Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 4. Sitzung / Seite 56

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Eine weitere Belastung für den Arbeitsmarkt werden auch die Rationalisierungsmaßnahmen im Bereich der österreichischen Banken bringen. So werden in den nächsten Jahren im Bankenbereich 15 bis 20 Prozent der rund 70 000 Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz verlieren.

Die österreichische Wirtschaft ist durch Insolvenzrekorde und durch Rekordarbeitslosigkeit gekennzeichnet. Da es die erklärte Absicht der derzeitigen Bundesregierung ist, die Konvergenzkriterien auf Biegen und Brechen zu erfüllen, muß auch in Zukunft mit weiteren Pleiterekorden gerechnet werden.

Aus gesellschaftspolitischen Überlegungen sind jedoch weder Insolvenzrekorde noch die damit einhergehende Rekordarbeitslosigkeit für uns tragbar. Die österreichische Bundesregierung war bisher nicht willens, durch entsprechende Maßnahmen, die wir immer wieder eingefordert haben, für eine Verbesserung der angespannten wirtschaftlichen Lage zu sorgen. Auch von Ihrer wirtschaftspolitischen Koordinierungskompetenz, Herr Bundeskanzler, war bisher kaum etwas bemerkbar. Es ist offensichtlich, daß Sie sich, Herr Bundeskanzler, dieser Koordinierungskompetenz gar nicht bewußt sind. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.24

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zur Beantwortung dieser Anfrage hat sich nunmehr der Herr Bundeskanzler zu Wort gemeldet. – Herr Bundeskanzler, ich bitte Sie, die an Sie gestellten Fragen zu beantworten.

19.24

Bundeskanzler Dkfm. Dr. Franz Vranitzky: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich beantworte die an mich gestellten Fragen folgendermaßen:

Zur Frage 1:

Ich habe, seit ich Bundeskanzler bin, immer von meiner wirtschaftspolitischen Koordinierungskompetenz Gebrauch gemacht. Wenn Österreich heute nach allen Statistiken das drittreichste Land der Union ist, wenn wir die geringsten Preissteigerungsraten seit Jahren haben und wenn sich unsere Arbeitslosenrate – trotz verschärfter Bedingungen – im internationalen Vergleich relativ günstig ausnimmt, dann ist das, so meine ich, sicher das Verdienst der Arbeit und des Fleißes der Österreicherinnen und Österreicher. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wenn die Anfragesteller aber meinen, daß die Koordinierungskompetenz des Bundeskanzlers ein wichtiger Faktor in der Wirtschaftspolitik ist, dann werde ich sie nicht daran hindern. (Beifall bei der SPÖ.)

Zu den Fragen 2 bis 5:

Damit die Beschäftigungslage in Österreich weiterhin so günstig bleibt wie bisher und damit die Prognosen, die eine höhere Arbeitslosenrate erwarten lassen, nicht wahr werden, wird die Bundesregierung neue Beschäftigungsimpulse setzen. Zwei meiner Kabinettskollegen haben heute ausführlich darüber berichtet und dazu Stellung genommen.

Bei der von mir initiierten Aktion "Arbeit für alle" handelt es sich um budgetschonende Maßnahmen, die erstens neue Arbeitsplätze schaffen sollen und zweitens zu mehr registrierter Arbeit und weniger Schwarzarbeit führen werden. Weiters soll eine gerechtere Verteilung der Arbeit zu einer höheren Beschäftigtenzahl führen.

Meine Damen und Herren! Wir werden die nächste Etappe einer Exportoffensive starten und wollen das Exportvolumen bis zum Jahr 2000, also in dieser Gesetzgebungsperiode, um 100 Milliarden Schilling erhöhen. Damit könnten 50 000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Ich füge gleich hinzu, daß wir auch einen Rückstand aufzuholen haben. Wir exportieren zurzeit ungefähr 22 Prozent unseres Bruttoinlandsproduktes. Das ist ein – im internationalen Vergleich – für ein hochentwickeltes Industrieland zu niedriger Prozentsatz. Mit diesen 100 Milliarden plus sollte es gelingen, auf ungefähr 25 Prozent zu kommen.


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