Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 35. Sitzung / Seite 130

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klar Ihrem EU-Spitzenkandidaten Hannes Swoboda in den Rücken fallen. Swoboda hat sehr klar gesagt: Wenn es dazu käme, daß an der österreichischen Neutralität gerüttelt wird, trete er für eine Volksabstimmung ein. Wenn Sie jetzt hier diese Haltung konterkarieren, dann zeigt sich sehr klar, daß Sie offenbar mit dieser schwammigen, dieser ambivalenten Haltung auch in einen EU-Wahlkampf gehen wollen. Mir tut das für die österreichische Bevölkerung sehr, sehr leid. (Beifall bei den Grünen.)

17.13

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der von der Frau Abgeordneten Dr. Petrovic verlesene Entschließungsantrag ist geschäftsordnungsgemäß ausreichend unterstützt. Er wird in die Verhandlung miteinbezogen.

Zu Wort gemeldet ist nunmehr Herr Abgeordneter Schieder. – Bitte, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

17.13

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich glaube nicht, daß es gut für Österreich ist, wenn die Neutralität laufend ins Gerede gebracht wird. (Beifall bei der SPÖ.) Egal, aus welcher Absicht es geschieht – im Wollen, sie abzuschaffen, oder, wie heute durch die Anfrage der Grünen, im Bestreben, sie zu schützen –: Ins Gerede kommt sie dadurch allemal. (Ironische Heiterkeit bei den Grünen. – Abg. Mag. Stadler: Sie sind doch eine so diskussionsfreudige Partei!)

In diesem Sinne ist die grüne Anfrage sicherlich nicht dringlich gewesen. Sie war eindringlich vorgebracht, aber dringlich ist sie wirklich nicht. (Abg. Ing. Langthaler: Also wollen Sie eine Geheimhaltung?) Nein, es geht nicht um Geheimhaltung. Es ist nichts geheimzuhalten. Es ist völlig offen und völlig klar: Wir haben ein gültiges Gesetz. Die österreichische Neutralität besteht, sie ist inhaltlich weiterentwickelt worden, und diese Weiterentwicklung war gleichzeitig auch ein Zurückführen auf jene Punkte, die in den Verhandlungen seit 1953 und in der parlamentarischen Debatte 1955 im Vordergrund standen, nämlich die Ablehnung eines Bündnisses und die Ablehnung von fremden Truppen auf unserem Territorium.

All die Debatten, die geführt werden von Ihnen, indem Sie laufend sagen: Sie ist in Gefahr! Sie ist in Gefahr!, oder von der anderen Seite, die sagt: Die Neutralität gehört abgeschafft, weil sie ein Relikt aus dem kalten Krieg ist, sind absurd, wenn gleichzeitig gesagt wird: Aber die NATO soll nicht abgeschafft und weiterentwickelt werden, obwohl sie auch ein Relikt aus dem kalten Krieg darstellt.

Es ist klar: Die Neutralität hat uns viel genützt, sie nützt uns weiterhin. Und es ist auch klar, sie war nicht hinderlich in der neuen Zeit, sie war nicht für uns hinderlich beim EU-Beitritt, sie hindert uns nicht daran, am Aufbau einer europäischen Sicherheitsstruktur teilzunehmen, sie behindert uns nicht, an der GASP teilzunehmen, und sie hindert uns auch nicht, uns solidarisch zu verhalten: nicht bloß zu nehmen, sondern auch zu geben, wie manche sagen.

Das wird auch durch das Entsende-Gesetz unterstrichen werden, womit klargestellt wird, daß Österreich dort solidarisch teilnehmen wird, wo es sich um internationale Maßnahmen handelt, die im Einklang mit unseren vertraglichen Verpflichtungen in UNO, EU und OSZE sind.

Die Frage der Neutralität stellt sich daher nicht, und die Frage der Volksabstimmung stellt sich genausowenig, wie sich die Frage der Abschaffung der Neutralität stellt. (Abg. Dr. Ofner: Da hat er recht!)

Verfassungsrechtlich ist es theoretisch klar: Ein Abgehen vom Status der dauernden Neutralität ist keine Totalrevision gemäß Art. 44 Abs. 3 B-VG, und schon in den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zum Neutralitätsgesetz wurde festgehalten, daß die Neutralität kein Baugesetz darstellt.

Verfassungsrechtlich ist daher eine Volksabstimmung nicht notwendig; ob sie politisch wünschenswert ist, wird der ferne Gesetzgeber, der sie vielleicht einmal abschaffen wird, zu


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