BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 160

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Umgekehrt ist es natürlich rascher gegangen. Hier schafft man eine Möglichkeit der Standards, Standard und Standard AHS, um jene Schüler zu haben, die in eine weiterführende Schule gehen wollen, entweder in eine Oberstufe der AHS oder in eine berufsbildende höhere Schule, aber dieses System ist durchlässig. (Zwischenruf der Bundesrätin Hahn.)

Man kann teilweise in dieser Gruppe sein, man kann dauerhaft eine Gruppe bilden, man kann zwischen den Gruppen wechseln. Das ist ja das Wesentliche am Schul­system, was es aber übrigens bisher auch schon gab: dass das Schulsystem durch­lässig ist (Bundesrat Stögmüller: Das hoffe ich!) – na, das ist es auch, ihr habt immer behauptet, das sei nicht so (Bundesrat Stögmüller: Selektiv!) – und da vor allem in Deutsch, Mathematik und in einer lebenden Fremdsprache.

Ich halte das für gut: Ja, wir wissen natürlich, die Schüler, vor allem in einem gewissen Alter, wenn sie in der Pubertät sind, haben eh mit sich selber genug zu tun. Da ist Schule so ungefähr die wichtigste Nebensache der Welt. Genau da muss man sie natürlich begleiten. Da kann es auch zu einem Leistungsabfall kommen und darum kann man eben auch zwischen den Gruppen switchen.

Zum Sitzenbleiben, das ja auch immer so verteufelt wird: Bitte stellen Sie es nicht so hin, als ob jedes Sitzenbleiben die Katastrophe schlechthin wäre! Es ist natürlich in Zahlen der Verlust eines Jahres, aber stellen Sie es nicht so hin, als ob das eine Katastrophe wäre. Das ist ja auch nur als allerletzter Schritt gedacht, wenn alles schon versagt hat.

Aber ich kann Ihnen sagen, es gibt schon Schüler, bei denen es gut war, dass sie ein Jahr wiederholt haben, nicht nur – und wir dürfen das nicht so trennen –, um Wissen aufzuholen, denn wenn man Wissen nicht irgendwann aufholt, schleppt man dieses Defizit ewig mit und es wird statt weniger immer mehr. Aber es gibt auch Schüler, denen das in der Persönlichkeitsentwicklung unheimlich geholfen hat, die in Wirklich­keit kein Jahr verloren haben, weil sie diese Zeit gebraucht haben, weil sie diese Zeit zur Reifung gebraucht haben. (Bundesrat Stögmüller: Ist das evidenzbasiert oder einfach nur ...?)

Es geht ja nicht darum, wie es halt gerne dargestellt wird, so wie es jetzt rüberkommt, dass wir den Schüler sofort, wenn er nicht funktioniert, sitzenbleiben lassen, und dann sitzt er in der nächsten Klasse, sondern das ist wirklich ein letzter Schritt. Das sollten wir uns nicht verbauen.

Wir müssen auch – das steht zwar so nicht im Gesetz, aber das ist jetzt so meine Zugabe, der gemischte Salat sozusagen – bei den Eltern ansetzen. Wir haben ja an den Schulen oft das Problem, dass dort Kinder sitzen – und das bekritteln Sie ja auch immer wieder, das ist dann immer diese soziale Schiene, die da gefahren wird –, die überhaupt nicht verstehen, dass Bildung einen Wert hat, dass das einen ganz hohen Wert hat. Da müssen wir auch ansetzen. Wir wissen auch – das haben Ihnen hundert Experten schon gesagt –, dass es nicht von der Organisationsform der Schule ab­hängt. Es hängt davon ab, wie gut die Lehrer sind und wie sehr man die Kinder motivieren kann.

Ich möchte schon, dass die Schule ihrer Aufgabe gerecht wird, aber ihrer Aufgabe, einerseits Wissen zu vermitteln – Erziehung ist natürlich auch ein Punkt in der Schule, aber die Schule kann nicht die Erziehungsaufgaben übernehmen, die eigentlich die Eltern leisten sollten. Das heißt, wir müssen die Eltern in die Pflicht nehmen, einmal ihre Pflichten zu erfüllen. Wir müssen den Eltern klarmachen, dass Bildung etwas ganz Wertvolles und Wichtiges ist; dann kann das einigermaßen funktionieren. Davon bin ich überzeugt.

 


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