Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 35. Sitzung / Seite 150

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Diskussionsstand haben, der der Zeit des kalten Krieges entspricht. Ich darf die grüne Fraktion wirklich bitten, die Dokumente der letzten Zeit zu lesen, wenigstens zu lesen, und wenn schon nicht aufzunehmen, dann zumindest zur Kenntnis zu nehmen. Wenn Sie sie nicht haben, stelle ich sie Ihnen auch gerne zur Verfügung. Das sind zum Beispiel die Statuten der Westeuropäischen Union. Wir haben die Kommuniqués zur letzten NATO-Tagung in Berlin, wir haben die Studie der NATO-Osterweiterung, um nur einige Beispiele zu nennen.

Herr Kollege Anschober, wenn Kollegin Kammerlander festgestellt hat und auch in Ihrer dringlichen Anfrage festgeschrieben ist, daß es durch einen NATO-Beitritt zu einer Stationierung von Atomwaffen oder zur Stationierung von fremden Truppen aus den neuen NATO-Mitgliedsländern kommt, dann muß ich sagen, das ist falsch! Lesen Sie da drinnen nach: Das entspricht nicht den Tatsachen, entspricht also nicht der Realität.

Oder wenn gebetsmühlenartig immer wieder gebracht wird, der NATO-Beitritt koste Zigmilliarden – einmal wird von 140 Milliarden, dann wieder von nur 50 Milliarden gesprochen –, dann, meine Damen und Herren muß ich sagen: Das stimmt nicht! (Abg. Anschober: Sondern?) Es ist richtig, es gibt eine Studie aus dem Pentagon, es gibt eine Studie der RAND-Corporation, das ist ein theoretischer Ansatz. Faktum ist, meine Damen und Herren – und ich sage Ihnen jetzt die Zahlen, Frau Kollegin Kammerlander –, daß es gerade in den NATO-Ländern in den letzten Jahren zu einer massiven Abrüstung gekommen ist. Und die Zahlen schauen so aus: Im Jahre 1980 waren die Gesamtausgaben der NATO – und ich nehme NATO-Europa her, nur NATO-Europa – 168 700 Millionen US-Dollar. 1990 waren es 186 200 Millionen. (Abg. Schieder: 100 000 Millionen US-Dollar?) Millionen US-Dollar! (Abg. Schieder: 100 000 Millionen US-Dollar?) 100 000 US-Millionen US-Dollar! NATO-Unterlage! (Abg. Schieder: Das sind 100 Milliarden Schilling! – Nein!) Nein, 1 000 Milliarden Schilling!

1995 waren es 158 600 Millionen US-Dollar. Das heißt, wir haben 1995 einen geringeren Stand, als es 1985 der Fall war. Wir haben einen geringeren Stand, als es 1990 der Fall war. Das heißt, wir haben eine massive Rücknahme der Verteidigungsausgaben innerhalb der NATO.

Oder wenn Sie es gemessen haben wollen an Prozenten des Bruttoinlandsproduktes, Herr Kollege Anschober – es geht mir darum, daß hier Fakten dargestellt werden –: Bis 1989 hat NATO-Europa etwa 3,3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes ausgegeben. Von 1990 bis 1994 wurde das auf 2,7 Prozent reduziert, 1995 waren es im Durchschnitt 2,3 Prozent. Und Sie kommen daher und reden von massiven Aufrüstungen in Europa, reden von massiven Rüstungsanstrengungen der NATO!

Das, meine Damen und Herren, stimmt nicht mit den Tatsachen überein. Bitte informieren Sie sich, nehmen Sie die Fakten so, wie sie sind, und bringen Sie diese in die Diskussion ein, weil ich glaube, daß wir gerade in sicherheitspolitischen Fragen hier eine faire, offene, sachlich fundierte Diskussion führen müssen.

Meine Damen und Herren! Es ist heute schon viel über die Neutralität gesprochen worden. Die Neutralität war ein richtiges Konzept in der Zeit des kalten Krieges, die Neutralität war ein Teil einer europäischen Sicherheitsordnung, aber, meine Damen und Herren, heute haben sich die Voraussetzungen geändert, heute haben wir andere Gegebenheiten, und daher kann die Neutralität nicht mehr die Antwort sein. Die Neutralität war früher richtig.

Ich frage Sie wirklich, Herr Kollege Wabl – Sie werden sicherlich noch herauskommen und darüber sprechen –, wem gegenüber wir noch neutral sein sollen als sicherheitspolitische Konzeption. Die Neutralität war Mittel zum Zweck und ist kein Selbstzweck. Da die Neutralität ihre Aufgabe nicht mehr erfüllen kann, sind wir, glaube ich, gut beraten, darauf zu verzichten und uns eine neue Rolle im Rahmen der europäischen Sicherheitsordnung zu suchen, und diese neue Rolle im Rahmen dieser europäischen Sicherheitsordnung heißt für uns auch Solidarität: aktive Mitwirkung und aktive Mitarbeit im Rahmen der Europäischen Union, im Rahmen dieser neuen europäischen Sicherheitsordnung. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Da auch hier immer die Frage der Volksabstimmung im Zusammenhang mit der Neutralität angesprochen worden ist: Kollege Wabl! Die Frage der Volksabstimmung ist keine verfas


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite