14.52

Bundesrat Mag. Christian Buchmann (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Bundeskanzler! Geschätzter Herr Vizekanzler! Liebe Mitglieder der Bundes­regierung! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Sie unseren Beratungen folgen! Ich möchte zuerst den neuen Mitgliedern der Bundesregierung ein herzliches Willkommen im österreichischen Bundesrat aus­sprechen.

Ich möchte Ihnen sagen, dass wir uns als das personifizierte Ländergewissen in der österreichischen Bundesgesetzgebung verstehen, dass wir immer auch einen gene­tischen Fußabdruck dieses Bundesrates nach außen abgegeben haben, indem wir uns als Zukunftskammer verstehen, die sich in Enqueten, in Fachdiskussionen mit der Entwicklung unseres Landes insbesondere aus Perspektive unserer Bundesländer und unserer Gemeinden auseinandersetzt – immerhin mehr als 2 000 Gemeinden in Öster­reich –, und dass wir uns immer auch als Europakammer verstanden haben, weil wir wissen, dass wir gerne in Österreich leben, dass sich unser Land – und die Menschen hier – in Gemeinden und Länder gliedert, dass wir aber Teil des gemeinsamen Europas sind und dass manche Entscheidungen, so sehr wir auch im Föderalismus verhaftet sind, auch übernational getroffen werden müssen.

So gesehen: Herzlich willkommen in diesem Parlament! Wir freuen uns auf den Aus­tausch mit den neuen Mitgliedern der Bundesregierung. Mit den bewährten Kräften hat er ohnedies über die letzten Jahre stattgefunden, und wir sind zuversichtlich, dass wir auch einen Beitrag leisten können.

Die heutige Regierungserklärung des Herrn Bundeskanzlers und des Herrn Vizekanzlers findet in Zeiten einer Pandemie statt, einer Pandemie, die nicht auf das österreichische Staatsgebiet begrenzt ist, sondern weltweit stattfindet – der Herr Bundeskanzler, der Herr Vizekanzler haben darauf hingewiesen –, einer Pandemie, die uns auch in den nächsten Jahren in der jeweils anfallenden Mutation weiter beschäftigen wird und die bei Weitem nicht von einem Tag auf den anderen gelöst sein wird.

Was erwarten sich die österreichischen Bürgerinnen und Bürger daher von einer Bun­desregierung? – Sie erwarten sich insbesondere eine handlungsfähige, eine handlungs­willige und eine handlungsbereite Bundesregierung, und das ist durch die Ausführungen der beiden genannten Herren auch so zum Ausdruck gekommen. Wichtige Themen wurden von Kanzler und Vizekanzler angesprochen.

Lieber Herr Bundeskanzler, auch wenn du aktuell kurz den Saal verlassen musstest – ich verstehe das, die Amtsgeschäfte eines Bundeskanzlers sind vielfältig, du hast darauf hingewiesen, dass sie in Österreich stattfinden, dass sie aber insbesondere auch auf europäischer Ebene stattfinden, wo es viele offene Fragen zu lösen gilt –, möchte ich festhalten, dass ich deine Ausführungen als sehr wohltuend empfunden habe, weil du dich als Brückenbauer verstehst – wir kennen uns seit geraumer Zeit – und weil du das Verbindende vor das Trennende stellst. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Ich habe es als sehr wohltuend empfunden, dass du in den ersten Tagen deiner Vor­sitzführung in der österreichischen Bundesregierung den Dialog intensiviert hast, den Dialog mit den Landeshauptleuten, mit allen neun Landeshauptleuten, den Dialog mit den Sozialpartnern, die ich und wir, glaube ich, alle immer sehr wertgeschätzt haben, den Dialog vor allem mit Expertinnen und Experten – die Koordination in dieser Krisen­situation erfordert jetzt ein besonderes Gremium – und auch den Dialog, der Herr Bundeskanzler hat es angesprochen, mit den Oppositionsführerinnen und dem Oppo­sitionsführer.

Ich glaube, dass das ein wichtiges Zeichen auch für die Menschen in unserem Lande ist, dass wir verstanden haben, dass diese Pandemie keine Pandemie einer Regierung ist, keine Pandemie einer Opposition ist, keine Pandemie einzelner Parteien oder ein­zelner gesellschaftlicher Gruppierungen ist, sondern eine gesamtgesellschaftliche welt­weite Pandemie ist, gegen die wir gemeinsam auftreten müssen. Ich habe die Ausfüh­rungen des Herrn Bundeskanzlers, aber auch des Herrn Vizekanzlers als sehr wert­schätzend empfunden. Sie kennen mein Credo, da ich aus der Wirtschaft komme: Diese Wertschätzung möge sich auch in Wertschöpfung äußern, denn dann gilt es den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Lande und auch den Wirtschaftstreibenden, wie immer sie ihre Tätigkeiten anlegen.

Was ist das Ziel der Bundesregierung in der Pandemiebekämpfung? – Es ist das Ziel, die Freiheitsgrade, die sich die Menschen verdienen, zurückzuerobern. Nur: Das kann die Bundesregierung, kann der österreichische Nationalrat, kann der österreichische Bundesrat nicht allein leisten. Dieses Ziel können wir nur gemeinsam erreichen, auch wenn es manchmal unterschiedliche Wege, manchmal unterschiedliche Maßnahmen gibt, die als zielführend erachtet werden. Ziel muss es sein, gemeinsam die Freiheits­grade zurückholen, und da werden manche Maßnahmen notwendig sein. Ob sie dann am Ende des Tages auch hinreichend sein werden, wird die Zukunft weisen. Im Rück­spiegel betrachtet ist vieles einfach zu analysieren; wenn man allerdings Entschei­dungen unter Risiko treffen muss, wird es auch Situationen geben, die im Rückspiegel betrachtet als nicht so zielführend erachtet werden, aber wichtig ist, im Moment der Entscheidung diese Entscheidungen auch tatsächlich zu treffen.

Es wurde heute angesprochen, dass viel Geld in die Pandemiebekämpfung investiert wurde, in den Arbeitsmarkt gleichermaßen wie in die Wirtschaft; wenn wir ehrlich sind, sehen wir, dass dieses Geld aber gut angelegt wurde. Die Ausführungen des General­sekretärs der OECD, der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwick­lung, von Montag bestärken, dass durch die raschen – Zitat – „Hilfsmaßnahmen der Regierung“ wichtige Schritte eingeleitet worden sind. Wenn wir für das heurige Jahr trotz der Krise eine sehr positive Wirtschaftsentwicklung vor Augen haben und – unabhängig davon, wie sich die Omikronvariante noch entwickeln wird – auch für 2022 von der OECD ein Wirtschaftswachstum von rund 4,9 Prozent prognostiziert wird, sollte es uns Hoffnung geben, dass wir diese Pandemie gemeinsam – auch wirtschaftlich – über­win­den können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Pandemie – das ist so – schürt in der Bevölkerung große Ängste. Wir alle spüren das im Kontakt mit Menschen, wir spüren das auch im Kontakt innerhalb der Familien. Es geht zum Teil ein Riss durch die Familien, zwischen Geimpften und Ungeimpften. Es wird dies zu einer großen Frage, nahezu einer religiö­sen Frage hochstilisiert. Ich glaube, wir sollten uns ein bisschen zurücknehmen und auf den Boden der Tatsachen zurückkehren, faktenorientiert diskutieren (Beifall bei ÖVP und FPÖ) und gemeinsam die richtigen Entscheidungen treffen.

Der Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis ist, dass die Impfung ein wesentliches Instrument ist, und es gilt, uns aus dieser Pandemie zu impfen – das wird von manchen anders gesehen. Ich glaube, alle gemeinsam sollten alles tun, damit wir positive Wir­kungen erzeugen. Es gilt, diese Spaltung, die wir alle in unserer Gesellschaft spüren, zu vermeiden, und dazu kann jede und jeder von uns auch hier im Hohen Haus seinen Beitrag leisten.

Der Herr Bundeskanzler hat wichtige Punkte angesprochen, die sich auch zu einem guten Teil in der Regierungsvereinbarung dieser Koalition wiederfinden. Ich gehe nicht im Detail darauf ein, sondern verweise nur beim Thema Europa darauf, dass ich mich als Vorsitzender des EU-Ausschusses dieses Hauses sehr gefreut habe, dass er sich selbst als einen glühenden Europäer bezeichnet hat und dass er eine Rolle Österreichs in der Europäischen Union fortsetzen will – das haben seine beiden Vorgänger als Bun­deskanzler ebenso getan –, und ich appelliere an die gesamte Bundesregierung, einen wichtigen Punkt, den wir als österreichischer Bundesrat immer vertreten haben, den aber auch die österreichische Bundesregierung vertreten hat, zu beherzigen und auch in einer Pandemie besonderes Augenmerk auf den Westbalkan zu legen. Es wird für uns essenziell sein, dass wir die Entwicklungen in Bosnien und Herzegowina vor Augen haben und dass wir in Ländern des westlichen Balkans auch Signale setzen, was eine Annäherung an die Europäische Union bis hin zum Beitritt zur Europäischen Union bedeutet, weil wir sonst in dieser Region wie in anderen Regionen auf große Wider­stände stoßen werden, und das sollten wir uns, glaube ich, im gemeinsamen Interesse ersparen.

Ich möchte den ausgeschiedenen Mitgliedern der österreichischen Bundesregierung Danke sagen: Sebastian Kurz, Gernot Blümel, Heinz Faßmann, Michael Linhart und insbesondere Alexander Schallenberg, der heute aus gesundheitlichen Gründen nicht hier sein kann. Gerade er hat in einer sehr schwierigen Situation seinen Beitrag für Österreich geleistet, und dafür gehört ihm auch Respekt gezollt. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Lackner.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben neue Mitglieder in der österreichischen Bun­desregierung, und weil er links von mir – vom Rednerpult aus gesehen – sitzt, möchte ich mit Magnus Brunner beginnen. Es wurde schon gesagt, dass er ein Kind dieses Hauses ist, dass er betreffend das politische Leben im österreichischen Bundesrat sozi­alisiert wurde. (Heiterkeit der Bundesrätin Zwazl.) Was dich aber ganz besonders aus­zeichnet, Magnus, ist aus meiner Sicht, dass du mit einem großen Landeshauptmann sehr eng zusammengearbeitet hast, den ich als Landesfinanzreferent meines Heimat­bundeslandes, der Steiermark, sehr gut kennengelernt habe, nämlich Herbert Sausgruber, und du weißt daher, dass jeder Euro, der erwirtschaftet wird, zweimal umgedreht werden muss, bevor er einmal ausgegeben werden kann. Das gibt Mut und Hoffnung für die Umsetzung der ökosozialen Steuerreform, die ein großer Brocken der Regierungsarbeit sein wird. Dafür wünsche ich dir eine ganz besonders gute Hand angesichts der Tatsache, dass – wie es aussieht und wie es auch die Europäische Zentralbank heute publiziert hat – die inflationären Entwicklungen jetzt doch etwas länger anhalten werden als ursprünglich erhofft.

Präsident Dr. Peter Raggl: Bundesrat Christian Buchmann, darf ich auch dich auf die freiwillige Redezeitbeschränkung hinweisen? – Du bist auch schon eineinhalb Minuten drüber.

Bundesrat Mag. Christian Buchmann (fortsetzend): Ja, danke vielmals! Ich halte es mit Kollegen Steiner und strapaziere das heute auch (Beifall bei der FPÖ – Bundesrat Steiner: Bravo!), bin aber gleich fertig, Herr Präsident.

Ich möchte sagen, dass ich mich sehr freue, dass Martin Polaschek - - (Bundesrat Steiner: ... nie wieder! Nie wieder! – Bundesrätin Steiner-Wieser: ... nur 14 Minuten geredet!) Das bitte nicht auf meine Redezeit anzurechnen, was Kollege Steiner da immer an Zeit konsumiert! (Bundesrat Steiner: ... Protokoll!) Ich möchte Martin Polaschek sehr herzlich zu seiner Aufgabe im Bildungsministerium gratulieren. Ich freue mich sehr, dass er diese Aufgabe übernommen hat – nicht nur weil er Steirer ist, sondern weil Steirer den genetischen Code des Erzherzogs Johann in sich tragen, nämlich Innovation aus Tradition, und daher wirst du auch auf das Thema der Innovation und auf die hohen Schulen nicht vergessen.

Dass Innenminister Gerhard Karner für Stabilität sorgen muss und dass für diese Sta­bilität die innere Sicherheit ein wesentlicher Baustein ist, liegt auf der Hand – eine gute Hand dafür und alles Gute auch dir.

Claudia Plakolm möchte ich nur Folgendes sagen: Liebe Claudia, du kommst aus der Jungen ÖVP – manche von uns hier in diesem Raum kommen auch aus dieser Orga­nisation. (Heiterkeit des Bundesrates Himmer.) Das ist keine ganz schlechte Vorschule für ein hohes politisches Amt (Bundesrat Steiner: Kann man von Sebastian Kurz auch ...!), und du wirst es als Staatssekretärin sehr, sehr gut machen. Insbesondere bitte ich dich, auch einen Blick auf die Konferenz zur Zukunft Europas zu werfen, in der gerade junge Leute eine wichtige Rolle spielen sollen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich komme zum Schluss: Die Fraktion der Österreichi­schen Volkspartei als die größte Fraktion hier im Hause (Bundesrat Steiner: Noch! – Bundesrätin Steiner-Wieser: Noch! Noch!) wird die Ziele - - (Ruf bei der FPÖ: Wie lange?) – Na ja, immerhin zweieinhalb Mal so groß wie ihr, mit immerhin 1 300 Bür­germeistern ein unzähliges Mal mehr, als es meines Wissens freiheitliche Bürgermeister im Lande gibt.

Also, liebe Kolleginnen und Kollegen, die größte Fraktion hier im Haus wird die öster­reichische Bundesregierung – Herrn Bundeskanzler Nehammer, Herrn Vizekanzler Kogler und alle Mitglieder der Bundesregierung – gerne weiter unterstützen. (Bundesrat Steiner: Was soll sie denn sonst machen?) Mögen alle Ziele, die Sie sich gesetzt haben, umge­setzt werden! Wir werden unseren Beitrag leisten. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP sowie Bravoruf des Bundesrates Himmer.)

15.06

Präsident Dr. Peter Raggl: Zu Wort gemeldet ist Bundesrat Günter Kovacs. Ich erteile ihm dieses.