Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 35. Sitzung / Seite 147

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Meine Damen und Herren! Darum ist es so wichtig, sich hier und heute auch zu deklarieren und darüber zu diskutieren, wohin der Weg in diesem Europa geht. Und ich hoffe, daß Sie sich dieser Diskussion auch in Zukunft nicht verweigern werden! (Beifall bei den Grünen.)

18.32

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gaál. – Bitte, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

18.32

Abgeordneter Anton Gaál (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! (Der Redner senkt das Pult ab. – Abg. Mag. Schweitzer: Hoch, gelt?) Das ist eine optische Festlegung. Ansonsten kann man das, was hoch oder niedrig ist, auch anders beurteilen!

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich mit einer Feststellung beginnen. Die zentrale Frage in der Diskussion um die europäische Sicherheitspolitik – und das haben heute diese vielen Debattenbeiträge auch gezeigt – ist: Wie wird diese neue Sicherheit in Europa umfassend organisiert? – Natürlich, Kollege Scheibner, werden dabei die Verteidigungsbündnisse NATO und WEU, insbesondere dann, wenn sie sich weiterentwickeln, in dieser neuen europäischen Sicherheitsarchitektur ebenso eine Funktion erfüllen können wie die OSZE. Eines ist jedenfalls sicher: Ein neues europäisches Sicherheitssystem steht und fällt damit, daß es keine neuen Blöcke und keine Trennlinien in Europa mehr geben darf! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Kollege Scheibner! In vielem, was Sie heute zur Sicherheitspolitik gesagt haben – insbesondere bei dem, was nicht auszuschließen ist –, gebe ich Ihnen recht. Aber wenn Sie uns damit unterstellen, daß wir die Landesverteidigung in Frage stellen, dann kann ich Ihnen sagen: Das Gegenteil ist der Fall! Wir treten für eine glaubwürdige und effiziente Landesverteidigung ein. (Abg. Scheibner: Alle in deiner Fraktion?)

Ich glaube, das haben wir immer wieder bewiesen. Und auch das, was Sie als Begründung für einen übereilten NATO- und WEU-Beitritt immer wieder anführen, findet nicht unsere Zustimmung, sondern wir vertreten die Auffassung, der Beitritt zur WEU und zur NATO würde für Österreich zum jetzigen Zeitpunkt kein Mehr an Sicherheit bringen (Abg. Scheibner: Aber weniger auch nicht!) , sondern nur unseren sicherheitspolitischen Spielraum einengen und unsere Handlungsfähigkeit einschränken. Daher darf ich gemäß meiner Einschätzung diese beiden Organisationen einmal erklären.

Die WEU ist gegenwärtig von einer Doppelrolle geprägt. Zum einen ist sie beauftragt, die Verteidigungskomponente der Europäischen Union auszuarbeiten, und zum anderen wurde sie als europäischer Pfeiler akzeptiert. Nach unserem Beitritt zur Europäischen Union sind wir – so wie andere neutrale Staaten auch – Beobachter der EU geworden. Dabei darf man nicht vergessen, daß die WEU noch immer ein Militärbündnis mit einer automatischen Beistandsverpflichtung ist. (Abg. Hans Helmut Moser: Das ist positiv!) Das heißt, Kollege Moser, daß eine Vollmitgliedschaft bei der WEU mit der Neutralität gemäß unserer Bundesverfassung nicht vereinbar ist! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Das ist richtig!)

Aber es gibt in der WEU auch Entwicklungen, die für Österreich von großem Interesse sind, sie wurden heute schon angesprochen, nämlich die Petersberger Beschlüsse. Es ist wichtig, daß sich die WEU über die Beistandsverpflichtung hinaus zur Übernahme von humanitären Aufgaben und Rettungseinsätzen, von friedenserhaltenden Aufgaben und zu Einsätzen für Friedensschaffung und Krisenbewältigung bereit erklärt hat. Daher gibt es, so glaube ich, keine Einwände dagegen, daß sich Österreich dem schwedischen und finnischen Vorschlag auf Übernahme der Petersberger Beschlüsse in den Unionsvertrag anschließt und in solidarischer, aber eigenverantwortlicher Entscheidung von Fall zu Fall an Operationen der WEU – aber nur im Bereich der humanitären Einsätze, der Katastrophenhilfe sowie bei friedenserhaltenden Aufgaben! – teilnimmt.

Meine Damen und Herren! Die NATO ist eine gut funktionierende Organisation, hat aber für mich bis heute die Frage nicht ausreichend beantwortet, wie sie die Anforderungen einer neuen


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