BundesratStenographisches Protokoll890. Sitzung, 890. Sitzung des Bundesrates am 14. März 2019 / Seite 142

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gabe, irgendwo zwischen 13 und 15 Milliarden Euro. Wenn man den Nettobeitrag her­nimmt, also die Rabatte abzieht, sind es circa 6, 7 Milliarden Euro, die natürlich fehlen würden.

Der springende Punkt, den viele außer Acht lassen, ist allerdings: Selbst wenn wir den Beitrag der Briten abziehen, aber trotzdem bei einem Beitrag von 1 Prozent des Brutto­nationaleinkommens, so wie bisher, blieben, gäbe es über die nächste Periode hinweg in absoluten Zahlen 115 Milliarden Euro mehr im europäischen Budget als im letzten. Warum? – Weil das Wirtschaftswachstum in den letzten Jahren entsprechend war. Das heißt, 1 Prozent für die nächsten Jahre ist in absoluten Zahlen wesentlich mehr, als es 1 Prozent in den letzten Jahren war. Deswegen würde ich aufpassen: Wenn man sagt, es würden alle etwas verlieren, wenn man bei diesem1 Prozent bleibt, stimmt das nicht notwendigerweise. Wenn man sich die absoluten Zahlen hernimmt, dann kann das gar nicht der Fall sein.

Eine Frage ist, wie man gewichtet, womit wir schon wieder in einer anderen Debatte sind. Wenn ich an das österreichische Budget denke, dann gibt es auch darin sehr, sehr viele Bereiche, in denen keine automatische Inflationsanpassung passiert. Dass man das jetzt für die europäische Ebene automatisch voraussetzt und sagt: Na wenn es 1 Prozent bleibt, dann wird es weniger als früher!, finde ich nicht ganz folgerichtig.

Deswegen sagen wir: 1 Prozent ist definitiv etwas, mit dem man das Auslangen finden kann, wenn man sich dazu bekennt, sachlich über die Verteilung zu diskutieren. Es braucht aber nicht prinzipiell jeder Angst zu haben, dass es weniger wird, denn in ab­soluten Zahlen wird es insgesamt mehr. Da aber beim Budget Einstimmigkeitspflicht herrscht, werden das noch recht intensive und lange Verhandlungen, die auch sehr weit ins Detail gehen werden.

Ein zweiter Bereich, der im Jahr 2019 ansteht, ist die Frage der Debatte um die Zukunft Europas. Die rumänische Ratspräsidentschaft hat eine große Zukunftskonferenz in Sibiu im Mai angesetzt, bei der es um die Perspektive für diese gemeinsame Union gehen soll. Natürlich wird auch da der Elefant im Raum, der Brexit – der allgegenwärtig ist, auch wenn er nicht auf der Tagesordnung steht –, eine wesentliche Rolle spielen: Wie kann eine Union in zehn oder 20 Jahren ohne ein Vereinigtes Königreich ausse­hen? Was können wir vor allem auch aus der Tatsache, dass die Union nun ohne Großbritannien auskommen muss und sich die Briten in einer Abstimmung dafür ent­schieden haben, gehen zu wollen, lernen?

Eigentlich muss das ja auch als eine große Chance gesehen werden, aus den Fehlern, die in Großbritannien gemacht worden sind, zu lernen, damit sich das in Zukunft im restlichen Europa nicht wiederholt.

Wenn man sich die Motivlage ansieht, warum die Britinnen und Briten für den Austritt gestimmt haben, dann hat es ein Thema gegeben, das die Hauptmotivation war, nämlich die Angst vor Migration. Das ist ein Faktum, das können Sie in allen Motivfor­schungen betreffend Brexit nachvollziehen. Es war die Angst vor Migration, und ich rede nun nicht darüber, ob es sachlich gerechtfertigt war oder nicht, es war einfach die Emotionslage. Zweitens waren es Wohlstandsverlustängste und drittens Kontrollver­lustängste. Das waren die drei wesentlichen Aspekte, warum die Britinnen und Briten sich dafür entschieden haben, die Union zu verlassen.

Wenn wir daraus etwas lernen wollen, um die Zukunft Europas besser zu gestalten und um nicht Gefahr zu laufen, dass auch andere Länder diesen Weg der Briten gehen wollen, dann müssen wir als Erstes von dem, was dort passiert ist, lernen, die Ängste der Bevölkerung auch ernst nehmen und sie respektieren und versuchen, diese He­rausforderungen zu lösen. (Bundesrätin Schumann: ... soziale Bedingungen beach­ten!)

 


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