Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 5. Sitzung / Seite 78

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

16.06

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Österreich ist in den letzten Jahrzehnten nicht nur eine der führenden Industrie- und Wirtschaftsnationen geworden, sondern wohl auch unbestreitbar zu einem der bewußtesten Staaten Europas in ökologischer Hinsicht.

Wir haben in einem langen und nicht ganz schmerzfreien Prozeß gelernt, nicht nur wirtschaftlich, sondern auch ökologisch bewußt zu handeln. Es bekennen sich Bund, Länder und Gemeinden – im Sinne des bereits 1984 beschlossenen Bundesverfassungsgesetzes über den umfassenden Umweltschutz – zur Wahrung der natürlichen Umwelt als Grundlage des Menschen sowie zum Schutz dieser Umwelt vor schädlichen Einwirkungen.

Meine Damen und Herren! Wir müssen uns aber dessen bewußt sein, daß uns die Wähler nicht nur an den Bekenntnissen, sondern insbesondere auch an den konkreten Entscheidungen messen werden. Wir dürfen uns nicht der Illusion hingeben, daß durch dieses Erkennen ökologischer Auswirkungen allein schon und quasi automatisch das Spannungsverhältnis – das nahezu zwingende Spannungsverhältnis – zwischen wirtschaftlichem Handeln auf der einen Seite und ökologisch verantwortbarem Handeln auf der anderen Seite bei allen politischen und administrativen Entscheidungen bereits beseitigt worden ist. – Ganz im Gegenteil: Wie alle großen Ziele muß auch die gelebte Harmonie von Ökologie und Ökonomie in der Politik Aufgabe ständiger Bemühung sein, um aus dem Bekenntnis im Sinne des Verfassungsgerichtshofes eine effektive, erlebte Realität zu machen.

Die jüngsten Tage haben am Beispiel eines Kraftwerkbaues bewiesen, daß auch mehr als zehn Jahre nach Hainburg dieses Spannungsverhältnis – und mag dieses Kraftwerk auch sehr klein sein – zu heftigen, sehr emotionalen und sehr kontroversiellen Auseinandersetzungen führen kann.

Lassen Sie mich daher dazu aus meiner Sicht feststellen, daß gerade in Österreich, das sich ja 1978 gegen die Nutzung der Kernenergie ausgesprochen hat, ein Bekenntnis zur Wasserkraft notwendig ist. Sie ist gerade, unseren natürlichen Lebensverhältnissen in Österreich entsprechend, die prädestinierte erneuerbare Energie, und es darf nicht nur bei diesen grundsätzlichen Bekenntnissen bleiben, sondern diese sind auch umzusetzen; umzusetzen in der Erneuerung bestehender, aber auch im Bau neuer Kraftwerke zur Nutzung der Wasserenergie.

Namens meiner Fraktion darf ich mich vorbehaltlos zum Bau von Wasserkraftwerken und zur Nutzung der Wasserkraft bekennen.

Meine Damen und Herren! Dieses Bekenntnis steht aber nicht im Widerspruch zu gelebtem Umweltschutz und zur Akzeptanz der Nutzung von Wasserkraft. Das Kraftwerk Freudenau beweist dies: In hohem Maße – zu mehr als 75 Prozent – von der Wiener Bevölkerung akzeptiert, wird dieses Kraftwerk dieser Tage gebaut, und es ist das ein Beweis dafür, daß nicht nur eine Harmonie zwischen Ökologie und Ökonomie stattfinden, sondern daß es auch zu einer entsprechenden Akzeptanz in der Bevölkerung kommen kann.

Daß diese Akzeptanz beim Kraftwerk Lambach nicht besteht, ist für mich eine sehr betrübliche Facette dieser öffentlichen Diskussion. Ich habe zumindest den Eindruck, daß die in Oberösterreich zur Handlung berufenen politischen und administrativen Instanzen um diesen Konsens nicht in notwendigem Maße bemüht sind. Gerade in einer auf Konsens orientierten Demokratie wie jener Österreichs sind wir darauf angewiesen, daß dieser Konsens ständig von neuem gesucht wird, im Sinne der Glaubwürdigkeit der Politik, aber auch der Umsetzbarkeit solcher Projekte.

Meine Damen und Herren! Dieses Bemühen ist nicht zuletzt deswegen einzufordern, weil die Rechtsstaatlichkeit in einem Staat wie dem unseren nicht nur an der formalen Richtigkeit von Verfahren gemessen werden darf, sondern auch an der Nachvollziehbarkeit der Entscheidung. Dazu habe ich meinerseits schon erklärt, daß es einen sehr großen, einen sehr wesentlichen Wermutstropfen, was die Akzeptanz anlangt, gibt.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite