Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 25. Sitzung / Seite 109

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Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Friedhelm Frischenschlager, Mag. Dr. Heide Schmidt, Maria Schaffenrath und PartnerInnen an den Bundeskanzler betreffend dringende medienpolitische Weichenstellungen (646/J)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zur dringlichen Behandlung der schriftlichen Anfrage 646/J. Diese ist inzwischen allen Abgeordneten zugegangen. Eine Verlesung durch den Schriftführer erübrigt sich daher.

Die dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

Die Journalistengewerkschaft kündigte am 10. Mai 1996 ein Medienvolksbegehren für den Herbst dieses Jahres an. Dieser Ankündigung ging seit Jahren von zahlreichen JournalistInnen, KommentatorInnen und der kritischen Öffentlichkeit Österreichs die Forderung nach einer intensiven medienpolitischen Diskussion mit dem Ziel der Schaffung von wichtigen gesetzlichen Rahmenbedingungen, die bis heute weitgehend fehlen, voraus.

Aktuelle medienpolitische Situation in Österreich

Österreich weist auf der Ebene der Printmedien den höchsten Monopolisierungsgrad aller westlichen Industrienationen auf. Der Oberste Gerichtshof vertritt in einem aktuellen Erkenntnis die Meinung, daß der aus "Kronen Zeitung", "Kurier" und weiteren Medien gebildeten Mediaprint zumindest am Inseraten- und Vertriebssektor im kartellrechtlichen Sinn eine "marktbeherrschende Stellung" nicht abgesprochen werden kann. Ein zahnloses Kartellrecht fördert die schon dramatisch fortgeschrittene Printmedienkonzentration.

Das im Juli 1993 von SPÖ und ÖVP beschlossene Regionalradiogesetz wurde vom Verfassungsgerichtshof als "verfassungswidrig" eingestuft und harrt seiner Neuformulierung. Der ebenfalls aufgehobene Frequenznutzungsplan sieht – mit Ausnahme von Wien – nur eine regionale Frequenz pro Bundesland vor. Für die lokalen Frequenzen existiert noch immer kein Nutzungsplan. Die Koalitionsparteien haben sich im Arbeitsübereinkommen darüber geeinigt, "die Kompetenzen der Regionalradiobehörde" zu erweitern und "auf den Bereich des Kabelrundfunks auszuweiten", wodurch eine Behörde aufgewertet wird, die seit ihrem Bestehen heftig kritisiert wird.

Seit 1975 wird die "Presseförderung" ausgeschüttet, 1995 zum Beispiel 277 Millionen Schilling. Selbst hochprofitable Häuser wie die "Kronen Zeitung" bekommen Millionen aus dem Steuertopf, Parteiblätter – wie die "Salzburger Volkszeitung" – werden aus parteipolitischen Gründen massiv subventioniert. Andererseits werden Zeitungen in den Sprachen der ethnischem Minderheiten, die wegen der naturgemäß niedrigen Auflage wirklich in ihrer Existenz bedroht sind, aus diesem Ansatz nicht gefördert. 1995 wurde den periodischen Druckschriften für ethnische Minderheiten "wegen zu geringer Verbreitung" sogar Publizistikförderung gestrichen.

Das "unaufschnürbare" Sparpaket wurde im letzten Abdruck doch noch gelockert, um die drohende Sozialversicherungspflicht der Kolporteure abzuwenden. Damit wurden dem wirtschaftlich stärksten Medienunternehmen des Landes finanzielle Lasten erspart – auf Kosten sozialschwächster Arbeitnehmer, die weiterhin die Tarnung "freie Unternehmer" tragen müssen.

Am 28. Juni 1995 kündigte Bundeskanzler Vranitzky für Ende 1995 einen Gesetzentwurf für Privatfernsehen mit vorausgehender Expertenenquete an. Am 8. Mai 1996 gab der Bundeskanzler zu, daß die vom Verfassungsgerichtshof, der die Einschränkungen für die Kabel-TV-Betreiber für verfassungswidrig erklärte, eingeräumte Frist, ein Kabel-TV-Gesetz bis 31. Juli 1996 zu verankern, nicht einzuhalten sein werde.

Auf dem Gebiet des terrestrischen beziehungsweise des via Satelliten ausgestrahlten Fernsehens und der "Neuen Medien" wurden von der Bundesregierung noch keinerlei Initiativen gesetzt.


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