BundesratStenographisches Protokoll889. Sitzung, 889. Sitzung des Bundesrates am 14. Februar 2019 / Seite 26

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Präsident Ingo Appé: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Ewa Dzie­dzic. – Bitte.


10.20.35

Bundesrätin Mag. Dr. Ewa Dziedzic (Grüne, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrter Landeshauptmann! Werte Kollegen und Kolleginnen! Das Thema Europa könnte ja nicht aktueller sein, nicht nur im Vorfeld der anstehenden EU-Wahl am 26. Mai, son­dern auch deshalb, weil wir noch nie in der Geschichte der Europäischen Union – wa­ge ich zu sagen – vor größeren Herausforderungen gestanden sind als aktuell; darin sind wir uns, glaube ich, hier parteiübergreifend – ich sehe, auch die ÖVP nickt – einig. Nur die Antworten sind natürlich unterschiedlich – auch das wenig überraschend, da wir unterschiedlichen Fraktionen und Parteien angehören.

Heute war schon Thema, dass mit Großbritannien zum ersten Mal ein Land diese Ge­meinschaft verlassen wird und uns das natürlich auch in Österreich vor große He­rausforderungen stellt. Da zeigt sich aber schon die Unterschiedlichkeit, auch in der Perspektive: Die einen legen den Fokus nur auf österreichische Interessen, die ande­ren sind mehr bemüht, gemeinsam mit den anderen Mitgliedstaaten zu schauen, wie wir diesen Verlust, diesen Brexit gut über die Bühne bringen und womöglich auch kom­pensieren.

Im Gründungsland Italien, das werden Sie wissen, regieren ja mittlerweile Antieuro­päer. In Polen, in Rumänien, in Ungarn – auch das sind immer wieder genannte Bei­spiele – werden der Rechtsstaat, die Demokratie, aber auch die Selbstbestimmungs­rechte der Frauen angegriffen. Leider muss man sagen, dass diese Entwicklung auch vor Österreich nicht haltmacht, und daran – dies ist auch meine Kritik, die Sie mittler­weile schon kennen – ist die österreichische Regierung nicht ganz unbeteiligt.

Aber nochmals ganz zurück zur Metaebene: Wir wissen, dass die transatlantische Partnerschaft, die ja als Garant auch für unsere Sicherheit gegolten hat, mittlerweile am seidenen Faden hängt, weil auch in den USA ein Rechtspopulist regiert, dem inter­nationales Recht nicht mehr so wichtig zu sein scheint und der Europa auch zum wirt­schaftlichen Feind erklärt hat. Währenddessen und gleichzeitig sind wir damit konfron­tiert, dass Menschen weltweit vor Krieg, vor Verfolgung und Hunger fliehen, dass unser Planet sich rasant erhitzt und dass die Vielfalt mittlerweile nicht als etwas Bereichern­des empfunden wird, sondern als Bedrohung.

Die Unsicherheit der Menschen wird von den einzelnen europäischen Regierungen na­türlich auch deshalb zum Thema gemacht, weil man daraus sehr gut politisches Klein­geld schlagen kann. Die Antworten sind nicht differenziert, sondern sehr oft verein­facht, und genau darin sehe ich das größte Problem, vor dem Europa gerade steht. Der Populismus, der herrscht, wird zudem durch die Unfähigkeit der europäischen Re­gierungen genährt, die darin liegt, dass sie sich in dieser Frage eben auf das Regio­nale, auf das Föderale beschränken. Das ist zwar nicht immer schlecht, aber die Be­schränkung führt dazu, dass man die Weitsicht verliert und hier in einer Kurzsichtigkeit agiert, die weder Österreich noch Europa guttut noch die globalen Herausforderungen tatsächlich bewältigen kann.

Ein Beispiel dafür ist sicherlich – ich gehe jetzt nicht weiter auf die EU-Ratspräsident­schaft Österreichs ein, die ja vor zwei Monaten erst geendet hat (Bundesrat Längle: Die war sehr gut, ja!), aber ein Beispiel sei erwähnt, weil das ja bis heute Auswirkun­gen hat und uns in Europa weiterhin beschäftigen wird; das war nämlich gleichzeitig auch ein Tiefpunkt dieser Ratspräsidentschaft – der Beschluss der Familienbeihilfenin­dexierung. Ich erwähne dieses Beispiel deshalb, weil es nämlich, wenn wir über Euro­pa reden, über Solidarität reden, über Souveränität reden, natürlich sehr gut deutlich macht, wie sich Österreich aktuell innenpolitisch und Europa gegenüber positioniert: Es


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