BundesratStenographisches Protokoll890. Sitzung, 890. Sitzung des Bundesrates am 14. März 2019 / Seite 52

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11.31.51

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­schätzter Herr Bundesminister! Sie haben vorhin bei der Besprechung des vorherge­henden Tagesordnungspunktes gesagt, dass Sie von der Einsicht der zuständigen Mi­nisterin überzeugt sind. – Ich stimme da nicht mit Ihnen überein, das müssen Sie ver­stehen: Ich habe noch nie so wenig Sozialkompetenz in einer Bundesregierung erlebt! (Bundesrätin Zwazl: Na bitte!)

Nur ein Satz zu den Kriseneltern: Ich war selber pädagogischer Leiter des SOS-Kin­derdorfs Imst. Ich war beim Steiner im Tal mitverantwortlich für die Schließung einer der schlimmsten pädagogischen Einrichtungen, der Bubenburg. Außerdem war ich in Wien für sozial- und milieugestörte Kinder tätig.

Dort hatte ich den Fall eines sechsjährigen Christian aus Niederösterreich, der von ei­nem Wochenende zurückgekehrt ist und dessen Rücken so ausgeschaut hat wie die Typen, die sich in schlagenden Burschenschaften herumtummeln, nämlich mit Schmis­sen und Blutungen. Glauben Sie mir: Das Gespräch mit diesem Sechsjährigen war ei­ne der schwierigsten Entscheidungen meines Lebens! Es ging erstens darum, zu be­antragen, dass er von seiner Familie wegkommt, zweitens musste mit dem Familien­gericht ausgemacht werden, dass er bis zur Findung einer Pflegefamilie bei mir bleibt, weil er zu mir Vertrauen hatte, und drittens musste dem kleinen Christian klargemacht werden, dass er jetzt nicht mehr nach Hause, sondern zu einer Pflegefamilie kommt. – Das war vor vielen Jahrzehnten, aber ich denke noch immer daran! Deshalb sollte man sich nur einmal zu Gemüte führen, welch traumatisierte Kinder Kriseneltern bekommen und was Kriseneltern hier leisten! (Beifall bei der SPÖ sowie der BundesrätInnen Dzie­dzic und Stögmüller.)

Zurück zur Debatte: Wir haben schon sehr viel über eine erfreuliche Entwicklung be­treffend den europäischen Justizraum, Raum der Gerechtigkeit beziehungsweise den Raum der justiziellen Zusammenarbeit gesprochen. Kollege Buchmann hat in seiner Rede bei der vorhergehenden Debatte die gute Performance der österreichischen Bun­desregierung während der Ratspräsidentschaft erwähnt. Ich klammere das jetzt einmal ein und sage: Das Justizministerium hat hier tatsächlich eine sehr gute Performance gezeigt und hat sehr viele Dinge weitergebracht.

Wir sind nun im Jahr der Wahl des Europäischen Parlaments, und es wird eine neue Kommission geben. Das heißt, wir sind in einem Jahr, in dem man relativ viel Zeit ver­liert. Aber während des Ratsvorsitzes sind durch das Bundesministerium für Justiz eini­ge Dinge im Grunde abschlussreif und könnten von der jetzigen rumänischen Ratsprä­sidentschaft eigentlich noch vor den Wahlen und vor der neuen Kommission umgesetzt werden. Darunter befinden sich zum Beispiel die strafrechtliche Bekämpfung der Geld­wäsche, das System des Strafregisteraustauschs, die E-Evidence-Verordnung und auch die Insolvenz-Richtlinie.

Herr Bundesminister! Ich bin Optimist, und ich hoffe, Sie sind auch Optimist (Bundes­minister Moser: Immer!), aber in einem Punkt können wir uns beide wohl bei einem Pessimisten-Klub eintragen, nämlich im Hinblick auf die Urheberrechtsrichtlinie. – Ich will gerade im Zusammenhang mit der digitalen Welt keine neuen Filter! Hier sind noch so viele Fragen offen. Ich denke, die Vorarbeiten, die aus Ihrem Ministerium gekom­men sind, sind gut. Aber das wird sich nicht vor 2020 in irgendeiner Weise abzeichnen.

Ganz wichtige Vorarbeiten gab es hier auch betreffend die Bekämpfung des Antisemi­tismus in Europa und bei der Umsetzung der Datenschutzsysteme. Wir brauchen, weil wir eine Datenschutz-Grundverordnung haben, auch entsprechende Schutzsysteme. In diesem Zusammenhang gibt es eine Initiative, die auch in dieser Arbeitsvorschau ent­halten ist. Sie betrifft das Datenschutzniveau. Wir hatten ja schon einmal eine Ent­scheidung betreffend das Safe-Harbor-Abkommen der USA. In diesem Zusammen-


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