Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 16. Sitzung / Seite 321

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wahrscheinlich den Artikel aus den "Salzburger Nachrichten" vom Dienstag, aus dem hervorgeht, daß die Polizei nun auch das Sexualleben der Bürger interessiert. Sie kennen mit Sicherheit auch die Durchführungsbestimmungen seitens Europol. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Ich weiß schon, daß Sie mit diesem Thema Ihre Probleme haben, aber trotzdem braucht es, sobald das Wort "Sexualität" auftaucht, nicht immer ein Witzchen in diesem Plenum zu geben. Wenn Sie ein Problem haben, dann reden wir darüber, aber lassen wir das aus dem Plenum draußen, Herr Kollege. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.) Wir wissen, wie das Europol-Übereinkommen aussieht, wir kennen mittlerweile Artikel 10 des Europol-Übereinkommens, der die weitgehende Datenerfassung von Nichtverdächtigen wie potentiellen zukünftigen Opfern und Zeugen, Kontaktpersonen und möglichen Informanten vorsieht. Und wir wissen, daß Artikel 3 dieses Europol-Übereinkommens, wo es darum geht, welche Daten zur Speicherung des Brüsseler Zentralcomputers erfaßt werden können, folgende äußerst intime Daten auflistet:

Punkt 3.1: rassische Herkunft, Punkt 3.2: politische Anschauungen, Punkt 3.3: religiöse oder andere Überzeugungen, Punkt 3.4: Angaben zur Gesundheit, Punkt 3.5: Angaben zum Sexualleben der Bürger.

Herr Minister! Sind das Erhebungspunkte, denen Österreich zustimmt? Wir leben in einem Land, in dem, wie wir wissen, die Exekutive, allen voran die Staatspolizei, löchriger als der berühmteste Schweizer Emmentaler ist. Wir wissen, daß diese Exekutive undicht wie ein Scheunentor ist, daß ein Maulwurf dem anderen die Türklinke in die Hand gibt, daß die Ermittlungsergebnisse bis hin zum Terminkalender des Ministers zuerst in der Hand von Jörg Haider und dann erst in den Händen des Ministers sind. Und in einer derartigen Situation, in einem derartigen Zustand des Abbaues von Bürgerrechten durch den Beschluß von Lauschangriff und Rasterfahndung, wodurch die Ermittlung höchst sensibler Daten ermöglicht wird, wollen Sie ein internationales Übereinkommen mit Europol unterzeichnen, das vorsieht, diese intimsten Daten dem Brüsseler Zentralcomputer zu übergeben? Ist das Ihr Ernst, daß Sie hier zustimmen wollen? Darauf hätte ich heute sehr gerne eine Antwort, eine Antwort, die mir zeigen wird, wie ehrlich Sie es mit Ihren Ankündigungen meinen, die Sie bei Ihrem Amtsantritt getätigt haben (Beifall bei den Grünen): Bürgerrechte schützen, Datenschutz, humane Migrationspolitik, umfassende Polizeireform.

Ich habe Ihnen jetzt dargestellt: In das Sparpaket wurden hineingeschmuggelt eine massive Diskriminierung und eine massive Schlechterstellung ausländischer Bürger. Es heißt: Polizeireform, bitte warten!, bis zum heutigen Tag. Von Datenschutz und Beibehaltung, ja Ausbau der Bürgerrechte ist keine Rede, wenn man gleichzeitig Europol beitritt und Lauschangriff und Rasterfahndung einführen will. Herr Minister! Wie heißt es so schön? – Da haben Sie Erklärungsbedarf. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

16.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der nächste Redner ist Herr Abgeordneter Matthias Achs. – Bitte, Herr Abgeordneter.

16.25

Abgeordneter Matthias Achs (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Zu den Ausführungen des Abgeordneten Kiss hinsichtlich Zuckerbrot und Peitsche fällt mir wirklich nichts ein.

Meine Damen und Herren! Das Budget der kommenden Jahre ist durch starke Einsparungen gekennzeichnet. Es geht um ein vernünftiges Sparen, um ein Sparen, das den Staat nicht in der Erfüllung seiner zentralen Aufgaben einschränkt. Eine dieser zentralen Aufgaben ist die innere Sicherheit. Innere Sicherheit muß uns allen etwas wert sein. Im Budgetkapitel Inneres sind daher auch für die kommenden Jahre Steigerungen vorgesehen. Das hat gute Gründe.

Ich verkenne nicht die heutige Situation auf dem Bandensektor. Für eine zeitgemäße Kriminalitätsbekämpfung sind zeitgemäße Mittel erforderlich. Nur mit Hilfe einer modernen technischen Ausstattung der Exekutive kann Österreich weiterhin eines der sichersten Länder Europas bleiben. Auch wir sind durch unsere exponierte Lage und durch unsere Rolle als Transitland kriminellen Gefahren besonders ausgesetzt. Mit der Öffnung der Ostgrenzen Ende der achtziger


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