BundesratStenographisches Protokoll890. Sitzung, 890. Sitzung des Bundesrates am 14. März 2019 / Seite 122

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Was ebenso völlig im Unklaren ist, sind beispielsweise Fragen bezüglich der EU-Wahl, die uns ja auch in Bälde ins Haus steht. Wie wird mit den aus heutiger Sicht – der Stichtag war vorgestern – noch wahlberechtigten Briten umgegangen? Die SPÖ hat den Leiter der Bundeswahlbehörde, nämlich den Herrn Innenminister, bereits vor lan­ger Zeit darauf hingewiesen, dass es eine diesbezügliche Problematik geben könnte. Seine Antwort im Wesentlichen: keine Reaktion.

Damit ist aus meiner Sicht einer potenziellen Wahlanfechtung wieder einmal Tür und Tor geöffnet; man muss sagen, darin haben wir ja mittlerweile Erfahrung. Oder wird gar schon damit spekuliert? – Ich kann das jetzt nur einmal vermuten. Wir werden sehen, wie es ausgeht. Der Herr Innenminister ist jedenfalls dringendst aufgefordert, diese Un­klarheiten zu beseitigen.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Tatsache ist schon: Dieses drohende oder exis­tierende Chaos kommt nicht von ungefähr. Es waren die rechtspopulistischen, nationa­listischen Kräfte dafür verantwortlich – Johnson und Co; ich muss sie, glaube ich, nicht alle aufzählen –, die ganz bewusst und gezielt den Menschen in Großbritannien völlig falsche Versprechungen gemacht haben, die gezielt Misstrauen gegenüber der EU ge­schürt haben (Bundesrat Krusche: Schuld ist die österreichische Bundesregierung, genau! – weitere Zwischenrufe bei der FPÖ), die gezielt mit der Unzufriedenheit der Menschen gespielt haben – hört mir einmal zu, dann werdet ihr mir vielleicht recht ge­ben! –, die gehetzt und gezündelt haben, die gesagt haben, ohne EU fließt viel mehr Geld in die britische Wirtschaft, und so weiter und so fort. – Nichts davon ist und war richtig. Mit Fake News hat man tatsächlich den Brexit herbeigeführt, ohne sich dabei um die Folgen zu kümmern.

Wir wissen heute, die meisten der dafür Verantwortlichen sind nur kurz darauf zurück­getreten und stellen sich somit in keinster Weise ihrer politischen Verantwortung. Erst kürzlich haben wir auch eine Androhung von Nigel Farage – wie auch immer man ihn aussprechen möchte – gehört (Zwischenrufe bei der FPÖ), dass er im Falle einer Ver­schiebung des Brexits oder des Austritts über die EU-Wahl hinaus mit einer eigenen Liste, mit einer eigenen Partei, nämlich der Brexitpartei, bei der Wahl antreten möchte. Das ist aus meiner Sicht mehr als zynisch und ein sehr eindeutiges Zeichen dafür, wo­hin rechtskonservative Mehrheiten führen. Insofern kann und muss uns hier in Öster­reich das Debakel rund um den Brexit ein wirklich negatives Beispiel sein, dem wir tunlichst nicht folgen sollten.

Auf eines muss ich schon noch hinweisen: dass selbst die FPÖ den Öxit, wenn man ihn so nennen darf, nicht ausschließt, ist ja auch kein Geheimnis. (Beifall bei der SPÖ. – Uh-Rufe bei der FPÖ.) – Ja, ich darf hier an Aussagen des Herrn Vilimsky erin­nern, der ja doch auch ein bisschen in der EU zu tun hat (neuerliche Zwischenrufe bei der FPÖ), zumindest sagt man, er sei hin und wieder dort. Beispielsweise hat er im Jahr 2016 in einem Facebook-Statement gesagt, er könne sich einen Austritt Öster­reichs aus der EU sehr gut vorstellen. Auch Herr Vizekanzler Strache hat schon 2010 mit einer Volksbefragung in Österreich geliebäugelt. (Bundesrätin Mühlwerth: Na, wie lange ist das her?! Sie können rechnen! Also!) – Ja, na und? Bis jetzt hat er das noch nicht richtiggestellt und korrigiert, muss man sagen. (Bundesrat Pisec: Sicher hat er das korrigiert!)

Heute ist schon oft von Vertrauen gesprochen worden, auch von Vertrauen in die EU. Wenn wir in Österreich keine Zustände wie in der jetzigen Brexitsituation haben wollen, kann ich wirklich nur an die Regierungsparteien appellieren: Treten wir rasch in einen Dialog für ein starkes Europa, für ein geeintes Europa und – vor allen Dingen – für ein soziales Europa ein! Ich erwarte mir von den Regierungsparteien auch wirklich ein ganz klares Nein zu einem möglichen Öxit. (Beifall bei der SPÖ.)

16.17


 


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