BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 183

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Ausländische Hochschulinstitutionen dürfen auf österreichischem Boden Studienpro­gram­me durchführen, ohne sich an den Großteil der Vorgaben halten zu müssen, die für österreichische Hochschulen gelten. Es gilt nämlich immer die Rechtslage des jeweiligen Herkunftslandes.

Angeboten werden die Programme vielfach von privaten Instituten, und die Programme kosten nicht selten zwischen 10 000 und 25 000 Euro. Die Palette umfasst mittlerweile mehr als 50 anbietende Institutionen, die Mehrheit davon aus Deutschland und Eng­land, aber auch von Einrichtungen wie der Universidad Azteca aus Mexiko, der Niagara University USA oder der University of the Sunshine Coast in Australien werden in Österreich Studien angeboten. Das Angebot expandiert ständig weiter, mittlerweile gibt es bereits mehr als 300 solcher Studiengänge.

Schwerpunktmäßig werden die grenzüberschreitenden Studien in Wien durchgeführt, es finden sich jedoch in ganz Österreich Standorte, so wie in Leobersdorf, in Bogenhofen, Saalfelden, Schloss Mondsee und Schloss Seggau. Dabei gibt es langjäh­rige, etablierte Institutionen, wie die Fernuniversität Hagen, aber auch Angebote wie ein Lehramtsstudium, das vom Schulverein der Siebenten-Tags-Adventisten in Ober­österreich in Zusammenarbeit mit einer adventistischen Universität im Libanon durch­geführt wird, oder etwa 33 Studiengänge der Hayek International Business School in Kooperation mit der Wirtschaftsuniversität vom Ural in Russland, die die akademischen Abschlüsse verleiht.

Hauptziel sind natürlich Berufstätige. Die anbietenden Institutionen sprechen beson­ders die Zielgruppe der Berufstätigen an. Sie werben mit individueller Beratung, zum Beispiel mit Beratungsfrühstück, großzügiger Anrechnung von vorher erworbenen Kompetenzen und vor allem mit maßgeschneiderten Angeboten für Berufstätige, zum Beispiel eben Fernstudien.

Als attraktiv wird von ihnen oft hervorgestrichen, dass viele Programme nur an wenigen Wochenenden Anwesenheit erfordern. Ebenfalls wird häufig betont, dass die Qualität der Studiengänge und der zu erwerbenden Abschlüsse hoch sei. Die Institutionen werben dabei auch häufig mit der Meldung des Studienprogramms bei der AQ Austria, was zwar nichts über die Anerkennung des Abschlusses aussagt, jedoch sehr offiziell wirkt, oder mit einer generellen Anerkennung unter Verweis auf diverse Prüflogos.

Über Lehrinhalte, Qualität, Lehrende sowie Studierende und Akzeptanz der auslän­dischen Abschlüsse am Arbeitsmarkt weiß man sehr wenig. Im Unterschied zu ande­ren Ländern müssen solche Angebote in Österreich seit 2014 zumindest gemeldet werden, und mit dem Hochschul-Qualitätssicherungsgesetz ist diese Form neu geregelt.

Treten bei Studierenden Probleme auf, haben sie in Österreich keine rechtlichen Hand­lungs­optionen, denn sie sind keine Mitglieder in der Österreichischen Hochschüler­schaft. Bei Problemen ist die ausländische Hochschule zuständig. Ob eine Beschwerde bei der Hochschule im Ausland, zu der häufig kein oder kaum Bezug besteht, sehr aussichtsreich ist, ist in vielen Fällen wohl eher fraglich oder nicht bekannt. Während also inländische öffentliche und private Hochschulen ihre Studiengänge bei der Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung Austria, also bei der bereits ge­nannten AQ Austria prüfen lassen müssen, weiß man nichts über die Qualitäts­standards der grenzüberschreitenden Hochschulangebote. Zusätzlich sind de facto keine Informationen über die Zahl der Studierenden, Studienabbrecher, Absolventen oder Lehrenden öffentlich verfügbar.

Es hat sich eine erhebliche Grauzone innerhalb des österreichischen Hochschul­systems gebildet, mit der vermutlich auch Geld gemacht wird, über die man aber so gut wie nichts weiß und in der keine Handhabe für hochschulpolitische Gestaltung besteht.

 


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