Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 8. Sitzung / Seite 75

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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich werde mir von den 20 Minuten Redezeit noch ein paar Minuten aufheben, um möglicherweise später noch reagieren zu können. Ich möchte aber diese Rede schon auch, weil es um die Förderung der Kunst geht, dafür benützen, an die Adresse des Herrn Bundeskanzlers, der zwar nicht zugegen ist, einige Worte zu richten hinsichtlich dessen, was sich der Herr Bundeskanzler bei den Trauerfeierlichkeiten anläßlich der Bestattung des Schauspielers Josef Meinrad geleistet hat, und zwar die Auslassungen gegen die FPÖ und gegen Jörg Haider. Es ist einfach unwürdig, pietätlos und taktlos, Herr Kollege Cap, eine Trauerfeierlichkeit für parteipolitische Agitation zu mißbrauchen. Das ist ein Tiefpunkt in den Auslassungen der SPÖ gegenüber der FPÖ. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber diese Geisteshaltung ist auch dem Herrn Bundesminister nicht fremd. Ich denke an seine Auslassungen gegen die Freiheitlichen bei den Salzburger Festspielen. Ich habe allerdings freudig festgestellt, daß sich der Applaus sehr in Grenzen gehalten hat. (Abg. Öllinger: Aber Ihrer jetzt auch!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich komme zum Schluß. Ich glaube, die Beispiele zeigen doch sehr eindrucksvoll, daß die sozialdemokratische Fraktion vom Grundsatz der Unverzichtbarkeit des Kulturressorts als Ideologieressort ausgeht. Wenn Sie jetzt wieder sagen, das ist eine Unterstellung, dann sage ich Ihnen: Nein, es ist die Wahrheit. Frau Dr. Ursula Pasterk, Kulturstadträtin von Wien, hat davon gesprochen, daß das Kulturressort ein unverzichtbares Ideologieressort ist, über das man, so hat sie sich wortwörtlich ausgedrückt, gewisse Dinge transportieren kann.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ihnen von der SPÖ geht es nicht um eine Förderung der Künstler, Ihnen geht es in erster Linie darum, daß Sie Ihre Ideologie via Künstler entsprechend transportieren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.58

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Cap. – Bitte, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

14.58

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Mir ist irgendwie nicht ganz klar, was eigentlich die Botschaft des Vorredners war, der sich selbst Kultursprecher der FPÖ nennt. (Abg. Öllinger: Welche Botschaft?) Wir wollten uns doch hier zusammenfinden, um über den Kunstbericht eine sehr analytische und tiefgreifende Diskussion zu führen. Er hat eher eine Selbstdarstellung seiner eigenen Psychostruktur geleistet und offensichtlich auch des aktuellen Kulturverständnisses, das die FPÖ-Fraktion im Moment hier im Haus repräsentiert.

Wenn man sich allein die Wortwahl ansieht, muß man sagen: Es war kein Beitrag zu einer wirklich gedeihlichen Debatte. Wissen Sie überhaupt, was Stalinismus ist? (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder wollen Sie uns eine gewisse Halbbildung mitteilen, oder Sie sind nicht imstande, einzuschätzen, was dieser Vorwurf stalinistisches Förderungsmodell bedeutet. Sie wissen, daß dieses System Millionen Tote zu verantworten hat. Wie können Sie eigentlich hier herausgehen und ein Förderungsmodell in einer demokratischen Republik als stalinistisches Förderungsmodell bezeichnen? (Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Es ist jedenfalls ein Riesenskandal, daß Sie so weit heruntersteigen und mit dieser Begrifflichkeit hier arbeiten. (Beifall bei der SPÖ.)

Es geht hier im wesentlichen um die prinzipielle Debatte, wie man einer innovativen Kunst und Kultur gegenübersteht. Es geht um die prinzipielle Diskussion, ob man die Akzeptanzprobleme, die es in bezug auf die zeitgenössische Kunst gibt, für die Zwecke ausnützt, die Sie hier immer wieder darstellen, oder ob man bereit ist, einem liberalen Gesellschaftsmodell Rechnung zu tragen und aus einer prinzipiellen Überlegung heraus zeitgenössische Kunst zu unterstützen.

Dazu sind Sie nicht willens, dazu sind Sie nicht imstande. Für Sie ist alles, was Innovation ist, schon verdächtig, denn Sie unterstellen, daß das so etwas wie ein Staatskünstlertum ist: je mehr Förderung, desto mehr Staatskünstler. Das sei ohnehin ein totalitäres System, das es zu


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