Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 11. Sitzung / Seite 54

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1 000 Arbeitende gefallen sind, 2030 werden es 760 Pensionisten sein, die von 1 000 arbeitenden Menschen erhalten werden müssen. Und angesichts dessen sagt der Minister: Es wird schon gehen, man braucht überhaupt keine tiefgreifenden Reformen zu machen.

Herr Bundeskanzler! Sie haben gestern gesagt: Legen Sie Konzepte vor, wir sind bereit, mit Ihnen zu reden. Wir haben im Jahr 1985 ein Pensionskonzept vorgelegt, und zwar eines, das jenem ähnlich ist, das schon die meisten OECD-Staaten haben, das ein zukunftsorientiertes Modell ist. – Wir haben gesagt, mit einer Vorlaufzeit von 20 Jahren könnte man die ärgsten Härten überwinden. Sie sind nicht darauf eingegangen, obwohl Sie angeblich eine solch große Gesprächsbereitschaft haben. (Abg. Dr. Feurstein: Ein schlechtes Pensionskonzept!) Wir hätten mittlerweile schon elf Jahre dieser Vorlaufzeit abgesessen und hätten jetzt die Chance, in neun Jahren ein Pensionssystem zu haben, das auch die zukünftige arbeitende Bevölkerung in die Lage versetzt, in den Genuß einer Pension zu kommen. Heute müssen die Jugendlichen Angst haben, daß sie keine Pension mehr erhalten.

Wir stehen jetzt vor der Unfinanzierbarkeit dieses Pensionsrechtes. Das, glaube ich, müssen wir uns eingestehen. Sie reden in Ihren Regierungsprogrammen, Herr Bundeskanzler, immer nur von einer ambitionierten Politik, von Zukunftslösungen, von Sanierungsmaßnahmen (Abg. Dietachmayr: Richtig!), tatsächlich aber "wassern" Sie immer nur in den alten Spuren dahin und haben überhaupt keinen Erneuerungswillen. (Zwischenruf des Abg. Dietachmayr. )

Jedes Umdenken ist für Sie ein Schreckwort, und leider, Herr Bundeskanzler, fehlt Ihnen auch die Kraft, hier entscheidend durchzugreifen, und leider – das hat sich jetzt herausgestellt – haben Sie nicht einmal das Talent, die richtigen Minister an die richtige Stelle zu setzen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Eines möchte ich Ihnen auch noch sagen: Mich hat wirklich sehr erschüttert, daß in der gesamten Regierungserklärung das Wort "Behinderte" überhaupt nicht vorkommt. Sie wissen ganz genau, daß die Behinderten aufgrund des Sparpaketes enorm verunsichert sind. Immerhin schröpfen Sie die Behinderten mit 4 Milliarden Schilling, und Sie finden es nicht einmal der Mühe wert, ein Wort zu ihnen zu sagen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Im vorigen Regierungsprogramm haben Sie sich noch damit gebrüstet, daß Sie die Pflegevorsorge eingeführt haben – eine Jahrhundertleistung. Jetzt kürzen Sie sie, und andere Verpflichtungen werden für die Behinderten eingeführt – alles mit dem Verweis darauf, daß sie die Pflegevorsorge haben. Diese wird einmal kassiert, aber zehnmal auf verschiedenste Leistungen angerechnet. Nein, meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist wirklich kein Programm, das wir mitunterschreiben können! Das ist ein Programm, bei dem die sozial Schwachen unter die Räder kommen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.45

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet hat sich nunmehr Herr Bundeskanzler Dr. Vranitzky. – Herr Bundeskanzler, Sie haben das Wort.

12.45

Bundeskanzler Dkfm. Dr. Franz Vranitzky: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich habe nicht erwartet, daß die Damen und Herren der Opposition die Regierungserklärung und das Koalitionsabkommen loben würden. Das entspricht erstens nicht der parlamentarischen Erfahrung, zweitens belebt es auch Rede und Gegenrede und das Kräftespiel im Parlament. Aber ebenfalls aus Erfahrung kann ich sagen: Hätte ich eine ganz andere Regierungserklärung gehalten, nämlich ... (Rufe von der Galerie: Weg mit dem Sparpaket! – Von der Galerie werden Flugblätter in den Plenarsaal geworfen.)

Präsident Dr. Heinrich Neisser (das Glockenzeichen gebend): Ich darf die Bediensteten des Hauses bitten, einzuschreiten, damit das verhindert wird.

Herr Bundeskanzler, bitte fortzusetzen!


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