Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 16. Sitzung / Seite 437

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sind alle Fraktionen und alle Abgeordneten moralisch verpflichtet, hier mitzuwirken – dieses Problem bewältigen. (Beifall bei der ÖVP.)

14.57

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Hohes Haus! Ich möchte den Hinweis der Frau Abgeordneten auf eine moderate Ausdrucksweise unterstreichen, weise allerdings darauf hin, daß in einem Roman des Schriftstellers Hans Fallada das Wort "Bonzen" auch ohne Beigeschmack vorkommt. Aber ich glaube, Ihr Hinweis war sehr angebracht, Frau Abgeordnete! (Abg. Mag. Posch: Das ist sehr unpassend! – Abg. Leikam: Das ist eine Zumutung!)

Zu Wort gemeldet ist nun Frau Dr. Partik-Pablé. Ich erteile es ihr. (Abg. Leikam: Eine Wertung steht Ihnen nicht zu! – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Frau Abgeordnete, Sie sind am Wort. – Bitte.

14.58

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Ich bitte Sie, Ruhe herzustellen, Herr Präsident, ich sehe nämlich nicht ein, daß die gekünstelte Aufregung des Herrn Posch auf Kosten meiner Redezeit gehen soll. (Abg. Leikam: Was der Herr Präsident von sich gibt!) Ich werde Ihnen aber gleich einen Grund zum Aufregen geben, ich werde nämlich jetzt über die Lage der Behinderten und über Ihre Einstellung dazu reden.

Ich muß Ihnen sagen, ich bin sehr enttäuscht – auch von Ihnen, Frau Kollegin Gatterer! Ich gebe schon zu, daß es bei bestimmten Punkten, die Sie aufgezählt haben, zu einer Doppelleistung gekommen ist, aber Sie haben sich wie die Katze um den heißen Brei vor jenen Punkten herumgedrückt, die bei der Pflegevorsorge nicht gekürzt gehört hätten. Sie haben jene Punkte erwähnt, gegen deren Kürzung die Behinderten selbst nichts haben. Sie haben, wie gesagt, nur jene geringen Überleistungen angeschnitten, zu denen es tatsächlich gekommen ist. Sie haben aber nichts davon gesagt, daß den Behinderten, die sich in einem Heim befinden, das Taschengeld auf 500 S reduziert wird. Da haben Sie sich herumgedrückt und nichts gesagt!

Sie wollen immer nur stolz sein, Sie wollen glücklich sein über das, was hier beschlossen worden ist, aber niemand ist dann unglücklich darüber, wenn all das zurückgenommen wird, was Sie hier beschlossen haben. Und uns machen Sie Vorwürfe, wenn wir daran Kritik üben! Ich bin enttäuscht! Ich bin enttäuscht von Ihnen, aber auch vom Herrn Minister. Der Herr Minister hat ... (Abg. Gatterer: Beschimpfung und Kritik, da ist ein großer Unterschied!) Bitte? Was haben Sie gesagt? (Abg. Gatterer: Beschimpfung und Kritik, da ist ein großer Unterschied!)

Hören Sie mir einmal zu, und geben Sie mir Antwort darauf, Frau Gatterer: Warum haben Sie hier nicht bemängelt, daß den Behinderten, die in einem Heim sind, nur noch 500 S Taschengeld übrigbleiben? Warum haben Sie nicht bemängelt, daß der Freibetrag für Behinderte gestrichen wird? Warum haben Sie nicht bemängelt, daß Eltern von behinderten Kindern jetzt nicht mehr die Möglichkeit haben, Ihre Mehraufwendungen auf dem Steuerwege geltend zu machen? (Beifall bei den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Da haben Sie sich herumgedrückt, und das finde ich wirklich nicht richtig. Das hat doch wirklich nichts mit der Ausdrucksweise zu tun. Sie gehen immer nur auf Scheinargumentationen ein, aber mit den wirklich dringenden Problemen befassen Sie sich nicht.

Herr Minister! Sie haben immer wieder gesagt, wenn man an den einschneidenden Maßnahmen im Behindertenbereich Kritik geübt hat, daß Sie ohnehin mit den Leuten geredet haben. Die Behindertenvertreter sind ins Ministerium gebeten worden, sie durften dort einen Besuch abstatten. Dort haben Sie ihnen gesagt, wie es ausschaut. Aber Sie haben nicht eine einzige Anregung der Behinderten wahrgenommen oder Entgegenkommen gezeigt.

Ich finde das, was sich im Bereich der Pflegevorsorge, im Bereich der Behinderten abspielt, für einen Sozialstaat beschämend. Niemand von Ihnen soll sich mehr herstellen und soll sich des Sozialstaates Österreich rühmen, wenn Sie dann zugeben müssen, welche Einsparungsmaß


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