Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 10. Sitzung / Seite 128

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können , sondern es muß treffen oder darf nicht treffen. Man darf aber nicht sagen: Es könnte jeden treffen.

Wir glauben daher, daß eine Wertung nicht möglich sein darf. Auch Herr Wabl hat sich darauf bezogen, indem er gesagt hat: Sie nehmen sich heraus zu werten, ob es sich um eine Beleidigung handelt oder nicht. Wir sind nicht dieser Meinung. Wir glauben, daß man das Gesetz ändern muß, und wir haben einen entsprechenden Antrag eingebracht, damit dieser Spielraum und diese Interpretation – heute ist es Haider, leider nicht Peter, morgen ist es ein anderer – nicht möglich ist.

Über folgendes, meine Damen und Herren, werden wir uns doch im klaren sein: Es kann ein Parlament – wie immer es zusammengesetzt ist – in dieser Frage keinen Ermessensspielraum haben. Im Hinblick auf Delikte gegen die Ehre ist dieses bestehende Gesetz obsolet. Ich hoffe daher, daß die Partei, die ja für eine Aufhebung der Immunität im ganzen plädiert, wenigstens diesen einen kleinen Schritt mit uns gehen kann und unserem Antrag zustimmen wird. – Ich danke Ihnen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

23.45

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte, Sie haben das Wort.

23.45

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Dr. Haselsteiner, Sie können wahrlich noch nie einen Prozeß gegen eine große Baufirma geführt und noch nie etwas in Ausübung Ihres freien Mandates aufgedeckt haben. (Abg. Dr. Haselsteiner: Das ist ein anderes Delikt!) Denn Sie haben offensichtlich nicht verstanden, daß die Grünen – Kollege Wabl hat das vorhin sehr lang und deutlich erklärt – folgendes ganz gewiß wollen: Wir wollen in diesem Haus eine Diskussion über die Immunität, über das Immunitätsgesetz und über dessen die Zweckmäßigkeit und über eine Weiterentwicklung der betreffenden Bestimmungen führen. Denn, meine sehr geehrten Damen und Herren – das haben vorher schon einige festgestellt –, die historischen Grundlagen haben sich wesentlich geändert.

Ich habe bei meiner Vorbereitung auf diese Debatte einen interessanten, nur kurzen Artikel von Professor Welan schon aus dem Jahre 1988 im "Kurier" gefunden, in dem er unter dem Titel "Außerberufliche Immunität ist überholt, und berufliche Immunität gehört überholt" ein kurzes Plädoyer für ein Überdenken der Immunität gehalten hat. Er hat davon gesprochen, welchen Wert die Immunität für einen Abgeordneten und eine Abgeordnete heute darstellt. Er ließ dabei den Gesichtspunkt nicht außer acht, daß es ja auch einen Wandel der Gesellschaft und des Parlaments gegeben hat, weshalb dieses Gesetz diskutiert werden muß, weshalb es einer Modernisierung bedarf.

Kein Grüner hat je gesagt – auch nicht in der letzten Legislaturperiode bei ähnlichen Diskussionen –, daß alles so bleiben solle, wie es ist, nichts reformbedürftig sei.

Ich glaube, daß vor allem der Grundsatz des freien Mandates von allen im Hohen Haus unbestritten sein sollte. Nach meinem Verständnis ergänzt die berufliche Immunität den Grundsatz des freien Mandates. Die Diskussion heute hat ja ganz deutlich gezeigt, daß Opposition und Regierung in diesem Punkt unterschiedliche Sichtweisen haben. Kollege Harald Ofner hat mit seinen Worten am für mich eindrucksvollsten zu zeigen versucht, was es bedeutet, wenn man als Abgeordneter der Opposition einer Situation ausgesetzt ist, in der man nicht das allgemeine Recht auf umfassende Informationen wie Mitglieder der Regierungs- beziehungsweise der Mehrheitsfraktionen hat, wenn es zum Beispiel darum geht, das zu tun, was unsere Pflicht ist, nämlich die Verwaltung zu kontrollieren. – Versuchen wir diese Pflicht dennoch wahrzunehmen, gibt es flugs eine Klage wegen Kreditschädigung!

Andreas Wabl hat das anhand seines Beispiels vorher ganz deutlich gezeigt: Wenn ein Stärkerer – ein Goliath – gegenüber einem Abgeordneten die Wahl zwischen einem zivilrechtlichen und einem strafrechtlichen Vorgehen hat, wählt er logischerweise allemal das zivilrechtliche Vor


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