Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 32. Sitzung / Seite 168

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20.09

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Es ist nicht zum ersten Mal, daß wir über das passive Wahlrecht zu den Hochschülerschaftswahlen hier reden. Seit ich im Nationalrat bin – und das ist jetzt die dritte Legislaturperiode –, wird darüber diskutiert, und noch immer gibt es dieses passive Wahlrecht nicht. (Unruhe im Saal.)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder (das Glockenzeichen gebend): Dürfte ich um ein wenig Aufmerksamkeit bitten. – Danke schön.

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (fortsetzend): Je unaufmerksamer Sie sind, umso intensiver muß ich das erklären. Also die Aufmerksamkeit dient nur der Kürze.

Dieses passive Wahlrecht zu den Hochschülerschaftswahlen gibt es noch immer nicht, obwohl die grüne Fraktion einen Antrag eingebracht hat, der fast wortidentisch ist mit der Ministerialvorlage des geschätzten Herrn Bundesministers, die zweimal bereits im Ministerrat diskutiert wurde. Beide Male hat sie nicht die Zustimmung des Ministerrats gefunden. Warum wir den Antrag eingebracht haben, soll Ihnen verdeutlichen, daß es hier um etwas geht, was von sämtlichen Fraktionen ... (Abg. Schieder: Um geistigen Diebstahl geht es da!) Es geht um geistigen Diebstahl, diesen Vorwurf nehme ich in diesem Fall sehr gerne auf mich, weil das nichts Originäres vom Herrn Bundesminister ist. Vielmehr zeigt das, daß in dieser Koalition immer noch der Wurm drinnen ist, nämlich der Wurm der Angst vor dem passiven Wahlrecht und der Angst vor den Folgewirkungen – und die Österreichische Hochschülerschaft ist ja eine Interessenvertretung ähnlich wie die gesetzlich eingerichteten Kammern – in diesen weiteren gesetzlichen Interessenvertretungen. Das ist die für mich zwar nicht plausible, aber die im Ministerrat getätigte Erklärung, die man so hört.

Ich will jetzt nicht wiederholen, was ich auch schon mehrmals hier gesagt habe, nämlich die seinerzeitige Erklärung des damaligen Wissenschaftsministers Dr. Busek. Er hat eine viel einfachere Erklärung dafür gefunden, warum er nicht das passive Wahlrecht einführen kann. Passives Wahlrecht heißt – für die Damen und Herren, denen das nicht so geläufig ist –, daß auch ein ausländischer Studierender in Österreich Studentenvertreter werden kann. Das ist etwas ganz Einfaches. Vielleicht wissen die einen oder anderen gar nicht, daß das gar nicht möglich ist, denn in anderen Staaten ist das durchaus üblich, nur halt bei uns nicht.

Der seinerzeitige Wissenschaftsminister und Vizekanzler Busek hat damals gesagt: Nein, das geht doch nicht, daß wir das passive Wahlrecht einführen, denn dann werden die eloquenten Deutschen alle Positionen in der Österreichischen Hochschülerschaft übernehmen. – Damals habe ich das für einen Scherz gehalten, für ein Bonmot, für das ich es immer noch halte, es liegt jetzt aber so viele Jahre zurück, daß sich jetzt herausgestellt hat, daß die Angst, daß Ausländer und Ausländerinnen in dieser Republik so etwas total Banales wie Studentenvertreter werden können, sehr tief in den Knochen sitzt bei der Österreichischen Volkspartei, die das bis jetzt behindert hat.

Meine Damen und Herren! Die Hochschülerschaft hat in etlichen Beschlüssen des Zentralausschusses das immer einhellig, das heißt alle Fraktionen, verlangt. Auch Ihre jungen Interessenvertretungsorganisationen haben sich dafür ausgesprochen. (Abg. Dr. Graf: Das stimmt nicht! Die freiheitlichen Vertreter waren immer dagegen!) – Ich weiß nicht, ob das so ein besonderes Ruhmesblatt ist, Herr Dr. Graf. (Abg. Dr. Graf: Aber wenn Sie schon etwas berichten, dann bitte wahrheitsgemäß!) Diese Organisationen sind jetzt auch schon ein wenig mürbe geworden und hoffen, daß sich nicht wieder das bestätigen wird, was ich jedenfalls hier schon zweimal erlebt habe, nämlich daß man dann kurz vor ÖH-Wahlen gestanden ist und dann alle ein trauriges Gesicht gemacht und gesagt haben: Mein Gott! So ein Pech! Wir würden das so gerne ermöglichen, aber es ist jetzt schon zu spät, die ÖH-Wahlen stehen vor der Tür!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Um Ihnen diesen Kummer zu ersparen, vor allem den Sozialdemokraten und auch den aufgeschlossenen Damen und Herren in der Österreichischen Volkspartei, haben wir diesen Gesetzesantrag eingebracht, damit nicht die Situation entstehen


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