Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 20. Sitzung / Seite 90

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wird. Daß Sie sich auf die Seite jener Steuerbetrüger stellen, ist etwas, was wir nicht zur Kenntnis nehmen können. (Beifall bei den Freiheitlichen. )

15.18

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die zuvor verlesenen Entschließungsanträge, nämlich zwei Anträge der Abgeordneten Mag. Schweitzer und Genossen, ein Antrag der Abgeordneten Rosenstingl und Genossen sowie einer der Abgeordneten Böhacker und Genossen sind ordnungsgemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und stehen mit in Verhandlung.

Zu Wort ist nun Herr Mag. Guggenberger gemeldet.- Bitte, Herr Abgeordneter.

15.18

Abgeordneter Mag. Walter Guggenberger (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Herren Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Als ich mich Anfang der siebziger Jahre nach Absolvierung meines Studiums um ein Stelle im öffentlichen Dienst beworben habe, konnte ich mir diese noch aussuchen, obwohl ich ein durchaus durchschnittlicher Student gewesen bin. (Abg. Dr. Khol: Das glaube ich dir!) Heute suchen allein in Innsbruck rund 150 Juristen nach Absolvierung des Gerichtsjahres eine Stelle. Der Grundsatz: Der Tüchtige hat jede Chance im Leben, ist schon längst zu relativieren.

In unserem Amt hatten wir vor kurzem aufgrund der Beschäftigungsinitiative der Bundesregierung für ältere Arbeitnehmer die Möglichkeit, einen Langzeitarbeitslosen im Alter über 50 einzustellen. Aufgrund dieser Ausschreibung haben sich rund 50 Frauen und Männer beworben. Allesamt waren über 50 Jahre alt und bereits ein Jahr lang arbeitslos. Und da war einer beziehungsweise eine qualifizierter als der andere, die andere. Es blutet einem das Herz, wenn man dann eine Auswahl treffen muß.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jedem Menschen, dem Arbeit vorenthalten wird, werden individuelle Lebenschancen vorenthalten. Es gibt keine größere Vergeudung von menschlichen Fähigkeiten, menschlichen Talenten, menschlichen Kapazitäten und menschlichen Ressourcen als Arbeitslosigkeit.

Es ist für mich der wahre politische Skandal in den westlichen Industriegesellschaften, daß Millionen und Abermillionen Menschen ohne Arbeit sind. Jeder von uns braucht Arbeit, nicht nur um seinen Lebensunterhalt zu verdienen; Arbeit schafft auch Lebenssinn. – Erlauben Sie mir, in diesem Zusammenhang aus einem Hirtenbrief der amerikanischen Bischöfe zu zitieren, die diese Situation meiner Ansicht nach beeindruckend beschrieben haben:

"Oft genug stellt sich bei den Arbeitslosen das Gefühl ein, sie seien nichts wert, könnten in der Gesellschaft keine produktive Rolle spielen. Tag für Tag läßt unsere Gesellschaft sie wissen: Wir brauchen dein Talent nicht, wir brauchen deine Initiative nicht, wir brauchen dich nicht. Menschen, die arbeitslos sind, empfinden oft, daß die Gesellschaft ihnen die Schuld für ihre Lage gibt. Nur wenige Personen überstehen lange Zeiten der Arbeitslosigkeit ohne psychischen Schaden, selbst wenn sie genug Geld besitzen, um ihren Lebensunterhalt zu fristen." – Soweit die amerikanischen Bischöfe. Ich meine, daß jedem, der sich einen Rest an Gefühl bewahrt hat, solche Worte unter die Haut gehen müssen.

Für uns Sozialdemokraten ist die Frage aller Fragen schlechthin: Wie können wir allen, die Arbeit haben wollen, Arbeit schaffen? – Wir wissen, daß wir dieses Problem nicht allein lösen können, daß wir an Grenzen der nationalen Möglichkeiten stoßen. Daher hat Bundeskanzler Dr. Franz Vranitzky zu Beginn dieses Jahres sozialdemokratische Regierungschefs und Außenminister ins tirolerische Seefeld geladen, um dort gemeinsam Strategien im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit zu erarbeiten. Und die Botschaft, die dann gegeben wurde, war glasklar: Dieses Europa braucht die Wirtschafts- und Währungsunion, dieses Europa braucht aber auch eine Beschäftigungs- und eine Sozialunion. Was wir brauchen, sind neue technologische Produkte. Wir brauchen kreative Marketingstrategien, wir brauchen mehr Geld für Forschung und Entwicklung, wir brauchen auch den Abbau bürokratischer Hürden.

Betreffend bürokratische Hürden gebe ich allen, die über dieses Problem geklagt haben, recht: Ich habe unlängst mit einer Unternehmerin gesprochen, die mir anhand eines Aktenstückes be


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