14.47

Bundesrätin Mag. Marlene Zeidler-Beck, MBA (ÖVP, Niederösterreich): Sehr ge­ehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher, ganz besonders aus dem Bezirk Lilienfeld! Wissen Sie, welches Wort zum österreichischen Unwort des Jahres 2018 gekürt wurde? (Heiterkeit des Bundesrates Brunner. – Zwischenrufe bei BundesrätInnen von ÖVP und SPÖ.)  Sie ahnen es vielleicht, mancher denkt vielleicht noch mit einem gewissen Unbehagen daran: Es war das Wort Datenschutz-Grundverordnung.

Als Erklärung geben die Sprachforscher der Karl-Franzens-Universität Graz Folgendes dazu an: „Verordnung der Europäischen Union für die an sich wichtige Zielsetzung des Schutzes der privaten elektronischen Daten mit mangelhafter Umsetzung“.

Ich finde, die Forscherinnen und Forscher bringen es damit schon ganz schön gut auf den Punkt, denn: Einerseits geben wir sonst oft sehr sorglos und bereitwillig und ohne weitere Bedenken unsere Daten her, hinterlassen digitale Spuren und Fußabdrücke, die rückverfolgbar sind, die unsere Aktivitäten und unser Handeln nachvollziehbar und transparent machen, und andererseits wurden sehr hohe bürokratische Hürden aufge­baut. Es wurde viel Raum für Spekulationen, manchmal sogar für das Schüren von Ängsten geschaffen.

Während internationale Konzerne längst einen Weg gefunden hatten, mit der DSGVO umzugehen, haben sich viele Klein- und Mittelbetriebe, viele unserer heimischen Un­ter­nehmerinnen und Unternehmer, Vereine und ehrenamtlichen Organisationen auf einmal mitten im DSGVO-Labyrinth wiedergefunden. Das betrifft den Schlosserei­be­trieb, der plötzlich alle Arbeitsschritte, bei denen kundenbezogene Daten verarbeitet werden, einzeln dokumentieren muss; das Hotel, das noch mal eine Einwilligung seiner Stammgäste einholen muss, um zukünftig auch Newsletter verschicken zu dürfen; die Vereine, da beim örtlichen Vereinsfest jede einzelne Besucherin, jeder einzelne Besucher darauf aufmerksam gemacht werden muss, dass sie oder er dort fotografiert wird.

All das sind Beispiele, wie sie vermutlich jeder von Ihnen auch erzählen kann – Fälle, in denen für unsere KMUs ohne entsprechende technische und personelle Infrastruktur eines dazugekommen ist: Bürokratie, zusätzliche Kosten für juristische Beratungen und trotz aller oft sehr gewissenhaften Vorbereitungen am Ende doch eine gewisse Unge­wissheit, wie es weitergehen wird, wie sich die DSGVO auf die jeweilige Branche, auf unser aller Leben auswirken wird.

Ich glaube, so ist es nicht überraschend, dass das Wirken der Datenschutzbehörde im Jahr 2018 jedenfalls auch davon geprägt war: vom Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung mit 25. Mai 2018.

Organisatorisch brachte der 25. Mai 2018 für die österreichische Datenschutzbehörde einen geänderten Aufgabenbereich. Sie ist nun für die Führung von Individualverfahren auf Antrag und von amtswegigen sowie von internationalen, grenzüberschreitenden Verfahren zuständig, sie nimmt sogenannte Databreachmeldungen, also Datenschutz­vorfälle, entgegen und bearbeitet sie, und sie ist dafür zuständig, Verordnungen zu Datenschutz-Folgenabschätzungen zu erlassen.

Ein Blick in den Tätigkeitsbericht und in die Statistiken zeigt, dass das Jahr 2018 einen massiven Anstieg sowohl der Individual- als auch der grenzüberschreitenden Be­schwerden im Datenschutzbereich brachte. Die Zahl der Individualbeschwerden stieg auf 1 036 Eingangsstücke im Jahr 2018 und hat sich, wie wir im Verfassungs­aus­schuss gehört haben, auch für 2019 auf einem ähnlich hohen Niveau eingependelt.

Gefragt war die DSB auch bei Rechtsauskünften. Die Anzahl der Anfragen hat sich fast verdoppelt: Sie ist im Jahr 2018 bei 4 052 gelegen. Gerade der Anstieg der Rechts­auskünfte zeigt auf der einen Seite, dass das Bewusstsein für Datenschutz gestiegen ist – und das ist, glaube ich, sehr positiv zu bewerten.

Der Anstieg der Anfragen ist aber auch ein Spiegel, was die eingangs zitierte man­gelhafte Ausführung betrifft, denn nicht selten brachte die intensive Beschäftigung mit der DSGVO, die Vorbereitung in den einzelnen Unternehmen oder bei den Vereinen wenig Klarheit, aber oft umso mehr offene Fragen. Daher möchte ich an dieser Stelle den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der österreichischen Datenschutzbehörde, die das Inkrafttreten der DSGVO in Österreich so professionell begleitet haben, herzlich danken. Frau Dr. Jelinek ist auch persönlich anwesend. – Vielen herzlichen Dank an Sie und Ihr Team, vor allem für die hohe Beratungskompetenz, die Sie gezeigt haben!

Ein großes Dankeschön möchte ich an dieser Stelle aber auch an alle anderen richten, die dazu beigetragen haben, Österreich DSGVO-fit zu machen, ganz besonders an die Sozialpartner, an die Wirtschaftskammer, die unzählige Unternehmerinnen und Unter­nehmer auf diesem Weg begleitet hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir stehen am Ende dieses Jahres und sozu­sagen vor dem Sprung in ein neues Jahrzehnt. Vieles ist da noch unsicher, eines jedoch ist gewiss, nämlich dass Daten immer mehr das Geld unserer Zeit werden. Ich glaube, es wird an uns liegen, wie wir mit dieser Problematik umgehen, ob und wie wir das Grundrecht auf Datenschutz wahren und wie wir den neuen Herausforderungen begegnen können. Vor allem aber sind wir alle gefragt, wenn es darum geht, beste Bedingungen und praktikable Lösungen für unsere heimischen, rot-weiß-roten Betriebe im internationalen Wettbewerb zu schaffen.

Lassen Sie mich abschließend noch vom Unwort des Jahres zu einem Wort kommen, das das zweite Halbjahr und unser Wirken im Bundesrat sehr stark geprägt hat, nämlich Niederösterreich. Herr Präsident Karl Bader, ich darf dir an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön sagen, nämlich für die gute Zusammenarbeit und für deine ausgezeichnete Präsidentschaft. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit dem upcoming president Robert Seeber.

An dieser Stelle vielen Dank an alle! Frohe Weihnachten und vielen Dank für das gute Miteinander hier im Bundesrat! (Beifall bei der ÖVP.)

14.54

Präsident Karl Bader: Vielen herzlichen Dank, Frau Kollegin!

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Wolfgang Beer. Ich erteile es ihm.