BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 173

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Dass es nachher, Frau Kollegin, nicht von allen Beifall geben kann, liegt im Wesen des Konsenses: Da muss jeder halt ein bisschen von seiner Meinung aufgeben, und man muss sich in der Mitte treffen. Damit ist auch klar, dass man von seiner Meinung nicht 100 Prozent durchsetzen kann. (Bundesrätin Hahn – eine Zeitschrift in die Höhe haltend –: FCG!) Wenn in der Zeitung steht, dass ich nicht 100 Prozent durchsetzen konnte, dann ist das nur ein Beleg dafür, dass wir da einen Konsens gefunden haben. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Frau Gruber-Pruner, ich bin ganz Ihrer Meinung: Es geht nicht nur um Wissens­vermittlung im Sinne des Nürnberger Trichters, es geht natürlich auch um eine Per­sönlichkeitsentwicklung im Sinne der 21st Century Skills: um Teamfähigkeit, um Kreativität, auch um kritisches Denken, gar keine Frage, aber es geht natürlich auch um das Vermitteln von bestimmten Kompetenzen, von Fertigkeiten und Fähigkeiten. Ich glaube, da gibt es Konsens. Es gibt, glaube ich, auch Konsens, wenn wir sagen, unseren Kindern sollen alle Möglichkeiten offen stehen und sie sollen alle Möglich­keiten haben. Keiner würde dagegen sein. Und ich möchte auch darauf hinweisen, dass dies natürlich auch strukturell in Österreich gegeben ist. Wir haben ein differen­ziertes Schulsystem mit qualifizierten Lehrern und Lehrerinnen, und es ist kostenfrei.

Ich habe eine Zeit lang in anderen Staaten gelebt, und von daher weiß ich, was man für eine gute Bildung bezahlen muss – und bei uns ist die gute Bildung gratis vorhan­den! Das ist ein wirklicher Wert in dieser Republik. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) Wir geben insgesamt – die Zahl wurde genannt – fast 9 Milliarden Euro jährlich für den Schulbereich aus. Das ist auch gemessen am Bruttoinlandsprodukt ein wirklich hoher Wert, auch gemessen an unserer demografischen Entwicklung.

Ich möchte das gesagt haben, weil mir das auch wichtig ist. Das österreichische Schulsystem ist in diesem Bereich, was das Finanzielle und das Strukturelle angeht, gut aufgestellt.

Jetzt komme ich zu einem Punkt, bei dem ich Dissens orte, wenn auch vielleicht noch nicht beim ersten Satz: Kinder brauchen Zuwendung, Zuwendung von Lehrern und Leh­rerinnen, klarerweise Sympathie, Kinder brauchen aber auch so etwas wie ein Feedback, und diese Feedbackkultur in der Klasse ist etwas ganz, ganz Wichtiges. Der Dissens ist jetzt, dass Sie sagen, Feedback darf nur verbalisiert werden, Feedback darf nicht in Ziffernnoten ausgedrückt werden.

Ich verstehe es, ich sage es ganz offen, nicht ganz, denn wenn ich vielleicht einmal sage, wir brauchen auch eine Schulpflicht, sind Sie ganz dagegen, oder Sie sagen, das alles geht zu weit. Wenn ich jetzt aber einmal sage: Ich erlaube alles, sowohl die verbale Beurteilung als auch eine Ziffernnote!, sagen Sie, das geht zu weit und das eine muss man untersagen. Das argumentativ ganz nachzuvollziehen schaffe ich nicht, denn es geht ja nicht um ein Entweder-oder, sondern um ein Sowohl-als-auch, um ein Öffnen der Wahl- und Handlungsmöglichkeiten von Lehrern und Lehrerinnen.

Auch bei den Klassenwiederholungen, das wurde von einer Vorrednerin vollkommen zu Recht betont – ich weiß jetzt nicht mehr genau, von wem; sehen Sie mir das nach (Bundesrätin Mühlwerth: Ich war das!) –, hieß es: Ultima Ratio des Prozesses. – Da vertraue ich auch auf die Weisheit unserer Lehrerinnen und Lehrer: Das wird nicht gemacht zu Okkasionsbedingungen, sondern nur dann, wenn es wirklich notwendig ist – und manchmal ist es notwendig.

Die Zahl der Klassenwiederholungen in der vierten Klasse, da gibt es eigentlich zu viele Klassenwiederholungen, liegt derzeit bei rund 1 500 SchülerInnen pro Jahr. Sie werden sehen, wenn man das auch ab der dritten Klasse erlaubt, dann wird sich die Zahl verteilen. Kinder brauchen manchmal – es kann auch eine Krankheit sein, durch


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