Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 37. Sitzung / Seite 51

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der Lehrlingsausbildung in einer konstruktiven Diskussion zu arbeiten. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Haigermoser: Sie wollen ja nicht diskutieren!)

11.55

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Frau Bundesministerin.

Wir gehen in die Debatte ein. – Redezeiten einheitlich fünf Minuten.

Erste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Dolinschek. – Bitte sehr.

11.55

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Frau Bundesminister, Sie haben erwähnt, daß seit 1945 in Österreich im Rahmen der dualen Berufsausbildung – einerseits der schulischen Berufsausbildung, andererseits der praktischen Ausbildung in den Betrieben – Lehrlinge ausgebildet werden, und das sei vorbildhaft für ganz Europa.

Uns allen ist bekannt, daß sich dieses duale Berufsausbildungssystem hauptsächlich auf Österreich und auf Deutschland beschränkt. Es ist unbestritten – da gebe ich Ihnen recht –, daß es ein vorteilhaftes Erstausbildungssystem ist, Frau Bundesministerin, aber nichtsdestotrotz wissen wir alle – und Sie wissen das auch ganz genau –, daß da langsam aber sicher Abnützungserscheinungen bemerkbar sind. Die jüngsten Statistiken belegen ja die seit Jahren katastrophale Entwicklung im Bereich der Lehre. Sie haben selbst erwähnt, daß die Zahl der Lehrlinge von 48 Prozent auf knapp über 40 Prozent drastisch zurückgegangen ist (Bundesministerin Gehrer: 43 Prozent!) – 42 Prozent, glaube ich, sind es ganz genau –, aber auch die Zahl der offenen Lehrstellen ist dramatisch zurückgegangen. Aber auch die Jugendarbeitslosigkeit, die zugegebenermaßen momentan in Österreich noch nicht sehr hoch ist, ist ebenfalls im Steigen begriffen, und die Ausbildung in einer Lehre ist – entgegen langjährigen Versprechungen – für Lehrlinge und für Betriebe zunehmend weniger attraktiv, um nicht zu sagen, uninteressant geworden.

Frau Bundesministerin! Es wurde seitens der Bundesregierung, der Sozialpartner und so weiter das Image des Lehrlings zu heben versucht – gefruchtet hat das aber nichts. All diese Plakatieraktionen wie etwa "Karriere mit Lehre" sind im Sand verlaufen. Sie haben nicht gewirkt. Die Zahl der Lehrstellen ist weiterhin rückläufig.

Interessant, Frau Bundesministerin, ist, daß derzeit erstmals 5 000 Jugendliche auf einen Arbeitsplatz, auf einen Lehrplatz warten, während in der Vergangenheit noch immer wesentlich mehr offene Lehrstellen vorhanden waren und weniger Lehrlinge. Diese Entwicklung ist besorgniserregend, denn wenn sich diese Tendenz fortsetzt, haben wir in ein paar Jahren eine Jugendarbeitslosigkeit, die zwar langsam steigt, sich dann aber sicher dem EU-Durchschnitt mit 20,3 Prozent nähert. Heute beträgt sie bei uns nur 5,4 Prozent, aber diese Entwicklung ist sehr gefährlich.

Und wie kommt es dazu? – Weil der Lehrling heute einfach ein soziales Image hat, das sozusagen im Keller ist, weil die Bundesregierung falsche Maßnahmen setzt. Wenn Sie sagen, im Polytechnikum will man etwas ändern, dann muß ich Ihnen sagen: Tun Sie das sehr, sehr schnell, denn dieser Polytechnische Lehrgang, wie er derzeit praktiziert wird, ist einfach ein großer Blödsinn! Wir müssen zu einem Berufsbildungsgrundjahr kommen – und weg vom Polytechnikum. Hingegen haben Sie, Frau Bundesminister, mit Ihrer Fraktion die Kommunalsteuer eingeführt, jene Kommunalsteuer, die die Lehrlinge in den Lehrbetrieben besonders belastet.

Wir, sehr geehrte Frau Bundesminister, wollen, daß die Ausbildung in Privatbetrieben beziehungsweise in privaten Lehrwerkstätten gefördert, forciert wird, daß die Lehrlingsausbildung auch von der Berechnung der Kommunalabgabe sowie vom Zuschlag des Dienstgeberbeitrages bei der Steuer ausgenommen wird, daß ein 30prozentiger Zusatz vom Lehrlingsaufwandspauschale als Ausbildungsfreibetrag von der Steuer absetzbar ist, daß zur Attraktivierung des dualen Berufsausbildungssystems für Jugendliche eine frühzeitig laufende Information erfolgt,


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