Bundesrätin Mag. Bettina Lancaster (SPÖ, Oberösterreich): Herr Minister!

1932/M-BR/2021

„Welche Maßnahmen werden Sie setzen, damit Frauen, die auf Grund der Corona-Krise besonders schwer am Arbeitsmarkt wieder Fuß fassen können, rascher in den Arbeits­markt (zurück)kommen?“

Präsident Dr. Peter Raggl: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Vielen Dank. Wir haben natür­lich – ich habe es vorhin bei einer anderen Frage schon gesagt – die Situation von Frau­en besonders stark verfolgt, weil es in der Entwicklung der Pandemie zu Beginn dieses Jahres bei den Männern einen recht starken Rückgang der Arbeitslosigkeit gab und bei den Frauen die Arbeitslosigkeit zu Beginn des Jahres sehr langsam zurückging. Da gab es Befürchtungen dahin gehend, dass sich das verfestigt. Es hat sich glücklicherweise nach den Öffnungsschritten im Mai, vor allem aber auch schon im Februar, März ergeben, dass die Arbeitslosigkeit bei den Frauen dann auch stark gesunken ist; Frauen sind einfach verstärkt im Dienstleistungsbereich, im Handel und die Männer verstärkt in der Warenproduktion und im Bau tätig, und diese Teile der Wirtschaft haben schon etwas früher den Aufschwung zu spüren bekommen.

Was die Frauenpolitik im Rahmen der Arbeitsmarktpolitik insgesamt betrifft, haben wir mehrere Aspekte. Wir haben das Förderziel – ich glaube, das ist ganz, ganz wichtig, das habe ich vorhin schon kurz erwähnt –, dass der Anteil aller Mittel des AMS, der für Frauen ausgegeben wird, 3,5 Prozentpunkte oberhalb des Anteils der Frauenarbeitslo­sigkeit an der Gesamtarbeitslosigkeit liegt. Wir haben dieses Förderziel ab 2022 noch einmal erhöht, auf 4 Prozentpunkte. Das sieht man auch in allen einzelnen Förderschie­nen. Ich habe es mir ausheben lassen: In der Coronajoboffensive sind zum Beispiel 50,4 Prozent der Förderausgaben für Frauen, obwohl der Anteil der Frauen an den Ar­beitslosen insgesamt etwas geringer ist als der Anteil der Männer. 54 Prozent der Teil­nehmerinnen und Teilnehmer sind Frauen, also mehr als 50 Prozent.

Wir haben natürlich auch Vorgaben für das Programm Sprungbrett, nämlich insofern, als vor allem langzeitarbeitslose Frauen in diesem Programm verstärkt zu berücksichtigen sind. Wir schauen also in all diesen Programmen immer darauf, dass einerseits generell das Förderziel eingehalten wird, aber dass es andererseits auch in Einzelprogrammen eine spezifische Förderung gibt, dass Frauen entsprechend – mindestens zur Hälfte – berücksichtigt werden.

Präsident Dr. Peter Raggl: Zusatzfrage, Frau Bundesrätin Lancaster? – Bitte.

Bundesrätin Mag. Bettina Lancaster (SPÖ, Oberösterreich): Welche Schwerpunkte werden Sie setzen, damit Frauen im ländlichen Raum, die aufgrund fehlender Kinderbe­treuungseinrichtungen und mangelnder öffentlicher Verkehrsanbindungen schwer am Arbeitsmarkt vermittelbar sind, am Arbeitsmarkt doch eine Chance bekommen?

Präsident Dr. Peter Raggl: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Ich halte es für einen ganz wich­tigen Punkt, dass wir das gewährleisten können. Da geht es vor allem um die Betreuung und die Erziehung von Kindern, die Ausbildung von Kindern im frühen Alter; da müssen wir Fortschritte erzielen.

Es gibt ja auch Förderprogramme der Bundesregierung für den Ausbau. Ich habe das immer sehr stark unterstützt; ich glaube, dass das ganz, ganz wichtig ist. Ich glaube aber auch, dass wir jetzt in einer Situation sind, in der vielleicht solche Ausbaumöglichkeiten noch besser greifen. Warum? – Wir haben gerade über den Arbeitskräftemangel ge­sprochen; wir haben eine sehr hohe Teilzeitquote in Österreich, vor allem bei Frauen – ganz richtig –, und es gibt einen großen Bedarf. Ich hoffe, dass das dazu führt, dass auch bei Unternehmen Investitionen getätigt werden, um die Vereinbarkeit zu verbes­sern. Wir machen natürlich öffentliche Investitionen. Ich hoffe auch, dass das dazu führt, dass wir gerade am Land noch mehr Flexibilität bei der Kinderbetreuung haben werden, weil der entscheidende Punkt ja gar nicht so oft das Verfügbarsein von Kinderbetreu­ungsplätzen, sondern die zeitliche Komponente ist.

Besteht im Tourismus eine Nachfrage nach Arbeitskräften, dann geht es klarerweise darum, dass die Kinderbetreuung in Ausnahmefällen vielleicht auch am Nachmittag oder am Abend zur Verfügung stehen müsste. Darum wird es also gehen.

Sie können mich da aber als Verbündeten sehen, ich habe zwar keine Mittel im Arbeits­ressort, um die Kinderbetreuung auszubauen, aber ich weiß, wie wichtig es ist. (Bundes­rätin Lancaster: Danke!)

Präsident Dr. Peter Raggl: Zu einer weiteren Zusatzfrage zu Wort gemeldet hat sich Bundesrätin Elisabeth Mattersberger. – Ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrätin Elisabeth Mattersberger (ÖVP, Tirol): Werter Herr Minister! Wie wirkt das Programm FIT, Frauen in Handwerk und Technik?

Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Ja, vielen Dank. Das ist ein wich­tiges Ziel – auch der Frauenministerin und der Familienministerin –, dass wir vor allem Frauen auch für handwerkliche und technische Berufe interessieren.

Das war mir auch schon damals als IHS-Direktor ein Ziel. Wir haben einige Studien zu diesen Themen gemacht, weil es, wie ich glaube, ganz entscheidend ist, da eine höhere Beteiligung von Frauen zu haben. Das sind meistens bessere Jobs, besser bezahlte Jobs und auch sicherere Jobs als viele andere Jobs im Dienstleistungsbereich, in dem Frauen überrepräsentiert sind.

Wir haben heuer im Bereich des Programms FIT, Frauen in Handwerk und Technik, mehr als 6 700 Frauen gefördert und damit um 20 Prozent mehr gefördert als noch im Jahr 2020. Wir haben für nächstes Jahr im Budget eine noch größere Summe, glaube ich, vorgesehen. Das Ziel bleibt also, in diesem Bereich aktiv zu sein. (Bundesrätin Mat­tersberger: Danke!)

Präsident Dr. Peter Raggl: Ich bitte um die Zusatzfrage von Bundesrat Josef Ofner.

Bundesrat Josef Ofner (FPÖ, Kärnten): Sehr geehrter Herr Minister! Die veröffent­lichten Chats zwischen den beiden türkisen Freunden Kurz und Schmid haben ja zutage gefördert, dass der Ex-Kanzler ein Investitionsprogramm für die Kinderbetreuung in der Höhe von 1,2 Milliarden Euro auf dem ÖVP-Altar für das eigene Machtstreben und den Egotrip geopfert hat.

Wann werden Sie sich in der Bundesregierung dafür einsetzen, dass diese dringend notwendigen Investitionen für die Familien und die arbeitenden Eltern in unserem Land getätigt werden?

Präsident Dr. Peter Raggl: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Ja, vielen Dank. Ich war ja damals noch nicht Teil der Bundesregierung, deswegen kenne ich auch keine Details. Wie be­kannt ist, ging es ja nicht darum, die Mittel nicht zur Verfügung zu stellen, sondern die Frage war, wofür und über welche Träger, über die Länder, über die Gemeinden, Ausbau der Ganztagsschulen oder Förderung der Kinderbetreuung. Ich glaube also, man muss das im Detail die betreffenden Personen fragen.

Es gab seither – ich glaube, das ist der entscheidende Punkt – eine Erhöhung der Mittel für den Ausbau der Kinderbetreuung durch die Bundesregierung, und das wird weiterhin der Fall sein. Ich glaube, die Bundesregierung weiß, wie wichtig die Finanzierung dieses Ausbaus ist.

Präsident Dr. Peter Raggl: Ich bitte um die Zusatzfrage von Bundesrätin Elisabeth Kittl.

Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Ja, diese betrifft die ge­schlechtsspezifische Verteilung der Arbeitslosenzahlen und wurde schon sehr oft beant­wortet. Wenn Sie noch etwas dazu sagen wollen, sehr gern.

Präsident Dr. Peter Raggl: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Sehr, sehr gerne. – Im Moment ist es so, dass es weniger Frauen als Männer in Arbeitslosigkeit gibt und dass der Anteil glücklicherweise praktisch ident ist mit dem Anteil, den wir vor der Krise hatten. Der entscheidende Punkt wird natürlich sein – dazu haben wir noch keine aktuellen Zahlen, es ist schon angesprochen worden –, wie die Teilzeitbeschäftigung ausschaut. Diese Zahlen werden wir erst bekommen, wenn es genug Daten gibt.

Ich bin recht optimistisch, dass sich unser Arbeitsmarkt, was Corona betrifft, so weit er­holt hat, dass wir uns hoffentlich, wenn es bei der Pandemiebekämpfung keine Rück­schläge gibt, nicht mehr damit beschäftigen müssen und uns dafür einsetzen können, dass in der Zukunft die Arbeitslosigkeit insgesamt sinkt, dass wir also nicht mehr mit unterschiedlichen Betroffenheiten kämpfen müssen. Das war tatsächlich einer jener Aspekte, die uns im Laufe des Frühjahrs Sorgen gemacht haben – das habe ich schon vorhin gesagt. – Danke.

Präsident Dr. Peter Raggl: Vielen Dank.

Wir gelangen zur 10. Anfrage, 1926/M-BR/2021. Ich bitte den Anfragesteller, Bundesrat Martin Preineder, um die Verlesung der Anfrage.