BundesratStenographisches Protokoll890. Sitzung, 890. Sitzung des Bundesrates am 14. März 2019 / Seite 62

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sind. Sie erinnern sich, dass vom Verfassungsgerichtshof unter anderem die Beschrän­kung der Ehe auf Paare verschiedenen Geschlechts aufgehoben wurde, nicht zuletzt angesichts des Umstandes, dass mittlerweile in beiden Fällen Elternschaft möglich ist, deswegen lasse sich eine Differenzierung in zwei Rechtsinstitute, nämlich Ehe und ein­getragene Partnerschaft, heute nicht mehr aufrechterhalten. Die entsprechenden Be­stimmungen im Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch sind Ende des Jahres 2018 au­ßer Kraft getreten.

Gekippt hat der Verfassungsgerichtshof auch eine Entscheidung des Bundesverwal­tungsgerichts zur dritten Piste am Flughafen Wien-Schwechat. Ebenso haben einzelne Bestimmungen im Einkommensteuergesetz, im Staatsbürgerschaftsgesetz und im Ge­richtsgebührengesetz der Prüfung nicht standgehalten. Teilweise aufgehoben wurden überdies die Bettelverbote in Bregenz und in Salzburg.

Die damals öffentlich und medial diskutierte gesetzliche Enteignung des Geburtshau­ses von Adolf Hitler in Braunau und das von der Opposition angefochtene Polizeiliche Staatsschutzgesetz werteten die Verfassungsgerichtshofrichterinnen und -richter hin­gegen als verfassungskonform. Das Gleiche gilt für den Ausschluss subsidiär Schutz­berechtigter von Leistungen der Mindestsicherung bei gleichzeitig gewährleisteter Grundversorgung. Auch gegen das Verbot des Versandhandels mit E-Zigaretten, der Pflichtmitgliedschaft bei der Wirtschaftskammer, die Privilegierung neu gegründeter GesmbHs in Bezug auf das Mindeststammkapital und die Untersagung von Bestpreis­klauseln bei Buchungsplattformen machten sie keine Einwände geltend.

Gerechtfertigt ist nach Auffassung des Gerichtshofes außerdem, dass die im Partei­engesetz normierten Offenlegungs- und Rechenschaftspflichten auch für kleine Partei­en gelten, die nicht an Wahlen teilnehmen. In Abweichung von der bisherigen Judikatur wertete er auch die Ermächtigung von Verwaltungsbehörden zur Verhängung hoher Geldstrafen grundsätzlich als zulässig.

Wie schon eingangs erwähnt ist die durchschnittliche Verfahrensdauer weiterhin be­merkenswert niedrig. Trotz des zusätzlichen Geschäftsanfalls konnte die Verfahrens­dauer 2017 sogar noch einmal reduziert werden: Nur 140 Tage und somit weniger als fünf Monate benötigte der Verfassungsgerichtshof im Schnitt vom Eingang einer Rechtssache bis zur Abfertigung der Entscheidung. Noch schneller wurden mit durch­schnittlich 78 Tagen die in der allgemeinen Aufstellung nicht berücksichtigten Asyl­rechtssachen erledigt.

Sicherlich tragen auch der Elektronische Akt und organisatorische Maßnahmen zur Be­schleunigung bei, wobei eine Verstärkung des nicht richterlichen Personals die Ar­beitsbelastung mindern und zu kurzen Verfahrensdauern beitragen könnte. Diese per­sonelle Verstärkung, die der Verfassungsgerichtshof schon seit einiger Zeit erbittet, wäre auch ein Zeichen der Wertschätzung der ausgezeichneten Arbeit des Höchstge­richts.

Ich komme noch zu den anhängigen Fällen zum Jahresende, deren Zahl auch deutlich gestiegen ist. Ein offener Fall zu Beginn des heurigen Jahres war noch aus dem Jah­re 2015 anhängig, 15 Fälle datieren aus 2016. In diesem Zusammenhang gibt der Ver­fassungsgerichtshof aber zu bedenken, dass die Beschleunigung der Erledigung von Asyl- und Fremdenrechtssachen beim Bund und auch bei den Ländern zu einer Kos­tenersparnis in Millionenhöhe im Bereich der Grundversorgung führt.

Der Bericht ist der erste, der unter der neuen Präsidentin, Frau Dr. Brigitte Bierlein, er­stellt wurde. Die Nachfolgerin des langjährigen Präsidenten Gerhart Holzinger steht seit Ende Februar 2018 an der Spitze des Höchstgerichts. Ich möchte ihr, aber auch al­len Richterinnen und Richtern sowie allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihre wertvolle Tätigkeit danken. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

 


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