Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 35. Sitzung / Seite 171

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Wir sind zumindest für 40 Prozent der österreichischen Ausfuhren nach Japan verantwortlich. Wir haben den Großteil der österreichischen Exporte von Autoteilen durchgeführt. Wir vertreten Semperit, VOEST-Glas, Schmidt Feldbach, Asota. – Ich könnte Ihnen noch 20 andere Firmen nennen. Klingt wie das "Who ist who" der österreichischen Industrie.

Nun zu den Tatsachen, schreibt Mitsui, dieser größte japanische Handelskonzern: 1992 haben wir von Österreich nach Japan noch im Wert von 4 Milliarden Schilling exportiert, 1995 werden es knapp 1 Milliarde sein, 1996 vielleicht 600 bis 800 Millionen und 1997 wahrscheinlich nichts. Vielleicht noch VOEST-Glas aus dem steirischen Werk. (Abg. Koppler: VOEST-Glas gibt es schon seit zehn Jahren nicht mehr!)

Meine Damen und Herren! Bei Semperit sieht die Sache so aus: 1992 – Herr Abgeordneter Koppler, das ist sehr betrüblich für die Mitarbeiter dort – waren es noch 2 Millionen Stück Autoreifen. 1997 werden es voraussichtlich null sein. Der zusätzliche negative Effekt – Sie können sicherlich auch Handelsbilanzen lesen, Herr Abgeordneter – für die österreichische Handelsbilanz ist in der Beilage der Semperit-Aussendungen ersichtlich.

Österreich war jahrelang hinter den USA für diese Produkte nach Japan der zweitgrößte Exporteur. Die österreichische Bundesregierung hat vor dem EU-Beitritt viel versprochen, diesbezüglich aber wirklich nichts gehalten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Desgleichen verhält sich aber auch die EU bezüglich der österreichischen Lieferungen nach Japan – so schreibt Mitsui – außerordentlich passiv, und der Herr Kommissar van den Broek hat darüber Minister Schüssel gegenüber auch eine Garantie abgegeben, die er eigentlich nicht eingehalten hat.

Ein weiteres österreichisches Problem ist, daß viele unsere Zulieferbetriebe – schreibt Mitsui – im Besitz ausländischer Konzerne stehen. Semperit darf zum Beispiel – und das ist interessant – keine Reifen an europäische Autoindustrien liefern. Das behält sich Continental vor. Semperit hat bis Ende der achtziger Jahre Reifen an Mercedes, Audi, VW, Opel, Ford und viele andere geliefert.

VOEST-Glas, Tochter von Flachglas, Herr Abgeordneter, darf ebenfalls nicht nach Deutschland liefern. So können Sie eine ganze Reihe von Unternehmen anführen, und Mitsui kommt dann zu dem Schluß:

Semperit hat ohne Japan keine Zukunft. Der Lagerstand der Reifen beträgt heute 1 Million Stück. Trotzdem habe Continental – da die Logistik nicht stimmt – wesentliche Umsätze aus Österreich abgezogen.

Das Resümee des Briefes ist: Die nicht vorhandene Wirtschaftspolitik der österreichischen Regierung und das Nichtverhandeln in dieser österreichischen Angelegenheit sowie der überstürzte Beitritt zur EU beginnen jetzt überall in unserem Lande Auswirkungen zu haben. Die nächsten Jahre werden für die österreichische Bevölkerung und die betroffenen Betriebe sehr bitter werden.

Meine Damen und Herren! Tatsache ist aber auch, daß der Fall Semperit viel mehr ist als nur Semperit und das Versagen der Politiker in diesem Fall. Es zeigt, wie in Österreich der Strukturwandel, entgegen allen Behauptungen, nicht vollzogen wurde. Dabei war längst bekannt – seit dem EWR-Beitritt –, was zu tun ist: entweder im internationalen Wettbewerb bestehen können oder aber zwischen Abwanderung und Zusperren und den damit verbundenen Insolvenzen wieder alles aufs Spiel setzen, was die Nachkriegsgeneration in großartiger Aufbauleistung erbracht hat.

Realitätsbewußtsein und ständige internationale Wettbewerbsvergleiche waren gefordert, um die Position richtig einzuschätzen. Semperit hat aufgrund von Fehleinschätzungen Milliarden verschlungen. Da muß ich Ihnen sagen, Generaldirektor Treichl und Leibenfrost, die damals dafür verantwortlich waren, beide glühende ÖVP-Anhänger, haben schon zu CA-Zeiten die Steuer


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