Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 11. Sitzung / Seite 55

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Bundeskanzler Dkfm. Dr. Franz Vranitzky (fortsetzend): Meine Damen und Herren! Hätte ich keinen einzigen Satz der gestern gehaltenen Regierungserklärung gesagt, sondern eine völlig andere Regierungserklärung gehalten, dann, so bin ich ziemlich sicher, hätten so manche Damen und Herren der Oppositionsparteien heute genauso ihre vorbereiteten Reden hier gehalten und hätten ihre Vorstellungen, wie sie es gerne hätten, dargelegt.

In einer Regierungserklärung können auch nicht in sämtlichen Einzelheiten alle Details der Regierungsarbeit, der parlamentarischen Arbeit der nächsten vier Jahre in eineinhalb Stunden hier behandelt werden. Sie muß eine grundsätzliche Darstellung der Regierungspolitik sein, und daher stehe ich auch zu dem, was die Österreichische Volkspartei und die Sozialdemokraten im Regierungsübereinkommen erarbeitet und dort festgehalten haben. Wir halten das für richtig, wir halten das für eine zukunftsweisende Politik für die nächsten vier Jahre, und wir danken für Ihre Beiträge, aber wir werden uns von unserer Grundlinie nicht abbringen lassen. (Beifall bei der SPÖ.)

Einige ganz wenige Details, weil ja auch immer wieder gesagt wurde ... (Abg. Ing. Reichhold: Herr Bundeskanzler! Einzelne Regierungserklärungen – wortgleich!) Ich kann jetzt mit Ihnen kein Privatissimum machen, Herr Kollege, vielleicht können wir das später anschließen. Es wurde auch gesagt, es wurden keine strukturverändernden Maßnahmen in das Regierungsabkommen eingebaut. Ich habe das gestern schon gesagt und sage das heute mit größerem Nachdruck: Sehr wohl sind in wesentlichen Bereichen der Politik, der Wirtschafts-, der Finanz-, der Fiskalpolitik, der Politik für die kleinen und mittleren Unternehmungen, der Politik der Altersvorsorge der älteren Menschen Strukturveränderungen und strukturpolitische Maßnahmen gesetzt worden. – Ich nenne einige ganz wenige Beispiele, meine Damen und Herren:

Allein der Umstand – und das wird die Parlamentarier sicherlich besonders interessieren –, daß es gelungen ist ... (Der im Saal Dienst versehende ORF-Kameramann versucht, eines der von der Galerie herabgeworfenen Flugblätter von einem der anwesenden Ministerialbeamten zu erhalten. Dies wird verweigert, worauf mehrere dagegen protestierende Abgeordente der Freiheitlichen dem Kameramann ein Exemplar des Flugblattes gut sichtbar vor die Kamera halten. – Das Flugblatt wird gefilmt. – Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.) Das ist wirklich ein Parlament voller Leben!

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Verzeihen Sie, was ist denn, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen? (Abg. Dr. Partik-Pablé: Wir werden gleich eine Sitzungsunterbrechung verlangen! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Ich bitte jetzt um Disziplin. Ich werde mich um die Sache kümmern.

Herr Bundeskanzler, setzen Sie bitte fort.

Bundeskanzler Dkfm. Dr. Franz Vranitzky (fortsetzend): Bitte sehr, Herr Präsident!

Ich war eben dabei, die Damen und Herren des Hohen Hauses freundlich darauf hinzuweisen, daß ein wesentlicher Teil des Koalitionsabkommens im Konsultationsmechanismus zwischen dem Parlament, den Landtagen, den Gemeindeparlamenten und der Bundesregierung besteht. Wir haben auf diese Art und Weise, meine Damen und Herren, dafür vorgesorgt, daß in Zukunft keine gesetzgebende Körperschaft Gesetze beschließen können soll, die für jeweils andere Gebietskörperschaften finanzielle Konsequenzen, finanzielle Benachteiligungen mit sich bringen. Das ist ein ganz wesentlicher Schritt in der österreichischen Finanzpolitik, und das muß auch so sein, wenn wir uns auf eine gemeinsame Währung in Europa vorbereiten, bei der ja nicht bloß die Finanzdaten des Bundes einzukalkulieren sind, sondern auch die der Bundesländer und Gemeinden. Das ist eine wesentliche strukturpolitische Neuerung in unserem System! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Frau Abgeordnete Dr. Petrovic hat immer wieder Einzelgruppen herausgegriffen und auf diese hingewiesen. Wir haben gerade die Ausgewogenheit in diesem gesamten Konsolidierungspapier an die vorderste Stelle geschrieben. Meine Damen und Herren! Wir haben das in allererster


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