Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 34. Sitzung / Seite 175

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Abgeordneter Dr. Friedhelm Frischenschlager (fortsetzend): Herr Präsident! Ich mache noch einmal darauf aufmerksam, daß Zwischenrufe ein Recht der Abgeordneten sind, aber nicht Dauerzwischenreden. (Abg. Scheibner: Wo steht das?) Außerdem haben Abgeordnete nicht auf einem Platz zu sitzen, wo sie nicht hingehören, wie jetzt etwa Kollege Graf. Er soll sich hinsetzen, wo er hingehört! (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Graf. – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Brauneder gibt abermals das Glockenzeichen.)

Ich komme jetzt zu einem weiteren Punkt, der ganz interessant ist. Die Freiheitliche Partei stellt sich jetzt in den Reden so dar, als ob sie um den Parlamentarismus kämpfe; dieselbe Partei legt aber natürlich in ihren verfassungspolitischen Vorstellungen auf das Parlament überhaupt keinen großen Wert. Ein Parteiobmann dieser Partei kann sich hinstellen und sagen: 100 sind eigentlich genug, aber warum eigentlich nicht nur 50 oder 20, das wäre noch praktischer und noch billiger! (Abg. Mag. Stadler: Herr Lehrer! Firlinger sitzt auch auf dem falschen Platz!) Dabei wissen Sie genau, daß hier dieses Parlament auf Fraktionen beruht, die nicht nur zusammenarbeiten sollen, sondern die auch eine bestimmte Arbeitssubstanz haben müssen. Aber nach dem freiheitlichen Parlamentsverständnis könnten wir diese Zahl reduzieren, zunächst auf 100 und dann vielleicht auf noch weniger. Denn das Parlament könnte ja vielleicht lästig sein, wenn wir einmal eine Dritte Republik mit einem Bundesministerpräsidenten haben. – All das, was Sie heute in Richtung Parlamentarismus sagen, ist also Schall und Rauch. Man weiß ganz genau: Im Grunde genommen geht es euch um ganz andere politische Strukturen, und deshalb bin ich froh, daß ich nicht mehr bei euch bin, wirklich wahr! (Beifall beim Liberalen Forum, bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Nun komme ich zum Inhalt dieser Geschäftsordnungsreform. (Zwischenruf des Abg. Dr. Graf. ) Ich meine, daß sie tatsächlich nur einen Kompromiß darstellt, einen Annäherungswert, wie alle bisherigen Geschäftsordnungsreformen. Ich weiß das, weil das die vierte ist, die ich mit verhandelt habe. Es war immer so, und wir sollten das auch ganz offen sagen: Es gibt ganz natürlich Interessengegensätze zwischen Regierung und Opposition, es gibt logischerweise Gegensätze zwischen den einzelnen Oppositionsparteien und vielleicht sogar zwischen den Regierungsparteien. (Weiterer Zwischenruf des Abg. Dr. Graf .)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Herr Abgeordneter Graf! Bitte unterlassen Sie jetzt wirklich endlich diese Art von Zwischenrufen!

Abgeordneter Dr. Friedhelm Frischenschlager (fortsetzend): Das ist halt wieder eine Demaskierung, was parlamentarisches Niveau betrifft. Macht aber nichts! Es ist vielleicht ganz gut, wenn er so weiter tut!

Man muß sich den Inhalt der bisherigen Geschäftsordnungsreformen vergegenwärtigen. Verfolgen Sie den Ablauf einmal genau: Es gab 1961, 1966, 1975, 1988 und 1993 Reformen. Und jedesmal haben natürlich die veränderten politischen Verhältnisse eine Rolle gespielt. Selbstverständlich gab es ein ewiges Geraufe um die Vermehrung der Oppositionsrechte und um den Ausbau der Rechte der einzelnen Fraktionen, insbesondere der kleinen.

Und jetzt sage ich es noch einmal, meine Kollegen von der Freiheitlichen Partei: Jedes Mal waren es kleine Schritte, jedesmal gab es einen Kompromiß, und deshalb betone ich, daß mich diese Diffamierung des Kompromisses so stört. Denn darin läßt sich tatsächlich ein Mangel an demokratischer, parlamentarischer Arbeitsweise und Einstellung erkennen. Das ist das wesentliche! (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Mag. Stadler: Du bist über den Tisch gezogen worden!)

Bei allen Geschäftsordnungsreformen geht es natürlich um Machtfragen und um Fragen der Öffentlichkeitsfunktion des Parlaments. Es gab immer schwierigste Verhandlungen, weil es logischerweise Interessengegensätze gab.

Schauen wir uns nun unter diesem Gesichtspunkt an, ob bei dieser Geschäftsordnungsreform etwas für das Parlament herausgekommen ist oder nicht: Ich gebe gerne zu, daß vieles, was ich mir gewünscht hätte, nicht durchsetzbar war, vielleicht auch die Zwischenrede, Kollege Stadler,


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