BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 125

HomeGesamtes ProtokollVorherige SeiteNächste Seite

komplex geworden. Da muss man sich auch im Bildungssystem dementsprechend weiterentwickeln. Seien wir doch ehrlich, wenn wir uns weiterentwickeln wollen, etwas verbessern wollen und etwas vertiefen wollen, dann macht es doch nur Sinn, wenn man Feedback bekommt, was denn genau möglicherweise der Schwachpunkt oder möglicherweise die Stärke ist. Das tut schwächeren Schülern und guten Schülern in dem Bereich, um den es gerade geht, gut, und da hilft eine Ziffernnote relativ wenig.

Was mich an dem vorliegenden Pädagogikpaket stört, ist, dass diese verbale Be­urteilung zwar für viele Schülerinnen und Schüler dazugenommen wird, aber man sagt: Na ja, diesem Schritt nach vorne, dem trauen wir noch nicht so ganz, obwohl viele Studien beweisen, dass diese verbale Beurteilung funktioniert. Es muss schon wieder diese Ziffernnote dazu, und damit macht man zwei Schritte zurück. Das finde ich einfach sehr, sehr schade. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.) Es wird sogar die demokratische Möglichkeit, das in der Klasse gemeinsam mit den Eltern im Schulforum zu entscheiden, abgeschafft. Das ist natürlich demokratiepolitisch auch sehr, sehr schade. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte noch einmal auf die Leistung zurückkommen, denn als Pädagogin be­schäftigt man sich natürlich damit, wie denn ein Kind schlussendlich am besten lernt. Da muss man vorausschicken – all jene, die mit Kindern zu tun haben, wissen das –, jedes Kind ist anders, jedes Kind hat eine andere Begabung, jedes Kind hat eine andere Neigung, an anderen Dingen Interesse; man ist einmal schneller, einmal langsamer. All das schätzen wir an unseren eigenen Kindern, an den Enkelkindern, an den Kindern, die einem jeden Tag begegnen. Jedes Kind hat auch eine andere Familie im Hintergrund, die es unterschiedlich gut fördern kann, die ihm unterschiedliche Dinge mitgeben kann. All das ist gut so, aber all das ist auch ein Punkt, dass die Dinge eben nicht ganz einfach und in eine Schublade zu pressen sind, sondern es ist halt viel­schichtig und komplex.

Wie lernt ein Kind? – Der Hirnforscher Gerald Hüther sagt, dass eine Motivation be­stehen muss, um etwas zu lernen, und dass diese Motivation von innen kommen muss, weil nur so eine Lernerfahrung oder ein Wissenserwerb auch nachhaltig bestehen bleibt. Wir sagen doch immer so schön, wenn wir mit den Kindern reden: Wir lernen nicht für die Schule, sondern für das Leben. – Genau das ist der Punkt! Wir lernen nicht, um eine Note zu bekommen, und wir lernen nicht unter Druck und Stress, weil uns eine Note droht, sondern Kinder lernen dann am besten, wenn sie an etwas Interesse haben, wenn sie etwas wirklich erkunden wollen, begreifen wollen. Dann verfestigt sich das, dann gibt es einen emotionalen Bezug, und dann ist dieses Lernen nachhaltig und tatsächlich fürs Leben und nicht für die Note. Das ist auch das, was wir immer so gerne predigen.

Zu dieser Verwertbarkeit und zu diesem Wissenserwerb: Führt man sich vor Augen, was denn der Arbeitsmarkt in Zukunft brauchen wird – wir haben heute auch schon über Digitalisierung gesprochen –, so werden die Anforderungen komplexer, und wir brauchen Facharbeitskräfte, die mit dieser Komplexität zurechtkommen. Das heißt, wir brauchen keine Schülerinnen und Schüler, denen man Wissen eintrichtert, wie mit einem Trichter, und irgendwann ist das abrufbar, dann gibt es eine Note und dann kann man es wieder vergessen, sondern junge Menschen müssen lernen, um mit dieser digitalisierten Zukunft umgehen zu können, sich Wissen anzueignen und im Team zu verwerten und im Team zu bearbeiten. Sie müssen interdisziplinäre Frage­stellungen bearbeiten und dafür gute Lösungen finden, über Disziplinen hinaus arbeiten. Dazu braucht es Teamwork, dazu braucht es soziale Kompetenz und dazu braucht es die Möglichkeit, Wissen umzusetzen und nicht nur an einem Punkt abzu­rufen. Wissen abzurufen geht mit Wikipedia und anderen Dingen mittlerweile schon viel, viel leichter.

 


HomeGesamtes ProtokollVorherige SeiteNächste Seite