Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 35. Sitzung / Seite 131

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entscheiden haben. Ob das eintritt, weiß ich nicht. (Abg. Mag. Stadler: Das ist dann, wenn die SPÖ in Opposition ist!) Eine vorauseilende Bindung des Gesetzgebers ist weder sinnvoll noch zielführend, und deshalb wird unsere Fraktion auch gegen den Entschließungsantrag stimmen.

Zur Frage, die Ihre außenpolitische Sprecherin in der Begründung aufgeworfen hat, wie denn nun diese Sicherheitsarchitektur Europas ausschauen kann, werden wir hier sicherlich in den folgenden Beiträgen – vor allem der FPÖ, aber vielleicht auch des Liberalen Forums – wieder einmal hören, wie man bestehende Einrichtungen weiterentwickeln soll. Ich denke dabei immer daran, daß sich die Militärexperten eigentlich nicht einig sind, wann das Ende der Kavallerie anzusetzen ist. War es Friedland, oder war es Borodino, oder war es 1917 im Kampf um Beersheba – oder vielleicht gar erst 1945 im Joglland? (Abg. Haigermoser: 1970/71! – Abg. Mag. Stadler: Wenn der letzte Lipizzaner stirbt! Dann ist die Kavallerie tot!)

Den ersten Fehler, den Kavalleristen machen können, hat jedenfalls die Kavallerie selbst überlebt, nämlich den Fehler, das Pferd von der falschen Seite her aufzuzäumen. Dieser Fehler findet sich hier sehr oft in den militärischen Diskussionen wieder, in den Debatten, in denen es um die militärische Sicherheit geht. Man geht lediglich von bestehenden Strukturen aus, die man extrapoliert, und fragt nicht: Was kann sein? Was könnte sein? Und: Was soll sein?

Meine Damen und Herren! Jede Debatte über die Sicherheit muß von klaren Zielvorstellungen ausgehen: von den Fragen: Was dient Österreich? Was ist für Österreich wichtig? Was ist für Europa wichtig? Wie schaffen wir in Europa ein System der umfassenden Sicherheit nach außen und nach innen, das Schutz bei Bedrohungen und Angriffen bietet, das gemeinsame Maßnahmen darstellt, das einen Rechtsanspruch auf Hilfe und Herstellung des rechtmäßigen Zustandes enthält, ein entsprechendes Netz von Frühwarn- und Versorgungseinrichtungen?

Es stellt sich auch die Frage: Wie antworten wir auf all die Bedrohungen, die nicht militärischer Art sind und die für unsere Sicherheit viel gefährlicher sind – der Herr Bundeskanzler hat dazu schon gesprochen –, und was tun wir, daß es auch zwischen den Teilnehmern eines Sicherheitssystems Mechanismen zur friedlichen Konfliktregelung gibt und einen vertraglich festgelegten Gewaltverzicht?

Wir glauben, daß es das Beste wäre, solch ein System vom Kopf her aufzubauen, also von einer Staatenkonferenz mit Vertrag, eventuell in europäisches Recht eingebunden, und dann ausgehend von diesen vertraglichen Rechten Mechanismen und Instrumente zur Durchführung festzulegen.

Es gibt eine andere Tendenz, nämlich die Tendenz, von der anderen Seite her zu beginnen: von den bestehenden Einrichtungen, von dem Bündnissystem und den funktionierenden Truppensystemen her sich einem System der Sicherheit anzunähern.

Es gibt manche, die nicht einmal das wollen, die beim Bestehenden bleiben wollen. Aber es ist deutlich zu sehen, und es spiegelt sich wider in der Partnerschaft für den Frieden, in den Überlegungen zur NATO-Erweiterung, in der Petersberger Erklärung und in den Berliner Vorschlägen: Das geht klar in die Richtung, durch Ausdehnung, Ausweitung und Änderung das militärische Bündnissystem langsam inhaltlich auszuweiten und in seinem Wesen zu entwickeln. Es wäre zu hoffen, daß das fließend zu einem Sicherheitssystem hinführt.

Die NATO-Mitglieder sind selbstverständlich für letztere Vorgangsweise (Abg. Scheibner: Was sind die NATO-Staaten: böse Finsterlinge?), selbst wenn sie sich für ein Sicherheitssystem aussprechen, denn sie befinden sich auf vertrautem Terrain, sie haben mit Strukturen und Hierarchien umzugehen gelernt, es ist die Aktie über den Atlantik da, über die Aufteilung der Finanzierung herrscht Klarheit, und es ist auch im Interesse der Rüstungsindustrie und deren Lieferantenfirmen, die sich auf bestehende Systeme fixiert haben und die wissen, daß sie eine gewisse Garantie haben. Auch die Verwaltung, die natürlich überleben will, ist für dieses System. Hauptargument der Staaten ist allerdings: Es gibt funktionierende Einrichtungen, die eingespielt und einsatzbereit sind.


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