BundesratStenographisches Protokoll890. Sitzung, 890. Sitzung des Bundesrates am 14. März 2019 / Seite 92

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Ich bringe einen Antrag der BundesrätInnen Korinna Schumann, Genossinnen und Genossen gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf Einspruch gegen den Beschluss des Nationalrates vom 27. Februar 2019 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Arbeitsruhegesetz, das Bäckereiarbeiter/innengesetz 1996, das Feiertagsruhegesetz 1957, das Landarbeitsgesetz 1984, das Richter- und Staatsan­waltschaftsdienstgesetz, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz und das Lan­deslehrer-Dienstrechtsgesetz geändert werden, ein. Damit wird mit der beigegebenen Begründung Einspruch erhoben, wobei dieser Antrag im Sinne des § 43 Abs. 4 der Ge­schäftsordnung von mir in Kernpunkten erläutert wird.

Alle Handlungsschritte, die diese Regierung nach der Urteilsverkündung durch den Ge­richtshof der Europäischen Union gesetzt hat, bestätigen das Bild der Gleichgültigkeit gegenüber den Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und denen von Minderheiten.

Die Diskriminierung wurde festgestellt, und für alle ArbeitnehmerInnen wäre der Kar­freitag ein Feiertag geworden. Das wäre ein ganz wichtiger Schritt im Interesse der ArbeitnehmerInnen gewesen. Ihnen steht ein zusätzlicher Feiertag zu, sie haben ihn sich verdient. Die Österreicherinnen und Österreicher arbeiten extrem viel und fleißig. Sie haben im Interesse der Wirtschaft die gesetzliche Verlängerung der Arbeitszeit in Kauf nehmen müssen. Dadurch hat sich die mögliche Jahresarbeitszeit um 96 Stunden verlängert. Überdies sparen sich die Unternehmen meist die sechste Urlaubswoche, die oftmals nicht erreichbar ist, da Arbeitsverhältnisse immer öfter gewechselt werden. In Österreich werden jährlich 250 000 Überstunden und Gutstunden geleistet, übrigens jede fünfte Überstunde unbezahlt.

Sie hätten nach diesem Urteil den Karfreitag als Feiertag erhalten (Zwischenruf bei der FPÖ), solange die Bundesregierung nicht gesetzlich eingriffen hätte. Und sie hat einge­griffen, und wie! Zuerst die Idee des halben Feiertags: Auch als Nichtjurist/-juristin wusste man: Das kann nicht funktionieren! Aber schon in der Halbtagsregelung war klar: Jeder Schritt der Regierung ist davon getragen, der Wirtschaft ein möglichst gro­ßes Geschenk zu machen. Es wurde eine neue Lösung gefunden: Der Feiertag wird gestrichen, gleich für alle. Das ist die schlechteste aller Möglichkeiten und eine sehr günstige für die Wirtschaft.

Ja, diese Regierung setzt die Festspiele im Interesse der Wirtschaft wirklich konse­quent um, da wundert es nicht, dass der Präsident der Wirtschaftskammer im Zeitungs­interview am letzten Sonntag offen bekennt, dass diese Regierung wirtschaftsfreund­lich ist! (Beifall bei der SPÖ. Bundesrat Seeber: Das ist ja nichts Schlechtes! Bun­desrätin Zwazl: Die Wirtschaft sind wir alle!)

Die Wortmeldung des Präsidenten der Industriellenvereinigung ließ ja ahnen, wohin sich das wirtschaftsfreundliche Verhalten noch weiterentwickeln ließe: Alle Feiertage könnten ja Urlaubstage werden! Na bitte! Die Regierung hat im Ursprung noch davon gesprochen, dass bei der Neuregelung niemandem etwas weggenommen werden soll, doch sie hat sich anders entschieden. Insgesamt gibt es keinen zusätzlichen Feiertag für alle ArbeitnehmerInnen, wie es der EuGH vorgezeichnet hat, sondern einer Gruppe wird er sogar weggenommen.

Das bedeutet, dass es wieder zu einer Arbeitszeitverlängerung kommt und die Regie­rungsparteien wieder ein Versprechen gebrochen haben. Als Ersatz für diesen Feiertag gilt ein Urlaubstag, auf den man ein Recht hat – (Bundesrat Rösch: Dafür hat ... Pro­zess ...!) das klingt wie Hohn! –, aber bitte nur, wenn man ihn zukünftig rechtzeitig, drei Monate vorher – bitte unbedingt, das ist wichtig –, schriftlich beantragt. Gibt einem dann der Chef doch nicht frei, so erhält man die Zuschläge.

Bitte erklären Sie das den SaisonarbeiterInnen, für die die Saison oft erst später be­ginnt und die die Dreimonatsfrist nicht einhalten können. Die haben Pech gehabt! All


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