zielsteuerung Gesundheit einschließlich eines geeigneten Monitorings sicherzu­stellen, dass auch im spitalsambulanten Bereich in LKF-finanzierten Krankenanstalten keine Unterschiede bei der Behandlung, insbesondere Umfang und Qualität, sowie beim Zugang zu medizinischer Leistung, insbesondere Terminabfrage und Warte­zei­ten, zwischen Patienten der allgemeinen Gebührenklasse und Patienten mit Sonderge­büh­renverrechnungen gemacht werden, und die Mitglieder des Gesundheitsaus­schus­ses des Bundesrates über das Ergebnis zu informieren. Erforderlichenfalls soll eine ausdrückliche gesetzliche Regelung erfolgen.

*****

Was bedeutet dieser Entschließungsantrag nun? – Es wird nicht so, wie von sozialis­tischer Seite dauerhaft behauptet, ein Unterschied gemacht. Nein, es wird kein Unter­schied zwischen Privatversicherten und gesetzlich Versicherten gemacht. Das können wir euch versichern. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Zum letzten Punkt, der vielleicht noch ein bisschen zur Aufklärung beiträgt: Es wird nun ein transparentes und einheitliches Abrechnungsmodell für alle ambulanten Einheiten geben. Nun werden die Abrechnungen auch für die Patienten nachvollziehbar.

Zu den Zusatzversicherten muss man schon einmal eines sagen: Die Zusatzver­sicher­ten tragen ein Drittel der gesamten Kosten. Es sind 1,8 Millionen Zusatzversicherte in Österreich. Ja, liebe SPÖ, auch die gibt es in Österreich.

Unser Dank gilt auf jeden Fall unserer Gesundheitsministerin, die dieses Gesetz wirklich professionell und mit sehr viel Herz für unsere Patienten verbessert hat. – Herzlichen Dank.

Eines muss man auch sagen: Bitte seid mir nicht böse, liebe SPÖ, aber wer im Krankenhaus Nord 1,8 Milliarden Euro versenkt und für Wartezeiten in Ambulanzen von mindestens 8 Stunden in Wien verantwortlich ist, ist, glaube ich, wahrlich nicht der Partner, mit dem wir uns in Gesundheitsfragen unterhalten müssen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Ihr interpretiert Sachen in dieses Gesetz und macht Horrormeldungen, die aber schon komplett an der Wahrheit vorbeigehen. Wisst ihr, was ihr macht? – Ihr betreibt ein wirklich pietätloses Spiel auf dem Rücken der Patienten. Das steht einer – Gott sei Dank – ehemaligen Kanzlerpartei wirklich nicht gut an. Das sei euch einmal gesagt. (Bundesrat Schuster: Unerhört, unerhört! – Ruf bei der SPÖ: Und ihr seid nicht unerhört ...?! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Die Regierung trägt jedenfalls Sorge dafür, dass alle Menschen in Österreich die bestmögliche Gesundheits­ver­sorgung in Anspruch nehmen können, egal ob privatversichert oder nicht. Das sei euch ins sozialistische Stammbuch geschrieben. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

13.06


Vizepräsident Ewald Lindinger: Der von den Bundesräten Steiner und Bader, Kolle­ginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Keine Benach-


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teiligung von Patient/innen der allgemeinen Gebührenklasse beim Zugang zu medizi­nischen Leistungen in LKF-finanzierten Krankenanstalten“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Anton Froschauer. Ich erteile dieses.


13.06.38

Bundesrat Anton Froschauer (ÖVP, Oberösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Geschätzte ZuschauerInnen hier im Haus und zu Hause vor den Bildschirmen! Meine beiden Vorredner, Michael Wanner und Kollege Steiner, haben die Grundlage, diesen österreichischen Strukturplan 2017, an den Beginn gestellt.

Ich glaube, es ist einen Blick wert: Was bedeutet dieser Strukturplan, und was war die Genesis dorthin, die Sie jetzt letztendlich in ein Gesetz gegossen haben? – Lange bevor die jetzige Bundesregierung Verantwortung übernommen hat, hat die Entwick­lung dieses Strukturplanes begonnen. Wir waren die Partner dabei. Weitere Partner waren Bund, Länder, Sozialversicherungen, die Patientenanwaltschaft, die Ärztekam­mer, sonstige Interessenvertretungen. Es war ein Prozess über mehrere Jahre. Ziel war und ist es, größtmögliche Transparenz, Rechtssicherheit und eine flexible Gestaltung des Gesundheitswesens in diesem Bereich zu erreichen.

Der Status quo in Österreich ist: Wir haben eines der besten Gesundheitssysteme der Welt. Wir haben aber gleichzeitig das Problem, dass sehr häufig zuerst Spitals­leis­tungen vor anderen Gesundheitseinrichtungen in Anspruch genommen werden. Da ist ein Bedarf gegeben, flexibler zu werden. Das Ergebnis ist das Gesetz, das uns jetzt vorliegt.

Flexibilisierung der Organisation in den Abteilungen soll unter zwei Gesichtspunkten – ich glaube, es ist wichtig, darauf hinzuweisen – stattfinden: einerseits sehr, sehr stark patientenorientiert, das heißt wohnortnah mit einer hohen Versorgungsqualität, andererseits prozessorientiert nach dem fallspezifischen Bedarf, aber auch dabei wieder der Patientenstatus im Mittelpunkt.

Ein wichtiges zusätzliches Ergebnis, das dabei erzielt werden soll, ist eine geringere Verweildauer in den Spitalseinrichtungen durch ambulante Formen einerseits und durch Sicherstellung einer Nachsorge andererseits. In dem Kontext ist wichtig, dass die Nachsorge mitverbunden ist, da sonst der bei Krankenhauseinrichtungen allseits bekannte Drehtüreffekt eintritt.

Was ist der Grund für die Emotionen? – Der Grund für die Emotionen und das Getöse, das auch im Vorfeld dieser Diskussion bereits medial zu vernehmen war, ist das Abrechnungsmodell für Zusatzleistungen. Erlauben Sie mir ein Gedankenexperiment: Ich nehme den Vorwurf von Kollegen Wanner als zutreffend an. Da ist schon einmal das eine, dass man den beiden Fraktionen, die Regierungsverantwortung tragen, diese Zusatzversicherungskomponente unterstellt. Es ist aber auch etwas anderes damit verbunden, man unterstellt damit nämlich gleichzeitig der Ärzteschaft, die ein sehr, sehr hohes Berufsethos hat, in dem Bereich dann eine geringere Leistung zu erbrin­gen.

Worüber reden wir tatsächlich? – Das eine ist die medizinische Leistung und das andere ist die Zusatzleistung, und diese Zusatzleistung soll definiert werden. Das erfolgt nicht im luftleeren Raum, sondern es ist ganz eindeutig festgelegt, dass das durch die Zielsteuergruppe erfolgt, und die Zielsteuergruppe ergibt sich aus dem Prozess, der bis zum Jahr 2017 geführt wurde und dort festgelegt ist: Bund, Länder und Sozialversicherung. Das eine ist die medizinische Leistung, das andere ist die Zusatzleistung. Wenn ich Zusatzversicherungen in die Finanzierung hineinnehme,


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dann muss ich Zusatzleistungen definieren, und das kann ein Einzelzimmer sein, das kann eine andere Form von Fernseher sein et cetera. Das wird noch festzulegen sein.

Ich lade ein, sich noch einmal die Stellungnahme der Wiener Landesregierung vom 24. Oktober 2018 zu Gemüte zu führen. Es ist eine Einladung, weil ich den Dialog darüber führen möchte – nicht, um zu zeigen, dass es da möglicherweise unter­schiedliche Meinungen in eurer Fraktion gibt, sondern um darauf hinzuweisen, dass die Stadt Wien in Sorge ist. Die Stellungnahme der Wiener Landesregierung wortwörtlich: „Eine Regelung über eine ,ambulante Sonderklasse‘ für ehemals stationär erbrachte Leistungen wurde ebenso nicht vorgesehen. Der damit verbundene Einnahmenentfall der Krankenanstalten wirkt sich negativ auf das Budget der Gemeinde Wien aus.“

Ich verstehe es! Ich verstehe es. Mein Vorredner hat angeführt, dass zusatzversicherte Patienten etwa 30 Prozent der Spitalsfinanzierung übernehmen. Bei 1,8 Millionen Österreicherinnen und Österreichern, die zusatzversichert sind, circa 410 000 in Wien, ergibt das beträchtliche Summen, die im öffentlichen Gesundheitssystem verbleiben. Jetzt könnte man sagen: Tun wir es weg aus dem öffentlichen Bereich!, aber genau dadurch entstehen dann diese Finanzierungslücken. Das ist genau das, worauf die Wiener Landesregierung zu Recht, wie ich meine, hingewiesen hat.

800 Millionen Euro bleiben im System, und das führt nicht zu einer Zweiklas­sen­medizin, sondern ganz im Gegenteil. Da ist eine wesentliche Finanzierungskom­ponen­te und stellt sicher, dass alle die gleiche medizinische Leistung bekommen, und das ist für mich das Wesentliche. Über Zusatzleistungen können wir diskutieren, und da lasse ich mir sogar einen Vorwurf gefallen, aber die medizinische Leistung ist die gleiche. Damit wird also keine Zweiklassenmedizin, sondern das genaue Gegenteil erreicht. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Wir dürfen die zusätzlichen Aufzeichnungen, die der Patientengesundheit, der Qualität für die Patienten dienen, nicht aus dem Blick verlieren. Die Aufzeichnungen über Kran­kenhauskeime, multiresistente Keime oder auch die zusätzlichen Einschränkungen bei den freiheitsbeschränkenden Maßnahmen zur Psychiatrie wurden angesprochen. Ich glaube, es ist ein gutes, es ist ein ausgewogenes Gesetz, und ich danke, dass es nicht nur beim Plan geblieben ist, sondern dass Nägel mit Köpfen gemacht werden, so wie wir das von dieser Bundesregierung gewohnt sind. Ich lade ein, da mitzustimmen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

13.13


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Martin Preineder. Ich erteile ihm dieses.


13.13.42

Bundesrat Martin Preineder (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Werte Damen und Herren im Saal und vor den Bildschirmen! Das Bundesgesetz über die Krankenanstalten und Kuranstalten steht zur Diskussion, und wir alle wissen, dass Gesundheit ein hoher, wenn nicht der höchste Wert im Leben eines Menschen ist. Wir haben, und darauf können wir in Österreich ganz grundsätzlich einmal sehr stolz sein, ein Gesundheitssystem mit hohem Standard, mit einer sehr sozialen Prägung, in dem es gleiche medizinische und pflegerische Leistung für alle Staatsbürger gibt. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Kollege Froschauer hat schon darauf hingewiesen, dass ein langer Diskussions­prozess vorgeschaltet worden ist, in dem mit allen Stakeholdern in diesem Bereich diskutiert wurde, um eine neue Zielsteuerung beziehungsweise den Strukturplan Gesundheit zu entwickeln. Dieser Strukturplan Gesundheit wurde im Juni 2017 dann


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letztlich auch unter der Regierung, nämlich einer rot-schwarzen Regierung, beschlos­sen und kommt jetzt zur Umsetzung. Also woher kommen die Ideen und woher kommen die Wurzeln? (Bundesrat Bader: Wer war der Minister?)

Geschätzte Damen und Herren! Werte Kollegen vor allem von der SPÖ! Dr. Leitner und auch Kollege Wanner haben schon darauf hingewiesen, dass jetzt ganz etwas Grausliches, ganz etwas Schlimmes, die VIP-Lounges und die Überholspuren in den Ambulatorien kommen werden. Versuchen wir doch, einen realistischen Dialog zu führen! Das wäre mir wichtig. Ich bin sehr oft in Spitälern, ich habe noch nie eine VIP-Lounge gesehen, eine Überholspur auch nicht. (Ruf bei der SPÖ: Weil es sie noch nicht gibt!) All das, was Sie befürchten – und Sie waren, glaube ich, auch im Ausschuss –, ist nicht vorgesehen, wie der Vertreter, der Beamte des Ministeriums bestätigt hat. Das hätte auch zuvor schon von den Ländern, die wir als Bundesräte vertreten, als Spitalserhalter gemacht werden können, wurde aber nicht gemacht und wird auch sicherlich – für mein Bundesland Niederösterreich kann ich das sagen – nicht gemacht werden. Das Gesetz, das wir hier beschließen, ist ein Rahmengesetz, und die Ausführung liegt bei den Spitalserhaltern, bei den Bundesländern.

Ich kann allen Bürgern sagen: Nehmen Sie die e-card mit, wenn Sie ins Ambulatorium gehen. Wenn Sie in die Ambulanz kommen, vergessen Sie die Kreditkarte, denn Sie werden mit der Kreditkarte in keinem Ambulatorium Österreichs eine Leistung bekom­men. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Ich danke meinem Vorredner, der darauf hingewiesen hat, dass Zusatzleistungen durch private Zusatzversicherungen auch zur Spitalsfinanzierung beitragen. Das ist ein wesentlicher Aspekt, den wir nicht übersehen sollten. Kollege Novak hat vorhin gemeint, die SPÖ hat das Teilen im Wahlprogramm stehen. Ich habe das Teilen quasi in meinem Vornamen stehen. Wer die Geschichte des heiligen Martin kennt, weiß, dass das eine Geschichte des Teilens ist. Er hat den Mantel mit einem armen Bettler geteilt. Ich darf Ihnen ins Stammbuch schreiben: Der heilige Martin hat seinen Mantel geteilt. (Heiterkeit und Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Damit darf ich zu den Inhalten kommen. Es ist in diesem Gesetz durchaus enthalten, dass für die Spitäler einfach mehr Flexibilisierungsmöglichkeiten zwischen dem ambu­lanten Bereich und dem Bettenbereich bestehen, dass das Personal sich besser organisieren kann, dass die Zusammenarbeit der verschiedenen Krankenanstalten in den ambulanten Bereichen verstärkt wird, dass die Leistung dem Bedarf angepasst wird und stationäre Aufnahmen überprüft werden. Wer kennt es nicht aus der Vergan­genheit – ich habe das selbst erlebt –, dass man zur Vorbereitung einer Operation oft drei Tage zuvor ins Spital gegangen ist, um jeden Tag eine Untersuchung zu machen, die man auch ambulant hätte machen können. Es wird daran gedacht, ambulante Behandlungen stärker zu forcieren, um Betten freizubekommen beziehungsweise Betten in jene Bereiche zu verlagern, wo sie dringender gebraucht werden.

Dieser Entwurf enthält aber auch – und das sei auch sehr dezidiert gesagt – ein Mehr an Dokumentation und damit auch ein Mehr an Transparenz, wenn es um die Dring­lichkeit, also um die Reihung der Patienten, geht. Es geht also auch um die Qualität und die Qualitätssicherung für die Patienten. Um das zu unterstreichen, gibt es auch noch den Dringlichkeitsantrag, der zur Diskussion steht. (Bundesrat Stögmüller: Seid ihr auch für den Dringlichen Antrag? – Bundesrat Bader: Ein Entschließungsantrag!) Ich und meine Fraktion werden dem Gesetzesantrag und dem Zusatzantrag - - (Zwi­schenruf bei der SPÖ.) – Entschuldigung, Entschließungsantrag! Pardon, ich korrigiere mich: Dringlichkeitsantrag ist das keiner (Bundesrätin Mühlwerth: Ein dringlicher Entschließungsantrag!), es ist eine dringliche Entschließung, Danke, Frau Kollegin! Es


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ist eine dringliche Entschließung. Wir werden den Entschließungsantrag und den Ge­setzesantrag unterstützen und Sie einladen, dabei auch mitzugehen. – Danke. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

13.19


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Beate Hartinger-Klein. Ich erteile ihr dieses.


13.19.21

Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein: Herr Präsident! Werte Abgeordnete! Ja, dieses Gesetz schafft mehr Qualität, mehr Transparenz und ist ein Teil dieses ganzen Gesundheits­paketes. Wir haben bei den Ärzten, Notärzten begonnen, haben jetzt die Kranken­anstalten und als nächsten Tagesordnungspunkt dann noch die Patientenverfügung.

Es wurde hier sehr viel gesprochen und diskutiert. Lassen Sie mich nur eines sagen: Werte Damen und Herren der Sozialdemokratie! Manchmal bin ich wirklich sprachlos, auf welche Ideen Sie kommen. Mir würde in meinen kühnsten Träumen nicht einfallen, eine Fast Lane, bessere Warteräume oder solche Dinge in der Ambulanz anzustreben. Ich verwahre mich aufs Schärfste gegen solche Ideen. Wir, die Regierung, wollen das nicht, der Herr Bundeskanzler und ich haben das schon öfters klargestellt. (Bundesrat Novak: Das ist vom Bundeskanzler korrigiert worden!) Und wir haben gesagt, wenn die Länder in ihren Ausführungsgesetzen solche Ideen haben, dann werden wir ein ent­sprechendes Bundesgesetz machen. Ich bin mir aber sicher, dass die Länder auch nicht auf solche Ideen kommen werden. – Danke. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

13.19


13.20.33Vizepräsident Ewald Lindinger: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall. Die Debatte ist geschlos­sen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Steiner, Bader, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Keine Benachteiligung von Patient/innen der allgemeinen Gebührenklasse beim Zugang zu medizinischen Leistungen in LKF-finan­zierten Krankenanstalten“ vor.

Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag auf Fassung der gegen­ständlichen Entschließung ist daher angenommen. (E 257-BR/2018)

13.21.379. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 13. Dezember 2018 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Patientenverfügungs-Gesetz geändert wird (PatVG-Novelle 2018) (337 d.B. und 440 d.B. sowie 10118/BR d.B.)


Vizepräsident Ewald Lindinger: Wir gelangen nun zum 9. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Christoph Steiner. Ich bitte um den


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Bericht.


13.21.57

Berichterstatter Christoph Steiner: Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Frau Gesund­heits­ministerin! Ich erstatte den Bericht des Gesundheitsausschusses über den Be­schluss des Nationalrates vom 13. Dezember 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Patientenverfügungs-Gesetz geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher zur Antragstellung.

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 18. Dezember 2018 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des National­rates keinen Einspruch zu erheben.


Vizepräsident Ewald Lindinger: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Gerd Krusche. Ich erteile ihm dieses.


13.22.40

Bundesrat Gerd Krusche (FPÖ, Steiermark): Hohes Präsidium! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Werte ZuseherInnen zu Hause vor den Bildschirmen! Wir haben es mit einer sehr ernsten Materie zu tun, die erfreulicherweise offenbar einstimmig beschlossen werden wird. Das Thema Patientenverfügung ist ja bereits seit Ende der Achtzigerjahre am Tapet, und 1993 wurde das erste Mal eine rechtliche Verankerung, damals noch im Krankenanstaltengesetz, vorgenommen. End­gültig verankert wurde dieses Thema im Jahr 2006 in einem eigenen Patientenver­fügungs-Gesetz.

Eine Studie aus dem Jahr 2014 zeigte, dass der Bekanntheitsgrad dieser Patien­ten­verfügung zwar im Steigen begriffen ist, aber trotzdem nur 4,1 Prozent der Bevölke­rung davon Gebrauch machten; das wahrscheinlich nicht, weil dieses Gesetz so schlecht war oder ist, sondern wegen einer gewissen Scheu, sich mit dem eigenen Tod oder der eigenen Entscheidungsunfähigkeit auseinanderzusetzen.

Das Thema wurde in mehreren Enqueten behandelt, und basierend auf diesen Er­kennt­nissen wurde die vorliegende Novelle erarbeitet. Sie umfasst im Wesentlichen vier Eckpunkte: erstens eine Verbesserung der Rahmenbedingungen. Die Verfügung kann nun auch durch Erwachsenenschutzvereine errichtet werden. Zweitens wird die Gültigkeitsdauer von fünf auf acht Jahre ausgeweitet. Drittens kommt es für die Bürger zu einer Kostensenkung, denn für Erneuerungen, Änderungen oder Ergänzungen der Verfügung ist keine verpflichtende Rechtsberatung mehr erforderlich. Und schließlich viertens: Auf Wunsch der Patienten kann diese Verfügung auch in Elga, in die Elektronische Gesundheitsakte, aufgenommen werden.

Es handelt sich also um einen weiteren positiven Schritt in diesem sensiblen Bereich, in dem Menschen eine Willenserklärung für den Fall abgeben, dass sie ihren Willen nicht mehr erklären können. Es ist ein weiterer Schritt zum Abbau von Angst der Patienten vor einer möglichen Handlungsunfähigkeit. Es ist zu hoffen, dass diese Novellierung dazu beitragen wird, die Zahl von Bürgern, die eine solche Verfügung machen, zu steigern.

Dass Interesse vorhanden ist, kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen. Ich habe in Leoben eine Informationsveranstaltung mit einem Notar organisiert, und das Interesse war wirklich sehr groß. In diesem Sinne freue ich mich auf eine breite Zustimmung zum Gesetz für diese so wichtige Materie. – Danke. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

13.25


Vizepräsident Ewald Lindinger: Danke.

Ich begrüße Herrn Vizekanzler Heinz-Christian Strache im Bundesrat. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)


BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 89

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Klara Neurauter. Ich erteile ihr dieses.


13.26.18

Bundesrätin Klara Neurauter (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­schätzte Frau Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zu­schauer! Ich kann die Worte von Bundesrat Krusche nur unterstreichen und bestätigen. Gerade für mich als Seniorenvertreterin ist diese Novellierung eine ganz besonders gute Sache. (Vizepräsident Brunner übernimmt den Vorsitz.)

Zu den erwähnten vier Punkten möchte ich noch einen fünften Punkt dazusetzen. Die neue Patientenverfügung ist für die Patienten jetzt leichter zugänglich. Die Gültigkeitsdauer der Verfügung wird von bisher fünf Jahren auf acht Jahre verlängert, es ist keine zusätzliche Rechtsberatung zwingend notwendig und gemäß Gesundheits­telematikgesetz kann sie auf Wunsch des Patienten in Elga aufgenommen werden.

Ich möchte eben einen Punkt noch hinzufügen: dass es auch für die Ärzte wesentlich angenehmer sein wird, wenn sich mehr Menschen um eine Patientenverfügung kümmern. Es war nämlich bisher schon das Problem, dass nur jeder 20. sich über­haupt mit diesem Thema beschäftigt hat und dass es deswegen auch vielen Menschen in der gegebenen Situation dann nicht mehr möglich war, autonom zu entscheiden und ihre Wünsche deutlich zum Ausdruck zu bringen. Wenn jetzt die Ärzte häufiger die Meinung ihrer Patienten kennen, sind sie rechtlich auf der sicheren Seite.

Wichtig ist auch der Zugang über Elga, denn so können alle Betroffenen in den Klini­ken, die Ärzte, die Pflegerinnen und Pfleger den Willen des Patienten feststellen.

Für mich ist auch die Annahme eines Abänderungsantrages im Nationalrat erfreulich, durch den dieses Gesetz in einem Jahr einer Evaluierung unterzogen wird, wobei Praktiker und eben auch die Seniorenverbände einbezogen werden.

So ist für mich heute ein guter Tag, weil dieses Gesetz einen Vorteil und einen Mehr­wert für alle Betroffenen, Ärzte wie Patienten, bringt. – Danke schön für die einstim­mige Annahme. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

13.28


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Vizepräsident Ewald Lindinger. – Bitte.


13.28.47

Bundesrat Ewald Lindinger (SPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich werde jetzt einige Worte sagen, aber nicht zu diesem Tagesordnungspunkt, denn eine Patientenverfügung hat immer etwas mit Krankheit zu tun. Da ich wieder gesund bin, brauchen wir über dieses Thema nicht zu sprechen.

Geschätzte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit 2003 gehöre ich diesem Haus an, war vorher noch im Oberösterreichischen Landtag tätig und habe 27 Jahre als Bürgermeister in meiner Gemeinde gearbeitet und den Menschen in der Region, so glaube ich, doch gedient. Es war insgesamt eine sehr schöne Zeit, und es war auch eine sehr schöne Zeit in diesem Haus.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als ich vom Oberösterreichischen Landtag hierher in den Bundesrat entsandt wurde, waren die Klubobmänner Bieringer Ludwig, Herr Professor Dr. Böhm, Albrecht Konecny. Es gab aber auch einen Klubobmann, der Stefan Schennach geheißen hat. (Bundesrätin Mühlwerth: Der war bei den Grünen!) Es war hier eine sehr bunte Zeit.


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Es war auch eine sehr interessante Zeit, denn es haben auch die Regierungsformen gewechselt. Es haben auch die Farben der Parteien immer gewechselt: von Blau auf Orange, BZÖ, dann FPK. Dann ist, glaube ich, Herr Kollege Vilimsky allein hier gesessen als FPÖ-Mandatar, alles war orange in diesem Bereich. (Bundesrätin Mühlwerth: Nein, nein, nein! Wir waren da!) Fast alles war orange. Aber Kollege Vilimsky ist allein in dieser Kammer gesessen, als freiheitlicher Bundesrat von Wien.

Ja, Sie sehen, auch bei der ÖVP hat sich etwas getan: von Schwarz auf Türkis, in vielen Bereichen. Nur die Sozialdemokraten sind gleich geblieben. Die Grünen sind noch immer grün, und die Sozialdemokraten sind noch immer knallrot, liebe Kolle­ginnen und Kollegen! (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ. – Beifall bei BundesrätInnen der ÖVP.)

Aber es hat doch einige schöne, viele schöne gemeinsame Beschlüsse gegeben, und ich war froh, dass ich in circa 90 bis 100 Reden – so genau weiß ich das nicht, circa 100 Reden in diesem Haus – doch meine Meinung kundtun und die Sozialdemokratie hier vertreten durfte.

Ich bedanke mich bei jenen, die mir das ermöglicht haben. Ermöglicht hat mir das meine Frau, die sehr viel Zeit allein verbracht hat. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und FPÖ.) Ermöglicht hat mir das ein Mitarbeiter meines Bezirkes, der geschaut hat, dass zu Hause alles läuft – Thomas, danke! (Beifall bei SPÖ, ÖVP und FPÖ.) Ja, und die MitarbeiterInnen hier im Haus dürfen wir alle nicht vergessen, denn ohne die wäre vieles nicht gelungen.

Ich danke auch meinem Klubobmann Reinhard Todt. Danke, dass du für uns im Klub immer sehr viel Zeit gehabt hast und dass wir heute gemeinsam hier den letzten Tag in diesem Haus verbringen! Und ja, Ferdinand, das hat auch einen Sinn, weil wir auch gemeinsam hierhergekommen sind.

Es war auch schön, zu Hause in meiner Gemeinde damals Mitarbeiterinnen und Mitar­beiter beim Entstehen der Telekommunikation zu haben, sprich des Internets, und, und, und. Es war ja noch nicht so, dass man mit Handy überall hingegangen ist, die Internetverbindung, Outlook und das alles hatte, sondern da hat man noch viel per Fax und mit so etwas gemacht. Danke auch jenen, die mir damals geholfen haben, es mir zu ermöglichen, dass ich hierher in den Bundesrat gehen konnte, ohne dass die Arbeit zu Hause gelitten hat und dass die Bürger so etwas verspürt haben! Das war auch sehr schön.

Geschätzte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, herzlichen Dank! Diese Zeit war sehr schön, aber ich genieße die Zeit in Zukunft für ein wenig Kulturreisen, ein wenig dafür, meinem Hobby, der Jagd, nachzugehen. Ja, ich habe schon sehr viel vor. (Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.) Ja, ich werde es genießen, und am meisten werde ich es genießen, dass ich meinen Enkelkindern mehr Zeit widmen kann als damals meinen Kindern.

Alles Gute! Es war sehr schön, danke! Ich werde gerne wiederkommen und das Haus besuchen. (Allgemeiner, stehend dargebrachter Beifall.)

13.33


Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Lieber Ewald, ein paar Worte seien mir, bitte, auch noch gestattet. Ich darf dir im eigenen Namen und im Namen, glaube ich, von uns allen und des gesamten österreichischen Bundesrates ganz herzlich danken. Du hast immer die Eigenverantwortlichkeit und auch die Achtung der Selbstständigkeit der Länder in den Mittelpunkt deiner Arbeit gestellt. Du warst langjähriges Mitglied; ich darf dir auch sagen – weil du vorhin gesagt hast, du weißt nicht genau, wie viele Reden du gehalten hast –: 101 Reden waren es genau, also über 100! Du hast mit diesen Reden und mit


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deinem Engagement wirklich auch den österreichischen Parlamentarismus stark ge­prägt.

Du warst auch über viele Jahre – 26 Jahre, glaube ich – Bürgermeister in deiner Heimatgemeinde, der Marktgemeinde Micheldorf in Oberösterreich, und hast dort auch viele Projekte umsetzen können. Der Vollausbau der Pyhrn Autobahn war auch, glaube ich, eines deiner Lieblingsprojekte, die du vorangetrieben hast.

Du hast auch das Große Silberne Ehrenzeichen der Republik Österreich für deine besonderen Verdienste erhalten. Wir sagen dir ganz herzlichen Dank für deine Tätigkeit, für deine Leistung, und wünschen dir und deiner Familie, die heute auch hier auf der Galerie Platz genommen hat und die wir ganz herzlich willkommen heißen, für die persönliche Zukunft alles, alles Gute! (Allgemeiner Beifall.)

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ingo Appé. Ich erteile es ihm.


13.35.50

Bundesrat Ingo Appé (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Geschätztes Präsidium! Herr Vizekanzler! Frau Bundesminister! Geschätztes Plenum! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Ich darf Sie jetzt nach der Abschiedsrede des Kollegen wieder in die Nie­derungen der Tagesordnung und zum letzten Redebeitrag zu diesem Tagesordnungs­punkt zurückholen.

Die eigene Selbstbestimmung vor allem in medizinischen Angelegenheiten scheint für die heutige Gesellschaft immer wichtiger zu werden. Jeder hat den Wunsch, über die Durchführung seiner medizinischen Behandlung selbst entscheiden zu können. Solan­ge die Möglichkeit besteht, diesen Wunsch einem Arzt/einer Ärztin in irgendeiner Weise mitteilen zu können, stellt dies kein Problem dar. Die Schwierigkeiten und vor allem die Ängste der Menschen kommen erst bei dem Gedanken: Passiert mit mir das, was ich gerne möchte?, wenn sie sich nicht mehr artikulieren können.

Die moderne Medizin eröffnet erfreulicherweise laufend eine Reihe von Behand­lungsmethoden, zu denen auch eine Menge von lebensverlängernden Maßnahmen gehören. Dies kann dazu führen, dass Menschen Angst haben, in eine Situation zu geraten, die sie selbst nicht mehr kontrollieren können. Darum wollen immer mehr Menschen ihren eigenen Willen in Form einer Patientenverfügung zum Ausdruck bringen.

Die Patientenverfügung ermöglicht das Recht auf Selbstbestimmung im Vorhinein. Die Novellierung des Patientenverfügungs-Gesetzes ist daher sehr zu begrüßen. Vor allem die Verlängerung der Gültigkeit von fünf auf acht Jahre und die Zurverfügungstellung in Elga ist sehr positiv zu bewerten, denn im Notfall werden die wenigsten ihre Patien­tenverfügung bei sich haben, wenn es zu einem Ereignis kommt. Durch die Aufnahme von Patientenverfügungen in Elga kann der behandelnde Arzt oder die behandelnde Ärztin im Ernstfall sofort Erkenntnisse über den Willen des Patienten erlangen, auch wenn dieser nicht mehr in der Lage sein sollte, sich selbst dazu zu äußern.

Der Patient/die Patientin muss die Kosten für die Errichtung der Patientenverfügung tragen. Dieselben Kosten fallen auch bei der Erneuerung der Patientenverfügung an. Wermutstropfen dabei ist, dass bei der Novellierung des Gesetzes nicht die zentrale Empfehlung der parlamentarischen Enquete-Kommission umgesetzt wurde, nämlich die finanzielle Entlastung der Patientinnen und Patienten bei der Errichtung der Patientenverfügung. Nach der derzeitigen Regelung werden nur Aufklärungsgespräche von der Krankenversicherung abgedeckt, wenn Patientinnen und Patienten bereits erkrankt sind. Die Patientenverfügung sollte aber auch die Absicherung eines eigenen Willens vor Eintritt einer Krankheit sein.


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Bedauerlicherweise fand der Entschließungsantrag der SPÖ auf Kostenübernahme durch den Bund im Nationalrat keine Zustimmung, denn auch Menschen mit geringem Einkommen sollten ein Recht auf diese Selbstbestimmung haben. Wir sprechen hier von Kosten für ein ärztliches Aufklärungsgespräch in der Höhe von 50 bis 150 Euro und von Notarkosten von 250 bis 300 Euro. Dies sind Beträge, Frau Minister, die sich jene Österreicherinnen und Österreicher schwer leisten können, von denen Sie be­haupten, mit 150 Euro im Monat auskommen zu können.

Da es sich hierbei jedoch generell um eine sinnvolle Novelle des Patientenverfügungs-Gesetzes handelt, stimmen wir dieser zu. (Beifall bei der SPÖ.)

13.39

13.39.41


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Einstimmigkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

13.40.0110. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 12. Dezember 2018 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richter- und Staatsanwalt­schafts­dienst­gesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Landesvertragslehrpersonengesetz 1966, das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrpersonengesetz, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Bundesbahn-Pen­sionsgesetz, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Bundes-Personalvertre­tungs­gesetz, das Rechtspraktikantengesetz und das Prüfungstaxengesetz geän­dert werden (2. Dienstrechts-Novelle 2018) (352 d.B. und 464 d.B. sowie 10074/BR d.B. und 10101/BR d.B.)


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Wir gelangen nun zu Punkt 10 der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Christoph Längle. Ich bitte um den Bericht.


13.40.13

Berichterstatter Christoph Längle, BA: Herr Vizepräsident! Herr Vizekanzler! Ich komme zum Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluss des Nationalrates vom 12. Dezember 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz und weitere Gesetze geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher gleich zur Antrag­stellung.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 18. Dezember mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Danke für den Bericht.


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Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler. – Bitte.


13.41.16

Bundesrätin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP, Salzburg): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhöre­rinnen und Zuhörer! Der öffentliche Dienst ist vielfältig wie kaum ein anderer Bereich. Er reicht vom Straßendienst über den Verwaltungsdienst bis hin zum Richter, zur Lehrerin, zum Lehrer.

Eines muss uns klar sein oder ist uns sicher klar: Ohne einen funktionierenden öffentlichen Dienst würde unser Staat nicht so gut dastehen, wie er dasteht. Ich denke, an dieser Stelle können wir an diese Damen und Herren, die uns tagtäglich im öffentlichen Dienst ihre Dienstleistungen anbieten, einmal einen Applaus richten. (All­gemeiner Beifall.)

Die Verhandlungen sind sehr gut geführt worden. Sie waren intensiv, sehr wertschät­zend, wie mir die KollegInnen aus dem Verhandlungsteam gesagt haben, und es ist ein gutes Ergebnis zustande gekommen. Herr Vizekanzler, Sie wissen das, denn Sie waren da ja dabei.

Zu den zahlreichen Optimierungen in dieser 2. Dienstrechts-Novelle zählt zum einen die Wiedereingliederungsteilzeit, die jetzt auch Beamtinnen und Beamte in Anspruch nehmen können. Damit können sie zum Beispiel nach Unfällen wieder langsam in den Arbeitsprozess einsteigen.

Das 21. Jahrhundert ist ja auch das Zeitalter der Computerarbeit und der Telearbeit, und auch dem wurde bei dieser Dienstrechts-Novelle Rechnung getragen. Es ist eine flexiblere Lösung vorgesehen. Der unmittelbare Vorgesetzte kann dazu tageweise situativ Möglichkeiten anbieten.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Möglichkeit, Fachkarrieren zu machen, also nicht nur Führungslaufbahnen einzuschlagen. Damit ist man auch im Personalmanagement flexibler geworden und bietet zusätzliche Aufstiegs- und Optimierungsmöglichkeiten an.

Natürlich ist das Wichtigste für die Damen und Herren die gehaltliche Ebene, der Gehaltsabschluss. Auch da wurde ein guter erzielt, denn die Gehälter werden sozial gestaffelt angehoben. Es gibt eine Anhebung um 3,45 Prozent, bei den höheren Einkommen eine um 2,51 Prozent, und auch die Zulagen werden um 2,76 Prozent erhöht. Damit ist sichergestellt, dass die Gehälter der Damen und Herren im öffent­lichen Dienst über der Inflationsrate angepasst werden. Wir haben das heute schon an einer anderen Stelle gehört: Das ist uns sehr wichtig, damit die Kaufkraft auch weiterhin gewährleistet ist.

Einen weiteren Punkt möchte ich zusätzlich erwähnen: Das ist die Schulaufsicht Neu. Im Zuge des Bildungsreformpakets von 2017, an dem unser Landeshauptmann Haslauer sehr intensiv mitgearbeitet hat, wurden ja auch die Bildungsdirektionen, die nun beginnen, eingerichtet. Da passiert jetzt sehr viel in den Ländern, die Strukturen werden zusammengeführt. Die Doppelgleisigkeiten zwischen den Schulverwaltungen des Landes und der Landesschulräte werden jetzt zusammengeführt, und das schafft natürlich auch wieder schlanke, effizientere Strukturen.

Ein wichtiger Punkt – und darum habe ich mich auch zu Wort gemeldet – ist für uns ein ganz wesentlicher, den Sie vielleicht in den Medien verfolgen konnten; speziell in Salzburg hat das viel Aufruhr gemacht. Im Zuge der Lehramtsausbildung Neu sind an einigen Universitäten Probleme aufgetreten. Diese Unis haben bereits 2013 begonnen,


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die neue Lehramtsausbildung zu implementieren, und haben schon damals damit begonnen, die jungen Damen und Herren danach auszubilden. Das Problem war nur, dass jetzt die Damen und Herren den Bachelor gemacht haben, und dann ist man draufgekommen: Diese Ausbildung ist nicht genügend, damit sie als Junglehrerin und Junglehrer angestellt werden können. Es hat bei dieser neuen Lehrerausbildung einfach noch ein Alzerl gefehlt, wie man so schön sagt.

Meine Kollegin Gertraud Salzmann im Nationalrat, die auch eine anerkannte Dienst­rechtlerin ist, hat sich da sehr, sehr stark gemacht und hat dann zusammen mit Minister Faßmann eine Lösung gefunden, sodass für diese jungen Damen und Herren jetzt diese Bachelorabschlüsse saniert werden und sie den geltenden Junglehrer­abschlüssen gleichgestellt sind, damit wieder Rechtssicherheit herrscht.

Es ist natürlich toll, dass das hier gelungen ist, speziell für diese jungen Damen und Herren, denn stellen Sie sich vor, die kommen heraus, und dann sagt man ihnen: Ihr könnt nur mit Sonderverträgen angestellt werden, weil eure Ausbildung mangelhaft ist. – Darüber bin ich sehr froh, und ich bedanke mich dafür stellvertretend bei Ihnen, Herr Vizekanzler, dass das saniert werden konnte. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie bei BundesrätInnen der SPÖ.)

13.46


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Elisabeth Grimling. Ich erteile es ihr.


13.46.50

Bundesrätin Elisabeth Grimling (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Werte Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Danke, Frau Doktor, dass Sie dazu schon so viel gesagt haben, aber ich werde mich wiederholen, denn diese 2. Dienstrechts-Novelle muss man einfach noch einmal anführen. Ich darf aber gleich sagen, dass unsere Fraktion der 2. Dienstrechts-Novelle zustimmen wird; das ist also schon einmal klar.

Der Überbegriff Bundesdienstrecht umfasst alle Regelungen zur Sicherung der Funk­tionsfähigkeit des Bundesdienstes. Es bildet daher den rechtlichen Rahmen für die Tätigkeit beim Bund. Den Besonderheiten der öffentlichen Verwaltung Rechnung tragend kommt eine ganze Reihe von Gesetzen zur Anwendung.

Notwendige Anpassungen und Ergänzungen müssen daher oftmals durch die Novel­lierung einschlägiger Einzelgesetze getroffen werden. Sie sind erforderlich, um den immer neuen Herausforderungen Rechnung zu tragen, die von den öffentlich Bediens­teten in hervorragender Weise bewältigt werden. So wurde heuer bereits einmal ein derartiges Gesetzeswerk als Dienstrechts-Novelle 2018 verabschiedet.

Die nunmehr vorliegende 2. Dienstrechts-Novelle 2018 mit Abänderungen von 17 Bun­desgesetzen enthält nicht nur den Gehaltsabschluss für den öffentlichen Dienst – wie Sie erwähnt haben, mit Erhöhungen um durchschnittlich 2,76 Prozent –, sondern bringt auch einige grundlegende Neuerungen. Auch ich werde versuchen, aus diesem Ge­samt­paket einige zu erwähnen.

Zum Beispiel bei der Schulaufsicht: Es gibt ein eigenes Gehaltsschema für Bedienstete der Schulaufsicht sowie Bestimmungen über den Bestellmodus und den Aufgaben­bereich für die LeiterInnen der Bildungsregionen und für die Bediensteten des Schul­qualitätsmanagements, früher Landesschulinspektorinnen/Landesschulinspektoren. Wir werden sehen, wie das Schulqualitätsmanagement da weitergeht – als Nebensatz.

Die Flexibilisierung der Telearbeit, wie Sie schon erwähnt haben, auf bestimmte Tage oder anlassbezogen, die Beschleunigung des Aufnahmeverfahrens in den Exekutiv-


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dienst, die bessere Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten für BeamtInnen bei der ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit, die Unvereinbarkeitsbestimmungen für Rich­terInnen und die Einsatzmöglichkeiten für RichteramtsanwärterInnen werden neu ge­fasst.

Die Möglichkeit für Fachkarrieren im Bundesdienst wird ausgeweitet. Sie soll beson­ders qualifizierten MitarbeiterInnen offenstehen, die langjährige Erfahrung und spezi­fisches Wissen haben, ohne eine Führungsposition auszuüben.

Zu erwähnen ist auch die Erweiterung der Aufnahme von Verwaltungspersonal ohne Ausschreibung für den beim Bundeskanzleramt eingerichteten ExpertInnen-Thinktank; eine in der Diskussion mehr als umstrittene Maßnahme, die aber letztlich vom Natio­nal­rat im vorliegenden Gesamtpaket mitbeschlossen wurde.

Anzuführen ist auch die Vermeidung von Versicherungslücken im Pensionssystem für jene Beamtinnen und Beamte, die sich für die Ausübung eines politischen Mandats teilweise vom Dienst freistellen lassen.

Wie schon erwähnt, wird auch meine Fraktion der 2. Dienstrechts-Novelle ihre Zustim­mung geben. Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei BundesrätInnen von ÖVP und FPÖ.)

13.51


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Andreas Spanring. Ich erteile es ihm.


13.51.30

Bundesrat Andreas Arthur Spanring (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Werte Kollegen des Bundesrates! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie und vor den Bildschirmen! Ich darf in diesem Jahr bereits das zweite Mal zu einer Beamtendienstrechts-Novelle sprechen. Das stimmt mich persönlich sehr positiv. Ich bin sogar der Meinung, dass man nach den Jahren der Durststrecke im Beamtentum das Jahr 2018 mit Fug und Recht als ein sehr gutes Jahr für öffentlich Bedienstete erklären kann, wurden doch gerade die Beamten in den letzten Jahren immer sehr stiefmütterlich behandelt, teilweise sogar benutzt, um ein bisschen einen Keil zwischen Arbeitnehmer und Angestellte und die Beamten zu treiben; warum auch immer, vielleicht aus politischem Kalkül.

Meine Damen und Herren! Unsere Beamten in den verschiedensten Bereichen leisten wirklich hervorragende Arbeit. Wie überall gibt es schwarze Schafe, aber mit der Mehrzahl unserer Beamten dürfen wir wirklich zufrieden sein, und wir können auch sehr stolz auf sie sein. Gerade deshalb will ich auch die Gelegenheit nutzen, um unserem Herrn Vizekanzler zu danken, der als Beamtenminister für die Anliegen unserer öffentlich Bediensteten ein echtes Verständnis zeigt und ihnen die ent­sprechende Wertschätzung entgegenbringt. – Danke, Herr Vizekanzler! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Wie wir gehört haben, ist der Gehaltsabschluss sozial gestaffelt worden, er beträgt zwischen 3,45 Prozent für die kleineren Einkommen und 2,51 Prozent für die größeren Einkommen; alle Zulagen werden um 2,76 Prozent erhöht.

Mit der Einführung der Wiedereingliederungsteilzeit für Beamte – im Juni haben wir bereits dieselbe für Vertragsbedienstete beschlossen – wird einmal mehr eine Angleichung an die Privatwirtschaft geschaffen. Diese Wiedereingliederungsteilzeit liegt sowohl im Interesse des Dienstgebers als natürlich auch im Interesse des Dienstnehmers.


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Die Telearbeit wird flexibilisiert, damit werden auch notwendige Anforderungen ge­schaffen, um den neuen Arbeitsmethoden entsprechen zu können und gerecht zu werden. Weiters wird damit auch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie erhöht.

Die bestehende Fachkarriere wird erweitert und ergänzt. Das ermöglicht einerseits, ältere Bedienstete länger aktiv im Dienst zu halten, und andererseits, als ein zweiter Effekt, wird damit jüngeren Bediensteten, die überdurchschnittliche Leistungen erbrin­gen, welche aber keine Führungskarriere anstreben – das gibt es nämlich auch –, ein zusätzlicher Karrierepfad eröffnet, um auch sie dauerhaft im Dienst zu halten. Ich kann Ihnen nämlich aus eigener Erfahrung sagen: Was vor 25 Jahren noch ein Einzelfall war, nämlich dass jemand im Staatsdienst gekündigt hat, passiert in den letzten Jahren leider immer öfter. Warum? – Der Staatsdienst ist in den letzten Jahren immer weniger attraktiv geworden.

Sie können mir eines glauben: Das sind in Wahrheit die teuersten Beamten. Warum? Bei ihnen wird in Ausbildung investiert. Nehmen wir als Beispiel die Polizei: Sie sind zwei Jahre in Ausbildung, sammeln dann Berufserfahrung, gehen weg und setzen ihr Wissen und Können anderswo ein, weil die Bezahlung vielleicht woanders besser ist, die Faktoren attraktiver sind. Dem wird mit dieser Regelung nun entgegengewirkt.

Die Einsatzmöglichkeiten von Richteramtsanwärtern werden erweitert und flexibilisiert. Dadurch wird eine umfassendere Ausbildung garantiert und natürlich auch die Qualität der Ausbildung erhöht.

Änderungen im Recruitingprozess bei der Exekutive beschleunigen das Verfahren, ohne auch nur in irgendeiner Art und Weise die Qualitätsschraube nach unten zu drehen, wie das leider in letzter Zeit fälschlicherweise manchmal behauptet wurde.

Durch die Berücksichtigung von zusätzlichen Kindererziehungszeiten für die Inan­spruch­nahme der Korridorpension wird eine bestehende Benachteiligung von Frauen beseitigt. Sie können sich bis zu sechs Monate mehr pro Kind, auch bei Anschluss­karenzurlauben, für die ruhegenussfähige Gesamtdienstzeit anrechnen lassen. Das schafft mehr Geschlechtergerechtigkeit.

Wie gesagt, das ist wirklich einmal etwas, das den Frauen etwas bringt; nicht, ob ich hier am Rednerpult 100 Mal von Beamtinnen und Beamten und von Bundesrätinnen und Bundesräten oder – so wie manch anderer Genderwütige – von Eltern und ElterInnen rede. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Heiterkeit bei BundesrätInnen von FPÖ und ÖVP. – Zwischenruf des Bundesrates Stögmüller.) Das, meine Damen und Herren, verlängert nämlich nur meine Redezeit, verringert die Verständlichkeit und verringert auch die Aufmerksamkeit im Plenum.

Ich will es auch einmal explizit angesprochen haben, da ich bei einer der letzten Sitzungen durch die Blume von der SPÖ darauf aufmerksam gemacht wurde: Nein, ich gendere nicht, ich mache das ganz bewusst nicht. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.) Für mich ist es nämlich eine Selbstverständlichkeit, dass Männer und Frauen die gleiche Wertschätzung von mir erfahren, dazu brauche ich nicht zu gendern. (Zwischenruf der Bundesrätin Grimling.)

Im Bereich der Schulaufsicht wird mit dem neuen Dienstrecht ein modernes regionales und schultypenübergreifendes Schulqualitätsmanagement eingeführt.

Was nach wie vor über uns schwebt, ist die Entscheidung des Europäischen Ge­richtshofes zum Thema Vordienstzeitenanrechnung. Dieses Thema wurde leider in der Vergangenheit auf die leichte Schulter genommen. Da müssen wir abwarten, was letztendlich rauskommt; vielleicht wird diese Regierung die unter roter Kanzlerschaft eingebrockte Suppe auslöffeln müssen.


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Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit dieser 2. Novelle zum Beamtendienst­recht wurden wieder viele wichtige Punkte umgesetzt, weshalb wir diese Dienstrechts-Novelle vollinhaltlich mittragen werden. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

13.57


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Elisabeth Grossmann. Ich erteile es ihr.


13.57.56

Bundesrätin Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kurz zu meinem Vorredner: Sprache schafft Bewusstsein, und Frauen sind es wert, auch in einer Rede genannt zu werden. – Das möchte ich Ihnen mitgeben. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller. – Bundesrätin Mühlwerth: Wir gendern aber nicht, wenn du dich ... umso besser!)

Ich darf erstmals hier im Bundesrat zu einer Dienstrechts-Novelle sprechen. Ich hatte in der letzten Legislaturperiode im Nationalrat öfters die Gelegenheit dazu, denn dort wurden auch sehr viele positive Dienstrechtsnovellen verabschiedet; und heute eben erstmals für mich hier im Bundesrat. (Beifall bei der SPÖ.) Es war insofern keine Premiere im Bereich des Dienstrechts, wie Sie das dargestellt haben, aber diese Dienstrechts-Novelle enthält tatsächlich sehr viel Positives, deshalb stimmen wir in Summe auch zu.

Die Gehaltserhöhungen, die die entsprechende Wertschätzung gegenüber den Be­diensteten des öffentlichen Diensts zum Ausdruck bringen, wurden schon genannt. Kollegin Grimling und auch andere Kolleginnen und Kollegen haben bereits Einzel­heiten in dieser Novelle hervorgehoben.

Herr Kollege (in Richtung Bundesrat Spanring), Sie haben vorhin die Ermöglichung der Telearbeit angesprochen, und dazu möchte ich schon etwas sagen, nämlich: die Ermöglichung in besonders gelagerten Fällen und nicht Telearbeit als Normalfall, weil Sie das auch als missverstandene Maßnahme zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie genannt haben.

Ich halte das im Gegensatz zu Ihnen und vielleicht auch anderen Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen, die das vor allem in der Ausschusssitzung im Nationalrat zum Ausdruck gebracht haben, dass es irgendwie eine Vision wäre, dass Mütter mit kleinen Kindern am Schoß Telearbeit leisten, in der einen Hand ein Flascherl, die andere Hand auf der Tastatur, für keine erstrebenswerte Vision und das ist auch kein Beitrag zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Vereinbarkeit von Beruf und Familie können wir nur durch entsprechende Kinder­betreuungseinrichtungen und durch entsprechende Öffnungszeiten (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller) gewährleisten, aber eben nicht durch solche Arbeitsformen – die zwar ihre Berechtigung haben, die ein Zeichen der Zeit sind, um auch die Technologien entsprechend konstruktiv zu nutzen, aber wie gesagt: Zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie gehört mehr, das möchte ich an dieser Stelle zum Ausdruck gebracht haben.

Positiv ist auch, dass die in der letzten Legislaturperiode beschlossene Bildungsreform mit dieser Dienstrechts-Novelle jetzt auch verwaltungstechnisch und dienstrechtlich umgesetzt wird. Das ist insofern bemerkenswert, Herr Vizekanzler, als sich die FPÖ in der letzten Legislaturperiode vehement gegen die Bildungsreform gestellt hat. Ich war ja Bildungssprecherin meiner Fraktion, da konnte ich mir von Ihren Kolleginnen und Kollegen einiges über dieses – unter Anführungszeichen – „rote Teufelswerk“ anhören, das da verabschiedet worden ist. (Heiterkeit der Bundesrätin Mühlwerth.) – Ja, Sie


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lachen. Ich kann Ihnen erzählen, was ich mir da alles habe anhören müssen, aber wenn das jetzt verwaltungstechnisch entsprechend umgesetzt wird, dann ist das natürlich auch zu begrüßen.

Es wäre aber nicht diese Bundesregierung, wenn neben einigen positiven Dingen nicht auch einige wirklich haarsträubende Ungeheuerlichkeiten hineingeschleust würden. (Bun­desrätin Mühlwerth: Es wäre nicht die SPÖ, wenn Sie nicht ...!) – Und es wäre nicht die SPÖ, wenn sie nicht darauf aufmerksam machen würde, Frau Kollegin (Beifall bei der SPÖ), denn das ist unsere Aufgabe, ich würde sagen, unsere Pflicht als Opposition und vor allem als demokratisch gesinnte Menschen.

In dieser Novelle wird in einem Aufwaschen auch das Ausschreibungsgesetz geändert, und zwar in einer besonders heimtückischen Weise. Man versucht nämlich, das anscheinend lästig anmutende Ausschreibungsgesetz durch eine Bestimmung in der Dienstrechts-Novelle irgendwie fast beliebig auszuhöhlen. Es ist unbestritten, dass sich Regierungsmitglieder die Mitarbeiter in ihren politischen Büros selbst aussuchen dürfen und natürlich auch Vertrauensleute hineinholen dürfen; das ist legitim und das ist ganz klar. Nun aber wird dieser Begriff, Büro, durch einen Hinweis auf § 7 Abs. 3 Bun­des­ministeriengesetz ersetzt.

Bei näherer Betrachtung dieser Bestimmung erkennt man, dass nun bis hinunter in Abteilungen und Gruppen Leute ohne Ausschreibung, ohne Transparenz, vielfach ohne Bedarf, ohne Qualifikationsprofil beschäftigt werden können, einfach nur, um politische Posten zu schaffen; warum auch immer: vielleicht zur Versorgung von bestimmten Personen, die man anders nicht unterbringt, oder vielleicht um politische Berichterstatter – andere sagen vielleicht auch Spitzel – irgendwie hineinzuschleusen, um das Berufsbeamtentum zu unterwandern und da eben durchgängig auch eine politische Kontrolle durchzuziehen. (Bundesrat Spanring: Das ist schon an den Haa­ren herbeigezerrt!)

Da wird in einer an und für sich positiven Sache fast ein Trojanisches Pferd in die Verwaltung eingeschleust. Wir werden das genau beobachten. Die Dimension ist noch gar nicht absehbar. (Bundesrätin Mühlwerth: Wie der Schelm denkt, so ist er!) Lesen Sie sich das wirklich genau durch, genauer, als das Ihre Kolleginnen und Kollegen im Nationalrat getan haben, was unter diesen Thinktanks tatsächlich verstanden werden kann und was daraus entstehen kann! (Bundesrat Spanring: Kann, könnte!) Das kann sich immens auswachsen. (Bundesrätin Mühlwerth: Hätt ich, wär ich, tät ich!)

Dabei haben wir immer wieder – vor allem vor der Wahl – gehört, und auch im Regie­rungsprogramm ist es nachzulesen: Wir sparen im System, schlanker Staat. – Das sind alles Mogelpackungen (Beifall bei der SPÖ), genauso, wie Sie durch diese perfide Vorgangsweise die an sich gute, positive und unterstützenswerte Dienstrechts-Novelle zu einer Mogelpackung degradieren. Das ist wirklich sehr, sehr schade. (Rufe und Gegenrufe zwischen Bundesrätin Grimling und Bundesrat Schuster.)

Nichtsdestotrotz werden wir zustimmen, weil auch sehr viele positive Dinge drinnen sind, aber Sie stehen, das sage ich Ihnen schon, massiv unter Beobachtung. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

14.05


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Vizekanzler Heinz-Christian Strache. – Bitte, Herr Vizekanzler.


14.05.32

Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Heinz-Christian Strache: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Bundesräte! In der Politik ist man ja laufend gefordert, auf die Entwicklungen, auf die


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modernen Entwicklungen auch im Bereich der Verwaltung einzugehen, sich auch immer wieder sozusagen fortzuentwickeln und entsprechende Änderungen und Ver­bes­serungen dort vorzunehmen, wo dies notwendig ist. Es gibt eine rasante technische Veränderung, und es ist meine Verantwortung als Minister für öffentlichen Dienst, dafür Sorge zu tragen, die optimalen organisatorischen und auch dienstrechtlichen Rahmen­bedingungen zu schaffen, das notwendige Personal zu gewährleisten und die Planstellenentwicklung und die Qualität der Leistungserbringung im Interesse der Öster­reicher sicherzustellen.

Im Gegensatz zu meinen Vorgängern – das ist mir schon wichtig, das möchte ich auch festgehalten wissen – wird es nicht so sein, dass ich auf dem Rücken der Beamten irgendein Kleingeld wechsle, und ich werde schon gar kein Beamtenbashing betreiben. Im Gegenteil, mir ist es besonders wichtig, den Beamten im öffentlichen Dienst mit Wertschätzung und Respekt zu begegnen (Bundesrätin Grossmann: Deshalb bekommen sie die politischen ...!), denn was diese leisten und dass sie in so vielen Bereichen ihren Kopf für unser aller Sicherheit hinhalten, das verdient nicht nur Respekt und Anerkennung, sondern da haben wir auch eine verdammte Verant­wortung, den Beamten hinsichtlich der Entwicklung der Gehälter, aber auch hinsichtlich der Entwicklung von Rahmenbedingungen das Bestmögliche zur Verfügung zu stellen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Mit der 2. Dienstrechts-Novelle in Jahr 2018 wollen wir den Beamten im öffentlichen Dienst gegenüber diesen Respekt und diese Wertschätzung zum Ausdruck bringen. So haben wir beziehungsweise habe ich das während der Verhandlungen gehandhabt. Wir haben uns in einer hoch korrekten Art und Weise in den Verhandlungen aufeinan­der zubewegt. Es hat drei Verhandlungstermine gegeben; jeder wird noch in Erin­nerung haben, wie das bei anderen Berufsgruppen verlaufen ist, bei uns fanden diese in gegenseitiger Wertschätzung statt. Es ist vonseiten beider Verhandlungspartner gelungen, einen äußerst fairen und gerechten Gehaltsabschluss sicherzustellen, und darauf können wir stolz sein.

Der Gehaltsabschluss im öffentlichen Dienst, der heute hier beschlossen wird, ist sozial gestaffelt, er beträgt zwischen 3,45 Prozent für die kleinen Einkommen und 2,51 Prozent für die größeren Einkommen, und alle Zulagen werden sozusagen pauschal mit 2,76 Prozent erhöht. Das bedeutet, ein junger Offizier in der Gehalts­stufe 1 erhält monatlich um 3,38 Prozent beziehungsweise um 63 Euro mehr, ein jun­ger Polizist mit ein paar Jahren Berufserfahrung in der Gehaltsstufe 5 erhält im Monat 3,27 Prozent beziehungsweise 67,8 Euro mehr. Das ist schon etwas, was man spürt, und das ist über das Jahr gerechnet schon ein ordentlicher zusätzlicher Gehaltsbetrag.

Gleichzeitig ist natürlich für alle Bediensteten eine Gehaltssteigerung deutlich über der Inflation sichergestellt und vorgesehen. Das ist eben der Ausdruck der Anerkennung der hervorragenden Leistungen der Beamten im öffentlichen Dienst, wobei es ja auch vielschichtige Unterschiede im Beamtenbereich gibt. Eine gut funktionierende Verwal­tung und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollten uns das wert sein, und dieser faire Gehaltsabschluss war mir daher ein besonderes Anliegen. Ich habe das bereits vor dem ersten Verhandlungstermin in der Öffentlichkeit gesagt und bin froh, dass das heute auch so beschlossen wird.

Rahmenbedingungen im öffentlichen Dienst zu verbessern ist wichtig, und da haben wir uns immer weiterzuentwickeln. Zum Beispiel ist die Einführung der Wiederei­ngliederungsteilzeit für Beamtinnen und Beamte besonders wichtig, denn wenn man nach längerer Zeit im Krankenstand mit dieser Wiedereingliederungsteilzeit – eben nicht Vollzeit, sondern Teilzeit – die Möglichkeit hat, sukzessive wieder ins Berufsleben hineinzuwachsen, wieder hineinzufinden, so ist das im Interesse beider Seiten, nämlich


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im Interesse der Dienstnehmer, aber natürlich auch im Interesse der Dienstgeber, und daher ist das ein guter und richtiger Schritt.

Ja, die Flexibilisierung der Telearbeit ist auch notwendig und ist auch eine gute Entwicklung, die sich bewährt hat. Damit treffen wir natürlich weitere Anpassungen, um den neuen Arbeitsmethoden gerecht zu werden, und verstehen das nicht so, wie Sie das gerade vorhin in Ihrer Rede interpretiert haben. Nein, es geht darum, dass man in der modernen Arbeitswelt diese Möglichkeiten haben soll, um im öffentlichen Dienst das zu tun, was in der Privatwirtschaft gang und gäbe ist.

Mit der zusätzlichen Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme der Korridorpension beseitigen wir eine Benachteiligung von Frauen. Das hat die sozialdemokratische Fraktion im Nationalrat leider anders ge­sehen; da hat man ziemlich auf diese Verbesserung für die Frauen hingehauen. Ja, es war bis dato eine Ungerechtigkeit vorhanden, weil es eben einen Unterschied gibt: In der Privatwirtschaft können Frauen mit 60 Jahren in Pension gehen, hier mit 62 Jahren; da ist es notwendig, auch in diesem Bereich diese Ungleichbehandlung der Frauen endlich auszugleichen. Daher: ein guter und richtiger Schritt. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Das ist Wertschätzung auch gegenüber Frauen: Dort, wo Ungleichbehandlung vor­handen ist, diese endlich abzustellen. Das ist uns ein ganz wesentliches Anliegen, denn bis dato gab es diese Ungleichbehandlung gegenüber Frauen. Die gibt es natürlich in anderen Bereichen noch immer, das heißt, da haben wir Handlungsbedarf.

Das neue Dienstrecht für die Schulaufsicht ist wichtig. Es ist ein wesentlicher, guter Schritt in der Umsetzung der Bildungsreform, ein modernes, regionales und schul­typenübergreifendes Schulqualitätsmanagement einzuführen. Das ist ja verwaltungs­technisch darauf abgestellt.

Wenn es um die schulpolitischen Experimente geht, haben wir ordentlichen Hand­lungs­bedarf. Diese haben Sie nicht angesprochen, da steuern wir aber dagegen, denn die schulpolitischen Experimente der Sozialdemokratie in den letzten Jahrzehnten haben ja keine Verbesserung im Schulsystem gebracht, sondern eine Verschlech­terung, wie wir auch aufgrund der Ergebnisse der Pisa-Studie sehen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Da setzen wir sehr wohl an, wenn es um ein gutes, differenziertes Schulsystem geht. Wir müssen auf unterschiedliche Begabungen, unterschiedliche Stärken, die Kinder haben, natürlich eingehen und können nicht alle gleichmachen, nicht alle gleich behan­deln, weil es eben Unterschiede gibt, die wir auch fördern müssen, und wir müssen Schwächen ausmerzen. Deshalb ist es so wichtig, angesichts des bisherigen Integra­tions­versagens, auch im Bildungsbereich endlich das Projekt Deutsch vor Schule sichergestellt zu haben und endlich wieder Benotungen einzuführen, denn es braucht ja ein Leistungskriterium, damit man Kindern zur Seite stehen kann, damit Leistung auch eine Bewertung findet und Kinder das auch entsprechend rechtzeitig lernen, bevor sie erwachsen werden und dann im Berufsleben bestehen wollen. So gesehen sind das richtige Änderungen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Wir vereinheitlichen auch die Unvereinbarkeitsbestimmungen für Richter in politischen Funktionen – auch das ein wesentlicher Punkt –, konkretisieren damit eine weitere wichtige Empfehlung der Group of States against Corruption, weil es wichtig ist, auch in diesem Bereich den ethisch einwandfreien öffentlichen Dienst voranzubringen. Da werden wir auch im Jahr 2019 weitere Maßnahmen in der Aus- und Weiterbildung der Bediensteten in Angriff nehmen, um da eine flächendeckende Sensibilisierung zu erreichen.


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Die Erweiterung der Fachkarrieren ist ebenfalls ein wichtiger Bereich, denn nicht jeder ist im Personalmanagement der Geeignete, hat aber ein unglaubliches fachliches Wissen, auf das wir im öffentlichen Dienst nicht verzichten wollen. Er soll daher dieses fachliche Wissen auch im Sinne einer Karriereentwicklung im öffentlichen Dienst als sogenannter Fachexperte weiter einbringen können. Das ist gut, denn wir brauchen dieses Wissen, wir brauchen die Erfahrung bei einer überalterten Struktur im öffent­lichen Dienst.

Ich habe die Sektion angewiesen, zu erheben – und dankenswerterweise hat Frau Sek­tionschefin Flatz  auch bereits evaluiert –, wie es mit den Überalterungen in den Strukturen des öffentlichen Diensts, in den Abteilungen aussieht. Wo können wir rechtzeitig darauf eingehen, für neue, junge Kräfte neue Planstellen schaffen, um den natürlichen Abgang – das kommt im Jahr 2021 auf uns zu und wird in den nächsten 13 Jahren 50 Prozent der öffentlich Bediensteten quasi in die Pension spülen – auch rechtzeitig auffangen und ausgleichen zu können, damit wir da nicht am Ende ein Problem haben? Das ist ein ganz wesentlicher Bereich und bringt auch mehr Flexi­bilität im Personalmanagement und zusätzliche Aufstiegs- und Umstiegsoptionen. Das ist wichtig.

Weil Sie die Thinktanks angesprochen haben, die im Verfassungsausschuss ja auch debattiert worden sind, und weil immer wieder wider besseres Wissen, obwohl man das schon x-fach klargestellt hat, leider die Unwahrheit in den Raum gestellt wird, lassen Sie mich noch einmal einiges richtig- und klarstellen: Der Verfassungsdienst hat ja noch einmal geprüft und auch bestätigt, dass dieses Gesetz sehr klar, sehr deutlich formuliert ist und das, was Sie behaupten, nicht eintreten kann; aber ich gehe vielleicht noch einmal genauer darauf ein. (Bundesrätin Grimling: Ja!)

Wir haben in dieser Dienstrechts-Novelle eine dienstrechtliche Regelung geschaffen, um Mitarbeitern mit Sondervertrag eine Beschäftigung zu ermöglichen, und zwar im klar abgegrenzten Bereich der Analyse und der strategischen Planung, ausschließ­lich – und so ist das Gesetz formuliert – für den Bundeskanzler und für den Vizekanzler und diesen direkt unterstellt. Solche Anstellungen von Mitarbeitern sind von den vorangegangenen Regierungen leider oftmals mittels Leiharbeitsverträgen gehandhabt worden, nämlich nicht ehrlich, nicht transparent, sondern ordentlich versteckt und schön ausgelagert. Ich sage, das war genau das, was wir ändern wollten: nicht mit Leih­arbeitsverträgen für den Bundeskanzler irgendwo versteckt die Experten anzustellen und auszulagern, sondern transparent und nachvollziehbar und gesetzlich sauber im Kabinett des Bundeskanzlers und im Kabinett des Vizekanzlers. Das ist der Unter­schied zwischen der vormaligen sozialistischen Bundesregierung und der jetzigen, worauf wir sehr wohl Bedacht nehmen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Nach nunmehr erfolgter nochmaliger Überprüfung der Regelung durch die Fachsektion und nach nochmaliger Prüfung durch und Rücksprache mit dem Verfassungsdienst kann man festhalten, dass keine Bedenken bestehen, dass durch die Anwendung des § 7 Abs. 3 des Bundesministeriengesetzes die Ausschreibungspflicht betreffend belie­bige Gruppen oder Abteilungen in den Ministerien entfallen kann. Nein, das ist aus­drücklich nicht der Fall – das sind sozusagen Fake News und Unwahrheiten, die immer wieder in den Raum gestellt werden –, weil das gesetzlich klar definiert ist und der Ver­fassungsdienst das noch einmal bestätigt hat; dies eben auch deshalb, weil der gesetzlich geregelte Anwendungsbereich dieser Ausnahme äußerst streng und eng auf die Angelegenheiten der Regierungspolitik, sprich der Kabinette des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers, beschränkt ist – und das ohne neue Planstellen, weil Sie auch gesagt haben: Teuer und nichts von sparen zu sehen! Nein, das erfolgt unter Bei­behaltung des Planstellenplans ohne neue Planstellen; auch das sei noch einmal zur


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Berichtigung der von Ihnen dargelegten Unwahrheiten angemerkt. (Bundesrätin Grimling: Das schaue ich mir an!)

Ich darf die Gelegenheit auch wahrnehmen, sehr geehrte Bundesräte, Sie in Kenntnis zu setzen, dass wir im ersten Quartal 2019 das Urteil des Europäischen Gerichtshofes in den zwei anhängigen Vorabentscheidungsverfahren zur Vordienstzeitenanrechnung erwarten. Wie Sie wissen, ist das ein Erbe vorangegangener Regierungen, wobei in den letzten zehn Jahren leider keine ordnungsgemäße Reparatur stattgefunden hat, daher auch Klagen eingebracht worden sind, deren Ergebnis jetzt abzuwarten ist.

Ja, der Generalanwalt hat nunmehr am 6. Dezember 2018 in dieser Causa seine Schlussanträge vorgetragen und ist der Argumentation Österreichs nicht gefolgt. Aus den Schlussanträgen des Generalanwalts können zwar noch keine endgültigen Rück­schlüsse auf das finale Urteil des EuGHs gezogen werden – das finale Urteil ist natür­lich abzuwarten –, aber man weiß, in 80 Prozent der Fälle gibt es eine gewisse Ten­denz.

Wir bereiten uns jetzt auf alle möglichen Szenarien vor. Wir befinden uns da auch in einer engen Abstimmung mit dem Verfassungsdienst und werden in der nächsten großen Dienstrechts-Novelle, die für 2019 geplant ist – und natürlich kann sie erst dann stattfinden, wenn dieses Urteil da ist; das Urteil erwarten wir im März kommenden Jahres –, in der großen Dienstrechtsreform insgesamt auch diesen von Vorgänger­regierungen verursachten Schaden reparieren und auffangen können.

So gesehen werden die weiteren Reformschritte im Dienst- und Besoldungsrecht natürlich erst dann, auf Basis einer gesicherten Rechtslage möglich sein. Wir müssen den Ausgang dieses anhängigen Verfahrens abwarten, dann wird es mit einer weiteren Dienstrechts-Novelle die nachhaltigen Verbesserungen und Optimierungen geben – natürlich mit dem Anspruch, dass, gleich, wie das Urteil ausgeht, am Ende eine Reparatur von meiner Seite für den öffentlichen Dienst sichergestellt werden wird, wo in Zukunft niemand etwas verlieren soll. Das ist mein Anspruch! Das war in der Vergangenheit auch nicht unbedingt immer so.

Ja, mit der vorliegenden Dienstrechts-Novelle setzen wir jedenfalls schon jetzt richtige und wichtige Schritte hin zu mehr Flexibilität und Modernisierung der Arbeits­bedin­gungen. Wir stärken die Attraktivität des Dienstgebers Bund und setzen Maßnahmen zur Sicherung des Wissenstransfers. Wir schaffen mehr Rechtssicherheit durch längst überfällige gesetzliche Klarstellungen.

Vor allem bringen wir mit dem Gehaltsabschluss für 2019 die notwendige und wichtige Anerkennung der Leistungen der Beamten im öffentlichen Dienst zum Ausdruck. Das haben wir ja auch schon mit der ersten Dienstrechts-Novelle 2018 begonnen, nämlich mit den Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz, mit dem endlich eine Mussbestim­mung für den Fall von Verletzungen oder auch Tod geschaffen worden ist, wobei wir hoffen, dass das nicht vorkommt; im Falle von Verletzungen zeigen wir aber endlich unsere Verantwortung für alle Beamten im öffentlichen Dienst und lassen diese nicht im Stich.

So gesehen ist die 2. Dienstrechts-Novelle jetzt auch eine gute Fortsetzung, auf der wir weiter aufbauen wollen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

14.20

14.20.50


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.


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Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Einstimmigkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

14.21.1011. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 12. Dezember 2018 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesbezügegesetz geändert wird (500/A und 467 d.B. sowie 10102/BR d.B.)

12. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 12. Dezember 2018 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Beschäftigung parlamentarischer Mit­arbeiterinnen und Mitarbeiter (Parlamentsmitarbeiterinnen- und Parla­ments­mit­arbeitergesetz – ParlMG), BGBl. Nr. 288/1992 zuletzt geändert durch BGBl. I. Nr. 65/2015 geändert wird (468 d.B. sowie 10103/BR d.B.)


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Wir gelangen nun zu den Tagesord­nungspunkten 11 und 12, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatter zu den Punkten 11 und 12 ist Herr Bundesrat Christoph Längle. Ich bitte um die Berichte.


14.21.35

Berichterstatter Christoph Längle, BA: Herr Vizepräsident! Herr Vizekanzler! Ge­schätzte Damen und Herren! Ich komme zum Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluss des Nationalrates vom 12. Dezember 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesbezügegesetz geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen schriftlich vor; ich komme daher gleich zur Antragstellung:

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 18. Dezember 2018 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich komme weiters zum Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluss des Nationalrates vom 12. Dezember 2018 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Beschäftigung parlamentarischer Mitar­beiterinnen und Mitarbeiter – Parlamentsmitarbeiterinnen- und Parlamentsmitar­beiter­gesetz, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 65 – geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen ebenfalls schriftlich vor; ich komme daher zur Antragstellung:

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 18. Dezember 2018 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Danke für die Berichte.

Bevor wir in die Debatte eingehen, darf ich Herrn Bundesminister Dr. Josef Moser ganz herzlich bei uns begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Karl Bader. – Bitte.


14.23.12

Bundesrat Karl Bader (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! So, wie wir uns


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heute zum Thema Bundesbezügegesetz unterhalten und dieses auch beschließen werden, und im Hinblick auf das Parlamentsmitarbeiterinnen- und Parlamentsmitar­bei­tergesetz, habe ich ein bisschen über die erfolgte Debatte im Nationalrat recherchiert. In dieser Debatte ist über den Inhalt dieser beiden Gesetze eigentlich relativ wenig gesprochen worden, viele andere Dinge wurden in die Debatte eingebracht.

Ich möchte aber trotzdem auf das Wesentliche zu sprechen kommen. Es ist ja so, dass wir hier im Parlament immer wieder Gesetze beschließen, die im Interesse der Bürge­rinnen und Bürger sind. Bei diesen beiden Gesetzen könnte man meinen, da geht es nicht vordergründig um die Interessen der Bürgerinnen und Bürger, weil es eben Be­schlüsse sind, die unsere Arbeit verbessern sollen; aber dadurch wird natürlich auch ein Mehrwert für die Bürgerinnen und Bürger geschaffen.

Wir haben als Parlamentarierinnen und Parlamentarier eine Aufgabe übernommen und wollen diese Aufgabe auch gut umsetzen; daher ist im Bundesbezügegesetz eine Ent­schä­digungszahlung für Sonderveranstaltungen, für Sonderausschüsse vorgesehen, gerade was die Untersuchungsausschüsse betrifft, sowohl für den Nationalrat als auch für den Bundesrat.

Das Wesentliche ist – das möchte ich jetzt ganz besonders ansprechen – das Parla­mentsmitarbeiterinnen- und Parlamentsmitarbeitergesetz. Die Kolleginnen und Kolle­gen im Nationalrat haben ja parlamentarische MitarbeiterInnen, die deren Arbeit unter­stützen, sie quasi durchtragen, recherchieren und verschiedene andere Aufgaben für die Parlamentarier übernehmen. Solch eine Regelung gibt es für den Bundesrat nicht. Jetzt gibt es hier einen ersten Schritt, und als solchen verstehe ich ihn und so wollen wir – ich glaube, auch in eurem Namen sprechen zu können – ihn auch ver­stehen, weil ab jetzt die Fraktionsobleute hier im Bundesrat einen parlamentarischen Mitarbeiter, eine parlamentarische Mitarbeiterin zur Seite gestellt bekommen, die unsere Arbeit entsprechend begleiten und auch die Qualität unserer Arbeit stärken sollen, was natürlich schlussendlich den Wählerinnen und Wählern, den Bürgerinnen und Bürgern draußen zugutekommt. Daher sehe ich das positiv. (Allgemeiner Beifall.)

Ich freue mich, dass es hier auch fraktionsübergreifend Zustimmung geben wird. Ich denke, dass wir an den nächsten Schritten gemeinsam weiterarbeiten werden. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie bei BundesrätInnen der SPÖ.)

14.25


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Elisabeth Grimling. – Bitte.


14.26.02

Bundesrätin Elisabeth Grimling (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen im Bun­desrat! Wie Kollege Bader schon gesagt hat, enthalten die beiden vorliegenden Gesetzesvorhaben Klarstellungen und Verbesserungen hinsichtlich des parlamen­ta­rischen Aufwands für bestimmte Funktionen von MandatarInnen und deren Mitar­bei­terInnen.

Vorsitzende und Mitglieder von Untersuchungsausschüssen haben einen wesent­lichen Mehraufwand gegenüber anderen Mitgliedern des Nationalrates. Unter­suchungs­ausschüsse tagen oft mehrmals pro Woche, daher sollen die An- und Rückreisen, einschließlich Nächtigungen, gesondert vergütet werden. Ferner sollen auch Reisen zu besonderen parlamentarischen Terminen vergütet werden. Es kann sich dabei etwa um jährlich wiederkehrende Gedenkveranstaltungen des Parlaments, von der Parla­mentsdirektion organisierte Aussprachen, internationale Termine, Termine der Demo­kratiewerkstatt oder von der Parlamentsdirektion organisierte und durchgeführte Fort-


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bil­dungen handeln. Für regelmäßige Anreisen aus den Bundesländern Kärnten, Tirol und Vorarlberg kann eine Bahnjahreskarte erster Klasse zusätzlich vergütet werden, wenn damit zumindest sechs Fahrten erfolgt sind. Unserer Meinung nach handelt es sich um eine sinnvolle Maßnahme mit Augenmaß.

Derzeit steht nur den Abgeordneten zum Nationalrat – damit komme ich auch zu diesem Thema – ein Vergütungsanspruch für die Anstellung eines parlamentarischen Mitarbeiters, einer parlamentarischen Mitarbeiterin zu. Dieser Anspruch soll nunmehr auf die Fraktionsvorsitzenden im Bundesrat ausgedehnt werden. Dafür darf ich unse­rem Klubvorsitzenden herzlich danken; er hat schon 2013 bei seiner Antrittsrede darauf hingewiesen. – Herzlichen Dank dafür, weil ich glaube, daran hast du immer wieder gearbeitet! (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Mühlwerth.)

Damit wird im Sinne einer Qualitätsoffensive im Bereich der Gesetzgebung auch den Fraktionsvorsitzenden im Bundesrat eine Unterstützung für ihre parlamentarische Tätigkeit ermöglicht. Meine Fraktion wird daher der vorliegenden Novellierung beider Gesetze zustimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei BundesrätInnen von ÖVP und FPÖ.)

14.28


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Monika Mühlwerth. – Bitte.


14.28.59

Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie, vor den Bildschirmen und via Livestream! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich ist jetzt eh schon alles gesagt worden, aber noch nicht von jedem. Ich bin wirklich sehr erfreut darüber, dass es im Zuge der Debatten über eineinhalb Tage doch den einen oder anderen Punkt gibt, bei dem wir uns einigen können – obwohl nach mir Frau Kollegin Grossmann sprechen wird und ich sicher bin, dass sie wieder irgendein Haar in der Suppe finden wird und sich wieder aufregen kann; aber ich höre es mir gerne an. (Heiterkeit der Bundesrätin Grossmann.)

Ja, es ist durchaus auch zeitgemäß gewesen, dass man, wenn es viele Unter­suchungsausschüsse gibt – und es gibt ja auch viele; zu Recht, das ist ja in Ordnung –, den Mehraufwand dann auch vergütet. Eines sollten wir nicht tun, was wir als Politiker dann selber oft tun, nämlich so zu tun, als ob wir überhaupt nichts wert wären, als ob das, was wir arbeiten, nichts wert wäre und daher auch nicht bezahlt werden müsste.

Wir kennen alle diese Rufe, denen wir ja alle ausgesetzt sind: Wir verdienen immer zu viel. Es ist immer zu viel, was wir bekommen, und es ist immer zu wenig, was wir arbeiten. Das hängt natürlich auch ein bisschen damit zusammen, dass die Leute, die uns via Bildschirme, Computer oder Fernseher, zuschauen, immer nur den Eindruck bekommen, dass wir einmal im Monat einen Tag lang in einer Sitzung sitzen und dass es das dann war. Was daneben alles getan wird, das sieht man nicht. Das sieht man dann, wenn wir in unseren Bezirken, in der Stadt und in den Gemeinden unterwegs sind und direkt mit den Bürgern arbeiten. Daher sollte man sein Licht nicht unter den Scheffel stellen und so tun, als ob man sich am besten selber abschaffen würde.

Es war auch ganz vorbildhaft, dass die Bundesregierung gesagt hat, die Spitzen­politiker, also auch die Bundesregierung, werden auf die Valorisierung verzichten, eingedenk dessen, dass der Durchschnittsverdiener in Österreich um ein Vielfaches weniger verdient und es auch um ein Vielfaches schwerer hat, mit steigenden Le­benskosten, Lebensmittelpreisen et cetera umzugehen. Daher gilt mein Dank auch der Bundesregierung, dass sie da ein Zeichen gesetzt hat – auch wenn im Nationalrat


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einige gemeint haben, das wäre ja nur symbolhaft, und gefragt haben, wer denn da etwas davon habe. Auch Symbole sind ein wichtiges Zeichen, denn wir alle, auch Sie, leben von Symbolen.

Ein Dankeschön gilt dieser Bundesregierung auch angesichts der Tatsache, dass sie sich nach vielen Jahren der Diskussion, in denen sich keiner so richtig getraut hat, zu sagen getraut hat, dass auch die Fraktionsvorsitzenden im Bundesrat – wobei ich dankenswerterweise auch ein Nutznießer bin – einen parlamentarischen Mitarbeiter bekommen. Es ist nicht immer einfach, das werdet ihr genauso wie wir erfahren haben; unsere ausgezeichneten Referenten übernehmen dann zusätzliche Arbeiten und wir können ihnen zuschauen, wie es sie dabei schleudert, weil sie es ja für jeden bestmöglich machen wollen. Daher danke ich dafür, dass wir jemanden zur Seite gestellt bekommen, der uns, aber auch unseren Referenten die Arbeit ein bisschen erleichtert.

Ich freue mich und danke auch Ihnen dafür, dass das jetzt wirklich auf allgemeine Zustimmung stößt und wir das einstimmig beschließen können. (Allgemeiner Beifall.)

14.32


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Elisabeth Grossmann. Ich erteile es ihr.


14.32.55

Bundesrätin Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Mühlwerth, nicht nur, weil wir kurz vor Weihnachten stehen, habe ich Ihnen heute applaudiert (Bundesrätin Mühlwerth: Was habe ich jetzt angestellt?) – und es ist da jetzt von mir auch kein Widerspruch zu erwarten –, sondern auch, weil in diesen heute vorliegenden Bestimmungen auch wirklich sehr viel Positives steckt.

Ich möchte eben nur eines herausgreifen: die gesetzliche Grundlage für parla­men­tarische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fraktionsvorsitzenden des Bundesrates. Es ist ein Schritt in die richtige Richtung, ein wichtiger Beitrag, damit der Bundesrat seine Funktionen besser wahrnehmen kann. Wir alle gemeinsam wissen, denke ich, dass da noch einiges zu tun ist, um der zweiten Parlamentskammer auch den ge­bührenden Stellenwert zu geben.

Das wird einem ganz besonders bewusst, wenn man so wie ich direkt aus dem Natio­nalrat hierherkommt und dann die Unterschiede – die Unterschiede in der Infrastruktur, die Unterschiede in der personellen Ausstattung – sozusagen ganz persönlich erlebt. Dazu muss ich schon auch sagen, dass die Arbeitsbelastung in der Länderkammer keineswegs geringer ist. Wenn man sich die Funktionen, die zu bewältigenden Heraus­forderungen in der Wahlkreisbetreuung, in der politischen Kommunikation, im Studium der Ausschussmaterien und im Gesamten vor Augen führt, stellt man fest, dass wir ja eigentlich drei Ebenen zu betreuen haben.

Wir sind auf der Landtagsebene aktiv, denn wir sind ja vom Landtag entsandt, wir sind auch bei den Klubsitzungen der Nationalratsfraktion und bei der Willensbildung dort dabei – ich weiß nicht, ob das bei allen so ist, aber ich gehe jetzt einmal davon aus (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Natürlich!); ich sehe Sie nicken, dann wird das also für alle so zutreffen – und wir haben natürlich hier unsere eigene Ebene, jene des Bundesrates. Das sind also drei Ebenen, die wir zu betreuen haben.

Die Herausforderungen sind natürlich dann ganz besonders groß, wenn man zusätzlich auch noch im EU-Ausschuss tätig ist, weil durch den Vertrag von Lissabon die Parlamentskammern in den Kompetenzen auch europarechtlich gleichgestellt wurden. Diese Kompetenzen sind unglaublich weitläufig. Im Bereich der Subsidiaritätsprüfung


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zeichnet sich der Bundesrat ja durch besondere Kompetenz und auch Aktivität aus. Ich möchte allen Fraktionen danken, dass das wirklich mit so einer Gewissenhaftigkeit wahrgenommen und betrieben wird.

Wir haben keine parlamentarischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und arbeiten hier sehr oft noch neben einem weiteren Beruf – quasi nicht hauptberuflich, wie das eben sehr viele Nationalratsabgeordnete tun –, das heißt, wir müssen eigentlich alles alleine machen. Da gibt es also sicherlich noch sehr viel Optimierungspotenzial. Allein wenn man sich die derzeitigen Kompetenzen vor Augen führt, ist zu erkennen, dass da noch einiges zu tun ist.

Kollegin Grimling hat es schon angesprochen: Unser Fraktionschef Reinhard Todt hat schon vor vielen Jahren sehr weitgehende Reformvorschläge unterbreitet – und heute wird ein Schritt in Richtung Umsetzung gemacht. Es müssen aber noch weitere Schritte folgen, genauso wie auch generelle Reformüberlegungen in Richtung eines optimierten föderalen Bundesstaates mit einem gestärkten Zweikammersystem folgen und in die Tat umgesetzt werden müssen.

Wir stehen ja kurz vor Weihnachten, und daher wird man sich ja auch noch etwas wünschen dürfen, nämlich verbesserte Arbeitsbedingungen für uns Bundesrätinnen und Bundesräte. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein wunderschönes Weih­nachts­fest und alles erdenklich Gute – vor allem Gesundheit – für 2019. (Allgemeiner Beifall.)

14.37

14.37.48


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Die Abstimmung erfolgt getrennt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesbezügegesetz geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Einstimmigkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 12. De­zember 2018 betreffend ein Parlamentsmitarbeiterinnen- und Parlaments­mitarbeiter­gesetz.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist ebenfalls die Einstimmigkeit. Der Antrag ist somit ange­nom­men.

14.38.3413. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 13. Dezember 2018 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Übergangsgesetz vom 1. Oktober 1920, in der Fassung des B. G. Bl. Nr. 368 vom Jahre 1925, das Bun­desverfassungsgesetz betreffend Grundsätze für die Einrichtung und Geschäfts­führung der Ämter der Landesregierungen außer Wien, das Bundesforstegesetz 1996, das Datenschutzgesetz, das Bundesgesetzblattgesetz, das Niederlas­sungs- und Aufenthaltsgesetz und das Bundesgesetz über die Europäische Ermittlungsanordnung in Verwaltungsstrafsachen geändert werden (301 d.B. und 463 d.B. sowie 10104/BR d.B.)



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Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Wir gelangen nun zu Punkt 13 der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Martin Preineder. Ich bitte um den Bericht.


14.38.48

Berichterstatter Martin Preineder: Hoher Bundesrat! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Dezember 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfas­sungsgesetz, das Übergangsgesetz vom 1. Oktober 1920 in der Fassung des Bun­degesetzblatts Nummer 368 vom Jahre 1925, das Bundesverfassungsgesetz betref­fend Grundsätze für die Einrichtung und Geschäftsführung der Ämter der Landes­regierungen außer Wien, das Bundesforstegesetz 1996, das Datenschutzgesetz, das Bundesgesetzblattgesetz, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz und das Bun­des­gesetz über die Europäische Ermittlungsanordnung in Verwaltungsstrafsachen ge­än­dert werden.

Der Bericht liegt in schriftlicher Form vor, daher komme ich gleich zur Antragsstellung:

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 18. Dezember 2018 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag,

1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,

2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Danke für den Bericht.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat David Stögmüller. Ich erteile es ihm. (Bundesrätin Mühlwerth: Den gönne ich mir jetzt nicht!)


14.40.15

Bundesrat David Stögmüller (Grüne, Oberösterreich): Wertes Präsidium! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Heute beschließen wir ein völlig unausgegorenes Gesetz zur Kompetenzverschiebung zwischen Bund und Län­dern. Ich sage Ihnen auch gerne, warum ich es unausgegoren finde: Ich halte es für unausgegoren, weil die bekanntermaßen großen Brocken gemäß Artikel 12 des Bundes-Verfassungsgesetzes, wie zum Beispiel das Elektrizitätswesen, das Krankenanstaltenwesen oder die Sozialhilfe, ausgespart worden sind.

Heute wird beschlossen, dass die Kompetenzen für Pflanzenschutz, Bodenreform, natürliche Heilvorkommen und Kuranstalten an die Länder übertragen werden sollen, und auch die Kompetenz für die Säuglings- und Jugendfürsorge soll den Ländern übertragen werden. Manche Kompetenzen werden an den Bund vergeben, aber die Übertragung der Säuglings- und Jugendfürsorge an die Länder ist genau der Grund dafür, dass wir Grüne heute dieses Gesetz kritisieren und es ablehnen werden.

Es gibt aktuell ein Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz 2013. Dieses Kinder- und Jugendhilfegesetz wurde über Jahrzehnte hinweg hart erkämpft. Im Jahr 2008 wurde durch den Mord am 17 Monate alten Luca eine Diskussion ausgelöst. Er starb nach einer qualvollen Misshandlung; dazumal lautete das Urteil: schwerer sexueller Missbrauch von Unmündigen mit Todesfolge. Danach gab es eine Novellierung des damaligen Jugendwohlfahrtsgesetzes 1989. 2013 ist dann endlich – wieder aufgrund eines schwerwiegenden Falls – ein bundeseinheitliches Gesetz geschaffen worden.

2013 gab es auch wieder einen furchtbaren Anlass, damals kam durch Mängel in der behördlichen Kooperation über die Bundesländergrenzen hinweg ein Kind zu Tode. Dass so etwas aufgrund des Kirchturmdenkens der Behörden passiert, wollen wir alle hier herinnen nicht, diesbezüglich bin ich mir ganz sicher – ganz im Gegenteil: eigent-


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lich müsste unsere ganz vorrangige politische Aufmerksamkeit dem Schutz von Kin­dern und Jugendlichen gelten. Heute passiert aber genau das Gegenteil.

Wir gehen wieder ein paar Jahre zurück, wir installieren neun Landesgesetze. Damit ist es in Zukunft wieder möglich, dass ein Kind in Vorarlberg mehr wert ist, dass ihm andere Qualitätsansprüche zustehen als einem Kind zum Beispiel in Oberösterreich – oder umgekehrt. So etwas darf nicht sein. Für mich ist jedes Kind in Österreich gleich viel wert, egal ob es in Vorarlberg lebt, im Burgenland lebt oder sonst irgendwo. Man hat vonseiten der Bundesregierung von Anfang an die Fachexperten und -expertinnen, die tagtäglich da draußen stehen und sich um die Kinder und Familien kümmern, beinhart ignoriert; man hat sie nicht miteinbezogen. Die Verfassungsänderung wird durchgezogen, auch wenn sich noch so viele kritische Meldungen und Stellungnahmen im Postfach des Justizministers eingefunden haben.

Die Auflösung des Grundsatzgesetzes hat schwerwiegende Konsequenzen für die Kinder- und Jugendhilfe und für die Kinder und Jugendlichen da draußen, die eigentlich unsere Hilfe benötigen. Künftig kann jedes Bundesland selber definieren, was gut und richtig ist – je nachdem wie viel Geld man für die Kinder und Jugendlichen ausgeben möchte.

Es wird für die Kinder eine Frage des Zufalls sein – egal ob sie in Vorarlberg, in Oberösterreich oder eben irgendwo im Burgenland geboren werden –, wie der Lan­desgesetzgeber entscheidet und welche Landesregierung dort gerade an der Macht ist. Es ist Ländersache, ob es eine qualitativ hochwertige Unterstützung bis zum 21. Lebensjahr oder länger in kleinen Gruppen mit ausreichend Fachpersonal oder größere Gruppen und ein Ende der Maßnahmen mit 18 Jahren geben wird.

Eines muss Ihnen klar sein, liebe Kolleginnen und Kollegen, die später aufzeigen und diesem Gesetz zustimmen werden: Diese Vereinbarung widerspricht ganz klar und eindeutig den UN-Kinderrechten, die jedem Kind gleiche Chancen und Rechte zuge­stehen. Bedenken Sie das, wenn Sie dann zustimmen werden! Jenen, die heute ihr Gewissen beruhigen, indem sie sagen, dass es eh eine 15a-Vereinbarung gibt, muss klar sein, dass sich aus der 15a-Vereinbarung keine Rechtsfolgen für die Kinder und Jugendlichen ableiten lassen. Das bedeutet, die unterschiedlichen Standards können nicht eingeklagt werden, auch wenn diese unterschritten werden – es gibt keine Mög­lichkeit. Die einzige Möglichkeit bei einer 15a-Vereinbarung ist, dass ein Land ein anderes Land anzeigen kann, aber es gibt keine Rechtsfolge für die Kinder und die Jugendlichen. Eine 15a-Vereinbarung ist im Großen und Ganzen eine Willenserklärung ohne große rechtliche Relevanz.

Was mich massiv stört: Eigentlich wäre es höchste Zeit, die Standards des Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetzes entsprechend der vom Parlament beauftragten Evaluierung und weiterer wissenschaftlicher Erkenntnisse weiterzuentwickeln; dieser Weiterentwicklung wird aber mit dem heutigen Entschluss der Hahn abgedreht, sie wird verhindert.

Soviel ich weiß, hat die SPÖ auch im Nationalrat nur unter der Bedingung zugestimmt, dass die Evaluierung bis Ende des Jahres kommt. Heute um 10 oder 11 Uhr ist die Evaluierung des Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetzes vom Ministerium plötzlich in mein Postfach gekommen. Das ist um 11 Uhr des letzten Sitzungstages des Bun­desrates in diesem Jahr zugestellt worden – an jenem Tag, an dem das Bundesgesetz durch den Bundesrat geschleust wird. Es sind 300, 400, 500 Seiten (die genannte Unterlage in die Höhe haltend), und damit ist es unmöglich, es heute noch irgendwie zu evaluieren. Fertig ist es laut Vorgabe schon im Oktober gewesen; man hätte es also eigentlich noch vor der Gesetzgebung dem Parlament zustellen können.


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Ich werde Ihnen ein paar Sätze daraus vorlesen, weil ich schätze, dass es noch nicht alle von Ihnen gelesen haben: 

„Mit der Reform des B-KJHG“ – Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetzes – „wurde ein grundlegender Rahmen geschaffen, um Kinder und Jugendliche besser vor Gewalt und anderen Gefährdungen zu schützen.“

„Der Präventionsgedanke in der Arbeit der Kinder- und Jugendhilfe wurde durch die Reform“ – des Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetzes – „deutlich gestärkt und kann als Leitgedanke der Gesetzesreform beschrieben werden.“

„Durch die Reform des Grundsatzgesetzes wurden Impulse und wegweisende Schritte zur Etablierung von Standards für die fachliche Arbeit gesetzt.“

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie stimmen heute zu, dass das abgeschafft wird. Sie stimmen heute über ein Bundesgesetz ab, das von Fachexpertinnen und -experten jahrzehntelang durch schwere Arbeit erarbeitet worden ist, weil Kinder da draußen gestorben sind.

Das ist an die SPÖ gerichtet: Lassen Sie sich bei diesen Sachen doch nicht auf der Nasenspitze herumtanzen! In der 15a-Vereinbarung stand noch im November, dass eine Evaluierung stattfinden wird. Jetzt im Dezember wurde das aus der Endfassung herausgestrichen; es findet sich dort nicht mehr. Die Kompetenzverschiebungen zu den Ländern ohne einen Mechanismus, der bundesweit hohe, moderne Standards garantiert, bedeutet einen Rückschritt um Jahrzehnte – das muss uns allen klar sein, werte Kolleginnen und Kollegen!

Der Hintergrund für diese Vorgehensweise – und das liegt auch ganz klar auf der Hand –, die wir hier erleben, ist ja wie so oft nichts Neues, nämlich die Auseinan­dersetzung um die Finanzierung; nur geschieht das dieses Mal auf dem Rücken der Kinder. Der Bund ist nur mehr dann zu zahlen bereit, wenn er die völlige gesetz­geberische Zuständigkeit hat. Die Länder sind nicht mehr bereit, vom Bund vorge­gebene Standards zu finanzieren. Was macht also der Bund? – Der Bund gibt seine Verantwortung für das Kindswohl an die Länder ab. Ich halte das für erschreckend.

Aufgrund der in der 15a-Vereinbarung nicht vorgesehenen Evaluierung – das ist auch der Hauptkritikpunkt – werden wir nicht einmal erfahren, welche Konsequenzen daraus resultieren werden. Wenn ich mir anschaue, dass es einen beschlossenen Ent­schließungs­antrag brauchte und wie lang wir warten mussten, bis wir endlich einmal die Evaluierung eines Bundesgesetzes bekommen haben, dann habe ich keine Hoffnung, dass zu dieser 15a-Vereinbarung jemals eine Evaluierung vorgelegt wird.

Wahrscheinlich muss es wieder traurige Schicksale von Kindern und Familien geben, bis auch diese Regierung kapiert, dass das Kirchturmdenken und Bundesdenken nicht sinnvoll sind, gerade wenn es um das Kinder- und Jugendwohl geht. Bei vielen anderen Sachen können wir gerne darüber diskutieren. Wir brauchen darüber nicht zu streiten, dass die Bundesländer mehr Kompetenzen brauchen. Für mich ist aber jedes Kind in Österreich gleich viel wert – Punkt, fertig, aus!

Ich bin diesbezüglich auch ganz ehrlich von der Jugendministerin enttäuscht, die sich da nicht für die Jugendlichen und für die Kinder, für den Schutz der Kinder einsetzt, sondern sich fast gänzlich aus der Steuerung und Weiterentwicklung des Kinderschut­zes nimmt. Man muss da wirklich auch die Kompetenzen einer Jugendministerin in­frage stellen.

Die Jugendministerin und ihr Kabinett haben es nicht einmal geschafft, eine wirkungs­orientierte Folgenabschätzung in Bezug auf die Kinder- und Jugendhilfe zum Entwurf


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des Kompetenzbereinigungsgesetzes vorzulegen, wie es eigentlich laut § 6 Abs. 1 der WFA-Grundsatz-Verordnung vorgeschrieben wäre.

Das heißt, das fehlt auch noch. Wir wissen nicht einmal, welche Wirkungsfolgen es hat!

Heute ist also die Evaluierung vorgelegt worden, und wir wissen nichts, wir können noch nicht feststellen, ob das gut war oder nicht. Ab heute wird es dann eh egal sein, wenn alle hier zustimmen. Ganz bewusst wurde hier eine Evaluierung verheimlicht, versteckt und jetzt plötzlich aus der Tasche gezogen.

Auch ignoriert die Bundesregierung die gesamte Fachwelt. Keine einzige positive Stellungnahme kam zum Gesetzentwurf, dafür haufenweise kritische Stellungnahmen. Mit dem heutigen Gesetz verletzen Sie ganz bewusst die UN-Kinderrechtskonvention. Wir werden uns in Zukunft ausgesprochen schwertun, dass wir dann überhaupt noch Anpassungen der Kinder- und Jugendhilfe hinbekommen, wie zum Beispiel bei den sogenannten Care Leavern.

Wir vergrößern heute die Unterschiede zwischen den Bundesländern; damit ist in Zukunft ein Kind in Vorarlberg vielleicht mehr wert als ein Kind in Oberösterreich, oder umgekehrt. Schließlich geben Sie als Bundesregierung jegliche österreichweite Steue­rung und Koordinierung der Kinder- und Jugendhilfe aus der Hand, das ist de facto so. – Also wenn das, wenn ich nicht einmal mehr die Steuerung der Kinder- und Jugendhilfe in der Hand habe, kein Totalversagen gerade vonseiten der Jugend­ministerin ist, dann weiß ich leider auch nicht.

Deshalb bringe ich in diesem Zusammenhang namens der Grünen folgenden Ent­schließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen David Stögmüller und Kollegin betreffend „qualitative Weiter­entwicklung und österreichweite hohe Standards in der Kinder- und Jugendhilfe im Sinne der UN-Kinderrechtskonvention sicherstellen“

Der Bundesrat möge beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, im Zuge der Verhandlungen zu einer 15a-Vereinbarung über die Kinder- und Jugendhilfe“ – (Zwischenruf) – bitte?; na, ich muss das vorlesen! – „dafür Sorge zu tragen, dass die Kinder- und Jugendrechte voll um­fäng­lich garantiert sind. Dazu gehört es insbesondere darauf zu achten, dass alle Kinder ein Recht auf Schutz und Fürsorge und die bestmögliche Entwicklung und Entfaltung haben. Kinder, die dauerhaft oder vorübergehend nicht bei ihren Familien leben können, haben einen besonderen Anspruch auf Schutz und Beistand durch den Staat.

Dies kann nur gewährleistet werden, wenn im Zuge der Streichung der Kinder- und Jugendhilfe aus Art. 12 B-VG“ – also Bundes-Verfassungsgesetz – „ein Mechanismus etabliert wird, der bundeseinheitliche Standards in der Kinder- und Jugendhilfe de­finiert, ihre Berücksichtigung in den Landesgesetzen monitort und im Sinne der Wah­rung des Kinderwohles und der Einhaltung der UN-Kinderrechtskonvention regelmäßig evaluiert.

Darüber hinaus ist eine Steuerung der regelmäßigen Weiterentwicklung der Standards der Kinder- und Jugendhilfe nach Vorlage neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse und der entsprechenden Evaluierungsergebnisse sicher zu stellen.


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Der Bundesrat fordert die Regierung auf, die Verantwortung für diese Quali­täts­ent­wicklung und Qualitätssicherung im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe in Zusam­menarbeit mit der Verbindungsstelle der Länder zu übernehmen.“

*****

Werte Kolleginnen und Kollegen! Überlegen Sie es sich heute gut, ob Sie auf der Seite der Landesfürsten sind oder auf der Seite der Kinder und Jugendlichen. Ich bin auf jeden Fall auf der Seite der Kinder, und deswegen werden wir diesem Gesetz heute nicht zustimmen. – Danke. (Beifall der Bundesrätin Dziedzic.)

14.52


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Der von den Bundesräten David Stögmüller und Kollegin gestellte Entschließungsantrag betreffend „qualitative Weiter­ent­wicklung und österreichweite hohe Standards in der Kinder- und Jugendhilfe im Sinne der UN-Kinderrechtskonvention sicherstellen“ trägt nur zwei Unterschriften und ist somit nicht genügend unterstützt.

Ich stelle daher die Unterstützungsfrage und bitte jene Bundesrätinnen und Bun­desräte, die diesen Antrag zusätzlich zu den beiden unterstützen wollen, um ein Hand­zeichen. – Die Unterstützung ist nicht ausreichend.

Wir gehen weiter in der Tagesordnung.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Josef Moser. – Bitte.


14.53.38

Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz Dr. Josef Moser: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Bundesräte! Ich melde mich gleich am Anfang der Diskussion zu Wort, weil doch einiges gesagt worden ist, was so nicht hingenommen werden kann. Gerade diese Regierungsvorlage bezüglich der Verfas­sungs­reform, die heute zur Behandlung steht – die größte systematische Verfassungs­reform seit 1929 – schafft klare Verantwortlichkeiten und eine klare Ergebnisverant­wortung, damit man weiß: Wer ist wofür verantwortlich? Wer ist derjenige, der das Geld ausgibt, und was passiert mit dem Geld? – Genau das wird gemacht. Es werden Aufgaben klar zugewiesen. Das ist ein Teil.

Bevor ich aber zu dem anderen Teil komme, möchte ich, da das sozusagen der Kerninhalt meines Vorredners war, kurz auf die Kinder- und Jugendhilfe eingehen.

Gerade die Kinder- und Jugendhilfe, und das zeigt auch die zuständige Ministerin, ist dieser Regierung ein enormes Anliegen, und genau diese Reform, die wir durchgeführt haben, ist genau eine solche Reform, die eben in dem Fall die Kinder- und Jugendhilfe in Österreich stärken soll. (Bundesrat Stögmüller: Wie denn?) Sie soll sie deshalb stärken, weil wir derzeit im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe eine Grundsatz­ge­setzgebung und eine Ausführungsgesetzgebung haben, was dazu geführt hat, dass der Bund zwar festgelegt hat, was die Aufgaben sind (Bundesrat Stögmüller – die Unterlage, aus der er während seiner Rede zitierte, in die Höhe haltend –: Das steht aber hier drinnen anders!), die Ausführung aber bei den Ländern gelegen ist. Wenn einer etwas gehabt hat, ist immer der Punkt gewesen, dass die Länder auf den Bund ver­wiesen und gesagt haben, die Aufgabe ist nicht ausreichend definiert, und gleich­zeitig der Bund auf die Länder verwiesen und gesagt hat, aber die Ausführung war nicht so, wie ich mir das vorgestellt habe. – Unterm Strich war keiner verantwortlich.

Was Sie (in Richtung Bundesrat Stögmüller) angesprochen haben, ist genau das Thema, dass alle Jugendhilfeorganisationen darauf hinweisen, wie zersplittert die


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Standards sind und dass man nicht in der Lage oder bereit ist, tatsächlich einheitliche Standards zu schaffen.

Deshalb haben wir genau diese Evaluierung, die Sie (in Richtung Bundesrat Stögmüller) da haben, zum Anlass genommen, um zu fragen: Was machen wir in Zukunft? Wollen wir in Zukunft den Weg gehen, dass wiederum der eine dem anderen die Verant­wortung zuschiebt – man hat das die letzten Jahrzehnte hindurch gemacht, und das Ergebnis ist sichtbar –, oder wollen wir klare Verantwortlichkeiten schaffen? In dem Fall haben wir klare Verantwortlichkeiten geschaffen, weil eben derzeit – das ist Ihnen auch bekannt – Träger der Kinder- und Jugendfürsorge die Länder sind. Sie sind derzeit die, die bereits alle Regelungen festgelegt haben. Sie sind derzeit die, die die Ausbildung definiert haben, sie sind derzeit die, die die Ressourcen zur Verfügung gestellt haben. Das waren immer die Länder, und auch in Zukunft werden es die Länder sein, so wie sie es auch derzeit sind, nur haben sie die volle Verantwortung in dem Bereich. (Zwischenruf des Bundesrates Stögmüller.)

Wenn Sie in die Richtung der UN-Kinderrechtsresolution (Bundesrat Stögmüller: Kon­vention!) gehen, dann kann ich auch darauf hinweisen: Dadurch, dass ein Grund­satzgesetz wegfällt und die Ausführungsgesetzgeber bleiben, wird keine Konvention verletzt. (Bundesrat Stögmüller: Da sind aber alle Experten anderer Ansicht!) Im Gegen­teil! Sie wird gestärkt in dem Bereich, und das ist in dem Fall auch so.

Weil Sie das ansprechen: Was passiert jetzt gerade durch die Maßnahmen? – Da hat sich die SPÖ sehr stark eingebracht, wofür ich auch danke. Wenn Sie sich jetzt nämlich die 15a-Vereinbarung ansehen, dann passiert genau das, was in der Ver­gangenheit nicht passiert ist (Bundesrat Stögmüller: Kein Monitoring!) – zuhören ist immer gut –, und zwar ist das genau das – wenn Sie in dem Fall Artikel 1 ansprechen –:

„Die gegenständliche Vereinbarung ist vom gemeinsamen Bestreben der Vertrags­parteien getragen, die Kinder- und Jugendhilfe in Österreich einheitlich zu gestalten, gemeinsame Standards festzulegen und diese im Sinne der primären, sekundären und tertiären Prävention und der Kinderrechte weiterzuentwickeln.“

Darüber hinaus steht in Artikel 4:

„Die Länder verpflichten sich, bei Änderungen der dieser Vereinbarung zugrunde­liegenden Umstände, insbesondere bei Vorliegen von neuen wissenschaftlichen Er­kenntnissen und Expertisen aus Fachkreisen im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe, Verhandlungen [...] aufzunehmen mit dem Ziel, eine geänderte Vereinbarung recht­zeitig in Kraft zu setzen und [...] notwendige [...] Vorschriften rechtzeitig“ anzupassen.

Das ist genau das, was in der Vergangenheit nicht gemacht worden ist, und genau das, wozu man sich jetzt bekennt, nämlich genau den Weg zu gehen, im Sinne der Kinder einheitliche Standards und Regelungen zu schaffen, damit man weiß, wer verantwortlich ist, wer das Ergebnis festgelegt hat und wie wir deshalb damit umgehen. Deshalb ist diese Reform genau das Gegenteil von dem, was Sie gesagt haben: Es ist eine Weiterentwicklung und kein Stillstand. Wir gehen in die Richtung, dass wir tatsächlich die Kinderrechte und Jugendrechte stärken. Das ist eben sehr positiv zu erwähnen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Lassen Sie mich in dem Zusammenhang auch eines sagen: Ich schließe niemanden aus, ich beziehe alle mit ein – damit ich auch dieses Gerücht ausräume. Es waren alle Kinder- und Jugendhilfeträger bei mir im Ministerium. Es sind mit ihnen Gespräche geführt worden und sie sind miteingebunden worden. Das gesamte Gesetzesvorhaben wurde ihnen auch dargelegt. Das heißt, es wird immer mit den Betroffenen gesprochen und eine Regelung getroffen. Das heißt weiters, was heute vorliegt, ist bereits fußend auf dieser Studie, die mittlerweile veröffentlicht worden ist (Bundesrat Stögmüller:


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Heute!), und bildet eine Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe, wie man sie sich nur wünschen kann.

Was diese Verfassungsreform ansonsten betrifft, möchte ich mich auch beim Bundes­rat bedanken, weil eben der Bundesrat in der Zweiten Republik zwei Anträge ein­gebracht hat, die die Verfassung betreffen. Es gab nämlich im Jahr 2015 einen Antrag, dass endlich das Übergangsgesetz 1920 gestrichen werden soll, weil der damalige Präsident des Bundesrates, Bundesrat Kneifel, auf einen Steinzeitföderalismus hinge­wiesen hat: wenn man sogar bei der inneren Organisation der Geschäftseinteilung eines Amtes der Landesregierung die Zustimmung des Bundes braucht oder bei der Geschäftsordnung die Zustimmung braucht, wenn man in die Richtung geht, dass man, wenn beispielsweise einer Stadt mit Landesgesetz ein eigenes Statut verliehen wird, die Zustimmung des Bundes braucht, wenn der Bezirksgerichtssprengel für ein Bezirksgericht verändert wird und man die Zustimmung des Landes braucht, oder wenn eine Bezirkshauptmannschaft mit von mir aus einer Stadt mit eigenem Statut zusammenarbeiten will und das nicht geht, weil man dafür wieder die Zustimmung des Bundes braucht. – Das fällt weg. (Vizepräsident Lindinger übernimmt den Vorsitz.)

Das heißt, dass der damals erwähnte Steinzeitföderalismus künftig nicht mehr statt­finden wird. Dafür bin ich dem Bundesrat sehr dankbar, wie auch für den Antrag, der gestellt worden ist. Ich bin auch sehr dankbar dafür, dass wir heute einen Beschluss fassen können und so von der Steinzeit in die Zukunft gehen und im Hinblick auf das Vertrauensprinzip Österreich neu ordnen und Österreich zu einem kooperativen Bundesstaat weiterentwickeln. Ich glaube, das ist etwas Positives. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Weiters möchte ich erwähnen, was der Vater der österreichischen Verfassung Hans Kelsen bereits im Jahr 1920 über dieses Übergangsgesetz gesagt hat – das nicht, wie es ursprünglich beabsichtigt gewesen ist, ein Jahr gegolten hat, sondern mittlerweile nahezu hundert Jahre in Kraft ist. Er hat damals schon festgestellt, dass wir Bestim­mungen in diesem Gesetz haben, die eine bundesstaatliche Anomalie darstellen. – Diese wird heute gleichfalls beseitigt; also ein weiterer positiver Schritt.

Das heißt, vielleicht können wir Sie (in Richtung Bundesrat Stögmüller) noch über­zeugen, in die Zukunft mitzugehen und nicht in die Vergangenheit zu schauen, weil auch eine Opposition die Verantwortung hat, Österreich weiterzuentwickeln und nicht zurückzuentwickeln. (Bundesrat Stögmüller: Genau! Wenn es weiterentwickelt wird!) Ich glaube, es wäre positiv, in diese Richtung zu gehen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Darüber hinaus ist auch noch Folgendes zu erwähnen: Wo die Länder sehr wohl bereit sind, Zugeständnisse zu machen, ist der Datenschutz. Wir haben derzeit zehn Daten­schutzgesetze in Österreich, in Zukunft werden wir nur ein Datenschutzgesetz haben. Das heißt, wir haben nicht Länder – Sie sind ja Ländervertreter –, die in dem Fall gegen den Bund sind, gegen die Steuerzahler sind, sondern solche, die auch die Ver­antwortung wahrnehmen, Österreich neu zu gestalten in Blickrichtung Bildung Öster­reichs, nämlich ein föderaler und ein kooperativer Staat zu sein, der klare Verant­wort­lichkeiten hat.

Genau in diese Richtung gehen auch die Länder, gehen auch die Landtage, gehen dementsprechend auch die Landeshauptleute, und es wäre gut, wenn man dem folgt und eben schaut, weg vom Misstrauen hin zum Vertrauen zu kommen, und genau in diese Richtung geht diese Vorlage.

Deshalb würde es mich freuen, wenn diese Vorlage auch (in Richtung Bundesrat Stögmüller) Ihre Unterstützung findet, weil wir tatsächlich den ersten Schritt einer Kompetenzbereinigung setzen, und das, was auch Sie erwähnt haben, der zweite Schritt sein wird.


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Wir haben nichts ausgespart: Wir haben von zwölf Tatbeständen, bei denen es derzeit eine Grundsatzgesetzgebung gibt, bereits neun entweder dem Bund oder den Ländern klar zugewiesen. Die anderen drei Tatbestände, die derzeit noch in Artikel 9 beinhaltet sind, für die es immer noch die Grundsatzgesetzgebung gibt, werden noch im ersten Halbjahr des Jahres 2019 ausgeräumt. Es wird auch bei diesen Tatbeständen eine klare Verantwortung geben.

Das heißt, wir fahren damit fort und machen Österreich zu dem, was es sein soll: zu einem zukunftsorientierten und sehr kooperativen und von Vertrauen getragenen Bundesstaat. – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie der Bundesräte Todt und Schennach.)

15.02


Vizepräsident Ewald Lindinger: Danke, Herr Bundesminister.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Klara Neurauter. Ich erteile ihr dieses.


15.02.33

Bundesrätin Klara Neurauter (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer auf der Galerie und zu Hause! Eines der Probleme Österreichs ist die Zersplitterung der Kompetenzen – ich glaube, in diesem Punkt werden wir alle einig sein. Artikel 12 der Bundesverfassung wird hier einer Reform unterzogen, und es wird ein Teil der Kompetenzen zwischen Bund und den Ländern entflochten. Wie der Herr Minister schon ausgeführt hat, werden mehrere Tatbestände den Ländern zugewiesen, andere Inhalte werden allein dem Bund zugewiesen. – Ich möchte hier nicht alles einzeln aufzählen, weil der Herr Minister das schon getan hat.

Es hat fast hundert Jahre gedauert, diese Dinge zu verändern, und deswegen möchte ich dem Herrn Minister auch sehr danken. Es ist ja eine Politik der kleinen Schritte, aber wenn man weiß, dass schon die kleinste Veränderung in den Beziehungen zwi­schen den Ländern und dem Bund das nachdrückliche Bohren harter Bretter bedeutet, möchte ich meinen Dank wirklich ausdrücklich aussprechen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Aus meiner Dienstzeit bei der Stadt Innsbruck habe ich die Aufgabenverwaltungs­reformkommission 1989 in Erinnerung. Dieses Wort muss man sich wirklich auf der Zunge zergehen lassen: Aufgabenverwaltungsreformkommission: sehr, sehr enga­giert – ohne Ergebnis.

Aus meiner Dienstzeit im Land Tirol habe ich die Strukturreformkommission aus dem Jahre 2001 in Erinnerung: sehr engagiert – umgesetzt wurde damals nichts.

Ich habe die Verhandlungen im Rahmen des Österreich-Konvents von 2003 bis 2005 miterlebt, wie damals um jedes Wort, fast um jeden Buchstaben gerungen worden ist – ohne nennenswertes Ergebnis.

2007 die nächste Arbeitsgruppe zur Staats- und Verwaltungsreform – diese hat eben­falls nichts geschafft.

Deswegen ist es besonders lobenswert, dass hier eine so große Reform im Vertrauen zwischen den Ländern und dem Bund gelungen ist. Um eine Sache zu vervoll­stän­digen, müssen wir zukünftig nicht mehr zehn Gesetze beschließen, nun genügt eines! Bisher war es ja so, dass wir im Nationalrat einen Beschluss fassen mussten, dann hier im Bundesrat und dann noch in allen neun Landtagen. Diese Kompetenz­bereini­gung bringt Klarheit und vermindert die Bürokratie, deswegen kann ich sie mit Fug und Recht loben.


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Es geht hier auch um das Übergangsgesetz, das 1920 geschaffen wurde, um die staatliche Verwaltung aus der Monarchie in die Republik zu überführen. Dieses Über­gangsgesetz sollte ja nur so lange gültig sein, bis die endgültige Verfassung am 1.10.1920 in Kraft getreten ist. Nun, jetzt erst, nach 98 Jahren, haben der Bund und die Länder so viel Vertrauen zueinander gefasst, dass jeder seine Kompetenzen allein erfüllt, ohne Kontrolle und Genehmigung durch den anderen.

Diese Regierung hat sich auch den Bürokratieabbau und die Verschlankung staatlicher Materien auf die Fahnen geheftet. Mit diesem Gesetz können wir diese Übergangs­bestimmungen sehr verschlanken und auch Doppelgleisigkeiten reduzieren.

Ich möchte auch auf das Kinder- und Jugendhilfegesetz zurückkommen, weil Kollege Stögmüller hier doch sehr detailliert und auch negativ darüber gesprochen hat. (Bun­desrätin Mühlwerth: Der redet immer negativ!) Ich kann das nicht so sehen! Die Aufgaben wandern dorthin, wo sie erledigt werden und wo die Ausgaben getätigt werden.

Mit dem Grundsatzgesetz hat der Bund damals die Aufgaben zugewiesen. Es war so, dass die Ausführung bei den Ländern war, die Bezahlung war sowieso beim Steuer­zahler. Wenn etwas nicht funktioniert hat, hat dann das Land gesagt: Na ja, es ist ja der Bund zuständig!, und wenn der Bund in der Kritik war, hat sich dieser auf die Länder bezogen. – Damit ist nun Schluss, es gibt klare Aussagen.

Wie der Herr Minister auch ausgeführt hat, hat es bisher zehn Datenschutzgesetze gegeben, neun in den Ländern, eines im Bund. Mit dieser Novelle gibt es nur mehr eines.

Wir brauchen in Österreich einen klaren Föderalismus, eine klare Aufgaben­verant­wortung und auch eine klare Ergebnisverantwortung. Mit diesem ersten Schritt, dem ja im Frühjahr ein weiterer folgen wird, fallen die ganzen Blockademöglichkeiten weg. Man kann Synergien nutzen, eine bessere Qualität für die Bürgerinnen und Bürger erreichen und schnellere Erledigungen gewährleisten. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

15.07


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Stefan Schennach. Ich erteile ihm dieses.


15.08.00

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Bundesminister! Lieber David Stögmüller! Diese Kompetenz­bereini­gung ist deshalb erst heute hier im Plenum, weil gerade die SPÖ im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe große Sorgen hatte und diese Zeit genutzt wurde, um die Qualitätsstandards zu sichern (Bundesrat Stögmüller: ... sichern!) – warte einmal! –, um Ungleichheiten auszutarieren und vor allem den Missstand bei den Jugendlichen im Alter von 18 plus anzupacken.

Du hast auch gesagt, jedes Kind vom Bodensee bis zum Neusiedler See ist gleich. – Ja, und jedes Kind und jeder Jugendliche in Österreich verdient den gleichen Schutz. Das ist klar! Was wir allerdings hier haben, ist, dass wir, um diese Dinge klarzustellen, von denen du hier vom Rednerpult aus gesprochen hast, in den letzten Wochen und Monaten die Notbremse gezogen haben, um genau das zu garantieren und sicherzustellen.

Heute in der Früh hast du mit deinen Einwendungen gegen die Tagesordnung einen ausführlichen Debattenbeitrag dazu abgegeben, aber irgendwie dürftest du vergessen haben, dass es gerade Inge Posch-Gruska, unsere Präsidentin, war (Bundesrat


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Stögmüller: Da ist es nur um ... gegangen!), die hier eine parlamentarische Enquete zum Thema „Kinder- und Jugendhilfe quo vadis?“ abgehalten hat.

Die Dokumentation darüber liegt auf allen Tischen. Ich glaube, das ist eine sehr gewissenhafte und gewissensvolle Wahrnehmung der Verantwortung – das dazu. (Beifall bei der SPÖ.)

Ja, es ist auf Tirolerisch oder Wienerisch gesagt, patschert, dass die Frau Familien­ministerin die Evaluierung heute ausschickt. Im Nationalrat wurde diesbezüglich extra noch ein Antrag gestellt, der nicht einmal, soviel ich weiß, die Mehrheit gefunden hat. Warum kommt sie heute? – Sie kommt nicht heute, weil heute im Bundesrat die definitive Beschlussfassung stattfindet, sondern sie kommt heute, weil morgen Winterbeginn ist und die Zusage war, im Herbst kommt die Evaluierung. Also heute ist der letzte Tag des Herbstes. (Bundesrat Bader: Also eingehalten!) Das ist im Sinne eines seriösen Arbeitens - - (Bundesrätin Schulz: Passt!) – Na was heißt passt? Frau Kollegin, für Sie passt das möglicherweise, dass Sie das heute Vormittag in der Post gefunden haben, ich finde, das ist keine seriöse Vorgangsweise, und vor allem keine seriöse Vorgangsweise, wenn jemand ein Gesetz, eine Kompetenzbereinigung unter­stützt und bei den Verhandlungen über die Zweidrittelmehrheit vorher die Notbremse gezogen hat. Also da wäre schon ein bisschen seriöse parlamentarische und politische Arbeit, vor allem seriöse legislative Arbeit, angebracht. Das ist ein Minimum dessen, was wir von uns gegenseitig einfordern können.

Wir sind für eine moderne Kompetenzbereinigung, nämlich dass klar ist, da ist die Auf­gabenverantwortung und da ist die Ergebnisverantwortung, und nicht, dass irgendwie alles gesplittet ist, denn dann geht es normalerweise so aus, dass sich niemand dafür verantwortlich fühlt. Wir sagen, ein klarer Föderalismus ist ein moderner Föderalismus. Frau Neurauter hat hier ganz depressiv gesprochen. (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Nein! Nein!) Nein, ich war auch im - - (Bundesrat Bader: Da haben Sie eine Wahr­nehmungsstörung!) – Okay, sie hat kein Licht am Ende des Tunnels gesehen. Ich kann nur sagen, ich war auch im Konvent. 1985 haben wir die UVS geschaffen, 2012 haben wir die Verwaltungsgerichtshöfe geschaffen. Herr Moser weiß das – er war auch im Kon­vent, federführend sogar –, dass das alles Punkte waren, die wir dort schon besprochen haben, und natürlich haben wir den Artikel 12 diskutiert, des Langen und des Breiten. Hier ist auch die klare Stellungnahme der SPÖ: Der Artikel 12 muss weg!

Es sind aber noch immer Dinge drinnen. Ich möchte nur daran erinnern, dass wir im Artikel 12 zum Beispiel noch immer die Kompetenztatbestände Elektrizitätswesen, Armenwesen, Heil- und Pflegeanstalten haben. (Bundesrat Bader: Das hat der Herr Minister klar gesagt! – Bundesrat Stögmüller: Das sind die großen Brocken!) Ja, das sind die großen Brocken, und dann gibt es noch viele kleinere Brocken. Aber es ist, glaube ich, ganz wichtig, dass jetzt schon ein Teil der Regelungen vorhanden war; manches war totes Recht, muss man auch dazusagen. Da werden Sie mir sicher nicht widersprechen, Herr Bundesminister, wenn ich sage, dass da einige Punkte totes Recht waren.

Klar ist, dass wir heute in drei Bereichen klären, was gehört zum Bund, was zum Land. Zum Beispiel ist die Bevölkerungspolitik Bundessache, das ist heute damit definitiv geklärt. Auch die Einrichtung von außergerichtlichen Vermittlungen ist Bundessache, weil das zur Gerichtsbarkeit gehört, und Arbeitsrecht ist Bundesangelegenheit. Das sind jetzt einmal klargestellte Bereiche. Für die Länder ist völlig klar, dass zum Beispiel ein völlig veraltetes Gesetz, das wahrscheinlich mit dem Krieg zusammenhängt und die Enteignung für Pflegestätten ermöglicht, wenn man ganz viele Leute hat, die tuber­kulös oder kriegsversehrt sind, jetzt weg ist.


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Allerdings geht jetzt die Mutterschafts-, Säuglings- und Jugendfürsorge, die wir jetzt schon diskutiert haben, in die Länderkompetenz über. Ebenfalls den Ländern über­tragen wird der Bereich der Kurorte und Kuranstalten. Natürliche Heilvorkommen, die Bodenreform, bitte, das ist eine Grundsatzkompetenz der Länder und das soll auch so sein, ebenso der Schutz von Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge. Da haben wir ja im EU-Ausschuss die Gelbe Karte gezeigt, nach einem sehr seltsamen Versuch der Kommission, bei den Schädlingen überall alles gleich zu regulieren, von Lissabon bis Helsinki. Was ein Schädling dort ist, muss nicht ein Schädling da sein. Ich glaube, das haben wir hier sehr gut so erledigt.

Ja, David, es gibt natürlich Einwände aus der Praxis. Wir haben sie uns angehört. Wir haben eine Enquete gemacht, haben uns diese Einwände aus der Praxis angehört und in die Verhandlungen um die Zweidrittelmehrheit eingebracht. (Bundesrat Stögmüller: Aber die 15a-Vereinbarung, die ist schlecht!) Die 15a-Vereinbarung als Instrument gibt es seit 1974. In vielen Bereichen hat eine 15a-Vereinbarung auch vieles gebracht, und der Bundesrat hat hier gemeinsam mit den Ländern auch ganz gute Erfolge gezeitigt.

Aber unbestritten bleibt, unberührt davon, was wir tun und wie jetzt die Kompetenzen und Aufgaben der Länder sind: Das hat nichts mit der UN-Kinderrechtskonvention, nichts mit der Lanzarote-Konvention und nichts mit dem Bundesverfassungsgesetz Kinderrechte zu tun. Das sind Instrumente, Schutzinstrumente, an die sich die Länder genauso zu halten haben wie der Bund.

Dass deswegen Kinder in Gefahr geraten – also da nehme ich jetzt die Länder in Schutz. (Bundesrat Stögmüller: Dann musst du den Volksanwaltschaftsbericht lesen!) Ich denke, dass so wie der Bund auch die Länder alles tun werden, um ihren Aufgaben hier gerecht zu werden. Seit wir das Kinder- und Jugendhilfegesetz haben, seit 2013, wurden 50 000 Kinder unterstützt, es wurden die Kinder- und Jugendanwaltschaften eingerichtet. Das wird auch alles so weitergehen, denn so ist es vereinbart. Eine Zwei­drittelmaterie ist keine Dutzendmaterie, eine Zweidrittelmehrheit ist kein Blankoscheck, und ich nehme an, dass bei der Umsetzung das nicht vergessen wird, was wir hier vereinbart haben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.17


Vizepräsident Ewald Lindinger: Herr Bundesrat Mag. Dr. Michael Raml ist zu Wort gemeldet. Ich erteile dieses.


15.17.44

Bundesrat Mag. Dr. Michael Raml (FPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister Moser! Hohes Haus! Seit Jahrzehnten wird in Österreich die Reform des Bundesstaates diskutiert. Wir haben es heute schon gehört, der Österreich-Konvent hat lange Zeit getagt, mit vielen Experten, vielen Papieren – letztlich in vielen Bereichen ergebnislos. Seit Jahrzehnten wird in Österreich die so dringend notwendige Kompetenzentflechtung angestrebt – letztlich ergebnislos. Seit nur einem einzigen Jahr haben wir eine türkis-blaue Regierung, und in diesem einen Jahr sind notwendige Reformen nicht nur andiskutiert worden, sondern diese Refor­men sind angepackt, durchgezogen und erfolgreich beschlossen worden. Diese Re­gierung ist eine Reformregierung, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Diese dringenden Reformen erleben wir seit einem Jahr in den verschiedensten Be­reichen. Ich denke hier noch einmal an die Vielgleisigkeit bei den Sozialversicherun­gen, ich denke an die aktuelle Reform, die bei der Bedarfsorientierten Mindestsiche­rung angegangen wird, bezüglich derer wir eine Auswucherung in den verschiedenen Bundesländern haben, die jetzt der Bundesgesetzgeber vereinheitlicht – und heute


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geht es darum, dass endlich die Kompetenzen des Artikels 12 B-VG auseinan­der­sortiert werden, entweder zu den Ländern oder zum Bund, und vor allem darum, dass gegenseitige Blockademöglichkeiten abgeschafft werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dem Bundesrat kommt gemäß Art. 44 Abs. 2 unserer Bundesverfassung, bei der Kompetenzkompetenz, eine wichtige Aufgabe zu. Es ist unsere moralische Verpflichtung, dass wir hier die Interessen der Länder wahren, wenn es darum geht, in die Kompetenzen der Länder, in welcher Form auch immer, einzugreifen.

Heute sagen wir ganz klar Nein zu einem Gegeneinander. Wir sagen Nein zu einem Misstrauen zwischen Bund und Ländern. Wir sagen aber auch ganz klar Ja, wenn es darum geht, Parallelstrukturen aufzulösen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ! Ich bedanke mich wirklich aufrichtig bei euch dafür, dass ihr auch bei diesem Gesetzesbeschluss den konstruk­tiven Oppositionskurs, den euch Hans Peter Doskozil ans Herz gelegt hat, verfolgt, und wir würden uns wünschen, dass dieser konstruktive Doskozil-Kurs auch bei anderen Materien Einzug findet. Eine konstruktive Opposition ist gefragt, keine destruktive Arbeitsweise.

Wenn ich beim Wort destruktiv bin, dann nur zwei Sätze zu den Grünen: Herr Kollege Stögmüller, Frau Kollegin Dziedzic, ihr beide seid die letzten verbliebenen Grünen auf Bundesebene im österreichischen Parlament. Weil Weihnachten ist und heute schon einige Geschenke gegenseitig verteilt worden sind, als kleines Geschenk von mir ein Ratschlag: Verabschiedet euch doch bitte endlich von eurer Besserwisser- und Blocka­depolitik, für die ihr vom Wähler in den letzten Jahren so massiv abgestraft worden seid! Wenn ihr euch von dieser Bevormundungspolitik und von diesen Blockaden verabschiedet, dann traue ich mich euch zu versprechen, dass euch dann das Christ­kind wieder ein paar Wählerstimmen zurückbringt. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der ÖVP.)

15.21

15.21.31


Vizepräsident Ewald Lindinger: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Dies ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Bundesrat David Stögmüller hat gemäß § 51 Abs. 1 der Geschäftsordnung beantragt, den Tagesordnungspunkt 13 betreffend den Beschluss des Nationalrates vom 13. De­zember 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Übergangsgesetz vom 1. Oktober 1920 in der Fassung vom Jahre 1925, das Bundesverfassungsgesetz betreffend Grundsätze für die Einrichtung und Geschäfts­führung der Ämter der Landesregierungen außer Wien, das Bundesforstegesetz 1996, das Datenschutzgesetz, das Bundesgesetzblattgesetz, das Niederlassungs- und Auf­enthaltsgesetz und das Bundesgesetz über die Europäische Ermittlungsanordnung in Verwaltungsstrafsachen geändert werden, zu vertagen und den zuständigen Aus­schuss erneut mit der Behandlung zu beauftragen.

Ich lasse nunmehr über den Vertagungsantrag des Bundesrates David Stögmüller gemäß § 51 Abs. 1 der Geschäftsordnung abstimmen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den Tages­ordnungspunkt 13 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Ver­fassungsgesetz, das Übergangsgesetz vom 1. Oktober 1920 in der Fassung vom Jahre 1925, das Bundesverfassungsgesetz betreffend Grundsätze für die Einrichtung und Geschäftsführung der Ämter der Landesregierungen außer Wien, das Bundes-


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forste­gesetz 1996, das Datenschutzgesetz, das Bundesgesetzblattgesetz, das Nie­der­lassungs- und Aufenthaltsgesetz und das Bundesgesetz über die Europäische Ermitt­lungsanordnung in Verwaltungsstrafsachen geändert werden, zu vertagen und den zuständigen Ausschuss erneut mit der Behandlung zu beauftragen, um ein Hand­zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist somit abgelehnt.

Dieser Beschluss des Nationalrates ist ein Fall des Art. 44 Abs. 2 Bundes-Verfas­sungsgesetz und bedarf daher der in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen zu erteilenden Zustimmung des Bundesrates.

Ich stelle zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der Mitglieder des Bundesrates fest. Die erforderliche Mehrheit ist anwesend.

Es liegt mir ein Verlangen des Bundesrates David Stögmüller gemäß § 54 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates vor, bei der Bekanntgabe des Abstimmungs­ergebnisses auch die Anzahl der „Für“- und „Gegen“-Stimmen bekannt zu geben.

Wir gelangen zuerst zur Abstimmung, gegen den vorliegenden Beschluss des Natio­nalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. Ich ersuche die Schriftführung um Unterstützung beim Abzählen. – Das sind 48 „Ja“-Stimmen und 2 „Nein“-Stimmen. Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Nunmehr lasse ich über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungs­mäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen und ersuche wieder um Unterstützung beim Abzählen. – Das sind 49 „Ja“-Stimmen und 2 „Nein“-Stimmen. Der Antrag ist somit unter Berücksichtigung der besonderen Beschlusserfordernisse angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

15.27.0114. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 13. Dezember 2018 betreffend BESCHLUSS (EU, Euratom) 2018/994 DES RATES vom 13. Juli 2018 zur Änderung des dem Beschluss 76/787/EGKS, EWG, Euratom des Rates vom 20. September 1976 beigefügten Akts zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Mitglie­der des Europäischen Parlaments (384 d.B. und 466 d.B. sowie 10105/BR d.B.)


Vizepräsident Ewald Lindinger: Wir gelangen nun zum 14. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Klara Neurauter. Ich bitte um den Bericht.


15.27.42

Berichterstatterin Klara Neurauter: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich erstatte den Bericht des Aus­schusses für Verfassung und Föderalismus, dessen vollständigen Titel der Herr Prä­sident ja schon bekannt gegeben hat.

Ich darf mich daher darauf beschränken zu sagen: Der Bericht liegt Ihnen in schrift­licher Form vor, ich komme daher gleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 18. Dezember 2018 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, dem vorliegenden Beschluss


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des Nationalrates gemäß Art. 23i Abs. 4 B-VG in Verbindung mit Art. 50 Abs. 4 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.


Vizepräsident Ewald Lindinger: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Martin Preineder. Ich erteile dieses.


15.28.46

Bundesrat Martin Preineder (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Damen und Herren! Die Europäische Union erlebt bewegte Zeiten, und Österreich als Vorsitz­land konnte hier durchaus markante Akzente setzen.

Die Europäische Union ist eine demokratische Union, und am 29. Mai wird in Öster­reich die Wahl zum Europäischen Parlament durchgeführt. Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, es wird unsere Aufgabe sein, die Menschen für die Demokratie, für die Mitbestimmung auch entsprechend zu begeistern, denn: 1996 beteiligten sich noch 67 Prozent an der Wahl zum Europäischen Parlament, 2014 waren es nur mehr 45 Prozent.

Es gilt, darauf hinzuweisen, dass immer eine Wahl für jenes Gremium stattfindet, für das sie ausgerufen ist. Ist es eine Gemeinderatswahl, wird der Gemeinderat gewählt, bei der Landtagswahl der Landtag, bei der Nationalratswahl das Parlament, und im kom­menden Jahr geht es um die EU-Wahl; es geht nicht um Denkzettel- und Ersatzwahlen. Wir haben das vor allem mit der Brexit-Entscheidung in Großbritannien erlebt, dass man sich entsprechend vorbereiten und informieren soll, muss, was zur Verantwortung eines Staatsbürgers gehört.

Geschätzte Damen und Herren! Der in Großbritannien am häufigsten gegoogelte Begriff nach dem Brexit war: Was ist die EU? – Ich glaube, das führt zu keinen guten Entscheidungen. Wir sollten hier entsprechend vorarbeiten, denn gerade wir im Bun­desrat wissen, dass es möglich ist, auf die Entscheidungen in Europa, im Euro­päischen Parlament, in der Kommission Einfluss zu nehmen. Wir tun das durch den EU-Ausschuss, durch alle Stellungnahmen, Mitteilungen, die wir hier verfassen. Wir sind sehr aktiv und in Europa auch anerkannt.

Es geht darum, das Wahlsystem neu zu ordnen und entsprechend moderne Aspekte hineinzubringen. Es ist klar, und das liegt in dieser Vorgabe vor, dass in jedem Mitgliedstaat das Verhältniswahlrecht möglich ist und angewandt werden muss und dass auch eine Vorzugsstimmenvergabe möglich ist.

Für die Sitzvergabe können die Mitgliedstaaten eine Mindestschwelle von maximal 5 Prozent der abgegebenen Stimmen festlegen. Ist eine innerstaatliche Frist für die Einreichung von Bewerbungen für die Wahl zum Europäischen Parlament vorgesehen, muss diese mindestens drei Wochen vor dem festgelegten Wahltermin enden. Die Mitgliedstaaten können auch gestatten, den Stimmzettel mit Namen und Logo einer wahlwerbenden Partei oder des einzelnen Bewerbers zu kennzeichnen. Die Mit­gliedstaaten haben die Möglichkeit der vorzeitigen Stimmenabgabe, das heißt, eine Briefwahl, eine elektronische Stimmenabgabe oder sogar eine Stimmenabgabe über das Internet vorzunehmen. Es gilt aber auch sicherzustellen, dass es keine doppelte Stimmenabgabe gibt. Es ist auch vorgesehen, dass man seine Stimme in einem Drittstaat abgeben kann.

Es sind viele Maßnahmen, die wir in Österreich schon kennen, die bei der Wahl zum Europäischen Parlament Platz greifen werden und sollen.


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Ich glaube, es gilt, sich für diese Wahl vorzubereiten. Es gilt nämlich, für ein freies, friedliches und demokratisches Europa einzutreten. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie der Bundesrätin Grossmann.)

15.32


Vizepräsident Ewald Lindinger: Herr Bundesrat Stefan Schennach ist zu Wort ge­mel­det. Ich erteile ihm dieses.


15.32.59

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Lieber Freund Preineder! Ich kann es mir relativ einfach machen, du hast alles umfangreich dargestellt, vor allem dass sich die Organe der Europäischen Union nun für das Direktwahlrecht ausgesprochen haben. Die gute Nachricht ist, dass das österreichische Europawahlrecht bereits so fit ist, dass alle Punkte im Wesentlichen erfüllt sind.

Wir alle haben schon zum Europäischen Parlament gewählt. Es gab immer schon die Möglichkeit, eine Vorzugsstimme zu vergeben. Es ist in Österreich immer schon sichergestellt worden, dass Bürger oder Bürgerinnen anderer europäischer Staaten hier ihre Stimme abgeben können. Umgekehrt haben wir immer alles dazu beige­tragen, dass Österreicher und Österreicherinnen, die sich in einem anderen Mitglieds­land der Europäischen Union aufhalten, dort ihre Stimme abgeben können.

Weiters wurde sichergestellt, dass es zu keinen doppelten Stimmabgaben kommt, indem ich zum Frühstück in Passau wähle und zum Mittagessen in Linz; das ist so nicht mehr drinnen.

Dann gibt es noch die Regelungen der Mindestschwelle. Das ist auch geregelt, das haben wir alles schon so drinnen.

Insofern appelliere ich von hier an alle, die zusehen: Nützen Sie Ihr Wahlrecht! Über 60 Prozent der Gesetze, die Österreich betreffen, werden heute in der Europäischen Union entschieden. Es ist nicht egal, wie eine Wahl zum Europäischen Parlament ausgeht. Das Europäische Parlament ist genauso wichtig wie das österreichische Parlament oder wie jeder Landtag.

Deshalb ist es wichtig: Nützen Sie die Gelegenheit und machen Sie Gebrauch von Ihrem Wahlrecht, auch zum Europäischen Parlament! – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Bundesrates Schererbauer.)

15.35


Vizepräsident Ewald Lindinger: Es ist kaum möglich, aber ich hätte ihn fast über­sehen: Ich begrüße Herrn Bundesminister Dr. Heinz Faßmann. (Allgemeiner Beifall.)

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Christoph Längle. Ich erteile ihm dieses.


15.35.51

Bundesrat Christoph Längle, BA (FPÖ, Vorarlberg): Herr Vizepräsident! Sehr geehrter Herr Minister, auch von meiner Seite herzlich willkommen! Geschätzte Damen und Herren! In Verhandlung steht hier die rechtliche Grundlage für die Direktwahl zum Europäischen Parlament. Wir wählen schon nächstes Jahr Ende Mai, und ich kann mich dem vorher Gesagten nur anschließen. Auch ich hoffe natürlich, dass sehr viele von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen und dieses demokratische Mittel nutzen und wählen gehen.

Für Österreich selbst heißt das, dass wir eine Wahl durchzuführen haben. Wir sind da aber gut aufgestellt, alle unsere Rechtsnormen passen, wir müssen nichts ändern.


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Was mir wichtig dabei ist, ist, dass all jene hier gelobt werden und ihnen Dank ausgesprochen wird, die dann die Wahl tatsächlich durchführen, insbesondere die Wahlbeisitzer, insbesondere die Ehrenamtlichen, insbesondere die Behörden und die Beamten, die doch sehr viel Zeit investieren müssen, zum Beispiel Wahlzettel vor­bereiten müssen, Wahlzettel drucken müssen, Briefwahlkarten vorbereiten und ver­schicken müssen und eben dafür Sorge tragen müssen, dass die Wahlen rechts­konform durchgeführt werden. – Danke dafür.

Zudem hoffe ich, dass in den anderen EU-Staaten natürlich auch in hohem Maße vom Wahlrecht Gebrauch gemacht wird. Es ist eine gesamteuropäische Wahl, und da denke ich, dass es sehr wichtig ist, dass in allen Ländern eine hohe Wahlbeteiligung gegeben ist. Negativ war leider beim letzten Mal, dass es Länder gegeben hat, in denen die Wahlbeteiligung bei lediglich 20 Prozent gelegen ist. Das ist schade, weil da doch ein gesamteuropäisches Ziel erreicht werden sollte und doch irgendwie der Gesamtwille der europäischen Bevölkerung, der EU-Bevölkerung, zum Ausdruck kommen soll.

Abschließend: Von uns gibt es natürlich Zustimmung. Ich hoffe, dass sehr, sehr viele vom Wahlrecht Gebrauch machen. – Danke. (Beifall bei FPÖ und ÖVP sowie der Bundesräte Koller, Weber und Stögmüller.)

15.37

15.37.56


Vizepräsident Ewald Lindinger: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Der gegenständliche Beschluss bedarf nach Art. 23i Abs. 4 B-VG in Verbindung mit Art. 50 Abs. 4 B-VG der Zustimmung des Bundesrates bei Anwesenheit von min­destens der Hälfte der Mitglieder des Bundesrates und einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen.

Ich stelle zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der Mitglieder des Bundesrates fest.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem gegenständlichen Beschluss gemäß Art. 23i Abs. 4 B-VG in Verbindung mit Art. 50 Abs. 4 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Das passiert einhellig. Der Antrag ist somit unter Berücksichtigung der besonderen Beschlusserfordernisse angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

15.39.1515. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 12. Dezember 2018 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, die 5. Schulorganisationsgesetz-Novelle, das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz, das Schulunter­richtsgesetz, das Minderheiten-Schulgesetz für das Burgenland, das Pflicht­schulabschluss-Prüfungs-Gesetz, das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, Kollegs und Vorbereitungslehrgänge, das Schulpflichtgesetz 1985, das Schul­zeit­gesetz 1985, das Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz, das Privatschul­gesetz, das Hochschulgesetz 2005 und das BIFIE-Gesetz 2008 geändert werden (Pädagogikpaket 2018) (373 d.B. und 450 d.B. sowie 10100/BR d.B.)


Vizepräsident Ewald Lindinger: Wir gelangen nun zum 15. Punkt der Tagesordnung.


BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 124

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Klara Neurauter. Ich bitte um den Bericht.


15.39.33

Berichterstatterin Klara Neurauter: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich erstatte den Bericht des Unterrichts­ausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 12. Dezember 2018 betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, die 5. Schulorganisa­tions­gesetz-Novelle, das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz, das Schul­unterrichtsgesetz, das Minderheiten-Schulgesetz für das Burgenland, das Pflicht­schul­abschluss-Prüfungs-Gesetz, das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, Kollegs und Vor­bereitungslehrgänge, das Schulpflichtgesetz 1985, das Schulzeitgesetz 1985, das Pflicht­schulerhaltungs-Grundsatzgesetz, das Privatschulgesetz, das Hochschulge­setz 2005 und das BIFIE-Gesetz 2008 geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher zur Antragstellung.

Der Unterrichtsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 18. Dezember 2018 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Vizepräsident Ewald Lindinger: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Daniela Gruber-Pruner. Ich erteile ihr die­ses.


15.41.09

Bundesrätin Mag. Daniela Gruber-Pruner (SPÖ, Wien): Hohes Präsidium! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zu­seher zu Hause! Wir behandeln das Pädagogikpaket, und im Sinne dieses Päda­gogikpakets könnte ich mich jetzt als Pädagogin hier herstellen und sagen, ich gebe diesem Gesetz ein 4 minus, und mich dann wieder verabschieden. (Bundesrätin Mühlwerth – erheitert –: Das wäre eine Idee!) – Den Gefallen kann ich Ihnen leider nicht machen, Frau Kollegin; das war ein bisschen aufgelegt, das muss ich zugeben.

Was uns wahrscheinlich erwarten würde, wäre, dass meine Nachrednerinnen und Nachredner sich hier mit einer anderen Note verabschieden würden und eine andere Note geben würden. Das liegt in der Natur der Sache, weil natürlich jeder Mensch Dinge unterschiedlich beurteilt. Das machen selbstverständlich auch Pädagoginnen und Pädagogen, auch sie legen auf verschiedene Dinge unterschiedlichen Wert. Ich möchte niemandem unterstellen, dass er die Noten leichtfertig gibt, aber es liegt in der Natur der Sache und der Menschen, dass man Dinge unterschiedlich bewertet.

Auch mit so einem 4 minus, das ich zum Beispiel hier geben würde, könnten Sie alle nur mutmaßen, warum ich das machen würde. Sie würden wahrscheinlich verschie­dene negative Punkte ins Treffen führen, aber Sie würden wahrscheinlich auch nicht erfahren, dass ich zum Beispiel einen Punkt, nämlich die Möglichkeit, dass junge Menschen das zehnte Schuljahr in der Polytechnischen Schule nachholen können, als positiv beurteilen würde. Das würde an einem 4 minus so nicht erkennbar sein.

Auch wir im Bundesrat sind es gewohnt, dass wir nicht einfach nur Zustim­mung/Ab­lehnung sagen, sondern dass wir immerhin in 10 möglichen Redeminuten ausführen und argumentieren, warum wir etwas befürworten oder nicht. Das macht durchaus Sinn, denn nur so kann man sich in einer Debatte weiterentwickeln.

Worauf will ich hinaus? – Wir wissen, dass Leistung etwas sehr Komplexes ist. Leistung ist ein sehr vielschichtiger Vorgang, ganz unabhängig davon, was geleistet wird, ob es das Erlernen von Grundrechnungsarten oder das Erlernen einer feinmoto­rischen Fertigkeit ist, oder auch soziale Kompetenzen, all das ist sehr komplex. Unsere Welt insgesamt und damit auch die Wissensinhalte und die Lerninhalte sind sehr


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komplex geworden. Da muss man sich auch im Bildungssystem dementsprechend weiterentwickeln. Seien wir doch ehrlich, wenn wir uns weiterentwickeln wollen, etwas verbessern wollen und etwas vertiefen wollen, dann macht es doch nur Sinn, wenn man Feedback bekommt, was denn genau möglicherweise der Schwachpunkt oder möglicherweise die Stärke ist. Das tut schwächeren Schülern und guten Schülern in dem Bereich, um den es gerade geht, gut, und da hilft eine Ziffernnote relativ wenig.

Was mich an dem vorliegenden Pädagogikpaket stört, ist, dass diese verbale Be­urteilung zwar für viele Schülerinnen und Schüler dazugenommen wird, aber man sagt: Na ja, diesem Schritt nach vorne, dem trauen wir noch nicht so ganz, obwohl viele Studien beweisen, dass diese verbale Beurteilung funktioniert. Es muss schon wieder diese Ziffernnote dazu, und damit macht man zwei Schritte zurück. Das finde ich einfach sehr, sehr schade. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.) Es wird sogar die demokratische Möglichkeit, das in der Klasse gemeinsam mit den Eltern im Schulforum zu entscheiden, abgeschafft. Das ist natürlich demokratiepolitisch auch sehr, sehr schade. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte noch einmal auf die Leistung zurückkommen, denn als Pädagogin be­schäftigt man sich natürlich damit, wie denn ein Kind schlussendlich am besten lernt. Da muss man vorausschicken – all jene, die mit Kindern zu tun haben, wissen das –, jedes Kind ist anders, jedes Kind hat eine andere Begabung, jedes Kind hat eine andere Neigung, an anderen Dingen Interesse; man ist einmal schneller, einmal langsamer. All das schätzen wir an unseren eigenen Kindern, an den Enkelkindern, an den Kindern, die einem jeden Tag begegnen. Jedes Kind hat auch eine andere Familie im Hintergrund, die es unterschiedlich gut fördern kann, die ihm unterschiedliche Dinge mitgeben kann. All das ist gut so, aber all das ist auch ein Punkt, dass die Dinge eben nicht ganz einfach und in eine Schublade zu pressen sind, sondern es ist halt viel­schichtig und komplex.

Wie lernt ein Kind? – Der Hirnforscher Gerald Hüther sagt, dass eine Motivation be­stehen muss, um etwas zu lernen, und dass diese Motivation von innen kommen muss, weil nur so eine Lernerfahrung oder ein Wissenserwerb auch nachhaltig bestehen bleibt. Wir sagen doch immer so schön, wenn wir mit den Kindern reden: Wir lernen nicht für die Schule, sondern für das Leben. – Genau das ist der Punkt! Wir lernen nicht, um eine Note zu bekommen, und wir lernen nicht unter Druck und Stress, weil uns eine Note droht, sondern Kinder lernen dann am besten, wenn sie an etwas Interesse haben, wenn sie etwas wirklich erkunden wollen, begreifen wollen. Dann verfestigt sich das, dann gibt es einen emotionalen Bezug, und dann ist dieses Lernen nachhaltig und tatsächlich fürs Leben und nicht für die Note. Das ist auch das, was wir immer so gerne predigen.

Zu dieser Verwertbarkeit und zu diesem Wissenserwerb: Führt man sich vor Augen, was denn der Arbeitsmarkt in Zukunft brauchen wird – wir haben heute auch schon über Digitalisierung gesprochen –, so werden die Anforderungen komplexer, und wir brauchen Facharbeitskräfte, die mit dieser Komplexität zurechtkommen. Das heißt, wir brauchen keine Schülerinnen und Schüler, denen man Wissen eintrichtert, wie mit einem Trichter, und irgendwann ist das abrufbar, dann gibt es eine Note und dann kann man es wieder vergessen, sondern junge Menschen müssen lernen, um mit dieser digitalisierten Zukunft umgehen zu können, sich Wissen anzueignen und im Team zu verwerten und im Team zu bearbeiten. Sie müssen interdisziplinäre Frage­stellungen bearbeiten und dafür gute Lösungen finden, über Disziplinen hinaus arbeiten. Dazu braucht es Teamwork, dazu braucht es soziale Kompetenz und dazu braucht es die Möglichkeit, Wissen umzusetzen und nicht nur an einem Punkt abzu­rufen. Wissen abzurufen geht mit Wikipedia und anderen Dingen mittlerweile schon viel, viel leichter.


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Das heißt, was ich nicht nachvollziehen kann, ist dieser eine Punkt, auf den ich hinauswill, diese erklärende Beurteilung. Warum kann man diese nicht gelten lassen? Sie ist der jetzigen Zeit entsprechend das angepasste Mittel, um mit dieser Komplexität umzugehen, und sie gibt den Kindern das Feedback, das sie brauchen, um sich gut weiterentwickeln zu können und auf ihrem Stand aufbauen zu können.

Ich habe das Gefühl, die Noten brauchen wir dann, wenn am Zeugnistag die Omas und Opas wissen wollen, ob es 5 Euro oder 10 Euro für das Zeugnis gibt. (Bundesrat Samt: Na geh!) Mit der differenzierten Beurteilung ist es halt ein bisschen schwieriger, das herauszufinden. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller.)

Ein zweiter Punkt, der für mich unverständlich ist, ist die Idee, dass man achtjährige Kinder wieder sitzenbleiben lassen will. Ich meine, achtjährige Kinder sind ungefähr so groß (mit der Hand die entsprechende Größe anzeigend) – ich habe einen Neun­jährigen zu Hause – und sind im Idealfall begeisterte Schüler. Warum? – Weil sie ihre Klasse gernhaben und dort im Idealfall Freunde und Freundinnen haben, weil sie ihre Lehrerin oder ihren Lehrer gernhaben und zu ihm oder ihr aufschauen und das wie ein Schwamm aufsaugen, was man da in der Schule alles erfahren und lernen kann, und weil sie mit Freude in die Schule gehen. Das ist die beste Voraussetzung, um zu lernen.

Und dann kann es sein, dass ein Kind in irgendeinem Bereich ein bisschen länger braucht als die anderen, da vielleicht ein Problem hat und dann – schwuppdiwupp – sitzen bleibt.

Was passiert mit diesem Kind? – Es erfährt mit acht Jahren, mit neun Jahren vielleicht, dass es in dieser Gemeinschaft, die es lieb gewonnen hat, nicht mehr gut genug ist. Ein Kind kann da nicht differenzieren, versteht also nicht, dass es das Rechnen war und nicht die Person an und für sich. Das heißt, die Motivation fürs Lernen wird an dieser Stelle sozusagen gedämpft, und das wird sich auch auswirken.

Natürlich, es wurde mit diesem Gesetz eine verpflichtende Förderung eingeführt; das finde ich auch gut, Förderung ist immer gut. Wir wissen, Sitzenbleiben hilft nur dann, wenn tatsächlich individuell gefördert wird. Dafür braucht es aber Ressourcen, so wie zum Beispiel in Wien, wo wir seit Jahren eine Gratisförderung für solche Kinder haben, die Förderung 2.0. Das ist jedoch nicht in allen Bundesländern der Fall, und da es anscheinend Länderressourcen sind, aus denen diese Mittel zur Verfügung gestellt werden müssen, bezweifle ich, dass wirklich entsprechend Ressourcen für diese För­de­rung zur Verfügung stehen. Wenn ich dann auch noch höre, dass die Schulsozial­arbeitsstellen nicht verlängert werden, dann muss ich schon sagen, dass das alles eigentlich in die falsche Richtung geht.

Das, was wirklich wirken würde, wäre individuelle Förderung, um auf das einzelne Kind einzugehen, um es quasi weiterzubringen, dort, wo es eine gute Leistung erbringen kann. Das kostet natürlich Geld, das kostet Ressourcen, aber diesen mutigen Schritt müssten wir tun.

Das, worauf es insgesamt hinausläuft, ist einfach, dass die Regierung versucht, mit diesem Pädagogikpaket Kinder möglichst früh in Gut und Schlecht einzuteilen, damit man im Gymnasium möglichst unter sich bleibt und sich da nicht irgendwie mit anderen auseinandersetzen muss. Und das ist das, was uns, die Sozialdemokraten, von dieser Regierung unterscheidet: Für uns heißt es, jedes Kind soll alle Möglichkeiten haben, um sein Potenzial zu fördern, und es geht uns nicht darum, Kinder möglichst früh in Gut und Schlecht einzuteilen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Geh! – Bundesrätin Schulz schüttelt den Kopf.)

15.52



BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 127

Vizepräsident Ewald Lindinger: Ich begrüße den Herrn Bundesminister für Inneres! Herzlich willkommen. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der ÖVP. – Abg. Mühlwerth: Der Lieblingsminister von der SPÖ ist da!)

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Dr.in Andrea Eder-Gitschthaler. Ich erteile dieses.


15.52.35

Bundesrätin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP, Salzburg): Herr Präsident! Herr Minister Faßmann! Herr Minister Kickl! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Fernsehgeräten und dort oben auf der Galerie! „Eine Inves­tition in Wissen bringt noch immer die besten Zinsen.“ – Das hat Benjamin Franklin gesagt. Wir wollen für unsere Kinder das Beste, dafür ist Bildung der Schlüs­sel. Für diese Bildung braucht es engagierte Lehrerinnen und Lehrer. Ich kenne einige davon, auch in meiner Familie – die sind jetzt schon sehr froh, dass Weihnachten kommt, denn sie leisten tolle Arbeit, und das ist, wie immer wieder hervorzuheben ist, auch nicht selbstverständlich. Es ist an uns, für unsere Kinder und diese Lehrerinnen und Lehrer ordentliche Rahmenbedingungen zu schaffen, damit die Bildung funk­tioniert.

Beim heute zu behandelnden Pädagogikpaket haben viele Expertinnen und Experten mitgearbeitet, und es ist ein gutes Paket, liebe Daniela. Für uns ist es ein sehr gutes Paket, wir geben dem Paket eine glatte Eins, und wir werden natürlich keinen Ein­spruch gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates erheben. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Wir setzen damit einen wichtigen Schritt für die Weiterentwicklung der Bildung in Österreich. Von uns gibt es ein klares Bekenntnis zu der bewährten Langform der AHS. Wir wollen die Kinder nicht in die Gesamtschule hineinzwingen, wir gewährleisten Wahlfreiheit in der Bildung – das wollen die Eltern, das wollen die Lehrerinnen und Lehrer, und das hilft unseren Schülerinnen und Schülern in Österreich. Wir treiben die Schulautonomie voran, wir bauen sie aus, denn die Lehrerinnen und Lehrer mit ihren Direktorinnen und Direktoren wissen am besten vor Ort, was gut und wichtig für sie und für die Schülerinnen und Schüler ist.

Vielleicht noch die wesentlichen Punkte dieses Pädagogikpakets: transparente und präzise Beurteilung in der Volksschule, leistungsorientierte Weiterentwicklung der Neuen Mittelschule, freiwilliges zehntes Schuljahr an Polytechnischen Schulen.

Wenn ich dann höre, dass du sagst, Noten sind nur etwas für Großeltern, dann muss ich dir schon widersprechen. Ich kenne sehr viele Eltern – ich war lange Zeit Vorsit­zende eines Elternvereins an einer sehr großen Schule in Salzburg –, und sie haben mich immer wieder angeredet und haben gesagt: Noten sind wichtig, damit man auch erkennt, wo man steht. – Auch die Schülerinnen und Schüler wollen das. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Wenn jetzt wieder Noten eingeführt werden – möglich ab der zweiten Schulstufe in allen Klassen der Volks- und Sonderschulen –, wird ja ohnedies ein großes Beglei­tungspaket dazu gemacht. Wir überfordern die Schülerinnen und Schüler nicht. Wir schauen, dass es ihnen gut geht, wir reden darüber. Es ist ja nicht so, dass es jetzt – patsch! – wieder die Note gibt, und damit basta. Du hast es so dargestellt, aber so ist es nicht! Es gibt begleitende Maßnahmen von allen Seiten, und ich glaube, da können wir wirklich mit Fug und Recht sehr gut zustimmen.

Zur Weiterentwicklung der Neuen Mittelschule gibt es jetzt dann zwei Leistungs­niveaus: Leistungsniveau „Standard“ und Leistungsniveau „Standard AHS“. Wir haben im Ausschuss gehört, diese Leistungsniveaus sind auch durchlässig, sodass man sehr


BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 128

wohl von einem Leistungsniveau zum anderen switchen kann. Das war uns auch wichtig, damit dann auch die Chancengleichheit gegeben ist. (Bundesrätin Hahn: Das ist jetzt auch schon möglich, ...!)

Wenn ich mir auch noch anschaue, was du betreffend Sitzenbleiben mit acht Jahren gesagt hast: Ich kenne auch Eltern, die froh sind, dass man den Kindern noch einmal ein Jahr gibt, dass man sie behutsam sich weiterentwickeln lässt. Da gibt es auf der einen Seite die Vorschule, aber wenn eine solche eben damals noch nicht infrage kam, ist man jetzt froh, dass es die Möglichkeit gibt, ein Schuljahr zu wiederholen. Ich sehe das nicht so problematisch. Auch da gibt es begleitende Maßnahmen mit Schulpsycho­logen, und, und, und.

Also ich denke, wir sind nicht die böse Regierung, die über die Kinder und die Eltern und die Lehrerinnen und Lehrer drüberfährt, sondern wir machen das mit Bedacht, behutsam, sorgfältig. Wir wollen, dass kein Kind hinten bleibt (Ruf bei der SPÖ: Das sind jetzt Phrasen!), wir wollen das Leistungsniveau in Österreich erhöhen und stärken. Das können Sie mir glauben. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Der Rechnungshof hat uns auch gesagt, dass die NMS in der bisherigen Form nicht wirklich positiv funktioniert hat. Sie kostet viel im Vergleich zu einer AHS: 7 400 Euro pro Kopf, das Gymnasium 4 600 Euro, und die gute, alte Hauptschule hat 6 600 Euro gekostet. Da war es ja nur wichtig und notwendig, dass wir uns dem angenommen haben und das System weiterentwickelt haben. Also vielen Dank, Herr Minister, dass Sie sich da wirklich so ins Zeug gelegt haben und dieses Pädagogikpaket auf den Weg gebracht haben!

Und wenn du auch sagst, im Gymnasium wolle man unter sich bleiben: Wie gesagt, ich war Elternvertreter an einer Schule, wo wir sehr viele Kinder mit Migrationshintergrund haben, und gerade diesen Kindern wurde auf vielfältige Weise – Schülerinnen helfen Schülern, Peer-Gruppen et cetera – die Möglichkeit gegeben, dass sie diese Standards dann auch erfüllen und mitkommen können. Ich habe sehr viele engagierte Leh­rerinnen und Lehrer erlebt, und jetzt haben wir ja auch die Deutschförderklassen eingeführt, die ein wichtiges Asset sind, damit diese Kinder nicht hinten bleiben (die Bundesrätinnen Grimling und Hahn: ... jetzt weniger Stunden als vorher!) und damit sie dann, wenn sie es fachlich schaffen, in der AHS auch mitgenommen werden. Ich sehe da diese Problematik nicht.

Ich komme zum Schluss: Herr Bundesminister, ich gratuliere Ihnen zu diesem Pädago­gik­paket. (Bundesrat Weber: Bussi hin, Bussi her!) Sie haben viele der Expertinnen und Experten vor Ort, in den Schulen, auf diesem Weg mitgenommen. Es ist für uns ein richtiger, ein wichtiger Schritt. Wie gesagt, schon die Deutschförderklassen waren der Anfang – wir gehen konsequent diesen Weg weiter. Wir wollen, dass kein Kind in Österreich zurückbleibt, wir wollen Chancengleichheit, wir wollen Kinder fördern, wir wollen den Bildungsstandard erhöhen. Wir brauchen gut ausgebildete junge Men­schen, damit wir Österreich weiterentwickeln. – Danke. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

15.59


Vizepräsident Ewald Lindinger: Ich unterbreche nunmehr die Verhandlungen zur Tagesordnung.

16.00.07Dringliche Anfrage

der BundesrätInnen Martin Weber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­minister für Inneres betreffend „unverhältnismäßiger Einsatz beim Wiener Derby“ (3605/J-BR/2018)



BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 129

Vizepräsident Ewald Lindinger: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über die Dringliche Anfrage der Bundesräte Martin Weber, Kolleginnen und Kollegen an den Herrn Bundesminister für Inneres.

Da die Dringliche Anfrage inzwischen allen Mitgliedern des Bundesrates zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch die Schriftführung.

Ich erteile Herrn Bundesrat Todt als Anfragesteller zur Begründung der Anfrage das Wort.


16.00.37

Bundesrat Reinhard Todt (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kolle­gen! Ich glaube, es gibt wenige Dinge, über die sich die Öffentlichkeit in Bezug auf die Ereignisse beim Wiener Derby am vergangenen Sonntag einig ist, aber zu diesen wenigen Dingen gehört wohl, dass es sich um eine überaus ungewöhnliche Situation handelte.

Lassen Sie mich eines voranstellen: Ich bin kein besonders leidenschaftlicher Fuß­ballfan – und wenn, dann bin ich eher in Simmering verortet; ich bin weder bei der Austria noch bei Rapid ein Fan. Gewalt – und ich glaube, das ist eines der wenigen anderen Dinge, über die wir uns einigen können – hat bei einem Fußballspiel nichts verloren. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller.)

Es geht bei dieser Dringlichen Anfrage nicht darum, das Werfen von Gegenständen auf eine Autobahn zu rechtfertigen. Es geht auch nicht darum, den Polizistinnen und Polizisten vor Ort etwas vorzuwerfen. (Rufe bei der FPÖ: Was dann? Was dann?) Auch sie waren schließlich in dieser Situation. Vielmehr geht es darum, die Frage zu stellen, wie es zu einer solchen Situation kommen konnte, in der knapp 1 400 Men­schen auf einem viel zu schmalen Pfad direkt neben der Autobahn und direkt neben einer Mauer auf der anderen Seite über mehrere Stunden hinweg bei Minusgraden festgehalten wurden.

Das Geländer, hinter dem es mehrere Meter in die Tiefe geht, ist nur einen Meter hoch. Wäre etwas passiert, wäre ein Druck darauf entstanden, wie ihn diese Menge an Menschen ausüben kann – Experten zweifeln daran, ob das Geländer gehalten hätte.

Eine solche Situation ist mehr als nur geeignet, Panik hervorzurufen, die in so einer Umgebung viele Menschen ihr Leben kosten kann. Eine solche Situation muss von den Entscheidungsträgern und Entscheidungsträgerinnen im Innenministerium um jeden Preis verhindert werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! In Wahrheit muss man sich die Frage stellen, was alles noch hätte passieren können. Was hätte passieren können, wenn angesichts der Enge, Kälte, mangels der Möglichkeiten, grundlegende menschliche Bedürfnisse zu befriedigen, auch nur eine einzige Person in Panik geraten wäre? – Nirgends hätte sie hinlaufen können zwischen der Autobahn und der Wand.

Soweit wir wissen, befanden sich diese 1 400 Menschen auf einer polizeilich geneh­migten Route. Soweit wir wissen, kam es nur zu einer Festnahme und einer Anzeige. Die Darstellung über die Ereignisse des vergangenen Sonntags sind bruchstückhaft und widersprüchlich.

Es ist der Innenminister, der in letzter Konsequenz die politische Verantwortung für diese Situation trägt. Hiermit wollen wir, Herr Innenminister, Ihnen die Möglichkeit geben, vor dem parlamentarischen Gremium des Bundesrates vollinhaltlich Rede und Antwort zu stehen. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der FPÖ: Das ist ja lächerlich!)

16.04



BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 130

Vizepräsident Ewald Lindinger: Zur Beantwortung ist Herr Bundesminister für Inne­res Herbert Kickl zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm dieses.


16.05.01

Bundesminister für Inneres Herbert Kickl: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Mitglieder des Bundesrates! Danke für die Einladung hierher und danke für die Gele­genheit, diese vorweihnachtliche Phase auch nutzen zu können, um, wie man so schön sagt, Licht ins Dunkel zu bringen – das passt ja ganz gut in die Jahreszeit – angesichts der Ereignisse, die sich aus polizeilicher Sicht eigentlich vollkommen klar darstellen, über die aber offensichtlich in den Reihen der SPÖ einiges an Verwirrung herrscht. (Bundesrätin Mühlwerth: Nicht zum ersten Mal!)

Ich bedanke mich vor allem auch deshalb, weil mir der heutige Auftritt hier die Gele­genheit gibt, vor dem Bundesrat und natürlich auch vor den Augen und Ohren der interessierten Öffentlichkeit meinen ganz besonderen Dank an alle Kräfte der Polizei zum Ausdruck zu bringen, an alle Kräfte der Polizei, die bei diesem Wiener Derby am 16.12. im Einsatz gewesen sind.

Mein Dank gilt diesen Einsatzkräften für einen professionellen, für einen umsichtigen und selbstverständlich auch für einen ausgewogenen Einsatz, den sie dort durch­geführt haben (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der ÖVP), und zwar nicht deshalb, weil das vielleicht so lustig ist, wie manche behauptet haben, oder weil Polizisten das irgendwie gerne tun oder weil irgendein Verschwörungspolitiker, der zuge­gebenermaßen dem Nationalrat angehört, namens Pilz vielleicht glaubt, dass da irgendetwas geübt wird.

Nein, nein, nein, das sind alles nicht die Gründe, warum das so stattgefunden hat, wie es stattgefunden hat – mit Sicherheit nicht, meine sehr geehrten Damen und Herren –, sondern der Einsatz ist so durchgeführt worden, weil es zum Erhalt der öffentlichen Sicherheit und Ordnung notwendig gewesen ist, weil es notwendig gewesen ist, um gefährliche Angriffe auf Leib und Leben abzuwehren, und weil es notwendig gewesen ist, um zur Aufklärung von Straftaten beizutragen. Das sind die Gründe, warum es diesen Einsatz in genau dieser Form gegeben hat.

Und wenn ich mich vorher bei den Einsatzkräften bedankt habe, dann meine ich alle Ebenen dieses Einsatzes, das heißt die Beamtinnen und Beamten vor Ort, aber auch diejenigen, die in den Führungsstäben gearbeitet haben, den Einsatzkommandanten, den Polizeikommandanten bis hinauf zum Polizeipräsidenten, der in dieser Sache, wie ich meine, notwendige und klare Worte gefunden hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist mir jetzt ein wichtiger Punkt, denn es ist eine Tatsache, dass es immer wieder die gleiche Gruppe von – nennen wir es einmal vorsichtig – einigermaßen verhaltensauffälligen sogenannten Fußballanhängern ist: Es ist immer die gleiche Gruppe dieser Ultras, die den Begriff des Fans in Wahrheit dazu missbraucht, um unter diesem Deckmantel Randaliererei und Chaotentum zu betreiben – das ist doch die Wahrheit! –, und die waren auch diesmal wieder der Auslöser des Polizeieinsatzes. Und jetzt stellt man sich als Opfer und als arme Hascherl hin. Ehrlich gesagt, das ist aus meiner Sicht ein wenig schäbig, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Ich sage Ihnen klipp und klar: Das hat mit Anhängertum nichts zu tun. Das hat mit Liebe zum Fußball nichts zu tun. Im Gegenteil, ich halte solche Entwicklungen für eine gefährliche Bedrohung für diesen an und für sich wunderschönen Sport. In Wahrheit ist es eher ein Schandfleck, mit dem wir es da zu tun haben, mit einer Art Unkultur, die da eingerissen ist. Ich kann an dieser Stelle, das sage ich Ihnen auch, nur an die Zuständigen von Rapid appellieren, da die Verantwortung zu übernehmen, diesem


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Treiben auch vonseiten des Vereins jetzt endlich einmal einen Riegel vorzuschieben und durchzugreifen – und nicht herzugehen und gemeingefährliche Aktionen dann einfach hinzunehmen, in der Öffentlichkeit zu verharmlosen, zu rechtfertigen oder viel­leicht dann noch Leute dazu anzustiften, dass man am besten Klagen gegen die amtshandelnden Polizistinnen und Polizisten einbringen soll.

Das ist nicht Verantwortung, und ich sage den Herrschaften in der Führung von Rapid – wo ja auch viele sitzen, die Ihrer Weltanschauung angehören – klipp und klar, dass andere Vereine das schon zustande gebracht haben. Und wenn man das nicht zustande bringt, dann ist das eher ein Zeichen des Nichtwollens als des Nichtkönnens. (Beifall bei der FPÖ.)

Jetzt zum Polizeieinsatz: Wissen Sie, ich habe eine ganz andere Schilderung der Ereignisse für Sie mitgebracht, nämlich ein vollständiges Bild dieses gesamten Tages, und ich werde Ihnen das auch im Stakkato kurz erzählen. Das Ganze hat ja schon um circa 12.30 Uhr am Bahnhof Hütteldorf begonnen. Und womit hat das Ganze begon­nen? – Mit dem massiven Einsatz von verbotener Pyrotechnik, mit dem Abzünden von bengalischen Feuern, mit dem Einsatz von irgendwelchen Rauchtöpfen. Man fragt sich dann schon, wie man denn als Bürger und als Passant eigentlich dazu kommt, sich diesen Gefahren und diesem Chaotentum ausgesetzt zu sehen. Ich halte es ehrlich gesagt auch nicht für einen besonderen Ausdruck der Fankultur, wenn man die Gehsteige rund um den Bahnhof mit den dort vorhandenen Toilettenanlagen verwechselt – denn auch das ist etwas, was dort zuhauf passiert ist.

Dann geht die Sache weiter. Der nächste Punkt in diesem Stakkato ist die U-Bahn-Station Karlsplatz. Glauben Sie, dass eine U-Bahn-Station der richtige Ort dafür ist, um Knallkörper und Pyrotechnik abzuzünden? Was kann denn das alles auslösen? Es wird aber gemacht.

Dann geht es am Reumannplatz weiter, und zwar nicht mit einzelnen kleinen Feuer­werken. Schauen Sie sich die Videos an (Zwischenruf bei der SPÖ), da ist der gesamte Platz in Rauchschwaden gehüllt! Wie kommen die Leute – die Passanten und die Anrainer – dazu, das alles hinzunehmen?

Ich frage Sie und ich frage die Verantwortlichen von Rapid: Was bitte schön hat das alles mit dem Fußballsport zu tun? Was hat das alles mit dem Fußballsport zu tun? (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Dann geht es weiter auf der Laaer-Berg-Straße. Die Ereignisse nehmen an Fahrt auf, es wird immer intensiver. Man beginnt nun, mit den Dingen herumzuwerfen. Beworfen werden Häuser, beworfen werden Fenster, beworfen werden Geschäftslokale, und beworfen werden unbeteiligte Personen, Passanten und Anrainer. (Zwischenruf bei der SPÖ.) – Die Antworten werden Sie bekommen, wenn ich mit meiner Einleitung fertig bin. Wann das so weit ist, bestimme ich und nicht Sie. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der ÖVP. – Ruf bei der FPÖ: Bravo! – Zwischenruf der Bundesrätin Grimling.)

Es werden die Leute beworfen. Ich sage nur der Vollständigkeit halber – ich erwähne das nur nebenbei –, dass auch die Polizisten, die sich in all diesen Phasen de­eska­lierend benommen haben, Gegenstand und Ziel dieser Bewerfungen geworden sind – von hinten mit Knallkörpern und Schneebällen, was besonders fair ist. Ich sage das deshalb nur nebenher, weil das ohnehin schon eine traurige Gewohnheit geworden ist und weil ich weiß, dass unsere Polizistinnen und Polizisten so professionell sind, dass sie sich von diesen Dingen nicht provozieren lassen. Anständig ist es aber trotzdem nicht. Ich frage Sie noch einmal: Was hat das alles mit dem Fußballsport zu tun?


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Da passt es nur in das Bild – zur Einkesselung komme ich noch –, dass man dann nach dem Spiel in einem Wirtshaus noch entsprechend Zechprellerei betreibt, weil man fluchtartig das Gelände verlassen muss und dann auch noch alles mitgehen lässt, was dort nicht niet- und nagelfest ist. Da sind wir dann schon fast bei etwas, was man als Plündern bezeichnen könnte.

Ich komme nun zu dieser Anhaltung, zu dieser Einkesselung, die Sie problematisiert haben. Sie wissen ganz genau, dass es durch sogenannte Fans einen Beschuss der Fahrbahn der Südosttangente gegeben hat, und zwar nicht nur mit Schneebällen, meine sehr geehrten Damen und Herren; das aber wäre auch schon schlimm genug, denn wenn Sie auf der Tangente mit 80 km/h unterwegs sind und Sie unerwartet – Sie rechnen ja nicht damit – einen Schneeball auf die Windschutzscheibe geknallt bekom­men, dann wäre es nur eine natürliche Reaktion, wenn Sie das Steuer verreißen. Ich möchte nicht daran denken, was passiert, wenn Sie dort mit Ihrer Familie unterwegs sind – auf einer der meistbefahrenen Straßen zu einer Stoßzeit –, Sie verreißen das Steuer: Was kann da für Sie, für Ihre Familie oder für andere unbeteiligte Verkehrs­teilnehmer herauskommen?

Es waren nicht nur Schneebälle, sondern es waren natürlich auch Feuerwerkskörper und Getränkedosen, hauptsächlich von Bier und Cola-Whiskey, was, wie man es nennen kann, ein Kultgetränk der Ultras ist. Ich gehe nicht davon aus, dass es Schwangere gewesen sind, die diese Getränke konsumiert haben. Auf jeden Fall sind diese Gegenstände auf die Fahrbahn geworfen worden. Das alles ist von der Tatort­gruppe sichergestellt worden und wird gerade entsprechend untersucht.

Wissen Sie, was das ist? – Das ist eine vorsätzliche Gemeingefährdung. Das ist eine schwere Straftat, mit der wir es da zu tun haben. Wenn Sie dafür verantwortlich gemacht werden, drohen Ihnen bis zu zehn Jahre Freiheitsentzug – aus meiner Sicht zu Recht.

Das ist auch der Grund, warum es dann dort diese Anhaltung und diese Kesselung gegeben hat – nämlich um festzustellen, wer diese Leute gewesen sind, die das Leben Unbeteiligter leichtfertig aufs Spiel gesetzt haben, indem sie diese Dinge auf die Fahrbahn geworfen haben; um deren Identität festzustellen. (Zwischenrufe der Bun­desrätin Hahn.) – Nein, Moment einmal: Derzeit werden die Videos ausgewertet, und da wird dann schon noch einiges nachkommen – machen Sie sich keine Sorgen! (Zwischenruf des Bundesrates Weber.)

So, und das sind Leute, die schon die ganze Zeit in diesem Zug gewesen sind. Das sind keine Leute, die zufällig in diese Gruppe hineingeraten sind. Die sind fixer Bestandteil dieses sogenannten Fanzugs, der sich dort in Bewegung gesetzt hat.

Es war zugegebenermaßen nicht allzu viel Platz. Die Leute waren aber dort nicht hineingepfercht, so wie das immer wieder dargestellt wird. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Weber.) Sie konnten sich dort drinnen frei bewegen. Ich rechne es Ihnen gerne aus: zwei Personen auf den Quadratmeter; auf dem Fußballplatz sind es viereinhalb pro Quadratmeter, und in ihren Fansektoren halten es diese Leute sehr, sehr gut aus. (Bundesrat Weber: Aber nicht 7 Stunden!)

Es war dort sozusagen nicht die große Freiheit vorhanden, aber man konnte sich ungehindert durch diese Masse bewegen. Die Leute waren zu jedem Zeitpunkt durch die Polizei informiert, warum etwas gemacht wird, was getan wird, was die Gründe sind und wie es weitergeht. Das alles sind Komponenten, die ganz wesentlich sind, um eine Panik auszuschalten.

Warum hat das Ganze dann so lange gedauert? – Dafür gibt es eine ganz, ganz einfache Erklärung. Es gibt nur eine Ursache, und das ist die totale Verweigerungs-


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haltung der meisten Leute dort drinnen, und zwar über Stunden hinweg, an einer ganz einfachen Identitätsfeststellung mitzuwirken. Sie wollten es einfach nicht, haben sich dagegen gewehrt und waren über Stunden hinweg keine Sekunde lang kooperativ. Das ist aber auch kein Wunder, denn wenn Sie sich die zwölf Gebote der Ultras durch­lesen, werden Sie darunter finden: keine Kooperation mit der Polizei. (Zwischenruf der Bundesrätin Grimling.)

Die Polizei hat über Lautsprecherwägen durchgesagt: Lasst die Identität feststellen, dann seid ihr in ein paar Minuten draußen. – Das geht nämlich ruck, zuck. Die Gegen­propaganda ist von drinnen gekommen – mit Megafonen und in Sprechchören ‑, gegen die Polizei und mit Druck gegen die Leute, die dort drinnen vielleicht überlegt haben, mitzuwirken, dahin gehend, sie sollen sozusagen keinen Beitrag zur Identitätsfest­stel­lung leisten.

Deshalb hat das so lange gedauert. Es hätte jeder dort herauskönnen, wenn er nur seinen Ausweis vorgezeigt hätte. Das ist eine Angelegenheit von nicht einmal zwei Minuten, um das abzuklären. Das haben auch einige getan, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Die Polizei hat auch durchgesagt, dass Frauen, Kinder und gebrechliche Personen vortreten sollen, damit es mit der Amtshandlung, die eben notwendig gewesen ist, rasch geht. (Zwischenruf der Bundesrätin Hahn.) Die Reaktion war immer das gleiche negative Geschrei. Die Reaktion war immer die Aufforderung dieser Hardcorefanatiker namens Fans, die Aufstachelung der Menschen, nicht an dieser Identitätsfeststellung teilzunehmen. – Das ist der Punkt.

Im Übrigen hätte jeder, wenn er auf die Toilette gehen müssen hätte, seine Identität feststellen lassen können, dann hätte er in ganz Wien jede öffentliche Toilette benutzen können. Es ist eine ganz, ganz einfache Übung. Er muss nur seine Identität feststellen lassen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Dann herzugehen und zu sagen, man ist gefoltert worden, man musste so lange in der Kälte stehen, ist ja wirklich eine Verhöhnung, eine Verdrehung der Tatsachen. Ich möchte fast sagen, das ist eine Perversion. Das ist eine bewusste Agitation gegen die Polizei, die von sogenannten Verantwortlichen und Rechtsberatern in die Welt gesetzt wird.

Es hat dort Identitätsstraßen gegeben. Da stellt man sich an, und dann funktioniert das mit der Feststellung relativ schnell. Zuerst gab es drei und in der Endphase elf. Eine solche Identitätsstraße schafft es, 100 und, wenn es schnell geht, sogar 200 Personen in einer Stunde durchzuchecken. Das ist überhaupt kein Problem. Nur: Wenn niemand mitmacht, dann dauert das alles seine Zeit. Das ist der Grund, warum die Dinge so gelaufen sind, wie sie gelaufen sind. Wenn es jemandem zu kalt gewesen wäre, hätte er nur seinen Ausweis herzeigen müssen und der unfreiwillige Aufenthalt an der frischen Luft wäre in Windeseile beendet gewesen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dass diese Identitätsfeststellungen nötig waren, das habe ich Ihnen gesagt, das waren sie nämlich aufgrund der Vorfälle den Beschuss der Fahrbahn betreffend. Die Ausbeute war ja auch eine relativ reichliche. Es wurden haufenweise pyrotechnische Gegenstände sichergestellt, auch eine Rauch­granate aus polnischen Militärbeständen. Ich kann Ihnen sagen, wenn diese Rauch­granate im Stadion zur Zündung gekommen wäre, dann hätten wir wahrscheinlich eine Panik erlebt, weil die in Windeseile eine Nebelwolke entfaltet – das Ganze ist, neben­her, noch giftig. Sie wissen nicht, wie Menschen reagieren, wenn Sie diesen Dingen ausgesetzt sind.


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Sichergestellt wurden haufenweise verbotene Pyrotechnik, die man gemeinhin als Sprengmittel bezeichnet, und haufenweise Knallkörper. Dazu fand man, als alle das Feld geräumt hatten, noch die entsprechenden Sturmhauben und etliche solcher Dinger, die man beim Boxen braucht, wenn man seine Zähne vor Verletzungen schüt­zen will.

Ich frage mich, was das alles mit Fußball zu tun hat, meine sehr geehrten Damen und Herren! Aus meiner Sicht hat das überhaupt nichts mit Fußball zu tun. Das alles ist gefunden worden. Es gab haufenweise Knallkörper, trotz der Tatsache, dass man schon vorher über Stunden hinweg in der gesamten Stadt ein Feuerwerk der beson­ders miesen Art veranstaltet hat. Man hatte also noch Restbestände, wohl mit der Absicht, diese Dinge im Stadion zur Zündung zu bringen und dort den nächsten Wirbel zu verursachen.

Da sind wir schon nahe bei der Panik, ganz abgesehen von den Dingen, die man damit verursachen kann. Ich weiß nicht, vielleicht ist das nicht so klar, aber das kann massivste Verletzungen herbeiführen, das kann Gehörschäden bis hin zur Taubheit verursachen, Augenverletzungen bis hin zur Blindheit oder den Verlust von Glied­maßen. Von den giftigen Dämpfen und Gasen, die dieses Zeug absondert, spreche ich gar nicht.

Ich denke, meine sehr geehrten Damen und Herren, das alles hat überhaupt nichts mit Fußballkultur zu tun, sondern ist das Gegenteil davon. Deswegen bin ich überzeugt davon, dass der Einsatz der Polizei nicht nur notwendig gewesen ist, sondern auch professionell, umsichtig und verhältnismäßig abgelaufen ist.

Deswegen bedanke ich mich, bevor ich Ihre Fragen beantworte, nochmals bei der Polizei. Sie können mir glauben, dass den Polizistinnen und Polizisten nichts lieber wäre, als wenn sie diese Dinge nicht tun müssten. Allerdings gibt es, glaube ich, auch eine klare Erwartungshaltung der Bevölkerung, dass dann eingegriffen wird, wenn es um den Schutz von Leib und Leben und um die Aufrechterhaltung der körperlichen Unversehrtheit geht. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Damit zu Ihren Fragen:

Zu den Fragen 1 und 1a):

Es waren 637 Exekutivbedienstete der Landespolizeidirektion Wien im Einsatz.

Zu den Fragen 2 und 2a):

Die Einsatzdauer der eingesetzten Exekutivbediensteten betrug durchschnittlich 10 Stun­den, bei Teilkontingenten bis zu 14 Stunden. Eine Aufschlüsselung in die angefragten 8-, 10- und 12-stündigen Dienstzeiten ist mit den vorliegenden Aufzeich­nungen nicht möglich beziehungsweise verursacht einen derart hohen Verwaltungs­aufwand, dass er eine Beantwortung im Zuge einer Dringlichen Anfrage nicht zulässt.

Zur Frage 3:

Im Stadion waren acht Exekutivbedienstete im Sektor Nord, zehn Exekutivbedienstete im Sektor Ost, neun Exekutivbedienstete im Sektor Süd und zehn Exekutivbedienstete im Sektor West. Die anderen Kräfte wurden alternierend zur Unterstützung der Inspektionskräfte je nach Einsatzverlauf eingesetzt. Aufgrund der Zeitvorgabe für die Beantwortung ist eine genaue Aufschlüsselung nicht möglich.

Zur Frage 4:

Ja.


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Zu den Fragen 4a) bis 4c):

Die entsprechende Verordnung wurde am 13.12.2018 erlassen. Die Verordnung wurde auf der Homepage der Landespolizeidirektion Wien, auf der Homepage von FK Austria Wien und auf Twitter – Landespolizeidirektion Wien – veröffentlicht sowie an 34 Stellen des Sicherheitsbereichs ausgehängt. Die Verlautbarungen erfolgten am 14.12.2018, wobei der Aushang vor Ort zwischen 10 und 12 Uhr vollzogen war.

Zu den Fragen 5 und 5a) bis 5f):

Der Fanmarsch war nicht angemeldet und führte durch den Sicherheitsbereich. Die Beantwortung der Fragen 5a) bis 5c) und 5e) bis 5f) entfällt daher.

Zur Frage 6:

Die Südosttangente wurde um 15.05 Uhr in beide Fahrtrichtungen gesperrt. Um 15.10 Uhr wurden sämtliche Fahrstreifen in Richtung Süden und der äußerste linke Fahrstreifen in Richtung Norden wieder für den Verkehr freigegeben.

Zur Frage 7:

Um 15.03 Uhr.

Zur Frage 7a):

Es handelte sich um Schneebälle, Getränkedosen und pyrotechnische Gegenstände.

Zur Frage 7b):

Eine exakte Beantwortung ist erst nach Auswertung des Videomaterials möglich. Es waren jedenfalls deutlich mehr als zehn Gegenstände.

Zur Frage 8:

Befehl an den Abschnittskommandanten zur Anhaltung, Identitätsfeststellung und Durch­führung von Sicherstellungen, Beweissicherung und Information der Angehalten­en über die Maßnahmen.

Zur Frage 9:

Bis jetzt konnten keine namentlich bekannten Personen ausgeforscht werden. Die Ermittlungen, insbesondere die Auswertungen der Videoaufzeichnungen, sind noch im Gange.

Zur Frage 10:

Am 16.12.2018 um 11 Uhr fand die Sicherheitsbesprechung unter Teilnahme der Wiener Linien statt. Die Wiener Linien haben beschlossen, einen eigenen Sonderzug einzusetzen, der direkt zum Stadion fährt. Der Eindruck, dass Stationen gesperrt waren, ist nicht richtig.

Zur Frage 10a):

Nein.

Zur Frage 11:

Jene Personen, die sich auf der Brücke befanden, hielten von sich aus an und verharrten dort. Aus der Personengruppe wurden von dort aus Gegenstände auf die Südosttangente geworfen. Der Befehl zur Anhaltung des weiter zuströmenden Fanmarsches erfolgte um 15.06 Uhr. Der Befehl erging vom behördlichen Einsatzleiter an den Einsatzkommandanten.


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Zur Frage 12:

Ausgangslage war: 500 bis 800 Personen, die sich von Hütteldorf aus in Bewegung gesetzt hatten. Tatsächlich waren es dann mehr, da es auch am Reumannplatz zu einem Zustrom kam.

Zur Frage 13:

Aus polizeitaktischen Gründen war es an dieser Örtlichkeit möglich, die gesetzlich vorgesehene Befugnis der Identitätsfeststellung gegenüber allen Betroffenen in ver­hältnismäßiger Weise und ohne Anwendung von körperlichem Zwang oder Einsatz von Waffengewalt durchzusetzen.

Zur Frage 14:

Es wurde überlegt, Frauen und Kinder rasch aus diesem Bereich abziehen zu lassen.

Zur Frage 14a):

Um 15.19 Uhr konnte eine Familie – Vater, Mutter und Kind – wahrgenommen werden. Diese konnte nach der Identitätsfeststellung den Bereich sofort verlassen.

Zur Frage 14b):

Mittels Lautsprecherdurchsagen wurde informiert, dass Gebrechliche, Frauen und Kinder nach vorne kommen sollen, damit sie zuerst beamtshandelt werden. Diese Durchsagen wurden wiederholt durchgeführt, damit sichergestellt war, dass die Information für die Zielgruppe vorhanden war.

Zur Frage 14c):

Ja.

Zur Frage 15:

Die Anhaltung begann um 15.09 Uhr. Die letzte Identitätsfeststellung erfolgte um 21.55 Uhr.

Zur Frage 16:

Die Exekutivbediensteten hatten die Möglichkeit, die Polizeiinspektion im Stadion aufzusuchen, darüber hinaus gab es keine sanitären Einrichtungen.

Zur Frage 16a):

Durch Versorgungswagen wurden Tee und Lunchpakete gebracht.

Zur Frage 16b):

Es wurde Wasser und Tee angeboten.

Zu den Fragen 17, 17a) und 17b):

1 375 von 15.09 Uhr bis 21.55 Uhr. Es wurden Kontrollstraßen eingerichtet, am Ende waren es elf solcher Straßen.

Zur Frage 18:

Die Anzahl der Anzeigen kann erst nach der Auswertung des vorhandenen Beweis­materials bekannt gegeben werden. Fest steht, dass es jedenfalls zu Hunderten Über­tretungen nach dem Pyrotechnikgesetz gekommen ist. Es kam auch zu gerichtlich strafbaren Handlungen, etwa zu vorsätzlicher Gemeingefährdung und zu tätlichen Angriffen auf Beamte sowie zu Übertretungen des Sicherheitspolizeigesetzes. Es kam in diesem Bereich zu keinen Festnahmen.


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Zur Frage 19:

Es wurde informiert, dass strafbare Handlungen begangen wurden und somit die Identität der Personen festgestellt werden wird. Diese Information erfolgte über Lautsprecherdurchsagen, teilweise persönlich durch die szenekundigen Beamten und durch Verteilung von Infoblättern im Zuge der Identitätsfeststellung.

Zur Frage 20:

Informationen über den gemäß § 49a Sicherheitspolizeigesetz eingerichteten Sicher­heitsbereich wurden von den Beamten mitgeführt und aufgrund des hohen Bedarfs ab 15.40 Uhr vor Ort nachgedruckt.

Zur Frage 21:

22, davon drei Abtransporte von Personen.

Zur Frage 22:

Wiener Rettungsdienst und Ersthelfer der Polizei.

Zur Frage 23:

Nein.

Zur Frage 24:

Insgesamt waren fünf Sanitäter am Einsatzort.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend die Gelegen­heit des heutigen Auftritts hier noch nutzen, allen Polizistinnen und Polizisten ein frohes Weihnachtsfest zu wünschen, mich für ihren Einsatz in diesem Jahr 2018 ganz herzlich zu bedanken und ihnen alles, alles Gute für das Jahr 2019 zu wünschen, vor allem, dass sie jedes Mal unverletzt und gesund wieder aus ihrem Dienst nach Hause kommen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

16.27


Vizepräsident Ewald Lindinger: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 61 Abs. 7 der Geschäftsordnung die Redezeit eines jeden Bundesrates mit insgesamt 20 Minuten begrenzt ist.

Als Erster ist Herr Bundesrat Martin Weber zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm dieses.


16.27.41

Bundesrat Martin Weber (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Herren Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! (Der Redner stellt eine Tafel, auf der ein Bild des Polizeieinsatzes zu sehen ist, auf das Rednerpult.) Wir haben gerade einen Innenminister erlebt, so wie wir ihn ja schon mehrmals hier in diesem Haus erleben durften (Zwischenruf des Bundesrates Stögmüller): aggressiv im Stil und in der Art gespielt das Unschuldskind vom Lande – schuld sind immer die anderen, bei mir sucht keine Schuld! (Zwischenruf bei der FPÖ.)

Wenn ich eines mit unserem Fraktionsvorsitzenden gemein habe, dann dass ich selber nicht sportinteressiert bin, außer dass ich selbst ein bissl Sport mache. (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.) Ich schaue aber keinen Sport im Fernsehen, auch nicht live, und bin demnach weder ein Rapidler noch ein Austria-Anhänger – das ist mir vollkommen egal.

Am 16. Dezember 2018 hat es beim 328. Wiener Derby laut der Meinung der Fuß­ballinteressierten ein fußballerisches Debakel, nämlich für Rapid, gegeben. Ich meine, es hat ein rechtsstaatliches Debakel für unsere Demokratie gegeben. (Beifall bei der


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SPÖ. – Zwischenrufe bei der FPÖ.) Verantwortlich dafür ist die oberste Führungs­ebene, angefangen beim Herrn Bundesminister. Verstecken Sie sich bitte nicht wieder wie beim BVT-Skandal hinter Ihren Beamten! (Bundesrat Spanring: Kollege Schabhüttl, stehst du hinter solchen Aussagen?)

Ob es Schneebälle, Pyrotechnik oder Getränkedosen gegeben hat, die geworfen wurden: Jeder Einzelne soll dafür bestraft werden. – In einem Video, das die Polizei am Montagabend veröffentlich hat, sind tatsächlich Gegenstände zu sehen gewesen, die auf die Fahrbahn geworfen wurden, mutmaßlich vor allem Schneebälle – sieben Stück in den 34 Minuten dieses Videos. (Zwischenruf bei der FPÖ.) Natürlich ist das dumm, Schnee auf eine stark befahrene Autobahn zu werfen, aber war dagegen der Einsatzbefehl nicht unverhältnismäßig und ausufernd? (Neuerlicher Zwischenruf bei der FPÖ.) Wurde vielleicht gar bewusst und von langer Hand geplant Öl ins Feuer gegossen?

Ich bin auch für Recht und Ordnung. (Bundesrätin Mühlwerth: Unfassbar! – Ruf bei der FPÖ: Was ist denn das für einer ...!) Ich bin dafür, dass jeder Polizeimitarbeiter und jede Polizeimitarbeiterin jede Ausstattung und die gesetzlichen Möglichkeiten bekommt und besitzt, um Ruhe und Ordnung aufrechtzuerhalten und wiederherzustellen; aber an diesem 16. Dezember 2018 beim Wiener Derby wurden die Polizeikräfte durch Ihre Befehle missbraucht und unverhältnismäßig eingesetzt. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Sie selber sagten, es waren einige wenige – einige wenige, haben Sie selber vorhin geschildert –, die zur Unruhe beigetragen haben – und dafür nehmen Sie 1 400 Men­schen in Geiselhaft (Widerspruch bei der FPÖ); da sind Männer dabei, da sind Kinder dabei, da sind schwangere Frauen dabei. Auf einem schlammigen, abschüssigen und rutschigen Trampelpfad haben Sie 1 400 Menschen in Geiselhaft genommen. (Neuer­liche Zwischenrufe bei der FPÖ.) Schämen Sie sich, Herr Minister, schämen Sie sich! (Beifall bei der SPÖ.)

Die polizeilichen Anweisungen sind von der anderen Straßenseite über Lautsprecher gekommen – von der anderen Straßenseite sind polizeiliche Anweisungen gekommen! (Bundesrat Schuster: Wahrscheinlich hat es ein paar SPÖler dabei gegeben!) Es dauerte 7 Stunden lang bei Minusgraden in eisiger Kälte, wir hörten es schon, Leute sind im Schlamm gekniet, weil sie nicht mehr stehen konnten – und dann sprechen Sie von einem professionellen und umsichtigen Vorgehen! Haben Sie noch ein Gewissen, Herr Minister?  Das muss ich Sie fragen.

Bilanz dieser stundenlangen Massenanhaltung: eine einzige Anzeige – eine einzige Anzeige! – wegen Gemeingefährdung und eine einzige verwaltungsrechtliche Fest­nahme.

Nochmals: Der Bewurf der Fahrbahn ist durch nichts zu entschuldigen. Wenn jedoch das Resultat eines Einsatzes gegenüber 1 400 Menschen eine Anzeige und eine Festnahme ist, dann muss ich die Frage stellen, ob die Verhältnismäßigkeit nicht bei Weitem überbordet wurde. Aus welchen Motiven auch immer Leute ihrer Freiheit beraubt wurden – und zwar stundenlang –, es ist in einer völlig unangemessenen und jegliche Verhältnismäßigkeit mit Füßen tretenden Art und Weise passiert, indem sie in einem Kessel festgehalten wurden. (Vizepräsident Brunner übernimmt den Vorsitz.)

Neben diesem Skandal (Bundesrat Steiner: Der Skandal seid ihr!) haben wir alle miteinander noch ein Riesenglück gehabt, dass dieser 16. Dezember 2018 in Wien nicht gleich wie der 24. Juli 2010 in Duisburg geendet hat. Ich erinnere an das tragische Unglück bei der Loveparade, als aufgrund einer Massenpanik 21 Menschen gestorben und 541 schwer verletzt worden sind. Am 16. Dezember standen wir knapp davor (Bundesrätin Mühlwerth: Ich mein, ich spinn!), verschuldet, angeordnet von der obersten Führungsebene des BMI. (Bundesrätin Mühlwerth: Du weißt ja überhaupt


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nicht, wovon du redest!) Die Menschen waren an der engsten Stelle, auf schlam­mi­gem, unbefestigtem Untergrund auf einer engen Fläche eingepfercht, direkt unter der Brücke. (Bundesrat Steiner: Da ist wohl Asphalt, oder?!) – Nein, da ist kein Asphalt, sondern auf der Fahrbahn, aber nicht dort, wo die 1 400 Menschen gestanden sind.

Direkt unter der Brücke verläuft die Wiener Südosttangente, die selbst am Sonntag stark befahrenen ist. (Bundesrat Rösch: Das sieht man eh!) Zur Erinnerung: Neben dem Metallgeländer geht es in etwa 10 Meter in die Tiefe. Das ist sicherheitstechnisch ein sehr problematischer Ort, um da für 7 Stunden 1 400 Menschen zusammen­zu­pferchen. Dieses Metallgeländer ist allerdings keinesfalls für größere Menschen­an­sammlungen in Extremsituationen gedacht, in denen die Gefahr von Panik und Ge­dränge besteht.

Den Durchmarsch, diesen Fanmarsch in diesem Bereich, der an der schmalsten Stelle nur 4,2 Meter breit ist, zu verzögern und die Fans letztlich sogar stundenlang im engsten Raum einzukesseln, ist ein wahrer Skandal.

Zum einen wurde die Katastrophe einer Massenpanik bewusst in Kauf genommen. Bei Panik und Tumulten hätte es Schwerverletzte oder gar Tote geben können. Seien wir alle miteinander froh, dass das nicht passiert ist! (Beifall bei der SPÖ sowie der BundesrätInnen Stögmüller und Dziedzic.)

Zum anderen wurden aber genau durch Ihre Anweisungen auch die Autofahrer einer großen Gefahr ausgesetzt, denn: Wenn die Gefahr bestand, dass Fans Gegenstände auf die Autobahn werfen, warum hat man dann diese Fans genau über dieser Auto­bahn eingekesselt? – Einerseits gibt es ein Gefahrenmoment, und zum anderen verlängert man die Dauer dieses Gefahrenmoments selbst über 7 Stunden und hält es somit aufrecht. Herr Minister, geht’s noch ganz? Geht’s noch ganz? (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Steiner: Was ist denn mit dir los?! – Bundesrat Schuster: Wer hat denn dir die Rede geschrieben?!) Erst meint man, dass die Autofahrer darunter gefährdet sind, und dann hält man genau darüber die Fans auf. Also wenn es weiterhin die Gefahr gab, von Wurfgegenständen getroffen zu werden, warum hat man den Einsatzbefehl gegeben, dass die 1 400 Fans genau darüber angehalten werden?

Es gibt auch Hinweise, dass dies eine gezielte Machtdemonstration war (Zwischenrufe bei der FPÖ), von langer Hand gut vorbereitet, vorsätzlich geplant. (Bundesrat Schuster: Dann leg das auf den Tisch!) All dem werden wir noch nachgehen müssen. (Bundesrat Steiner: Wo sind ... die Beweise für deine Behauptungen?!) Wenn, zugegeben, vielleicht ein paar Ultras mit einer dämlichen Zahlenkombination bewusst Polizeikräfte provozieren wollten, dann sollte der Staat gescheiter sein und sich nicht provozieren lassen. (Bundesrätin Mühlwerth: Das hat er auch nicht gemacht!)

Abschließend (Bundesrätin Mühlwerth: Na endlich!) möchte ich Teile von einem Brief vorlesen, der mir zugegangen ist. (Rufe bei der FPÖ: Wer war das wieder?! Von Rapid wahrscheinlich! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Darin heißt es: Sehr geehrter Bundesminister Kickl! Als empörter Familienvater kann ich es mir nicht verkneifen (Bundesrat Schuster: Das ist ein SPÖler!), Ihnen ab­schließend Folgendes vorzuschlagen (Bundesrat Steiner: Das ist ein Brief von einem Parteimitglied ...!): Die kommenden Feiertage bieten sich für einen ganz interessanten Versuch an. Verbringen Sie, Herr Bundesminister, als politischer Entscheidungsträger und Verantwortungsträger für diesen Vorfall bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt gemeinsam mit Ihrer Familie einen Nachmittag im Freien, tun Sie das für mindestens sechs Stunden (Ruf bei der FPÖ: Ein rechtschaffener Mensch muss das nicht machen!), verzichten Sie auf Lagerfeuerromantik, verzichten Sie auf Weihnachts­punsch, auf Maroni und dergleichen, benützen Sie auch keine Toiletten! (Ruf bei der FPÖ: ... Tiefpunkt der SPÖ!) Vielleicht empfinden Sie ein wenig Mitgefühl mit jenen


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1 400 Mitbürgern, die so den dritten Adventsonntag verbracht haben. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Und jetzt kommt’s! – In Erwartung Ihrer geschätzten Antwort, mit freund­lichen Grüßen: Horst Blümel, ÖVP-Vizebürgermeister der Gemeinde Leithaproders­dorf. – Zitatende.

Einen schönen Abend! (Beifall bei der SPÖ.)

16.39


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Armin Forstner. – Bitte. (Bundesrätin Mühlwerth übergibt Bundesrat Weber, der sich auf seinen Platz begibt, die Tafel, die er auf dem Rednerpult vergessen hat. – Bundesrat Weber: Danke, danke! – Bundesrätin Mühlwerth: Bitte, sehr gerne! – Ruf: ... Geschenk als Weihnachtsandenken! – Ruf: Hören Sie sofort damit auf! – Weitere Zwischenrufe bei SPÖ und FPÖ.)


16.39.17

Bundesrat Armin Forstner, MPA (ÖVP, Steiermark): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Fangen wir vielleicht einmal mit Rapid an, und um die Schauergeschichten unseres Kollegen Martin Weber werden wir uns später kümmern!

Der SK Rapid Wien ist nicht nur ein anerkannter Wiener Traditionsverein, sondern unbestritten nach wie vor einer der großen sportlichen Leitvereine Österreichs. Der Sport hat insbesondere für die Jugend eine besondere Vorbildfunktion. Wir müssen verhindern, dass einige wenige Gewaltbereite den Verein, der sich um den Fußball in Österreich so verdient gemacht hat, in ein schiefes Licht rücken. Was Gewalt im Sport betrifft, kann es keine Toleranz oder Entschuldigung geben. Diese Verantwortung trifft alle Vereine, auch Rapid. Das gesamte politische Ziel muss sein, Fußball auch in den Stadien zu einem sicheren und somit mit der Familie erlebbaren Ereignis zu machen.

Die Landespolizeidirektion Wien hat eine umfassende Evaluierung des Polizei­einsat­zes angekündigt. Diese Evaluierung ist einmal abzuwarten. Wie das in einem Rechts­staat üblich ist, werden die Vorwürfe geprüft und der Einsatz beurteilt. Es ist jetzt nicht die Zeit, auf Basis von Medienberichten Vorverurteilungen zu treffen und zu versuchen, dieses Thema zu nutzen, um politisches Kleingeld zu machen. Klar ist aus unserer Sicht aber auch, dass unsere Polizistinnen und Polizisten Schlimmeres verhindert haben. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Ihnen ist es zu verdanken, dass trotz massiven Einsatzes von Pyrotechnik und des Mitführens von Sprengmitteln keine Personen zu Schaden gekommen sind. Ihnen ist es zu verdanken, dass trotz des Werfens von Bierflaschen und Pyrotechnik kein Lenker auf der A 23 zu Schaden gekommen ist. Ihnen ist es weiters zu verdanken, dass auch die Verantwortlichen ausgeforscht werden konnten. Bei diesem Einsatz hat sich jedenfalls klar gezeigt, dass hinsichtlich der illegalen Verwendung von Pyrotechnik akuter Handlungsbedarf besteht. Der Anstieg um 93 Prozent bei der illegalen Verwendung von Pyrotechnik ist nur ein weiteres Indiz dafür.

Eine der wichtigen Aufgaben der Polizei ist die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit. Erschüttert bin ich über Interviews und Aussendungen von Funktionären des SK Rapid. Es gab Aussagen wie: Das war von der Polizei geplant; in einem Rechtsstaat nicht für möglich gehalten; nicht verhältnismäßig einge­schritten im Einsatz; polizeistaatliche Maßnahmen, und so weiter. Da müssten sich eher die Funktionäre bei der Polizei bedanken, dass Schlimmeres verhindert worden ist. Ich gehe aber davon aus, dass sich die Funktionäre bei den Polizistinnen und Polizisten und auch bei allen Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern entschuldigen,


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denn den Einsatz bezahlt ja wie immer der Steuerzahler und nicht Rapid, geschätzte Kolleginnen und Kollegen! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Die Polizistinnen und Polizisten kritisieren ja auch nicht die Einkaufspolitik des SK Rapid und seiner Funktionäre, denn da könnte man sich auch ein bisserl unter­halten, wie es in Zukunft ausschaut. Zwischen Eindruck und Realität muss man unterscheiden. Auch unsere Polizistinnen und Polizisten haben das Recht auf Ge­rechtigkeit, geschätzte Funktionäre des SK Rapid Wien!

Jetzt zu dir, Kollege Martin Weber: Du weißt, ich schätze dich und deine Kollegialität sehr. Ich weiß, du bist im Zivilberuf bei der Arbeiterkammer beschäftigt, du weißt aber auch, ich bin seit 27 Jahren bei der Polizei und danke euch auch – der Herr Minister hat es heute schon angesprochen – für das Auflegen eines Elfmeters – um im Jargon zu bleiben –; aber ohne Tormann, das möchte ich dazusagen.

Was ist der Zweck dieser Dringlichen Anfrage? – Macht die Polizei nichts, wird ge­schimpft. Macht sie etwas, und noch dazu im rechtlichen Rahmen – und, Herr Kollege, gell, im rechtlichen Rahmen! –, sagt man, das dürfen sie nicht. Also was jetzt? – Oder die Aussage: ein rechtliches Debakel, Geiselhaft – lieber Kollege Martin Weber, um dich zu zitieren –: Ja, geht es noch ganz? (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Bravorufe bei der FPÖ.)

Wenn man auf die Loveparade und etliche Jahre zurückschwenkt, schwenke auch ich kurz zurück: Mich würde interessieren, was die Bevölkerung seinerzeit in deiner Heimatregion, in der Südoststeiermark, gesagt hätte, als bei der Flüchtlingswelle 2015 die Polizei sehr rasch reagiert und agiert hat. Ich kann mich erinnern, du warst einer der Ersten, der unten gestanden ist und geschrien hat, wir bräuchten mehr Polizei. (Bundesrat Schennach: Ja, brauchen wir auch! – Zwischenrufe bei der SPÖ.) Heute stehen wir da, und die Polizei ist ganz böse! (Bundesrat Weber: Ich stehe ja auch zur Polizei! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Also, Martin Weber, wie gesagt, ich schätze dich sehr und ich schätze auch das Zusam­menarbeiten mit dir sehr, aber jetzt lassen wir die Kirche im Dorf und ver­wechseln nicht Äpfel mit Birnen! Was du gerade vor 10 Minuten von dir gegeben hast, ist eigentlich ein Affront gegenüber unseren Polizistinnen und Polizisten (Ruf bei der FPÖ: Ja!), und zwar ein ganz klarer! (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

In eigentlich jeder dieser 24 Fragen bis auf eine sucht man die Fehler bei der Polizei. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Die Frage 16 habe ich extra herausgepickt, um vorzulesen, was da eigentlich drinnen steht: „Welche sanitären Einrichtungen standen dabei einerseits den im Einsatz befindlichen Exekutivbediensteten, andererseits den Beamtshandelten zur Verfügung?“ – Martin, ich bitte euch: Warst du schon einmal bei einem solchen Einsatz dabei? Da musst du einmal Dienst machen, ich würde dich bitten! Ich habe vor 27 Jahren in Wien anfangen dürfen, ich war oft genug draußen in Hütteldorf. Du musst einmal mit den Leuten reden, die um das Stadion herum wohnen. Du musst einmal mit den Leuten reden! (Bundesrätin Grimling: Das war ja nicht Hütteldorf!) – Ich weiß, dass es nicht in Hütteldorf war, Elisabeth, das ist mir ganz klar, aber es ist ja nicht das erste Mal und es wird nicht das letzte Mal sein.

Zu diesen Fragen aber: Bitte, es ist ja zum Schämen mit euch, geschätzte Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ! Da ist die Frage: „Wie wurde die Versorgung der Exe­kutivbediensteten bei diesem Einsatz mit Flüssigkeit und Nahrung sichergestellt?“ – Das war nur eine Zwischendurchfrage, damit man nicht in 24 Fragen 23 Mal auf die Polizei draufhaut. (Bundesrat Weber: Ich schimpfe nicht auf die Polizei!) Also ich kann Ihnen sagen, das, was Sie machen, ist eine Verunglimpfung unserer Polizei; es ist zum


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Fremdschämen, wie es Herr Kollege Bernhard Rösch heute Vormittag schon einmal ausgedrückt hat. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Das, was Sie hier machen, geschätzte Kolleginnen und Kollegen der SPÖ, ist ein Schlag ins Gesicht unserer Polizistinnen und Polizisten, die sich täglich für unsere Sicherheit einsetzen, oft auch unter Einsatz ihres eigenen Lebens.

Ich danke allen Kolleginnen und Kollegen für die perfekte Arbeit. Ihnen, Herr Minister, gratuliere ich zu Ihrer perfekt aufgestellten LPD Wien, zu den Kolleginnen und Kol­legen – Sie haben es heute selber schon angesprochen –, man kann nur Danke sa­gen, es wurde Schlimmeres verhindert.

Ich halte es mit dem, was Kollege Gerd Krusche gestern gesagt hat: Seifenblasen halten länger als Ihre Anfrage, geschätzte Kolleginnen und Kollegen der SPÖ!

Zum Abschluss möchte ich Ihnen noch etwas zeigen (der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe, auf dem eine kleine Abbildung zu sehen ist), die Tweets Ihrer Kolleginnen und Kollegen beziehungsweise von deren Kindern. Max Wehsely, Sohn von Sonja Wehsely und Andreas Schieder, schreibt: „Am Wochenende hat die Polizei an ‚Rapid-Proleten‘ ausgetestet wie weit sie in Zukunft gehen kann. Bald wird es uns alle treffen.“ Darauf schreibt Josef Kalina – ich glaube, der war auch einmal bei der SPÖ, bin mir aber gar nicht mehr sicher, weil es so lange her ist –: „Sorry Max, aber das ist so ein haarsträubender Unsinn. Der Wiener Polizei, die stadtbekannte Rowdys im Zaum zu halten versucht, zu unterstellen, sie bereite sich auf die Ausschaltung der Demokratie vor, sowas geht einfach nicht. Auch nicht, wenn man jung und sehr engagiert ist“.

Ich glaube, mehr braucht man dazu nicht zu sagen, geschätzte KollegInnen! Da geht Parteitreue vor Kollegentreue. Ich danke euch noch einmal für das Auflegen des Elf­meters heute, sodass wir unserer Polizei dementsprechenden Respekt entgegen­brin­gen können. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

16.47


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Bundesrat Martin Weber zu Wort gemeldet. – Bitte.


16.47.49

Bundesrat Martin Weber (SPÖ, Steiermark): Ich habe mich zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet. Ich möchte das noch einmal klarstellen: Meine Rede habe ich mit den Worten begonnen: Ich stehe voll und ganz zu allen Polizeikräften. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Ich bin auch dafür, dass die Polizei jede Ausstattung, jede gesetzliche Möglichkeit bekommt und besitzt, um Ruhe und Ordnung aufrechtzu­erhal­ten oder diese wiederherzustellen.

Nur dass wir es klarstellen: Die Polizei macht die Arbeit, und auch du, Armin, in deiner Tätigkeit – nur am Chef hapert’s! (Beifall bei der SPÖ.)

16.48


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Monika Mühlwerth. – Bitte, Frau Bundesrätin.


16.48.34

Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Minister! Ich möchte einmal voranstellen, dass ich fordere, dass Herr Kollege Weber, der sich gerade vom Acker macht, einen Ordnungsruf für den Aus­druck „nehmen [...] in Geiselhaft“ bekommt. In Geiselhaft nehmen ist eine gerichtlich strafbare Handlung. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Zwischenrufe bei der FPÖ. – Bundesrat Stögmüller: Kannst du jetzt schon einen Ordnungsruf vergeben, oder


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wie ...?!  – Zwischenrufe der Bundesrätin Dziedzic und von BundesrätInnen der SPÖ.) Hier in diesem Hohen Haus sind schon wegen wesentlich geringerer Ausdrücke Ordnungsrufe erteilt worden. Da kann man nicht einfach so lässig drübergehen und sagen: Na ja, das hat er vielleicht nicht so gemeint!, oder: Das ist im politischen Zusammenhang zu sehen!

Zum Zweiten frage ich mich ja: Was macht eigentlich der Innenminister hier? Warum muss er hierherkommen? War er dort vor Ort? Hat er persönlich den Einsatzbefehl gegeben? Hat er sich vielleicht verkleidet und ist nicht erkannt worden? Oder liegt es vielleicht daran, dass der Innenminister ja Ihr Lieblingsminister ist? (Ruf bei der SPÖ: Wer soll denn sonst kommen?! Sag, bitte, wer soll kommen?!) Sie und der Innenminis­ter sind doch seit Langem ziemlich beste Freunde. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Tatsache ist, dass der Wiener Polizeichef zuständig ist, der das gemeinsam mit dem Polizeihauptmann von Favoriten gemacht hat; das sind die, die die Einsatzbefehle gegeben haben. Pürstl hat nicht beim Innenminister angerufen und gefragt: Darf ich das machen und kann dieser Einsatzbefehl erfolgen? (Bundesrat Weber: Trotzdem trägt der Innenminister die Gesamtverantwortung!)

Und jetzt zu dieser Geschichte mit den Fans: Das sind ja immer dieselben, die ja mittlerweile schon amtsbekannt sind. Man kennt sie ja, die machen das ja nicht zum ersten Mal. Der Marsch von Hütteldorf nach Favoriten war geplant, der war auch mittels eines Plakats angekündigt. (Die Rednerin hält eine Kopie in die Höhe, auf der unter anderem das genannte Plakat abgebildet ist.)

Dass die ohnedies amtsbekannt waren, hat man daran gemerkt, dass es natürlich eine Sicherheitsbesprechung gegeben hat. Sehr geehrte Damen und Herren von der SPÖ! Wenn es da nicht schon immer gewaltbereite Fans gäbe, gäbe es keine Sicherheits­besprechung. So hat es eine Sicherheitsbesprechung mit den Verantwortlichen von Rapid gegeben, in der die Marschroute festgesetzt worden ist. Der Verein bezie­hungsweise die Verantwortlichen des Vereins Rapid wurden gebeten, mäßigend auf die Fans einzuwirken. Rapid hat versprochen, es werden 30 Ordner vor Ort sein. Um 12.30 Uhr hat der Marsch begonnen. 4 Stunden lang war kein einziger Ordner von denen zu sehen und dann ein paar. (Bundesrätin Grimling: Wer sagt das?) – Das sagt der Einsatzbericht, das ist alles dokumentiert, wer das sagt. Nur weil ihr immer irgendetwas behauptet, braucht ihr das nicht jedem anderen auch zu unterstellen! Das ist dokumentiert, das ist minutiös dokumentiert, dass da eben keiner war.

Ihr Klubvorsitzender will sich offenbar jetzt in der letzten Sitzung noch ein Denkmal setzen und kommt mit so einer Anfrage daher. Die Tränen sind ja jetzt getrocknet, und die Taschentücher können Sie auch einstecken. Sie nehmen billigend in Kauf – es war ein Lippenbekenntnis, das da heute gekommen ist, von wegen: Gewalt hat im Fußball nichts verloren!; da waren es dann eh nur ein paar Schneebälle, vielleicht nur eine Getränkedose und ansonsten bengalische Feuer –, dass es auf der A 23 Unfälle mit Verletzten gegeben hätte, mit Schwerverletzten, im schlimmsten Fall auch mit Toten. (Bundesrat Novak: Wir?) – Ja, ihr nehmt das billigend in Kauf, indem ihr diesen Polizeieinsatz so kritisiert. (Bundesrat Novak: Wo tun wir das? Das ist eine Unter­stellung!) 89 Prozent der Leser der „Kronen Zeitung“, die gefragt wurden, haben gesagt, dieser Polizeieinsatz sei völlig verhältnismäßig gewesen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Bundesrätin Grimling: Und die entscheiden das jetzt?)

Ich bin kein Spezialist, was Polizeieinsätze anbelangt, aber wenn ich wo kein Spezialist bin, dann erkundige ich mich, und Kollege Schabhüttl müsste es eigentlich besser wissen. Ich habe mich erkundigt, wie man das macht, wenn man weiß, dass da zwölf, 13, 14, 15 Rabauken dabei sind, die nichts anderes vorhaben, als Krawall zu machen. Wie bekommt man die raus? Kann man die einfach irgendwo absondern, oder geht


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das nicht? – Alle Polizisten, die das schon erlebt haben, sagen übereinstimmend: Das geht nicht, denn dann eskaliert die Situation erst wirklich. Das heißt, die Polizei hat in diesem Fall mäßigend eingewirkt, hat verhältnismäßig gehandelt und hat darauf geschaut, dass es eben nicht zur Eskalation der Situation kommt.

Und das wollen Sie heute mittels einer Dringlichen Anfrage beantwortet bekommen. – Bitte schön, das können Sie ja haben. Da können Sie sich sagen lassen, dass die Polizei alles getan hat, damit die Situation nicht eskaliert, wie das ja bereits ausgeführt worden ist. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Wir reden ja nicht davon, dass da ein paar Knallfrösche geworfen worden sind, sondern wir reden davon, dass da wirklich schöne, tolle Gegenstände, unter anderem eine polnische Rauchbombe – warum das gerade eine polnische war, weiß ich nicht; mit Kollegin Dziedzic hat das nichts zu tun, bevor sie wieder die Ausländerkarte zieht (Bundesrätin Dziedzic: Was soll das? – Zwischenrufe des Bundesrates Stögmüller und von BundesrätInnen der SPÖ) –, die unter das Sprengmittelgesetz fällt. Das ist ja fast schon Kriegsmaterial, und das wird von Ihnen so dargestellt, als ob es ein Knall­frosch gewesen wäre.

Das waren nicht die einzigen Gegenstände, dazu kommen diverse bengalische Feuer, also wirklich ein Sammelsurium an Dingen; wenn die ins Stadion gekommen und dort explodiert wären, hätte das, wie das der Herr Innenminister ja schon geschildert hat, zu schwersten Verletzungen führen können. Das ist für Sie aber nichts, weil Sie ja immer bereit sind, eine kleine gewaltbereite Truppe zu schützen. Das sind dann immer die Armen, und die Demokratie ist gefährdet. Sie sagen dann zwar schon: Nein, war eh gut!, aber die Polizei steht bei Ihnen immer im Fokus, und eigentlich mögen Sie die Polizei nicht, aber das getrauen Sie sich natürlich nicht öffentlich zu sagen. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der ÖVP. – Bundesrat Weber: Woher haben Sie das? Hören Sie auf mit solchen Unterstellungen!) – Also so, wie Sie agieren, kann man das gar nicht anders interpretieren. (Bundesrat Weber: Das sind nichts als Unterstel­lungen!) – Warum eigentlich nicht? Ihr macht das ja auch laufend! Ihr macht das laufend. Seit heute Früh hören wir von Ihnen nur Unterstellungen, Halbwahrheiten und Unwahrheiten, aber wenn es einmal Sie betrifft, sind Sie plötzlich so Mimöschen. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der ÖVP.)

Also ich sage Ihnen schon, sehr geehrte Kollegen: Wer austeilen kann, muss auch einstecken können!

Das war jedenfalls eine ganz gefährliche Situation, und selbstverständlich hätte jeder, der nicht dabei sein wollte, gehen können, wie wir schon gehört haben; man hätte nur den Ausweis herzeigen müssen. Wenn sich dann ein paar so Gewalthanseln feige, sage ich jetzt, hinter Schwangeren, Müttern et cetera verstecken und sie dann auch noch aufhussen, sich möglichst nicht auszuweisen, und diese lassen das zu, dann, muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen, ist den Leuten nicht zu helfen.

Wenn die Polizei zum wiederholten Mal sagt: Sie müssen sich nur ausweisen, denn wir müssen die Identitäten feststellen, und dann können Sie jederzeit gehen!, und ich nicht in so einer Situation sein möchte, dann mache ich das. Man wird einen bestimmten Grund haben, warum man dort bleibt. Das kann natürlich Angst sein, und das kann ich mir schon vorstellen, dass es, wenn man da so mitten in diesem Pulk drinnen ist – von eingekesselt und Geiselhaft kann keine Rede sein, das weise ich zurück –, wenn man sich da mittendrin befindet, schon sein kann, dass man da, als Frau vielleicht noch mehr als Mann, irgendwie ängstlich wird und sich dann überlegt, was man jetzt tun soll.

Wenn ich es aber schon oft genug gehört habe und mir die Situation dort reicht, dann zeige ich meinen Ausweis her und ich bin draußen. Also da brauchen jetzt bei Ihnen nicht die Tränen zu fließen, brauchen Sie nicht zu sagen, wie arm die nicht alle sind


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und wie arg nicht die Polizei ist, sondern genau umgekehrt: Da haben sich viele instrumentalisieren lassen. Das sind aber lauter erwachsene Menschen, und die Mütter sind für ihre Kinder verantwortlich. Wenn eine Mutter mit einem Kind da drinnen steht und den Ausweis nicht herzeigt und nicht sagt: Ich schaue, dass ich schnellstmöglich mit meinem Kind rauskomme!, dann, das sage ich Ihnen auch als Mutter, gehört sie eigentlich angezeigt, weil sie nicht zum Wohle ihres Kindes handelt, wozu sie aber verpflichtet ist. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der ÖVP.)

So gesehen sage ich Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren: Diese Dringliche, die können Sie sich einrahmen und aufhängen. Ruhm werden Sie damit keinen ernten. Das war wirklich eher zum Schämen. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der ÖVP.)

16.58


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Herbert Kickl. – Bitte, Herr Bundesminister.


16.59.04

Bundesminister für Inneres Herbert Kickl: Herr Präsident! (Bundesrat Weber spricht mit Vizepräsident Brunner.) – Herr Bundesrat Weber, hören Sie zu? (Ruf bei der SPÖ: Er hört so zu wie bei ihm der Minister!) – Ich habe ihm sehr genau zugehört, deswegen melde ich mich jetzt noch einmal zu Wort, denn letzten Endes ist es eine seltsame Diskrepanz, die Sie einmal erklären müssen.

Sie stellen sich hierher und sagen, Sie haben selbstverständlich das vollste Vertrauen in alle Polizistinnen und Polizisten, die großartige Arbeit auf allen Ebenen leisten, um ihnen dann im nächsten Satz zu unterstellen, dass sie ohne Weiteres eine amtsmiss­bräuchliche Vorgangsweise einschlagen würden, weil sie angeblich einer Weisung von mir folgen würden, die natürlich gesetzwidrig ist und nur Chaos hervorruft, und damit ihre Pflichten aufs Gröblichste verletzen würden. Das passt nicht zusammen und zeigt, was die wahre Intention Ihres Vorhabens ist!

Diese Beamtinnen und Beamten haben alle pflichtbewusst gehandelt, und hätte es eine Weisung gegeben, die es nie gegeben hat, die missbräuchlich gewesen wäre, so wären es diese Beamten gewesen, die ihr nicht Folge geleistet hätten, und zwar in Erfüllung Ihres gesetzlichen Auftrags, sehr geehrter Herr Bundesrat. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Dann etwas Zweites, weil man so tut, als ob da nur Frauen, Schwangere und Kinder unterwegs gewesen wären. (Bundesrat Weber: Das hat keiner gesagt!) Wissen Sie, das erinnert mich ein wenig an die Darstellungen von diesen Szenen im Flüchtlings­bereich, dort waren es auch immer nur Frauen und Kinder, und die Wirklichkeit hat ganz anders ausgeschaut. Es waren 1 375 Personen, bei denen die Identität festge­stellt wurde: 1 219 Männer und 156 Frauen.

Jetzt sage ich Ihnen noch etwas dazu: Wenn Sie sich heute darüber beklagen, dass vielleicht eine Mutter oder ein Vater und Minderjährige dort mit dabei waren, dann muss ich diese Frage an die Verantwortlichen, die eine Obsorgepflicht für diese Kinder haben, zurückgeben und mir die Frage stellen: Was macht man eigentlich in einem solchen Fanzug, in dem es schon die ganze Zeit vom Bahnhof Hütteldorf beginnend über die Stationen, die ich Ihnen aufgezählt habe, einen Wirbel nach dem anderen und eine Straftat nach der anderen gegeben hat?

Dann hätte zumindest ich als Familienvater, der übrigens kein Problem damit hat, sich sieben Stunden an der frischen Luft aufzuhalten, ein Problem mit meiner Einstellung und mit meinem Verantwortungsbewusstsein genau diesen Kindern gegenüber, und darüber sollten Sie einmal nachdenken.


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Dann noch etwas: Sie haben gesagt, das ist ganz furchtbar, weil die Leute dort gestan­den sind und dort unten die Autobahn war. Wissen Sie aber, was der Unterschied ist? – Als dort die ersten Gegenstände nach unten geflogen sind, hat niemand damit gerechnet. In der Zwischenzeit war die Polizei vor Ort, und die Autobahn ist nicht nur das Stück dort unten, sondern da gibt es ein Verkehrsleitsystem, viele, viele Kilometer vorher, wo man die Autofahrer darauf aufmerksam machen kann, dass dort vorne etwas kommt, dass man vorsichtig sein muss, weil mit möglichen Störungen des Verkehrs oder mit Hindernissen zu rechnen ist, und die Polizei die Situation permanent beobachtet und sofort eine Sperre verhängen kann. Das ist der Unterschied, dass man die Situation im zweiten Fall unter Kontrolle hat und sie im ersten Fall nicht unter Kontrolle haben konnte, weil niemand damit gerechnet hat, dass diese Gegenstände tatsächlich von ein paar Verrückten dort hinuntergeworfen werden, und das muss man auch einmal festhalten. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Insgesamt stelle ich fest, dass Sie zwar sehr, sehr kritisch mit der Polizei, wenn auch indirekt – das ist Ihnen halt passiert –, sind, und natürlich auch mit der Ressortführung sehr, sehr kritisch umgehen, aber dass Sie kein einziges mahnendes Wort in Richtung der Verantwortlichen bei diesem Verein äußern, die offensichtlich noch ihren Gefallen daran finden, die Leute aufzuwiegeln und dann noch zu unterstützen, und damit das gutheißen, was sie getan haben, um Leib und Leben anderer Menschen zu gefährden. Der Teil Ihrer Rede hat mir gefehlt! (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Bundesrat Weber: Das stimmt doch gar nicht! – Bundesrat Rösch: Provokateure sind das!)

Dann sage ich Ihnen noch etwas: Es gibt für diese sogenannte Anhaltung oder für diesen sogenannten Kessel ganz genaue Vorschriften. Diese Vorschriften werden vom Menschenrechtsbeirat der Volksanwaltschaft ausgearbeitet, und das, was dort stattgefunden hat, hat auf Punkt und Beistrich sämtliche dieser Punkte, die dort drinnen festgelegt sind, erfüllt. Sie können diesbezüglich ja Nachschau halten.

Noch etwas möchte ich Ihnen sagen, weil Sie so leichtfertig mit solchen Begriffen wie Geiselhaft und so weiter herumwerfen. (Bundesrat Weber: Das nehme ich zurück!) – Das ist schön, dass Sie das zurücknehmen, denn das wäre das Schönste, was jeman­dem passieren kann, der sich tatsächlich in Geiselhaft befindet, dass man sagt: Bitte, da haben Sie meinen Ausweis!, und dann wäre man aus dieser Geiselhaft wieder heraußen. Das ist wirklich eine Verhöhnung von Menschen, die eine solche Situation miterlebt haben und die dem ausgesetzt gewesen sind. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

17.03


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Nach Studium des Protokolls habe ich Kollegen Martin Weber gebeten, diesen Ausdruck zurückzunehmen. (Bundesrat Weber: Den nehme ich zurück!) Das hat er hiermit getan. – Danke.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Dr. Ewa Dziedzic. – Bitte.


17.04.18

Bundesrätin Mag. Dr. Ewa Dziedzic (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kollegen und Kolleginnen! Ich freue mich sehr, Herr Innenminister, dass Sie nach fast einem Dreivierteljahr wieder in den Bundesrat kom­men. Damals waren Sie ja aufgrund unserer Dringlichen Anfrage zur BVT-Affäre da und haben sich danach immer entschuldigt. Deshalb freue ich mich über diesen sel­tenen Gast, und ich muss schon zugeben: Ihre Stakkatorhetorik ist schon sehr beeindruckend, und ich kann mir vorstellen, dass sie auch sehr viele abholt. Gerade wenn es um komplexe Materien geht, zu denen eine Evaluierung überhaupt noch aus­steht und zu denen wir bis dato sozusagen keinerlei wirklich verifizierbare Infor­ma-


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tionen vorliegen haben, ist das natürlich etwas, was aufgrund Ihrer Funktion als Innenminister unterstützt durch diese Rhetorik durchaus glaubwürdig rüberkommt.

Ich würde mir das aber gerne im Detail ansehen und mich mit Ihnen nochmals in die Debatte werfen, weil einige Dinge doch ausgelassen worden sind. Also abseits davon, dass ich finde, dass Sie bisher der Einzige waren, der hier Panik verbreitet hat, ist schon ein Bedrohungsszenario konstruiert worden, als hätte es in Österreich noch nie ein Fußballmatch gegeben.

Da unterscheide ich mich von meinen Vorrednern: Das werden Sie vielleicht nicht wissen oder annehmen, aber ich beschäftige mich seit 20 Jahren mit Fußball, war, glaube ich, in England in jedem Stadion, bin weder Rapid- noch Austria-Fan, gehe aber sehr gerne zum Wiener Sport-Club. Ich beschäftige mich, weil es mein Freundeskreis auch tut, mit der Fankultur dahinter, und natürlich auch mit der Verantwortung der Politik, der Polizei, aber natürlich auch der Vereine.

Gleich vorweg: Ja, ich finde, in dem Fall haben Sie recht. Der Verein sollte sich nicht nur von gewalttägigen Randalierern klar distanzieren, sondern muss sich auch überle­gen, wie man die fernhält, denn tatsächlich war es jetzt so, dass 1 338 Personen dafür büßen mussten, weil es, wie Frau Mühlwerth schon gesagt hat, anscheinend wirklich nicht möglich ist, diese paar Personen vorher schon zu isolieren, vorher schon auszu­machen, damit es überhaupt nicht zu dieser Situation kommt. Das ist mir unerklärlich. Vielleicht können Sie noch kurz darauf eingehen, wieso das bitte nicht möglich ist. – So, das ist das eine.

Verhältnismäßigkeit wurde angesprochen. Ja, tatsächlich, auch für mich stellt sich die Frage der Verhältnismäßigkeit, wenn wir jetzt wissen, dass es eine Anzeige und eine verwaltungsrechtliche Festnahme gab. Sie sprechen von zehn Gegenständen, die aber erst geworfen worden sind, nachdem dieser Fanzug aufgehalten worden ist. (Bundes­minister Kickl: Vorher!)

Ich habe mir diese Videos wirklich genau angeschaut, denn ich möchte keiner Seite etwas unterstellen. Ich bin wie gesagt auch sehr gespannt auf die Evaluierung. Ich habe ein Video mit Pyrotechnik gesehen; das war aber weiter entfernt und nicht im Zug. Aber nochmals: Ich will und kann das nicht vorwegnehmen. Ich bin sehr gespannt auf die Evaluierung.

Trotzdem: Was wir wissen und was Fakt ist, ist, dass es dort eine Engstelle gibt. Das wurde schon erwähnt, das ist diese Brücke, das ist dieser enge Zugang, es ist dort schlammig. Sie widersprechen, aber die Rechtshilfe von Rapid ist der Meinung, dass die Menschen dort nicht rauskonnten, nicht auf die Toilette konnten. Wir haben schon gehört, dass Minusgrade herrschten. Wie gesagt wird seit 14 Jahren – das geht von den Behörden aus – genau dieser Durchgang definiert.

Sie behaupten, man hätte sich da irgendwie entfernen können. Sie werden doch alle wissen, außer Sie waren wirklich noch nie bei einem Match oder bei einem Konzert, wie es ist, wenn ich da irgendwo drinnen in der Schlange bin. (Bundesrätin Mühlwerth: Du warst noch nie bei einem Rapid-Match!) Wie soll ich da raus? Wie soll ich auf diesem kurzen Weg von der U-Bahn einen anderen Weg gehen als mit den anderen Fans den, auf dem es direkt zum Stadion geht, bitte schön? Nein wirklich, das können Sie mir gerne nochmals erklären! Genauso interessiert mich die Antwort, wieso die Behörde genau diesen Weg ausgewählt hat oder immer wieder aufs Neue wählt.

Gewalt – muss ich das wirklich wiederholen? –, genauso wie die Gegenstände, die Schneebälle oder was auch immer es war, ist natürlich ein No-Go. Das steht ja außer Frage! Ich glaube, das war ja auch nicht der Anlass, wieso die SPÖ diese Dringliche


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Anfrage an Sie gestellt hat. (Bundesrätin Mühlwerth: Das wissen wir sowieso nicht, wozu diese Anfrage ist!)

Damit komme ich auch schon zur Polizei: Nein, das ist wirklich nicht in Ordnung, dass immer die gesamte Polizei herbeizitiert und so getan wird, als würden wir, nur weil wir uns genauer anschauen, was da passiert ist, der Polizei insgesamt irgendetwas unterstellen wollen. – Nein, im Gegenteil! Ich glaube, die Polizei agiert rechtmäßig, erfüllt ihre Pflicht, hängt aber natürlich auch an entsprechenden Weisungen. Herr Pürstl wurde schon erwähnt. Auf ihn, besonders auf seine Rolle komme ich aber später noch zu sprechen.

Hier geht es aber schon darum – und das ist auch in der Dringlichen Anfrage fest­gehalten –: Die Kritik richtet sich nicht an jene, die Befehle hatten und sie korrekt befol­gten, sondern an jene, die allem Anschein nach die Übersicht verloren haben. Das ist genau der Punkt, glaube ich, über den wir reden. (Bundesrätin Mühlwerth: Ich glaube, eher die SPÖ hat die Übersicht verloren!)

So, was ist noch ungeklärt gewesen? – Ich habe vorhin gemeint, es steht hier Aussage gegen Aussage. Die Rechtshilfe von Rapid behauptet nämlich zum Teil gänzlich andere Dinge als Sie hier, Herr Innenminister.

So heißt es da zum Beispiel nicht nur, dass die Leute nicht vorgehen konnten – wie ich vorhin schon erklärt habe, in dieser Dichte ist das auch gar nicht möglich –, sondern dass die Information seitens der Polizei sehr lang gefehlt hat, was da überhaupt los ist. Sie werden sich vorstellen können, das führt natürlich zwangsläufig zu einer Situation, wo nicht nur die Wut steigt – ich habe ein Ticket für ein Fußballmatch –, sondern dann weiß ich auch noch nicht: Komme ich rein oder nicht?

In dem Fall war es ja so, dass diese Leute, die da festgehalten wurden, nicht an dem Match teilnehmen konnten – zusätzlich –, sondern erst nach einer Stunde, sagt die Rechtshilfe von Rapid, begann die Polizei mit der eigentlichen Amtshandlung. Die Fans mussten sich alle der Reihe nach ausweisen, durchsuchen lassen, fotografieren lassen und durften eben erst dann gehen (Bundesrat Rösch: Und?) – wohlgemerkt: wieder zurück zur U-Bahn oder sonst wohin, aber jedenfalls nicht zum Fußballmatch. (Bun­des­rat Schuster: ... ist ja noch keine Freiheitseinschränkung!)

Pyrotechnische Gegenstände – das ist nämlich ein sehr spannender Aspekt, der heute noch überhaupt nicht Thema war –: Die Polizei hat ja anfangs verlautbart, dass die Rapid-Fans – und Sie haben das jetzt bestätigt – pyrotechnische Gegenstände mit­hatten. Später gab es eine Aussendung, wo wieder ein bisschen relativiert worden ist und von einer Wahrnehmung von Bewurf des Fahrzeugverkehrs die Rede gewesen ist. (Bundesrat Schuster: Wollen Sie das jetzt relativieren?) Ich habe schon die Videos erwähnt, wo das unterschiedlich sichtbar ist. (Bundesrat Schuster: Sie relativieren das jetzt? Unglaublich!)

Tatsache ist aber in Bezug auf Pyrotechnik, dass hier schon einige annehmen, dass es eine bewusste Eskalationsstrategie gewesen ist, aber von Ihnen als Innenminister über die Weisung an die Polizei! (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Wieso wir uns das zu­min­dest genauer anschauen sollten, sage ich Ihnen jetzt nämlich gleich. (Bundesrat Schuster: ... keinen Unsinn erzählen! – Bundesrätin Mühlwerth: Überhaupt keine Ahnung! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) – O ja!

Das Thema Pyrotechnik ist so lang umstritten, wie es Fußball gibt. Da werden wir uns einig sein. (Bundesrätin Mühlwerth: Nein, gar nicht!) Es gab auch eine Einigung von allen Beteiligten, und zwar, dass die Fackeln nur in behördlich genehmigten Zonen mit Sicherheitsvorkehrungen gezündet werden dürfen. Das war damals die Einigung. Obwohl es in der Zwischenzeit keine Zwischenfälle gab, haben Sie diese Regelung


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aufgehoben. Ich weiß nicht, ob Sie das gewusst haben: Sie haben diese Regelung, diese wirklich schwer errungene Einigung zwischen allen Beteiligten, dann aufge­ho­ben.

Dann gab es auch einen Vorfall, nämlich: Als Reaktion darauf hat jemand im Block ein Anti-Kickl-Banner gezeigt. Und wissen Sie was? – Noch am selben Tag hat sich bei ihm zu Hause der Verfassungsschutz gemeldet. Also hier funktioniert das anscheinend sehr schnell, sehr rasch und sozusagen ohne alle möglichen Leute zu involvieren. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Weil jetzt schon ein paar Mal ins Treffen geführt worden ist: Was ist das für eine Strategie? Was hat sie zum Ziel? Wohin führt das? – Wir haben hier gestern im Bun­desrat das Verbot von bestimmten Symbolen diskutiert. Sie werden sich noch erinnern, das ist nicht so lang her. Ich habe schon auch die Warnung ausgesprochen, dass man bei einer willkürlichen Auslegung diese Verbote natürlich auch willkürlich ausweiten kann.

Ich verstehe schon, dass sich gewisse Gruppen – das ist bei Fans wirklich so einfach: natürlich, die grölen, die bieten eine hervorragende Angriffsfläche, die sind schroff und unbequem, und dann gehen sie wahrscheinlich noch, nachdem sie Bier getrunken ha­ben, in ein Stadion – hervorragend als Versuchsballon eignen; auch hier muss ich wieder das Wort Versuchsballon benutzen.

(In Richtung Bundesminister Kickl:) Ja, Sie können natürlich den Kopf schütteln, das ist Ihnen unbenommen. Ich will und muss davor warnen, damit wir genau hinschauen, gegen welche Gruppen Sie wie vorgehen, nämlich aufgrund welcher Vorwürfe, die nicht einmal verifiziert sind. Das ist nämlich der Punkt, und das ist für mich auch die Legitimation für diese Anfrage der SPÖ. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller.)

Wir haben schon gehört, Verhältnismäßigkeit ist das eine. Der Polizeisprecher in Wien hat gemeint, die Verhältnismäßigkeit war aufgrund der Gefährdungslage gegeben. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Auf der anderen Seite haben Sie das selber ein bisschen relativiert, weil Sie gemeint haben, diese Gefährdungslage entstand ja erst vor Ort, nachdem die Menschen dort festgehalten worden sind; das muss ich nochmals wiederholen.

Das ist für mich auch einer der größten Widersprüche, nämlich: Die Polizei geht von Gefährdern aus und sperrt diese dann bis zu sieben Stunden mit allen anderen, die womöglich durch die Gefährder gefährdet sind, in diesen Block und lässt sie nicht raus, sondern fotografiert alle der Reihe nach ab. (Bundesrätin Mühlwerth: Das stimmt ja alles nicht!) Also irgendwie geht sich das in der Argumentation nicht aus.

Es ist so, und es ist schon bemerkenswert, dass die Polizei nicht nur gut vorbereitet war – das ist toll, dass sie gut vorbereitet war –, sondern ganz zufällig schon 1 400 Zettel mit Abmahnungen bereitgestellt hatte. Also das muss mir einmal jemand erklären, dass man schon im Vorhinein, sozusagen präventiv annimmt, dass man die gebrauchen könnte. (Rufe bei der FPÖ: Das ist schon beantwortet worden!)

Wenn eine Gefährdung des Verkehrs vorliegt – darauf ist der Innenminister jetzt kurz eingegangen –, dann fragt man sich auch, wieso der Verkehr nur 15 Minuten lang von den Gefährdern gefährdet war und nicht über die ganze Zeit hinweg. (Bundesrätin Mühlwerth: Es ist wirklich hanebüchen, was du hier erzählst!) Wenn man wirklich angenommen hat, dass sich da so ein Bedrohungsszenario abzeichnet, dann hätte man den Verkehr nämlich auch rechtzeitig aufhalten können. Also auch diese Argu­men­tation ist schon ein bisschen widersprüchlich. (Beifall bei der SPÖ und des Bun-


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des­rates Stögmüller. – Bundesrätin Mühlwerth: Dziedzics Märchenstunde! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Eines habe ich noch für Sie, dann dürfen Sie sich wieder empören, und zwar: Herr Pürstl war heute schon kurz Thema. Die Verantwortung – noch einmal – liegt ja nicht bei den einzelnen Polizeibeamten und -beamtinnen, sondern bei jenen, die die Wei­sungen überhaupt erteilen oder in der Verantwortung sind oder die Verantwortung tragen müssen. Sie werden vielleicht wissen, dass Herr Pürstl früher einmal – er hat es später auch relativiert – in derselben Burschenschaft wie Minister Hofer gewesen ist. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Sie werden sich jetzt wundern. Hören Sie mir genau zu, dann erschließt sich auch Ihnen der Zusammenhang! (Bundesrätin Mühlwerth: Das lohnt sich nicht! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Nämlich Folgendes: In dieser Burschenschaft waren nicht nur Minister Hofer und früher einmal Herr Pürstl, sondern auch – Sie werden sich erinnern – dieser eine rechte Parlamentssecurity, der zufällig nicht nur mit Küssel etwas zu tun hat, sondern auch noch der rechten Hooliganszene zugerechnet wird.  – Also auch so ein Zufall, den ich mir wirklich gerne näher anschauen würde! (Bundesrat Steiner: ... die Frau, die Pflastersteine vorlegt! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Da gibt es nämlich eine Fangruppe, die mir bei Weitem gefährlicher scheint als diese paar Randalierer, die sich Unsterblich nennt. Das ist der wirklich rechtsrechte Teil der Fanszene der Austria (Bundesrätin Mühlwerth: Die Randalierer, die alles kurz und klein schlagen ...!), und irgendwie sind da alle recht gut vernetzt.

Im Übrigen: Herr Götschober wird Ihnen auch etwas sagen. Er ist nämlich auch im Kabinett von Minister Hofer und war, soweit mir bekannt ist, sogar bis Ende Dezem­ber 2017 noch Obmann von eben dieser Burschenschaft Franko-Cherusker, wo all die erwähnten Herren (Zwischenrufe bei der FPÖ) einmal ihre Verbindungen aufgebaut haben. (Beifall des Bundesrates Stögmüller.)

Es ist schon wichtig, darauf hinzuweisen (Bundesrätin Mühlwerth: Nein, nein!), denn über die Fanszenen für sich könnte man nicht nur eine Dissertation schreiben – wie es sicher nicht nur eine gibt –, sondern es zahlt sich aus, hier genauer hinzuschauen, weil nämlich erst dann im Detail sichtbar wird (Zwischenruf des Bundesrates Steiner), worum es eigentlich im Hintergrund geht: wer da wen bekämpft, wer welche Weisun­gen aufgrund von welchen Kriterien vergibt. Das ist hier genau der Punkt, über den wir diskutieren. (Bundesrätin Mühlwerth: Wenn man der Frau Minister einen Pflasterstein gibt, ist alles in Ordnung? Das sollte man sich genauer anschauen!)

Ich würde mich freuen, wenn Sie auf genau diese Vernetzungen, auf genau diese Verbindungen eingehen und uns erklären können, wieso das bei einem anderen Match (Bundesrätin Mühlwerth: Du weißt, das war ein Bedrohungsszenario!) – nein – nicht so ein Bedrohungsszenario ist, aber hier bei den Rapid-Fans schon ein Szenario ent­standen ist.

Ich kann es nur wiederholen: Die Politik und der Verein sind in der Verantwortung. Jede Gewalt ist zweifelsohne abzulehnen. Ich warte auf die Evaluierung, aber ich will trotzdem wissen, wie es dazu kommen kann, dass Sie hier als Innenminister so tun, als wäre das das erste Match in Österreich überhaupt und als würden wir nicht wissen, dass es diese paar Randalierer gibt. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und des Bun­desrates Stögmüller.)

17.20


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als vorläufig letzter Redner hierzu zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Georg Schuster. – Bitte. (Bundesrätin Mühlwerth: Der Frau Kollegin ist nicht mehr zu helfen! Die ändert sich auch nicht mehr!)



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17.20.43

Bundesrat Georg Schuster (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren des Bundesrates, auf der Ga­lerie, noch vor dem Fernseher, die ausharren müssen! Also auf Ihre abstruse Rede, Frau Kollegin, gehe ich jetzt wirklich nicht ein, denn dafür ist mir meine Redezeit zu schade. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Stögmüller: Die hat Sie überfordert! Zu fordernd! – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich möchte gerne einige Auszüge aus einem persönlichen Bericht von einem Exekutiv­beamten, der vor Ort war, vorlesen. Ich spule etwas vor bei dem Bericht, denn es gab ja schon seit dem Start vor dem Stadion in Hütteldorf massive Probleme mit diesem Fanzug.

Ich zitiere: Der gesamte Marsch wurde durch vehementen Pyroeinsatz unterstützt. Unter anderem wurde ein polnisches Militärsprengmittel (Ruf bei der SPÖ: Haben wir schon gehört! – weitere Zwischenrufe bei der SPÖ), welches zur Simulation von Granateneinschlägen (Bundesrätin Dziedzic: Sagen Sie etwas Neues!) verwendet wird, einfach aus der Masse heraus geworfen. (Ruf bei der SPÖ: Gibt es etwas Neues auch?)

Viele Rapid-Fans sahen den Corteo – ich übersetze es Ihnen, weil Sie es vielleicht nicht wissen: den Fanzug – als rechtsfreie Zone an, da auch Polizeibeamte versucht wurden, mit pyrotechnischen Gegenständen zu treffen. Weiters wurden abgestellte Polizeibusse mit Schneebällen und anderen Gegenständen beworfen.

Im Bereich der Autobahnbrücke der A 23 wurden Schneebälle, Bierdosen, Getränke­dosen und Pyrotechnik auf die befahrene A 23 geworfen.

Angemerkt wird, dass dieser Bereich bereits der Sicherheitsbereich gemäß § 49a Sicher­heitspolizeigesetz ist. Aufgrund der gesetzten gefährlichen Angriffe – sprich Gemeingefährdung – wurden die Rapid-Fans durch die Polizei eingekesselt und angehalten.

Als durch die Polizei die Durchsage erfolgte, dass es jetzt zu Personenfeststellungen nach der StPO kommen werde, reagierten die Rapid-Fans abermals mit lautem Pfeif­konzert sowie ACAB-Schlachtgesängen. – All Cops Are Bastards, zur Übersetzung.

Es war seitens der Rapid-Fans kein kooperatives Verhalten vor Ort. Im Gegenteil wurden wieder pyrotechnische Gegenstände angezündet. Unter anderem flog aber­mals ein Böller auf die bereits wieder freigegebene Autobahn. Abermals musste die Autobahn kurz gesperrt werden und letztendlich auf einen Fahrstreifen reduziert wer­den.

Am Anhalteort war ausreichend Platz, da der Platz lang genug war. Es wurde eine Familie mit Kind durch die Absperrung nach erfolgter Ausweisleistung gelassen. Weiters wurde ein Mann, welcher aufs Klo musste, nach der Ausweisleistung durch die Absperrung gelassen.

Für eine Dauer von eineinhalb Stunden passierte nichts, außer dass abermals ACAB und andere polizeifeindliche Rufe skandiert wurden. Erst als über Lautsprecher die Durchsetzung der Identitätsfeststellung mit Zwang verlautbart wurde, kamen nach und nach Rapid-Fans der Aufforderung nach. Dieser Aufforderung kamen aber auch nur wenige nach. Manche Frauen wollten nicht ohne ihren Freund/Mann gehen, wodurch diese längere Wartezeiten selbstständig in Kauf genommen haben.

Personen mit Kreislaufproblemen wurden sofort durch Notfallsanitäter der Polizei versorgt. Der Katastrophenzug der Rettung wurde nicht weggeschickt, sondern ledig­lich auf der Laaer-Berg-Straße abgestellt.


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Es wurden durch die Personen im Kessel nicht einmal Behinderte oder schwächere Personen vorgelassen. Im Gegenteil, es wurde immer mehr auf die Polizei geschimpft. Immer wieder wurden die Beamten auf das Tiefste beleidigt.

Die friedliche Absicht der Rapid-Fans wurde mit Gegenständen wie Zahnschutz, Ge­sichtsmasken, Steinen, welche schon abgepackt waren als Wurfgeschoß, und Spreng­mittel belegt.

Der Rapid-Präsident sowie der Herr Marek wurden durch die Beamten zur Sperre gelassen, und diese konnten mit den Fans reden. Der Rapid-Präsident sagte sogar zu einem Polizeibeamten, dass er die Aktion verstehe. Auch Herr Marek bestätigte das Vorgehen der Polizei.

Es wurde durch die Berufsfeuerwehr, durch Rapid und durch Freiwillige Tee an die Personen im Kessel ausgeteilt. – Zitatende.

Meine Damen und Herren! Ich denke, dieser auszugsweise Bericht eines Exekutiv­beamten gibt uns einen extrem guten Überblick, wie die Situation vor Ort wirklich war, denn ohne das umsichtige Einschreiten der Polizei wäre es zu noch größeren Auseinandersetzungen zwischen Fans und der Polizei gekommen. Oder was, glauben Sie, wäre passiert, wenn man diese kleine Gruppe krimineller – ich sage einmal – Hooligans gewaltsam aus dieser Masse herausgeholt hätte?

Jeder, der ein bisschen Ahnung von der Fanszene in Hütteldorf hat, weiß, dass es dort zu massiver Repression der Fans gekommen wäre. Unterschätzen Sie hier bitte nicht die Macht der Gruppendynamik! Wir sehen, eine kleine Gruppe Krimineller hat sich in diesem Fall wirklich feig hinter Frauen und Kindern versteckt, um die Anonymität der Masse für ihre kriminellen Handlungen zu missbrauchen.

Glauben Sie mir noch eines, meine Damen und Herren: Was, glauben Sie, wäre denn durch diese sichergestellten Gegenstände passiert, wenn sie nicht im Zuge dieser Amtshandlung abgenommen worden wären? Und vor allem, wenn wir uns dann an­schauen, wie dieses Ergebnis nachher ausgesehen hätte: Das ist kaum vorstellbar!

Und – ich darf noch einmal daran erinnern  –: Das war ein militärisches Sprengmittel, welches zur Simulation von Granateneinschlägen dient und schon im Vorfeld von kriminellen Hooligans verwendet worden ist. Da ist nicht nur eines, sondern sind mehrere aufgetaucht! Solche Dinge haben in Stadien, wo viele Menschen auf engstem Raum zusammenstehen, wirklich absolut nichts verloren.

Meine Damen und Herren, in einem Rechtsstaat gibt es auch keine rechtsfreien Räume! Das muss man auch einmal eindeutig klarstellen.

Ich sehe es jetzt wieder einmal: Worum geht es denn der SPÖ in Wirklichkeit? – Zuerst sperren Sie Dutzende Polizeidienststellen in Wien zu und setzen die Sicherheit der Österreicher aufs Spiel, und im gleichen Atemzug machen Sie hier ein Polizeibashing, das seinesgleichen sucht, meine Damen und Herren! (Nein-Rufe bei der SPÖ.) Sie sollten sich schämen, meine Damen und Herren! Sie beschmutzen mit dieser Dring­lichen Anfrage den Ruf der fleißigen Polizisten, welche jeden Tag ihr Leben für unsere Sicherheit aufs Spiel setzen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Widerspruch bei der SPÖ.)

Sie machen mit dieser Anfrage eine Mauer für kriminelle Hooligans. (Neuerlicher Wider­spruch bei der SPÖ.) Sie haben es politisch zu verantworten (Bundesrat Stögmüller: Sie haben keine Antwort ...!), dass in der Vergangenheit durch Ihre Einsparungen im Sicherheitsbereich das subjektive Sicherheitsgefühl in Wien dramatisch gesunken ist.

Ich möchte aber auch gerne auf ein weiteres Thema – weil das jetzt gerade gut dazu passt – eingehen: Hören Sie endlich auf, in Wien die Fußballvereine und die Sport-


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vereine politisch für sich zu vereinnahmen! 99 Prozent der Fans wollen keine Politik in diesen Vereinen.

Aber schauen wir uns einmal die Kuratoriumsliste des SK Rapid an! Das liest sich wie das Who’s who der SPÖ (Zwischenrufe bei der SPÖ): Andreas Schieder, Renate Brauner, Jürgen Czernohorszky, Rudolf Edlinger, Franz Schnabl, Alexander Wrabetz. (Bundesrat Todt: Um was geht es jetzt?) Oder im Ethikrat: Frau Abgeordnete Nurten Yılmaz, die ich auch gleich hier begrüßen darf, die bei uns da ist. Da würde ich mir von Ihnen schon erwarten, liebe Abgeordnete, dass Sie im Ethikrat auch einmal diese Sachen ansprechen und sagen, dass das nicht so geht in unserem Rechtsstaat. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Was passiert, wenn die SPÖ bei Rapid das Sagen hat, sehen wir ja momentan ohne­hin beim sportlichen Erfolg des SK Rapid: Wir sind in der Bundesliga auf dem schlech­testen Platz seit Langem, auf Platz 8. Es gibt einen massiven Rückgang bei den Zuschauern: minus 11 Prozent! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich kann mich noch an das Jahr 2008 erinnern, bei der letzten Meisterschaftsfeier: Dort wurde der damalige Bundeskanzler Alfred Gusenbauer – und die Finanzstadträtin Renate Brauner bei der letzten Stadioneröffnung 2017 – massiv von den Fans ausgebuht. Ausgebuht wurden sie, die SPÖler, meine Damen und Herren!

Hören Sie bitte auf, diesen wundervollen Traditionsverein politisch für sich zu verein­nahmen! Das ist das Letzte, was die Fans von Rapid wollen. Politik hat in Sportver­einen nichts verloren. Leider ist Wien für die SPÖ ein Selbstbedienungsladen gewor­den (Zwischenrufe bei der SPÖ), ich bin aber zuversichtlich, dass es nach der nächs­ten Wahl in Wien, 2020, eine große Chance auf Veränderung im Sinne der Wiener geben wird.

Abschließend bedanke ich mich bei allen Polizisten, welche diesen Einsatz profes­sionell und ohne weitere Eskalation durchgeführt haben. Und ja, wenn man mit dem Feuer spielt, meine Damen und Herren, dann darf man sich nicht wundern, wenn man sich daran verbrennt. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

17.30


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Andreas Spanring. – Bitte.


17.30.12

Bundesrat Andreas Arthur Spanring (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Abschließend drei kurze Punkte: Zur Rede von Herrn Bundesrat Weber möchte ich sagen: Generell, Sie kriminalisieren mit dem, was Sie gesagt haben. Das hat Herr Minister Kickl gesagt und das hat auch Frau Dziedzic noch einmal versucht, zu wiederholen, aber ich glaube, Sie haben es nicht verstanden.

Ein Polizist, der einen Befehl ausführt, welcher den Tatbestand einer gerichtlich straf­baren Handlung erfüllt, verstößt selbst gegen Auflagen und ist damit selbst gerichtlich strafbar, zumindest in einem Disziplinarverfahren, in den meisten Fällen wegen Amts­missbrauchs. Das heißt, ein Polizist macht so etwas nicht, wenn ihm sein eigenes Leben in weiterer Folge wichtig ist. – Nummer eins.

Nummer zwei: Normalerweise war es hier immer üblich, dass, wenn irgendjemand hier heraußen gestanden ist – egal, von welcher Fraktion – und gesagt hat: Wir bedanken uns bei allen Polizisten für den Einsatz und wünschen frohe Weihnachten!, alle geklatscht haben, und zwar überparteilich. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Heute hat der Herr Minister das zweimal gemacht. Und was war? – Ich habe rübergeschaut, bei der


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SPÖ hat niemand geklatscht (weitere Zwischenrufe bei der SPÖ); niemand hat es gut gefunden, dass wir uns bei den Polizisten für ihren Einsatz bedanken, niemand hat es gut gefunden, dass hier allen Polizisten frohe Weihnachten gewünscht wird!

Nummer drei – und das ist eigentlich mein Hauptpunkt –: Wir brauchen gar nicht darüber zu diskutieren, ob das jetzt Polizeibashing war oder nicht. Wir werden heute Abend alle möglichen Kanäle, die uns zur Verfügung stehen, nützen, und einfach das Video teilen, und dann sollen die Damen und Herren da draußen und vor allem – und jetzt gendere ich einmal – alle Polizistinnen und Polizisten selbst beurteilen, wie die SPÖ über die Polizei denkt. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der ÖVP. – Zwischenruf der Bundesrätin Dziedzic.)

17.32


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Wolfgang Beer. Ich erteile es ihm. (Rufe und Gegenrufe zwischen Bun­desrätin Dziedzic und Bundesrat Steiner.)


17.32.39

Bundesrat Wolfgang Beer (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrter Herr Innenminister! Sehr geehrter Herr Minister Faßmann! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Fürs Erste einmal: Polizeidienststellen werden nicht von Wien zugesperrt, das Innenministerium entscheidet, welche Polizeidienststellen zuge­sperrt werden. (Bundesrat Schuster: Und wer war Minister? – Bundesrat Todt – in Richtung Bundesrat Schuster–: Wer war denn der Innenminister, wer? – Bundesrat Schuster – in Richtung Bundesrat Todt –: Nicht so schreien! – Bundesrat Spanring: 2018 ist eine gesperrt worden!) Die SPÖ hat schon sehr lange keinen Innenminister mehr gehabt.

Was mich persönlich bei dieser Diskussion hier etwas stört, ist, dass versucht wird, uns irgendwie in ein Eck zu stellen, dass wir gegen die Polizei sind. (Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Wieso seid ihr so nervös und aufgeregt, bitte? Warum? (Bundesrat Rösch: Ja weil ihr ...!) Ist vielleicht irgendetwas wahr daran? Ich kann nicht ent­scheiden, ob es da eine Weisung gegeben hat oder nicht. Ich weiß es nicht. Ich möchte es auch nicht beurteilen. Ich weiß aber, wie es sich in diesem Bereich abspielt, weil ich dort auch ein Betroffener bin.

Der Herr Innenminister hat gesagt: Die Bevölkerung gehört geschützt! – Das ist gar keine Frage. Es sind nicht nur die Rapidler, es sind auch die Austrianer (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth), welche, die von anderen Sportvereinen kommen, die Wände beschmieren, die Menschen anpöbeln, die alkoholisiert durch die Straßen ziehen. Es ist gar keine Frage, dass man da Maßnahmen setzen muss.

Es ist auch kein wirklicher Fanmarsch gewesen, der in diesem Bereich zur Eskalation geführt hat. (Ruf: Vielleicht aus deiner Sicht!) Dort ist ein Zugang, der immer gewählt wird. Wer dort wohnt, weiß, wie die Situation ausschaut, nämlich dass es nicht sehr viele Zugänge zum ehemaligen Horr-Stadion und jetzt zur Generali-Arena gibt, son­dern dass auch die Polizei versucht – und dafür meine Hochachtung! –, die Fans zu trennen, weil es auch bei den Fans untereinander, wenn es verschiedene Gruppierun­gen sind, immer wieder zu Streitigkeiten kommt.

Die Austrianer leben oder wohnen nicht am Fußballfeld, die kommen auch von irgend­woher, also versucht man, Routen zu erstellen, auf denen diese Fangruppen nicht aufeinandertreffen. Es haben alle ihre Probleme und die sind sehr schwer in den Griff zu bekommen.

Was ich halt nicht ganz verstehe, ist, warum man, wenn es ab Hütteldorf Krawalle gegeben hat, sie wirklich erst dort oben bei der Südosttangente abgefangen hat.


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(Bundesrat Schuster: Die sind dort stehengeblieben und nicht mehr weitergegangen, das ist erwiesen!) Es ist dort - - (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Schuster.) – Schau, du bist ein Wiener und kennst dich dort anscheinend nicht aus. (Heiterkeit bei BundesrätInnen von SPÖ, ÖVP und FPÖ.) Man geht dort ganz einfach weiter. Geht man in Richtung Stadion, dann hat man auf der linken Seite den Renault Nissan. Ein Grund, dass man sie dort angehalten hat, könnte auch gewesen sein, dass man nicht in anderen Bereichen – wenn sie vom Reumannplatz heraufkommen – Krawalle hat, das ist gar keine Frage. – Ob jetzt diese Maßnahmen in Ordnung waren oder nicht, kann ich nicht beurteilen, weil ich kein Polizist bin und von diesem Einsatzbereich nichts verstehe.

Sicherheitsbesprechungen gibt es eigentlich immer, bei jedem Match, weil es nicht mehr so einfach ist wie früher, als die Menschen noch mit dem Anzug auf den Sportplatz gegangen sind (Bundesrätin Mühlwerth: Na eben, weiß man ja!), damals hat es vielleicht ein paar Betrunkene gegeben, aber nicht diese Ausschreitungen, wie man sie jetzt kennt. (Bundesrätin Mühlwerth: Na ja, das ist nicht das erste Mal!) – Es geht nicht um das erste Mal. Ich habe ja gesagt: Wie man sie jetzt kennt.

Es ist aber eine gewisse Verzweiflung bei den anderen Parteien vorhanden, denn sonst wäre nicht aus den Reihen der ÖVP der Vorschlag gekommen, man sollte sich überlegen, ob man nicht die Klubs die Einsätze der Polizei zahlen lassen soll. (Bun­desrat Rösch: Ist eh gescheit!) – Auch die Freiheitlichen sind also dafür, dass die Klubs das zahlen; jeder Klub? (Bundesrat Raml: Ein mutwilliger Polizeieinsatz!) Eine Volkssportart in Österreich, und wir wollen sie zugrunde richten! (Bundesrätin Mühlwerth: Das ist kein Thema, das man jetzt diskutieren muss!) – Nein, wir als SPÖ nicht, es war nur eine Randbemerkung, die ist aber von euch (in Richtung FPÖ) gleich aufgenommen worden.

Was ich auch nicht verstehe, ist: Wie viele Stellen hat es eigentlich gegeben, wo die Identität festgestellt werden konnte? Ich habe das nicht gehört. (Bundesminister Kickl: Zu­nächst drei und dann elf!) Dann elf. (Bundesrätin Mühlwerth: Zwischen drei und - -! Zuerst drei und dann elf!) – Gut, ich sage jetzt nichts dazu. Bei 1 400 Leuten und elf Stellen haben wir das rein rechnerisch in 40 Minuten erledigt. (Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Das ist der einzige Vorwurf: dass man die Menschen dort 7 Stunden lang hat warten lassen. (Bundesrat Steiner: Wenn keiner den Ausweis hergezeigt hat! – Ruf bei der FPÖ: Das ist, weil sie keinen Ausweis hergezeigt haben!) Das ist eine Behauptung. Wer von euch war denn dort? (Rufe bei ÖVP und FPÖ: Die Polizei! Die Polizei sagt das!)

Wer von euch hat ein offizielles Polizeiprotokoll? Wer hat das? Das würde mich interessieren. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Kickl.) Außer dem Herrn Minister; das würde mich aber interessieren, wie die anderen zu dem kommen, denn das wäre schon bedenklich. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Versuchen wir aus diesem Vorgang eine Lehre zu ziehen, es besser zu machen! Die Polizei ist nicht alleine schuld, das ist gar keine Frage, aber beim Punkt mit den 7 Stunden haben wir schon Verbesserungsbedarf, nicht, Frau Monika? (Bundesrätin Mühlwerth: Das gibt es ja nicht! Es hätte jeder gehen können!) – Nicht, kein Verbesserungsbedarf? (Bundesrätin Mühlwerth: Die haben gehofft, dass die Polizei als Erster aufgibt, weil das sind Leute, die machen das nicht zum ersten Mal!) – Aber geh, doch nicht 1 400 Personen! (Bundesrätin Mühlwerth: ... das sind die bekannten Radaubrüder!)


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Ich darf jetzt kurz unterbrechen, Herr Bundesrat Beer ist noch am Wort. Außer du bist fertig, lieber Kollege?



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Bundesrat Wolfgang Beer (fortsetzend): Wenn es eine Gruppe von 50, 60, 70 Leuten ist, soll es so sein, aber nicht bei 1 400. Das ist ganz einfach zum Nachdenken. (Beifall bei der SPÖ.)

17.39


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bun­desminister Herbert Kickl. – Bitte, Herr Bundesminister.


17.40.26

Bundesminister für Inneres Herbert Kickl: Also ich nehme jetzt Ihren Beitrag als Appell an diejenigen auf, die sich da drinnen befunden haben, das nächste Mal bei einer Identitätsfeststellung einfach mitzuwirken, dann wird es überhaupt kein Problem geben und dann reden wir von 2 Stunden, aber mit Sicherheit nicht von 7 Stunden. Das Problem ist halt: Wenn man nicht bereit ist, seinen Ausweis herzuzeigen, aus welchen Gründen auch immer – darüber darf man ja dann auch seine Mutmaßungen anstellen –, dann kommt das heraus, was herausgekommen ist.

Eine zweite Sache, zur Frau Bundesrätin Dziedzic: Sie haben sich ja sehr bemüht, da Zusammenhänge zwischen Persönlichkeiten und Burschenschaften herzustellen – die alle falsch sind –, um daraus irgendwie ein Konstrukt herzustellen, das sehr spannend ist. Es hat vor allem einen gedanklichen Fehler: Derjenige, dem Sie das alles umhängen wollen  in dem Fall bin das ja ich –, gehört keiner Burschenschaft an. Also irgendwo hapert es da in Ihrem Netzwerk. (Heiterkeit bei BundesrätInnen von FPÖ und ÖVP.)

Noch eine Sache, Frau Bundesrätin, die die angebliche Fußballexpertise Ihrer Person betrifft: Nach meinem Wissen gibt es eine ähnliche Ausnahmeregelung im Bereich der Pyrotechnik, wie wir sie haben, nur noch in Norwegen. Alle anderen haben schon einen Weg gefunden, dass man auf diesen sogenannten unverzichtbaren Teil der Fan­kultur gut und gerne verzichten kann. Jetzt haben wir in Österreich einen Weg mit Aus­nahmeregelung gefunden, es ist überhaupt nichts geändert worden. Ich weiß nicht, woher Sie das haben. Die Regelung gilt nach wie vor so, wie sie seit dem Jahr 2010 gilt.

Das einzige Problem, das wir im Bereich der Pyrotechnik haben, ist, dass es trotz dieser Ausnahmeregelung einen massiven Anstieg, nämlich von 97 Prozent, im Ge­brauch, im illegalen Gebrauch und in der illegalen Verwendung von Pyrotechnik gegeben hat. Das ist das Problem.

Wenn Sie sich beim Fußball ein wenig auskennen, dann werden Sie wissen, dass ins­be­sondere die Uefa im Sinne eines familienfreundlichen Sportbetriebs versucht, Fami­lien und normale Leute, die sich unterhalten, aber nicht gefährden wollen, in die Fußballstadien hineinzubekommen, und daher bemüht ist, gegen die Pyrotechnik entsprechend vorzugehen.

Jetzt sage ich Ihnen eines, und das unterscheidet uns: Fußballspiele hat es immer gegeben, haben Sie gesagt. – Ja, selbstverständlich, aber wenn in einem Fußball­stadion in Österreich etwas passiert, wenn dort aufgrund eines pyrotechnischen Ein­satzes eine Panik ausbricht, wenn dort Kleidungsstücke zu brennen beginnen und Menschen schwer verletzt oder zu Tode getrampelt werden, dann sind wir bei dem Unterschied angekommen, der uns zwei ausmacht: Sie sind dafür nicht verantwortlich, aber ich bin es, und wenn das passiert, dann würde ich zu Recht hier stehen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

17.43


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.


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Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

17.43.15Fortsetzung der Tagesordnung


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Ich nehme die Verhandlungen zur Tages­ordnung wieder auf. Wir setzen die Verhandlungen über den Tagesordnungspunkt 15 betreffend Pädagogikpaket 2018 fort.

Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Stögmüller. – Bitte.


17.43.41

Bundesrat David Stögmüller (Grüne, Oberösterreich): Wertes Präsidium! Sehr ge­ehrter Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Nach dieser Debatte jetzt wieder zurück zum PädagogInnenpaket, vom dunklen Tag im Fußball sozusagen zu einem traurigen Tag für die Bildungspolitik – vielleicht schaffen wir so den Übergang. (Bun­des­rätin Eder-Gitschthaler: Ui! – Bundesrat Samt: Wunderbar, gut gelungen! – Heiterkeit bei BundesrätInnen von ÖVP und FPÖ.) – Danke, dass Sie das auch so sehen, freut mich. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Samt.)

Im Duden wird das Wort Pädagogik als „Wissenschaft von der Erziehung und Bildung“ definiert. Ganz ehrlich, wenn ich mir das anschaue, frage ich mich, wo die Pädagogik im PädagogInnenpaket 2018 überhaupt steckt. Was hat dieses Paket mit Wissenschaft zu tun, wenn sich keinerlei wissenschaftlicher Ansatz darin wiederfindet? Es geht ja nicht um eine evidenzbasierte Bildungspolitik, sondern um reine bildungsideologische Entscheidungen. Das ist traurig, und das haben Sie ja selber schon einmal im „Standard“ gesagt, Herr Minister.

Genau vor einem Jahr haben alle österreichischen VolksschuldirektorInnen bei einer verpflichtenden Umfrage des Bifie online insgesamt 76 Fragen beantwortet. Die Ergebnisse sind bis heute geheim. Der Minister gibt sie nicht nach außen. Wir kennen die Antworten nicht, wahrscheinlich stehen sie im Widerspruch zu dem heutigen Gesetz. Man kann es nur vermuten.

Wir haben heute erst beim Kinder- und Jugendhilfegesetz das Gleiche erlebt. Eigent­lich sagt die Studie etwas anderes, die Regierung beschließt genau das Gegenteil, nämlich Rückwärtspolitik.

Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, Herr Minister, es ist schon eigenartig, denn im Dezember 2017 wurde diese Umfrage zur Resonanz auf die Grundschulreform 2016 aus der Sicht der betroffenen Volksschulen erstellt. Eigentlich geht es bei dieser Umfrage um genau diese Punkte, die wir heute beschließen, insbesondere darum, dass die beabsichtigte Einschränkung der schulautonomen Möglichkeit alternativer Beurteilung von bisher erster bis dritter Volksschulklasse künftig nur noch bis zum ersten Semester der Schulstufe möglich sein soll.

Ich habe vor ein paar Wochen dazu auch eine parlamentarische Anfrage eingebracht. Ich bin auf die Antworten, was in dieser Evaluierung passieren soll, wirklich gespannt. Antworten auf parlamentarische Anfragen – das muss man auch ehrlich sagen, das muss man auch lobend an das Bildungsministerium weitergeben – werden immer sehr gut von Ihrem Ministerium gegeben, und ich hoffe, Sie enttäuschen mich auch da nicht. Sie haben im Unterrichtsausschuss des Nationalrates versprochen, endlich die Um­frage­ergebnisse zu veröffentlichen, sie in die Öffentlichkeit zu bringen. Meine Frage an Sie: Wann ist es denn endlich so weit? Wann präsentieren Sie uns die? – Wahr­scheinlich, wenn es heute durchgerutscht ist, werden wir sie morgen auf der Home­page finden, genauso wie es auch das Jugendministerium macht.


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Sie haben anscheinend die Daten, die genau diese Gesetze betreffen, geben sie aber nicht an die Öffentlichkeit. Da kann man spekulieren, ob Kalkül hinter der Geheim­haltung steckt und die Daten ganz bewusst nicht freigegeben werden. – Ich bin ge­spannt.

Auch das Sitzenbleiben der Kinder ist für mich heute ein Grund, dieses Gesetz abzu­lehnen. Damit verursachen wir wieder einen langfristigen Schaden für den Bildungs­weg dieser jungen Menschen. Wer ein Schuljahr wiederholt, lernt aufgrund dessen langsamer, bringt schlechtere Leistungen und fühlt sich in der Schule unwohl. Das wissen wir. Es kommt Druck auf das Kind und auf die ganze Familie zu, damit das Kind ja weiterkommt – Förderunterricht, Stress für die Eltern, damit der Lernerfolg irgend­wann kommt.

Für mich ist die Intention ganz klar, nämlich den Kindern von Anfang an den ökonomischen Druck, den Leistungsgedanken – wodurch so viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dann irgendwann im Burn-out landen werden – einzutrichtern. Es geht nur um eines: Leistung, ansonsten bleibst du auf der Strecke!

Ganz ehrlich, ich finde das fatal, auch für die Gesellschaft, und es zeigt, wer sich in den Bildungsfragen durchsetzt, nämlich die Wirtschaftskammer und die Industriellen­vereinigung, und das ist wirklich, wirklich traurig.

Sie betreiben mit diesem Paket keine Bildungspolitik, sondern eher eine Separierungs­politik im Bildungsbereich, Herr Minister. Das wissen Sie, es ist Ihnen anscheinend bewusst. Das ist wirklich sehr, sehr schade, eine leider bewusst betriebene soziale Selektion. Man beginnt schon früh mit dem Aussortieren der Kinder. Diese dürfen aber nicht für die sozialen und kulturellen Defizite ihrer Herkunftsmilieus bestraft werden, das darf nicht passieren. Chancengleichheit sieht anders aus, Herr Minister.

Wir Grüne vertreten nach wie vor die Meinung, dass Bildung die wichtigste Ressource für die Entwicklung unserer Gesellschaft ist, und ich denke, das können Sie sicherlich bestätigen, aber wenn es so weitergeht, entwickelt sich eine gespaltene, leistungs­orientierte und sozial ausgrenzende Gesellschaft – eine Gesellschaft, die gar nicht daran interessiert ist, unsere Jüngsten bestmöglich zu unterstützen und auf ihren weiteren Lebens- und auch Ausbildungsweg vorzubereiten.

Stattdessen kann man ab der zweiten Schulstufe durchfallen und immer mehr stehen der Druck und die Angst wieder im Mittelpunkt des Schulalltages. Wir werden diesem Re­tro­bildungspaket oder PädagogInnenpaket, wie Sie es sagen, nicht zustimmen. (Bun­desrätin Mühlwerth: Ja, ja, ist ja gut!) Ich erwarte mir von Ihnen als Wissen­schafter, dass Sie für diese Bundesregierung nicht nur politische Entscheidungen tref­fen und durchsetzen wollen, sondern auch evidenzbasierte. Das braucht das Bildungs­system.

Gehen wir endlich die großen Brocken im Bildungsbereich an! Setzen wir endlich eine wirkliche Schulautonomie um, und nicht wieder: Nur ein bisschen da, und dafür nehme ich da wieder einiges weg von der Autonomie, dafür gebe ich da ein bisschen Auto­nomie dazu, und da nehme ich wieder die großen Brocken weg. Das wäre notwendig, und deswegen werden wir diesem Gesetz nicht zustimmen. Vielen Dank. (Beifall der Bundesrätin Dziedzic.)

17.49


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Monika Mühlwerth. Ich erteile es ihr.


17.49.50

Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Der Kollege Stögmüller glaubt halt auch, wenn er es immer


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wiederholt, dann wird es irgendwann einmal wahr. (Bundesrat Stögmüller: Das ist Retropolitik!)

Wir haben jetzt lange, lange Jahrzehnte Bildungspolitik nach all Ihren Vorstellungen ge­habt. (Bundesrat Stögmüller: Na, na!) Die SPÖ hat dabei drei Bildungsminister, -minis­­terinnen in dem Fall – da muss ich sogar einmal gendern (Bundesrat Schabhüttl: Sehr gut!) –, verbraucht. Das Ergebnis ist, dass es nach neun Jahren Schule 25 Pro­zent Schüler gibt, die nicht – wohlgemerkt: nach neun Jahren! – ausreichend lesen, schreiben und rechnen können. Was gibt es da noch zu sagen, als dass man hier einen Kurswechsel vornehmen muss? (Bundesrat Stögmüller: Jetzt gehen wir wieder zurück ins alte System!)

Es kann ja überhaupt keine Rede davon sein, dass man da jetzt ins bildungspolitische Mittelalter zurückfällt. Leistung, ja, Leistung werden sie ihr Leben lang bringen müssen. (Bundesrat Stögmüller: Das haben wir eh 30 Jahre gehabt!) Selbst Sie, Herr Kollege, müssen hier eine gewisse Leistung am Rednerpult, zum Beispiel, bringen. Also vom gewissen Erbringen einer Leistung kommen Sie ja Ihr Leben lang nicht weg.

Was ist einfacher, als wenn ich das als Kind – kindgerecht selbstverständlich – in kleinen Portionen lerne? – Das Credo ist – ich hoffe, wenigstens das verbindet uns, und wenn nicht, kann ich auch damit leben –, dass wir die Kinder fördern, aber auch fordern wollen. Kinder gehören nicht nur gefördert, sondern auch gefordert. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Die vielgescholtenen Noten: Erstens gibt es ja nach wie vor bis zur zweiten Klasse Volksschule die Möglichkeit der verbalen Beurteilung. Dann gibt es die Noten, ja, aber es gibt nicht nur die Noten alleine; das wissen Sie auch. Wären Sie im Unterrichts­aus­schuss gewesen, hätten Sie sich das vom Sektionschef wirklich genau erklären lassen können. Da haben Sie leider durch Abwesenheit geglänzt. (Bundesrat Stögmüller: Ja, weil ich im Verfassungsausschuss war! Das weißt du ganz genau!) – Vielleicht irgend­wann einmal Prioritäten setzen! (Heiterkeit bei der SPÖ. – Bundesrat Stögmüller: Verfassung ist Ihnen wurscht! Das wissen wir eh!) – Auf jeden Fall wird eine Beschreibung der Note gegeben.

Wir haben im Ausschuss auch gehört, dass nach der zweiten Klasse nur 10 Prozent eine verbale Beurteilung wünschen; 10 Prozent! Der Rest möchte dann Noten haben. Jetzt sagen der Bildungsminister und die Regierung, wir machen Noten und Beschreibungen, was diese Note auszusagen hat. Ich finde das wirklich sehr gut. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Es gibt erstmals Eltern-Kind-Lehrergespräche, auch schon in der Volksschule, übrigens dann auch in der Polytechnischen Schule. Das ist ein wichtiger Faktor, um rechtzeitig auf Defizite, aber auch auf Stärken aufmerksam machen zu können. Wir reden ja eigentlich seit Jahrzehnten immer nur über die Schwächen der Schüler. Es gibt auch Schüler, die außergewöhnliche Stärken haben, die in Teilbereichen sehr begabt sind. Es ist wichtig, auch diese zu erkennen, auch auf diese Schüler einzu­gehen und sie mitzunehmen und nicht irgendwo in der letzten Bank sitzen zu lassen, was ja früher oft genug der Fall war, weil man das nicht erkannt und geglaubt hat, das ist der Hanswurst der Klasse, der nur stören will. In Wirklichkeit hatte man es mit einem teilhochbegabten Kind zu tun, das sich einfach nur gelangweilt hat. Also auch da eine gute Einführung, die ich für ganz wichtig halte.

Zur Neuen Mittelschule, weil das auch so ein Thema war, die jetzt nur noch Mittel­schule heißen wird, zur Gruppenbildung: Da hat es im Ausschuss sofort geheißen, wir kommen jetzt wieder zurück zum A-Zug und zum B-Zug. Ein paar von uns, die jetzt nicht mehr 30 sind, wissen schon noch, was A- und B-Zug war. Aber wenn man einmal im B-Zug war, ist man kaum noch in den A-Zug gekommen. Das war extrem schwierig.


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Umgekehrt ist es natürlich rascher gegangen. Hier schafft man eine Möglichkeit der Standards, Standard und Standard AHS, um jene Schüler zu haben, die in eine weiterführende Schule gehen wollen, entweder in eine Oberstufe der AHS oder in eine berufsbildende höhere Schule, aber dieses System ist durchlässig. (Zwischenruf der Bundesrätin Hahn.)

Man kann teilweise in dieser Gruppe sein, man kann dauerhaft eine Gruppe bilden, man kann zwischen den Gruppen wechseln. Das ist ja das Wesentliche am Schul­system, was es aber übrigens bisher auch schon gab: dass das Schulsystem durch­lässig ist (Bundesrat Stögmüller: Das hoffe ich!) – na, das ist es auch, ihr habt immer behauptet, das sei nicht so (Bundesrat Stögmüller: Selektiv!) – und da vor allem in Deutsch, Mathematik und in einer lebenden Fremdsprache.

Ich halte das für gut: Ja, wir wissen natürlich, die Schüler, vor allem in einem gewissen Alter, wenn sie in der Pubertät sind, haben eh mit sich selber genug zu tun. Da ist Schule so ungefähr die wichtigste Nebensache der Welt. Genau da muss man sie natürlich begleiten. Da kann es auch zu einem Leistungsabfall kommen und darum kann man eben auch zwischen den Gruppen switchen.

Zum Sitzenbleiben, das ja auch immer so verteufelt wird: Bitte stellen Sie es nicht so hin, als ob jedes Sitzenbleiben die Katastrophe schlechthin wäre! Es ist natürlich in Zahlen der Verlust eines Jahres, aber stellen Sie es nicht so hin, als ob das eine Katastrophe wäre. Das ist ja auch nur als allerletzter Schritt gedacht, wenn alles schon versagt hat.

Aber ich kann Ihnen sagen, es gibt schon Schüler, bei denen es gut war, dass sie ein Jahr wiederholt haben, nicht nur – und wir dürfen das nicht so trennen –, um Wissen aufzuholen, denn wenn man Wissen nicht irgendwann aufholt, schleppt man dieses Defizit ewig mit und es wird statt weniger immer mehr. Aber es gibt auch Schüler, denen das in der Persönlichkeitsentwicklung unheimlich geholfen hat, die in Wirklich­keit kein Jahr verloren haben, weil sie diese Zeit gebraucht haben, weil sie diese Zeit zur Reifung gebraucht haben. (Bundesrat Stögmüller: Ist das evidenzbasiert oder einfach nur ...?)

Es geht ja nicht darum, wie es halt gerne dargestellt wird, so wie es jetzt rüberkommt, dass wir den Schüler sofort, wenn er nicht funktioniert, sitzenbleiben lassen, und dann sitzt er in der nächsten Klasse, sondern das ist wirklich ein letzter Schritt. Das sollten wir uns nicht verbauen.

Wir müssen auch – das steht zwar so nicht im Gesetz, aber das ist jetzt so meine Zugabe, der gemischte Salat sozusagen – bei den Eltern ansetzen. Wir haben ja an den Schulen oft das Problem, dass dort Kinder sitzen – und das bekritteln Sie ja auch immer wieder, das ist dann immer diese soziale Schiene, die da gefahren wird –, die überhaupt nicht verstehen, dass Bildung einen Wert hat, dass das einen ganz hohen Wert hat. Da müssen wir auch ansetzen. Wir wissen auch – das haben Ihnen hundert Experten schon gesagt –, dass es nicht von der Organisationsform der Schule ab­hängt. Es hängt davon ab, wie gut die Lehrer sind und wie sehr man die Kinder motivieren kann.

Ich möchte schon, dass die Schule ihrer Aufgabe gerecht wird, aber ihrer Aufgabe, einerseits Wissen zu vermitteln – Erziehung ist natürlich auch ein Punkt in der Schule, aber die Schule kann nicht die Erziehungsaufgaben übernehmen, die eigentlich die Eltern leisten sollten. Das heißt, wir müssen die Eltern in die Pflicht nehmen, einmal ihre Pflichten zu erfüllen. Wir müssen den Eltern klarmachen, dass Bildung etwas ganz Wertvolles und Wichtiges ist; dann kann das einigermaßen funktionieren. Davon bin ich überzeugt.


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Wir haben ja mit den Deutschklassen schon einen ersten Schritt gesetzt. Das ist jetzt nicht der letzte Schritt, dem werden noch weitere folgen. Aber wichtig ist auch, dass aus dem Bereich Kinder von Zuwanderern – und da sind ja auch schon welche dabei, die hier geboren sind – diese die Sprache können, dass sie dem Unterricht folgen können, dass wir sie nicht zurücklassen, weil wir ja nicht wollen, dass die Schüler nach der Polytechnischen Schule in die Mindestsicherung überwechseln, sondern dass sie dann in der Lage sind, eine Lehre zu machen oder eine andere Schule zu besuchen, um sich einmal selbst oder vielleicht auch eine Familie ernähren zu können.

Also da müssen wir noch einige, viele Schritte mehr setzen, aber ich glaube, dass das einmal ein guter Anfang ist. Daher könnte es sich ja vielleicht auch der Kollege Stögmüller noch einmal überlegen und diesem einem der ersten Schritte auch zustim­men. Wir werden das jedenfalls tun. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

17.59


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bun­desrätin Doris Hahn. – Bitte.


17.59.49

Bundesrätin Doris Hahn, MEd MA (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Frei nach Humboldt ist Bildung ein Prozess der Individualisierung, durch den der Mensch seine Persönlichkeit ausbilden kann. – Ich glaube, da sind wir uns einig: Dazu gehören Fähigkeiten der Lebens- und Alltagsbewältigung, ein gewisses Maß an Verantwortungsbewusstsein, natürlich auch Eigenverantwortung, auch Kompromiss- und Friedensfähigkeit, Kreati­vität, Selbstbeherrschung und vieles mehr.

Unter genau diesen Gesichtspunkten habe ich mir das Pädagogikpaket nicht nur als Politikerin, sondern auch als Pädagogin und Personalvertreterin ganz genau ange­schaut. Ich muss sagen, meine Kollegin hat die Note 4 minus vergeben, ich würde dazu sagen: Das Gegenteil von gut ist vermeintlich gut gemeint. Ich unterstelle jetzt einfach einmal, dass das Paket prinzipiell gut gemeint war.

Mir geht es nicht um einen Justamentstandpunkt, wie man auf gut Österreichisch sagt, ich halte in diesem Fall nichts von Parteipolitik auf dem Rücken der Kinder oder auch der Eltern oder der Lehrerinnen und Lehrer. Mir und natürlich der Sozialdemokratie allgemein geht es um die bestmögliche Bildung für jedes Kind in unserem Land. Uns geht es darum, dass jedes Kind seine Talente entdecken und dann auch entsprechend entfalten kann. Das passiert nun einmal zu einem großen Teil in der Schule beziehungsweise im Umfeld der Schule. (Vizepräsident Lindinger übernimmt den Vorsitz.)

Daher geht es mir auch in einem hohen Maße darum, dass sich die Pädagoginnen und Pädagogen darauf verlassen können, auch jene Rahmenbedingungen vorzufinden, die genau dafür notwendig sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Genau in diesem Punkt mache ich mir große Sorgen. Wir haben es heute schon gehört, aber ich möchte es trotzdem noch einmal sagen, weil mich Folgendes per­sönlich wirklich nachdenklich gestimmt hat: Das Zitat von Herrn Minister Faßmann aus dem Interview im „Standard“ vom 11. Oktober entlarvt ja irgendwo die Politik und ganz besonders die Bildungspolitik dieser Bundesregierung. Ich darf hier noch einmal den Minister zitieren: „Es ist eine politische Entscheidung, wie vieles, was ich entscheiden muss. Nicht hinter jeder politischen Entscheidung gibt es auch eine wissenschaftliche Fundierung.“ (Bundesrat Stögmüller: Das sieht man!)

Das sagt schon einiges aus, und das heißt, Sie geben ganz offen zu, was in Wahrheit dahintersteckt: Es geht bei dem Pädagogikpaket nicht um eine evidenzbasierte


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Entwicklung unseres Bildungssystems, es geht nicht darum, Bildungschancen für wirklich alle Kinder zu schaffen, sondern es geht schlicht und einfach darum, die eigene, die türkis-blaue Klientel zu bedienen. Es geht darum, Kinder jetzt noch früher als ohnehin schon zu selektieren, ihnen sozusagen einen Stempel aufzudrücken: Du bist es wert, in eine höhere Schule zu gehen, und du bist es eben nicht!

Übrigens: Die Kritik kommt bei Weitem nicht von mir beziehungsweise der Sozial­demokratie allein. Ich habe da nur einige Beispiele (einige Zeitschriften in die Höhe haltend) als Auswahl mitgebracht. Ich darf beispielsweise aus einer Zeitschrift der niederösterreichischen Landeslehrer, nämlich der APS-FCG, zitieren.

Da heißt es: „Die Gewerkschaft der PflichtschullehrerInnen stellt daher fest, dass eine gut geplante Einführung der vorliegenden Teile des Pädagogik Pakets mit allen not­wendigen Begleitmaßnahmen sinnvollerweise erst mit Schulbeginn 2020/2021 erfolgen kann.“

Dann heißt es weiter: „Die Gewerkschaft der Pflichtschullehrerinnen und Pflicht­schul­lehrer weist auch ausdrücklich darauf hin, dass die tagtäglich anfallenden pädago­gischen, sozialen, organisatorischen, religiösen, familiären, sprachlichen, mensch­lichen und gesellschaftlichen Herausforderungen an unseren Schulstandorten mit diesem vorliegenden Pädagogik Paket nicht gelöst werden können.“

Dann geht es weiter mit einer Zeitschrift der PflichtschullehrerInnen, APS: „Im vorlie­gen­den Gesetzesentwurf zum ,Pädagogik Paket 2018‘ wird seitens des BMBWF leider wieder der Fehler begangen, dass auch von uns“ – nämlich der Gewerkschaft – „gefor­derte Maßnahmen wie mehr Autonomie am Standort, zusätzliche Differenzierungs­möglichkeiten, die Rücknahme der 7-teiligen Notenskala oder ein freiwilliges 10. Schuljahr wieder zu rasch umgesetzt werden sollen.“

Und dann heißt es: „Weiters wird von der Gewerkschaft Pflichtschullehrerinnen und Pflichtschullehrer angemerkt, dass die Reihenfolge bei der Umsetzung der sechs Teilprojekte des Pädagogik-Pakets falsch ist und von Seiten des BMBWF nochmals überdacht werden sollte.“

Geschätzte Damen und Herren! Beifall und Begeisterung sehen anders aus, aus meiner Sicht.

Dann gibt es noch die Öfeb, eine Vereinigung von mehr als 350 österreichischen Bildungsforschern und Erziehungswissenschaftern. Sie hat ebenso ihre Kritikpunkte geäußert und übermittelt. Ja, die sind im Grunde nicht einmal ignoriert worden. Ich könnte diese Liste an Kritiken jetzt weiter fortsetzen.

Aber schauen wir uns noch einmal die Maßnahmen des Pakets im Konkreten an! Ich beginne mit den positiven Ausreißern, was schneller geht. Der verpflichtende För­derunterricht ist durchaus positiv zu bewerten – besonders natürlich für jene Kinder, deren Eltern sich vielleicht keine teure Nachhilfe leisten können –, um eben schon im Vorfeld mögliche Lernschwierigkeiten abzufangen.

Positiv ist auch das freiwillige zehnte Schuljahr für möglicherweise AHS-, BMHS-Abbrecher nach dem neunten Schuljahr in der PTS. – So weit, so gut.

Das war es dann aber auch schon mit dem Positiven. Wir haben es schon gehört: Das Wiederholen der Klasse ab der zweiten Klasse Volksschule soll jetzt möglich sein. Darauf muss ich, glaube ich, nicht noch einmal näher eingehen. Prinzipiell muss ich aber schon dazusagen, es wird von zahlreichen Bildungswissenschaftern bestätigt, dass gerade das Wiederholen der Klasse nur in Ausnahmefällen vorkommen sollte. In Wahrheit ist das rückschrittlich. Ich als Pädagogin kann nur bestätigen: Jede Lehrerin, jeder Lehrer, die/der einem Kind schon einmal ein Zeugnis mit einem Nicht genügend


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in die Hand drücken musste, das dann mit großen Tränen nach Hause schreiten musste, weiß, dass das nicht lustig ist. (Ruf bei der ÖVP: Es gibt ja Vorgespräche!)

Die Ziffernnoten: Dadurch wird aus meiner Sicht die mühsam erkämpfte Schul­auto­nomie wieder eingeschränkt. Ich muss dann schon fragen: Warum lässt man denn die Entwicklungen in diesem Bereich nicht einmal wirken? (Ruf bei der FPÖ: Weil es nicht gewirkt hat!) Es ist ganz klar, wenn man eine bildungspolitische Maßnahme umsetzt, dass es einige Jahre dauert, bis sich etwas etabliert hat. Also die Zeit zu geben, dass es sich etabliert und es dann auch zu evaluieren, glaube ich, das hätte man schon tun können.

By the way: Singapur beispielsweise schafft die Ziffernnoten bis 8 gänzlich ab. Ich glaube, Singapur kann man nicht unterstellen, dass es sich da um linke Kuschel­pädagogik handelt, also in diese Verlegenheit kommen wir da nicht. Singapur hat näm­lich erkannt, dass sich Kinder auf ihren eigenen individuellen Lernfortschritt konzen­trieren sollen und sich nicht dauernd mit anderen vergleichen sollen, denn genau da liegt in Wahrheit der Fokus, dass es nicht auf die Noten und auf den Vergleich ankommt, sondern auf die individuellen Lernfortschritte. Singapur hat das erkannt und reagiert darauf, Österreich nicht.

Stichwort Neue Mittelschule. Das Wort neu im Namen soll gestrichen werden. – Eine aus meiner Sicht sinnbefreite Maßnahme, denn außer Unmengen an Folgekosten für neue Türschilderbeschriftungen und Briefköpfe sehe ich da wirklich keinerlei pädago­gischen Mehrwert. Ganz im Gegenteil! An meiner eigenen Schule beispielsweise hängt das Kürzel NMS auch direkt mit unserem Schulprofil, mit unserem Schulleitbild und auch mit unserer Corporate Identity zusammen. Logo und Leitbild können wir jetzt de facto kübeln, Jahre an Schulentwicklungsarbeit umsonst – ich weiß es nicht! (Zwi­schenruf des Bundesrates Köck.)

Die siebenteilige, siebenstufige Notenskala: Jetzt gibt es halt nicht mehr das Differen­zierungsniveau grundlegend und vertiefend, jetzt heißt es halt Standard und Standard AHS, de facto bleiben es sieben Stufen, weil ja die Noten 1 und 2 im höheren Niveau den Noten 3 und 4 im niedrigeren entsprechen, also wieder nur ein Aus­tauschen eines Schildes, aber noch mit dem schalen Beigeschmack von A- und B-Zug wie in den Siebzigerjahren, denn – und damit komme ich zum nächsten Stichwort, näm­lich den Differenzierungsmöglichkeiten – bisher waren die unterschiedlichen Lern­gruppen ja immer nur zeitlich begrenzt einzusetzen, es war also keine dauerhafte Einteilung in Leistungsgruppen vorgesehen, und zwar aus einem guten Grund: Wenn ich Kinder dauerhaft schubladisiere, sozusagen in gute und in schlechte Kinder, wird das Niveau erfahrungsgemäß eher nach unten denn nach oben nivelliert. Also zurück zur Hauptschule der Siebziger- und Achtzigerjahre, mit dem Hintertürl sozusagen zurück zu A- und B-Zug.

Stichwort Kompetenz- und Potenzialmessungen: Bisher waren diese freiwillig durch­zuführen, jetzt sollen sie verpflichtend werden – und das schon in der dritten Klasse Volksschule unter dem Deckmantel der direkten Rückmeldung an die Eltern zur Bil­dungslaufbahnentscheidung. Was wirklich dahintersteckt, ist klar: Erstens einmal sind es natürlich versteckte Aufnahmeprüfungen für die AHS. Es wird also noch früher selektiert als bisher schon. Und was noch dahintersteckt: Stellen wir uns einmal vor: Was passiert, wenn in einer Klasse herauskommt, dass 50 Prozent der Kinder die Kompetenzen nicht erreichen? – Na dann muss aber die Lehrerin oder der Lehrer ein/e ganz besonders schlechte/r gewesen sein.

Also diese Form des Misstrauens und der Kontrolle von oben haben sich die Leh­rerinnen und Lehrer in Österreich, die an jedem einzelnen Schultag ganz großartige Arbeit in den Klassen leisten, die einen ganz wesentlichen Beitrag für die Persönlich-


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keits­entwicklung unserer Kinder und Jugendlichen leisten, einfach nicht verdient. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Abschließend frage ich Sie: Hat der Sohn einer alleinerziehenden Teilzeit arbeitenden Friseurin denn nicht dieselben Chancen auf die beste Bildung und Ausbildung verdient wie die Tochter des Herrn Generaldirektors?

Dazu braucht es aber natürlich verschiedene Maßnahmen, die im Pädagogikpaket in keinster Weise angegangen werden: den Ausbau einer kostenfreien und im besten Falle verschränkten Ganztagsschule; eine gemeinsame differenzierte Schule für alle 10- bis 14-Jährigen; ein ZweilehrerInnensystem oder Kleingruppen in der Volksschule; zusätzliche Ressourcen für Integration, Inklusion und vieles, vieles mehr.

Ich bitte Sie wirklich eindringlich: Fahren wir mit unserem Bildungssystem nicht in die pädagogische Vergangenheit zurück, tragen wir unser Bildungssystem (Bundesrat Steiner: Wir können kein totes Pferd reiten!) für die Schülerinnen und Schüler, für unsere Kinder und vor allen Dingen für eine moderne und eine solidarische Gesell­schaft wieder zurück in die Zukunft! (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller.)

18.10


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Sandra Kern. Ich erteile dieses.


18.10.31

Bundesrätin Sandra Kern (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher zu Hause! Ich bin sehr dankbar für dieses Gesetz, und ich bin dankbar dafür, dass wir heute im Bundesrat darüber diskutieren können. Wir haben in Niederösterreich mit Personal­vertretern von allen Schulstufen im Frühjahr eine Runde gemacht, in der wir Verbes­serungen für unser Schulsystem diskutiert haben. Das haben wir dann auch medial präsentiert. Ganz viele Forderungen von damals finden wir in diesem pädagogischen Paket wieder, das freut uns sehr.

Ich möchte mich nicht nur für den Inhalt des pädagogischen Pakets bedanken, sondern auch für die Art und Weise, wie der Prozess, wie das Zustandekommen dieses Pakets abgelaufen ist. Es waren nicht nur wissenschaftliche Experten daran beteiligt, sondern es waren Pädagoginnen und Pädagogen von Schulen daran beteiligt; es waren Men­schen daran beteiligt, die tagtäglich in der Schule stehen; es waren Personal­vertre­terinnen und Personalvertreter daran beteiligt. Man hat viele Meinungen zusammen­gefasst – und dafür spreche ich ein großes Dankeschön aus. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Bildung ist ja auch das Fundament für unsere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Bildung ist entscheidend, wenn es darum geht, in Beschäftigung zu kommen. Bildung ist entscheidend, wenn es darum geht, in Beschäftigung zu bleiben. Sie kennen die Zahlen: Wir haben fast 20 000 Arbeitslose ohne abgeschlossene Ausbildung in Öster­reich; wir haben fast 130 000 Arbeitslose mit nur einem Pflichtschulabschluss. Und es ist unsere Verantwortung, unsere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dann bei der Qualifizierung zu begleiten und zu unterstützen.

Eine Tatsache ist, kein Kind gleicht dem anderen. Genauso vielfältig, wie unsere Kin­der sind, muss auch die Vielfalt in unserem Schulsystem sein. Ja, Doris, ich bin voll bei dir, jedes Kind soll dieselbe Chance haben, aber ich bin nicht bei dir, wenn du sagst, dass jedes Kind die Fähigkeit hat, im Gymnasium zu sitzen und ein Studium abzu­schließen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Bundesrätin Hahn: ... Chance haben!)  Die


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Chance habe ich auch genannt, das habe ich auch gesagt, da bin ich voll bei dir! (Weiterer Zwischenruf der Bundesrätin Hahn.)

Deswegen gibt es ein klares Bekenntnis zu einem differenzierten Schulsystem, ein klares Bekenntnis zur Wahlmöglichkeit, und es gilt: Nicht jedem das Gleiche!, sondern: Jedem oder jeder das Seine oder Ihre!

Für uns ist auch klar, dass das neue Pädagogikpaket ein Maßnahmenpaket dafür ist, um unsere Kinder bestmöglich auf die Herausforderungen von morgen und auf eine moderne Arbeitswelt vorzubereiten. Der Leistungsgedanke ist in allen Gesellschafts­bereichen wesentlich, so auch in der Schule. Ich bin schon fast ein bisschen müde, das Wort Leistung dauernd verteidigen zu müssen. Leistung ist nämlich nichts Schlechtes, sondern wir brauchen das in allen Bereichen – und das bedeutet: fördern und fordern. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Es braucht auch individuelle Lösungen. Ich darf es am Beispiel der Deutschklassen, die auch so verteufelt werden oder wurden, kurz anführen: In Niederösterreich gibt es die Deutschklassen bereits seit Februar. Über 2 000 Kinder wurden an 80 Schul­standorten betreut. Wir haben 60 Pädagoginnen und Pädagogen dadurch in Beschäfti­gung gebracht. Ja, das kostet Geld! Ja, das ist es uns wert! Auch da gilt: fordern und fördern. Es geht darum, leistungsschwächeren Kindern unter die Arme zu greifen, ohne den regulären Unterrichtsverlauf dabei zu beeinträchtigen – klar nach dem Motto: Neue Herausforderungen brauchen auch neue Antworten. Die Rückmeldungen, die wir in Niederösterreich aus diesem Projekt bekommen – und ich glaube, Doris, das wirst du wissen –, sind sehr positiv.

Worum ist es uns gegangen oder was ist uns ganz wichtig? Das war heute noch kein Thema, und gerade deswegen möchte ich es ansprechen. – Es geht verstärkt darum, auf Begabungen und Talente von Kindern zu setzen – das haben wir schon gehört –, das bedeutet aber auch eine frühere und eine verpflichtende Berufsorientierung in allen Schultypen, beispielsweise mithilfe von einem Begabungskompass, beispielsweise indem man Berufstätige an Schulen holt, um unterschiedliche Berufsbilder vorzu­stellen, aber natürlich auch mittels Berufs- und Bildungsmessen. Es muss verstärkt mög­lich sein, an Schulen unterschiedliche Berufsbilder darzustellen und kennenzulernen.

Monika, da bin ich bei dir: Auch die Eltern müssen stärker in die Pflicht genommen werden. Die Verantwortung darf nicht alleine der Schule übertragen werden. So etwa auch bei der Schul- und Berufswahl: Schulen sollen nicht nach Prestige ausgesucht werden, sondern nach Talenten. Daher brauchen Expertisen von Lehrerinnen und Leh­rern beim Schulübertritt auch wieder mehr Gewicht. Ich bin froh, dass es Gespräche mit Pädagoginnen, Pädagogen und den Eltern im Vorfeld gibt, in denen darüber diskutiert wird, welche Schule die richtige für das Kind ist. Sowohl beim Mechaniker geht man davon aus, dass er das Richtige tut, als auch beim Arzt, der ein Attest erstellt, da sind sich alle einig, das wird nicht infrage gestellt. Daher sollten auch die Empfehlungen unserer Lehrerinnen und Lehrer, welche Schule am geeignetsten ist, wieder mehr Gewicht bekommen. – Das wäre einen Applaus wert. (Heiterkeit und Beifall bei ÖVP und FPÖ.) – Danke.

Wir glauben, dass wieder der richtige Weg eingeschlagen worden ist, damit die Schule wieder ein Ort wird, in dem Leistung zählt. Jedoch muss jedem klar sein – und da bin ich bei einigen meiner Vorredner –, dass diese Ausrichtung nicht sofort auf alle Fragen Antworten geben kann. Es ist ein Gerüst, auf das man gut aufbauen kann und das wir weiterhin mit Leben erfüllen müssen. Das ist die Aufgabe von uns Politikerinnen und Politikern. (Beifall bei BundesrätInnen von ÖVP und FPÖ.)


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Ich darf zwei Punkte hervorheben, die uns sehr wichtig waren und die ich für sehr wichtig und richtig halte. Das eine ist das Thema leistungsorientierte Mittelschule ab der sechsten Schulstufe. Ergänzend zu den bisherigen Differenzierungsmaßnahmen in der Mittelschule soll es jetzt dauerhafte Leistungsgruppen geben – das ist schon angesprochen worden –: die zwei Leistungsniveaus Standard und Standard AHS. Das wird auch umgesetzt, um unsere Mittelschulen zu stärken. Seien wir doch ganz ehrlich: Wir haben das Problem, dass im städtischen Bereich alle ins Gymnasium möchten, aber die Mittelschule eigentlich ein super Schultyp, ein geeigneter Schultyp ist. Durch diese Maßnahme wird dieser aufgewertet, und dafür sage ich: Danke schön!

Der zweite Bereich, der uns ganz wichtig war und der von uns seit Langem gefordert wird – danke für die Umsetzung –, ist das freiwillige zehnte Schuljahr, das an Polytechnischen Schulen absolviert werden kann. Das ist für Schülerinnen und Schüler ganz wichtig, die vielleicht keinen Schulabschluss während der allgemeinen Schul­pflicht geschafft haben. Infolge dieses Pädagogikpakets ist es möglich, noch einmal eine Runde zu machen, ein zehntes Schuljahr einzuschieben und dann auch einen Schulabschluss zu haben.

Abschließend sage ich noch ein Dankeschön an alle Pädagoginnen und Pädagogen, die nicht am Dienstagmittag zu arbeiten aufhören, sondern mit sehr viel Leidenschaft, mit sehr viel Einsatz jeden Tag in der Schule stehen, sehr viel Verantwortung für unsere Kinder übernehmen und auch die Voraussetzungen schaffen, dass sich die Kinder weiterentwickeln können, um dann für eine moderne Arbeitswelt, in der sie sich entwickeln und mit ihrer Leistung beitragen können, bereit zu sein. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

18.18


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Christoph Steiner. Ich erteile dieses.


18.18.30

Bundesrat Christoph Steiner (FPÖ, Tirol): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrter Herr Minister! Kollegen Bundesräte! Liebe Zuhörer! Bildung in Österreich ist – zumindest seit ich denken kann – ein Thema, das mehr als heiß diskutiert wird. Vieles wurde leider zulasten der Lehrer, Eltern, aber auch Schüler oft durch die partei­politische Brille gesehen. Egal ob in Wien das rote Parteibuch oder in Tirol das schwarze Parteibuch: Dieses entschied oft über die Karrieren der Lehrer und Chancen der Schüler. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Ich habe das selbst miterlebt, als in meiner Schule der Posten des Direktors vakant war. Das ist in Tirol, da bekam es dann natürlich derjenige mit dem schwarzen Parteibuch und nicht jener mit den besseren Qualifikationen. (Rufe bei der ÖVP: Der Beschte!)

Der Unterschied zwischen damals und jetzt ist nur Folgender: Jetzt haben wir keine Schwarzen mehr in Wien, sondern Türkise; und die türkis-blaue Bundesregierung macht einen richtigen Schritt und setzt die Parteibuchwirtschaft in den Schulen an die frische Luft. (Beifall bei der FPÖ sowie der BundesrätInnen Eder-Gitschthaler und Seeber.)

Österreich investiert auf Bundesseite 8,8 Milliarden Euro in Bildung. Zusammen mit den Gemeinden und Ländern sind das circa 60 Milliarden Euro. Mit dem Resultat können wir aber alle hier herinnen wohl nicht zufrieden sein. Momentan ist Nachhilfe in Österreich wohl der wirtschaftlichste Zweig in Sachen Bildung. 103 Millionen Euro geben Eltern in Österreich jährlich für Nachhilfe aus. Unser Ziel muss es sein, diese unheimliche Summe gegen null zu drücken. Jedes Jahr verlieren wir 10 000 Schüler.


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Dies kann und darf uns allen hier herinnen ja nicht egal sein! (Bundesrat Stögmüller: Ja, so ist es!)

Erschreckend ist auch, dass jeder dritte Schüler in Österreich ein Risikoschüler ist. Deshalb können wir halt kein totes sozialistisches Pferd mehr reiten, was die Bildung betrifft, denn tote Pferde reitet man nicht. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der ÖVP.)

Auch die Pisastudien zeigen uns ja ganz deutlich, dass das rote System die Bildung in Österreich an die Wand gefahren hat. Unser Ziel ist es, für Schüler und Lehrer sowie für Eltern eine Verbesserung des Istzustandes herbeizuführen. Genau das ist unser Anspruch!

Es darf nämlich nicht sein, dass das Glück entscheidet, ob mein Kind einen motivierten Lehrer erwischt oder nicht. (Bundesrat Stögmüller: Aber du fährst ...!) Jedes Kind in Österreich hat das Recht auf motivierte Lehrpersonen, nur: Wenn ein Lehrer tagelang an einer schriftlichen Beurteilung sitzt, die dann auch noch überhaupt nichts über den Schüler aussagt, ist es natürlich verständlich, dass die Lehrpersonen in unseren Schulen die Motivation verlieren. (Zwischenruf des Bundesrates Stögmüller.)

Ich habe mir selbst einmal zwei, drei Schularbeitsbeurteilungen angeschaut. Man braucht mindestens zehn verschiedene Farben und äußerst viel Zeit, um jeden einzelnen Fehler mit einem Bewertungs- und Beurteilungsroman zu umschreiben. Das hat überhaupt nichts mit Fördern und Fordern unserer Schüler zu tun. Wir wollen ein Bildungssystem, sodass unsere Kinder nach der Schule die Besten sind und ihnen auf der ganzen Welt die Türen offenstehen. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der ÖVP.)

Die vier wesentlichen Ziele des Pädagogikpakets sind erstens: klare Noten und trans­parente, kriterienorientierte Leistungsbeurteilung, zweitens: bestmögliche Förderung entsprechend der individuellen Voraussetzungen, drittens: Verbesserung der Außen­wir­kung der Mittelschule, natürlich mit der Beibehaltung der schon gegebenen positi­ven Effekte, viertens: Verbesserung der Durchlässigkeit im österreichischen Bildungs­sys­tem.

Weiters, und das freut mich besonders, besteht nun endlich die Möglichkeit eines freiwilligen zehnten Schuljahrs, und zwar an der Polytechnischen Schule. Dies ist eine langjährige Forderung der Freiheitlichen Partei. (Heiterkeit der Bundesrätin Grimling.) Was bedeutet das? – Es bedeutet, dass all jene Schüler, die das neunte Schuljahr in einer allgemein bildenden höheren Schule nicht positiv abschließen konnten, jetzt die Möglichkeit haben, ein Zeugnis zu bekommen, das nicht vor Fünfern strotzt. Die haben jetzt die reelle Chance, nach dem zehnten freiwilligen Schuljahr, nach der Poly eine adäquate Lehrstelle in Österreich zu finden. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Zu den Leistungsgruppen Standard und Standard AHS: Da beträgt ja der Beur­teilungs­zeitraum der Lehrpersonen ein Jahr, und danach, glaube ich, kann man den Lehrper­sonen schon zutrauen, dass sie dann wissen, wohin ein Schüler gehört. Ich bin vom Land, und ich war ein Kind der Leistungsgruppen. Wir hatten die Chance, auch wenn wir aus finanziellen Gründen oder aus geographischen Gründen auf kein Gymnasium gehen konnten, in einer ersten Leistungsgruppe unterrichtet zu werden. Jetzt müsst ihr mir einmal erklären, was daran schlecht ist, ein Kind, wenn es in Mathe gut ist, zu fordern und vielleicht, wenn es Defizite in Englisch hat, zu unterstützen und ein wenig zu fördern.

Wir müssen unsere Kinder stärken und fördern und nicht alle Kinder nach einem sozia­listischen Modell gleich schlecht machen. Eure sozialistische Bildungspolitik ist – so


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leid es mir tut – maximal gescheitert. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der ÖVP. – Bundesrätin Grimling: Das tut dir eh nicht leid!)

Zu den Noten: Es werden die Möglichkeiten der Lehrer jetzt eigentlich mehr, denn der Lehrer kann ja jetzt zusätzlich zur Note auch eine verbale und mündliche Beurteilung abgeben. Durch die Noten wissen die Lehrer, aber vor allem weiß der Schüler, wo der Schüler denn überhaupt steht, ob er irgendwo Defizite hat, ob er sich irgendwo verbessern muss, ob es Möglichkeiten gibt, Defizite auszumerzen. Auf dies muss eingegangen werden, denn die Zukunft sind unsere Kinder.

Wir müssen – und das ist wichtig – unseren Schülern auch wieder ein Pflichtbewusst­sein mitgeben, denn in der Arbeitswelt können sie dann auch nicht kommen und gehen, wann es ihnen passt. Das funktioniert vielleicht bei euch (in Richtung SPÖ), aber in der realen Arbeitswelt funktioniert das nicht. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf der Bundesrätin Grossmann.)

Wichtig ist mir noch – und das hat der Herr Vizekanzler vorhin eh schon kurz angeschnitten –, die tägliche Sport- und Bewegungseinheit zu erwähnen. Leider ist sie nur in 40 Prozent aller Kindergärten und Volksschulen in Österreich der Regelfall. Unser Vizekanzler und Sportminister hat nun das Ziel ausgegeben, dies bis 2022 auf 100 Prozent in allen Volksschulen und Kindergärten zu steigern. Auch dies wurde leider in den vergangenen Jahren vernachlässigt.

Noch ganz kurz: Liebe Österreicherinnen und Österreicher, die Bildung in Österreich ist eine sozialistische Großbaustelle, aber eines könnt ihr euch sicher sein, diese türkis-blaue Bundesregierung wird auch diese sozialistische Großbaustelle zum Wohle unserer Kinder aufräumen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der FPÖ und bei Bundes­rätInnen der ÖVP.)

18.27


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Doris Schulz. Ich erteile es ihr.


18.27.10

Bundesrätin Mag. Doris Schulz (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Pädagogikpaket 2018 ist eine sehr gelungene Novellierung des Schulunterrichtsgesetzes, und ich bedanke mich ausdrücklich bei unserem Bundesminister Faßmann dafür, denn damit werden die Bildungsirrtümer der letzten zehn Jahre weitgehend korrigiert.

Was meine ich mit Bildungsirrtümern? – Heute ist hier vorne schon mehrfach davon gesprochen worden, dass viele junge Menschen versuchen, sich eine Zukunft zu schaffen, vielleicht in einen Beruf zu gehen, dann aber die Lehrherren oder die mög­lichen Arbeitgeber feststellen, dass diese jungen Menschen nicht sinnerfassend lesen können, zum Teil nur schlecht schreiben und rechnen können. Glauben Sie es mir – ich bin in vielen Unternehmen unterwegs –, das ist die Hauptklage, die ich von Unter­nehmen höre, wenn sie auf der Suche nach jungen Mitarbeitern sind! Diese Lehrlinge und diese jungen Menschen von heute sind die Opfer von gestern.

Ich konzentriere mich beim Thema Pädagogikpaket jetzt auf die Volksschule, denn unsere Kinder erleben dort einen ganz, ganz wichtigen Zeitraum. Es ist notwendig, dass wir eine klare Notensystematik haben, die zwischen Sehr gut und Nicht genügend in fünf Stufen unterscheidet. Das ist eine transparente, kriterienorientierte, objektiv nachvollziehbare Leistungsbeurteilung; und die ist notwendig. Diese Transparenz braucht es, denn es geht darum, die Lernmotivation zu verbessern.


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Was auch ein wesentlicher Teil ist und mit dieser Novelle verstärkt kommen wird, ist das Gespräch zwischen Kind, Eltern und Pädagogen in der Volksschule. Ich komme aus einer Stadt, wo es – wie wir wissen – sehr, sehr schwierig ist, Eltern zu erreichen, weil sie es nicht für notwendig erachten, dass sie sich an der schulischen Entwicklung ihrer Kinder tatsächlich beteiligen. Mit dieser Novellierung ist das jetzt eine Notwendig­keit geworden.

Zu den Ziffernnoten kommt – das ist ja auch der Benefit – die schriftliche Erläuterung der Leistung, das hat sich ja bewährt, das ist ja gut. Die Notentransparenz, das heißt die Möglichkeit, die Leistung knapp und allgemein zu erkennen, ist aber notwendig. Warum haben Sie Angst vor Noten? – Die Kinder von heute wachsen nicht mehr in der Schule, die wir alle erlebt haben, auf.

Noten fallen nicht vom Himmel, und wenn ein Kind ein Zeugnis erhält, in dem ein Nicht genügend steht, dann ist das auch kein Naturereignis, sondern eine Entwicklung. Noten entstehen durch Beurteilung der Mitarbeit, durch mündliche und schriftliche Tests oder durch Abfragen, die im Laufe eines Semesters erfasst werden. Wenn ein Pädagoge sich um seine Schülerinnen und Schüler bemüht, und davon gehe ich aus, dann wird er das Kind auch sehr wohl über dessen Lernentwicklung informieren, darüber, wie das Kind abschneidet und wie es im Vergleich mit anderen arbeitet.

Dieses Punktesystem hat sich bewährt, und auch für Eltern – ich bin selber Mutter von zwei Kindern und habe das intensiv erlebt – ist es eine ganz wesentliche und auf­schlussreiche Information. Noten machen die Leistungen von Kindern vergleichbar. (Zwischenruf der Bundesrätin Hahn.) Mit Noten werden Leistungen beurteilt und nicht der Mensch – ich gehe davon aus, dass jeder Pädagoge das unterscheiden kann. (Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Hahn.)

Noten sind eine Vorbereitung auf das Leben, denn gelebt wird im Tal und nicht in den Höhen, und auch das müssen Kinder lernen. Die kindliche Entwicklung zwischen sechs und zehn Jahren ist ganz, ganz wesentlich, und betreffend die kindliche Entwicklung möchte ich einige Punkte hervorheben – das sind keine ideologischen Überlegungen, sondern psychologische Erkenntnisse.

Das Alter zwischen sechs und zehn Jahren ist geprägt von der Wettbewerbs­orien­tierung der Kinder. (Zwischenruf der Bundesrätin Grimling.) Kinder vergleichen in diesem Alter. Sie lernen ihre eigene Persönlichkeit kennen, sie wetteifern, sie sind motiviert, und wenn es nicht klappt, dann sind sie frustriert. Da ist es dann notwendig anzusetzen, dafür gibt es viele Instrumente und Möglichkeiten. In diesem Alter zwischen sechs und zehn Jahren sind die Lernfenster ganz weit offen – so weit, wie sie im weiteren Leben nie wieder offen sein werden –, deswegen heißt es, diese Zeit intensiv zu nützen.

Es geht um die Schulreife eines Kindes. Diese ist dann gegeben, wenn es selbst­ständig entscheiden kann und die Persönlichkeitsentfaltung entsteht. Grenzen ken­nen­zulernen ist eine ganz wesentliche Lebenserfahrung, die bis zum Letzten entscheidend ist. Was in dieser kindlichen Entwicklung auch dazugehört, wie alle Psychologen feststellen: Ein dosiertes Scheitern ist ein Teil, der das Durchsetzungsvermögen und die Rücksichtnahme sehr wohl schult.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ! Auch wenn Sie PädagogInnen sind, die sich hier zu Wort gemeldet haben, bitte vermengen Sie nicht Instrumente, Inhalte und Didaktik! (Bundesrätin Grimling: ... unterrichtet aber schon!) Wenn ich unterrichte, dann ist das ein Beruf, den ich ausübe, aber es gibt Instrumente, die man einsetzt, um Lehrinhalte zu präsentieren oder um Bewertungen auszuhalten. Die Inhalte werden durch den Lehrplan festgelegt, und Didaktik ist die Art und Weise, wie etwas vermittelt wird. (Zwischenruf der Bundesrätin Grimling.) Vermengen Sie das bitte nicht! Denn


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wenn zum Beispiel Kollegin Gruber-Pruner sagt, mit dem Notensystem werden Kinder in gut und schlecht eingeteilt, dann hat sie nicht als Pädagogin gesprochen, sondern als lupenreine Sozialdemokratin. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Grimling.) Es ist nicht verboten, so zu argumentieren, aber es hilft unseren Kindern nicht.

Im Übrigen ist die Möglichkeit, eine Klasse zu wiederholen, eine gute Möglichkeit (Bundesrat Stögmüller: Aha?!), denn es geht nicht ums Sitzenbleiben, sondern die Kinder werden umgestuft. Wenn Sie Kinder anschauen, dann wissen Sie, ein acht­jähriges Kind kann, so wie es heute gezeigt wurde, so klein sein, dass es nicht einmal zum Pult hinaufschauen kann, oder es kann so groß sein, dass es bis an meine Schultern reicht. Die körperliche Entwicklung eines Kindes verlangt dem kleinen Menschen sehr, sehr viel ab. Die einen brauchen länger dafür, die anderen sind flotter in der Aufnahme. – Sie selber wissen, wie unterschiedlich Kinder sind, und für viele Kinder ist es, ob sie jetzt durch die körperliche Entwicklung länger brauchen oder auch durch eine Krankheit, so, dass sie damit die Möglichkeit haben, tatsächlich das nachzuholen, was sie brauchen. Eine Klasse zu wiederholen ist keine Schande, denn das ist Zeit für Entwicklung. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Stögmüller.)

Das Ziel ist, allen SchülerInnen die bestmögliche Förderung zu geben, und da muss ich auch die sozialdemokratische Bildungspolitik ansprechen: Sie wollen keine Leistung, aber die Kinder durchs System treiben. Das kann es ja wohl wirklich nicht sein! (Beifall bei der ÖVP und bei BundesrätInnen der FPÖ.)

In einem differenzierten Schulsystem geht es darum, gleiche Chancen zu haben, nämlich gleiche Chancen, eine Schulbildung zu erhalten; das haben unsere Kinder in Österreich. Das Wesentliche ist aber, dass die Kinder Chancengerechtigkeit in der Ausbildung brauchen, und die müssen wir ihnen bieten. Wir dürfen nicht alle über einen Kamm scheren, sondern müssen ihnen das geben, was ihren Talenten ent­spricht, ihren Stärken entspricht.

Alle anderen Maßnahmen des Pädagogikpakets 2018 wurden mehrfach besprochen, sie sind top. Ich danke dem Herrn Minister, vor allem für die Kurskorrektur. Wir sind damit am richtigen Weg. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

18.35


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Josef Ofner. Ich erteile dieses.


18.35.53

Bundesrat Josef Ofner (FPÖ, Kärnten): Geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Bundesrätinnen und Bundesräte! Liebe Zuseher hier auf der Galerie und jene, die uns via Livestream zusehen! Wenn wir heute im Bundesrat dieses Pädagogikpaket 2018 verabschieden, dann wird ein bildungspolitisches Auf­atmen in ganz Österreich stattfinden, weil damit eine jahrelange linksideologische Versuchspolitik im Bildungswesen beendet wird und endlich einmal eine vernünftige, realitätsorientierte Bildungspolitik Platz greift. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Wesentliche Punkte dieses Bildungspakets haben meine Vorredner und Vorrednerin­nen ja bereits ausgeführt, aber ich werde noch auf einen Punkt eingehen, denn dieser erscheint mir sehr wichtig, weil er aufzeigt, was in den vergangenen Jahren falsch gelaufen ist, und das ist der Bereich, der mit eingepflegt worden ist, nämlich der mögliche Förderunterricht zur Unterstützung.

Was aber, und das ist das Wichtigste, grundsätzlich und schon vorab eingeführt worden ist, vor diesem ersten Teil des Pädagogikpakets, das ist, dass Deutschklassen


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eingeführt worden sind, denn, Frau Gruber-Pruner – Sie haben von Motivation ge­sprochen, und jetzt werden Sie mir wahrscheinlich schon beipflichten müssen –, was ist denn für ein Kind demotivierender, als im Unterricht gerne mitmachen zu wollen, aber aufgrund von Sprachdefiziten nicht mitmachen zu können und deswegen ausge­grenzt zu sein? (Zwischenruf der Bundesrätin Gruber-Pruner.) Und was ist denn für einen Lehrer demotivierender – es geht ja gleichermaßen um motivierte Kinder und motivierte Lehrer –, als eine Gruppe zu haben, in der die Hälfte dem Unterricht nicht folgen kann, womit die Qualität des Unterrichts verloren geht? (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Liebe Damen und Herren – vor allem die Damen von der SPÖ haben das heute kundgetan –, also bei Ihnen ist Leistung immer etwas Negatives. (Ruf bei der SPÖ: Stimmt gar nicht!) Das ist grundsätzlich so, deswegen: Willkommen in der Realität! Leistung ist etwas Positives, und: Ja, es braucht ein Beurteilungssystem, denn für die Kinder sollen ja auch Motivationsanreize geschaffen werden, indem man sich eben vergleicht. Das ist im Sportbereich, wenn die Kinder Sport ausüben, ganz dasselbe! Sie sollen ja auch dann im weiteren Leben an ihren individuellen Fähigkeiten gemes­sen werden, daher ist es von Bedeutung, dass die Schulbildung darauf abzielt, eine möglichst optimale Vorbereitung auf die Zukunft und den beruflichen Alltag darzu­stellen und damit auch die beruflichen Karrierechancen zu erhöhen. Ich sage Ihnen in diesem Zusammenhang schon eines ganz eindeutig: Wir wollen interessierte und motivierte Menschen und keine Gesellschaft von Lethargisten! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Geschätzte Damen und Herren, fördern und fordern ist heute schon des Öfteren genannt worden, und vor diesem Hintergrund kann man eigentlich allen Maßnahmen des vorliegenden Pakets einen positiven Aspekt abgewinnen. Was aber wichtig ist – jetzt komme ich eben darauf zurück –, das ist der Förderunterricht zum Ausgleichen von Defiziten als ein probates Instrument, aber eben in Zusammenarbeit und im Ge­spräch mit den Eltern, um einerseits Unterstützung geben zu können und um anderer­seits auch, wie es dort als Ziel definiert ist, den Abbruch von Bildungslaufbahnen zu vermeiden.

Die Einführung des Förderunterrichts stellt eine wesentliche Unterstützung für Schüler und Eltern dar, denn derzeit haben wir ein System, in dem ohne Nachhilfe bald gar nichts mehr geht.

Die Zahlen steigen von Jahr zu Jahr, und wenn wir uns anschauen, dass im Jahr 2017 23 Prozent der Schüler Nachhilfe genommen haben und das Kosten von 103 Millionen Euro für die Eltern verursacht hat, und im Jahr 2018 waren es schon 27 Prozent der Schüler und Kosten von 94 Millionen Euro, dann sehen wir ja, dass diese Bildungspolitik nicht funktioniert. Keine Sorge, die Zahlen habe nicht ich erfunden, Ihre Arbeiterkammer hat sie veröffentlicht. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Daran sind aber nicht die Pädagogen schuld, denn die haben trotz einer ineffizienten Bildungspolitik von Ihnen tagtäglich ihr Bestes gegeben, sondern eben Sie tragen dafür die Verantwortung. Deswegen frage ich mich, wenn wir uns jetzt dieses Paket anschauen, warum wir es denn eigentlich haben schnüren müssen. Warum haben wir das machen müssen? – Weil diese Bundesregierung jetzt ein zehnjähriges Versagen Ihrer Bildungsministerinnen zu kompensieren hat und weil wir künftig wieder einmal Standards erreichen und gewährleisten wollen, dass eben die Schüler im Alter von 15 Jahren sinnerfassend lesen können, dass sie auch die vier Grundrechnungsarten beherrschen und nicht für einfachste Rechnungen einen Taschenrechner brauchen, dass es ihnen gelingt, mit oder ohne Korrekturfunktion in Word einen Brief zu schreiben, und den vielleicht sogar fehlerfrei – und dass sie auch die Möglichkeit be-


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kommen, Wissen zu erlangen, das sie in weiterer Folge für ihre weiterführende Bildung oder auch für die Ausbildung im Beruf benötigen.

Es ist so, wie es meine Kollegin gesagt hat: Sie reden nicht mit den Leuten draußen (Bundesrätin Grimling: Nein, eh nicht!), denn würden Sie mit Führungskräften reden, dann würden Sie genau das alles hören. Reden Sie einmal mit den Pädagoginnen und Pädagogen, die aufgrund des Systems, das Sie geschaffen haben, frustriert sind!

Und was die Neue Mittelschule anlangt – weil Sie, Frau Kollegin Hahn, das gesagt haben –: Bitte, da hat man den Namen geändert und ein Konstrukt geschaffen, dass sogar der Rechnungshof gesagt hat, dass es immer mehr kostet, aber immer weniger bringt, und das Ergebnis sehen wir ja ohnehin in der Pisastudie, wenn es veröffentlicht wird. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Die Hauptschulen, die wir gehabt haben, haben Sie zu Grabe getragen, aber das ist eben der Ausfluss Ihrer roten Bildungspolitik. – Ich hoffe, dafür waren Sie zuständig, denn jetzt hat man ja nur mehr gehört, es war für alles die ÖVP zuständig. Minister hat nur die ÖVP gestellt, das war jetzt in den vergangenen zwei Tagen dauernd so. (Bundesrätin Hahn: Die wesentlichen Kürzungen gab es unter Gehrer! Das war aber schon die Gehrer! – Bundesrätin Grimling: ... bis 2006!) Also ich war wirklich schon der Meinung, ich habe irgendetwas übersehen, dass ich eine absolute ÖVP-Regierung vielleicht noch mit einem unfähigen Bundeskanzler von der SPÖ als Beigabe über­sehen habe.

Das aber ist der Ausfluss Ihrer Bildungspolitik, wie Sie das in den letzten Jahren gehandhabt haben, dass es eben diese Fehlentwicklung im Bildungsbereich gegeben hat. Gott sei Dank haben diese Bundesregierung und der Herr Bundesminister das er­kannt, dass wir hier eine Trendumkehr brauchen, dass wir auch diese Themen­stellun­gen aufgreifen müssen, und er hat mit diesem ersten Teil des Pädagogikpakets auch eine bildungspolitische Basis für die Chancenwahrnehmung unserer Kinder geschaf­fen.

Sie können auch in mantrisch anmutenden Zügen immer sagen, es ist Rückschritt und Retro, ich sage es dann vielleicht in Ihren Worten, weil Sie es dann unter Umständen verstehen: Manchmal ist es gut, einen Schritt zurückzugehen, um einen großen Sprung nach vorne zu machen; in unserem Verständnis ist das aber bereits jetzt ein großer Schritt nach vorne. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

18.43


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu einer abschließenden Stellungnahme hat sich Herr Bundesminister Dr. Heinz Faßmann gemeldet. – Bitte.


18.43.52

Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Heinz Faßmann: Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Ich werde die Diskussion nicht über Gebühr verlängern. Wir hatten eine breite Diskussion über das Pädagogikpaket, leider unterbrochen durch eine vielleicht noch breitere Diskussion über ein Fußballspiel. Nichtsdestotrotz: Ich weiß jetzt alles vom Wiener Derby – das hat vielleicht auch einen gewissen Bildungswert. (Heiterkeit bei ÖVP und FPÖ sowie des Bundesrates Weber. – Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Wir hatten in unserer Diskussion Konsens und Dissens. Ich glaube, wir haben einen Konsens dahin gehend – Frau Kern, Sie haben das hervorgehoben –, dass das Päda­gogikpaket das Ergebnis eines wirklich breiten Partizipationsprozesses ist. Elternver­treter aller Couleurs, Lehrervertreter, Experten, unsere Bildungsdirektionen: Wir haben so viele wie möglich vorher partizipativ an diesem Prozess beteiligt.


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Dass es nachher, Frau Kollegin, nicht von allen Beifall geben kann, liegt im Wesen des Konsenses: Da muss jeder halt ein bisschen von seiner Meinung aufgeben, und man muss sich in der Mitte treffen. Damit ist auch klar, dass man von seiner Meinung nicht 100 Prozent durchsetzen kann. (Bundesrätin Hahn – eine Zeitschrift in die Höhe haltend –: FCG!) Wenn in der Zeitung steht, dass ich nicht 100 Prozent durchsetzen konnte, dann ist das nur ein Beleg dafür, dass wir da einen Konsens gefunden haben. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Frau Gruber-Pruner, ich bin ganz Ihrer Meinung: Es geht nicht nur um Wissens­vermittlung im Sinne des Nürnberger Trichters, es geht natürlich auch um eine Per­sönlichkeitsentwicklung im Sinne der 21st Century Skills: um Teamfähigkeit, um Kreativität, auch um kritisches Denken, gar keine Frage, aber es geht natürlich auch um das Vermitteln von bestimmten Kompetenzen, von Fertigkeiten und Fähigkeiten. Ich glaube, da gibt es Konsens. Es gibt, glaube ich, auch Konsens, wenn wir sagen, unseren Kindern sollen alle Möglichkeiten offen stehen und sie sollen alle Möglich­keiten haben. Keiner würde dagegen sein. Und ich möchte auch darauf hinweisen, dass dies natürlich auch strukturell in Österreich gegeben ist. Wir haben ein differen­ziertes Schulsystem mit qualifizierten Lehrern und Lehrerinnen, und es ist kostenfrei.

Ich habe eine Zeit lang in anderen Staaten gelebt, und von daher weiß ich, was man für eine gute Bildung bezahlen muss – und bei uns ist die gute Bildung gratis vorhan­den! Das ist ein wirklicher Wert in dieser Republik. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) Wir geben insgesamt – die Zahl wurde genannt – fast 9 Milliarden Euro jährlich für den Schulbereich aus. Das ist auch gemessen am Bruttoinlandsprodukt ein wirklich hoher Wert, auch gemessen an unserer demografischen Entwicklung.

Ich möchte das gesagt haben, weil mir das auch wichtig ist. Das österreichische Schulsystem ist in diesem Bereich, was das Finanzielle und das Strukturelle angeht, gut aufgestellt.

Jetzt komme ich zu einem Punkt, bei dem ich Dissens orte, wenn auch vielleicht noch nicht beim ersten Satz: Kinder brauchen Zuwendung, Zuwendung von Lehrern und Leh­rerinnen, klarerweise Sympathie, Kinder brauchen aber auch so etwas wie ein Feedback, und diese Feedbackkultur in der Klasse ist etwas ganz, ganz Wichtiges. Der Dissens ist jetzt, dass Sie sagen, Feedback darf nur verbalisiert werden, Feedback darf nicht in Ziffernnoten ausgedrückt werden.

Ich verstehe es, ich sage es ganz offen, nicht ganz, denn wenn ich vielleicht einmal sage, wir brauchen auch eine Schulpflicht, sind Sie ganz dagegen, oder Sie sagen, das alles geht zu weit. Wenn ich jetzt aber einmal sage: Ich erlaube alles, sowohl die verbale Beurteilung als auch eine Ziffernnote!, sagen Sie, das geht zu weit und das eine muss man untersagen. Das argumentativ ganz nachzuvollziehen schaffe ich nicht, denn es geht ja nicht um ein Entweder-oder, sondern um ein Sowohl-als-auch, um ein Öffnen der Wahl- und Handlungsmöglichkeiten von Lehrern und Lehrerinnen.

Auch bei den Klassenwiederholungen, das wurde von einer Vorrednerin vollkommen zu Recht betont – ich weiß jetzt nicht mehr genau, von wem; sehen Sie mir das nach (Bundesrätin Mühlwerth: Ich war das!) –, hieß es: Ultima Ratio des Prozesses. – Da vertraue ich auch auf die Weisheit unserer Lehrerinnen und Lehrer: Das wird nicht gemacht zu Okkasionsbedingungen, sondern nur dann, wenn es wirklich notwendig ist – und manchmal ist es notwendig.

Die Zahl der Klassenwiederholungen in der vierten Klasse, da gibt es eigentlich zu viele Klassenwiederholungen, liegt derzeit bei rund 1 500 SchülerInnen pro Jahr. Sie werden sehen, wenn man das auch ab der dritten Klasse erlaubt, dann wird sich die Zahl verteilen. Kinder brauchen manchmal – es kann auch eine Krankheit sein, durch


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die sie einen Entwicklungsnachteil, einen Lernnachteil bekommen haben – diese zweite faire Chance.

Singapur als Vorbild darzustellen, also das ist wirklich gut, Frau Hahn. (Bundesrätin Hahn wendet dem Redner den Rücken zu, weil sie mit jemandem in der Sitzreihe hinter ihr spricht.) – Sie passen zwar jetzt nicht auf (Bundesrätin Mühlwerth: Wie in der Schule halt!), aber trotzdem. (Bundesrätin Hahn wendet sich dem Redner zu.) Frau Hahn, Sie haben Singapur als Vorbild dargestellt: Das ist gut, das ist interessant. Wissen Sie, das Schulsystem in Singapur ist dermaßen leistungsorientiert, das ist unglaublich! (Bundesrätin Hahn: Aber Sie ...!) Sie wissen auch: Pisa hoch, Zahl der Selbstmorde auch hoch. – Und ein Bonmot dort geht so: Wer um 10 Uhr das Licht abdreht, schafft die Schule gerade, und wer wegen des Lernaufwandes erst um 12 Uhr das Licht abdreht, kriegt vielleicht eine gute Note; denn meines Wissens sind die guten Noten dort weiterhin vorhanden. Singapur gibt übrigens nichts für den sozialen Wohlfahrtsstaat aus. Dieser ist dort so gut wie nicht existent. Also Singapur als ein Vorbild darzustellen – ich würde es so nicht sehen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Frau Hahn, Sie sehen in der Kompetenz- und Potenzialmessung eine versteckte Aufnahmeprüfung. Dazu habe ich ganz eindeutig gesagt: Nein, das möchte ich nicht. Aber ich möchte haben, dass es zu einer größeren Notenwahrheit kommt, denn nur dann haben wir auch eine gewisse Chance, Vergleiche anzustellen, und nur dann haben wir auch eine gewisse Chance, zu Bildungswegentscheidungen zu kommen, die für die Schüler und Schülerinnen nachher nicht frustrierend sind, weil sie vielleicht die falsche Bildungswegentscheidung getroffen haben.

Mein letzter Punkt ist ein ganz friedlicher Punkt. Ich möchte die Gelegenheit auch nützen – ich habe dazugelernt, das macht man bei den Exekutivbeamten, bei den Polizisten, ich möchte es auch gerne bei den Schülern und Schülerinnen, bei den Lehrern und Lehrerinnen machen – und ihnen gerne besinnliche Weihnachten wün­schen, dass sie in diesen kommenden freien Tagen Kraft tanken können und dann mit Mut und neuer Energie die Schule wieder losgehen kann. – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

18.51

18.51.24


Vizepräsident Ewald Lindinger: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall. Die Debatte ist geschlos­sen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

18.51.4616. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 12. Dezember 2018 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002 geändert wird (378 d.B. und 442 d.B. sowie 10106/BR d.B.)

17. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 12. Dezember 2018 betreffend Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Niederösterreich über die weitere Entwicklung der Universität für Weiterbildung Krems (Donau-Uni­versität Krems) (383 d.B. und 443 d.B. sowie 10107/BR d.B.)



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Vizepräsident Ewald Lindinger: Wir gelangen nun zu den Tagesordnungspunkten 16 und 17, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatterin zu den Punkten 16 und 17 ist Frau Bundesrätin Elisabeth Mattersberger. Ich bitte um die Berichte.


18.52.30

Berichterstatterin Elisabeth Mattersberger: Hohes Präsidium! Geschätzter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich erstatte Bericht des Ausschus­ses für Wissenschaft und Forschung über den Beschluss des Nationalrates vom 12. Dezember 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitätsge­setz 2002 geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich komme daher zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Wissenschaft und Forschung stellt nach Beratung der Vorlage am 18. Dezember 2018 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Des Weiteren erstatte ich Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Beschluss des Nationalrates vom 12. Dezember 2018 betreffend Verein­ba­rung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Niederösterreich über die weitere Entwicklung der Universität für Weiterbildung Krems (Donau-Universität Krems).

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich komme daher zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Wissenschaft und Forschung stellt nach Beratung der Vorlage am 18. Dezember 2018 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Doris Hahn. Ich erteile ihr dieses.


18.54.14

Bundesrätin Doris Hahn, MEd MA (SPÖ, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die vorliegende Materie zur Donau-Universität Krems ist eine, die man aus meiner Sicht durchaus differenziert betrachten muss. Als Absolventin der Donau-Uni kann ich die hohe Qualität der Lehrgänge, der Studiengänge, aber natürlich auch der Forschung nur bestätigen. Formen von Blended Learning beispielsweise ermöglichen auch im Berufsleben stehenden Studierenden eine universitäre Weiterbildung, eben durch berufsbegleitende und moderne Lehr- und Lernumgebungen.

Ohne Frage, der Campus Krems hat sich mit seinen drei Fakultäten und fünf Studien­bereichen als Universität für Weiterbildung einen durchaus großen Namen gemacht. Das zeigen auch deutlich die Zuwachszahlen bei den Studierenden: Die Gesamtzahl der Studierenden beträgt aktuell 8 700.

Durch die vorliegende Änderung im Universitätsgesetz wird nun die DUK in den Kata­log der öffentlichen Universitäten aufgenommen – so weit, so in Ordnung. Trotzdem aber bleibt die DUK aufgrund des Fehlens von grundständigen Studien, nämlich mit Bachelorabschluss, und mit ihrem eigenen UWK-Gesetz in einer rechtlichen Sonderstellung. Die Änderung ist also aus meiner Sicht eher eine optische Maßnahme denn eine tatsächliche Änderung im Universitätsgesetz.

Außerdem darf man nicht vergessen, auch die Uniko, also die Universitätenkonferenz, war, gerade was das Gesamtbudget der Universitäten betrifft, mehr als skeptisch und befürchtet, dass die Mittelaufstockung für die Donau-Universität Krems – der Bund soll ja beim Neubau zusätzlicher Räumlichkeiten den laufenden Sachaufwand, aber auch


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den zusätzlichen Personalaufwand tragen – zulasten der weiteren 21 öffentlichen Universitätseinrichtungen gehen könnte. Das gibt in gewisser Weise auch unserer Skepsis recht. Solange dies nicht dezidiert ausgeschlossen werden und sichergestellt werden kann, dass den 21 Universitäten keine budgetären Nachteile daraus erwach­sen, können wir hier nicht zustimmen.

Die Festlegung auf perspektivisch 50 Prozent Kostenbeteiligung am Gesamtbudget der DUK noch vor Abschluss der nächsten Leistungsvereinbarung lässt ebenso befürch­ten, dass in der Zukunft der Bund die Kosten gänzlich wird übernehmen müssen. Bei den verschiedenen Kunsthochschulen ist genau das ja auch passiert. Von einer Auf­stockung des Budgets ist nämlich bis dato noch keine Rede gewesen.

Und man darf nicht vergessen, bei aller Qualität der Lehre und der Forschung, die der Donau-Universität Krems durchaus konstatiert werden kann, ist und bleibt sie eine kostenpflichtige Universität mit teilweise doch hohen Studienbeiträgen von bis zu mehreren Tausend Euro pro Studiensemester.

Im Sinne einer Chancengerechtigkeit für alle Studierenden und einer Möglichkeit für lebenslanges, lebensbegleitendes Lernen auch auf universitärer Ebene – darauf haben Sie ja auch zuletzt im Nationalrat hingewiesen – muss man das schon mit einer ge­wissen Nüchternheit betrachten. Ich habe Bedenken, dass es jedem und jeder Stu­dierenden finanziell so einfach möglich sein wird, einen Studiengang an der DUK zu wählen, wenn Interesse und berufliche Neigung gegeben sind.

Zusammengefasst also nochmals: Eine Aufnahme in den öffentlichen Unikatalog – ja; Kostenbeteiligung des Bundes – ja, aber nur bei einer gleichzeitigen Aufstockung des gesamten Unibudgets und einer definitiven Sicherstellung des Budgets für die 21 wei­teren öffentlichen Universitäten. (Beifall bei der SPÖ.)

18.57


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ing. Eduard Köck. Ich erteile dieses.


18.57.56

Bundesrat Ing. Eduard Köck (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseher! Ich glaube, meine Vorrednerin hat jetzt selbst nicht gewusst, was sie will, aber vielleicht können wir das ja noch herausarbeiten.

Zuerst hast du das positiv betrachtet, dann wieder negativ, und zum Schluss hast du ein paar Mal gesagt: Ja, da sind wir dafür, aber ihr stimmt dann doch wieder dagegen. (Bundesrätin Hahn: Aber so schwer war das jetzt nicht, oder?)

Also ich muss einmal sagen, als Niederösterreicher und als Waldviertler bin ich irr­sinnig stolz, dass die Donau-Universität Krems die 22. Universität Österreichs wird – ganz stolz. (Beifall bei der ÖVP und bei BundesrätInnen der FPÖ. – Bundesrätin Hahn: Das ist auch gut so, aber ...! – Bundesrat Bader: Das sind zwei verschiedene Themen, Frau Kollegin!)

Die Landesregierung von Niederösterreich hat sich in den letzten 25 Jahren sicherlich sehr stark in Krems engagiert, dass der Standort dort so geworden ist, wie er sich jetzt darstellt, auch mit dem erst kürzlich erstmals angebotenen Studium für Allgemein­mediziner an der Karl Landsteiner Universität. Wir haben ja heute schon ein paar Mal gehört, dass viele Hausärzte fehlen, und dort kann man jetzt dieses Studium absol­vieren. Da sieht man, wir handeln, wir tun etwas, vor allem dort, wo es gebraucht wird. Deshalb, denke ich, wäre es gut, wenn man dieses Handeln unterstützen würde.


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Ich verstehe auch nicht die Einwände der Universitätenkonferenz. Sie ist ja in dieser Sache Wiederholungstäter: Auch damals, als die Universität Krems angesucht hat, auch Doktoratsstudien anbieten zu dürfen, war die Universitätenkonferenz dagegen. Die Argumente waren damals, es wäre nicht genug wissenschaftliche Kapazität vor­handen und die Befähigung wäre nicht genügend. In Wahrheit war es wahrscheinlich Angst vor zu viel Wettbewerb. Und ich glaube, das ist auch dieses Mal der Grund, warum die Universitätenkonferenz hier eine eher negative Stellungnahme abgegeben hat. Es ist halt so: Wenn mehrere Spieler am Markt sind, dann gibt es mehr Wett­bewerb, und das kann den einen oder anderen auch ein bisschen in Angst versetzen.

Auf jeden Fall hat damals, als es um das Doktoratsstudium gegangen ist, die Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung Austria dem Standort Krems ein hervorra­gendes Zeugnis ausgestellt, und deshalb sind ja jetzt dort auch Doktoratsstudien möglich.

Ein hervorragendes Zeugnis für den Standort Krems kommt auch aus der Wirtschaft. Die Industrie hat 154 Personalentscheider befragt, welches Weiterbildungsangebot sie für am besten halten, und die haben gesagt, Krems hat das beste Angebot. Krems hat das MBA-Ranking 2018 gewonnen, auch das zeigt, dass dort hervorragende Arbeit geleistet wird. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Ich verstehe deshalb die Haltung der SPÖ nicht, vor allem nicht die der drei Bun­desrätinnen aus Niederösterreich. Ich glaube, das ist eine der spannenden Fragen an diesem heutigen Tag – das sage ich auch in Richtung Regie: wenn Sie bei der Ab­stimmung dann vielleicht auf die Kolleginnen aus Niederösterreich gehen würden –, wie sie sich wirklich verhalten werden. Denn: Eine derartige Standortaufwertung für eine Institution in Niederösterreich hier nicht positiv zu begleiten, das sehe ich doch sehr, sehr widersprüchlich als Volksvertreter aus Niederösterreich. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach. – Bundesrätin Hahn: Das sind ja zwei verschiedene Paar Schuhe!)

Es kommt auch noch dazu, dass wir in Krems einen sozialistischen Bürgermeister haben, der auf diese Institutionen sehr, sehr stolz ist. (Bundesrat Schennach: Die Frau Hahn hat auch nichts gegen die Uni gesagt! – Bundesrätin Hahn: Ich habe die Uni eh gelobt! Ich verstehe das jetzt wirklich nicht!) Krems hat sich ja in der Zeit, seitdem es Hochschulstandort ist, sehr stark entwickelt. Seit dieser Zeit gibt es in Krems wieder Bevölkerungswachstum. Das hängt unmittelbar mit dem Hochschulstandort zusam­men. (Weiterer Zwischenruf des Bundesrates Schennach.) – Nein, das sind Fakten! Krems ist ja auch die zukunftsfähigste Stadt Österreichs geworden. Ich denke, an diesem heutigen Tag könnten Sie wirklich auch mithelfen, das zu unterstützen und Krems wieder ein Stück vorwärts zu bringen – gerade als Absolventin.

Ich habe zwei Kinder, die Lehrgänge in Krems absolviert haben. Ich kann mich erinnern, sie haben bei den Abschlussfeierlichkeiten einen Eid leisten müssen, dass sie das Ansehen ihrer Hochschule immer in Ehren halten. Da müssen Sie sich auch fragen, wie Sie das mit Ihrem Gewissen in Einklang bringen, wenn Sie heute hier nicht dafür stimmen. (Bundesrätin Hahn: Du hast aber schon zugehört, oder? Das ist ja wirklich lächerlich!) Deshalb würde ich euch noch einmal bitten: Gebt euch doch einen Ruck und stimmt diesem Gesetz zu! (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Bundesrätin Hahn: Das ist wirklich lächerlich!) – Nein, das ist nicht lächerlich. Das ist nicht lächerlich.

Du hast es ja auch gesagt: Viele Menschen haben sich mit einem Studium dort ihr Leben verbessern können. Indem sie berufsbegleitend studiert haben, konnten sie es sich in ihrem Beruf verbessern, konnten sie ihre Lebenssituation verbessern. Und das wollen wir stärken, das wollen wir fördern. Wir werden auf jeden Fall diesem Gesetz


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zustimmen, weil damit der Standort Krems in Zukunft wachsen, gedeihen und immer besser werden wird. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

19.03


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat David Stögmüller. Ich erteile dieses.


19.03.52

Bundesrat David Stögmüller (Grüne, Oberösterreich): Herr Minister, nur noch ganz kurz zum Pädagogikpaket: Ich habe Sie zur Evaluierung der VolksschullehrerInnen gefragt. Vielleicht haben Sie es bei Ihrer Stellungnahme vergessen und können noch ergänzen, wie es da ausschaut.

Kollege Köck und Kollegin Hahn haben schon einiges zu diesem österreichischen Hochschulsektor gesagt, dem wir uns heute widmen. Heute gibt es aber auch noch andere Gesetzentwürfe. Neben der universitären Strukturfrage widmen wir uns auch der Frage der Qualität für Studierende, konkret der Frage der Qualität der Lehre, der Qualität des Wohnens und der Qualität der Teilhabemöglichkeit. Darum geht es heute in diesem Paket, in diesen Gesetzentwürfen. Ich finde es schon sehr gut, dass die Hochschulen heute einen wichtigen Teil der Debatte einnehmen.

Ich bin jetzt hier als Contraredner eingeteilt, ich muss aber ehrlich sagen: Wir werden diesem Gesetz heute zustimmen, allen zwei Punkten, denn mit dem Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002 geändert wird, und der Vereinbarung gemäß Art. 15a Bundes-Verfassungsgesetz zwischen dem Bund und dem Land Niederösterreich über die weitere Entwicklung der Universität für Weiterbildung Krems kommt es unserer Meinung nach zu einer Vereinheitlichung der rechtlichen Grundlagen der Universitäts­gesetze und damit auch zu einer klareren Regelung und Rechtslage für Studierende an der Donau-Universität Krems. (Beifall bei BundesrätInnen der ÖVP.)

Damit ich es auch kurz mache: Auch wenn ich die Bedenken bezüglich der noch logischen unklar geregelten – Entschuldigung, ich bin heute krank, darum bitte um Verzeihung –, der noch logistisch unklar geregelten Finanzierung – die ist meiner Meinung nach noch nicht ganz geklärt – aus dem Globalbudget und der Vereinbarung zwischen Bund und Land, und zwar geht es konkret um die betroffenen Querverweise des § 141 Abs. 4 und Abs. 6 beziehungsweise des § 141b, teile, halte ich das, was wir heute beschließen, realpolitisch betrachtet doch für einen richtigen Schritt.

Wir haben uns auch mit der Österreichischen Hochschülerschaft, auch mit der Gras, darüber beraten und werden dem heute auch zustimmen. Das heißt, unsere Zustim­mung haben Sie. – Danke. (Beifall bei BundesrätInnen von ÖVP und FPÖ.)

19.06


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Andreas Arthur Spanring. Ich erteile dieses.


19.06.41

Bundesrat Andreas Arthur Spanring (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kollegen im Bundesrat, werte Zuseher auf der Galerie und vor den Bildschirmen! Als Niederösterreicher ist es mir natürlich ein ganz großes Anliegen, heute zu diesem Tagesordnungspunkt sprechen zu dürfen. Die Donau-Universität Krems hat eine mehr als 20-jährige Erfolgsgeschichte hinter sich, auf die sie zurückschauen kann. Diese Regierung schaut nicht zurück, der Blick dieser Regierung ist nach vorn, in die Zukunft gerichtet, und die Aufnahme der Donau-Universität Krems in die Auflistung der öffentlichen Universitäten als 22. öffentliche


BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 179

Universität mit der Änderung des Universitätsgesetzes 2002 ist ein richtiger und wich­tiger Schritt in Richtung Zukunft.

Herr MMMag. Dr. Axel Kassegger hat im Nationalrat eindrucksvoll über den Werde­gang, beginnend mit 1995, berichtet. Anfangs wurde die Universität eigentlich noch ein bisschen belächelt, aber seitdem hat sich sehr viel verändert. Bereits 2002 konnte die Universität ihren 2 000. Studierenden begrüßen. 2004 trat ein neues Bundesgesetz für Weiterbildung in Kraft, das sich damals schon weitgehend am Universitätsgesetz 2002 orientiert hat. 2004 wurde bereits der 3 000. Studierende begrüßt und 2006 wurden die ersten zwölf Universitätsprofessoren berufen. 2009 konnte man den 5 000. Studie­ren­den verzeichnen, und 2010 kam ein neuer Organisationsplan mit der Implementierung von insgesamt fünf Fakultäten. 2013 folgte die Errichtung eines Christian Doppler Labors, das sich mit innovativen Therapieansätzen im Bereich der Sepsis beschäftigt. Im März 2014 wurde der Universität per Bundesgesetz das Promotionsrecht zuge­standen, und 2015 erfolgte dann die Akkreditierung der ersten PhD-Studien.

All das wurde in der Vergangenheit immer auch von der SPÖ mitgetragen, darum ist es schon verwunderlich, dass heute die SPÖ diesen letzten wichtigen, richtigen und auch logischen Schritt nicht mittragen will. (Zwischenruf der Bundesrätin Hahn.) Höchst­wahr­scheinlich ist es, so wie wir es heute schon den ganzen Tag erleben, ein schwacher Versuch, sich irgendwie als Oppositionspartei erkennbar zu positionieren, aber das, meine Damen und Herren, kann ich Ihnen sagen, ist ein komplett falscher Schritt.

Als Argument gegen die Aufnahme wurde vorhin zweimal das liebe Geld strapaziert. – Meine Damen und Herren, zum Thema Geld kann ich Ihnen sagen, dass für die drei Jahre 2019, 2020 und 2021 das Universitätsbudget 11 Milliarden Euro ausmacht. Die Donau-Universität bekommt jetzt schon 30 Millionen Euro, und durch diesen Schritt soll dieser Betrag für die drei Jahre auf 40 Millionen Euro erhöht werden – also 10 Millionen Euro in drei Jahren von einem 11-Milliarden-Euro-Budget. Ich frage das sehr gerne, und darum frage ich es auch heute wieder: Echt jetzt, das ist das Argument?

Dazu kommt noch, dass sich aufgrund dieser Entscheidung auch das Land Nieder­österreich angeschlossen hat, und zwar wird es für die Infrastruktur mit aufkommen. Es gibt eine 15a-Vereinbarung – das wird der Herr Minister dann vielleicht erklären –, mit der eine 50-prozentige Kostenbeteiligung sichergestellt werden soll. Das ist sowohl für den Bund als auch natürlich für das Land Niederösterreich ein Gewinn. Alle anderen Bundesuniversitäten muss der Bund fast zu 100 Prozent finanzieren.

Wir begrüßen diesen Schritt unserer Regierung und wir wünschen der Donau-Uni­ver­sität Krems als 22. öffentlicher Universität alles Gute und einen weiterhin so erfolg­reichen Weg wie bisher! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

19.10


Vizepräsident Ewald Lindinger: Nächste Rednerin: Frau Kollegin Andrea Wagner. Ich erteile ihr das Wort.


19.11.04

Bundesrätin Andrea Wagner (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe ZuseherInnen und Zuhö­rerIn­nen, die noch via Livestream und auf der Galerie dabei sind! Bildung, Ausbildung und Weiterbildung sind in Kombination mit Wissenschaft und Forschung der Nähr­boden für eine erfolgreiche Zukunft, so unsere niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner.

Am Campus Krems gibt es, wie vorhin schon erwähnt, drei Institutionen, nämlich die Karl Landsteiner Universität, die IMC Fachhochschule Krems und die Donau-Univer-


BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 180

sität Krems. Es erfüllt mich persönlich als Waldviertlerin und Niederösterreicherin mit Freude und Stolz, wenn ich auf den Campus Krems komme und vor Ort sehe, was sich da in den letzten Jahren alles entwickelt hat. Das ist wahrlich eine Erfolgsgeschichte.

Vorweg ein riesengroßes Danke an all jene, die sich in den vergangen Jahren dafür stark gemacht haben, und ein Danke an alle, die sich jetzt und in Zukunft für die erfolgreiche Weiterentwicklung der Donau-Uni und den Hochschulstandort Niederöster­reich stark machen und einsetzen: Vielen Dank! (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller.)

Einige Eckpunkte: 69 Millionen Euro an Investitionen gab es in den Hochschulstandort Niederösterreich. Den Neubau am Campus Krems können alle drei vorhin genannten Institutionen nutzen. Die Donau-Universität ist eine Erfolgsgeschichte seit 1995 mit den bisher 23 000 Absolventen. Aktuell studieren dort rund 9 000 Damen und Herren, die Anzahl der Männer und Frauen hält sich die Waage. Ein knappes Drittel der Studie­renden kommt aus dem Ausland, und zwar aus 96 Ländern. Das Durchschnittsalter beträgt 40 Jahre, und daran ist ersichtlich, dass die Donau-Universität Krems die Universität im Bereich der Weiterbildung ist. Es ist die einzige Universität, die sich auf die Weiterbildung von Berufstätigen und Wiedereinsteigern spezialisiert hat. Das Stu­dienangebot mit den rund 200 angebotenen Lehrgängen ist speziell auf die Bedürf­nisse von berufstätigen Akademikern, Fach- und Führungskräften zugeschnitten.

Die Aufnahme der Donau-Universität Krems als 22. Universität ins Universitätsgesetz soll die Wahrnehmung der Universität als öffentliche Universität verdeutlichen und stärken. Ein Danke an dieser Stelle an Sie, Herr Minister, für Ihren Einsatz! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Die Donau-Universität hat über mehrere Leistungsvereinbarungsperioden nachge­wiesen, dass sie die jeweils aktuelle Herausforderung der Hochschulbildung gut meis­tern konnte. Das Land Niederösterreich leistet mit der Zurverfügungstellung von Nutz­fläche und Räumlichkeiten im Ausmaß von 9 000 Quadratmetern einen wesentlichen Beitrag zur Weiterentwicklung. Im Bereich der Finanzierung – das wurde von meinem Kollegen Spanring schon erwähnt – stellt die 15a-Vereinbarung mit dem Land Nieder­österreich eine 50-prozentige Kostenbeteiligung dar. Auch für die Stadt Krems ist der Campus eine wesentliche Bereicherung, eine wirtschaftliche Bereicherung, eine Auf­wertung insgesamt.

Aus all diesen Gründen kann ich nicht nachvollziehen, warum die Kollegen der SPÖ, vor allem die Kolleginnen aus Niederösterreich, da nicht mitstimmen können. Mich würde auch interessieren, was der Bürgermeister, der Ihrer Partei angehört, dazu sagt, wenn Sie da heute nicht mitgehen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Ich vermute, da ich es aus rationalen Gründen nicht nachvollziehen kann, bezie­hungs­weise ich habe das Gefühl, dass Sie im Innersten eigentlich gar nicht dagegen sind. Ich möchte vor allem Sie, liebe Kolleginnen aus Niederösterreich, bitten und an euch appellieren, diesem wichtigen Gesetz doch noch zuzustimmen. Ich denke, ihr seid euch genauso wie wir dessen bewusst, wie wichtig dies für unser Bundesland Nieder­österreich, für die Donau-Universität Krems als einzige öffentliche Universität, die sich auf Weiterbildung von Berufstätigen spezialisiert hat, und für den Wissenschafts­standort Österreich ist.

Bildung, Ausbildung und Weiterbildung sind in Kombination mit Wissenschaft und Forschung der Nährboden für eine erfolgreiche Zukunft. Unterstützen wir das und bereiten wir heute den Nährboden für eine erfolgreiche Zukunft! – Danke. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

19.16



BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 181

Vizepräsident Ewald Lindinger: Die nächste Wortmeldung kommt von Herrn Bundes­minister Faßmann. – Bitte.


19.16.09

Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Heinz Faßmann: Hohes Haus! Herr Präsident! Ich probiere es noch einmal: Ah, jetzt ist Frau Hahn gegangen (erheitert), meine Bemühungen sind ohne Adressatin. Ich möchte mich bei der Vorrednerin, Frau Wagner, bedanken, Sie haben das ganz exzellent dargestellt.

Vielleicht kann man Frau Hahn meine drei Punkte ausrichten. (Bundesrätin Hahn – hinter der letzten Sitzreihe stehend –: Ich bin da!) – Sie gehen? (Bundesrätin Hahn: Nein, nein, ...! – Heiterkeit bei BundesrätInnen von ÖVP und FPÖ.) Sie haben gesagt, es gibt kein grundständiges Studium und das haben Sie der DUK, der Donau-Universität, gleichsam zum Nachteil gereicht. Ich muss Ihnen sagen, ich bin heilfroh, dass die Donau-Universität sich auf das lebensbegleitende Lernen spezialisiert hat und wir nicht die 22. Universität haben, die alles anbietet; wir haben schon sehr viele Universitäten. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) Ich würde das also nicht kritisieren, sondern eigentlich als ein Asset, als einen Vorteil der Donau-Universität ansehen. (Bundesrätin Hahn: Das habe ich nicht kritisiert!)

Das Zweite, das Sie kritisiert haben, ist, dass man beim lebensbegleitenden Lernen Studiengebühren bezahlen muss. Frau Hahn, ich kenne die Universitätslandschaft sehr gut: Bei allen lebensbegleitenden Programmen muss man Studiengebühren bezahlen, auch an meiner eigenen Universität. Der Gesetzgeber verpflichtet die Universitäten zu kostendeckenden Studiengängen. Sie dürfen das den Studierenden gar nicht unter­preisig anbieten. Also auch das ist kein Gegenargument – I’m sorry – gegen die Donau-Universität; alle Universitäten müssen Geld verlangen. (Bundesrat Schennach: Unter­preisig ist in Krems nicht der Fall, eher oberpreisig!) – Ja, da kann man dann disku­tieren: oberpreisig, unterpreisig. Ich sage nur: Das, was ich gesagt habe, Herr Kollege, stimmt. Alle Universitäten müssen ihre Programme im Weiterbildungsangebot kosten­deckend anbieten, und da gehört alles eingerechnet, also auch die Lehrleistung der Professoren und Professorinnen, und das kann manchmal ganz schön teuer werden. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Schennach.)

Das dritte Argument ist das finanzielle Argument – das hat Herr Spanring, glaube ich, schon sehr schön dargestellt, da muss man nichts wiederholen –: Es sind 0,37 Pro­zent, die wir derzeit für die Donau-Universität aufwenden, und das ist für den Bund eigentlich ein Geschäft, denn über die 15a-Vereinbarung zahlen wir nur die Hälfte. Es wäre schön, hätten wir das bei anderen Universitäten auch, dass wir nur die Hälfte zahlen müssen.

Insgesamt ist es also eine gute Sache und ich möchte um breite Zustimmung werben.

Postskriptum: Die Publikation, von der Sie gesprochen haben, befindet sich derzeit in einem Endredaktionsstadium; im Sommersemester 2019, also in Bälde, wird sie veröffentlicht. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

19.19

19.19.01


Vizepräsident Ewald Lindinger: Danke schön. – Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall. Die Debatte ist geschlos­sen.

Die Abstimmung erfolgt getrennt.


BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 182

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 12. Dezem­ber betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 12. Dezem­ber betreffend Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Niederösterreich über die weitere Entwicklung der Universität für Weiterbildung Krems.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

19.20.0918. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 12. Dezember 2018 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Hochschul-Qualitätssicherungsgesetz geändert wird (485/A und 444 d.B. sowie 10073/BR d.B. und 10108/BR d.B.)


Vizepräsident Ewald Lindinger: Wir gelangen nun zum 18. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler. Ich bitte um den Bericht.


19.20.31

Berichterstatterin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich erstatte den Bericht des Ausschusses für Wissen­schaft und Forschung über den Beschluss des Nationalrates vom 12. Dezember 2018 betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Hochschul-Qualitätssicherungsgesetz geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, daher komme ich gleich zur Antrag­stellung.

Der Ausschuss für Wissenschaft und Forschung stellt nach Beratung der Vorlage am 18. Dezember 2018 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Vizepräsident Ewald Lindinger: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Doris Schulz. Ich erteile ihr dieses.


19.21.20

Bundesrätin Mag. Doris Schulz (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die österreichischen Hoch­schulen leisten unglaublich viel und haben sehr, sehr viele Möglichkeiten, die ihnen der Bund und die Länder immer wieder geben, um sich weiterzuentwickeln.

Die Kolleginnen von der SPÖ, die nicht mitstimmen wollten, können übrigens wieder hereinkommen (Bravoruf und Beifall bei ÖVP und FPÖ), denn es geht jetzt um das Hochschul-Qualitätssicherungsgesetz.

Ich darf Ihnen ein bisschen ein Bild davon zeichnen, wie die derzeitige Situation aus­schaut: Hochschulbildung ist in den letzten Jahren in Europa zu einem boomenden Exportgeschäft geworden, das heißt, auch in Österreich wurden lukrative, grenzüber­schreitende Studienangebote gemacht, denn die Voraussetzungen zur Gründung sind günstig.


BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 183

Ausländische Hochschulinstitutionen dürfen auf österreichischem Boden Studienpro­gram­me durchführen, ohne sich an den Großteil der Vorgaben halten zu müssen, die für österreichische Hochschulen gelten. Es gilt nämlich immer die Rechtslage des jeweiligen Herkunftslandes.

Angeboten werden die Programme vielfach von privaten Instituten, und die Programme kosten nicht selten zwischen 10 000 und 25 000 Euro. Die Palette umfasst mittlerweile mehr als 50 anbietende Institutionen, die Mehrheit davon aus Deutschland und Eng­land, aber auch von Einrichtungen wie der Universidad Azteca aus Mexiko, der Niagara University USA oder der University of the Sunshine Coast in Australien werden in Österreich Studien angeboten. Das Angebot expandiert ständig weiter, mittlerweile gibt es bereits mehr als 300 solcher Studiengänge.

Schwerpunktmäßig werden die grenzüberschreitenden Studien in Wien durchgeführt, es finden sich jedoch in ganz Österreich Standorte, so wie in Leobersdorf, in Bogenhofen, Saalfelden, Schloss Mondsee und Schloss Seggau. Dabei gibt es langjäh­rige, etablierte Institutionen, wie die Fernuniversität Hagen, aber auch Angebote wie ein Lehramtsstudium, das vom Schulverein der Siebenten-Tags-Adventisten in Ober­österreich in Zusammenarbeit mit einer adventistischen Universität im Libanon durch­geführt wird, oder etwa 33 Studiengänge der Hayek International Business School in Kooperation mit der Wirtschaftsuniversität vom Ural in Russland, die die akademischen Abschlüsse verleiht.

Hauptziel sind natürlich Berufstätige. Die anbietenden Institutionen sprechen beson­ders die Zielgruppe der Berufstätigen an. Sie werben mit individueller Beratung, zum Beispiel mit Beratungsfrühstück, großzügiger Anrechnung von vorher erworbenen Kompetenzen und vor allem mit maßgeschneiderten Angeboten für Berufstätige, zum Beispiel eben Fernstudien.

Als attraktiv wird von ihnen oft hervorgestrichen, dass viele Programme nur an wenigen Wochenenden Anwesenheit erfordern. Ebenfalls wird häufig betont, dass die Qualität der Studiengänge und der zu erwerbenden Abschlüsse hoch sei. Die Institutionen werben dabei auch häufig mit der Meldung des Studienprogramms bei der AQ Austria, was zwar nichts über die Anerkennung des Abschlusses aussagt, jedoch sehr offiziell wirkt, oder mit einer generellen Anerkennung unter Verweis auf diverse Prüflogos.

Über Lehrinhalte, Qualität, Lehrende sowie Studierende und Akzeptanz der auslän­dischen Abschlüsse am Arbeitsmarkt weiß man sehr wenig. Im Unterschied zu ande­ren Ländern müssen solche Angebote in Österreich seit 2014 zumindest gemeldet werden, und mit dem Hochschul-Qualitätssicherungsgesetz ist diese Form neu geregelt.

Treten bei Studierenden Probleme auf, haben sie in Österreich keine rechtlichen Hand­lungs­optionen, denn sie sind keine Mitglieder in der Österreichischen Hochschüler­schaft. Bei Problemen ist die ausländische Hochschule zuständig. Ob eine Beschwerde bei der Hochschule im Ausland, zu der häufig kein oder kaum Bezug besteht, sehr aussichtsreich ist, ist in vielen Fällen wohl eher fraglich oder nicht bekannt. Während also inländische öffentliche und private Hochschulen ihre Studiengänge bei der Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung Austria, also bei der bereits ge­nannten AQ Austria prüfen lassen müssen, weiß man nichts über die Qualitäts­standards der grenzüberschreitenden Hochschulangebote. Zusätzlich sind de facto keine Informationen über die Zahl der Studierenden, Studienabbrecher, Absolventen oder Lehrenden öffentlich verfügbar.

Es hat sich eine erhebliche Grauzone innerhalb des österreichischen Hochschul­systems gebildet, mit der vermutlich auch Geld gemacht wird, über die man aber so gut wie nichts weiß und in der keine Handhabe für hochschulpolitische Gestaltung besteht.


BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 184

Angesichts des steigenden Studienangebots von Hochschulstudien in Österreich durch ausländische Anbieter sind dringend Verbesserungen im Interesse von Studierenden und Studieninteressenten erforderlich.

Mit dem Hochschul-Qualitätssicherungsgesetz wird ein großer Graubereich erhellt. Ich danke Minister Faßmann für diese Initiative. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

19.27


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Daniela Gruber-Pruner. Ich erteile ihr dieses.


19.27.09

Bundesrätin Mag. Daniela Gruber-Pruner (SPÖ, Wien): Hohes Präsidium! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich kann es recht kurz machen; Kollegin Schulz hat das recht ausführlich behandelt.

Es geht darum, dass ausländische Bildungsangebote in Österreich zwar gemeldet wer­den, aber damit nicht automatisch gleichwertig mit österreichischen Studien werden. Die Studien und akademischen Grade bleiben also solche des Herkunftsstaates be­ziehungsweise des Sitzstaates der Bildungseinrichtung.

Die Bildungseinrichtungen werden zusätzlich angehalten, diese Informationen oder die­ses Wissen zu kommunizieren. Dadurch wird die Information und die Transparenz für die Studierenden verbessert, und in diesem Sinne begrüßen wird das natürlich. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.28


Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Armin Forstner. Ich erteile ihm dieses (erheitert), das letzte Wort.


19.28.14

Bundesrat Armin Forstner, MPA (ÖVP, Steiermark): Geschätzter Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich muss oder darf mit Jänner in den steirischen Landtag wechseln und möchte Danke sagen für die wunderbaren Momente, für die vielen fraktionsübergreifenden Freundschaften, die interessanten Persönlichkeiten, die ich kennenlernen durfte. Es war für mich eine wunderbare Zeit, ich werde Sie sehr vermissen.

Ich möchte mich aber gleichzeitig bei jenen entschuldigen, die ich in der politischen Diskussion einmal beleidigt haben sollte. Das tut mir leid, das wollte ich nicht. Ich habe mich immer wieder bemüht, das in weiteren intensiven Gesprächen in der Kantine wiedergutzumachen.

Mit mir scheiden heute auch noch andere Mitglieder des Bundesrates aus. Diesen wünsche ich auch alles Gute und vor allem viel Freizeit; allen voran unserem Vize­präsidenten Ewald Lindinger, der auch mein Bezirksnachbar ist.

Lieber Ewald, du hast es heute schon angesprochen, als erfolgreichem Jäger und einem, der an das Weidwerk sehr vorsichtig und gezielt herangeht – jetzt mit dem neuen Gesetz natürlich mit Schalldämpfer (Heiterkeit bei der SPÖ sowie der Bun­desrätin Ecker) –, wünsche ich dir viel Erfolg in der Pension. Du warst auch sehr lange politisch tätig. Ich sage Danke für deine Verbundenheit zu unserem Bezirk, und ich hoffe – wir leben ja nebeneinander –, dass wir uns das eine oder andere Mal sehen. Ich wünsche dir alles Gute in deiner Pension! (Beifall bei ÖVP, SPÖ und FPÖ.)

Reinhard Todt – er kommt nach mir ans Rednerpult, und es wird heute das Gleiche sein –, auch dir, ich habe es dir drüben schon gesagt – wir haben ja auch eine


BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 185

gemeinsame Leidenschaft, die wir in so kleinen Kammerln pflegen müssen, wo wir das eine oder andere Gespräch geführt haben –, wünsche ich alles Gute. Auch du bist ewig lange in der Politik gewesen. Es war immer sehr verbindend, mit dir zusammen­zuarbeiten. Auch wenn wir uns oft geärgert haben, am Ende des Tages hat es trotz­dem immer gepasst. Lieber Reinhard, auch dir viel Gesundheit und alles Gute in der Pension! (Allgemeiner Beifall.)

Liebe Monika Mühlwerth, du bleibst Gott sei Dank noch, aber ich sage auch dir Danke für die gute Zusammenarbeit, für die mit deiner gesamten Mannschaft immer gewährte Unterstützung. Das waren für mich auch sehr interessante Momente und immer gute Gespräche. Danke auch an euch! Ihr werdet mir alle ein wenig fehlen, alle, die ihr hier herinnen sitzt. In den Diskussionen hat man sich zwar das eine oder andere Mal sehr geärgert, aber trotzdem, am Ende des Tages hat es immer gepasst. Liebe Monika, alles Gute auch dir für die Zukunft! (Beifall bei ÖVP, FPÖ und bei BundesrätInnen der SPÖ.)

Bei meiner Fraktion ist es natürlich am schwierigsten. Mit ihr habe ich sehr viele Stunden auch nach den Sitzungen verbracht, genauso wie mit meinem fast Zim­mer­kollegen, dem Raml Michi. Wir haben im selben Hotel geschlafen, es war auch die Freizeit immer sehr verbindend (Heiterkeit bei BundesrätInnen der FPÖ), bei sehr sinnvollen Gesprächen, wie auch immer. Auch der Hubsi Koller war oft dabei, wenn wir irgendwo waren. (Rufe bei der SPÖ: Hubsi?!) Lieber Herr Fraktionsführer, auch dir alles Gute für die Zukunft! Danke auch für deine Unterstützung.

Es waren für mich auch mit Edgar Mayer – er ist leider nicht mehr da –, bei dem ich anfangen durfte, immer sehr spannende Momente. Auch meiner Fraktion und allen Kollegen ein herzliches Danke – wir sehen uns ja heute ohnedies noch einmal.

Bei uns auch immer dabei war die Kern Sandra – wir haben auch sehr viele Stunden im Hotel verbracht, zusammen mit dem Raml Michi. (Heiterkeit. – Bundesrat Bader: Wird das alles protokolliert?) – Man sollte es jetzt vielleicht nicht so auffassen, wie es sich anhört. – Auch du warst oft dabei, Martin, Herr Präsident. Es waren immer schöne Momente, immer gute Diskussionen bei dem einen oder anderen gemütlichen Glas Wein. Alles Gute weiterhin und herzlichen Dank an euch alle hier! (Bundesrat Köck hält ein Plakat mit der Aufschrift „Danke Armin“ in die Höhe.)

Lieber Ferdl Tiefnig, der du auch in den oberösterreichischen Landtag wechselst, auch dir alles Gute! Du wirst das schon machen, du bist ja auch erfahren – ich glaube, du bist heute, wenn ich es mir richtig gemerkt habe, schon seit 15 Jahren hier. Ich glaube, da kann dich nicht mehr viel erschüttern. Auch du warst immer sehr verbindend, hast immer darauf geschaut, dass wir, die jung oder neu hierhergekommen sind, uns sehr gut einfügen konnten.

Damit bin ich auch schon bei den KlubmitarbeiterInnen bei uns im ÖVP-Klub. Danke an euch für die Unterstützung, die ihr uns immer habt zuteilwerden lassen. Es waren oft spannende Momente, bis man die Unterlagen gekriegt hat, die man benötigt hat. Man hat aber auch immer die richtigen gekriegt. Liebe Isolde, herzlichen Dank an euch und an unsere Klubmitarbeiter! (Beifall bei der ÖVP.)

Abschließend – euch zwei kann ich persönlich ansprechen –: Liebe Ewa Dziedzic, lieber David Stögmüller! Wir haben ja immer gute Diskussionen gehabt. Am Ende des Tages hat es immer gepasst, und ich glaube, das war das Wichtigste. Man muss sich auch nach gesunden Diskussionen immer in die Augen schauen können. Ich wünsche euch alles Gute für euren weiteren Fortbestand hier im Bundesrat. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)


BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 186

Ihnen, Frau Dr. Bachmann, und dem gesamten Team der Parlamentsdirektion ein herzliches Danke. Sie waren auch immer da, wenn wir etwas gebraucht haben, Sie haben uns auch immer unterstützt. Ich wünsche auch Ihnen alles Gute und bitte Sie, das auch an Ihre MitarbeiterInnen entsprechend weiterzugeben. Danke schön! (Beifall bei der ÖVP und bei BundesrätInnen von SPÖ und FPÖ.)

Abschließend, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, wünsche ich euch allen frohe Weihnachten und ein gutes neues Jahr. (Bundesrat Köck hält neuerlich das Plakat mit der Aufschrift „Danke Armin“ in die Höhe.) Vielleicht werden wir uns das eine oder andere Mal sehen. Bleibt bitte alle so, wie ihr seid! – Danke schön. (Allgemeiner Beifall.)

19.33


Vizepräsident Ewald Lindinger: Lieber Armin! Du warst ja bei uns bekannt für manche deftige Rede. Mit diesen, gewürzt mit deinem steirischen, genauer: deinem Ennstaler Dialekt, hast du dazu beigetragen, dass manchmal fast eine Erregung hier im Haus herrschte (Heiterkeit), aber du hast das immer mit Würze und mit Spaß gemacht. Lieber Armin, wir wünschen dir alles Gute im steirischen Landtag! Und pass auf, denn Landtagsmandate sind sehr gefährlich! (Bundesrat Stögmüller: Nur in Ober­öster­reich!) Nur in Oberösterreich, ja.

Wir werden uns sicher einmal über den Hengstpass sehen. Alles Gute, Armin, und herzlichen Dank für deine Arbeit hier im Bundesrat! (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie bei BundesrätInnen der SPÖ.)

Zu Wort gemeldet ist Reinhard Todt. Ich erteile dieses.


19.35.03

Bundesrat Reinhard Todt (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich habe mich zu einem Tagesordnungspunkt zu Wort gemeldet, der an sich einstimmig ist, und nütze diese Gelegenheit – meine Kollegin Daniela Gruber-Pruner hat ja im Prinzip alles gesagt, was den Tagesordnungspunkt betrifft –, um meine letzte Rede im Bundesrat zu halten. (Vizepräsident Brunner übernimmt den Vorsitz.)

Ich bin seit 27. April 2001 in diesem Haus und habe mir ein paar statistische Daten aufgeschrieben, um das ein bisschen anders zu machen: Es waren 17 Jahre. Ich war einmal Vizepräsident und zweimal Präsident des Bundesrates. Ich habe mich auch oft gefragt: Warum passt eigentlich dieses Bundesratsmandat so gut zu mir? – Folgende Antwort habe ich mir dann gegeben: Ich habe meine Kindheit und Schulzeit in Oberösterreich verbracht, bin auch dort geboren, habe meine Jugend- und Lehrzeit im Bundesland Salzburg verbracht, habe dort einen an sich sehr schönen Beruf gelernt – ich habe Maschinenschlosser gelernt, bei einer Firma, die heute Weltmarktführer ist, der Firma Palfinger.

Ich bin dann nach Wien gezogen, also von der ganz kleinen Provinz, von einer un­scheinbaren Bergarbeitersiedlung, die es heute nicht mehr gibt, weil es das Bergwerk nicht mehr gibt – ein Kohlebergbauschicksal, das auch andere noch treffen wird –, von einer Randregion zwischen Bayern und Salzburg zunächst nach Salzburg, das schon eine große Stadt war, aber Wien war dann die größere Stadt. Ich habe wahrscheinlich verstanden, wie es in diesen Regionen ist, und vielleicht habe ich deswegen auch Föderalismus sehr gut verstanden.

Ich bin meiner jetzigen Heimatstadt Wien sehr dankbar, dass sie mir die Ehre hat zuteilwerden lassen, dass ich das Bundesland Wien hier im Bundesrat 17 Jahre hin­durch vertreten durfte.


BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 187

In dieser Zeit, in den 17 Jahren – und ich weiß schon, Statistiken können nicht immer vollständig sein, aber es war nicht uninteressant, das einmal zusammenzuschreiben – habe ich hier fünf Bundeskanzler erlebt, zwei von der ÖVP und drei von der SPÖ. Ich habe neun Vizekanzler erlebt, vier von den Freiheitlichen und fünf von der ÖVP. – Ich habe die Namen dann überprüft, sie haben alle gestimmt, ich habe sie mir alle gemerkt. – Was die Fraktionsvorsitzenden hier im Bundesrat betrifft, so waren es bei den Freiheitlichen nur zwei, bei der ÖVP waren es drei, nein, vier – Entschuldigung, es waren vier; das habe ich sogar richtig geschrieben gehabt –, und bei den Grünen waren es zwei.

Ich möchte mich auch bei allen Präsidentinnen und Präsidenten des Bundesrates bedanken für ihre Tätigkeit, für ihre Arbeit und für die Geduld, die sie auch mit mir gehabt haben.

Ich möchte mich bei dir, liebe Susanne Bachmann, sehr herzlich bedanken; bitte richte es auch deinem Team aus. Es war eine gute Zusammenarbeit. Dein Rat – du bist ja schon gelobt worden – war immer wichtig. Wenn ich ihn auch nicht immer beherzigt habe, aber wichtig war mir dein Rat trotz alledem.

Ich möchte mich beim Fraktionsvorsitzenden der ÖVP herzlich bedanken. Wir haben nicht so lange zusammenarbeiten können, aber ich bitte dich, dass du auch deinen Vorgängern ausrichtest, ich habe mit ihnen sehr, sehr gerne auch in der Koalition zusammengearbeitet – es war nicht immer einfach, aber Koalitionen sind halt auch nicht einfach – und möchte mich bei Gottfried Kneifel und beim Kollegen Mayer recht herzlich bedanken.

Ich möchte mich bei dir, Monika Mühlwerth, sehr herzlich für die Gespräche bedanken, auch für die Auseinandersetzungen, die wir geführt haben – führen mussten. Ich glaube, trotz alledem war es eine gute Zusammenarbeit. Ich danke beiden Fraktionen, ich danke auch allen Bundesrätinnen und Bundesräten der beiden Fraktionen sehr herz­lich für die Zusammenarbeit. (Allgemeiner Beifall.)

Ich möchte mich bei der grünen Fraktion bedanken. (Bundesrätin Mühlwerth: Was für eine Fraktion?) Ich sage halt einfach, ich hoffe, dass ihr wieder mehr werdet – das hängt von Landtagswahlen ab und von den Anstrengungen, die ihr unternehmen müsst. Ich bitte euch aber, meinen Dank an Nicole Schreyer, eure ehemalige Frak­tions­vorsitzende, weiterzugeben. Es war auch eine sehr gute Zusammenarbeit. Ich danke auch dem ehemaligen Fraktionsvorsitzenden der grünen Fraktion Stefan Schennach, der jetzt da drüben (in Richtung SPÖ weisend) sitzt und der mich übrigens jetzt dann an Zeit überholen wird, denn er ist auch seit 2001 im Bundesrat. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Dziedzic.)

Ich möchte mich bei meiner Fraktion recht herzlich für die Zusammenarbeit bedanken, auch für das, was ihr mit mir habt aushalten müssen – es war nicht immer einfach; ich war nicht einfach, einige von euch waren auch nicht einfach, aber das gehört halt einfach mit dazu in dieser Auseinandersetzung.

Bedanken möchte ich mich auch bei einem Urgestein des Bundesrates – er war schon da, als ich gekommen bin –, bei Beppo – ist der noch da? –, Peter Pointner. Peter Pointner kennt die Verfassung auswendig, kennt die Geschäftsordnung fast aus­wendig, auch die Fehler in der Geschäftsordnung und vieles andere mehr.

Ich möchte mich bei Claudia Peska bedanken. – Wo ist sie? – Claudia, herzlichen Dank! Du bist eigentlich – sagen wir einmal so – die, die alles auffängt. Sie fängt alles auf und richtet für jeden alles her – Tausend Arme und Tausend Füße und Tausend Ohren, die man dabei auch braucht. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie der Bundes­rätInnen Dziedzic und Stögmüller.)


BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 188

Ich möchte mich auch bei meinen zwei Klubobmännern bedanken, die ich in meiner Zeit erlebt habe, das waren Josef Cap und Andreas Schieder – ich habe in letzter Zeit auch schon kürzere erlebt, und ich hoffe, dass die jetzige länger bleibt.

Ich möchte mich auch bei den Mitarbeitern recht herzlich bedanken, bei Niki Garfias – sie steht jetzt dort hinten –, und ich bitte sie, auch Lucia Grabetz meinen Dank aus­zurichten. Ich bitte euch, auch allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des SPÖ-Klubs meinen Dank zu übermitteln.

Es war sehr schön, es hat mich auch sehr gefreut, hier zu sein. Ich möchte mich noch einmal bei euch allen – bei euch allen! – bedanken für Gespräche, auch für Auseinan­dersetzungen. Ich möchte euch frohe Weihnachten wünschen, alles Gute im Neuen Jahr und alles Gute für den Bundesrat. Auf Wiedersehen!  (Allgemeiner stehend darge­brachter Beifall. – Die BundesrätInnen der SPÖ halten Tafeln mit Buchstaben, die die Worte „Danke Reinhard“ und „Freundschaft“ ergeben, in die Höhe.)

19.45


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Lieber Reinhard! Ich darf dir im Namen des gesamten Bundesrates und auch in meinem eigenen Namen ganz herzlich für dein Wirken in den letzten Jahren danken. Du hast selber gesagt, seit 2001 warst du Mitglied, du warst also jetzt, oder bist es noch, das längstdienende Mitglied des Bun­des­rates. Ich war überrascht, dass Stefan auch schon so lange da ist; er wird jetzt der Längstdienende.

Du warst Präsident, Vizepräsident, Fraktionsobmann, Ausschussvorsitzender, also du hast im Bundesrat wirklich viel gemacht. Du hast auch mit deinen Präsidentschafts­themen, wie beispielsweise mit dem letzten, „Digitale Zukunft sozial gerecht gestalten“, wirklich großartige Erfolge erzielt. Vielen Dank für alles! Du hast 2011 auch das Große silberne Ehrenzeichen für deine Verdienste um die Republik Österreich verliehen bekommen. Wir danken dir ganz herzlich für dein besonderes Engagement, für dein besonderes politisches Engagement und wünschen dir von ganzem Herzen alles Gute für deine Zukunft! (Allgemeiner Beifall.)

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Karl Bader. Ich erteile es ihm.


19.46.43

Bundesrat Karl Bader (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute darf der Herr Bundesminister auch ein bisschen den Familiensinn, den wir in diesem Haus pflegen, miterleben, und ich glaube, dass das auch ein Erlebnis ist, das ganz gut in diese vorweihnachtliche Zeit passt.

Alle Jahre wieder steht Weihnachten vor der Tür, alle Jahre wieder kommt das Chris­tuskind, heißt es, und alle Jahre wieder ist es natürlich so, dass wir vor Weihnachten intensive Tagesordnungen abzuarbeiten haben, aber nicht alle Jahre wieder passiert es, dass es, ohne dass Wahlen in Landtage dies notwendig machen, eine Sitzung gibt, bei der sich gleich vier Kollegen aus diesem Kreis der Bundesrätinnen und Bundesräte verabschieden.

Ich möchte namens der ÖVP-Fraktion diesen Kollegen recht herzlich für ihr Engage­ment danken. Ich habe in der Präsidiale schon Gelegenheit gehabt, dem Herrn Vize­präsidenten, Ewald, und dem Fraktionsobmann, Reinhard, Danke zu sagen und vor allem eines auszudrücken: Es hat in unserem Fall tatsächlich gestimmt, dass man sich im Leben mindestens zweimal trifft, denn ich durfte mit euch beiden schon von 2003 bis 2008 hier im Bundesrat zusammenarbeiten.


BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 189

Es ist ganz einfach so, dass es im Leben von uns Menschen immer wieder Stationen gibt, die ich gerne als Wegkreuzungen bezeichne, und an solchen Wegkreuzungen sind wir alle einmal angekommen, und wir haben bewusst auch eine Entscheidung getroffen, uns für die Allgemeinheit im politischen Sinne einzusetzen, zu engagieren. Das ist das, was uns sehr, sehr eint: dass wir bereit waren, Verantwortung für Mit­menschen, Verantwortung für die Öffentlichkeit zu übernehmen und uns natürlich ent­sprechend unserer ideologischen Festigung und den entsprechenden Grundwerten auch einzusetzen.

Dass es dazu natürlich eines Diskurses bedarf, ist selbstverständlich, und gerade dieses Haus ist der Platz, wo dieser Diskurs zu führen ist. Das Entscheidende ist, dass dieser auch entsprechend wertschätzend geführt wird, bei aller unterschiedlicher Mei­nung. Wir können uns glücklich schätzen, dass wir in einem Land leben, wo diese Diskurse tatsächlich im Parlament stattfinden, und das möge auch der Auftrag sein, den wir aus „100 Jahre Republik“ mitnehmen: auch weiter dafür Verantwortung zu über­nehmen, dass dieser Diskurs in diesem Haus bleibt und nicht auf die Straße verlegt wird.

Ich möchte auch meinen Kollegen, die ja jetzt nicht völlig aus der Politik ausscheiden, recht herzlich danken: Lieber Ferdinand – wir waren auch schon einige Jahre gemein­sam hier im Haus; du wechselst in den Landtag, ich war im Landtag und bin wieder zurück – und lieber Armin! Auch euch beiden ein herzliches Danke. Ich wünsche euch viel Kraft, viel Freude für eure Aufgaben, die vor euch stehen.

Und ich wünsche euch beiden, lieber Herr Vizepräsident und lieber Herr Fraktions­obmann, auch alles Gute.

Ich danke allen für die persönliche gegenseitige Wertschätzung. Ein herzliches Glück­auf, bleibt gesund und auf Wiedersehen bei der einen oder anderen Gelegenheit! – Vielen Dank. (Allgemeiner Beifall.)

19.50


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächste ist Frau Monika Mühlwerth zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr.


19.50.23

Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Es sind ja nicht nur heute diese vier, die uns verlassen. Wir haben in letzter Zeit schon eine große Fluktuation erlebt. Ich habe mir gerade gedacht, ich glaube, ich bin langsam ein Fossil des Bundesrates, das ist immer ein Zeichen dafür, dass man alt wird, denn ich bin seit 1996 hier. (Allgemeine Heiterkeit.)

Stefan Schennach und du, Reinhard, ihr seid gekommen, als ich in den Stadtschulrat des Vizepräsidenten gewechselt bin. Ich bin dann 2006 wieder zurückgekommen. Ihr wisst ja, wie das ist: Jeder Abschied tut weh, vor allem, wenn man mit jemandem schon lange zusammenarbeitet. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.)

Ich kann mich noch erinnern, dass wir uns – gemeinsam mit Edgar Mayer – halt ab und zu bei einer Veranstaltung oder nach einer Veranstaltung über den Weg gelaufen sind und dann beschlossen haben, noch etwas Trinken zu gehen. Wir haben sehr hochgeistige Gespräche geführt, wie es sich gehört. (Heiterkeit der Rednerin.) Da gab es manchmal Unterschiede, aber nicht allzu viele, möchte ich auch sagen, wenn ich das darf. Es war jedenfalls immer sehr nett und sehr lustig mit euch.

Ewald Lindinger kenne ich aber auch schon ziemlich lange. Ich kann mich erinnern, wie wir gemeinsam bei Gregor Hammerl in der Steiermark waren; das war auch eine sehr nette Geschichte. Es hat sich so immer wieder gezeigt, dass der Bundesrat


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imstande ist, über die Parteigrenzen und die Ideologiegrenzen hinweg bei aller Diskussion, die wir uns manchmal schon geliefert haben, dann doch auch gemeinsam an einem Tisch zu sitzen, nicht nur zu diskutieren, das Ideologische vielleicht einmal wegzulassen und auch miteinander zu lachen und zu scherzen. Dafür danke ich euch.

Über Reinhard Todt als Fraktionsvorsitzenden habe ich mich manchmal richtig geär­gert. Ich habe mir gedacht, jetzt übertreibt er es aber wirklich mit den ideologischen Gegensätzen. – Du bist halt manchmal schon ein bisschen ein Häferl! Das wissen wir, du weißt es ja auch und deine Fraktion ebenso. Da gehen halt einfach die Pferde mit einem durch. Das ist ja auch in Ordnung so. Es ist jeder, wie er ist, das haben wir heute in der Bildungsdebatte schon festgestellt. Es hat natürlich jeder das Recht darauf, zu glauben und zu denken, was er möchte. Das Wichtige ist – finde ich per­sönlich –, dass man dafür auch einsteht.

Es gibt, glaube ich, nichts Schlimmeres als jemanden, den man nicht fassen kann, bei dem man nicht weiß, ob er links, rechts, oben, unten oder was auch immer ist. Ich habe gelernt, Menschen zu schätzen, die eine Überzeugung haben, dazu stehen und auch mit mir darüber streiten. Das sind Menschen, bei denen ich immer gewusst habe, dass ich mich im Ernstfall auf sie verlassen kann.

Wenn wir uns etwas ausgemacht haben, Reinhard – das ist halt jetzt von Fraktions­vorsitzendem zu Fraktionsvorsitzender anders, da macht man sich manchmal auch Dinge aus –, dann wusste ich, entweder du hast gesagt, das geht nicht, oder du hast gesagt, wir reden darüber – dann war das ergebnisoffen –, oder du hast gesagt, passt. Was auch immer du gesagt hast, es hat gehalten. Das finde ich wirklich sehr schön, das hat mir sehr gut gefallen. In der Politik ist das leider nicht bei allen und immer so selbstverständlich; darum schätzen wir jene Kollegen am allermeisten, von denen man sagen kann, da weiß man, woran man ist, wenn wir uns etwas ausmachen, dann können wir uns auch darauf verlassen.

Ich wünsche dir alles Gute, bleib gesund, das ist das Wichtigste! Was immer du vorhast, hab Freude daran und genieße es!

An diejenigen, die in einen Landtag wechseln: Wir werden uns, denke ich, in Ober­österreich oder in der Steiermark irgendwo über den Weg laufen, weil ich ja noch ein bisschen da bin. (Bundesrat Tiefnig: Wir kommen wieder!)

Lieber Kollege Lindinger, Ewald, dir wünsche ich auch, dass du gesund bleibst. Genieß die Zeit mit deinen Enkelkindern, wie du es ja vorhast, und geh auf die Jagd!

Auf jeden Fall: Habt es gut, bleibt gesund, genießt das Leben, das ist ja auch irgendwie enden wollend! Wir laufen uns sicher wieder über den Weg. Alles Gute! (Allgemeiner Beifall.)

19.54

19.54.52


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort, vielleicht zum Hochschul-Qualitätssicherungsgesetz? (Allgemeine Heiterkeit.) – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Einstimmigkeit. Der Antrag ist somit angenommen.


BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 191

19.55.2419. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 12. Dezember 2018 betreffend ein Bundes­ge­setz, mit dem das Studentenheimgesetz geändert wird (353 d.B. und 445 d.B. sowie 10109/BR d.B.)


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Wir gelangen nun zum 19. Punkt der Ta­ges­ordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler. Ich bitte um den Bericht.


19.55.37

Berichterstatterin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich erstatte den Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Beschluss des Nationalrates vom 12. Dezem­ber 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Studentenheimgesetz geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, daher komme ich gleich zur Antrag­stellung:

Der Ausschuss für Wissenschaft und Forschung stellt nach Beratung der Vorlage am 18. Dezember 2018 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erste ist Frau Bundesrätin Mag. Daniela Gruber-Pruner zu Wort gemeldet.


19.56.22

Bundesrätin Mag. Daniela Gruber-Pruner (SPÖ, Wien): Hohes Präsidium! Sehr geehrter Herr Minister – noch ein drittes Mal! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es ist nun fast ein bisschen schwierig, diesen Weihnachtsfrieden noch einmal zu stören. (Ruf bei der FPÖ: Mach es kurz!) Das ist mir fast ein bisschen unangenehm, aber ich muss trotzdem begründen, warum wir bei diesem Gesetz leider nicht mitstimmen werden. (Bundesrätin Mühlwerth: Was genau ist da unangenehm?!)

Wir als Bundesländervertreter und -vertreterinnen wissen ja, dass die Bundesländer an den Universitätsstandorten Bundesländerheime für die Studierenden anbieten. Das ist auch gut so. Es gibt dort immer einen großen Andrang, was ich noch aus der eigenen Studienzeit weiß, weil eben leistbare Zimmer, leistbare Plätze für die Studierenden Mangelware sind und es keine Selbstverständlichkeit ist, dass man einen Platz bekommt.

Was nun aber immer mehr passiert und was uns Sorgen bereitet, ist, dass immer mehr private Anbieter oder private Investoren in dieses Marktsegment drängen und den Bedarf der Studierenden sozusagen nutzen. In meinem Bezirk, in der Donaustadt, beispielsweise baut derzeit ein US-Investor ein Studierendenheim, in dem Zimmer mit 20 Quadratmetern um sage und schreibe 750 Euro angeboten werden. Ich hätte mir das als Studierende nicht leisten können. Ich denke mir, dass das für ganz viele tatsächlich eine hohe Hürde ist. Ja, es gibt Förderungen für Studierende, auch ge­staffelt. Ich denke aber, es kann nicht das Ziel sein, dass wir die Preise auf diesem privaten Markt mit Förderungen ausgleichen müssen, dass wir mit Förderungen nachschärfen müssen, anstatt endlich die Mieten in den Griff zu bekommen.

Ich denke mir, es wäre im Interesse aller gewesen, wenn da nun eine Gesetzeslücke geschlossen werden würde, indem man beispielsweise einen Mietpreisschutz und


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auch einen Kündigungsschutz für Studierende festgeschrieben hätte. Das passiert mit diesem Gesetz leider nicht, ganz im Gegenteil.

Man muss da wirklich unterscheiden. Bei den bisherigen gemeinnützigen Heimträgern beträgt eine Monatsmiete derzeit um die 300 Euro. Das ist also wirklich ein eklatanter Unterschied; das macht für die Studierenden wirklich etwas aus. Zu einer Kosten­deckung, die man sich natürlich hätte überlegen können, kommt es nun nicht. Durch den Wegfall der Förderungen für die Anbieter von gemeinnützigen Unterkünften wird aus meiner Sicht die freie Miete eigentlich beflügelt und die Studierenden werden zu ganz normalen Kunden. Wie gesagt, was wir uns von diesem Gesetz erwartet hätten, wären ein Preisschutz und ein Kündigungsschutz für die Studierenden gewesen.

Ein weiterer Punkt, der uns sauer aufstößt, ist, dass mit diesem Studentenheimgesetz ein wesentliches Element maßgeblich erschwert wird, nämlich die Mitbestimmung der BewohnerInnen in diesen Unterkünften, also die Mitbestimmung bei der Wahl der Heimvertretung, der Organisation von Schlichtungsausschüssen et cetera durch die Studierenden. Das wird erschwert und es gibt auch unrealistische Hürden, die einge­baut werden.

Alles in allem heißt das, dass für Studierende, deren Eltern nicht reich sind, das Studieren in mehrfacher Weise schwieriger wird, wodurch auch die soziale Selektion forciert wird. Deshalb möchten wir als Fraktion diesem Gesetz nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ sowie der BundesrätInnen Dziedzic und Stögmüller.)

20.00


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächste ist Frau Bundesrätin Marianne Hackl zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr.


20.00.47

Bundesrätin Marianne Hackl (ÖVP, Burgenland): Geschätztes Präsidium! Sehr ge­ehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Viele von uns waren sicher schon in einem Studentenwohnheim, auch ich habe in meiner Jugend einen Teil meiner Zeit dort verbracht. Wir wissen, wie prägend das für unser weiteres Leben ist. Wir werden das nie vergessen. Die Bildung und die Eigenständigkeit werden sehr positiv ausgeprägt. Durch die Schaffung von Studentenwohnheimen an den Studien­standorten in Österreich ist es in den letzten Jahren gelungen, gerade jungen Men­schen den Weg zur Bildung zu ermöglichen.

Das bisherige Studentenheimgesetz stammte im Wesentlichen aus dem Jahre 1986. Die Bundesregierung hat nun reagiert, denn seit 1986 hat sich schon sehr viel verändert. Die Mobilität der Studenten beispielsweise ist wesentlich größer geworden, Stichwort Erasmus. Die Studienzeiten sind auch kürzer und es wird flexibler hin und her gewechselt; das heißt, man kann sich entscheiden, in dem einen Bundesland den Bachelor zu machen und in einem anderen den Master.

Dafür braucht man aber auch Flexibilität in den vertraglichen Regelungen, die eben dieses neue Studentenheimgesetz garantiert. Es wird Rechtssicherheit für mehr als 33 000 Heimbewohner in knapp 300 Studentenheimen geschaffen, denn einige Ver­träge fielen weder ins Mietrechtsgesetz noch ins Studentenheimgesetz. Diese Grau­zone wird also nun ausgeräumt. Sehr wichtig ist auch die Unterscheidung zwischen den gemeinnützigen und den privaten Heimbetreibern, denn das bringt eine gewisse Genauigkeit in dieses Gesetz hinein.

Bundesminister Faßmann hat auf Grundlage eines umfangreichen Konsenspapiers von Studierenden und Heimträgern, also unter Einbindung aller Beteiligten eine richtige Richtung für die Bildung der jungen Frauen und Männer, die unsere Zukunft in Öster-


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reich sind, eingeschlagen. Dafür kann ich nur Danke sagen. Unsere Fraktion wird zustimmen. – Danke. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

20.03


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächster ist Herr Bundesrat Gerd Krusche zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.


20.03.36

Bundesrat Gerd Krusche (FPÖ, Steiermark): Hohes Präsidium! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Keine Angst, ich werde die Eckpfeiler und Inhalte dieses Gesetzes nun nicht mehr wiederholen, das hat meine Vorrednerin bereits in hervorragender Weise ausgeführt. Ich habe allerdings bei der Erstrednerin, Frau Gruber-Pruner, sehr aufmerksam zugehört und zu verstehen versucht, warum ihr dieses Gesetz ablehnt.

Ich bin draufgekommen: Ihr lehnt es eigentlich deswegen ab, weil irgendetwas nicht drinnen steht. Nicht das, was im Gesetz steht, ist störend, sondern das, was nicht drinnen steht, nämlich irgendeine Mietpreisdeckelung. So, wie ich das verstanden habe, ist das aber nicht Gegenstand dieses Gesetzes. Das Abschaffen der Bundes­förderung ist ja nicht Teil dieses Gesetzes, weil die schon seit 2010 in Kraft ist.

Ich kenne ein relativ probates Mittel, um die Heimpreise niedrig zu halten. In meiner Stadt, in Leoben, haben gerade viele Anbieter auf den Markt gedrängt, weswegen das Angebot einfach so groß ist und wir nun Preise für Studentenzimmer haben, die unter 200 Euro liegen. (Zwischenruf der Bundesrätin Hahn.)

Wenn es nun Rechtssicherheit für alle Beteiligten gibt, ist das vielleicht auch eine Motivation, zusätzliche Heime zu errichten, wodurch der Preisdruck auch entschärft wird. Es ist schon klar, dass bei einer Miete von 700 Euro normalerweise keiner in ein Studentenheim geht.

Meiner Meinung nach ist das – wie gesagt – aber eigentlich nicht Thema dieses Ge­setzes. Das Gesetz beseitigt Unklarheiten und ist somit zu befürworten. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

20.05


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Kollege Stögmüller, bitte. (Bundesrat Stögmüller – auf dem Weg zum Rednerpult –: Ich habe mich zuerst gemeldet!)


20.05.55

Bundesrat David Stögmüller (Grüne, Oberösterreich): Ich möchte auch zu diesem aus unserer Sicht eher wenig erfreulichen Gesetz sprechen. Mit dem Studenten­heim­gesetz hatte man sich eigentlich eh einen Gesetzestext ausgesucht, der einiges an Korrekturbedarf gehabt hätte – so weit, so gut. Nach Korrekturen hätte nämlich dieses Gesetz endlich einmal auch wirklich den Namen Gesetz verdient gehabt.

Problematisch ist jener Teil, wonach es erst ab 30 HeimbewohnerInnen rechtlich möglich ist, eine Heimvertretung zu wählen. Eine solche Vertretung ermöglicht nicht nur die Teilhabe der BewohnerInnen, sondern würde auch im Falle eines Problems den HausbesitzerInnen zugutekommen, denn der Dialog muss ja vor allem bei Vertragsparteien immer im Vordergrund stehen. Mit diesem Gesetz allerdings wird es den Eigentümern ermöglicht, genau dieses Recht zu verwehren. Das würde also unse­ren demokratischen Anspruch verfehlen.


BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 194

Die andere Sache ist, dass Wohnen nicht nur für Studierende aktuell immer teurer wird. Gerade meist prekär lebende Menschen und Studierende bekommen diese Realität immer öfter zu spüren. Obwohl sie die Tendenzen der steigenden Preise kennt, kümmert sich die Bundesregierung unserer Meinung nach nicht um diesen Teil der Gesellschaft. Wozu soll das führen? – Zu mehr prekär lebenden Menschen. Das Sicherheitsgefühl der Menschen wird sich dadurch auch nicht erhöhen – im Gegenteil!

Die Bundesregierung sollte endlich anfangen, den Spaltungstendenzen in unserer Gesellschaft aktiv entgegenzuwirken, und das hat auch etwas mit Wohnen und für StudentInnen etwas mit Studierendenwohnungen zu tun. Man soll sich dafür nicht in die unsichtbaren Hände der Märkte begeben. Deswegen werden wir diesem Gesetz heute nicht zustimmen.

20.07


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Weitere Wortmeldungen von Bundes­rätIn­nen liegen dazu nicht vor.

Der Herr Bundesminister gelangt nun zu Wort. – Bitte schön.


20.07.49

Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Heinz Faßmann: Angesichts der fortgeschrittenen Zeit wollte ich die Diskussion nicht in die Länge treiben, aber, Herr Stögmüller, Sie verlangen von mir abermals eine Richtigstellung.

Sie, Herr Krusche, haben das sehr gut erklärt: Es geht um ein Gesetz und nicht um die anderen Dinge, die nicht im Gesetz stehen. Die Frage der Verteuerung des Wohn­raums, welche durch eine zu geringe Wohnbauleistung in den letzten Jahren und eine deutliche demografische Steigerung bedingt ist, ist eine Sache, ist ein Faktum, aber das hat nichts mit diesem Gesetz zu tun.

Herr Stögmüller und auch Frau Gruber-Pruner, ich möchte betonen, wir haben den Diskussionsprozess nicht alleine, nicht autistisch im Haus durchgeführt, sondern haben das mit der Bundes-ÖH, die, glaube ich, von der VSStÖ getragen wird, durchgeführt. (Bundesrat Stögmüller: Gras!) Wir sind zu einem Konsens gekommen und haben das in einer gemeinsamen Pressekonferenz vorgestellt. Ich sage daher ganz offen: Ich bin verwundert, dass hier nun gar kein breiter Konsens entsteht, weil es letztlich ein breiter Konsens der Verhandlungspartner war.

Gerade im Bereich des Kündigungsschutzes bringt dieses Gesetz einen ganz klaren Fortschritt, weil die Kündigungsgründe taxativ aufgezählt werden. (Zwischenruf bei der FPÖ.) Es müssen ganz gewichtige Gründe sein, damit es zu einer Kündigung kommen kann.

Das Gesetz ist in der Tat – Herr Krusche, Sie haben das sehr schön dargestellt – ein Fortschritt für die Studierenden. Es schafft mehr Rechtssicherheit für das Wohnen und auch eine Klarheit im Bereich des studentischen Wohnens. Ich kann abermals nur werben und um Aufklärung bitten, denn das Gesetz ist ein Fortschritt. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

20.09


20.09.42

Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit, der Antrag ist somit angenommen.


BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 195

20.10.0120. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 12. Dezember 2018 betreffend ein Bundes­gesetz über die Wahltage der Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftswahlen 2019 (499/A und 446 d.B. sowie 10110/BR d.B.)


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Wir gelangen nun zu Punkt 20 der Tagesordnung.

Berichterstatterin ist abermals Frau Bundesrätin Dr. Eder-Gitschthaler. – Ich bitte um den Bericht.


20.10.14

Berichterstatterin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Beschluss des Nationalrates vom 12. De­zember 2018 betreffend ein Bundesgesetz über die Wahltage der Hochschü­lerinnen- und Hochschülerschaftswahlen 2019.

Dieser Bericht liegt Ihnen ebenfalls schriftlich vor; ich komme daher gleich zur Antrag­stellung.

Der Ausschuss für Wissenschaft und Forschung stellt nach Beratung der Vorlage am 18. Dezember 2018 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Doris Hahn. Ich erteile es ihr. (Ruf bei der FPÖ: Schon wieder! – Bundesrätin Hahn – auf dem Weg zum Rednerpult –: So ist es: Schon wieder! Aller guten Dinge sind drei, wie ich finde!)


20.11.00

Bundesrätin Doris Hahn, MEd MA (SPÖ, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! – „Und täglich grüßt das Murmeltier“, fällt mir da nur ein, wenn ich mir die Chronologie der Ereignisse – wenn man so will – auf dem Weg hin zu einem sinnvollen, vernünftigen Wahltermin für die nächste Hoch­schülerschaftswahl so anschaue.

Immer wieder haben wir es ja in der jüngeren Vergangenheit mit einer Situation zu tun, in der Vertreterinnen beziehungsweise Vertreter der Bundesregierung bei Geset­zes­änderungen nicht mit den jeweils betroffenen Personen sprechen, sie nicht einbinden, wie es im parlamentarischen und vor allen Dingen im demokratischen Geschehen an sich Usance sein sollte – sei es zunächst betreffend Kinder- und Jugendhilfe, sei es beim Arbeitszeitgesetz; die Liste ließe sich jetzt noch sehr, sehr lange fortsetzen.

Das betrifft jetzt auch die Verschiebung des Wahltermins für die ÖH-Wahl 2019. Dabei ist die Verschiebung aus meiner Sicht gar nicht nachzuvollziehen. Es gab ja bereits eine Einigung zwischen der ÖH und Ihnen, Herr Minister. Der Wahltermin für die EU-Wahl ist auch nicht wirklich eine Überraschung oder ein Geheimnis gewesen, das alleine kann noch nicht wirklich ein Grund dafür sein, sich nicht mit der Hoch­schüler­schaft zu akkordieren.

Die ÖH selbst spricht in einem offenen Brief an Sie, Herr Minister, und auch an den Bundeskanzler von einem völlig unverständlichen Alleingang. Es hätte sich um einen Termin gehandelt – Anfang Juni – der bereits in die Prüfungszeit fällt, somit wäre die Gefahr natürlich groß gewesen, dass vergleichsweise mehr Studierende nicht zur Wahl gegangen wären und dass Freiwillige, die sich normalerweise zur Durchführung der


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Wahlhandlung bereit erklären würden, dies aufgrund von Prüfungsvorbereitungen und so weiter nicht hätten tun können. Was das an strukturellem, personellem und vor allem finanziellem Mehraufwand bedeutet hätte, ist wohl sehr leicht nachzuvollziehen.

Da es nur wenige Tage bis Weihnachten sind, will ich jetzt auch gar nicht unterstellen, dass vielleicht ganz bewusst eine geringere Wahlbeteiligung angestrebt wurde, um die eine oder andere – unter Anführungszeichen – „linke“ Stimme zu vermeiden. Nein, das tue ich jetzt nicht! (Zwischenruf bei der FPÖ.) Trotzdem kann ich diese Vorgehens­weise definitiv nicht verstehen, weil es einfach nicht notwendig gewesen wäre, künstlich Diskussionen zu erzeugen. Tatsache ist, dieser neue Kompromisswahltermin von 27. bis 29. Mai ist ebenso mehr als ungünstig, da er nämlich in die Feiertagswoche fällt, was man ja eigentlich und ursprünglich vermeiden wollte.

Ich denke, das wird nicht dazu beitragen, dass vom Wahlrecht in vergleichsweise über­mäßiger Form Gebrauch gemacht werden wird. Es wird nicht dafür gesorgt, dass es den Studierenden möglichst leicht und vor allen Dingen attraktiv gemacht wird, ihre Vertretung zu wählen und Mitbestimmung und Demokratie wirklich leben zu können. Ich denke mir, es wäre vielleicht ein guter Neujahrsvorsatz, den sich die Bundesregie­rung geben könnte, mit den Betroffenen auch wirklich entsprechende Gespräche zu führen.

Geschätzte Damen und Herren, in diesem Sinne darf ich Ihnen als letzte Rednerin meiner Fraktion des heutigen Tages persönlich und natürlich auch namens meiner Fraktion jetzt schon frohe Fest- und Feiertage sowie alles Gute für das neue Jahr wünschen. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ sowie der BundesrätInnen Dziedzic und Stögmüller.)

20.14


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Danke.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Marlene Zeidler-Beck. Ich erteile es ihr.


20.14.40

Bundesrätin Mag. Marlene Zeidler-Beck, MBA (ÖVP, Niederösterreich): Sehr ge­ehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kol­legen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher, die Sie zu dieser späten Stunde noch ausharren! Ja, liebe Frau Kollegin Hahn, ich kann nicht verstehen, warum du als Niederösterreicherin und Absolventin der Donau-Uni heute gegen die Donau-Uni gestimmt hast – wenn wir schon beim Verstehen sind! (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Bundesrätin Hahn: Hab ich nicht!)

Ich möchte mich aber jetzt zu dieser Stunde weder an Verschwörungstheorien noch am Kaffeesudlesen beteiligen, ich möchte ganz einfach einen kurzen Faktencheck machen.

Schauen wir uns an, was in § 43 des Hochschülerinnen- und Hochschülerschafts­ge­setzes steht! In Absatz 1 steht, die Wahlen sind alle zwei Jahre abzuhalten, das Wahlrecht ist persönlich auszuüben, bei den Wahlen der Bundesvertretung und der Hochschulvertretungen ist auch die Briefwahl zulässig.

Es wurde zuletzt im Mai 2017 gewählt, wir beabsichtigen, die Wahlen im Mai 2019 durchzuführen – alle zwei Jahre, erfüllt. Wählen wird natürlich auch dieses Mal wieder persönlich möglich sein und auch per Briefwahl. Da die Wahlbeteiligung in den letzten Jahren gesunken ist und 2017 auf einem historischen Tiefststand von 24,5 Prozent war, ist zusätzlich auch noch eine breite Infokampagne mit Medienaktionen, aber auch


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mit dem persönlichen Involvement unseres Wissenschaftsministers geplant. – Vielen Dank dafür. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Damit kommen wir zum zweiten Absatz, da steht: „Die Wahlen sind von Dienstag bis Donnerstag einer Woche in der Zeit von Mitte April bis Mitte Juni durchzuführen. Die Wahlkommissionen [...] sind davon abweichend berechtigt, den ersten und/oder den zweiten Wahltag auf Freitag bzw. Samstag der der Wahl vorangehenden Woche vorzuziehen.“ Der Bundesminister hat nach Anhörung der ÖH „die Wahltage und die sich daraus ergebenden Fristen [...] festzulegen.“ – So steht es im Gesetz, und so ist es auch diesmal passiert.

Jetzt kommt das kleine Aber: Die ÖH hat diesmal einen Wahltermin Anfang Juni vorgeschlagen. Dieser Wahltermin hätte zwei Nachteile mit sich gebracht: Er wäre im Juni gewesen, dazu hat die ÖH bisher gesagt, dass sie das nicht möchte. Da beginnt die Prüfungszeit, und es wird nicht nur für die Studierenden schwierig, sondern vor allem auch schwierig, freiwillige Wahlhelferinnen und Wahlhelfer zu rekrutieren. Die vorgezogenen Wahltage wären darüber hinaus auf den Freitag und den Samstag nach Christi Himmelfahrt gefallen, es wären Fenstertage gewesen, was gerade im Lichte der niedrigen Wahlbeteiligung ungünstig gewesen wäre. Genau deswegen wurde noch­mals der Kalender gezückt und ein neuer Termin gesucht, mit genügend Abstand zur Prüfungszeit und möglichst ohne Feiertage und Fenstertage. Das ist im kommenden Mai nicht ganz so einfach, deswegen fiel die Entscheidung, die Wahl von Montag bis Mittwoch, also von 27. bis 29. Mai, durchzuführen.

Es sind also fast alle Punkte erfüllt. Ob Montag bis Mittwoch oder Dienstag bis Donnerstag: Wir reden hier von großteils jungen Menschen, und ich darf sagen, sie sind flexibel. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall bei der FPÖ.)

Ich glaube, damit gibt es wirklich fast nichts, was Studierende davon abhalten könnte, vom Wahlrecht Gebrauch zu machen. Ich war selbst lange berufstätige Studentin. Ich bin selbst extra nach Wien gefahren, um von meinem Wahlrecht Gebrauch zu machen, weil es mir einfach ein Anliegen und wichtig war, dass wir eine ÖH haben, die von einer breiten Basis gewählt ist und sich wirklich für die Anliegen der Studenten einsetzt. Ich glaube, da sollten wir ansetzen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Zusammengefasst: Fokussieren wir uns doch auf die Fakten! Arbeiten wir alle daran – das ist ein Auftrag, der sich an uns alle richtet –, dass die Wahlbeteiligung bei den ÖH-Wahlen steigt und wir dann eine Studierendenvertretung haben, die breit demokratisch legitimiert und eine echte Interessenvertretung für die Studierenden ist.

Vielleicht kann jetzt in diesem Sinne ein wenig vorweihnachtlicher weihnachtlicher Friede einkehren. Auch ich bin heute die letzte Rednerin meiner Fraktion, ich bin noch dazu ein echtes Christkindl und darf von dieser Stelle aus frohe Weihnachten wün­schen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

20.18


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Danke, Christkindl.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat David Stögmüller. Ich erteile es ihm.


20.19.05

Bundesrat David Stögmüller (Grüne, Oberösterreich): Herr Minister, Sie haben ja vorhin die ÖH so herausgestrichen – bei diesem Gesetz haben Sie aber nicht auf die ÖH gehört, das wissen Sie ganz genau! Die ÖH hat schon andere Termine vorgeschlagen, auch einige Zeit vorher.(Bundesrätin Mühlwerth: Jo, mei! – Bundesrat Schuster: Na, ja!)


BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 198

Der Beschluss zum Termin der ÖH-Wahl ist einer der mir unerklärlichsten Geset­zes­texte, die ich in letzter Zeit und seit langer Zeit gelesen habe. Ich frage Sie ganz ehr­lich, warum es dafür ein eigenes Gesetz gebraucht hat. Ich weiß, warum, aber Sie hätten es auch anders lösen können.

Ich habe bis jetzt noch kein einziges vernünftiges Argument vonseiten FPÖ und ÖVP gehört. (Bundesrat Krusche: Wir haben noch gar nicht geredet!) Von der einen Seite wird gesagt: Die wollen das so! Die anderen können keinen einzigen inhaltlichen Grund für diesen Termin nennen. (Bundesrat Längle: Der Kollege Krusche hat dazu ...! Ich hoffe, du hörst dann zu!) – Ja, da bin ich schon gespannt, vielleicht kann Kollege Krusche mir sagen, warum.

Ich weiß aber schon, was kommen wird: Es wird nur ÖH-Bashing kommen – das weiß ich jetzt schon –, vielleicht noch ein bissl Wienbashing, und damit haben wir wie immer das gesamte Paket wieder abgerundet. (Ruf bei der ÖVP: David, hast du eine Bashingneurose?!)

Gehen wir wieder zurück: Es gibt keinen einzigen wirklichen Grund für eine Termin­verschiebung. Ich habe auch noch nicht gehört, dass man die Wünsche und Anre­gungen der ÖH, der Studierenden, die davon betroffen sind, irgendwie wahrnimmt. Wenn ihr einen Termin wählt, der direkt nach einer großen EU-Wahl und noch dazu in einer Woche mit zwei – und das ist wichtig, Frau Kollegin – unifreien Tagen liegt, dürft ihr euch alle nicht wundern, dass die Beteiligung bei dieser Wahl wohl kaum steigen wird. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Sie wird in den Medienberichten nämlich komplett untergehen. – Das ist Punkt eins.

Viele Studierende werden wegen der EU-Wahl möglicherweise heimfahren und dann aufgrund der Fenstertage gleich zu Hause bleiben. – Das ist Punkt zwei, das ist das zweite Argument, und das wissen Sie. (Bundesrat Bader: Gibt es keine Briefwahl?!)

Wir alle hier im Saal sind der Ansicht, dass wir die Wahlbeteiligung bei den ÖH-Wahlen steigern müssen, darum die Frage: Warum legen Sie der ÖH-Wahl oder der ÖH allgemein so viele Steine in den Weg? Warum unterstützen Sie die ÖH nicht einfach bei der Umsetzung der Wahlen? Warum haben Sie das nicht gemacht, Herr Minister?

Sie können doch nachvollziehen, warum ich mir die Frage stelle, ob Sie das absichtlich machen, ob Sie die ÖH absichtlich delegitimieren. Ich bin der Meinung, dass es ein Mehr an Demokratie bräuchte, ein Mehr an Teilhabe und vor allem eine starke Stimme für die Studierenden da draußen. (Zwischenruf bei der FPÖ.)

Ich weiß, dass nicht alle hier in diesem Hohen Haus ein Interesse an einer starken ÖH haben, das ist für mich auch nachvollziehbar, aber sie mundtot zu machen ist mit Sicherheit kein demokratisches Mittel. (Bundesrat Bader: Geh, bitte! – Bundesrat Tiefnig: Das sind Unterstellungen!) – Warum Unterstellungen? Wie oft hat Kollege Raml – ich weiß es noch ganz genau, wie er hier am Rednerpult gestanden ist – über die ÖH geschimpft, und gesagt, dass man die eh nicht braucht? Ich habe immer wieder das Schimpfen über die ÖH gehört, und es wird auch nachher wieder kommen. (Bundesrat Bader: Geh, bitte!) – Das war nicht gegen Sie gerichtet. Ich weiß, dass die ÖVP ein solches Interesse nicht hat, aber eine der Regierungsfraktionen hat ein solches Interesse, weil sie bei den ÖH-Wahlen nicht gewählt wird. Das ist ein Faktum. Sie haben das Interesse, dass die Wahlbeteiligung sinkt. Sie wissen, Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP, dass das wahrscheinlich auch ein Grund dafür ist, warum es eine Wahlverschiebung gibt, denn anders kann sich das keiner erklären.

Ich bin froh – und das muss ich auch lobend sagen –, dass der Herr Minister wenigs­tens gesagt hat, er wolle sich bemühen, die ÖH zumindest in der Form zu unterstützen, dass es eine Medienkampagne gibt. Ich bin gespannt darauf und froh darüber, dass es


BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 199

das gibt. Aber betreffend Wahltermin: Das ist eine absolute Pleite, dass Sie da gegen­über Ihrem Koalitionspartner eingeknickt sind. Ich bin gespannt auf Ihre spezifizierten inhaltlichen Argumente. Mich würde interessieren, warum hier überhaupt ein Anlass­gesetz für eine ÖH-Wahl geschaffen worden ist. – Danke. (Beifall bei BundesrätInnen der SPÖ sowie der Bundesrätin Dziedzic.)

20.23


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Danke.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Gerd Krusche. Ich erteile es ihm.


20.23.38

Bundesrat Gerd Krusche (FPÖ, Steiermark): Hohes Präsidium! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich habe gar nicht damit gerechnet, dass das heute noch so lustig wird. (Heiterkeit bei FPÖ und ÖVP.) Frau Kollegin Hahn, Sie haben eingangs gesagt: „Und täglich grüßt das Murmeltier“. – Das war der einzig richtige Satz, denn täglich grüßt das Murmeltier in Ihren Reihen, indem Sie irgendetwas suchen, um einfach dagegen sein zu können (Zwischenruf der Bundesrätin Hahn); das muss ich schon sagen.

Kollege Stögmüller, der jetzt von mir das ÖH-Bashing erwartet – es wird eh noch kommen, aber in differenzierter Weise (Bundesrat Stögmüller: Na!) –, ist der Meinung, dass Studenten, angehende Akademiker, die zukünftige Elite unseres Landes, zwei Wahlen hintereinander demokratiepolitisch nicht verdauen, dass das zu viel ist. – Ich würde sagen, ein Gesetz in Ihrem Sinn wäre vielleicht: Die Wahlkommission besucht jeden Studenten einzeln im Studentenheim. (Ruf bei der FPÖ: Aber nicht vor 12 am Vormittag! – Heiterkeit bei FPÖ und ÖVP.) So würde das Problem vielleicht gelöst. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

So etwas Fadenscheiniges habe ich schon lang nicht mehr gehört. Es gibt drei Wahltage und Vorwahltage – und die Studenten sind nicht in der Lage, an dieser Wahl teilzunehmen?! Jetzt sage ich Ihnen, warum das Desinteresse an der ÖH-Wahl so groß ist (Zwischenruf des Bundesrates Stögmüller): weil die ÖH seit Jahren Dinge macht, die sie eigentlich nichts angehen und die Studenten auch nicht interessieren.

Die ÖH ist nämlich als Studentenvertretung, als Interessenvertretung gedacht. Ich war selbst Vorsitzender des Hauptausschusses in der Hochschülerschaft einer Universität. Schon damals haben wir dieses sogenannte allgemeinpolitische Mandat immer in Abrede gestellt. Wenn die Hochschülerschaft nichts Besseres zu tun hat, als Busse für Demos in Wien zu organisieren und mit den Zwangsbeiträgen auch noch zu finan­zieren (Zwischenrufe bei der SPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller), dann darf man sich nicht darüber wundern, dass die Wahlbeteiligung so gering ist. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Ich muss sagen (Bundesrätin Ecker: Wir können schon abstimmen!), ich lebe ja wirklich auf einer Insel der Seligen. Ich bin heute draufgekommen, dass wir in Leoben die billigsten Heimpreise haben. Wir sind mit der neuen Leistungsvereinbarung – danke, Herr Bundesminister – zufrieden, und wir haben österreichweit auch die höchste Wahl­beteiligung bei den Hochschülerschaftswahlen, nämlich 53,3 Prozent im Jahr 2017, also mehr als das Doppelte des Bundesschnittes. Warum? – Weil dort überwiegend vernünftige Leute in der ÖH sitzen und auch studieren, die die Universität nicht nur als Agitationsplatz für irgendwelche linken Ideologien sehen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.) – So viel zu den ÖH-Wahlen; es wurde genug zu diesem Thema gesagt.

Da ich heute voraussichtlich der letzte Redner nicht nur meiner Fraktion, sondern im Rahmen der Tagesordnung überhaupt bin, lassen Sie mich abschließend sagen, dass ich nach vielen Statistiken, die ich auch von dir, Kollege Todt, gehört habe – beein-


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druckend –, zufällig draufgekommen bin, dass das heute meine hundertste Bundes­ratssitzung ist. (Beifall und Oh-Rufe bei FPÖ und ÖVP. – Bundesrat Bader: Wo sind wir eingeladen?!)

Vor den Weihnachtswünschen darf ich allen vier, die heute ausscheiden, das Beste in ihrem weiteren politischen, privaten und beruflichen Leben wünschen, viel Gesundheit! Ich bin mir ganz sicher, dass ihr alle die Qualität des Bundesrates mit seiner – das haben wir ja heute auch schon gehört – gelebten Kollegialität und überwiegend sach­lichen Diskussionskultur weitertragen werdet. Einzelne Ausreißer – wie Kollegen Weber heute – verkraften wir schon (Bundesrat Weber: Na geh, geh, geh! Wer im Glashaus sitzt ...! – weitere Zwischenrufe bei der SPÖ); das haben vielleicht sogar wir schon einmal gehabt – wie auch immer! (Heiterkeit und Oh-Rufe bei der SPÖ.) Ihr, da bin ich mir sicher, werdet als Botschafter des Bundesrates in euren Regionen, in eurem Umfeld tätig sein und somit auch weiterhin einen wertvollen Beitrag für dieses Haus leisten.

Jetzt zum Abschluss – welch eine Überraschung! – wünsche ich allen noch ein frohes Weihnachtsfest sowie ein gutes und erfolgreiches neues Jahr 2019. Ich hoffe, dass wir alle im Bundesrat Verbleibenden uns in alter Frische und mit viel Kraft und Elan im neuen Jahr wiedersehen. – Ich danke. (Allgemeiner Beifall.)

20.29

20.29.22


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor. Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

20.29.4221. Punkt

Wahl der beiden Vizepräsidenten/innen, der Schriftführer/innen und der Ord­ner/innen für das 1. Halbjahr 2019


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Wir gelangen nun zum 21. Punkt der Tagesordnung.

Da mit 1. Jänner 2019 der Vorsitz im Bundesrat auf das Bundesland Kärnten übergeht und gemäß Art. 36 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz der an erster Stelle entsendete Vertreter dieses Bundeslandes, Herr Bundesrat Ingo Appé, zum Vorsitz berufen ist, sind die übrigen Mitglieder des Präsidiums des Bundesrates gemäß § 6 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates für das kommende Halbjahr neu zu wählen.

Wahl der Vizepräsidenten/innen


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Ich werde die Wahl der beiden Vizeprä­sidenten durch Erheben von den Sitzen vornehmen lassen.

Wir gehen nunmehr in den Wahlvorgang ein und kommen zur Wahl des ersten zu wählenden Vizepräsidenten des Bundesrates.

Gemäß § 6 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates kommt hierfür der ÖVP-Fraktion das Vorschlagsrecht zu.


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Es liegt mir ein Wahlvorschlag vor, der auf Bundesrat Dr. Magnus Brunner, LL.M. lautet.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Wahlvorschlag zustimmen, sich von den Sitzen zu erheben. – Das ist die Einstimmigkeit. Der Wahlvorschlag ist somit angenommen. (Bundesrätin Mühlwerth: Ich frage dich, ob du die Wahl an­nimmst!)  Vielen Dank für das Vertrauen, ich nehme die Wahl sehr gerne an. – Danke schön. (Allgemeiner Beifall.)

Wir kommen nunmehr zur Wahl des zweiten zu wählenden Vizepräsidenten des Bun­des­rates.

Gemäß § 6 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates kommt hierfür der SPÖ-Fraktion das Vorschlagsrecht zu.

Es liegt dazu ein Wahlvorschlag vor, der auf Bundesrat Hubert Koller, MA lautet.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Wahlvorschlag zustimmen, sich von den Sitzen zu erheben. – Das ist die Einstimmigkeit. Der Wahlvorschlag ist somit angenommen. (Allgemeiner Beifall.)

Ich frage den Gewählten, ob er die Wahl annimmt.

*****

(Bundesrat Hubert Koller, MA bedankt sich und nimmt die Wahl an.)

*****

Wahl der Schriftführer/innen


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Wir kommen nun zur Wahl der Schrift­führerinnen beziehungsweise Schriftführer.

Es liegt mir der Vorschlag vor, die Mitglieder des Bundesrates Marianne Hackl, Mag. Daniela Gruber-Pruner, Gerd Krusche, Andrea Wagner und Wolfgang Beer für das 1. Halbjahr 2019 zu Schriftführerinnen beziehungsweise Schriftführern des Bun­desrates zu wählen.

Falls kein Einwand erhoben wird, nehme ich diese Wahl unter einem vor.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Wahlvorschlag ihre Zustim­mung geben, um ein Handzeichen. – Das ist die Einstimmigkeit. Der Wahlvorschlag ist somit angenommen.

Ich frage die Gewählten ebenfalls, ob sie die Wahl annehmen.

*****

(Die BundesrätInnen Marianne Hackl, Mag. Daniela Gruber-Pruner, Gerd Krusche, Andrea Wagner und Wolfgang Beer nehmen die Wahl an. – Allgemeiner Beifall.)

*****

Bevor wir zur Wahl der Ordner/innen kommen, möchte ich sagen: Herr Bundesminis­ter, Sie haben so lange ausgehalten, Sie sind wirklich entlassen, wenn Sie keine Lust mehr haben. (Allgemeine Heiterkeit und allgemeiner Beifall. – Zwischenbemerkung von


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Bundesminister Faßmann.Wenn Sie dableiben wollen, können Sie natürlich gerne bleiben.

Wahl der Ordner/innen


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Wir kommen nunmehr zur Wahl der Ordnerinnen beziehungsweise Ordner.

Es liegt mir der Vorschlag vor, die Mitglieder des Bundesrates Dr. Peter Raggl, Elisabeth Grimling und Christoph Längle, BA für das 1. Halbjahr 2019 zur Ordnerin beziehungsweise zu Ordnern des Bundesrates zu wählen.

Falls kein Einwand dagegen erhoben wird, nehme ich auch diese Wahl unter einem vor.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Wahlvorschlag ihre Zustim­mung geben, um ein Handzeichen. – Das ist die Einstimmigkeit. Der Wahlvorschlag ist somit angenommen.

Ich frage die Gewählten, ob sie die Wahl annehmen.

*****

(Die BundesrätInnen Dr. Peter Raggl, Elisabeth Grimling und Christoph Längle, BA nehmen die Wahl an.)

*****

Die Tagesordnung ist erschöpft.

20.34.03Abstimmung über Fristsetzungsanträge


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Bundesrates David Stögmüller gemäß § 45 Abs. 3 der Geschäftsord­nung, dem Kinderrechteausschuss zur Berichterstattung über den Entschließungsan­trag betreffend „Hilfen für junge Erwachsene“ eine Frist bis 14. Februar 2019 zu setzen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Fristsetzungsantrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenminderheit. Der Antrag ist somit abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Bundesrates David Stögmüller gemäß § 45 Abs. 3 der Geschäftsordnung, dem Kinderrechteausschuss zur Berichter­stattung über den Entschließungsantrag betreffend „Erhalt des Kinderbetreuungs­geldes für Krisenpflegeeltern“ eine Frist bis 14. Februar 2019 zu setzen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Fristsetzungsantrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenminderheit. Der Antrag ist somit abgelehnt.

20.35.02Verlesung des Amtlichen Protokolls


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Es liegt mir das schriftliche Verlangen von fünf Mitgliedern des Bundesrates vor, das Amtliche Protokoll hinsichtlich der


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Tagesordnungspunkte 1 bis 21 zu verlesen, damit das gesamte Amtliche Protokoll mit Schluss der Sitzung als genehmigt gilt.

Ich werde daher so vorgehen und verlese nunmehr das Amtliche Protokoll in Harry Himmer’scher Manier:

„Der Vizepräsident verweist hinsichtlich der Bekanntgabe des Aufenthalts eines Mitgliedes der Bundesregierung in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union bzw. der Vertretungsmeldung eines Mitglieds der Bundesregierung sowie hin­sichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen gemäß § 41 Absatz 1 GO-BR auf die bereits am Vortag im Sitzungssaal verteilten Mitteilungen der 887. und 888. Sitzung des Bundesrates [...].

Der Vizepräsident gibt weiters das Einlangen von Schreiben des Bundesministers für Finanzen gemäß Artikel 50 Abs. 5 B-VG sowie des Wiener Landtages betreffend Wahl eines Ersatzmitgliedes des Bundesrates bekannt.

Bundesrat David Stögmüller erhebt Einwendungen gegen die Tagesordnung gemäß § 39 Abs. 1 GO-BR samt Verlangen auf Abhaltung einer Debatte darüber [...]. Der Vize­prä­sident tritt den erhobenen Einwendungen nicht bei. Die erhobenen Einwendungen finden keine Zustimmung. Es bleibt bei der ausgegebenen Tagesordnung.

Die Bundesräte Martin Weber, Kolleginnen und Kollegen bringen die Dringliche Anfrage Beilage D ein.

Bundesrat David Stögmüller bringt die Fristsetzungsanträge Beilage E und Beilage F ein.

Gegen den Vorschlag des Vizepräsidenten, die Tagesordnungspunkte 3 und 4, 11 und 12 sowie 16 und 17 jeweils unter einem zu verhandeln, wird kein Einwand erhoben.“

Tagesordnungspunkt 1:

„Abstimmung: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird ange­nommen (mit Stimmenmehrheit).“

Tagesordnungspunkt 2:

„Die Bundesräte Karl Bader, Monika Mühlwerth, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschließungsantrag Beilage 2/1 EA ein.

Abstimmung: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird ange­nom­men (mit Stimmenmehrheit).

Der Entschließungsantrag Beilage 2/1 EA wird mit Stimmenmehrheit angenommen.“

Tagesordnungspunkte 3 und 4:

„Abstimmungen:

zu TO-P 3: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird angenommen (mit Stimmenmehrheit).

zu TO-P 4: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird angenommen (mit Stimmenmehrheit).“

Tagesordnungspunkt 5:

„Abstimmung: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird ange­nommen (mit Stimmenmehrheit).“


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Tagesordnungspunkt 6:

„Abstimmung: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird angenom­men (mit Stimmenmehrheit).“

Tagesordnungspunkt 7:

„Abstimmung: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird angenom­men (mit Stimmeneinhelligkeit).“

Tagesordnungspunkt 8:

„Die Bundesräte Karl Bader, Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschließungsantrag Beilage 8/1 EA ein.

Abstimmung: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird angenom­men (mit Stimmenmehrheit).

Der Entschließungsantrag Beilage 8/1 EA wird mit Stimmenmehrheit angenommen.“

Tagesordnungspunkt 9:

„Abstimmung: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird angenom­men (mit Stimmeneinhelligkeit).“

Tagesordnungspunkt 10:

„Abstimmung: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird angenom­men (mit Stimmeneinhelligkeit).“

Tagesordnungspunkte 11 und 12:

„Abstimmungen:

zu TO-Punkt 11: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird ange­nommen (mit Stimmeneinhelligkeit).

zu TO-Punkt 12: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird ange­nommen (mit Stimmeneinhelligkeit).“

Tagesordnungspunkt 13:

„Bundesrat David Stögmüller und Kollegin bringen den Entschließungsantrag Beilage 13/1 EA ein. Der Entschließungsantrag ist nicht ausreichend unterstützt. Der Vizeprä­sident stellt die Unterstützungsfrage. Der Entschließungsantrag wird nicht ausreichend unterstützt und steht demnach nicht mit in Verhandlung.

Es liegt ein Antrag des Bundesrates David Stögmüller vor, den vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß § 51 Abs. 1 GO-BR zu vertagen und den zuständigen Ausschuss erneut mit der Behandlung zu beauftragen [...]

Es liegt ein Verlangen des Bundesrates David Stögmüller gemäß § 54 Absatz 2 GO-BR vor, bei der Bekanntgabe des Abstimmungsergebnisses auch die Anzahl der ‚Für‘ – und ‚Gegen‘-Stimmen bekanntzugeben [...]

Abstimmungen:

Der Antrag, den vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß § 51 Abs. 1 GO-BR zu vertagen und den zuständigen Ausschuss erneut mit der Behandlung zu beauf­tragen, wird abgelehnt.

Berichterstattung: Antrag,


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1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, wird mit 48 Ja-Stimmen und 2 Nein-Stimmen angenommen (somit mit Stimmenmehr­heit),

2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 44 Absatz 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, wird bei Anwesenheit von mehr als der Hälfte der Mitglieder des Bundesrates mit 49 Ja-Stimmen und 2 Nein-Stimmen ange­nommen (somit mit Stimmenmehrheit und zwar mit der erforderlichen Zweidrittel­mehr­heit)“

Tagesordnungspunkt 14:

„Abstimmung: Berichterstattung: Antrag, dem vorliegenden Beschluss des National­rates gemäß Artikel 23i Absatz 4 B-VG in Verbindung mit Artikel 50 Absatz 4 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, wird bei Anwesenheit von mehr als der Hälfte der Mitglieder des Bundesrates mit Stimmeneinhelligkeit (somit mit der erforder­lichen Zweidrittelmehrheit) angenommen.“

Tagesordnungspunkt 15:

„Um 16:00 Uhr Unterbrechung der Verhandlungen zu Tagesordnungspunkt 15 und Durchführung der Dringlichen Anfrage Beilage D. Der Bundesminister für Inneres beantwortet die an ihn gerichteten Fragen.

Um 17:43 Uhr Fortsetzung der Verhandlungen zu Tagesordnungspunkt 15.

Abstimmung: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird angenom­men (mit Stimmenmehrheit).“

Tagesordnungspunkte 16 und 17:

„Abstimmungen:

zu TO-Punkt 16: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird ange­nommen (mit Stimmenmehrheit).

zu TO-Punkt 17: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird ange­nommen (mit Stimmenmehrheit).“

Tagesordnungspunkt 18:

„Abstimmung: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird ange­nom­men (mit Stimmeneinhelligkeit).“

Tagesordnungspunkt 19:

„Abstimmung: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird angenom­men (mit Stimmenmehrheit).“

Tagesordnungspunkt 20:

„Abstimmung: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird angenom­men (mit Stimmenmehrheit).“

Tagesordnungspunkt 21:

„Wahl der beiden Vizepräsidenten/innen, der Schriftführer/innen und der Ordner/innen für das 1. Halbjahr 2019

Es liegen die Wahlvorschläge vor, Bundesrat Dr. Magnus Brunner, LL.M. als ersten zu wählenden Vizepräsidenten des Bundesrates und Bundesrat Hubert Koller, MA als zweiten zu wählenden Vizepräsidenten des Bundesrates [...] sowie


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Bundesrätin Marianne Hackl, Bundesrätin Mag.a Daniela Gruber-Pruner, Bundesrat Gerd Krusche, Bundesrätin Andrea Wagner sowie Bundesrat Wolfgang Beer zu Schriftführerinnen bzw. zu Schriftführern des Bundesrates [...] sowie

Bundesrat Dr. Peter Raggl, Bundesrätin Elisabeth Grimling sowie Bundesrat Christoph Längle, BA zu Ordnerin bzw. zu Ordnern des Bundesrates für das 1. Halbjahr 2019 [...] zu wählen.

Abstimmungen:

Die Wahl von Bundesrat Dr. Magnus Brunner, LL.M. als ersten zu wählenden Vizeprä­sidenten des Bundesrates erfolgt mit Stimmeneinhelligkeit.

Die Wahl von Bundesrat Hubert Koller, MA als zweiten zu wählenden Vizepräsidenten des Bundesrates erfolgt mit Stimmeneinhelligkeit.

Die Wahlvorschläge, Bundesrätin Marianne Hackl, Bundesrätin Mag.a Daniela Gruber-Pruner, Bundesrat Gerd Krusche, Bundesrätin Andrea Wagner sowie Bundesrat Wolfgang Beer zu Schriftführerinnen bzw. zu Schriftführern des Bundesrates zu wählen, werden mit Stimmeneinhelligkeit angenommen.

Die Wahlvorschläge, Bundesrat Dr. Peter Raggl, Bundesrätin Elisabeth Grimling sowie Bundesrat Christoph Längle, BA zu Ordnerin bzw. zu Ordnern des Bundesrates für das 1. Halbjahr 2019 zu wählen, werden mit Stimmeneinhelligkeit angenommen.

Der Fristsetzungsantrag Beilage E wird abgelehnt.

Der Fristsetzungsantrag Beilage F wird abgelehnt.

Es liegt ein schriftliches Verlangen von fünf Mitgliedern des Bundesrates gemäß § 64 Abs. 2 GO-BR vor, das Amtliche Protokoll hinsichtlich der Tagesordnungspunkte 1 bis 21 zu verlesen [...].“

*****

(Allgemeiner Beifall und Bravorufe bei allen Fraktionen.)

Erheben sich Einwendungen gegen die Fassung oder den Inhalt des Amtlichen Pro­tokolls? (Allgemeine Heiterkeit.) – Das ist nicht der Fall.

Das gesamte Amtliche Protokoll gilt daher gemäß § 64 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates mit Schluss dieser Sitzung als genehmigt.

20.41.59Einlauf


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Ich gebe noch bekannt, dass seit der letzten beziehungsweise in der heutigen Sitzung insgesamt zehn Anfragen, 3605/J-BR/2018 bis 3614/J-BR-2018, eingebracht wurden.

*****

Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Weg erfolgen. Als Sitzungstermin wird Donnerstag, der 14. Februar, 9 Uhr, in Aussicht genommen.

Für die Tagesordnung dieser Sitzung kommen insbesondere jene Beschlüsse in Be­tracht, die der Nationalrat bis dahin verabschiedet haben wird, soweit diese dem Ein­spruchsrecht beziehungsweise dem Zustimmungsrecht des Bundesrates unterliegen.


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Die Ausschussvorberatungen sind für Dienstag, den 12. Februar 2019, 14 Uhr, vor­gesehen.

*****

Frohe Weihnachten! (Allgemeiner Beifall.)

Die Sitzung ist geschlossen.

20.42.38Schluss der Sitzung: 20.42 Uhr

 

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