Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 16. Sitzung / Seite 29

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um Vermögensangelegenheiten geht, sondern um anderes. Wenn wir jetzt weiterdenken, dann müssen wir uns doch die Frage stellen: Was heißt das? – Wenn das eigentliche Europa, dieser Geist – vielleicht auch in einer humanistischen Tradition dieses Europas – etwas anderes ist als eine Spielwiese für neue Mitgliedstaaten, als Handelsinteressen vertreten, als Warenaustausch, dann fragt man sich doch: Was ist dieser Geist, und trägt ihm der Europarat Rechnung? – Ich glaube, in seiner Kernidee ja, aber dort, wo die Kritik berechtigterweise anfängt, nämlich daß die Mitgliedstaaten, die so wie Österreich vielleicht eine besondere Verpflichtung haben, eine besonders aktive Rolle einnehmen, dieser Verpflichtung gerecht werden, glaube ich nicht.

Was hat der Europarat federführend getan? Was sind die Hauptanliegen? – Der Europarat war – das wurde von allen betont – immer schon die Brücke zu Ost- und Südeuropa. Das ist wichtig, das ist auszubauen, und insofern ist natürlich ja zur Aufnahme neuer Staaten und zur Förderung der Menschenrechte zu sagen.

Der Europarat war sich aber auch immer seiner Rolle bewußt im Zusammenhang mit individuellen Grund- und Freiheitsrechten. – Die Menschenrechtskonvention, dieses Grunddokument der Menschenrechte, wurde verfaßt. Ich erinnere an die Kampagne "all different, all equal", in deren Rahmen hervorgehoben wurde, daß wir endlich dazu übergehen müssen, Menschen als Menschen zu betrachten und keine Unterschiede der Rasse, des Geschlechts, der Religion oder sonst irgendwelcher persönlicher Merkmale zu machen. Derartige Kampagnen können aber nur dann aufgehen, können nur dann glaubwürdig sein, wenn auch die einzelnen Mitgliedstaaten dem vollinhaltlich Rechnung tragen. Und es stellt sich auch in Österreich die Frage: Tun wir das? – Wenn ich etwa an die Empfehlungen des Europarates erinnere, die Diskriminierungen, die Strafsanktionen gegen Homosexuelle endlich aufzuheben, dann muß sich auch dieses Parlament die Frage gefallen lassen: Warum haben wir, die eigentlich die Avantgarde in diesem Europa sein sollten oder die unter den Staaten der Avantgarde sind, nicht einmal dieses Minimum an Grund- und Freiheitsrechten hergestellt? (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

Wir müssen auch fragen, wie etwa das Verhalten ist. Es wurde zu Recht an Griechenland erinnert, aber es gibt auch andere Bevölkerungsgruppen in Europa, die blutig diskriminiert werden. Ich erinnere nur an die Kurden. Auch hier sollte Österreich federführend sein, damit endlich Menschenrechte und Gerechtigkeit zum Durchbruch kommen.

Mir als grüner Abgeordneter ist aber noch ein Punkt wichtig: Der Europarat hat das letzte Jahr zum europäischen Naturschutzjahr gemacht. Ich glaube, auch dieser Gedanke muß ausgebaut und aufgewertet werden. Auch hier ist Österreich gefordert, als ein Land der europäischen Avantgarde neue Maßstäbe zu setzen und jene Staaten, die vielleicht noch einen Nachholbedarf haben, mitzuziehen, zu ermutigen, eine Triebfeder für sie zu sein. Ich glaube, diesbezüglich haben wir auch noch nicht alles getan, um unsere Rolle im Europarat voll auszuschöpfen.

Ein Allerletztes: Ich glaube, daß uns diese 40 Jahre Europarat auch zum innerstaatlichen Nachdenken bringen sollten. Wenn Klubobmann Kostelka von einem Sicherheitssystem gesprochen hat, dann erinnere ich an das Jahr 1956 und Österreich in dieser Situation. – Wir sollten daher über die tatsächlichen Grundlagen der Sicherheit nachdenken, und das sind die Menschenrechte, das ist aber auch ein fundiertes Nachdenken über die österreichische Neutralität. – Danke. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

11.41

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich danke den Klubvorsitzenden für ihre Würdigung von vier Jahrzehnten österreichischer Mitgliedschaft im Europarat und wünsche den österreichischen Delegierten zum Europarat noch einmal alles Gute und viel Erfolg.

Mandatsverzicht

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Ich gebe bekannt, daß von der Bundeswahlbehörde die Mitteilung eingelangt ist, daß Frau Abgeordnete Dr. Liane Höbinger-Lehrer auf ihr Mandat verzichtet hat und daß Herrn Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer sein Mandat


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