BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 126

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Das heißt, was ich nicht nachvollziehen kann, ist dieser eine Punkt, auf den ich hinauswill, diese erklärende Beurteilung. Warum kann man diese nicht gelten lassen? Sie ist der jetzigen Zeit entsprechend das angepasste Mittel, um mit dieser Komplexität umzugehen, und sie gibt den Kindern das Feedback, das sie brauchen, um sich gut weiterentwickeln zu können und auf ihrem Stand aufbauen zu können.

Ich habe das Gefühl, die Noten brauchen wir dann, wenn am Zeugnistag die Omas und Opas wissen wollen, ob es 5 Euro oder 10 Euro für das Zeugnis gibt. (Bundesrat Samt: Na geh!) Mit der differenzierten Beurteilung ist es halt ein bisschen schwieriger, das herauszufinden. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller.)

Ein zweiter Punkt, der für mich unverständlich ist, ist die Idee, dass man achtjährige Kinder wieder sitzenbleiben lassen will. Ich meine, achtjährige Kinder sind ungefähr so groß (mit der Hand die entsprechende Größe anzeigend) – ich habe einen Neun­jährigen zu Hause – und sind im Idealfall begeisterte Schüler. Warum? – Weil sie ihre Klasse gernhaben und dort im Idealfall Freunde und Freundinnen haben, weil sie ihre Lehrerin oder ihren Lehrer gernhaben und zu ihm oder ihr aufschauen und das wie ein Schwamm aufsaugen, was man da in der Schule alles erfahren und lernen kann, und weil sie mit Freude in die Schule gehen. Das ist die beste Voraussetzung, um zu lernen.

Und dann kann es sein, dass ein Kind in irgendeinem Bereich ein bisschen länger braucht als die anderen, da vielleicht ein Problem hat und dann – schwuppdiwupp – sitzen bleibt.

Was passiert mit diesem Kind? – Es erfährt mit acht Jahren, mit neun Jahren vielleicht, dass es in dieser Gemeinschaft, die es lieb gewonnen hat, nicht mehr gut genug ist. Ein Kind kann da nicht differenzieren, versteht also nicht, dass es das Rechnen war und nicht die Person an und für sich. Das heißt, die Motivation fürs Lernen wird an dieser Stelle sozusagen gedämpft, und das wird sich auch auswirken.

Natürlich, es wurde mit diesem Gesetz eine verpflichtende Förderung eingeführt; das finde ich auch gut, Förderung ist immer gut. Wir wissen, Sitzenbleiben hilft nur dann, wenn tatsächlich individuell gefördert wird. Dafür braucht es aber Ressourcen, so wie zum Beispiel in Wien, wo wir seit Jahren eine Gratisförderung für solche Kinder haben, die Förderung 2.0. Das ist jedoch nicht in allen Bundesländern der Fall, und da es anscheinend Länderressourcen sind, aus denen diese Mittel zur Verfügung gestellt werden müssen, bezweifle ich, dass wirklich entsprechend Ressourcen für diese För­de­rung zur Verfügung stehen. Wenn ich dann auch noch höre, dass die Schulsozial­arbeitsstellen nicht verlängert werden, dann muss ich schon sagen, dass das alles eigentlich in die falsche Richtung geht.

Das, was wirklich wirken würde, wäre individuelle Förderung, um auf das einzelne Kind einzugehen, um es quasi weiterzubringen, dort, wo es eine gute Leistung erbringen kann. Das kostet natürlich Geld, das kostet Ressourcen, aber diesen mutigen Schritt müssten wir tun.

Das, worauf es insgesamt hinausläuft, ist einfach, dass die Regierung versucht, mit diesem Pädagogikpaket Kinder möglichst früh in Gut und Schlecht einzuteilen, damit man im Gymnasium möglichst unter sich bleibt und sich da nicht irgendwie mit anderen auseinandersetzen muss. Und das ist das, was uns, die Sozialdemokraten, von dieser Regierung unterscheidet: Für uns heißt es, jedes Kind soll alle Möglichkeiten haben, um sein Potenzial zu fördern, und es geht uns nicht darum, Kinder möglichst früh in Gut und Schlecht einzuteilen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Geh! – Bundesrätin Schulz schüttelt den Kopf.)

15.52


 


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