Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 17. Sitzung / Seite 422

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Was das Beispiel mit dem Lesen betrifft, kann ich Ihnen nur recht geben. Manchmal gewinne ich den Eindruck, daß Rechnen die einzige Kulturtechnik ist, die allen anderen überlegen ist, wobei das nicht ein Mißtrauen gegenüber dem Rechnen an sich, sondern nur speziellen Formen von Rechnungen gegenüber sein soll.

Bezüglich Sponsoren möchte ich sagen, daß mir das überhaupt nicht widerstrebt. Ich habe mich absichtlich in all dem, was ich heute hier gesagt habe, mit diesen ganzen Verschwörungstheorien nicht beschäftigt. Ich halte sie für unsinnig. Ich halte sie übrigens mittlerweile auch für in einem Ausmaß langweilig, daß sie die Debatte, die wir zu führen haben, nicht nur behindern, sondern völlig unnotwendigerweise aufhalten würden. Mein Appell geht dahin, daß wir den Innenstrukturen der verschiedenen Sparten mehr Aufmerksamkeit widmen. Es wurde auf den Film hingewiesen. Debattieren wir auch hier im Kulturausschuß die Strukturfragen des österreichischen Films, der österreichischen Literatur, des Theaterschaffens, kleinerer, größerer Bühnen! Und befreien wir nicht nur uns, sondern auch diejenigen, die aus diesen Debatten Beiträge zur Diskussion entnehmen wollen, davon, daß wir an diesen sich sehr an der Polemik der Überschrift orientierenden Formulierungen hängenbleiben.

Wenn die Frau Abgeordnete Schmidt vorhin gesagt hat, daß sie die Sinnhaftigkeit des Raimund-Theaters im Rahmen der Theaterfinanzierung bezweifelt, so kann ich ihr nur recht geben. Wir sind jedoch vertraglich gebunden, und ich wäre selbst froh, wenn wir durch eine Vereinbarung mit der Stadt Wien aus dieser Enge herauskommen könnten, wobei Wien diese Mittel gar nicht verlorengehen müßten, aber sie könnten sozusagen kunstspezifischer eingesetzt werden. Ich biete Ihnen folgende Vereinbarung an: Sie helfen mir, daß wir das Raimund-Theater herausbringen, und ich helfe Ihnen, daß auch Frauen zu den Wiener Philharmonikern gehen können. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Dr. Schmidt. )

12.55

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der nächste Redner ist Abgeordneter Neugebauer. – Bitte, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

12.55

Abgeordneter Fritz Neugebauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer sich heute in der Diskussion zu Bildungs- und Schulfragen mit Äußerungen mancher Kolleginnen und Kollegen der Oppositionsparteien beschäftigt hat, und vielleicht nur ausschließlich mit diesen, müßte den Eindruck gewinnen, die Republik stünde unmittelbar vor einer verödeten Bildungslandschaft. Wenn Sie dieses Bild zeichnen, ist das Ihre Verantwortung – mein Zugang ist das nicht.

Wenn wir aktuelle Fragen und Herausforderungen des Schul- und Bildungswesens diskutieren, dann sollte man sich durchaus auch der Stärken dessen bewußt sein, und es gehört unbestritten mit zu den Stärken des österreichischen Schul- und Bildungswesens, daß die Allgemeinbildung, wie wir sie an den Pflichtschulen und den höheren Schulen erarbeiten, auch international gesehen eine hervorragende Position einnimmt. (Beifall bei der ÖVP.)

Es gehört mit zu den Stärken des österreichischen Schul- und Bildungswesens, daß wir ein gut ausgebautes, für 46 Prozent der Sechzehn- bis Neunzehnjährigen gut funktionierendes duales Berufsausbildungssystem mit einer sehr anspruchsvollen Fachschul- und höheren Berufsausbildung mit Maturaabschluß in Vollzeitschulen kombinieren. Diese Kombination, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist OECD-weit einmalig!

Liebe Freunde! Meine Damen und Herren! Mit einer Maturantenquote von 17 Prozent haben die berufsbildenden höheren Schulen die AHS diesbezüglich überholt. Das Ergebnis sind eine vergleichbar geringe Jugendarbeitslosigkeit sowie eine kontinuierliche Steigerung des Qualifikationsniveaus in der Ausbildung. Während vor 25 Jahren noch über 50 Prozent der berufstätigen Bevölkerung lediglich einen Pflichtschulabschluß aufgewiesen haben, hat sich dieser Prozentsatz unter ein Drittel gesenkt. In Frankreich liegt er etwa bei 50, in Italien bei 74 Prozent.


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