Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 8. Sitzung / Seite 84

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Ergebnis, daß wir in den Künstlern eine Gruppe von, wie gesagt, rückgratlosen, kompromißhaften, de facto korrupten Menschen vor uns haben. Das leugne ich auf das vehementeste.

Wenn es so wäre – und es ist nun einmal Gott sei Dank alles andere als so –, daß all diese Haltungen auch tatsächlich vor diesem Hintergrund stattfinden, den Sie beschreiben, dann könnten wir uns wahrscheinlich auf einen einfachen Punkt einigen – in diesem Punkt werden wir uns wahrscheinlich tatsächlich finden –: Wenn Herr Zinggl und Frau Jelinek und Herr Pakesch Strukturen in diesem Lande kritisieren, inklusive der öffentlichen Kunstfinanzierung, so respektiere ich das, so setze ich mich damit auseinander und würde nie und nimmer auch nur im geringsten auf die Idee kommen, daß das irgendeinen Einfluß auf ihren de facto bestehenden Anspruch auf Anerkennung und damit auch auf Honorierung und damit auch auf Geld bedeutet. Es wird wohl niemand auch nur im Ansatz einen Fall finden können, wo irgend jemand, wie beispielsweise die Genannten – den Herrn Pakesch betrifft es im Moment nicht, weil er in der Schweiz tätig ist, aber nehmen wir den Herrn Zinggl und die Frau Jelinek her –, das öffentliche Kunstfinanzierungssystem kritisiert hätte und ich auf die Idee gekommen wäre zu sagen: Na ja, dann ist es aber eigentlich auch arg, wenn die Geld bekommen.

Wenn hingegen oberösterreichische Kulturinitiativen die FPÖ kritisieren, werden sie zum Stammgast jeder Kulturdebatte und zum Paradefall dessen, was man zu verhindern hat. Wenn im Wahlkampf Künstler Partei nehmen und sich öffentlich äußern, dann ist das sozusagen die mitgedachte Korruption. Wenn Künstler im Rahmen von öffentlich-rechtlichen Einrichtungen – ich weiß gar nicht, ob der Herr Dor im Kuratorium sitzt, aber vielleicht stimmt es sogar – tätig sind, verlieren sie jeden Anspruch auf Respekt, weil sie sozusagen die Inkarnation der Unvereinbarkeit sind und so weiter und so fort.

Ich glaube, daß da wirklich zwei ganz grundsätzliche Standpunkte, die man beide verstehen kann – ich bin fanatischer Anhänger des einen Systems –, einander gegenüberstehen. Der eine Standpunkt heißt: Kritik muß nicht nur möglich sein, sondern darf nicht pönalisiert werden. Und das zweite System heißt: Wenn sich jemand kritisch äußert, dann soll er wenigstens jeden Anspruch auf Geld verlieren. Das sei sozusagen die geringste Form der Pönalisierung, die man ansetzen sollte, wenn schon nicht gar härtere.

Ich stehe nun einmal für ein System der Offenheit. In diesem Punkt muß ich kritisieren: Ich weiß jetzt leider nicht mehr, wer es gesagt hat, aber es fiel das Zitat, ich hätte gesagt, daß nur Tabuverletzungen Sinn machen. Ich habe hier wortwörtlich gesagt: Tabuverletzungen sind eine Herausforderung, die von der Gesellschaft angenommen werden muß. – Also ich bitte schon, mir zumindest ein geringes Maß an Verstehen zuzubilligen. So ganz in den Bereich des Blödsinnigen wage ich mich auch nicht vor.

Es stehen, wie gesagt, zwei Systeme einander gegenüber: das System des Respektes und das System der De-facto-Verachtung. Ich glaube, daß man sich auf diesen Punkt auch sozusagen als Trennlinie dieser Debatte wird einigen können.

Ich möchte ganz kurz noch auf ein paar andere Punkte eingehen, soweit das in der Geschwindigkeit hier möglich ist.

Ich bin sehr froh, daß wir über steuerliche Möglichkeiten, Kunstschaffen zu fördern, debattieren. Ich bin selbst jemand, der häufig darüber klagt, daß der privatwirtschaftliche Markt in vielen Sparten zu wenig ausgebildet ist. Ich habe kleine Zweifel, daß durch steuerliche Fördermaßnahmen dieser Markt herstellbar ist, weil ich mir von der Motivlage des einzelnen nicht ganz vorstellen kann, daß jemand sagt: Ich würde mich ja für Kunst interessieren und auch Geld dafür ausgeben, da ich es aber von der Steuer nicht absetzen kann, mache ich es nicht. Möglicherweise macht er es weniger. Aber im Prinzip bin ich schon sehr froh darüber, daß wir diese Debatte führen und auch intensivieren. Zugegeben: Es ist im Moment vermutlich nicht gerade die beste Zeit, steuerliche Begünstigungen zu verhandeln. Aber wir sollten diesen Punkt nicht aus den Augen verlieren. Also die Förderung des privaten Marktes ist eine Maßnahme, die mir durchaus wichtig ist.

Ein Fördermonopol des Bundes gibt es nun nachweisbar überhaupt nicht. Es haben Gott sei Dank im Laufe der Zeit die Bundesländer – auch die Stadt Wien, alle österreichischen


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