9.35

Bundesrätin Elisabeth Mattersberger (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Geschätzte Frau Landtagspräsidentin auf der Galerie! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Heute ist ein ganz erfreulicher Tag: Unser Landeshauptmann Günther Platter hat den Vorsitz in der Landeshauptleutekonferenz und Dr. Peter Raggl hat die Präsidentschaft im Bundesrat übernommen. Namens unseres Fraktionsvorsitzenden, Präsidenten außer Dienst Karl Bader, und unserer Fraktion darf ich dir, lieber Präsident, recht herzlich zur Übernahme der Präsidentschaft gratulieren und alles Gute wünschen. (Allgemeiner Beifall.) Ich bin sicher, dass du dieses anspruchsvolle Amt zum Wohle des Föderalismus gewissenhaft und umsichtig ausführen wirst.

Namens unserer Fraktion darf ich mich bei dir, geschätzter Landeshauptmann, für die umfangreiche zukunftsorientierte, Mut machende Erklärung hier im Plenum bedanken. Ich bin überzeugt, dass es dir gelingen wird, zu den wichtigen anstehenden Themen eine einheitliche Linie mit den Bundesländern zu finden. Mit der dir eigenen Vehemenz wirst du diese dann im Bund nachhaltig vertreten und verhandeln. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Meine Damen und Herren! Bei der Vorbereitung meiner Rede beziehungsweise bei der Überlegung, den Föderalismus herauszustreichen, besonders herauszustreichen, habe ich mich an eine historische Geschichte aus meiner Heimatgemeinde Matrei in Osttirol erinnert. Diese Geschichte spiegelt meiner Meinung nach die verschiedenen Lebens­welten in den einzelnen Bundesländern und damit auch die landesspezifisch verschie­denen Herausforderungen ganz gut wider.

Matrei in Osttirol gehörte circa 600 Jahre, bis ins Jahr 1810, zum Fürsterzbistum Salz­burg. In Matrei steht der größte Landdom Tirols, die Pfarrkirche Sankt Alban. Sankt Alban wurde von 1776 bis 1783 neu erbaut. Nach baulicher Fertigstellung wollten die Matreier ihre Kirche mit Fresken von Franz Anton Zeiller künstlerisch gestalten lassen. Nach Anfrage bei der salzburgisch-bischöflichen Verwaltungsbehörde kam von dort im Sinne der Aufklärung die Vorschreibung, dass – ich zitiere – sowohl die Ausmalung der Kirche als auch die Auszierung mit Stukkaturarbeiten gänzlich zu unterbleiben habe. Die Matreier ergriffen daraufhin die Eigeninitiative – sie haben vermutlich Spenden gesammelt, es wurden keinerlei Rechnungen im Archiv gefunden – und haben Sankt Alban mit wunderschönen Stukkaturen und Fresken von Franz Anton Zeiller versehen lassen. Dies alles war nur möglich, weil eine Kontrolle seitens der bischöflichen Verwal­tungsbehörde über den nur wenige Monate im Jahr passierbaren Felbertauern überaus beschwerlich war und daher selten stattfand.

Was sagt uns diese Geschichte, meine Damen und Herren? – Sie sagt uns nicht, dass Anordnungen von Behörden nicht befolgt werden sollen, sie sagt uns auch nicht, dass man sich Anordnungen widersetzen soll, sie sagt uns aber, dass manchmal aus der Ent­fer­nung in Ermangelung der Ortskenntnis, in Ermangelung der Kenntnis der tatsächlichen Lebensumstände der Menschen, in Ermangelung der Kenntnis der vor Ort vorherrschen­den Umstände falsche oder – um es etwas abgeschwächt zu sagen – keine ent­sprechen­den Entscheidungen getroffen werden. Sie sagt uns aber auch, dass es mit etwas gutem Willen für alles eine Lösung gibt.

Es ist zum Beispiel ein großer Unterschied, ob man von der Lebenswelt und den Prob­lemen und Herausforderungen eines Bauern in Niederösterreich oder von jenen eines Bergbauern in Tirol redet. Es ist auch ein großer Unterschied, ob man von der jetzt so kontrovers diskutierten Wolfsthematik als Städterin oder als betroffene Bäuerin redet. Es ist ein großer Unterschied, ob man vom Städtetourismus oder vom Wintertourismus in Tirol redet. Und es ist ebenso ein großer Unterschied, ob man von den Problemen einer Pendlerin im Großraum einer Stadt oder jenen einer Pendlerin im ländlichen Raum spricht. Es gäbe noch unzählige weitere Beispiele.

Genau dafür, dass diese verschiedenen Bedürfnisse und Herausforderungen politisch bewältigt und die verschiedenen Lebenswelten zusammengeführt werden, ist es auch so wichtig, dass es die Länderkammer und die Landeshauptleutekonferenz gibt.

Geschätzter Herr Präsident, du hast dir für deine Präsidentschaft äußerst spannende Themen wie Tourismus und Landwirtschaft als Symbiose, Chancengleichheit des länd­lichen Raumes mit der Stadt, Dezentralisierung der Bundesbehörden ausgesucht, und wir werden dich natürlich bei der Abarbeitung dieser Themen bestmöglich unterstützen.

Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Abschließend wünsche ich dir namens meiner Fraktion für die Arbeit an deinen in der heutigen Erklärung skizzierten Themen – sei es die Pandemiebewältigung, sei es die Schwerpunktsetzung, Wirtschaftsstandort und Arbeitsmarkt wieder in Schwung zu bringen, oder sei es das Thema Versorgungs­sicherheit mit der Blackoutübung – eine gute Hand und Durchhaltevermögen für erfolg­reiche Verhandlungen. Und danke schön, dass du immer so gut auf unser Land Tirol schaust! – Danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei BundesrätInnen der SPÖ.)

9.41

Präsident Dr. Peter Raggl: Vielen Dank für die Ausführungen.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Bundesrat Stefan Zaggl. Ich erteile ihm dieses.