BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 51

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Mehrheit. Arbeitgeber werden künftig über Krankenstände ihrer Angestellten, Arznei­mittel, Kuraufenthalte, Rehabilitationsmaßnahmen und so weiter informiert sein. – Also ich finde das sehr eigenartig. Üblicherweise ist es so, dass der Arbeitgeber, wenn es eine Krankmeldung von einem Arzt gibt, nicht erfährt, welche Krankheit der Arbeit­nehmer hat. Das wird er künftig dann über diesen zentralen Moloch erfahren, denn die Arbeitgeber haben dort eine Mehrheit.

Zur Patientenmilliarde: Die Patientenmilliarde wird eine Zentralisierungsmilliarde. Der Rechnungshof kritisiert, dass die 1 Milliarde Euro, die laut Regierung den Patientinnen und Patienten zugutekommen soll, nicht nachvollziehbar ist. Die Fusion der Pensions­versicherungsträger hat schon 200 Millionen Euro gekostet. Die Kassenzentralisierung wird ein Vielfaches davon kosten und wird ein Milliardengrab werden. Herr Buchmann, das wird nicht den Patienten zugutekommen, sondern das wird dem Moloch zugute­kommen. (Beifall bei der SPÖ.)

Selbstverwaltung wird in weiten Teilen ausgeschaltet. Die Krankenkassenversicherten sind die Einzigen, die nicht selbst über die von ihnen bezahlten Beiträge und Leistun­gen entscheiden dürfen. Diese Reform hat sieben Millionen Verlierer, nämlich alle Krankenkassenversicherten und ihre Angehörigen; diese sind dann nur noch Patienten dritter Klasse, die als Einzige nicht einmal selber darüber bestimmen dürfen, welche Leistungen sie für ihre eigenen Beiträge erhalten.

Viele Teile des Gesetzes werden von Verfassungsrechtsexperten im Hinblick auf die Verfassungskonformität besonders kritisch beurteilt. Dieses Gesetz ist ein schlechtes Gesetz. Die Menschen in unserem Land erfahren durch diese Vorhaben keine einzige Verbesserung. Es gibt keine Leistungsharmonisierung, und es wird eine Dreiklas­senmedizin eingeführt.

Ich darf aus einem Brief zitieren – nur als Beispiel für die Sorgen, die die Menschen haben –; der Obmann der Tiroler Gebietskrankenkasse, Werner Salzburger, ÖVP, hat an die Tiroler Abgeordneten Folgendes geschrieben: „Als gesetzlicher Vertreter von mehr als 590.000 Tirolerinnen und Tiroler steht für mich die Versorgung der Bevöl­kerung im Mittelpunkt. Eine qualitativ hochwertige, wohnortnahe Versorgung zeichnet das Gesundheitsland Tirol aus. Es geht um ein faires soziales Krankenversiche­rungssystem.“

Er hat im Anhang auf folgende Punkte aufmerksam gemacht: dass derzeit bei der Tiroler Gebietskrankenkasse die Versorgung der Bevölkerung im Mittelpunkt steht und er Sorge hat, dass das durch die Schaffung der Österreichischen Gesundheitskasse dann nicht mehr gewährleistet sein wird. Er hat die Sorge, dass zum Beispiel Arztstellen nicht mehr besetzt werden und dass alles dem untergeordnet wird, von dem Herr Buchmann vorhin gesprochen hat, nämlich dass die Wirtschaft effizienter werden muss und vieles andere mehr. Das hat Herr Buchmann vorher klar gesagt. Diese Sorge hat der Obmann der Tiroler Gebietskrankenkasse.

Er hat weiters die finanziellen Auswirkungen angesprochen: Er meint, es werden zukünftig 272 Millionen Euro weniger zur Verfügung stehen, denn die Beiträge werden ja in den gesamten Fonds einbezahlt, und da können die Tiroler nicht mehr bestimmen. Er schreibt: „Die Einnahmen der Tiroler Gebietskrankenkasse setzen sich bekanntlich nicht nur aus Beiträgen zusammen. Einnahmen wie beispielsweise Ersätze für Leis­tungsaufwendungen, Rezeptgebühren, Kostenbeteiligungen etc. fallen weg. Damit verliert die Zusage, dass Beiträge ,im Land bleiben‘ fast völlig ihre Bedeutung, weil der Bevölkerung € 178 Millionen entzogen und sie zu Bittstellern in Wien degradiert werden. Somit werden rund 20 % der Gelder nicht ,regionalisiert‘, und fehlen dennoch im Budget der zukünftigen Landesstelle.“ 

 


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