Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 35. Sitzung / Seite 143

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Wir müssen auf diese sicherheitspolitischen Notwendigkeiten klare Antworten geben, und diese können nur lauten: solidarische Sicherheitspolitik, das heißt Beitritt zur Westeuropäischen Union, um das politische Instrumentarium zu schaffen, um überhaupt sicherheitspolitisch agieren zu können. (Zwischenruf des Abg. Wabl .) Kollege Wabl! Wenn Gewalt mißbraucht wird, wenn militärische Gewalt angewendet wird, dann muß sich dieser Kontinent gemeinsam und solidarisch wehren können, und dazu werden auch wir – leider – einen Beitrag leisten müssen – nicht im Interesse der anderen, sondern in unserem Interesse.

Kollege Wabl! Eines ist klar: Auf diesem Kontinent gibt es Sicherheit, wenn wir eine solidarische Sicherheitspolitik aufbauen, die für mich den Einschluß Rußlands bedeutet – nur so nebenbei.

Aber dafür müssen wir politische Strukturen schaffen, das ist die Westeuropäische Union. Wir brauchen bescheidene militärische Kapazitäten, um uns wehren zu können, und drittens müssen wir alles tun, um die wirtschaftlichen, sozialen und demokratischen Standards in diesem Kontinent auf ein Niveau zu bringen, daß Konflikte von vornherein nicht ausbrechen. Das verstehe ich unter umfassender Sicherheitspolitik, und das ist eine logische Folge – im Gegensatz zu eurer Position. Ihr glaubt, daß, wenn wir unser eigenes sicherheitspolitisches Neutralitäts"gartl" bearbeiten, das unsere Sicherheit erhöht und ein Beitrag zur internationalen solidarischen Sicherheitspolitik ist.

Das ist nicht möglich, deshalb müssen wir endlich die Scheuklappen beiseite geben, das Ziel der Europäischen Sicherheitspolitik angehen und von Anfang an beim Aufbau dieser Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik dabei sein. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Das ist realistisch, das ist logisch. Daß ich das heute sagen konnte, verdanke ich eurer Dringlichen, wofür ich mich nochmals herzlich bedanke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

18.16

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte, Sie haben das Wort.

18.16

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Abgeordneter Frischenschlager hat jetzt für mich ein wunderbares Beispiel in der Disziplin "Tarnen und Täuschen" geliefert. Wenn er von einer europäischen Sicherheitspolitik, von einer europäischen Sicherheitsarchitektur, von einem europäischen Sicherheitssystem redet, dann ist das synonym zu setzen mit Rüstungssystem, Rüstungspolitik und Rüstungsarchitektur. (Zwischenrufe beim Liberalen Forum.)

Nicht anders ist es zu verstehen, wenn er einerseits davon spricht, daß wir in Europa überrüstet sind – da gebe ich ihm recht –, wenn er aber auf der anderen Seite noch vor wenigen Tagen in der Öffentlichkeit, beispielsweise im "Standard" sagt: In Österreich haben wir zu wenig Rüstung. Wir verstoßen sozusagen auf dem Feld der militärischen Verteidigungspolitik gegen die europäischen Wettbewerbsbedingungen, weil wir zu wenig gerüstet haben. Wir müssen sozusagen aufrüsten – um in der Logik des Abgeordneten Frischenschlager zu bleiben –, damit dann europaweit abgerüstet werden kann. Wer das verstehen will, der möge es verstehen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Frischenschlager .) Herr Abgeordneter Frischenschlager! Für meine Begriffe ist das sehr deutlich etwas anderes als das, was Sie hier gesagt haben.

Ich möchte aber schon darauf hinweisen, es geht eigentlich um mehr als um die Einzelbeiträge von einzelnen Abgeordneten. Für mich kam bisher in der Debatte schon sehr deutlich heraus, daß versucht wird, uns unter dem Mantel "neue Sicherheitsarchitektur, NATO-Erweiterung" und ähnlichem zu verkaufen: Wer sich gegen die NATO stellt, wer sich gegen diese Sicherheitsarchitektur stellt, wer gegen den Beitritt zur WEU ist, ist ein Träumer, lebt in den siebziger Jahren, betreibt eine falsche Politik der Wehrlosigkeit, der Entwaffnung und treibt uns in die Arme des russischen Bären. – Das hat Abgeordneter Mock ziemlich deutlich ausgesprochen, indem er mit Herrn Sjuganow aus Moskau sozusagen symbolisch mit dem russischen Bären gewinkt hat beziehungsweise ihn in den Raum gestellt hat. (Abg. Mag. Kukacka: Da hat er nicht so unrecht!)


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