Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 20. Sitzung / Seite 75

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Ich komme noch einmal mit dem amerikanischen Beispiel, weil es mir zuwenig ist, nur das Schlechte an der amerikanischen Gesellschaft herauszuarbeiten. Es gibt ohne Zweifel in der amerikanischen Gesellschaft Entwicklungen, die wir Liberalen nicht mittragen, die wir nicht einmal tolerieren wollen, weil für uns die soziale Sicherheit des Menschen die Basis für seine Freiheit ist. Und wer nicht frei ist, wer nicht selbstbestimmt ist, kann letztlich auch nicht kreativ und produktiv sein.

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Entschuldigen Sie! Den Schlußsatz bitte, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (fortsetzend): Ich glaube, wir haben 20 Minuten, Herr Präsident. 10 Minuten sind nur eine freiwillige Begrenzung. Wir haben es anders aufgeteilt.

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Entschuldigen Sie! – Bitte.

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (fortsetzend): Die amerikanische Gesellschaft hat es durch eine vollkommene Kundenorientierung, durch eine Konzentration auf Kundenwünsche geschafft, ihre Gesellschaft umzubauen. Sie hatten in den achtziger Jahren Schwierigkeiten, und es gab Irrungen, und es gibt heute noch Fehlentwicklungen in der amerikanischen Gesellschaft. Aber nehmen Sie doch zur Kenntnis: In Amerika wurden von 1983 bis 1996 an die 27 Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen! Rechnet man das auf Österreich um, so müßten das weit über 1 Million neue Arbeitsplätze sein. Lassen Sie uns nicht nur großkotzig, europäisch überheblich Amerika kritisieren, lassen Sie uns auch am Beispiel Amerika lernen.

Meine Damen und Herren! Wenn wir nicht prinzipiell an das Netz der sozialen Sicherheit und damit an die Lohnnebenkosten herangehen, werden wir nicht in der Lage sein, Arbeitskosten bei Aufrechterhaltung der Bruttolöhne zu senken. Wenn wir nicht bereit sind, den Schritt zu gehen, Energiesteuern oder Ressourcen gegen Lohnnebenkosten abzutauschen, werden wir eine Produktivitätschance und damit eine Beschäftigungschance verlieren.

Lassen Sie mich abschließend sagen: Ich bin überzeugt davon – und ich glaube, da teilen Sie unsere Meinung, Herr Wirtschaftsminister –, daß die österreichische Gesellschaft in der Zweiten Republik heute vor ihrer größten Herausforderung steht. Die Industriegesellschaft alter Prägung ist in eine Sackgasse gelaufen: Sie investiert immer mehr Kapital, um immer mehr Ressourcen auszubeuten und immer mehr Menschen beschäftigungslos zu machen. Mit alten Rezepten kommen wir nicht weiter. Die Chance liegt im Wandel. Die Chance liegt darin, den Wandel als Herausforderung zu begreifen. Aber das bedingt, daß wir selbst wandlungsfähig sind und eine ganze Reihe heiliger Kühe zur Schlachtbank führen.

Neue Märkte in den Reformstaaten, der Beitritt zum Binnenmarkt und die Liberalisierung des Welthandels bringen nicht nur mehr Wettbewerb in unser Land, sondern auch größere Marktchancen. Wir stehen an der Bruchlinie unserer Entwicklung. Erfahrungen der Vergangenheit werden zum Hemmschuh der Gegenwart. Die Verteidigung alter Besitzstände erhöht nur den Anpassungsdruck von morgen und gefährdet das bisher Erreichte. Neue Beschäftigungen entstehen durch die Anpassung überholter Normen an die Realität der Märkte. Wir Liberalen wollen durch offensive Maßnahmen Wege aus der drohenden Gefahr der Zweidrittelgesellschaft finden. (Beifall beim Liberalen Forum.)

14.20

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Meine Damen und Herren! Ich möchte doch an die Übereinkunft in der Präsidiale erinnern, wonach jeder Zweitredner höchstens 10 Minuten spricht. Das war ein Gentlemen’s/Gentlewomen’s Agreement – ich gebe das zu –, aber jetzt, glaube ich, ist es bindend.

Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schwarzenberger. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Dr. Khol: Die Gentlemen sind halt so rar geworden, Herr Präsident!)

14.20

Abgeordneter Georg Schwarzenberger (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Herren Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ein paar Worte zu den


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