18.19

Bundesrat Günter Kovacs (SPÖ, Burgenland): Herr Präsident! Meine Herren Volksan­wälte! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben ja schon in der Ausschusssitzung vor zwei Tagen die Expertise von Herrn Mag. Bernhard Achitz und von Herrn Dr. Walter Ro­senkranz hören dürfen. Die Berichte sind allen Fraktionen zugegangen, und es war sehr umfassend, was da berichtet wurde.

Die Volksanwaltschaft ist, und das hat Kollegin Klara Neurauter schon festgestellt, eine sehr wichtige Einrichtung. In den 1970er Jahren war es Bruno Kreisky, der sie ins Leben gerufen hat; seit 1978 gibt es die Volksanwaltschaft schon. Heute darf ich zu insgesamt 850 Seiten – für die Jahre 2018 und 2019 – ein bisschen etwas sagen. Lassen Sie mich auch noch den damaligen Volksanwälten, nämlich Frau Dr. Gertrude Brinek, Dr. Günther Kräuter und Dr. Peter Fichtenbauer, ein Dankeschön sagen für den Bericht 2018; auch Sie haben sehr, sehr tolle Arbeit gemacht. (Allgemeiner Beifall.)

Kollegin Klara Neurauter hat dazu bereits etwas gesagt, ich möchte einen Vergleich zwi­schen 2018 und 2019 bringen, damit es ein bisschen zeitökonomischer wird. 30 Prozent der Prüfverfahren betrafen 2018 den Bereich Arbeit und Soziales, 2019 waren es dann 29 Prozent – dieser Bereich steht also an der Spitze. Dann kommt der Bereich Innere Sicherheit, der circa 23 Prozent abdeckt, das sind in Zahlen 1 119 Fälle. Im Jahr darauf hatten wir ungefähr 1 000 Fälle, das sind knapp 20 Prozent. Im Bereich der Justiz gab es 2018 936 Prüfverfahren, 2019 hatten wir in diesem Bereich rund 22 Prozent.

Ich möchte kurz auf die Bereiche der Kollegen von 2018, beispielsweise eben von Dr. Pe­ter Fichtenbauer eingehen. Was waren seine Schwerpunkte? – Die „schwer nachvoll­ziehbaren Formulierungen“ bei der Mathematikzentralmatura, das war einer der Kritik­punkte, die er angebracht hat. „Scheinanmeldungen“ machen Unterkunftseigentümern das Leben schwer – ich glaube, das war damals sogar Thema im der Fernsehsendung „Bürgeranwalt“. Ungenügender Brandschutz in Polizeianhaltezentren – das zieht sich dann schon durch –, auch die davor erwähnte Personalknappheit in Polizeiinspektionen und vor allem auch die bauliche Ausstattung von Polizeiinspektionen. – Das waren die Bereiche von Dr. Peter Fichtenbauer.

Dr. Günther Kräuter behandelte das Thema Heimopferrente und kritisierte die schlep­pende Zusammenarbeit mit der katholischen Kirche. Er hat das, und das darf ich zitieren, so gesagt: „Personen, die als Kinder oder Jugendliche [...] in einem Heim, bei einer Pfle­gefamilie oder in einer Krankenanstalt Opfer eines Gewaltdeliktes wurden, können seit 1. Juli 2017 eine Zusatzrente in der Höhe von 306,60 Euro [...] erhalten.“ Wer „bereits eine pauschalierte Entschädigung erhalten“ hat, bekommt „die Rente ohne neuerliche Prüfung der Gewalterlebnisse. In allen übrigen Fällen beurteilt die Rentenkommission der VA den Sachverhalt.“

Seit 2017 bearbeitete diese Rentenkommission mehr als 1 000 Anträge. Im Jahr 2018 beschäftigte sich die Kommission mit insgesamt 342 Anträgen, und in 322 Fällen be­schloss das Kollegium der Volksanwaltschaft nach sorgfältiger Prüfung durch die Ren­tenkommission eine positive Empfehlung.

Kräuter schrieb damals aber auch: „Sehr kritisch ist anzumerken, dass Auskunftsersu­chen an die Katholische Kirche oftmals sehr schleppend und wenig motiviert bearbeitet wurden.“ Er hielt schon damals fest, dass das inakzeptabel ist – Zitat –: „Die ungebühr­lich lange Auskunftsdauer ist für die hochbetagten und schwer kranken Antragstellerin­nen und Antragsteller unerträglich.“ Als Vorsitzender der Rentenkommission hat Kräuter damals schon mit Kardinal Christoph Schönborn und Generalvikar Nikolaus Krasa Ge­spräche geführt. Schönborn versicherte damals, sich persönlich für eine bessere Zusam­menarbeit einzusetzen.

Dr. Gertrude Brinek hat 2018 Mängel im Strafvollzug aufgezeigt. Sie setzte sich elf Jahre als Volksanwältin dafür ein, diese Defizite im österreichischen Justizsystem zu beheben. Die geplante Reform des Straf- und Maßnahmenvollzugs lasse aber weiterhin auf sich warten, sagte sie damals. Bereits 2014 forderte die Volksanwaltschaft eine grundlegen­de und tief greifende Reform des Straf- und Maßnahmenvollzugs. Die Unterbringung sollte künftig in modernen forensisch-therapeutischen Zentren auf Behandlung und Be­treuung ausgerichtet erfolgen. Bis zum damaligen Zeitpunkt gab es jedoch noch keinen Entwurf dazu.

Ich darf jetzt zur Bilanz 2019 kommen, zum Bereich des Volksanwalts Werner Amon, der in der Nachfolge von Dr. Günther Kräuter auch Generalsekretär des International Ombudsman Institute geworden ist. Er hat sich in diesem Jahr aber auch hinsichtlich der baulichen Zustände und Infrastruktur in den Haftanstalten starkgemacht. Unter vielen andern Punkten kritisierte die Volksanwaltschaft im Bericht 2019 den baulichen Zustand und die Infrastruktur in einzelnen Haftanstalten. So sind beispielsweise viele Hafträume in einem völlig desolaten Zustand. Es sind enge, überbelegte Hafträume bei einer Ein­sperrdauer von 23 Stunden. In einigen Zellen gibt es Schimmelbefall. Sanitäranlagen sind nicht in Ordnung, nur notdürftig vom Haftraum getrennt und ohne Lüftung. Großteils ist das Mobiliar defekt. Diese Haftbedingungen unterschreiten deutlich jeden erwartba­ren Mindeststandard. Im Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz wurde diese Kritik angesichts der mit Fotos dokumentierten Missstände zur Kenntnis genommen, und man war ziemlich betroffen.

Ich darf zum Bereich von Mag. Bernhard Achitz kommen. Mag. Bernhard Achitz hat sich im letzten Jahr für die Heimopferrenten eingesetzt. Menschen, die als Kinder oder Ju­gendliche in einem Heim, bei einer Pflegefamilie oder in einer Krankenanstalt Opfer eines Gewaltdeliktes wurden, können seit 2017 eine Zusatzrente in der Höhe von 314,60 Euro – das war eben der Wert 2019 – beantragen. Wer bereits einen pauscha­lierten Betrag erhalten hat, bekommt diese Rente ohne neuerliche Prüfung der Gewalter­lebnisse. In allen übrigen Fällen beurteilt die Rentenkommission der Volksanwaltschaft den Sachverhalt. Diese Kommission trat 2019 immerhin 15 Mal zusammen und befasste sich mit insgesamt 372 Anträgen. In 338 Fällen wurde empfohlen, dem Antrag stattzuge­ben, und in 29 Fällen, diesen abzulehnen. Fünf Anträge wurden zur weiteren Überprü­fung zurückgestellt.

Noch ein Thema, das sehr, sehr wichtig war, war das jahrelange Warten auf Kinderbe­treuungsgeld. Viele Familien wandten sich damals wegen Problemen mit dem Kinderbe­treuungsgeld, wenn ein Elternteil im EU-Ausland arbeitet, an die Volksanwaltschaft. Meistens handelt es sich um Familien, die mit ihren Kindern in Österreich leben. Oft sind sogar Alleinerziehende betroffen, und manche haben schon fünf Jahre auf eine Erledi­gung gewartet. Für Volksanwalt Achitz ist das untragbar.

Die Situation ist existenzbedrohend, vor allem für Alleinerziehende, bei denen das Geld ohnedies meist knapp ist und die nicht wissen, wie sie ohne dieses Kinderbetreuungs­geld überhaupt überleben sollen. Das Familienministerium geht auf juristische Argumen­te der Volksanwaltschaft nicht ein, sondern hält ohne rechtliche Begründung an seiner Vorgangsweise fest. Die Volksanwaltschaft drängt bereits seit 2008 auf eine Lösung, und jährlich kommen Dutzende neue Fälle dazu. Das Kollegium sah sich daher im Jän­ner 2020 veranlasst, sich in Form einer Missstandsfeststellung und einer Empfehlung an das zuständige Familienministerium zu wenden. Mittlerweile hat Bundesministerin Chris­tine Aschbacher geantwortet. Es werden zwar einige Anregungen aufgegriffen, die meis­ten Vorschläge werden aber leider weiterhin ignoriert.

Die Volksanwaltschaft verlangt vom Familienministerium, dass die Missstände umge­hend beseitigt werden. Bernhard Achitz dazu: „Die Verwaltung muss bürgerfreundlich und serviceorientiert handeln, statt Familien in existenzielle Krisen zu stürzen“.

Last, but not least zum Bereich von Dr. Walter Rosenkranz: Er hat sich, das hat er auch im Ausschuss schon thematisiert und das war sehr interessant, den Problemen nach der Ummeldung eines Kfz im Zusammenhang mit der Asfinag gewidmet. Sehr viele Be­schwerdeführer haben sich an die Volksanwaltschaft gewandt, weil sie bei der Fahrzeug­ummeldung auf die ebenfalls erforderliche Ummeldung der digitalen Autobahnvignette vergessen hatten. Sie erhielten daraufhin, obwohl sie eine Vignette gekauft hatten, eine Ersatzmautforderung der Asfinag. Diese Forderung traf erst mit Verspätungen von bis zu zwei Monaten ein, und Mehrfachstrafen von mehreren Hundert Euro, in einem Fall waren es sogar 600 Euro, waren die Folge.

Da die Asfinag als ausgegliedertes Unternehmen nicht der Prüfkompetenz der Volks­anwaltschaft unterliegt, regte Volksanwalt Dr. Rosenkranz gegenüber dem Verkehrsmi­nisterium Verbesserungen an. Schon beim Kauf im Internet oder im Geschäft sollte auf diese Problematik hingewiesen werden. Die Mautordnung wurde mittlerweile – Ende März 2020 – abgeändert. Wenn die Asfinag innerhalb von 30 Tagen Mehrfachverstöße gegen die Mautpflicht feststellt, wird sie für maximal drei Fälle die Ersatzmaut fordern.

Meine Damen und Herren, das waren die Berichte der Jahre 2018 und 2019 der Volks­anwaltschaft. – Herzlichen Dank für Ihre Arbeit und danke schön für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

18.30

Präsident Robert Seeber: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Bernd Saurer. Ich erteile ihm dieses.