Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 5. Sitzung / Seite 90

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Wir sehen im § 209 nämlich nicht primär die Diskriminierung von Homosexuellen, sondern primär den Schutz von männlichen Jugendlichen unter 18 Jahren. Und dieser Schutz rechtfertigt die Beibehaltung des § 209, um die sexuelle Identität der Jugendlichen nicht durch negative Erlebnisse zu prägen. (Beifall bei der ÖVP.)

Es gibt derzeit ein unterschiedliches gesetzliches Schutzalter für Mädchen und Burschen. Ich möchte nicht verhehlen, daß meiner persönlichen Meinung nach das Schutzalter für Mädchen mit 14 Jahren zu gering ist. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.) G erade diesem geringen Schutzalter, Frau Dr. Schmidt, wurde in der Diskussion viel zuwenig Raum gegeben. Daher glauben wir, daß es noch Zeit braucht, bis all diese Dinge wirklich ausdiskutiert sind. Es ist nämlich nicht alles völlig klar, wie Sie hier gemeint haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Um dieser Diskussion noch Raum zu geben, um noch Beratungen durchführen zu können, sind wir für einen anderen Vorschlag, nämlich, daß diese Thematik bis spätestens 1. November 1996 abgewickelt werden soll. Einen diesbezüglichen Antrag haben wir eingebracht; er wird in der Zuweisungssitzung zugewiesen werden. (Beifall bei der ÖVP.)

17.07

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte, Frau Abgeordnete, Sie haben das Wort.

17.07

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bevor Frau Dr. Fekter hier gesprochen hat, habe ich mir eigentlich überlegt, dem Fristsetzungsantrag, der in der nächsten Sitzung von SPÖ und ÖVP eingebracht wird, zuzustimmen. Diese meine Meinung habe ich nach diesen Worten der Vorsitzenden des Justizausschusses radikal ändern müssen.

Wenn man da sitzt und zuhört, kommt es einem so vor, als wäre man gerade am Ende der fünfziger Jahre – was heißt fünfziger Jahre? Die dreißiger und vierziger Jahre waren fortschrittlicher als das, was die, wie ich glaube, um nichts ältere Frau Dr. Fekter hier gesagt hat; nicht älter als ich, meine ich.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn hier wirklich jemand der Auffassung ist, daß es ein sinnvoller Weg ist, menschenrechtswidrige Bestimmungen in Österreich zu diskutieren, indem man die Absicht hegt – und das muß ich ja Ihren Worten leider entnehmen –, Liebe zu kriminalisieren, nämlich solche, die zwischen heterosexuellen Menschen zwischen 14 und 16 "passiert", die noch nicht strafbar ist oder in Österreich nicht strafbar war, dann schwant mir ja ganz Böses.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich weiß nicht, was sich die SPÖ denkt. Da hat sich ja noch kein Redner oder keine Rednerin zu Wort gemeldet. (Abg. Dr. Fuhrmann: Ich bin schon eingetragen!) Ah, der Herr Dr. Fuhrmann wird das dann sagen!

Auf welchen grünen Zweig wollen Sie denn eigentlich kommen? Wollen Sie tatsächlich das Schutzalter, das sogenannte Schutzalter, auf 16 Jahre hinaufheben? Wollen Sie tatsächlich, daß man in Österreich mit 16 heiraten darf und gleichzeitig das Recht hat, erste sexuelle Erfahrungen zu machen? (Zwischenruf bei der ÖVP.) Seien Sie mir nicht böse, aber das ist ja geradezu abartig! (Beifall bei den Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich beschäftige mich vom ersten Tag an, seit ich dem Nationalrat angehöre, mit diesem so unrühmlichen Paragraphen. Und jedes Mal – seit ich Delegierte der Parlamentarischen Versammlung des Europarates bin – spricht mich dort ein Kollege oder eine Kollegin aus einem anderen Land diesbezüglich an; – und ich geniere mich deshalb für Österreich, denn, meine sehr geehrten Damen und Herren, Paragraphen dieser Art existieren nur mehr in Staaten wie beispielsweise der Türkei und Zypern. Und diese Staaten sind doch, was ihre sexualmoralischen Vorstellungen angeht, sicherlich nicht ein Normmaß für Österreich. Oder wollen Sie das etwa?


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite